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Aktenzeichen
3 B 76/10
Datum
24. März 2010
Gericht
Verwaltungsgericht Magdeburg
Gesetz
Informationszugangsgesetz Sachsen-Anhalt (IZG LSA)
Informationszugangsgesetz Sachsen-Anhalt (IZG LSA)

Beschluss: Verwaltungsgericht Magdeburg am 24. März 2010

3 B 76/10

Unterlagen im Zusammenhang mit dem Berufungsverfahren des Antragstellers an einer Hochschule fallen nicht unter den gesetzlichen Ausnahmetatbestand der "wissenschaftlichen Tätigkeit" und sind damit unter Berücksichtigung schützenswerter Belange Dritter, deren Daten darin ebenfalls vorhanden sind, herauszugeben. (Quelle: LDA Brandenburg)

Anwendungsbereich/ Zuständigkeit Drittbetroffenheit Personenbezogene Daten Begriffsbestimmung

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Abschrift

VERWALTUNGSGERICHT MAGDEBURG

Az.: 3B 76/10 MD

 

BESCHLUSS

In der Verwaltungsrechtssache

des Herrn Dr. A.,
A-Straße, A-Stadt,

Antragstellers,

Proz.-Bev.: Rechtsanwälte B.,
B-Straße, B-Stadt,

gegen

die C.,
C-Straße, C-Stadt,

Antragsgegnerin,

Proz.-Bev.: Rechtsanwalt Dr. D.,
D-Straße, D-Stadt,

Streitgegenstand: Vorlage von Unterlagen

Das Verwaltungsgericht Magdeburg - 3. Kammer - hat am 24.3.2010 beschlossen:

Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anord-
nung nach 8 123 Abs. 1 VwGO verpflichtet, dem Antragstel-
ler Zugang zu gewähren über sämtliche bei der Antragsgeg-
nerin noch vorhandenen amtlichen Informationen, welche
den Antragsteller betreffen, insbesondere den Schriftverkehr
der Antragsgegnerin mit dem Kultusministerium des Landes
Sachsen-Anhalt, die auf den Antragsteller bezogenen Proto-
kolle. des Fachbereichrats des Standorts Stendal, die auf den
Antragsteller bezogenen Protokolle der Rehabilitations-
Psychologie-Dozenten-Besprechungen des Standorts Sten-
dal, zum Berufungsverfahren des Antragstellers aus dem
Jahre 2002, Unterlagen zu durchgeführten oder geplanten
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Lehrveranstaltungen des Antragstellers und Evaluationen
seiner Lehrveranstaltungen sowie den den Antragsteller
betreffenden Schriftverkehr innerhalb der Antragsgegnerin.
Der Informationsanspruch erstreckt sich dabei nicht auf die
Schriftstücke, in denen Belange Dritter berührt werden. Der
Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird inso-
weit abgelehnt.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens zu 1/3 und
die Antragsgegnerin zu 2/3.

Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 3.176,00 Euro
festgesetzt.

Gründe:

Der mit Schriftsatz vom 21.3.2010 gestellte Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechts-
schutzes hat aus dem in dem Tenor genannten Umfange Erfolg.

Nach $ 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann eine einstweilige Anordnung erlassen werden
zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis,
wenn diese Regelung nötig erscheint, um wesentliche Nachteile abzuwenden oder
drohende Nachteile zu verhindern. Das Gericht entscheidet nach freiem Ermessen im
Rahmen des gestellten Antrages, ob es eine einstweilige Anordnung erlässt und wel-
che Regelung es damit im Einzelnen trifft. Das Gericht muss sowohl bei der Entschei-
dung, ob es eine einstweilige Anordnung erlässt, als auch bei der Bestimmung ihres
konkreten Inhaltes alle betroffenen öffentlichen und privaten Interessen des Antragstel-
lers, des Antragsgegners und betroffener Dritter sowie die Interessen der Allgemeinheit
gegeneinander abwägen. Zu berücksichtigen sind bei der Entscheidung insbesondere
die Nachteile und Schäden, die drohen, wenn die Anordnung ergeht bzw. nicht ergeht,
Bedeutung und Dringlichkeit des in Frage stehenden Anspruches des Antragstellers,
die Zumutbarkeit, eine Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten, das Maß einer
eventuellen Gefährdung oder Beeinträchtigung öffentlicher Interessen oder schutzwür-
diger Interessen Dritter sowie die Reparabilität oder Irreparabilität der für den An-
tragsteller bzw. die Allgemeinheit oder Dritte möglicherweise entstehender Nachteile.
Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind vom Antragsteller gemäß $ 123 Abs.
3 VwGO i. V. m. 8 294 Abs. 2 ZPO glaubhaft zu machen.

Im vorliegenden Sachverhalt hat der Antragsteller einen Anordnungsgrund geltend
gemacht. Das Gericht unterstellt zugunsten des Antragstellers im Hinblick auf den im
Zivilprozess herrschenden Beibringungsgrundsatz, dass angesichts der bis zum
26.3.2010 gesetzten Frist zur Begründung der Nichtzulassungsbeschwerde ein Anord-
nungsgrund (Eilbedürftigkeit) glaubhaft gemacht worden ist, soweit der Antragsteller

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nach seinem Vorbringen weitere Unterlagen, insbesondere die begehrten Protokolle,
die Unterlagen zum Berufungsverfahren etc. benötigt und soweit diese noch fehlen.
Die Übermittlung der Antragsschrift ohne Anlagen führt nicht zum Fehlen eines Anord-
nungsgrundes, da die fehlenden bzw. unvollständigen Anlagen der Antragsgegnerin
aus der Vorkorrespondenz bekannt sind und in der Antragsschrift genau bezeichnet
wurden. Die begehrten Informationen wurden bereits in 2 Eilverfahren vor dem VG
Magdeburg seit 19.10.2009 angefordert, allerdings vom Kultusministerium. Das Kul-
tusministerium hat im Hinblick auf dem Vorwurf des Prozessbetruges am 18.3.2010
ausdrücklich schriftlich erklärt, keine Unterlagen mehr zu haben. Da auch grundsätzlich
innerhalb 1 Monats (vgl. 8 7 Abs. 5 IZG) ein Informationszugang erfolgen soll, ist das
Schreiben vom 1.2.2010 nicht als verspätet zu werten, so dass der Anordnungsgrund
gegeben ist.

Der Antragsteller hat nach Auffassung des Gerichtes auch einen Anordnungsgrund
unter Berücksichtigung des 8 1 Abs. 1 Nr. 1 IZG glaubhaft gemacht. Entgegen der Auf-
fassung der Antragsgegnerin handelt es sich bei den Unterlagen, in welche der An-
tragsteller Akteneinsicht begehrt, nicht um solche Informationen, die den Bereich der
Hochschule betreffen, „soweit sie wissenschaftlich tätig ist“. Die Vorschrift des $ 3 Abs.
1 Nr. 9 IZG beschränkt sich nach dem Sinngehalt darauf, dass nicht die „wissenschaft-
lichen Früchte“ der Hochschule weitergegeben werden sollen, enthält aber keinen
Ausschlusstatbestand für die Vorlage der hier begehrten Unterlagen, die auch dem
Bereich der Verwaltungstätigkeit zuzuordnen sind, da sie im Zusammenhang mit dem
Berufungsverfahren des Antragstellers stehen und dessen Persönlichkeit betreffe. Ein
solches Verfahren betrachtet das Gericht nicht als „wissenschaftliche Tätigkeit“ im Sin-
ne des IZG und sieht auch unter Berücksichtigung des Art. 5 Abs. 3 GG keinen Ar-
haltspunkt für einen Ausschluss des Informationsanspruches.

Dem Begehren des Antragstellers war aber nicht in vollem Umfange stattzugeben. Zu
berücksichtigen ist, dass bei den Unterlagen zumindest teilweise auch eindeutig Be-
lange Dritter berührt werden, soweit sie etwa das Berufungsverfahren betreffen, da
auch dort Vergleiche mit anderen Bewerbern zwangsläufig angestellt werden müssen
und diese Dritte im Sinne des Informationszugangsgesetzes sind. Der Antragsteller
spricht zwar in seinem Begehren davon, dass er alle ihn betreffenden Informationen
erhalten möchte, stellt aber nicht aber ausdrücklich klar, dass er damit einverstanden
ist, dass Schriftstücke, in denen Belange Dritter berührt werden, unkenntlich gemacht
werden. Da bei der Beteiligung Dritter aber die personenbezogenen Daten besonders
geschützt sind und auch ein besonderes Verfahren stattzufinden hat, an dem der Dritte
zu beteiligen ist (vgl. insoweit 88 5 und 8 des IZG), kann der Antragsteller nicht im We-
ge der einstweiligen Anordnung erreichen, dass sich das Gericht über die möglicher-
weise bestehenden Belange Dritter hinwegsetzt oder dies auch der Antragsgegnerin
zumutet. Aus diesem Grunde war klarstellend darauf hinzuweisen, dass die Schriftstü-
cke, in denen Belange Dritter berührt werden, dem Antragsteller nicht zur Verfügung zu
stellen sind, da sich der Antragsteller weder ausdrücklich mit der Unkenntlichmachung
der diesbezüglichen Informationen einverstanden erklärt hat noch bisher das Verfahren

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bei der Beteiligung Dritter von der Hochschule durchgeführt worden ist und auch nicht
im Wege der bis zum 26.3.2010 gesetzten Frist durchgeführt werden kann. Aus diesem
Grunde war dem Antrag auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nur in dem aus
dem Tenor ersichtlichen Umfange stattzugeben.

Die Kostenentscheidung beruht im Hinblick auf die lediglich teilweise Stattgabe des
Antrages auf $ 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung folgt aus 88 52 Abs. 1, 53 Abs. 3 Nr. 1, 63 Abs. 2 GKG. Das
Gericht orientiert sich dabei an der Höhe des Streitwertes im Zivilprozess und bewertet
das Interesse des Antragstellers am vorliegenden Verfahren mit 10 % des zivilrechtli-
chen Streitwertes, mithin 3.176,00 €.

Rechtsmittelbelehrung:

Die Streitwertfestsetz un.g kann durch Beschwerde an das

Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt,
Breiter Weg 203 — 206, 39104 Magdeburg,
angefochten werden, wenn der Beschwerdewert 200 € (zweihundert Euro) übersteigt.
Sie ist innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache
Rechtskraft erlangt oder sich das Verfahren anderweitig erledigt hat, bei dem
Verwaltungsgericht Magdeburg,
Breiter Weg 203 — 206, 39104 Magdeburg,
einzulegen.

Anträge und Erklärungen hinsichtlich der Streitwertbeschwerde können ohne Mitwir-
kung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstel-
le abgegeben werden.

Ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, so
kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mit-
teilung des Beschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Be-
schluss mit dem dritten Tag nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht.

Im Übrigen (hinsichtlich der Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutzver-
fahren) steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen gegen
den Beschluss die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-

Anhalt zu.

Sie ist innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe dieser Entscheidung bei dem
Verwaltungsgericht einzulegen. Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Be-
schwerde innerhalb der Frist bei dem Oberverwaltungsgericht eingeht.

Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu
begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt

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worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten
Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung zu ändern oder
aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen.
Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

Vor dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten, außer im Prozesskos-
tenhilfeverfahren, durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für
Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht eingelei-
tet wird.

Als Bevollmächtigte vor dem Oberverwaltungsgericht sind zugelassen: Rechtsanwälte,
Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes
mit Befähigung zum Richteramt und die in $ 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO be-
zeichneten Personen und Organisationen.

Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ih-
nen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können
sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftig-
te mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des
öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufga-
ben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen; eine Vertretung ist auch durch
entsprechend beschäftigte Diplom-Juristen im höheren Verwaltungsdienst zulässig.

Ein Beteiligter, der nach Maßgabe des $ 67 Abs. 4 Sätze 3 und 5 VwGO zur Vertretung
berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

Bei dem Verwaltungsgericht Magdeburg und beim Oberverwaltungsgericht des Landes
Sachsen-Anhalt können in allen Verfahren auch elektronische Dokumente nach Maß-
gabe der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr bei den Gerichten und
Staatsanwaltschaften des Landes Sachsen-Anhalt vom 1. Oktober 2007 (GVBl. LSA S.
330), geändert durch Verordnung zur Änderung der Verordnung über den elektroni-
schen Rechtsverkehr bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften des Landes Sach-
sen-Anhalt vom 9. Februar 2009 (GVBl. LSA S. 44) eingereicht werden.

Dr. Vetter
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