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Aktenzeichen
9 K 1793/08
Datum
24. März 2011
Gericht
Verwaltungsgericht Potsdam
Gesetz
Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz Brandenburg (AIG)
Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz Brandenburg (AIG)

Urteil: Verwaltungsgericht Potsdam am 24. März 2011

9 K 1793/08

Akten der Sparkassenaufsichtsbehörde zur Fusion zweier Sparkassen unterfallen dem Ausschlussgrund des § 4 Abs. 1 Nr. 5 Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz. Das Gericht stellt fest, dass die Verwendung der Gegenwartsform im Gesetzestext (der Aufsicht über eine andere Stelle "dienen") nicht zu einer anderen Bewertung führt, da die Akten auch dann noch für die Sparkassenaufsicht von Bedeutung sein können, wenn das Genehmigungsverfahren für sich genommen abgeschlossen ist. Das durch das Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetzt geschützte öffentliche Interesse an der Aufsicht wird durch den Abschluss einzelner Aufsichtsmaßnahmen somit nicht hinfällig. (Quelle: LDA Brandenburg)

Aufsichtsaufgaben

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Verkündet am 24.3.2011 …. Verwaltungsgerichtsbeschäf- tigte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle VERWALTUNGSGERICHT POTSDAM IM NAMEN DES VOLKES URTEIL 9 K 1793/08 In dem verwaltungsgerichtlichen Verfahren des, Klägers, gegen das Ministerium der Finanzen des Landes Brandenburg, Heinrich-Mann-Allee 107, 14473 Potsdam, Az.: Beklagten, hat die 9. Kammer des Verwaltungsgerichts Potsdam auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 24. März 2011 durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Kaufhold, den Richter am Verwaltungsgericht Weißmann, den Richter Uecker, den ehrenamtlichen Richter Wagner und den ehrenamtlichen Richter Witte für R e c h t erkannt: Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
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-2- Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheits- leistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abzu- wenden, sofern der Beklagte nicht vor der Vollstreckung Sicher- heit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet. Tatbestand: Mit Schreiben vom 19. Juni 2008 beantragte der Kläger bei dem Beklagten als Sparkassenaufsichtsbehörde         Einsicht     in   Akten     zu     der    Fusion   der Mittelbrandenburgischen       Sparkasse      in    Potsdam    mit    den     benachbarten Kreissparkassen. Zur Begründung seines Antrags nahm er auf das Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetz (AIG) Bezug. Mit Bescheid vom 4. Juli 2008 lehnte der Beklagte den Antrag ab. Zur Begründung führte er an, dass der Antrag zum Schutz überwiegender öffentlicher Interessen abzulehnen sei, weil die Akten Angaben und Mitteilungen der beteiligten Sparkassen enthalten würden, welche von dem Akteneinsichtsrecht gemäß § 2 Abs. 1 AIG ausdrücklich ausgenommen seien. Es handele sich bei den Sparkassen nämlich um Anstalten des öffentlichen Rechts, welche unter den vierten Abschnitt des Landesorganisationsgesetzes (LOG) fielen. Auch liege eine Zustimmung der Mittelbrandenburgischen Sparkasse Potsdam zu einer Akteneinsicht nicht vor. Darüber hinaus sei die Akteneinsicht zum Schutz überwiegender öffentlicher Interessen nach § 4 Abs. 1 Ziffer 5 AIG abzulehnen, weil mit der Akteneinsicht Inhalte offenbart würden, welche der Aufsicht über andere Stellen dienten. Hierbei handele es sich um die Genehmigung zur Vereinigung von Sparkassen gemäß § 28 Abs. 3 Brandenburgisches Sparkassengesetz. Diese werde von ihm, dem Beklagten, als Sparkassenaufsichtsbehörde nach § 30 Abs. 2 Brandenburgisches Sparkassengesetz erteilt. Mit Schreiben vom 16. Juli 2008 widersprach der Kläger der Ablehnung. Unter anderem wandte er ein, § 4 Abs. 1 Ziffer 5 AIG greife nicht, weil dort nur Inhalte erwähnt seien, die zur Durchführung von      Gerichtsverfahren      wegen       strafrechtlicher,    disziplinarischer   und bußgeldbezogener Belange erforderlich seien, was hier nicht der Fall sei. Mit Bescheid vom 2. September 2008 wies der Beklagte den Widerspruch zurück. -3-
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-3- Am 21. September 2008 hat der Kläger Klage erhoben. Zur Begründung trägt er vor, dass sich sein Begehren nicht gegen eine Sparkasse sondern gegen den Beklagten richte und es sich bei der Genehmigung der Fusion nicht um eine aufsichtsrechtliche Maßnahme der Sparkassenaufsicht handele, sondern um einen konstitutiven Akt, mit dem eine andere Stelle überhaupt erst geschaffen werde. Diese könne erst nach ihrer Schaffung der Aufsicht unterliegen. Der Kläger beantragt, den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 4. Juli 2008 und des Widerspruchsbescheides vom 2. September 2008 zu verpflichten, ihm Einsicht in die Akten zu der Fusion der Mittelbrandenburgischen Sparkasse in Potsdam mit den benachbarten Kreissparkassen zu gewähren. Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Zur Begründung vertieft er sein Vorbringen aus dem Vorverfahren. Hinsichtlich des weiteren Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird auf die Verfahrensakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen. Entscheidungsgründe: Die Verpflichtungsklage ist zulässig, aber unbegründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die begehrte Einsicht in Akten des Beklagten. Die Ablehnung des Einsichtsbegehrens des Klägers durch den Beklagten ist nicht rechtswidrig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (vergleiche § 113 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -). -4-
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-4- Zwar vermittelt § 1 des Akteneinsichts- und Informationszugangsgesetzes (AIG) grundsätzlich jedermann das Recht auf Einsicht in Akten; dies gilt allerdings nur soweit nicht überwiegende öffentliche oder private Interessen nach §§ 4 und 5 AIG entgegenstehen oder andere Rechtsvorschriften bereichsspezifische Regelungen für einen unbeschränkten Personenkreis enthalten. Der von dem Kläger geltend gemachte Anspruch aus dem AIG scheitert jedenfalls an § 4 Abs. 1 Nr. 5 AIG. Danach ist der Antrag auf Akteneinsicht abzulehnen, wenn durch die Gewährung von Akteneinsicht Inhalte von Akten offenbart würden, die eine Behörde zur Durchführung eines Gerichtsverfahrens, eines strafrechtlichen oder disziplinarrechtlichen Ermittlungsverfahrens oder eines Bußgeldverfahrens erstellt hat oder die ihr aufgrund des Verfahrens zugehen oder die der Aufsicht über eine andere Stelle dienen. Letztere Variante ist hier einschlägig. Bei der Fusion von Sparkassen ist der Beklagte nur als Sparkassenaufsichtsbehörde gemäß § 30 Abs. 2 Satz 1 Brandenburgisches Sparkassengesetz (BbgSpkG) beteiligt. Gemäß § 28 Abs. 3 BbgSpkG wird von der Sparkassenaufsichtsbehörde die Genehmigung zur Vereinigung von Sparkassen erteilt. Damit sind die Akten, auf die sich das Einsichtnahmebegehren des Klägers bezieht, bei dem Beklagten zur Aufsicht, nämlich zur Aufsicht über die Fusion anderer Stellen angelegt worden. Vgl. Urteil der 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 13. November 2001 - 3 K 3376/00 -, juris Rn. 22; Urteil des Verwaltungsgerichts Cottbus vom 18. Juni 2008 - 3 K 152/03 -. Soweit der Kläger einwendet, mit der Genehmigung der Vereinigung der beiden Sparkassen nach § 28 Abs. 3 BbgSpkG sei die im Sinne von § 4 Abs. 1 Nr. 5 letzte Variante AIG zu beaufsichtigende Stelle erst geschaffen worden, übersieht er, dass sich die Sparkassenaufsicht gemäß §§ 30 f. BbgSpkG auch bereits auf die fusionierenden Sparkassen bezog; im Übrigen stellt die Genehmigung der Vereinigung selbst eine Maßnahme der Aufsicht dar. Dass sich die Bestimmung des § 4 Abs. 1 Nr. 5 AIG in der hier maßgeblichen letzten Variante auf Akten bezieht, die der Aufsicht über eine andere Stelle „dienen“, es -5-
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-5- insoweit nicht heißt „gedient haben“, führt schon deshalb zu keiner anderen Bewertung, weil die in Rede stehenden Akten auch dann noch für die Sparkassenaufsicht von Bedeutung sein können, wenn das Genehmigungsverfahren gemäß § 28 Abs. 3 BbgSpkG für sich genommen abgeschlossen ist, sie also nach wie vor der Aufsicht dienen. Dass der Ausnahmetatbestand für Akten, die der Aufsicht über eine andere Stelle dienen, angesichts der Formulierung im Präsens oder aus verfassungsrechtlichen Gründen einer einschränkenden Auslegung dahingehend bedarf, dass sich der Ausschlussgrund nur auf laufende Verfahren der Aufsicht und nicht auf abgeschlossene Verfahren bezieht, dahingehend für den Bereich der Fachaufsicht Urteil der 3. Kammer des VG Potsdam vom 27. April 2010 – 3 K 1595/05 –, juris Rn. 48 ff., sieht die Kammer – jedenfalls in der hier zu beurteilenden Konstellation – nicht. Die Ausübung der Aufsicht stellt eine dauernde, fortlaufende Aufgabe dar, im Rahmen derer das von dem Gesetzgeber mit dem Ausschlussgrund des § 4 Abs. 1 Nr. 5 letzte Variante AIG geschützte öffentliche Interesse an der Aufsicht durch den Abschluss einzelner Aufsichtsmaßnahmen nicht hinfällig wird. Ein Anspruch auf die begehrte Akteneinsicht ergibt sich auch nicht unmittelbar aus Art. 21 Abs. 4 der Verfassung des Landes Brandenburg (LV). Danach hat jeder nach Maßgabe des Gesetzes das Recht auf Einsicht in Akten und sonstige amtliche Unterlagen der Behörden und Verwaltungseinrichtungen des Landes und der Kommunen, soweit nicht überwiegende öffentliche oder private Interessen entgegenstehen. Nach Auffassung der Kammer ist der vom Gesetzgeber in § 4 Abs. 1 Ziffer 5 AIG geregelte Ausschluss des Akteneinsichtsrechts ein Fall, in dem überwiegende öffentliche Interessen einer Einsichtnahme entgegenstehen. Der Anspruch auf die begehrte Akteneinsicht ergibt sich schließlich auch nicht aus dem Grundsatz von Treu und Glauben. Zwar ist anerkannt, dass dieser Grundsatz auch im öffentlichen Recht gilt und zu einem Anspruch auf Akteneinsicht führen kann, -6-
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-6- vgl. Beschluss der 2. Kammer des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 16. November 1998 - 2 L 873/98 -, juris Rn. 35 m. w. N.. Angesichts der ausdrücklichen Regelung der Ausnahme im Bereich der Aufsicht gemäß § 4 Abs. 1 Nr. 5 AIG kommt ein Rückgriff auf den allgemeinen Grundsatz von Treu und Glauben aber jedenfalls hier nicht in Betracht, vgl. Urteil der 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 13. November 2001 - 3 K 3376/00 -, juris Rn. 28. Ein besonderer Treuetatbestand, der es trotz der gesetzlichen Ausschlussregelung gebieten könnte, dem Kläger den Rückgriff auf den allgemeinen Grundsatz von Treu und Glauben zu eröffnen, ist nicht ersichtlich. Der Kläger geht davon aus, dass er von der Mittelbrandenburgischen Sparkasse zu Unrecht als Bürge in Anspruch genommen wird, weil sein Vertragspartner - vor der Fusion - die Kreissparkasse Teltow-Fläming und nicht die Mittelbrandenburgische Sparkasse gewesen sei. Die Kreissparkasse Teltow-Fläming habe sich in der Vergangenheit gegenüber Schuldnern freundlicher verhalten als die Mittelbrandenburgische Sparkasse. Dies – den Vortrag des Klägers als richtig unterstellt – ist lediglich Ausdruck der bürgerlich- rechtlichen Regelungen zur Geltendmachung von Forderungen, wie sie grundsätzlich für jedes Schuldverhältnis, bei dem der Gläubiger wechselt, gelten. Einen Verstoß gegen Treu und Glauben hat der Kläger nicht dargetan. Die von dem Kläger gegen die   Rechtmäßigkeit     der  Eintragung  der    Mittelbrandenburgischen     Sparkasse vorgebrachten      Einwände   begründen   jedenfalls    für   ihn  keinen  besonderen Treuetatbestand. Als Unterliegender hat der Kläger die Kosten des Verfahrens gemäß § 154 Abs. 1 VwGO zu tragen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 11 und 711 Zivilprozessordnung (ZPO). -7-
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-7- Rechtsmittelbelehrung: Gegen das Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht Potsdam, Friedrich-Ebert-Straße 32, 14469 Potsdam, schriftlich zu stellen. Er kann stattdessen auch in elektronischer Form bei der elektronischen Poststelle des Verwaltungsgerichts Potsdam unter www.erv.brandenburg.de eingereicht werden, wenn das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur im Sinne des Signaturgesetzes versehen ist. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Hardenbergstraße 31, 10623 Berlin, schriftlich oder in elektronischer Form mit einer qualifizierten elektronischen Signatur im Sinne des Signaturgesetzes auf dem unter www.berlin.de/erv veröffentlichten Kommunikationsweg einzureichen. Vor     dem     Oberverwaltungsgericht       müssen    sich    die   Beteiligten    durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für den Antrag auf Zulassung der Berufung. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte und Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen, zugelassen. Darüber hinaus können auch die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneten Personen und Organisationen auftreten. Ein als Bevollmächtigter zugelassener Beteiligter kann sich selbst vertreten. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der     von   ihnen     zur   Erfüllung    ihrer  öffentlichen    Aufgaben     gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt vertreten lassen; das Beschäftigungsverhältnis kann auch zu einer anderen Behörde, juristischen   Person     des   öffentlichen   Rechts   oder   einem    der    genannten -8-
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-8- Zusammenschlüsse bestehen. Richter dürfen nicht vor dem Gericht, ehrenamtliche Richter nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören. Kaufhold                               Weißmann                        Uecker Beschluss: Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000 Euro festgesetzt. Gründe: Mangels anderweitiger Anhaltspunkte ist das Interesse des Klägers an der begehrten Entscheidung mit dem gesetzlichen Auffangstreitwert anzusetzen (vgl. § 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz - GKG -). Rechtsmittelbelehrung: Gegen den Beschluss ist die Beschwerde zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt oder die Beschwerde wegen grundsätzlicher Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage zugelassen wird. Die Beschwerde ist bei dem Verwaltungsgericht Potsdam, Friedrich-Ebert-Straße 32, 14469 Potsdam, innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, schriftlich oder zu Protokoll der Geschäftsstelle einzulegen. Sie kann stattdessen -9-
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-9- auch   in   elektronischer   Form   bei    der   elektronischen     Poststelle des Verwaltungsgerichts Potsdam unter www.erv.brandenburg.de eingereicht werden, wenn das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur im Sinne des Signaturgesetzes versehen ist. Kaufhold                         Weißmann                             Uecker Beglaubigt (Matschat) Verwaltungsgerichtsbeschäftigte
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