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Aktenzeichen
2 A 167.06
Datum
10. September 2008
Gericht
Verwaltungsgericht Berlin
Gesetz
Informationsfreiheitsgesetz Bund (IFG)
Informationsfreiheitsgesetz Bund (IFG)

Urteil: Verwaltungsgericht Berlin am 10. September 2008

2 A 167.06

Das Informationsfreiheitsgesetz geht im Grundsatz davon aus, dass das Verwaltungsgericht eine Entscheidung über Umfang und Bestehen von Informationszugangsansprüchen ohne Kenntnis der streitbefangenen amtlichen Informationen zu treffen hat. Maßgeblich für die Prüfung von Ausschlussgründen ist, ob deren Vorliegen plausibel dargelegt wird. Nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann die zuständige oberste Aufsichtsbehörde die Vorlage von Akten nur verweigern, wenn ansonsten dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereitet würden oder wenn die Vorgänge nach einem Gesetz oder ihrem Wesen nach geheim gehalten werden müssen. Hätte der Gesetzgeber diese Verweigerungsgründe für deckungsgleich mit den Ausschlussgründen des Informationsfreiheitsgesetzes gehalten, hätte es dort keiner abweichenden Regelungen bedurft. Der Gegenstand des Informationszugangsbegehrens, die Rahmenvereinbarung zwischen einem Bundesministerium und der Bundesdruckerei, stellt keinen Ausnahmefall dar, in dem nicht ohne Kenntnis der streitigen Informationen über den Zugangsanspruch entschieden werden kann. Im Ergebnis entscheidet das Verwaltungsgericht, dass nur Informationen aus dem Rahmenvertrag, die kein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis sind, offen zu legen sind. (Quelle: LDA Brandenburg)

Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse (Gesetzliche) Geheimhaltungspflichten Aussonderungen Ablehnungsbegründung

VG 2 A 167.06 Verkündet am 10. September 2008

Kelm Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

VERWALTUNGSGERICHT BERLIN URTEIL

In der Verwaltungsstreitsache des Prozessbevollmächtigter:

g e g e n

Im Namen des Volkes Klägers,

die Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch das Bundesministerium des Innern, Alt-Moabit 101 D, 10559 Berlin, Beklagte,

beigeladen:

hat das Verwaltungsgericht Berlin, 2. Kammer, aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 10. September 2008 durch

die Präsidentin des Verwaltungsgerichts Xalter, den Richter am Verwaltungsgericht Patermann, den Richter am Verwaltungsgericht Ringe, die ehrenamtliche Richterin den ehrenamtlichen Richter

für Recht erkannt:

Die Beklagte wird unter entsprechender Aufhebung des Bescheides des Bundesministeriums des Innern vom 23. Februar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides derselben Behörde vom 18. September 2006 verpflichtet, dem Kläger Kopien folgender Bestimmungen der Rahmenvereinbarung zwischen der Beklagten und der Beigeladenen vom 9. Oktober 2000 in Kopie zu überlassen:

  • den in § 3 enthaltenen Verweis auf die Geheimschutzklausel und den Verweis auf die Anlage "VS-Einstufungsliste"
  • die in § 14 enthaltene Laufzeitvereinbarung ohne die Regelungen zur außerordentlichen Kündigung
  • die Regelungen in § 16.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

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Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

Der Kläger ist Mitglied des Deutschen Bundestages. Mit Schriftsatz vom 16. Dezember 2005 beantragte er beim Bundesministerium des Innern Einsicht in die zwischen der Beklagten durch das Bundesministerium des Innern und der beigeladenen Bundesdruckerei GmbH geschlossenen Rahmenvereinbarung vom 9. Oktober 2000 zur Produktion von Personalausweisen und Reisepässen (im Folgenden: Rahmenvereinbarung) und bat ergänzend um Auskunft, die ihm im Laufe des Verwaltungsverfahrens vollständig gewährt wurde. Die Beigeladene war ehemals eine Bundesbehörde und wurde im Jahre 2000 privatisiert. 100% der Geschäftsanteile werden seit dem 6. Dezember 2000 von der authentos GmbH gehalten. Die Beigeladene steht national und international im Wettbewerb mit anderen Anbietern von Hochsicherheitsdokumenten bzw. -produkten.

Nach Angaben der Beklagten hat die Rahmenvereinbarung einen Umfang von 15 Seiten zuzüglich 13 Seiten Anlagen und gliedert sich in eine Präambel und 16 Paragrafen.

Auf die Aufforderung der Beklagten, den Antrag zu begründen, teilte der Kläger unter dem 10. Januar 2006 mit, es habe nie eine Ausschreibung der Rahmenvereinbarung über die Herstellung und Lieferung von Dokumenten stattgefunden. Deswegen sei eine Einsicht in die Rahmenvereinbarung zur Aufhellung des Rechtsverhältnisses unerlässlich. Daraufhin forderte die Beklagte die Beigeladene unter dem 12. Januar 2006 zur Stellungnahme auf. Die Beigeladene verweigerte mit Schriftsatz vom 30. Januar 2006 die Zustimmung zur Einsichtnahme. Zur Begründung führte sie aus, dass das Vertragswerk seinem gesamten wirtschaftlichen Inhalt nach ein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis darstelle. Der Vertrag enthalte zahlreiche Regelungen, z.B. zu organisatorischen und personellen Veränderungen bei der Beigeladenen oder zur Wirtschaftsführung, die interner Natur seien, insbesondere auch Regelungen zu gewerblichen Schutzrechten; zudem sei eine Geheimschutzklausel zum Umgang mit VS-Sachen Bestandteil des Vertrages.

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Mit Bescheid vom 23. Februar 2006 lehnte die Beklagte den Antrag auf Einsicht in die Rahmenvereinbarung ab und verwies darauf, dass die Beigeladene unter Hinweis auf den Schutz der Geheimhaltung ihrer internen Wirtschaftsführung die Zustimmung verweigert habe. Die Einzelheiten der Vereinbarung seien nur einem sehr begrenzten Personenkreis bekannt. An deren Geheimhaltung habe die Beigeladene ein schutzwürdiges Interesse.

Dagegen legte der Kläger unter dem 7. März 2006 Widerspruch ein. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, dass der angefochtene Bescheid formell unter einem Begründungsmangel leide, weil er sich in der Behauptung des Vorliegens von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen erschöpfe und sich zu einer teilweisen Gewährung von Einsicht nicht verhalte. Zudem habe die Beklagte das Vorliegen von Ausschlussgründen nicht eigenständig geprüft. Außerdem könnten Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse dem Einsichtsbegehren nicht im behaupteten Umfang entgegenstehen. So stellten Regelungen zu gewerblichen Schutzrechten und Geheimschutzklauseln selbst keine Betriebsgeheimnisse dar. Es gehe gerade nicht um die Offenbarung gewerblicher Schutzrechte, sondern um die Offenbarung der zwischen der Beklagten und der Beigeladenen hierzu abgeschlossenen Vereinbarung. Es sei nicht ersichtlich, dass die Offenbarung dieser Vereinbarung geeignet sein könnte, Konkurrenten wirtschaftliche Vorteile zu verschaffen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 18. September 2006, dem Kläger zugestellt am 11. Oktober 2006, wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers unter Verweis auf ergänzende ablehnende Stellungnahmen der Beigeladenen vom 20. Juni und 17. August 2006 zurück, soweit sich dieser auf die Einsicht in den Rahmenvertrag richtete, und kam gleichzeitig dem Auskunftsbegehren abschließend nach. Zur Begründung der Ablehnung hieß es ergänzend, die Rahmenvereinbarung lege insgesamt die Konditionen fest, zu denen die Beigeladene für den Bund im Bereich hoheitlicher Personaldokumente tätig werde. Sie beschreibe den Auftragsumfang und enthalte die Maßgaben für die Preiskalkulation, Preis- und Preisänderungsklauseln, Vertragslaufzeiten, Vorschriften über den Umgang mit geistigem Eigentum während und nach der Vertragsdurchführung. Die in der Rahmenvereinbarung enthaltenen Informationen könnten wettbewerbsrelevant für Konkurrenten der Beigeladenen im Rahmen ihrer bestehenden internationalen Betätigung bei der Akquise von Neukunden sowie auch im Falle einer Neuvergabe der Rahmenvereinbarung sein. Die Einsichtnahme in einzelne Regelungen scheide ebenfalls aus. Denn die Regelungen ließen teilweise Rückschlüsse auf die übrigen Bestimmungen und geschäftliche Konditionen zu. Zudem bestehe bei einer auszugsweisen Veröffentlichung die Gefahr, dass sinnentstellte Passagen in die Öffentlichkeit gelangten, die im für die Beigeladene relevanten Markt zu falschen Rückschlüssen oder weiteren

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Spekulationen über die Geschäftstätigkeit der Beigeladenen führen könnten. Derartiges sei geeignet, die wettbewerbliche Stellung der Beigeladenen im Markt negativ zu beeinträchtigen. Die Beigeladene habe insoweit ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung der gesamten Rahmenvereinbarung, die in ihrer Gesamtschau ein Geschäftsgeheimnis darstelle.

Mit der am 10. November 2006 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er vertieft sein Vorbringen und ergänzt im Wesentlichen, eine Befugnis zur Offenbarung von Geheimnissen liege nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen vor, wenn eine Güterabwägung ergebe, dass das Geheimhaltungsinteresse hinter noch wichtigeren anderen Interessen zurückzutreten habe. Ein überragendes öffentliches Interesse an der Offenbarung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen könne sich aus der Verletzung vergaberechtlicher Vorschriften ergeben. Die Einhaltung der Vergaberechtsbestimmungen habe im Hinblick auf die Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit der Haushaltsführung der öffentlichen Hand aus Gründen der Transparenz staatlichen Handelns und des Wettbewerbs große Bedeutung. Im vorliegenden Fall sei zu berücksichtigen, dass die Vergabe der Produktion von Personaldokumenten durch die Beklagte an die Beigeladene vergaberechtlich fragwürdig sei, da der Vergabe keine Ausschreibung vorausgegangen sei. Der Rahmenvertrag verlängere sich, wenn er nicht gekündigt werde. Die Beauftragung der Beigeladenen umfasse neben der Herstellung und Lieferung der sogenannten "E-Pässe" auch die Bereitstellung von Hard- und Softwarekomponenten. Die Beigeladene habe die Erstellung von Hard- und Software an andere Unternehmen vergeben, ohne dies jedoch öffentlich auszuschreiben. Dabei seien eventuell preisgünstige Anbieter nicht berücksichtigt worden. Zudem könne einer auszugsweisen Veröffentlichung der Rahmenvereinbarung die Gefahr von falschen Rückschlüssen und Spekulationen durch sinnentstellte Passagen nicht entgegengehalten werden, weil das Gesetz nur Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, nicht aber ein Interesse an der zutreffenden Einschätzung der eigenen Geschäftstätigkeit in relevanten Märkten schütze.

Der Kläger ist der Meinung, das Vorliegen von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen sei eine unbelegte Behauptung der Beklagten, deren Richtigkeit zu erforschen das Gericht keine Möglichkeiten habe. Die Nichterweislichkeit gehe zu Lasten der Behörde, für die das Vorliegen von Ausschlussgründen günstig sei. Der Beweisnot der Beklagten könne nur dadurch abgeholfen werden, dass das Gericht die Rahmenvereinbarung vom 9. Oktober 2000 anfordere. Für den Fall der Vorlageverweigerung durch die Beklagte werde ein Antrag auf Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Weigerung angekündigt.

Der Kläger beantragt,

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die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Bundesministeriums des Innern vom 23. Februar 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides derselben Behörde vom 18. September 2006 zu verpflichten, ihm den zwischen der Beklagten und der Beigeladenen am 9. Oktober 2000 geschlossene Rahmenvereinbarung mit Ausnahme des § 4 und § 11 sowie der Anlagen in Kopie zu überlassen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Ergänzend zum angefochtenen Bescheid trägt sie vor, sie habe unter Berücksichtigung der Angaben der Beigeladenen eine eigenständige Entscheidung über das Vorliegen von Ausschlussgründen getroffen. Sie hält daran fest, dass - auch teilweise - Einsicht in die Rahmenvereinbarung wegen des Vorliegens von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen nicht zu gewähren sei. Die Rahmenvereinbarung enthalte über die im Widerspruchsbescheid genannten Regelungen auch eine Beschreibung der Ziele der Fortentwicklung der Dokumente sowie die Ausgestaltung der Zusammenarbeit der Beigeladenen mit der Beklagten. Darin seien typischerweise Geschäftsgeheimnisse zu sehen, da ihr Bekanntwerden bei Konkurrenten und im Markt die wettbewerbliche Stellung des Unternehmens angreifbar mache und zu ihrem Nachteil gereichen könne.

Im Einzelnen ließen der Auftragsumfang und die Ziele der Weiterentwicklung der Dokumente Rückschlüsse auf die Marktstrategie der Beigeladenen zu, die ihre Konkurrenten konkret nutzen könnten, die Beigeladene speziell auf diesen Geschäftsfeldern anzugreifen und ihre Wettbewerbsstellung zu schwächen. Die Markt- und Entwicklungsstrategie eines Unternehmens gehöre zu seinen klassischen Geschäftsgeheimnissen.

Die Rahmenvereinbarung regele in erster Linie Rechte des Bundes; gleichzeitig gäben diese Regelungen aber auch Aufschluss darüber, in welchen unternehmerischen Entscheidungen die Beigeladene nicht frei entscheiden könne. Beispielhaft zu nennen sei dafür die Verpflichtung, zu bestimmten Produktionsmaßnahmen bezüglich der Dokumente die Zustimmung der Beklagten einzuholen, der Einfluss der Beklagten auf organisatorische und personelle Veränderungen bei der Beigeladenen sowie der unmittelbare Einfluss der Beklagten auf die Wirtschaftsplanung der Beigeladenen. Die Details dieser Einflussrechte würden Rückschlüsse auf den Grad der Abhängigkeit der Beigeladenen von der Beklagten ermöglichen, was sich insbesondere bei der Akquirierung von neuen Aufträgen als hinderlich erweisen könnte, weil andere Auftraggeber die Befürchtung haben könnten, dass die Beigeladene sich den Interessen der Beklagten stärker verpflichtet fühlt als denen anderer Auftraggeber.

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Die der Preiskalkulation zugrunde liegenden Rahmenbedingungen gehörten ebenfalls zum Kernbereich der Geschäftsgeheimnisse. Es dürfte im Markt bekannt sein, dass die Beklagte zu den Hauptkunden der Beigeladenen gehöre. Einblicke in die Grundlagen der Preisabsprachen aus diesem vertraglichen Verhältnis gäbe Konkurrenten nicht nur die Möglichkeit, dieses Wissen in Wettbewerbssituationen gezielt gegen die Beigeladene zu nutzen, sondern ließen insgesamt Rückschlüsse auf die interne Umsatz- und Gewinnsituation der Beigeladenen zu.

Gerade im Bereich der Produktion von Hochsicherheitsdokumenten stelle das durch gewerbliche Schutzrechte geschützte Know-how eines Unternehmens dessen wesentliches Kapital dar und sei eine der Hauptgrundlagen seiner wirtschaftlichen Betätigung. Eine maßgebliche Rolle für das Unternehmen spiele daher naturgemäß, wie dieses Know-how für das Unternehmen gesichert sei und unter welchen Voraussetzungen es sich damit am Markt betätigen könne. Daher sei entgegen der Auffassung des Klägers nicht nur der Inhalt der Schutzrechte, also die entsprechenden Muster, Patente etc. ein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis, sondern in besonderem Maße auch die Frage, in welchem Umfang das Unternehmen oder andere während und nach der Vertragslaufzeit über diese Rechte verfügen könnten. Ein Bekanntwerden dieser Informationen würde wiederum Konkurrenten strategisches Verhalten zu Lasten der Beigeladenen ermöglichen.

Auch Regelungen zu Vertragslaufzeiten sowie der Inhalt der besonders geregelten Rechte zur außerordentlichen Kündigung stellten Geschäftsgeheimnisse dar, weil sie Wettbewerbern Rückschlüsse darauf erlaubten, zu welchem Zeitpunkt bzw. durch welche Umstände der Bestand des Vertrages besonders gefährdet sei.

Eine teilweise Einsichtgewährung komme aus den im angefochtenen Bescheid genannten Gründen nicht in Betracht. Offen zugänglich könnten allenfalls Standardklauseln wie die Schlussbestimmungen sowie einzelne Sätze aus einzelnen Klauseln sein. Hier sei jedoch der enge Zusammenhang zu den durch das Gesetz geschützten Passagen zu sehen. So könnten gerade aus dem Fehlen von speziellen Regelungen (z.B. zur Haftung und Gewährleistung) wichtige Rückschlüsse auf die Kalkulation, die Versicherungslage und die Rückstellungsbildung der Beigeladenen gezogen werden. Soweit sich der Kläger hinsichtlich einer teilweisen Einsichtnahme darauf berufe, dass das Gesetz nicht das Interesse an einer zutreffenden Einschätzung der eigenen Geschäftstätigkeit schütze, sei dem entgegenzuhalten, dass der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen neben der konkreten Wettbewerbsrelevanz auch das generelle objektiv schutzwürdige Interesse umfasse, die Schädi-

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gung des Unternehmens, insbesondere ein negatives Image des Unternehmens in der Öffentlichkeit und bei potentiellen Kunden zu verhindern.

Das Informationsfreiheitsgesetz sehe entgegen der Auffassung des Klägers bei Vorliegen von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen eine weitergehende Interessenabwägung nicht vor. Dies folge schon daraus, dass an anderen Stellen des Gesetzes ausdrücklich eine Interessenabwägung vorgesehen sei und im Falle von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen die Informationsfreiheitsgesetze einiger Bundesländer eine zusätzliche Interessenabwägung regelten.

Die Beigeladene beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie macht sich den Vortrag der Beklagten zu Eigen und betont, die Rahmenvereinbarung als solche sei als Ausdruck kaufmännischen Wissens als Geschäftsgeheimnis anzusehen.

Der vom Kläger um Stellungnahme gebetene Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit sprach sich unter dem 29. Mai 2007 nach Einsichtnahme in die Rahmenvereinbarung dafür aus, teilweise Einsicht zu gewähren. Zwar weise die Vereinbarung Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse auf, sie verfüge jedoch auch über allgemeine Vertragsklauseln sowie sonstige Vereinbarungen zu Rechten und Pflichten der Vertragspartner, wie sie für die Gestaltung von Verträgen generell nicht unüblich seien und hinsichtlich derer er ein berechtigtes wirtschaftliches Geheimhaltungsinteresse der Beigeladenen nicht erkennen könne. Dies gelte etwa für die Geheimschutzklausel. Nach seiner Auffassung werde eine Information, die selbst nicht Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis sei, nicht dadurch zu einem solchen, dass sie im konkreten Zusammenhang Rückschlüsse auf ein anderes Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis oder auch falsche Rückschlüsse zulasse. Das Informationsfreiheitsgesetz schütze nach seiner Meinung ausschließlich Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse, nicht aber allgemein die Geschäftstätigkeit. Ob und inwieweit nach den erforderlichen Schwärzungen verbleibende Vertragsteile noch einen Sinn ergäben, sei für den Anspruch auf teilweisen Informationszugang unerheblich.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Streitakte Bezug genommen, die vorgelegen hat und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

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  • 8 - Entscheidungsgründe

Die zulässige Verpflichtungsklage ist im Wesentlichen unbegründet (I.); denn bis auf den aus dem Tenor ersichtlichen Umfang (II.) ist der angefochtene Verwaltungsakt rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO.

I. Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers ist § 1 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes (Informationsfreiheitsgesetz - IFG) vom 5. September 2005 (BGBl. I S. 2722). Nach dieser Vorschrift hat jeder nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. Der Zugang im Sinne dieser Vorschrift erfolgt gemäß § 1 Abs. 2 Satz 1 IFG durch Auskunftserteilung, Gewährung von Akteneinsicht oder Zuverfügungstellung von Informationen in sonstiger Weise.

Der Kläger ist anspruchsberechtigt (1.); sein Begehren richtet sich auf den Zugang zu amtlichen Informationen (2.). Seinem Zugang zu der Rahmenvereinbarung - mit Ausnahme der unten zu II. behandelten Passagen - stehen jedoch Ausschlussgründe entgegen (3.).

  1. Der Kläger ist anspruchsberechtigt. Dabei bedarf es keiner abschließenden Entscheidung, ob und in welchem Umfang juristische Personen des öffentlichen Rechts und ihre Organe Anspruchsinhaber nach dem Informationsfreiheitsgesetz sein können (s. hierzu Rossi, IFG, 2006, § 1 Rn. 15) bzw. ob jedenfalls Parlamentsabgeordneten ein entsprechender Anspruch zur Ergänzung ihrer Kontrollrechte zustehen soll, der ihnen - soweit ersichtlich - an anderer Stelle so nicht eingeräumt wird. Denn jedenfalls ist der Kläger zugleich "jeder" im Sinne des Gesetzes.

  2. Der Kläger begehrt Zugang zu amtlichen Informationen. Gemäß § 2 Nr. 1 Satz 1 IFG ist amtliche Information im Sinne dieses Gesetzes jede amtlichen Zwecken dienende Aufzeichnung, unabhängig von der Art ihrer Speicherung. Amtlich sind solche Informationen, die in Erfüllung amtlicher Tätigkeit angefallen sind. Dabei kommt es weder auf die Art der Verwaltungsaufgabe noch auf die Handlungsform der Verwaltung an. Unerheblich ist deshalb, ob die begehrten Informationen hoheitliches, schlicht-hoheitliches oder fiskalisches Behördenhandeln betreffen. Auch ein Bezug zu einem konkreten Verwaltungsvorgang ist nicht erforderlich. Nicht amtlich sind dagegen private Informationen sowie Informationen, die nicht mit amtlicher Tätigkeit zusammenhängen (Rossi, a.a.O., § 2 Rn. 10). Nach diesem Maßstab ist die Rahmenvereinbarung vom 9. Oktober 2000 schon deswegen eine amtliche Information,

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weil auf Seiten der Beklagten eine Bundesbehörde in Wahrnehmung ihrer öffentlich-rechtlichen Zuständigkeit tätig geworden ist.

  1. Der Anspruch des Klägers auf Zugang zu der Rahmenvereinbarung ist jedoch ganz überwiegend nach dem hier anzulegenden Prüfungsmaßstab (a.) gemäß § 6 Satz 2 IFG ausgeschlossen. Danach darf Zugang zu Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen (b.) nur gewährt werden, soweit der Betroffene eingewilligt hat (c.). Eine zusätzliche Güterabwägung ist nicht vorzunehmen (d.).

a. Maßstab für die Prüfung von Ausschlussgründen ist, ob deren Vorliegen plausibel dargelegt werden kann; dabei müssen die Angaben nicht so detailliert sein, dass Rückschlüsse auf die geschützte Information möglich sind, sie müssen aber so einleuchtend und nachvollziehbar sein, dass das Vorliegen von Ausschlussgründen geprüft werden kann (vgl. BVerwG, Urteil vom 21. März 1986 - BVerwG 7 C 71/83 - Rn. 15, juris; BVerwG, Beschluss vom 1. Februar 1996 - BVerwG 1 B 37/95 - Rn. 15, juris). Einer gerichtlichen Anforderung der Rahmenvereinbarung bedarf es demgegenüber nicht.

Nach § 99 Abs. 1 Satz 1 VwGO sind Behörden zur Vorlage u.a. von Urkunden oder Akten verpflichtet. Die dort geregelte Verpflichtung der Behörden zur Vorlage von Urkunden oder Akten und zu Auskünften soll sicherstellen, dass der entscheidungserhebliche Sachverhalt so umfassend wie möglich aufgeklärt wird und dass alle Verfahrensbeteiligten von entscheidungserheblichen Vorgängen Kenntnis erlangen, um diese zur Grundlage ihres Vorbringens in dem Rechtsstreit machen zu können (BVerwG, Beschluss vom 24. November 2003 - BVerwG 20 F 13/03 - Rn. 3, juris). Geht es allerdings der Sache nach um einen Informationszugang, so ist § 99 Abs. 1 Satz 1 VwGO grundsätzlich nur für die Vorlage derjenigen Akten einschlägig, die sich auf das der Klage zugrunde liegende Verwaltungsverfahren beziehen, nicht dagegen für die Vorlage der umstrittenen Akten selbst (Rudisile, in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, VwGO, Loseblattkommentar, Stand März 2008, § 99 Rn. 11; Lang, in: Sodan/Ziekow, VwGO, 2. Aufl. 2006, § 99 Rn. 16; Redecker/von Oerzten, VwGO, 14. Aufl. 2004, § 99 Rn. 10; Geiger, in: Eyermann, VwGO, 12. Aufl. 2006, § 99 Rn. 5; Kopp/Ramsauer, VwGO, 15. Aufl. 2007, § 99 Rn. 4). Denn § 99 Abs. 1 Satz 1 VwGO ist keine materiell-rechtliche Anspruchsnorm (Sodan/Ziekow, a.a.O.). Eine solche Funktion würde ihr indes unter Verstoß gegen das Prinzip des effektiven Rechtsschutzes nach Art. 19 Abs. 4 GG (Rudisile, a.a.O.) beigemessen, wenn die umstrittenen Akten angefordert und vom Kläger gemäß § 100 VwGO eingesehen werden könnten (Rudisile, a.a.O.; Lang, a.a.O.; Geiger, a.a.O.).

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Ob bestimmte Urkunden oder Akten der Vorlagepflicht des § 99 Abs. 1 VwGO unterliegen, entscheidet das Gericht der Hauptsache. Dies geschieht in der Weise, in der das Gericht der Hauptsache auch sonst seiner Pflicht zur Erforschung des entscheidungserheblichen Sachverhalts von Amts wegen (§ 86 Abs. 1 VwGO) nachkommt (BVerwG, Beschluss vom 17. März 2008 - BVerwG 20 F 42/07). Der Umfang dieser Ermittlungspflicht wird - neben Klageantrag und Streitgegenstand - durch die Anspruchsvoraussetzungen des materiellen Rechts bestimmt (BVerwG, Urteil vom 22. Oktober 1987 - BVerwG 7 C 4/87 - Buchholz 451.171 AtG Nr. 20). Das Informationsfreiheitsgesetz geht im Grundsatz davon aus, dass das Verwaltungsgericht eine Entscheidung über Umfang und Bestehen von Informationszugangsansprüchen ohne Kenntnis der streitbefangenen amtlichen Informationen zu treffen hat. Dies wiederum folgt aus dem Umstand, dass in § 9 Abs. 4 Satz 1 IFG für das verwaltungsgerichtliche Verfahren lediglich die Statthaftigkeit der Verpflichtungsklage geregelt ist. Spezielle Regelungen zu einem regelmäßig im Falle von Informationszugangsansprüchen durchzuführenden verwaltungsgerichtlichen in-camera-Verfahren (vgl. § 99 Abs. 2 Satz 9 VwGO) fehlen. Die allgemeinen Vorschriften des § 99 VwGO zur Vorlagepflicht von Akten und zur Überprüfung der Rechtmäßigkeit einer etwaigen Vorlageverweigerung sind im Regelfall - wie hier - nicht einschlägig. Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass der Gesetzgeber eine solche Regelung im Hinblick auf die allgemeine Vorschrift des § 99 VwGO für entbehrlich halten durfte. Denn nach § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann die zuständige oberste Aufsichtsbehörde die Vorlage von Urkunden, Akten usw. (nur dann) verweigern, wenn das Bekanntwerden des Inhalts dieser Urkunden, Akten usw. dem Wohl des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde oder wenn die Vorgänge nach einem Gesetz oder ihrem Wesen nach geheim gehalten werden müssen. Hätte nämlich der Gesetzgeber die Vorlageverweigerungsgründe des § 99 Abs. 1 Satz 2 VwGO für deckungsgleich mit den Ausschlussgründen des Informationsfreiheitsgesetzes gehalten, so hätte es keiner abweichenden und ausführlichen Regelung von Ausschlussgründen in §§ 3 - 6 IFG bedurft. Ein Ausnahmefall, bei dem gleichwohl nicht ohne Kenntnis der streitigen Informationen über den Zugangsanspruch entschieden werden kann, liegt nicht vor.

Die Darlegung von Ausschlussgründen ist der Beklagten nach diesem Maßstab in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang gelungen.

b. Das Informationsfreiheitsgesetz definiert das Merkmal des Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses nicht. Nach der zum Wettbewerbsrecht (§ 17 UWG) und zu § 99 Abs. 2 VwGO ergangenen Rechtsprechung ist Betriebs- und Geschäftsgeheimnis jede (die jeweils technische oder kaufmännische Unternehmensseite betreffende) Tatsache, die im Zusammenhang mit einem wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb steht (aa.), nicht offenkundig ist (bb.), nach dem

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bekundeten Willen des Unternehmers geheim gehalten werden soll (cc.) und an deren Nichtverbreitung der Rechtsträger ein berechtigtes Interesse hat (dd.; vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. März 2006 - 1 BvR 2087/03 - Rn. 87, juris; BGH, Urteil vom 10. Mai 1995 - 1 StR 764/94 -, BGHSt 41, 140, 142).

aa. Der Inhalt der Rahmenvereinbarung betrifft kaufmännische bzw. betriebsbezogene Tatsachen. Denn sie regelt das Rechtsverhältnis zwischen Beklagter und Beigeladener hinsichtlich der durch den Gewerbebetrieb der Beigeladenen vorzunehmenden Produktion und Bereitstellung von Personalausweisen und Reisepässen.

bb. Die Rahmenvereinbarung ist - bis auf die in § 14 geregelte Laufzeitvereinbarung (s.u. II.) - nicht öffentlich zugänglich und damit auch nicht offenkundig.

cc. Der weiter vorausgesetzte subjektive Geheimhaltungswille der Beigeladenen liegt in Bezug auf die Rahmenvereinbarung - mit Ausnahme der in § 14 geregelten Laufzeitvereinbarung (s.u. II.) - ebenfalls vor. Denn die Beigeladene hat der Einsichtnahme durch den Kläger widersprochen; für eine Verbreitung der Rahmenvereinbarung ist nichts ersichtlich.

dd. Das Geheimhaltungsinteresse der Beigeladenen ist hinsichtlich der Rahmenvereinbarung - mit Ausnahme des aus dem Tenor ersichtlichen Umfangs - auch berechtigt. Die normative Einschränkung auf ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse dient dazu, eine willkürliche Geheimhaltung zu verhindern (BGH, Urteil vom 15. März 1955 - I ZR 111/53 -, LM Nr. 2 zu § 17 UWG). Berechtigte Interessen sind wegen des funktional auf Wettbewerb ausgerichteten Schutzes von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen - jedenfalls (Ohly in: Piper/Ohly, UWG, 4. Aufl. 2006, § 17 Rn. 12) - solche von wettbewerblicher Relevanz (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 2. Oktober 2007 - OVG 12 B 9.07 -; Rossi, a.a.O., § 6 Rn. 75 m.w.N.; Mecklenburg/Pöppelmann, Informationsfreiheitsgesetz, § 6 Rn. 45). Ob eine Information für den Wettbewerb relevant ist, lässt sich insbesondere an der Frage beurteilen, ob die Kenntnis bestimmter Daten Rückschlüsse auf die Betriebsführung, die Wirtschafts- und Marktstrategie und/oder die Kostenkalkulation und Entgeltgestaltung des Unternehmens oder auf sonstige interne Gegebenheiten, Verfahrensabläufe und andere den betrieblichen und geschäftlichen Bereich betreffende Umstände zulässt (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 2. Oktober 2007, a.a.O., Rn. 40; Rossi, a.a.O.). Zugleich und daneben sind die Bedeutung der Information für mögliche Konkurrenten und auch der mögliche Schaden (vgl. BGH, Urteil vom 10. Mai 1995 - 1 StR 764/94 -, BGHSt 41, 140, 141) weitere Kriterien zur Ermittlung der Wettbewerbsrelevanz der Informationen (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 2. Oktober 2007, a.a.O.; Rossi, a.a.O.). Auch Angaben, aus denen Rückschlüsse auf Betriebs-

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und Geschäftsgeheimnisse gezogen werden können, werden als potentiell schutzwürdige Geheimnisse eingestuft (Sieberg/Ploeckl, DB 2005, 2062, 2063). Ein berechtigtes (wirtschaftliches) Interesse wird insbesondere bejaht, wenn die Offenbarung geeignet ist, die Position des Mitbewerbers zu verbessern (Ohly, in: Piper/Ohly, UWG, 4. Aufl. 2006) und/oder die eigene Stellung im Wettbewerb - etwa durch Minderung des geschäftlichen Ansehens (BayObLG, Beschluss vom 25. September 2000 - 4 St RR 112/2000 -, BayObLGSt 2000, 131, 133; über reine Wettbewerbsrelevanz hinausgehend auch Fluck, NVwZ 1994, 1048, 1053) - zu verschlechtern (Otto, in: Großkommentar zum UWG, 2006, § 17 Rn. 15; Rengier, in: Fezer, Lauterkeitsrecht, Kommentar, 2005, § 17 UWG Rn. 20). Auf dieser Grundlage sind als Gegenstände geschützter Wirtschaftsgeheimnisse insbesondere anerkannt: Ausschreibungsunterlagen und Angebote, Betriebsorganisation, Bezugsquellen, Kalkulationsunterlagen, Konditionen im Einkauf und Verkauf sowie Vertragsunterlagen (Rengier, a.a.O., Rn. 23 m.w.N.) in Form von Vertragsbedingungen, -angeboten, -abschlüssen (Otto, a.a.O., Rn. 21 m.w.N.; Scherzberg, DVBl. 1994, 733, 742) oder -verhandlungen (Brammsen, in MünchKomm Lauterkeitsrecht, 2006, § 17 UWG Rn. 27).

Nach diesem Maßstab liegt ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse hinsichtlich der Präambel vor, weil sie nach dem Vorbringen der Beklagten und der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung den Auslegungsmaßstab für den Rahmenvertrag bildet und dessen Inhalt zum Teil zusammengefasst vorwegnimmt. Danach gibt sie zudem Auskunft über die Bandbreite der Geschäftsbeziehung zwischen Beklagter und Beigeladener; diese Information lässt wiederum unmittelbare Rückschlüsse auf die vereinbarten Produkte zu.

Unter dem Gesichtspunkt der Produktpalette stellt sich für die Kammer auch die Regelung des § 1 der Rahmenvereinbarung als Betriebs- bzw. Geschäftsgeheimnis dar. Denn in dieser Vorschrift findet sich nach Angaben der Beklagten und der Beigeladenen eine nähere Beschreibung der Produkte mit einer so genannten Definition, die Rahmen und Umfang der Produkte absteckt. Auch wegen seines übrigen Inhalts ist diese Vorschrift geschützt im Sinne von § 6 Satz 2 IFG. Denn § 1 der Rahmenvereinbarung regelt die Einräumung von Rechten der Beklagten, auf die Auftragsdurchführung einzuwirken. Dies ist unmittelbar wettbewerbsrelevant, weil bei Kenntnis dieser Vereinbarung andere Auftraggeber auf denselben Umfang von Einflussnahmerechten dringen könnten und die Verhandlungsposition der Beigeladenen dadurch geschwächt wäre.

Ebenso verhält es sich bei § 2 der Rahmenvereinbarung, der die Vorhaltepflichten der Beigeladenen hinsichtlich Anlagen und Personal regelt. Die genaue Kenntnis dieser Pflichten würde die Verhandlungsposition der Beigeladenen nicht nur im Verhältnis zu anderen Auftrag-

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gebern schwächen, sondern würde sich ebenso nachteilig in Verhandlungen mit Zulieferern auswirken.

Soweit § 3 der Rahmenvereinbarung eine Regelung zu den aus der Anwendung der so genannten Geheimschutzklausel des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie für die Beigeladene abgeleiteten konkreten Vertragspflichten beinhaltet, unterfällt sie dem Geheimhaltungsschutz des § 6 Satz 2 IFG. Denn insoweit handelt es sich um eine für Wettbewerber regelmäßig interessante Vertragsausgestaltung, die Aufschluss über die Stärke der Verhandlungsposition der Beigeladenen gibt; darüber hinaus betrifft der in der Vertragspflicht liegende Aufwand sowohl die Vertragsdurchführung als auch die Kostenkalkulation.

Nach dem vorgenannten Maßstab handelt es sich auch bei den Regelungen der §§ 5-7 der Rahmenvereinbarung um Betriebs- bzw. Geschäftsgeheimnisse. Denn § 5 regelt nach den plausiblen Angaben von Beklagter und Beigeladener besondere Leistungspflichten der Beigeladenen, die unmittelbar Rückschlüsse auf ihre Produktionsabläufe zulassen. Gleiches gilt für § 6, der den Fall betrifft, dass sich ein Produkt durch äußere oder innere Einflüsse verändert. Dabei kann die Änderung etwa hinsichtlich des Urstoffes des Produkts, hinsichtlich des Fertigungsverfahrens oder hinsichtlich des Produkts selbst gegeben sein. Die ebenfalls an den Produktionsablauf anknüpfende Regelung des § 7 der Rahmenvereinbarung gibt über den Umfang der Qualitätssicherungsmaßnahmen wiederum Aufschluss in Bezug auf die Kostenkalkulation der Beigeladenen.

Auch die §§ 8-10 der Rahmenvereinbarungen betreffen Betriebsinterna der Beigeladenen, an deren Geheimhaltung diese ein berechtigtes Interesse hat. Denn § 8 der Rahmenvereinbarung regelt den Umfang des Einflusses der Beklagten bei organisatorischen und personellen Veränderungen der Beigeladenen. Entsprechendes gilt für § 9 der Rahmenvereinbarung wegen der darin geregelten Aufsichts- und Weisungsrechte der Beklagten sowie für § 10 der Rahmenvereinbarung wegen der darin behandelten Informationspflichten und Zustimmungserfordernisse der Beigeladenen.

Gleichermaßen verhält es sich mit § 12 der Rahmenvereinbarung, weil es auch hier um die der Beklagten eingeräumten Einflussrechte - hier allerdings im internationalen Bereich - geht. Betroffen sind mithin die der Kenntnis des jeweiligen Unternehmers vorbehaltenen Einzelheiten der Betriebsführung. Ob wegen der in dieser Vorschrift betroffenen Sicherheitsinteressen der Beklagten gleichzeitig weitere Ausschlussgründe des § 3 IFG vorliegen, bedarf keiner Entscheidung.

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Der Schutz des § 6 Satz 2 IFG erstreckt sich auch auf die §§ 13 und 15 der Rahmenvereinbarung. Denn in § 13 der Rahmenvereinbarung sind nach Angaben der Beklagten und der Beigeladenen alle gewerblichen Schutz- und Urheberrechte der Beigeladenen geregelt, aber auch Lizenzen und Patente, die die Beigeladene erwirbt. Geregelt ist auch die Zusammenarbeit mit der Beklagten im Bereich der Lizensierung für die Zeit vor, während und nach dem Vertrag. Dass der Inhalt der jeweiligen Schutzrechte von der vom Kläger begehrten Offenlegung nicht erfasst ist, lässt das berechtigte Geheimhaltungsinteresse der Beigeladenen nicht entfallen. Denn schon der Umfang von Lizenzen und Schutzrechten betrifft unmittelbar die Frage des Kapitals der Beigeladenen. Aus diesem Grund ist die Frage, was und in welcher Form lizensiert ist, für einen Wettbewerber von höchstem Interesse. Entsprechendes hat für § 15 der Rahmenvereinbarung zu gelten, der die Behandlung langfristiger Verträge betrifft.

Die Beigeladene hat schließlich ein berechtigtes Geheimhaltungsinteresse in Bezug auf die in § 14 der Rahmenvereinbarung enthaltenen Regelungen zur außerordentlichen Kündigung. Denn für Wettbewerber ist es naturgemäß von zentralem Interesse, unter welchem Umständen Konkurrenten aus bestehenden Verträgen ausscheiden.

c. Die Beigeladene hat insoweit in die Offenlegung der Informationen nicht eingewilligt.

d. Soweit der Kläger meint, auch bei Bejahung von Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen sei im Rahmen des § 6 IFG eine Güterabwägung zwischen dem Geheimhaltungsinteresse und dem öffentlichen Interesse an der Offenbarung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen vorzunehmen (vgl. in diesem Sinne auch Berger in Berger/Roth/Scheel, IFG, 2006, § 6 Rn. 15 f.), folgt ihm die Kammer nicht (ebenso: Rossi, a.a.O., § 6 Rn. 61; Jastrow/Schlatmann, IFG, a.a.O., § 6 Rn. 4; Mecklenburg/Pöppelmann, a.a.O., § 6 Rn. 38; Kloepfer/von Lewinski, DVBl. 2005, 1277, 1283; Guckelberger, VerwA 62 (2006), 62, 83; Schmitz/Jastrow, NVwZ 2005, 984, 993; Kugelmann, NJW 2005, 2609, 3612). Ob, wie der Kläger meint, aus der - möglichen - Verletzung vergaberechtlicher Vorschriften ein überragend wichtiges öffentliches Interesse an der Offenbarung folgt, kann daher auf sich beruhen. Die Regelung des § 6 IFG schließt den Zugang zu Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen aus, soweit der Betroffene nicht eingewilligt hat. Eine Güterabwägung hat nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht stattzufinden. Aus dem Umstand, dass § 5 Abs. 1 IFG für personenbezogene Daten eine Abwägung enthält, ist unter systematischen Gesichtspunkten zu schließen, dass dies bei dem anders gefassten § 6 IFG nicht der Fall sein soll. Ein systematischer Vergleich (so Berger, a.a.O.) zu § 9 Abs. 1 Nr. 3 UIG vermag die Ansicht des Klägers nicht zu stützen. Aus dem Umstand, dass dessen Vorläuferregelung, § 8 Abs. 1 UIG in der Fassung der Bekanntmachung vom 23. August 2001 (BGBl. I S. 2218), das Verbot des unbefugten

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Zugänglichmachens von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen enthielt, die gegenwärtige Regelung des § 9 UIG dieses Merkmal jedoch nicht aufweist und es sich nach der Gesetzesbegründung nur um eine redaktionelle Änderung handeln soll (Berger, a.a.O., Rn. 16), kann nichts hergeleitet werden. Denn nach der gegenwärtigen Vorschrift des § 9 Abs. 1 Nr. 3 UIG hängt die Zugänglichmachung von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen alternativ von einer Einwilligung des Betroffenen oder einem überwiegenden Interesse an der Bekanntgabe ab.

Aus § 30 VwVfG ergibt sich nichts anderes. Der dort zum Ausdruck kommende allgemeine Rechtsgrundsatz, dass die Beteiligten des Verwaltungsverfahrens einen Anspruch darauf haben, dass u.a. ihre Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse nicht unbefugt offenbart werden, wirkt sich für die Auslegung des § 6 IFG nicht aus. Zwar ergibt sich nach allgemeiner Auffassung eine entsprechende Befugnis im Sinne dieser Vorschrift, wenn eine Interessen- und Güterabwägung ergibt, dass die Offenbarung zur Wahrung höherrangiger Rechtsgüter der Allgemeinheit oder einzelner erforderlich ist (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 7. Aufl. 2000, § 30 Rn. 16). Die Vorschrift des § 6 IFG ist jedoch hinsichtlich der Frage, ob (k)eine Güterabwägung vorzunehmen ist, die speziellere Vorschrift.

  1. Der Kläger kann sich auf einen Begründungsmangel des angefochtenen Bescheides nicht berufen, da ein solcher nicht zur Nichtigkeit des Bescheides (§ 44 VwVfG) führen würde und in Anbetracht der gebundenen Entscheidung über die Einsichtsgewährung die isolierte Geltendmachung von Formfehlern ausgeschlossen ist, § 46 VwVfG.

II. Im Übrigen stehen dem Anspruch des Klägers auf Informationszugang keine Ausschlussgründe entgegen.

Soweit in § 3 der Rahmenvereinbarung auf die Geheimschutzklausel des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie sowie auf die Vertragsanlage "VS-Einstufungsliste" Bezug genommen wird, fehlt es jedenfalls an einem berechtigten Geheimhaltungsinteresse der Beigeladenen. Denn die Bindung der Beigeladenen als nicht amtliche Auftragnehmerin in Bezug auf sicherheitsrelevante Produkte an die besagte Geheimschutzklausel folgt unmittelbar aus dem - z.B. über das Internet (https://bmwi-sicherheitsforum.de/geheimschutz/ghb) öffentlich zugänglichen Geheimschutzhandbuch, dessen gleichermaßen öffentlich zugängliche Anlage die Geheimschutzklausel bildet. Zwingende Folge ist eine Bezugnahme auf solche Dokumente, die als Verschlusssachen ("VS") eingestuft sind.

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Hinsichtlich der in § 14 der Rahmenvereinbarung geregelten Vertragslaufzeit - mit Ausnahme der Modalitäten einer außerordentlichen Kündigung - liegt kein Geheimhaltungswille der Beigeladenen vor. Denn sie hat in das Auskunftsbegehren des Klägers hinsichtlich der Laufzeit des Vertrages eingewilligt. Auf dieser Grundlage wurde dem Kläger mit Bescheid vom 23. Februar 2006 mitgeteilt, dass die Rahmenvereinbarung vom 9. Oktober 2000 ursprünglich bis zum 9. Oktober 2005 befristet war und sich in Ermangelung einer (ordentlichen) Kündigung bis zum 9. Oktober 2008 verlängert hat.

In Bezug auf § 16 der Rahmenvereinbarung fehlt es an einem berechtigten Geheimhaltungsinteresse. Denn es ist nichts dafür vorgetragen oder sonst ersichtlich, dass die Vereinbarung einer salvatorischen Klausel, des Schriftformerfordernisses, des Status' der Anlagen und des Gerichtsstandes für potentielle Wettbewerber von Interesse oder deren Offenlegung für die Beigeladene von Schaden sein könnte.

Der Beklagten und der Beigeladenen kann nach alledem nicht in der Auffassung gefolgt werden, die Rahmenvereinbarung stelle als Ganzes ein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis dar. Dies folgt aus dem Umstand, dass die Beigeladene aus freien Stücken der Offenlegung der regulären Vertragslaufzeit zugestimmt hat. Liegt danach in Bezug auf einen Bestandteil der Rahmenvereinbarung kein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis vor, so muss eine entsprechende Einstufung der Rahmenvereinbarung als Ganzes von vornherein ausscheiden. Ob ein Vertrag als solcher generell kein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis im Sinne des § 6 Satz 2 IFG darstellen kann, kann auf sich beruhen.

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus §§ 154 Abs. 1, 155 Abs. 1 Satz 3, 162 Abs. 3 VwGO. Hierbei hat das Gericht berücksichtigt, dass Beklagte und Beigeladene nur zu einem geringen Teil unterlegen sind; die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen waren aus Billigkeit dem Kläger aufzuerlegen, da sich die Beigeladene durch Stellung eines Antrages einem Kostenrisiko ausgesetzt hat. Die Entscheidungen über die vorläufige Vollstreckbarkeit und die Abwendungsbefugnis beruhen auf § 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 Satz 1 und 2 i.V.m. § 709 Satz 2 ZPO.

Die Berufung war gemäß §§ 124a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen, da die Auslegung des § 6 Satz 2 IFG sowie die Frage einer Pflicht zur Anforderung von Verwaltungsvorgängen, die Gegenstand eines in der Hauptsache verfolgten Einsichtsbegehrens sind, grundsätzliche Bedeutung hat.

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  • 17 - Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung an das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg zu.

D ie Berufung ist bei dem Verwaltungsgericht Berlin, Kirchstraße 7, 10557 Berlin, innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils schriftlich einzulegen. Sie muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Die Berufung ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils schriftlich zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Hardenbergstraße 31, 10623 Berlin, einzureichen. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe).

Vor dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte und Rechtslehrer an einer Hochschule im Sinn des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. Darüber hinaus können auch die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 der Verwaltungsgerichtsordnung bezeichneten Personen und Organisationen auftreten. Ein als Bevollmächtigter zugelassener Beteiligter kann sich selbst vertreten. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt vertreten lassen; das Beschäftigungsverhältnis kann auch zu einer anderen Behörde, juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem der genannten Zusammenschlüsse bestehen. Richter dürfen nicht vor dem Gericht, ehrenamtliche Richter nicht vor einem Spruchkörper auftreten, dem sie angehören.

Xalter Patermann Ringe

Ri/gr Ausgefertigt

Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle