Information

Aktenzeichen
7 L 1557/09.F
Datum
15. Juli 2009
Gericht
Verwaltungsgericht Frankfurt am Main
Gesetz
Informationsfreiheitsgesetz Bund (IFG)
Informationsfreiheitsgesetz Bund (IFG)

Beschluss: Verwaltungsgericht Frankfurt am Main am 15. Juli 2009

7 L 1557/09.F

Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht hatten den Zugang zu Unterlagen mit dem Argument verweigert, ein Teil der Akten sei zu einem staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsverfahren abgegeben worden. Das Verwaltungsgericht stellt fest, dass es nach dem Wortlaut des einschlägigen Ausnahmetatbestands des Informationsfreiheitsgesetzes ausreicht, dass die Beeinträchtigung eines solchen Verfahrens zumindest möglich erscheint. Der Informationszugang ist dann für die Dauer eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens ausgeschlossen. Die Entscheidung enthält zudem Ausführungen zu einem möglichen Anspruch aus dem Hessischen Pressegesetz. (Quelle: LDA Brandenburg)

Schutz besonderer Verfahren Strafverfolgung

/ 7
PDF herunterladen
VERWALTUNGSGERICHT F RANKFURT AM M AIN Geschäftsnummer: 7 L 1557/09.F BESCHLUSS In dem Verwaltungsstreitverfahren des Herrn A., B-Straße, C-Stadt Antragsteller, Proz.-Bev.:     Rechtsanwalt D., E-Straße, F-Stadt gegen die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht, vertreten durch die Präsidentin, Graurheindorfer Straße 108, 53117 Bonn, -- Antragsgegnerin, wegen          Verfahren nach dem Informationsfreiheitsgesetz hat die 7. Kammer des Verwaltungsgerichts Frankfurt am Main durch Richterin am VG Ott als Vorsitzende Richter am VG Tanzki Richterin am VG Ottmüller
1

-2- am 15. Juli 2009 beschlossen: Der Antrag wird abgelehnt. Die Kosten des Verfahrens hat der Antragsteller zu tragen. Der Streitwert wird auf 5.000,-- € festgesetzt. GRÜNDE I. Am 15.05.2009 beantragte der Antragsteller, ein Journalist, bei der Antragsgegnerin Einsicht in die Sonderprüfungsberichte der Antragsgegnerin zum Komplex G (4 Aktenbände, gesamt ca. 380 Seiten), die Aufsichtsakten zur H (10 Aktenbände, gesamt ca. 240 Seiten), und die Seiten 1 bis 799 der Aufsichtsakten zur I. Der Antragsteller bat bis zum 21.05.2009, 12.00 Uhr um Mitteilung, ob die Einsicht gewährt werde und gab an, dass aufgrund der kritischen Eigenkapitallage der G, der dadurch verursachten Verschuldung der öffentlichen Hand durch ihre Garantiezusagen, dem andauernden Untersuchungsausschuss und dem anstehenden Enteignungsverfahren erhebliche Eile bestünde. Mit Schreiben vom 20.05.2009 verwies die Antragsgegnerin auf die im IFG vorgesehenen Bearbeitungsfristen und gab an, nicht innerhalb eine Woche eine abschließende Entscheidung mitteilen zu können. Am 12.06.2009 hat der Antragsteller um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht. Er ist der Ansicht, dass ihm ein Anordnungsanspruch nach § 1 IFG zustehe und Ausschlussgründe, insbesondere nach § 3 Nr. 1 d), Nr. 1 g) und Nr. 4 IFG dem nicht entgegenstünden. Auch der Schutzzweck des § 9 KWG gebiete eine Geheimhaltung nicht. Die Antragsgegnerin habe nicht substantiiert dargelegt, welche Aktenbestandteile der Verschwiegenheitspflicht des § 9 KWG unterfielen. Auch ein Anordnungsgrund sei gegeben. Die vom Antragsteller begehrten Auskünfte besäßen einen starken Aktualitätsbezug. Müsste er bis zur Klärung seines Informationsrechts in einem Hauptsacheverfahren zuwarten, wäre der Aktualitätsbezug möglicherweise verloren und effektiver Rechtsschutz nicht mehr möglich. Die Presse wäre dann nicht mehr in der Lage,
2

-3- ihrer für eine freiheitlich-demokratische Grundordnung unerlässlichen Aufgabe nachzukommen. Der Antragsteller beantragt, die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihm Einsicht in     die Sonderprüfungsberichte der Antragsgegnerin zum Komplex G (4 Aktenbände, gesamt ca. 380 Seiten),     in die Aufsichtsakten zur H (10 Aktenbände, gesamt ca. 240 Seiten),                Seiten 1 bis 779 der Aufsichtsakten zur I zu gewähren. Die Antragsgegnerin beantragt, den Antrag abzulehnen. Nach Auffassung der Antragsgegnerin steht dem vom Kläger begehrten Informationszugang bereits entgegen, dass ein Teil der einschlägigen Akten zum G./I. betreffenden strafrechtlichen Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft München abgegeben worden sei und daher der Ausschlussgrund des § 3 Nr. 1 g IFG eingreife. Die Antragsgegnerin legte ein Schreiben der Staatsanwaltschaft München I vom 02.07.2009 vor, in dem diese ausführt, dass Ermittlungen der Staatsanwaltschaft München I zum Komplex G wegen Untreue u. a. andauern würden. Gegenstand dieses Verfahrens, bei dem es sich um ein Wirtschaftsgroßverfahren handele, seien Vorgänge in der I und ihrer Tochtergesellschaften G und H aus den Jahren 2007 und 2008. Einsicht in die Ermittlungsakten an geschädigten Anleger werde derzeit gemäß § 406 e Abs. 2 S. 2 StPO nicht gewährt, da hierdurch die Untersuchungszweck gefährdet würde. II.
3

-4- Der Antrag des Antragstellers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist statthaft und auch im Übrigen zulässig, jedoch nicht begründet. Dem Antragsteller steht ein Anordnungsanspruch nicht zur Seite. Zwar ist der Antragsteller sowohl als Privatperson als auch als Journalist gegenüber der Antragsgegnerin gemäß § 1 Abs. 1 S. 1 IFG grundsätzlich informationszugangsberechtigt. Der Anspruch auf Informationszugang ist hier jedoch gemäß § 3 Nr. 1 g IFG ausgeschlossen, da das Bekanntwerden der Information nachteilige Auswirkungen auf die Durchführung des strafrechtlichen Ermittlungsverfahren zum Komplex G./I. bei der Staatsanwaltschaft München I haben könnte. Nach dem Wortlaut des § 3 Nr. 1 g IFG reicht es aus, dass das Bekanntwerden der Informationen nachteilige Auswirkungen auf die Durchführung strafrechtlicher Ermittlungen haben „könnte“. Damit kommt eine Berufung auf den Ausschlussgrund entsprechend dem Zweck des Schutzes der Rechtspflege und der Rechtsdurchsetzung in Betracht, wenn eine Verfahrensbeeinträchtigung zumindest möglich erscheint (vgl. Rossi, IFG, § 3 Rdnr. 31 m. w. N.). Somit wird durch diese Vorschrift der Informationszugang für die Dauer eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens in der Regel ausgeschlossen (vgl. hierzu: Roth in Berger/Roth/Scheel, IFG, § 3 Rnr. 77; Rossi, IFG, § 3 Rnr. 31). Hier hat die zuständige Staatsanwaltschaft München I auf Anfrage der Antragsgegnerin mit Schreiben vom 02.07.2009 mitgeteilt, dass die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft München I zum Komplex G./I. wegen Untreue (§ 266 StGB) u. a. andauern. Gegenstand dieses Verfahrens, bei dem es sich um ein Wirtschaftsgroßverfahren handelt, sind nach Auskunft der Staatsanwaltschaft Vorgänge in der I und ihrer Tochtergesellschaften G und H aus den Jahren 2007 und 2008. Einsicht in die Ermittlungsakten an geschädigte Anleger wird seitens der Staatsanwaltschaft derzeit nicht gewährt, da hierdurch der Untersuchungszweck gefährdet würde. Daraus ergibt sich, dass die vom Antragsteller begehrte Akteneinsicht den Untersuchungszweck der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen gefährden könnte, so dass der Informationszugangsanspruch zum jetzigen Zeitpunkt ausgeschlossen ist. Ein Anspruch auf Akteneinsicht lässt sich auch nicht aus dem Hessischen Gesetz über die Freiheit und das Recht der Presse (Hessisches Pressegesetz (HPresseG) ableiten, da hier nur ein Auskunftsanspruch der Presse geregelt ist. Auch ein Anspruch Informationszugang
4

-5- durch Auskunftserteilung besteht nicht. Gemäß § 3 Abs. 1 Satz 1 des HPresseG sind die Behörden verpflichtet, der Presse die gewünschten Auskünfte zu erteilen. Die Antragsgegnerin unterliegt dem Hessischen Pressegesetz, da sie gemäß § 1 Abs. 2 des Gesetzes über die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz) ihren Sitz in Bonn und Frankfurt (vgl. zur Anwendung der Landespressegesetze: BayVGH Urteil vom 07.10.2008, Az.: 5 Bv 07.2162; OVG A-Stadt Urteil vom 25.07.1995, Az.: 8 B 16/94). Hier durfte die Antragsgegnerin die Auskunftserteilung jedoch § 3 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 HPresseG verweigern, da durch die Erteilung der Auskunft die sachgemäße Durchführung eines strafgerichtlichen Verfahrens erschwert oder verzögert werden könnte. Da die Staatsanwaltschaft mitgeteilt hat, dass die begehrte Akteneinsicht den Untersuchungszweck gefährden würde, besteht hier auch die Möglichkeit, dass die sachgemäße Durchführung eines strafgerichtlichen Verfahrens erschwert oder vereitelt werden könnte. Ein Anspruch auf Akteneinsicht lässt sich auch nicht unmittelbar aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG ableiten, da es sich bei den streitgegenständlichen Behördenvorgängen nicht um allgemein zugängliche Quellen handelt (vgl. hierzu VHG Baden-Württemberg Urteil vom 10.06.1998, Az.: 10558/97). Auch ein Anspruch aus Art. 10 EMRK besteht daher nicht. Dem Antragsteller steht auch kein aus dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) abzuleitender Anspruch aus Akteneinsicht zu. Bereits angesichts des unspezifischen Regelungsgehalt dieser Vorschrift die erkennbar nicht auf die hier vorliegende Konstellation zugeschnitten ist und angesichts ihres Auffangcharakters (vgl hierzu OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 19.06.2002, Az.: 21B 58/02) kann aus § 242 BGB kein Anspruch auf Akteneinsicht für die Fälle abgeleitet werden, in denen ein Auskunftsanspruch nach dem grundsätzlich einschlägigen IFG nicht besteht, weil ein dort geregelter Ausschlussgrund eingreift. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 GKG. Damit dem vorliegenden Eilantrag die Hauptsache Vorweg genommen würde, hat das Gericht den vollen Auffangwert angesetzt.
5

-6- RECHTSMITTELBELEHRUNG Die Beteiligten können Beschwerde gegen diesen Beschluss einlegen. Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe des Beschlusses bei dem Verwaltungsgericht Frankfurt am Main Adalbertstraße 18 60486 Frankfurt am Main schriftlich einzulegen. Die Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof Brüder-Grimm-Platz 1 - 3 34117 Kassel einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Vor dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof besteht gemäß § 67 Abs. 4 VwGO Vertretungszwang. Dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch die ein Verfahren beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird. Gegen die Streitwertfestsetzung steht den Beteiligten die Beschwerde zu, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt oder wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, in dem Beschluss zugelassen hat. Sie ist nur innerhalb von sechs Monaten, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat, zulässig. Soweit der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt wird, kann die Beschwerde noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Die Streitwertbeschwerde ist bei dem Verwaltungsgericht Frankfurt am Main Adalbertstraße 18 60486 Frankfurt am Main schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen.
6

-7- Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 5 Satz 2 GKG. Bei den hessischen Verwaltungsgerichten und dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof können elektronische Dokumente nach Maßgabe der Verordnung der Landesregierung über den elektronischen Rechtsverkehr bei hessischen Gerichten und Staatsanwaltschaften vom 26. Oktober 2007 (GVBl. I, S. 699) eingereicht werden. Auf die Notwendigkeit der qualifizierten digitalen Signatur bei Dokumenten, die einem schriftlich zu unterzeichnenden Schriftstück gleichstehen, wird hingewiesen (§ 55a Abs. 1 Satz 3 VwGO). Ott          Ottmüller               Tanzki R80.33
7