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Aktenzeichen
2 K 35.10
Datum
11. November 2010
Gericht
Verwaltungsgericht Berlin
Gesetz
Informationsfreiheitsgesetz Bund (IFG)
Quellcode
Informationsfreiheitsgesetz Bund (IFG)

Informationen zur Abrechnung des Sachleistungskonsums von Abgeordneten

2 K 35.10

Das Verwaltungsgericht verpflichtet den Deutschen Bundestag, den Antrag auf Informationszugang zu Unterlagen über den Sachleistungskonsum der Abgeordneten bezüglich des Erwerbs von Montblanc-Schreibgeräten und Digitalkameras, unter Anhörung der Abgeordneten neu zu bescheiden. Die gebotene Vertraulichkeit von Angeboten aus einem Vergabeverfahren steht der Offenlegung von Einzelinformationen über den Preis eines Produkts nicht entgegen, da dadurch keine erheblichen Auswirkungen auf ein (ggf. künftiges) Vergabeverfahren entstehen können. Das Vorliegen eines Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses wurde nicht ausreichend dargelegt. Auch ist mit der Informationsgewährung kein unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand verbunden. Bei den Informationen handelt es sich aber um personenbezogene Daten, an deren Herausgabe das Interesse des Klägers nicht überwiegt, da sie mit dem Mandat der Abgeordneten in Zusammenhang stehen. Die Offenbarung kommt nur mit Einwilligung der Betroffenen in Frage. (Quelle: LDA Brandenburg)

Anwendungsbereich/ Zuständigkeit Durchführung des Antragsverfahrens Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Drittbetroffenheit Interessenabwägung Personenbezogene Daten

VG 2 K 35.10

Verkündet am 11. November 2010

Kelm Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

VERWALTUNGSGERICHT BERLIN

URTEIL Im Namen des Volkes In der Verwaltungsstreitsache

Klägers, V erfahrensbevollmächtigter:

g e g e n

die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch den Deutschen Bundestag, Verwaltung, Platz der Republik 1, 11011 Berlin,

Beklagten, beigeladen:

hat das Verwaltungsgericht Berlin, 2. Kammer, aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 11. November 2010 durch

die Präsidentin des Verwaltungsgerichts Xalter, den Richter am Verwaltungsgericht Becker, den Richter am Verwaltungsgericht Hömig, die ehrenamtliche Richterin und den ehrenamtlichen Richter

für Recht erkannt:

Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides des Deutschen Bundestages vom 20. Januar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. April 2010 verpflichtet, den Antrag des Klägers, ihm Zugang zu den Unterlagen zum Sachleistungskonsum der Abgeordneten des 16. Deutschen Bundestags im Jahr 2009 bezüglich des Erwerbs von Montblanc-Schreib-

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geräten und Digitalkameras zu gewähren und ihm Ablichtungen hierzu auszuhändigen, unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens tragen der Kläger und die Beklagte je zur Hälfte. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger und die Beklagte dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils jeweils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweils andere Teil vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Berufung und die Sprungrevision werden zugelassen. Tatbestand

Der Kläger erstrebt von der Beklagten Zugang zu Informationen hinsichtlich des sog. "Sachleistungskonsums" der Abgeordneten des 16. Deutschen Bundestages.

Dieses Begehren hat folgenden Hintergrund: Jedes Mitglied des Deutschen Bundestages erhält zur Abgeltung seiner durch das Mandat veranlassten Aufwendungen eine Amtsausstattung als Aufwandsentschädigung. Die Amtsausstattung umfasst Sach- und Geldleistungen. Dazu gehört auch die Bereitstellung eines eingerichteten Büros am Sitz des Deutschen Bundestages und in diesem Zusammenhang die Möglichkeit, im Rahmen eines derzeit auf 12.000,00 Euro festgelegten Jahresbetrages Büro- und Geschäftsbedarf anzuschaffen. In Höhe des genannten Betrages hat die Bundestagsverwaltung für jeden Abgeordneten ein Sachleistungskonto eingerichtet, über welches Anschaffungen abgerechnet werden. Die Versorgung der Abgeordneten mit Schreibwaren erfolgt dabei grundsätzlich durch die Beigeladene. Diese ist aufgrund einer Ausschreibung Rahmenvertragspartnerin des Deutschen Bundestags für den Büro- und Geschäftsbedarf. Bis zu einem Betrag von 800,00 Euro können die Abgeordneten ihren Bedarf (insbesondere Elektroartikel) auch bei anderen Anbietern decken und die Rechnung bei der Bundestagsverwaltung einreichen.

Ende 2009 berichtete die Presse darüber, dass mehr als hundert Bundestagsabgeordnete "Füller und Stifte einer Luxusmarke" zu einem beträchtlichen Wert über die Aufwandsentschädigung erworben hätten.

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Der Kläger, Journalist und Redakteur eines großen Medienunternehmens, beantragte daraufhin mit E-Mail vom 6. Dezember 2009 beim Deutschen Bundestag unter Berufung auf das Presse- und Informationsfreiheitsgesetz die "Herausgabe von Ablichtungen aller Unterlagen zum Sachleistungskonsum der Abgeordneten des 16. Deutschen Bundestages im Jahr 2009 bezüglich der Montblanc-Schreibgeräte und Digitalkameras".

Mit Schreiben vom 23. Dezember 2009 widersprach die von der Beklagten um Stellungnahme gebetene Beigeladene der Herausgabe der Information, da es sich bei den in Rede stehenden Unterlagen um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse handele.

Mit Bescheid des Deutschen Bundestages vom 20. Januar 2010 lehnte die Beklagte den Antrag des Klägers ab mit der Begründung, die begehrte Informationsgewährung verursache einen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand. Die fraglichen Unterlagen enthielten außerdem Geschäftsgeheimnisse der Beigeladenen; diese habe einer Weitergabe und Veröffentlichung widersprochen.

Mit am 15. Februar 2010 bei der Beklagten eingegangenem Fax widersprach der Kläger diesem Bescheid. Er machte geltend, ein Geschäftsgeheimnis liege nicht vor, weil es jedenfalls an einem berechtigten Geheimhaltungsinteresse der Beigeladenen fehle. Ein unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand entstehe nicht.

Am 17. März 2010 hat der Kläger Untätigkeitsklage erhoben. Mit Widerspruchsbescheid vom 14. April 2010 hat die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurückgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die fraglichen Unterlagen seien in insgesamt 308 für die Sachleistungskonten der Abgeordneten geführten Aktenordnern mit jeweils ca. 400 Blatt abgeheftet. Weil die Beigeladene das Vorliegen von Geschäftsgeheimnissen geltend gemacht habe und solche Geheimnisse vorlägen, entstehe ein unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand, der zur Versagung des Informationsanspruchs führe. Die vom Kläger begehrten Unterlagen enthielten nämlich kalkulatorische Einzelangaben der Beigeladenen, die Rückschlüsse auf Marktaktivitäten, Umsätze und Preise zuließen.

D er Kläger hat seine Klage aufrecht erhalten. Er ist der Ansicht, der von ihm geltend gemachte Informationsanspruch ergebe sich aus dem Informationsfreiheitsgesetz, aus dem Berliner Pressegesetz und aus Artikel 5 des Grundgesetzes. Aus-

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schlussgründe lägen nicht vor. Insbesondere entstehe auch kein unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand. In erster Linie müsse die Beklagte ihm Ablichtungen der fraglichen Unterlagen zur Verfügung stellen. Jedenfalls aber sei ihm Auskunft zu erteilen.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Deutschen Bundestages vom 20. Januar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. April 2010 zu verpflichten, ihm Zugang zu den Unterlagen zum Sachleistungskonsum der Abgeordneten des 16. Deutschen Bundestags im Jahr 2009 bezüglich des Erwerbs von Montblanc-Schreibgeräten und Digitalkameras zu gewähren sowie Ablichtungen hiervon auszuhändigen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie ist der Meinung, die Klage sei hinsichtlich der begehrten Aushändigung von Ablichtungen aus der Akte bzw. hinsichtlich einer hiermit erstrebten Akteneinsicht unzulässig, weil sie vor Ablauf von drei Monaten seit Einlegung des Widerspruchs erhoben worden sei. Soweit der Kläger die Erteilung von Auskunft begehre, fehle es zudem an einem hierauf gerichteten Antrag, der vor Klageerhebung bei der Beklagten hätte gestellt werden müssen. Die Klage sei außerdem unbegründet, weil ein Anspruch auf Gewährung von Informationszugang im Hinblick auf den Schutz von Geschäftsgeheimnissen der Beigeladenen und wegen eines anderenfalls entstehenden unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwandes nicht bestehe. Bei dem die Schreibgeräte betreffenden Informationsbegehren gehe es "ausschließlich um die Einzelpreisangaben und die Zuordnung zum entsprechenden Artikel". Der dem Bundestag für die Schreibgeräte in Rechnung gestellte Preis weiche jedoch vom handelsüblichen ab und habe einen Bezug zu den Angebotsunterlagen der Beigeladenen im Rahmen der Vergabe des Rahmenvertrages. Diese Angaben seien nach § 17 Abs. 3 der Bestimmungen für die Vergabe von Leistungen im Anwendungsbereich der Richtlinie 2004/18/EG geheim zu halten. Auch seien die betroffenen Abgeordneten noch nicht beteiligt worden.

Die im Termin nicht vertretene Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Streitakte sowie des Verwaltungsvorgangs der Beklagten Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

D as Gericht konnte trotz Ausbleibens eines Vertreters der Beigeladenen im Termin verhandeln und entscheiden, da die ordnungsgemäß geladene Beigeladene in der Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden war (§ 102 Abs. 2 VwGO).

D ie Klage ist zulässig (I.), aber nur in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet (II.).

I. Entgegen der Auffassung der Beklagten hat der Kläger vor Klageerhebung den erforderlichen Antrag auf Akteneinsicht bzw. Auskunft bei der Beklagten gestellt. Mit E-Mail am 6. Dezember 2009 hat er die "Herausgabe von Ablichtungen aus den Akten der Beklagten" beantragt. Dieser Antrag umfasst bei verständiger Würdigung als Minus sowohl den Antrag auf Einsicht in als auch das Begehren auf Auskunft aus diesen Akten. Zum maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ist auch das nach § 9 Abs. 4 des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) i.V.m. den §§ 68 ff. VwGO vorgesehene Vorverfahren ordnungsgemäß durchgeführt worden. Ob die Klage bei Eingang zulässig war, ist danach unerheblich.

II. Die Klage ist zum Teil begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch aus Art. 5 Grundgesetz und § 4 Abs. 1 des Berliner Pressegesetzes - PresseG -(1.). Er kann aber nach dem Informationsfreiheitsgesetz die Neubescheidung seines Antrages auf Informationszugang verlangen. Ob der Kläger Zugang zu den von ihm begehrten Informationen erhält, hängt indes allein vom Ergebnis einer von der Beklagten noch durchzuführenden Beteiligung derjenigen Abgeordneten des 16. Deutschen Bundestages ab, deren Belange durch den klägerischen Antrag auf Informationszugang berührt sind. Soweit ein solches Beteiligungsverfahren bisher unterblieben ist, ist der Bescheid des Deutschen Bundestages vom 20. Januar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. April 2010 rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten; mangels Spruchreife kann das Gericht nach § 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO allerdings nur die Verpflichtung der Beklagten aussprechen, den Antrag des Klägers auf Gewährung von Informationszugang neu zu bescheiden (2.).

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  • Der Kläger kann sich nicht mit Erfolg auf Art. 5 GG berufen, weil es sich bei den Unterlagen der Beklagten zum Sachleistungskonsum der Abgeordneten nicht um allgemein zugängliche Quellen handelt.

Auch § 4 Abs. 1 des PresseG scheidet für die hier begehrten Informationen als Anspruchsgrundlage aus. Nach dieser Vorschrift sind die Behörden verpflichtet, den Vertretern der Presse, die sich als solche ausweisen, zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe Auskünfte zu erteilen. Dieser landesrechtlich geregelte Auskunftsanspruch erfasst zwar grundsätzlich auch die Behörden des Bundes (OVG Berlin, Urteil vom 25. Juli 1995 - OVG 8 B 16.04 -, Juris; vgl. auch Burkhardt in: Löffler, Presserecht, 5. Aufl. 2006, Rn. 54 zu § 4 LPG); allerdings gilt die Vorschrift nur, soweit der vom Landesgesetzgeber geregelte Auskunftsanspruch gegenüber Bundesbehörden in kompetenzrechtlicher Hinsicht mit der Verfassung in Einklang steht. Dies ist für die hier begehrten Informationen über Bundestagsabgeordnete nicht der Fall.

Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Urteil vom 4. Juli 2007 - 2 BvE 1/06, 2 BvE 2/06, 2 BvE 3/06, 2 BvE 4/06 -, Juris) hat nicht der Landesgesetzgeber, sondern der Bundesgesetzgeber in Ausübung seiner Kompetenz nach Art. 38 Abs. 3 GG über den Gegenstand und die Reichweite von Offenbarungspflichten der Abgeordneten und die Veröffentlichung solcher Offenbarungen durch die Bundestagsverwaltung zu entscheiden (vgl. auch Art. 48 Abs. 3 Satz 2 GG). Hieraus folgt, dass auch die unmittelbare Offenlegung von Informationen, die das Abgeordnetenverhältnis betreffen, durch die Bundestagsverwaltung nur auf der Grundlage einer vom Bundesgesetzgeber erlassenen Regelung zulässig ist. Demzufolge regelt das Berliner Pressegesetz bei verfassungskonformer Auslegung nur einen Auskunftsanspruch gegenüber der Bundestagsverwaltung, soweit der Abgeordnete nicht in seiner Stellung als Abgeordneter betroffen ist. Da die hier begehrten Informationen das Verhalten einzelner Abgeordneter bei der Beschaffung ihrer Amtsausstattung betreffen, mithin ihre Stellung als Abgeordneter (vgl. § 12 Abgeordnetengesetz), ist der landesrechtliche Auskunftsanspruch ausgeschlossen.

  1. Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers ist § 1 Abs. 1 IFG. Nach dieser Vorschrift hat jeder nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen (Satz 1). Für sons-

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tige Bundesorgane und -einrichtungen gilt dies, soweit sie öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnehmen (Satz 2). Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.

a. Die für die Beklagte handelnde Bundestagsverwaltung nimmt, soweit sie den Abgeordneten personelle und sachliche Ausstattung gewährt und deren Bürobedarf abrechnet, öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahr (vgl. § 1 Abs. 4 VwVfG). Bei den Aufzeichnungen und Unterlagen der Beklagten zum "Sachleistungskonsum" der Abgeordneten des 16. Deutschen Bundestages handelt es sich auch um amtliche Informationen im Sinne des § 2 Nr. 1 IFG, da diese Informationen der Abrechnung und Kontrolle der Ausgaben über die Anschaffung von Büro- und Geschäftsbedarf durch Abgeordnete, mithin amtlichen Zwecken dienen.

b. Die von der Beklagten geltend gemachten Ausschlussgründe nach § 3 Nr. 4, § 3 Nr. 7, § 6 Satz 2 und § 7 Abs. 2 IFG sind nicht gegeben.

( 1) Die Beklagte beruft sich der Sache nach auf die Ausschlussgründe nach § 3 Nr. 4 IFG und § 3 Nr. 7 IFG, indem sie vorträgt, die Preise für die Montblanc-Schreibgeräte seien identisch mit dem von der Beigeladenen bei der Vergabe des Rahmenvertrags abgegebenen Angebot, welches nach § 17 Abs. 3 der Bestimmungen für die Vergabe von Leistungen im Anwendungsbereich der Richtlinie 2004/18/EG (EG-VOL/A) geheim zu halten sei. Dem folgt das Gericht nicht.

N ach § 3 Nr. 4 IFG besteht der Anspruch auf Informationszugang u.a. dann nicht, wenn die Information einer durch Rechtsvorschrift geregelten Geheimhaltungs- oder Vertraulichkeitspflicht unterliegt. Gemäß § 3 Nr. 7 IFG ist die Informationsgewährung bei vertraulich erhobener oder übermittelter Information ausgeschlossen, soweit das Interesse des Dritten an einer vertraulichen Behandlung im Zeitpunkt des Antrags auf Informationszugang noch fortbesteht.

Es kann offen bleiben, ob § 17 Abs. 3 EG-VOL/A eine Rechtsvorschrift im Sinne des § 3 Nr. 4 IFG ist oder sich aus dieser Bestimmung ergeben kann, dass eine Information im Sinne von § 3 Nr. 7 IFG vertraulich übermittelt worden ist. Denn jedenfalls ist der Schutzgegenstand des § 17 Abs. 3 EG-VOL/A nicht identisch mit der hier begehrten Information, so dass es an der erforderlichen "Vertraulichkeit" fehlt.

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Nach § 17 Abs. 3 EG-VOL/A sind die Angebote von Teilnehmern eines Vergabeverfahrens auch nach Abschluss des Vergabeverfahrens sorgfältig zu verwahren und vertraulich zu behandeln. Nach seinem Sinn und Zweck will die Bestimmung den Anbieter im Rahmen eines Vergabeverfahrens davor schützen, Nachteile dadurch zu erleiden, dass sein Angebot Mitbewerbern bekannt wird. Nicht geschützt ist danach die hier vom Kläger begehrte Einzelinformation über den Preis eines Produkts bzw. den Preis von Produkten einer bestimmten Warenart aus dem Angebot. Denn deren Offenlegung kann keine erheblichen Auswirkungen auf ein laufendes oder ein späteres neues Vergabeverfahren haben. Die begehrte Einzelinformation lässt nämlich noch keine Rückschlüsse auf das Angebot im Ganzen und die diesem Angebot zugrunde liegende Kalkulation zu.

(2) Entgegen der Auffassung der Beklagten steht dem Informationsbegehren des Klägers auch § 6 Satz 2 IFG nicht entgegen. Nach dieser Vorschrift darf Zugang zu Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen nur gewährt werden, soweit der Betroffene eingewilligt hat. Das Vorliegen von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen hat die Beklagte nicht ausreichend dargelegt.

Als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse werden allgemein alle auf ein Unternehmen bezogenen Tatsachen, Umstände und Vorgänge verstanden, die nicht offenkundig, sondern nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und an deren Nichtverbreitung der Rechtsträger ein berechtigtes Interesse hat. Betriebsgeheimnisse umfassen im Wesentlichen technisches Wissen; Geschäftsgeheimnisse betreffen vornehmlich kaufmännisches Wissen. Ein berechtigtes Interesse an der Nichtverbreitung der Information im danach erforderlichen Sinne fehlt, wenn deren Offenlegung nicht geeignet ist, exklusives technisches oder kaufmännisches Wissen den Marktkonkurrenten zugänglich zu machen und so die Wettbewerbsposition des Unternehmens nachteilig zu beeinflussen (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Mai 2009 - BVerwG 7 C 18.08 -, Juris).

O b durch die Bekanntgabe einer Information ein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis zugänglich gemacht wird, kann im Einzelfall (zunächst) aufgrund plausibler und nachvollziehbarer Darlegungen des Betroffenen beurteilt werden (vgl. BVerwG, Urteil vom 24. September 2009 - BVerwG 7 C 2.09 -). Dabei müssen die behördlichen Angaben nicht so detailliert sein, dass Rückschlüsse auf die geschützte Information möglich sind, sie müssen aber so einleuchtend und nachvollziehbar sein, dass das Vorliegen des Ausschlussgrundes geprüft werden kann (vgl. Urteil der Kammer vom 12. Oktober

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2009 - VG 2 A 20.08 -, Juris). Dass es bei § 6 Satz 2 IFG um einen materiellrechtlichen Geheimhaltungsgrund geht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 25. Juni 2010 - BVerwG 20 F 1.10 -, Juris), ändert an diesen Anforderungen zum Sachvortrag nichts. Auch in diesem Fall genügt es regelmäßig nicht, wenn lediglich das Vorliegen des Geheimhaltungsgrundes behauptet wird, vielmehr müssen auch insoweit Tatsachen dargelegt werden, die die Annahme des Geheimhaltungsgrundes rechtfertigen können. Erst wenn der Behörde dies gelungen ist, stellt sich die weitere Frage, ob das Gericht den Vorgang zur weiteren Klärung beiziehen muss und im Anschluss daran ggf. ein Verfahren nach § 99 Abs. 2 VwGO durchzuführen ist.

H ier fehlt es bereits an nachvollziehbaren Darlegungen des Beklagten und der Beigeladenen. Die Beklagte hat zunächst vorgetragen, in den Akten befänden sich kalkulatorische Einzelangaben der Beigeladenen, die Rückschlüsse auf Marktaktivitäten, Umsätze und Preise zuließen. In der mündlichen Verhandlung hat sie diesen Vortrag dahingehend erläutert, bei den Informationen zu den Montblanc-Schreibgeräten gehe es "ausschließlich um die Einzelpreisangaben und die Zuordnung zum entsprechenden Artikel", was sich so auch dem von ihr eingereichten "Musterlieferschein" entnehmen lasse.

D ie Offenlegung des Preises, den die Bundestagsverwaltung an die Beigeladene für die von Abgeordneten bestellten Montblanc-Schreibgeräte bezahlt hat, ist aber nicht geeignet ist, die Beigeladene im Wettbewerb nachteilig zu beeinflussen. Einem unmittelbaren Wettbewerbsverhältnis mit anderen Anbietern von Bürobedarf unterliegt die Beigeladene als Rahmenvertragspartnerin des Deutschen Bundestages nicht. Sie muss deshalb nicht damit rechnen, dass ein Wettbewerber den Abgeordneten des Deutschen Bundestages Montblanc-Schreibgeräte zu einem günstigeren Preis anbietet. Die bloße Bekanntgabe des Preises der Montblanc-Schreibgeräte lässt auch keine Rückschlüsse auf die Kalkulation der Beigeladenen oder auf vom Hersteller gewährte Rabatte zu. Denn dem in Rechnung gestellten Preis als solchem lässt sich nicht entnehmen, ob die Beigeladene die hier maßgeblichen Schreibgeräte mit Gewinn, mit Verlust oder kostendeckend an den Deutschen Bundestag geliefert hat.

( 3) Die Beklagte kann sich auch nicht mit Erfolg auf § 7 Abs. 2 IFG berufen. Nach dieser Vorschrift ist - bei einem teilweise bestehenden Anspruch - dem Antrag auf Informationszugang in dem Umfang stattzugeben, in dem der Informationszugang u.a. ohne unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand möglich ist. Es kann offen bleiben, ob die Voraussetzungen des § 7 Abs. 2 IFG gegeben sind, denn jedenfalls

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wäre die Informationsgewährung hinsichtlich der Montblanc-Schreibgeräte und der Digitalkameras nicht mit einem unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand verbunden.

Ein unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand ist anzunehmen, wenn die Behörde als Ganzes - nicht nur die mit dem Antrag auf Informationszugang befasste Stelle durch den fraglichen Antrag auf Gewährung von Informationsgewährung gehindert wird, ihre eigentlichen Aufgaben ordnungsgemäß zu erfüllen (vgl. Hess. VGH, Beschluss vom 30. April 2010 - 6 A 1341.09 -, Juris). Darüber hinaus liegt ein unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand vor, wenn der technisch-organisatorische Aufwand der Informationsgewährung in einem Missverhältnis zu dem zu erwartenden Erkenntnisgewinn der Allgemeinheit bzw. des Einzelnen steht (Urteil der Kammer vom 12. Oktober 2009, a.a.O.). Beides ist hier nach dem Vortrag der Beklagten nicht der Fall.

Die Informationen befinden sich in 308 Ordnern zu je 400 Blatt (= 123.200 Blatt). Diese müssen zunächst - eher oberflächlich - danach durchgesehen werden, ob sie Informationen zu Montblanc-Schreibgeräten oder Digitalkameras enthalten. Nur die auf diese Art ausgesonderten Unterlagen sind dann im Einzelnen durchzusehen und - soweit sie andere, nicht begehrte Informationen enthalten - zu schwärzen. Dass die Beklagte diesen Aufwand organisatorisch ohne nicht nur vorübergehende Zurückstellung ihrer Kernaufgaben nicht bewältigen könnte, hat sie selbst nicht behauptet und ist im Übrigen auch nicht ersichtlich. Auch ein Missverhältnis zu dem zu erwartenden Erkenntnisgewinn der Allgemeinheit ist nicht gegeben.

c. Ob der Ausschlussgrund des § 5 IFG vorliegt, kann derzeit vom Gericht nicht entschieden werden, weil die Sache noch nicht spruchreif ist. Zwar ist das Gericht bei rechtlich gebundenen Entscheidungen - wie der vorliegenden - grundsätzlich zur Herstellung der Spruchreife verpflichtet (vgl. § 113 Abs. 3 VwGO). Jedoch ist das Gericht hier aus materiellrechtlichen Gründen gehindert, die Spruchreife herbeizuführen. Denn die Vorschrift des § 5 IFG i.V.m. § 8 IFG setzt zwingend die vorherige ordnungsgemäße Durchführung eines Verwaltungsverfahrens voraus, das das gerichtliche Verfahren nicht ersetzen kann.

Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG darf Zugang zu personenbezogenen Daten nur gewährt werden, soweit das Informationsinteresse des Antragstellers das schutzwürdige Interesse des Dritten am Ausschluss des Informationszugangs überwiegt oder der

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Dritte eingewilligt hat. Bei den begehrten Informationen handelt es sich um personenbezogene Daten (1). Das Informationsinteresse des Klägers überwiegt nicht das schutzwürdige Interesse der betroffenen Abgeordneten am Ausschluss des Informationszugangs (2). Ob die betroffenen Abgeordneten einwilligen, muss die Beklagte im Verfahren nach § 8 IFG feststellen (3).

( 1) Personenbezogene Daten sind Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren Person (§ 3 Abs. 1 BDSG); dazu rechnen auch Handlungen, Äußerungen und sonstige Verhaltensweisen von Personen (Dammann in: Simitis, BDSG, 6. Aufl. 2006, Rn. 10 zu § 3). Bei der vom Kläger begehrten Information, welche Abgeordnete Montblanc-Schreibgeräte bestellt und/oder Digitalkameras gekauft und gegenüber der Bundestagsverwaltung abgerechnet haben, handelt es sich um Angaben über deren Verhalten, mithin um personenbezogene Daten im Sinne des § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG.

( 2) Die Abwägung des Informationsinteresses des Klägers mit dem schutzwürdigen Interesse der Abgeordneten fällt zu Lasten des Informationsinteresses aus. § 5 Abs. 2 IFG bestimmt, dass das Informationsinteresse des Antragstellers nicht überwiegt bei Informationen aus Unterlagen, soweit sie mit einem Dienst- oder Amtsverhältnis oder einem Mandat des Dritten in Zusammenhang stehen. Dies ist hier der Fall; die Informationen zum Sachleistungskonsum der Abgeordneten des 16. Deutschen Bundestags sind Informationen aus Unterlagen, die mit dem Mandat der Abgeordneten in Zusammenhang stehen.

D ie Vorschrift des § 5 Abs. 2 IFG erfasst mit dem Begriff "Informationen aus Unterlagen, die mit einem Mandat in Zusammenhang stehen" nicht nur Informationen, die unmittelbar die Mandatswahrnehmung durch Abgeordnete - etwa im Rahmen der Gesetzgebung – betreffen, sondern alle personenbezogenen Daten, die die Bundestagsverwaltung – vergleichbar einer Personalakte - zu Abgeordneten in Unterlagen festhält und die in einem unmittelbaren inneren Zusammenhang mit dem Mandat stehen. Dies ergibt sich aus der Systematik und dem Schutzzweck des § 5 Abs. 2 IFG sowie aus der Genese der Vorschrift.

D ie vom Kläger favorisierte Auslegung des § 5 Abs. 2 IFG, wonach nur Informationen erfasst sein sollen, die unmittelbar die Mandatswahrnehmung durch Abgeordnete im Rahmen der Gesetzgebung betreffen, überzeugt das Gericht nicht. Bei einer derart engen Auslegung wäre § 5 Abs. 2 IFG - soweit er das Mandat erwähnt -

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überflüssig, da solche Informationen zur Gesetzgebungstätigkeit der Abgeordneten schon nicht in den Anwendungsbereich des § 1 Abs. 1 IFG fallen. § 5 Abs. 2 IFG nimmt vielmehr eine Gleichstellung von Dienst-/Amtsverhältnis und Mandatsverhältnis vor und schützt die personenbezogenen Daten von Mandatsträgern gleichermaßen wie die der Angehörigen des öffentlichen Dienstes. Dies bestätigt der Gang des Gesetzgebungsverfahrens. Die Erweiterung des § 5 Abs. 2 IFG um Informationen aus Unterlagen, die mit einem Mandat eines Dritten in Zusammenhang stehen, erfolgte im Gesetzgebungsverfahren auf Empfehlung des Innenausschusses. In der BT-Drs. 15/5606, S. 6, heißt es hierzu: "Die Änderung stellt klar, dass auch Amtsverhältnisse sowie das parlamentarische Mandat von § 5 Abs. 2 geschützt werden, soweit dieses Gesetz auf sie Anwendung findet. … Durch die Änderung werden Informationen über Abgeordnete und Amtsträger denjenigen über Angehörige des öffentlichen Dienstes gleichgestellt, so dass sie den gleichen Schutz genießen wie z.B. Personalakten der Angehörigen des öffentlichen Dienstes. Für den parlamentarischen Bereich unterliegen Unterlagen der Bundestagsverwaltung zu Abgeordneten und ihren Mitarbeitern … diesem Schutz, sofern sie diesem Gesetz unterfallen…".

G emessen hieran handelt es sich bei den Informationen zur Abrechnung des Sachleistungskonsums von Abgeordneten um solche Informationen, da sie in unmittelbarem Zusammenhang mit dem durch das Mandat begründeten Anspruch auf Gewährung einer Amtsausstattung nach § 12 Abgeordnetengesetz entstanden und zu diesem Zweck von der Bundestagsverwaltung aufgezeichnet worden sind.

Dem Kläger kann insoweit auch nicht Zugang zu den erstrebten Informationen mit der Maßgabe gewährt werden, dass den Informationen durch Schwärzung des Namens der betreffenden Abgeordneten der Personenbezug genommen wird (vgl. zum fehlenden Personenbezug bei Daten, die in keinem unmittelbaren Zusammenhang zu einem Mandat standen, Urteil der Kammer vom 10. Oktober 2007 - VG 2 A 102.06 -, Juris). Denn § 5 Abs. 2 IFG stellt unbeschadet seiner systematischen Verortung unter der Überschrift "Schutz personenbezogener Daten" durch Verwendung der Formulierung "Informationen aus Unterlagen" klar, dass der gesamte mit einem Dienst- oder Amtsverhältnis oder einem Mandat des Dritten im Zusammenhang stehende Vorgang vom Recht auf Informationszugang ausgeschlossen sein soll (vgl. BT-Drs. 15/4493, S. 13, unter Hinweis auf das Fehlen eines "Personalaktengeheimnisses"; vgl. ferner Schoch, a.a.O., Rn. 50 f. zu § 5). Darauf, ob jede ein-

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zelne Information aus den Unterlagen einen Personenbezug aufweisen, kommt es danach nicht an.

( 3) Geht die Interessenabwägung zwingend zu Lasten des Klägers aus, hängt sein Anspruch auf Informationszugang nur noch vom Vorliegen einer Einwilligung der betroffenen Abgeordneten ab. An einer solchen Einwilligung fehlt es bisher. Dies rechtfertigt es jedoch nicht, die Klage abzuweisen. Vielmehr ist die Beklagte nach 8 Abs. 1 IFG verpflichtet, vor einer abschließenden Entscheidung über den Antrag des Klägers auf Gewährung von Zugang zu den hier umstrittenen Informationen die betroffenen Abgeordneten anzuhören und ihnen hierdurch die Möglichkeit zu geben, sich mit der Informationsgewährung einverstanden zu erklären.

N ach § 8 Abs. 1 IFG gibt die Behörde einem Dritten, dessen Belange durch den Antrag auf Informationszugang berührt sind, schriftlich Gelegenheit zur Stellungnahme binnen eines Monats, sofern Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass er ein schutzwürdiges Interesse am Ausschluss des Informationszugangs haben kann. Diese Voraussetzungen sind hier gegeben. Die Belange der Abgeordneten sind durch den Antrag des Klägers auf Informationszugang berührt, da es um ihren (personenbezogenen) Sachleistungskonsum während der Wahrnehmung ihres Mandats 2009 geht. Daraus folgt zugleich, dass Anhaltspunkte für ein schutzwürdiges Interesse am Ausschluss des Informationszugangs gegeben sind.

N ach § 8 Abs. 1 IFG ist die Beteiligung des betroffenen Dritten nicht schon deshalb entbehrlich, weil die Behörde der Auffassung ist, dass dessen schutzwürdiges Interesse ohnehin das Informationsinteresse des Antragstellers überwiegt (vgl. § 5 Abs. 2 IFG) und sie deshalb keinen Zugang gewähren will. Zwar handelt es sich bei § 8 Abs. 1 IFG um eine Vorschrift, die in erster Linie dem Schutz des betroffenen Dritten dienen soll (Schoch, a.a.O., Rn. 6 zu § 8); dieser soll im Interesse des Schutzes seiner Rechte am Verfahren beteiligt werden. Folgerichtig stellt die Vorschrift deshalb darauf ab, ob Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass der Dritte ein schutzwürdiges Interesse "am Ausschluss des Informationszugangs" haben kann.

W ill die Behörde - wie hier - den beantragten Informationszugang ohne Einwilligung des Dritten ablehnen, so bedarf der Dritte keines Schutzes. Andrerseits beschränkt sich § 8 Abs. 1 IFG nicht auf den Schutz betroffener Dritter. Vielmehr dient er auch dem Interesse desjenigen, der Informationszugang beantragt hat (vgl. Schoch, a.a.O., Rn. 35 zu § 8; allgemein auch Griebel, Die verfahrensrechtliche Absiche-

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rung von Informationsfreiheitsrechten in rechtsvergleichender Sicht, S. 124). Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich der betroffene Dritte mit einer Informationsgewährung einverstanden erklärt, verpflichtet er die Behörde im Interesse des Antragstellers, Dritte auch dann anzuhören, wenn der Informationszugang ohne dessen Einwilligung versagt werden müsste.

Hierfür spricht der Wortlaut des § 8 Abs. 1 IFG. Die Vorschrift stellt nicht darauf ab, ob die Belange des Dritten durch die "Gewährung" des Informationszugangs berührt werden. Sie lässt es vielmehr ausreichen, dass der bloße "Antrag" auf Informationszugang Belange des Dritten berührt und statuiert damit eine Beteiligungspflicht im Vorfeld einer jeden Entscheidung über einen Antrag auf Gewährung von Informationszugang, der sich auch auf personenbezogene Daten (bzw. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse) Dritter bezieht.

Dieses Normverständnis wird auch durch die - allerdings nicht in allen Belangen überzeugende - Gesetzesbegründung (BT-Drs. 15/4493, S. 15) nahegelegt. Danach war es die Absicht des Gesetzgebers, das in § 8 Abs. 1 IFG geregelte Beteiligungsverfahren auch im Interesse des den Informationszugang Begehrenden einzuführen, weil "es durchaus möglich ist, dass … der Dritte selbst mit der Offenbarung der ihn betreffenden Information einverstanden ist".

F ür diese Auslegung von § 8 Abs. 1 IFG spricht des Weiteren der systematische Zusammenhang mit § 5 IFG. Nach § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG steht der Schutz personenbezogener Daten der Gewährung von Informationszugang bei einem überwiegenden Informationsinteresse des Antragstellers oder bei einer erteilten Einwilligung betroffener Dritter nicht entgegen. Beide Einschränkungen des Ausschlussgrundes des Schutzes personenbezogener Daten stehen selbständig nebeneinander. Letztere Einschränkung liefe jedoch praktisch leer, wenn die Behörde nicht verpflichtet wäre, die betroffenen Dritten über das Vorliegen eines Antrags auf Informationszugang zu informieren und ihnen dadurch Gelegenheit zu geben, ihr Einverständnis mit der Gewährung von Informationszugang zu erteilen. Denn nur in den seltensten Fällen wird sich ein Dritter bereits im Vorfeld eines konkreten Informationsbegehrens pauschal mit der Preisgabe seiner personenbezogenen Daten einverstanden erklärt oder diese abgelehnt haben. Weil der Antragsteller in der überwiegenden Anzahl von Fällen nicht weiß, wessen personenbezogene Daten eine von ihm begehrte Sammlung amtlicher Informationen enthält, kann er sich re-

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gelmäßig nicht selbst an den Betroffenen wenden und um die Erteilung einer Einwilligung bitten.

Schließlich spricht auch die sonstige Systematik des Informationsfreiheitsgesetzes für diese Auslegung der §§ 5, 8 Abs. 1 IFG. Der Gesetzgeber hat mit der Schaffung des Informationsfreiheitsgesetzes das Anliegen verfolgt, im Interesse des demokratischen Meinungs- und Willensbildungsprozesses behördliche Vorgänge künftig durchsichtig zu gestalten. Er hat zu diesem Zweck in § 1 Abs. 1 IFG einen im Grundsatz voraussetzungslosen Anspruchs auf Informationszugang geschaffen und der Behörde die Pflicht auferlegt, das Vorliegen von Ausnahmen zum Zugang darzulegen (BT-Drs. 15/4493, S. 6). Die Interpretation der Versagungsgründe muss unter Berücksichtigung der hierdurch geschaffenen Rechtsstellung des Bürgers erfolgen. Dies schließt es aus, den Informationszugang in Ermangelung einer Einwilligung betroffener Dritter zu versagen, ohne diesen zuvor Gelegenheit zu geben, ihr Einverständnis zu erklären (so schon in einer ähnlichen Konstellation zum Informationsfreiheitsgesetz Berlin: OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 11. März 2008 - OVG 12 B 1.07 -, Juris).

D ie Kammer verkennt dabei nicht, dass die von ihr angenommene verfahrensrechtliche Verpflichtung der auf Informationsgewährung in Anspruch genommenen Behörde zu einem erheblichen und im Einzelfall möglicherweise nur schwer zu bewältigenden Verwaltungsaufwand führen kann. Dies ist als Folge der vom Gesetzgeber gewollten Regelung jedoch grundsätzlich hinzunehmen und rechtfertigt bei der derzeitigen Rechtslage keine andere Entscheidung.

D ie danach im Interesse des Klägers erforderliche Beteiligung derjenigen Abgeordneten des 16. Deutschen Bundestags, deren "Belange" in dem oben beschriebenen Sinne durch den klägerischen Antrag auf Informationszugang "berührt sind", kann nicht im gerichtlichen Verfahren nachgeholt werden, weil die Namen der betroffenen Abgeordneten nicht offen gelegt sind. Die Beklagte hat daher das Verwaltungsverfahren nochmals - nunmehr ordnungsgemäß - durchzuführen und den Akteneinsichtsantrag neu zu bescheiden.

D ie Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 i.V.m. § 162 Abs. 3 VwGO. Es entspricht insoweit der Billigkeit, die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen nicht den Hauptbeteiligten aufzuerlegen, weil die Beigeladene keinen Antrag gestellt und sich damit selbst keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat. Eine Entscheidung über die

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außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen ist im Tenor versehentlich unterblieben. Eine solche Tenorierung ist jedoch entbehrlich (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 16. Aufl. 2009, Rn. 22 zu § 162).

Die Entscheidungen über die vorläufige Vollstreckbarkeit und die Abwendungsbefugnis beruhen auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 Satz 1 und 2, 709 Satz 2 ZPO.

Die Berufung und die Sprungrevision sind wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtsfrage zuzulassen (§ 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO), ob sich aus den §§ 5 und 8 IFG eine Rechtspflicht der Behörde zur Beteiligung eines betroffenen Dritten auch dann ergibt, wenn ein Antrag auf Informationsgewährung ohne Vorliegen der Einwilligung des Dritten abgelehnt werden müsste.

Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten entweder die Berufung oder bei schriftlicher Zustimmung aller Kläger und Beklagten die Revision zu.

Die Berufung ist bei dem Verwaltungsgericht Berlin, Kirchstraße 7, 10557 Berlin, innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder in elektronischer Form (Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr mit der Justiz im Lande Berlin vom 27. Dezember 2006, GVBl. S. 1183, in der Fassung der Zweiten Änderungsverordnung vom 9. Dezember 2009, GVBl. S. 881) einzulegen. Die Berufung ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils schriftlich oder in elektronischer Form zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Hardenbergstraße 31, 10623 Berlin, einzureichen.

Die Revision ist bei dem Verwaltungsgericht Berlin, Kirchstraße 7, 10557 Berlin, innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich oder in elektronischer Form einzulegen. Die Revisionsfrist ist auch gewahrt, wenn die Revision innerhalb der Frist bei dem Bundesverwaltungsgericht, Simsonplatz 1, 04107 Leipzig, schriftlich oder in elektronischer Form (Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr beim Bundesverwaltungsgericht und beim Bundesfinanzhof vom 26. November 2004, BGBl. I S. 3091) eingelegt wird. Die Revision muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Die Zustimmung zu der Einlegung der Revision ist der Revisionsschrift beizufügen oder innerhalb der Revisionsfrist nachzureichen.

Die Revision ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieses Urteils zu begründen. Die Begründung ist bei dem Bundesverwaltungsgericht in der genannten Form einzureichen und muss einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen angeben, die den Mangel ergeben.

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Vor dem Oberverwaltungsgericht und dem Bundesverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für die Einlegung der Berufung und der Revision. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte und Rechtslehrer an einer Hochschule im Sinn des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Vor dem Bundesverwaltungsgericht sind in Angelegenheiten, die ein gegenwärtiges oder früheres Beamten-, Richter-, Wehrpflicht-, Wehrdienst- oder Zivildienstverhältnis betreffen, und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen einschließlich Prüfungsangelegenheiten, auch die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 5 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 7 VwGO als Bevollmächtigte zugelassen; sie müssen durch Personen mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Vor dem Oberverwaltungsgericht können darüber hinaus auch die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneten Personen und Organisationen auftreten. Ein als Bevollmächtigter zugelassener Beteiligter kann sich selbst vertreten. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt vertreten lassen; das Beschäftigungsverhältnis kann auch zu einer anderen Behörde, juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem der genannten Zusammenschlüsse bestehen. Richter dürfen nicht vor dem Gericht, ehrenamtliche Richter nicht vor einem Spruchkörper des Oberverwaltungsgerichts auftreten, dem sie angehören.

Xalter Becker Hömig hö/ke

Ausgefertigt

Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle