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Aktenzeichen
2 A 102.06
Datum
10. Oktober 2007
Gericht
Verwaltungsgericht Berlin
Gesetz
Informationsfreiheitsgesetz Bund (IFG)
Informationsfreiheitsgesetz Bund (IFG)

Urteil: Verwaltungsgericht Berlin am 10. Oktober 2007

2 A 102.06

Der Deutsche Bundestag ist verpflichtet, einem Journalisten Auskünfte über Einzahlungen von Bundestagsabgeordneten auf ein Sonderkonto zu erteilen, das der Präsident des Bundestages im Zusammenhang mit der sogenannten Bonusmeilenaffäre im Jahr 2002 eingerichtet hat. Es liegt bereits keine ausdrückliche Vertraulichkeitsabrede zwischen der Bundestagsverwaltung und den Abgeordneten zum Umgang mit Rückzahlungen des Geldwertes dienstlich erworbener Bonusmeilen vor, sodass dahinstehen kann, ob eine zugesagte Vertraulichkeit dazu dient, rechtswidriges Verhalten der Öffentlichkeit nicht bekannt werden zu lassen. Die in Rede stehenden Informationen ermöglichen zudem keinen eindeutigen Rückschluss auf einzelne Abgeordnete; der Ausnahmetatbestand zum Schutz personenbezogener Daten greift somit nicht. (Quelle: LDA Brandenburg)

Interessenabwägung Personenbezogene Daten Begriffsbestimmung

VG 2A 102.06

Q

Verkündet am 10. Oktober 2007

Neumann Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle

VERWALTUNGSGERICHT BERLIN URTEIL

In der Verwaltungsstreitsache

Im Namen des Volkes Klägers,

Beklagte,

hat das Verwaltungsgericht Berlin, 2. Kammer, aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 10. Oktober 2007 durch

die Präsidentin des Verwaltungsgerichts Xalter, den Richter am Verwaltungsgericht Richard, den Richter am Verwaltungsgericht Ringe, den ehrenamtlichen Richter Schwittlinsky und den ehrenamtlichen Richter Naegler

für Recht erkannt:

Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides des Präsidenten des Deutschen Bundestages vom 10. Mai 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Juni 2006 verpflichtet, dem Kläger Einsicht in die Unterlagen der Beklagten zu dem Sonderkonto bei der Deutschen Bundesbank - Filiale Berlin -— Konto-Nr. 100 010 18 für die Jahre 2002, 2003, 2004 und 2005 zu

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gewähren, soweit darin aufgezeichnet ist, wie viele Bundestagsabgeordnete Rückzahlungen auf dieses Sonderkonto geleistet haben, wann die jeweiligen Rückzahlungen geleistet wurden, ob der Verwendungszweck "Bonusmeile" Reise Ausland oder "Bonusmeile" Reise Inland lautete, welcher Betrag pro Person eingezahlt worden ist und wie viel Geld von den Bundestagsabgeordneten insgesamt zurückgezahlt wurde.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt die Beklagte. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Der Kläger begehrt Auskunft nach dem Informationsfreiheitsgesetz des Bundes. Er ist als Journalist bei der Bildzeitung tätig.

Mit Beschluss des Ältestenrates des Deutschen Bundestages vom 25. September 1997, über den die Präsidentin des Deutschen Bundestages die Mitglieder des Deut- |

schen Bundestages mit Schreiben vom 16. Oktober 1997 informierte, wurden Verfahrensregeln zur Nutzung von Bonuspunkten aus dem Miles & More-Programm der Deutschen Lufthansa AG für Mandats-Dienstreisen der Mitglieder des Deutschen Bundestages aufgestellt. Danach sollten die Mitglieder des Bundestages die Gutschriften über dienstlich erworbene Bonuspunkte der Verwaltung zuleiten. Im Rahmen des Ge-

nehmigungsverfahrens für Dienstreisen oder bei einer Mandatsreise sollte die Verwaltung die Mitglieder des Bundestages anhand des Kontostandes auf die Nutzung der Bonuspunkte für die anstehende Reise hinweisen. Die Formulare "Mandatserklärung"

bzw. "Antrag auf Reisekostenerstattung" sollten den reisekostenrechtlichen Vorschriften entsprechend um folgenden Zusatz ergänzt werden: "Falls aus diesem Flug Bonusmeilen entstanden sind, stelle ich sie ausschließlich für Dienst- und Mandatsreisen zur Verfügung". |

Nachdem sich ein Mitarbeiter der Lufthansa AG Zugang zu Daten des Unternehmens verschafft hatte, die die Nutzung von Bonuspunkten durch Abgeordnete des Deutschen Bundestages betrafen, wurde in der Presse im Jahre 2002 darüber berichtet, dass Abgeordnete des Deutschen Bundestages ihre aus Dienstreisen erworbenen Bo-

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nuspunkte für Privatreisen genutzt hätten. In der Bildzeitung erschienen im Sommer 2002 verschiedene, von dem Kläger verfasste Artikel zu diesem Thema. Unter anderem berichtete er in einem am 28. Juli 2002 in der Bild am Sonntag erschienenen Artikel über die private Nutzung von Bonuspunkten durch den Bundestagsabgeordneten 6. In.dem Artikel wurden mehrere Reisen des Bundestagsabgeordneten, die dieser in der Zeit zwischen Dezember 2001 und Juli 2002 durchgeführt hatte, zum Teil unter Angabe der Flugnummer und des Reisezieles benannt. In zwei weiteren am 1. August 2002 in der Bildzeitung erschienenen Artikeln berichtete der Kläger über die für private Flüge verwendeten Bonusmeilen der Bundestagsabgeordneten B., K., J. und N., des Staatsministers V. und des Bundesministers T. Dabei benannte der Kläger zum Teil die Flugziele, den ungefähren Zeitpunkt der Reise und die eingesetzten Bonusmeilen. In den Artikeln stellte der Kläger zum Teil in Frage, ob die Angaben der betroffenen Politiker, die Flüge mit privat erworbenen Bonusmeilen beglichen zu haben, angesichts der Höhe der verwendeten Bonusmeilen zutreffen könne. Hinsichtlich des Bundesministers T. rechnete er etwa vor, dass dieser für die eingesetzten 115.000 Bonusmeilen ca. 92 innerdeutsche Flüge in der Economy-Klasse hätte buchen müssen.

Mit Schreiben vom 31. Juli 2002 informierte der Präsident des Deutschen Bundestages die Mitglieder des Deutschen Bundestages darüber, dass sie für den Fall des privaten Einsatzes dienstlich erworbener Bonusmeilen die Möglichkeit hätten, den entsprechenden Betrag dem Deutschen Bundestag durch Zahlung auf ein bei der Deutschen Bundesbank eingerichtetes Konto zur Verfügung zu stellen. In der Presse wurde hieraufhin Anfang August 2002 von mindestens zwei Abgeordneten berichtet, die eine Rückzahlung auf dieses Sonderkonto bekannt gegeben bzw. angekündigt hätten.

Mit Schreiben vom 11. April 2006 beantragte der Kläger beim Deutschen Bundestag, ihm nach dem Informationsfreiheitsgesetz Einblick in die Unterlagen der Bundestagsverwaltung zu diesem Sonderkonto für die Jahre 2002, 2003, 2004 und 2005 zu gewähren, aus denen hervorgehe, 1. wie viele Bundestagsabgeordnete Rückzahlungen geleistet hätten, 2. wann die jeweiligen Rückzahlungen geleistet worden seien, 3. für welche Flüge Rückzahlungen geleistet worden seien, 4. wie viel Geld die einzelnen Bundestagsabgeordneten an den Bundestag zurückerstattet hätten und 5. wie viel Geld von den Bundestagsabgeordneten insgesamt zurückgezahlt worden sei.

Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid des Präsidenten des Deutschen Bundestages vom 10. Mai 2006, bestätigt durch Widerspruchsbescheid derselben Behör-

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de vom 27. Juni 2006, ab. Zur Begründung führte sie im Wesentlichen an, einem Informationszugang des Klägers stünde entgegen, dass es sich bei den begehrten Informationen — auch in anonymisierter Form — um personenbezogene Daten handele.

Mit der am 17. Juli 2006 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Er ist der Auffassung, einen Informationsanspruch nach dem Informationsfreiheitsgesetz des Bundes gegen die Beklagte zu haben. Bei den in Frage stehenden Informationen handele es sich um amtliche Informationen im Sinne des Gesetzes. Dem Anspruch stünde auch nicht der Ausschlusstatbestand des 8 3 Nr. 7 IFG entgegen, da es sich bei den fraglichen Angaben nicht um vertraulich erhobene oder übermittelte Informationen handele. Ebenso wenig könne seinem Anspruch der Tatbestand des 85 IFG entgegen gehalten werden, denn mit seinem Antrag begehre er keine Informationen über personenbezogene Daten. Die von ihm begehrten Informationen erlaubten nicht die Herstellung eines Bezuges zu einem bestimmten Abgeordneten.

Hinsichtlich der Frage, für welche Flüge Rückzahlungen geleistet worden seien, müsse die Beklagte gegebenenfalls Daten unkenntlich machen, sofern Flugnummern oder andere Daten offensichtliche Rückschlüsse auf die Personen eines einzelnen Abgeordneten erlaubten. Es spreche jedoch nichts dagegen, ihm die hinsichtlich eines Personenbezuges unbedenklichen Daten zugänglich zu machen, wie z. B. das jeweilige Flugziel.

Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung angegeben, im Besitz von Daten der Deutsche Lufthansa AG über die Verwendung von.Bonusmeilen durch Abgeordnete

des deutschen Bundestages zu verfügen. Er hat Ablichtungen von Auszügen des Miles & More-Kontos des Abgeordneten OÖ. aus dem Jahre 2002 zu den Akten gegeben.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 10. Mai 2006 und des Widerspruchsbescheides vom 14. Juni 2006 zu verpflichten, ihm nach Maßgabe seines Antrages vom 11. April 2006 Einsicht in die Unterlagen der Beklagten zu dem vom damaligen Bundestagspräsidenten eingerichteten Sonderkonto für die Jahre 2002, 2603, 2004 und 2005 zu gewähren, aus denen hervorgeht, wie viele Bundestagsabgeordnete Rückzahlungen auf diese Sonderkonten geleistet haben, wann die jeweiligen Rückzah- lungen geleistet wurden, für welche und wie viele Flüge Rückzahlungen geleistet wurden, wie viel Geld die einzelnen Bundestagsabgeordneten an den Bundestag zurückerstattet haben und wie viel Geld von den Bundestagsabgeordneten insgesamt zurückgezahlt wurde.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen,

Sie ist der Auffassung, der Kläger habe keinen Anspruch auf Zugang zu den fraglichen Informationen. Soweit der Kläger Auskunft darüber begehre, für welche Flüge bzw. für wie viele Flüge Rückzahlungen erfolgt seien, lägen ihr entsprechende Informationen —- mit Ausnahme der Angabe über den Verwendungszweck Inlands- oder Auslandsreise - nicht vor.

Es handele sich im Übrigen schon nicht um Informationen zu amtlichen Zwecken im Sinne von & 2 Nr. 1 IFG. Dieses Merkmal setze eine Finalität des Handelns voraus. Demnach müsse die Aufzeichnung der Informationen ziel- und zweckgerichtet auf die Erfüllung amtlicher Aufgaben ausgerichtet gewesen sein. Nicht erfasst würden dagegen Informationen, die die informationspflichtige Stelle zwar anlässlich ihrer amtlichen Tätigkeit erlangt habe, die aber nicht der unmittelbaren Erfüllung der ihr obliegenden Aufgabe dienten. So liege der Fall hier.

Einem Anspruch des Klägers stehe jedenfalls der Tatbestand des $3 Nr. 7 IFG entgegen. Denn es handele sich bei den fraglichen Informationen um vertraulich erhobene oder übermittelte Informationen, denn die Bundestagsabgeordneten hätten die

Rückzahlungen — bereits lange vor Inkrafttreten des Informationsfreiheitsgesetzes —

auf das Sonderkonto im Vertrauen darauf vorgenommen, dass ihre Identität durch die Bundestagsverwaltung nicht preisgegeben werde. Seitens der Bundestagsverwaltung

sei den Bundestagsabgeordneten auch stets versichert worden, dass die Rückzahlungsdaten vertraulich behandelt würden.

Dem Anspruch des Klägers stehe ferner der Tatbestand des 85 Abs. 1 IFG entgegen. Der Kläger begehre die Offenbarung personenbezogener Daten. Dabei sei davon aus-

zugehen, dass er über umfassende Daten zu der Frage verfüge, für welche Flüge Bonusmeilen von den jeweiligen Bundestagsabgeordneten erworben und welche Prä-

mienflüge hiervon für die einzelnen Abgeordneten gebucht worden seien. Aufgrund

dieser dem Kläger bereits vorliegenden Informationen zu dem Stand der Bonusmeilen-Konten und der getätigten Prämienflüge sei die Wahrscheinlichkeit hoch, dass Rückschlüsse auf einen einzelnen Bundestagsabgeordneten bei Herausgabe der Daten

möglich seien.

-6- Das Informationsinteresse des Klägers überwiege das schutzwürdige Interesse der betroffenen Bundestagsabgeordneten am Ausschluss des Informationszuganges nicht. Dies folge bereits aus $ 5 Abs. 2 IFG.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Streitakte und den Verwaltungsvorgang verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen sind.

Entscheidungsgründe

  1. Die zulässige Verpflichtungsklage bleibt nur ohne Erfolg, soweit der Kläger Auskunft darüber begehrt, für wie viele Flüge Rückzahlungen geleistet wurden, sowie insoweit, als er eine konkrete Bezeichnung der in Frage stehenden Flüge begehrt, die über die Angabe "Inlands- oder Auslandsflug" hinausgeht. Insoweit ist die Ablehnung der begehrten Informationsgewährung rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten ($ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).

Hinsichtlich dieser Informationen hat der Kläger keinen Anspruch auf Zugang gemäß & 1 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes (Informationsfreiheitsgesetz — IFG) vom 5. September 2005 (BGBl. IS. 2722). Nach dieser Vorschrift hat jeder nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. Der Zugang im Sinne dieser Vorschrift erfolgt gemäß 8 1 Abs. 2 Satz 1 IFG durch Auskunftserteilung, die Gewährung von Akteneinsicht oder die Zurverfügungstellung von Informationen in sonstiger Weise.

Allerdings bezieht sich der Anspruch des $ 1 Abs. 1 Satz 1 IFG nur auf solche amtlichen Informationen, die tatsächlich bei der Behörde vorhanden sind. Informationen, die noch nicht oder nicht mehr bei der Behörde vorhanden sind, werden vom Anspruch nach $ 1 Abs. 1 Satz 1 IFG nicht erfasst. Dies ergibt sich zwar weder aus dem Wortlaut des 8 2 Nr. 1 IFG noch aus dem des 8 1 Abs. 1 Satz 1 IFG, folgt aber aus dem Sinn und Zweck des Informationsfreiheitsgesetzes, das auf die Möglichkeit gerichtet ist, an dem Informationsbestand der Verwaltung zu partizipieren, bzw. das Verhalten der Verwaltung zu kontrollieren. Vorhanden sind Informationen, wenn sie tatsächlich und dauerhaft vorliegen (vgl. Urteil der Kammer vom 27. Juni 2007 - VG 2 A 136.06 -; Rossi, a. a. 0,82 Rn. 11 ff.; Scheel, a. a. O., $2 Rn. 24).

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Dies ist hinsichtlich der Frage, für welche nach Datum, Flugnummer, Fluglinie oder Zielflughafen konkret bezeichneten Flüge und hinsichtlich der Frage, für wie viele Flüge Rückzahlungen erfolgt sind, nach den Angaben der Beklagten jedoch nicht der Fall. Die Kammer hat keinen Anlass diesen Vortrag der Beklagten in Zweifel zu ziehen, zumal der Präsident des Deutschen Bundestages in seinem Schreiben vom 31. Juli 2002 die Abgeordneten nicht dazu aufgefordert hat, zusammen mit der Einzahlung entsprechende Angaben zu machen. Gebeten hat er lediglich, zwischen dem Verwendungszweck Auslandsreise oder Inlandsreise zu unterscheiden..

  1. Begründet ist die Klage dagegen in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang. Insoweit hat der Kläger einen Anspruch gemäß 8 1 Abs. 1 Satz 1 IFG.

a) Der Kläger begehrt Zugang zu amtlichen Informationen. Gemäß 8 2 Nr. 1 Satz 1 IFG ist im Sinne dieses Gesetzes amtliche Information jede amtlichen Zwecken dienende Aufzeichnung, unabhängig von der Art ihrer Speicherung. Amtlich sind solche Informationen, die in Erfüllung amtlicher Tätigkeit angefallen sind. Dabei kommt es weder auf die Art der Verwaltungsaufgabe noch auf die Handlungsform der Verwaltung an. Unerheblich ist deshalb, ob die begehrten Informationen hoheitliches, schlicht-hoheitliches oder fiskalisches Behördenhandeln betreffen. Auch ein Bezug zu einem konkreten Verwaltungsvorgang ist nicht erforderlich. Nicht amtlich sind dagegen private Informationen sowie Informationen, die nicht mit amtlicher Tätigkeit zusammenhängen (vgl. Rossi, IFG, 2006, $2 Rn. 10).

Die in Frage stehenden Informationen dienen amtlichen Zwecken. Die Verwaltung des Deutschen Bundestages ist zuständig für die Erstattung der Kosten für Fahrten der Abgeordneten in Ausübung des Mandats gemäß & 16 AbgG sowie gemäß $ 17 AbgG für die Fahrkostenerstattung im Falle von Inlands- oder Auslandsdienstreisen der Abgeordneten. Mit dieser Verwaltungsaufgabe hängt die Einrichtung des Rückzahlungskontos und die Verwaltung dieses Kontos zusammen. Denn die durch Dienstreisen mit der Lufthansa erworbenen Bonusmeilen sollten von den Abgeordneten ausschließlich für Dienst- und Mandatsreisen verwendet werden. Die zurückgezahlten Mittel sind an die Stelle dieser Bonusmeilen getreten und decken die Aufwendungen der Beklagten für Dienst- und Mandatsreisen, die nicht aus den - für private Zwecke der Abgeordneten verwendeten — Bonusmiäilen beglichen werden konnten.

b) Der Anspruch auf Informationszugang ist nicht gemäß 8 3 Nr. 7 IFG ausgeschlossen, Nach dieser Vorschrift besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht bei vertraulich erhobener oder übermittelter Information, soweit das Interesse des Dritten an einer vertraulichen Behandlung im Zeitpunkt des Antrags auf Informationszugang noch fortbesteht. Bei

-8- den streitbefangenen Informationen handelt es sich nicht um "vertraulich" erhobene oder übermittelte.

aa) Nach dem Wortsinn des Begriffs sind Informationen "vertraulich", die nicht für die Öffentlichkeit bestimmt sind. Um eine vertrauliche Behandlung der Information zu erreichen, genügt es nicht, dass allein der Informationsgeber den Zugang der Öffentlichkeit verwehren möchte. Vielmehr bedarf es einer Übereinstimmung mit dem Informationsnehmer darüber, dass die Information der Öffentlichkeit nicht zugänglich gemacht wird. Nur dann besteht die Schutzwürdigkeit des Vertrauens, an welches der Begriff (auch) anknüpft und dessen Schutz die Norm ausweislich der Gesetzesmaterialien gerade bezweckt. So heißt es in der Gesetzesbegründung (BT-Drs. 15/4493, S. 11), Behörden seien in hohem Maße auf eine — insbesondere freiwillige — Informationszusammenarbeit mit Bürgern angewiesen. Da die Bereitschaft der Bürger zu einer solchen Kooperation von dem Vertrauen in die Verschwiegenheit der Verwaltung abhänge, müsse vertrauliche Information geschützt werden.

Die Einigung über die vertrauliche Behandlung der Information kann ausdrücklich erfolgen; sie kann sich aber auch aus den Umständen ergeben (vgl. Mecklenburg/Pöppelmann, IFG, 83 Rn. 104; Jastrow/Schlatmann, IFG, $ 3 Rn. 110).

bb) Hier fehlt es an einer entsprechenden Einigung. Eine ausdrückliche Vereinbarung über die vertrauliche Behandlung der in Frage stehenden Informationen hat die Beklagte nicht substantiiert dargelegt. Sie hat lediglich behauptet, den Abgeordneten sei Vertraulichkeit stets versichert worden. In welcher Form, zu welchem Zeitpunkt und von wem dies versichert worden sein soll, hat sie jedoch nicht — auch nicht in der mündlichen Verhandlung vorgetragen. In seinem Schreiben vom 31. Juli 2002 hat der Bundestagspräsident ausdrücklich keine Vertraulichkeit zugesichert. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die betreffenden Abgeordneten ausdrücklich eine vertrauliche Behandlung erbeten hätten.

Ebenso wenig ergibt sich aus den Umständen eine Vertraulichkeitsabrede. Für die Abgeordneten und die Bundestagsverwaltung bestand keine hinreichende Veranlassung zu einer besonderen Vertraulichkeitsabrede, da ohnehin nicht davon ausgegangen werden musste, dass die Person des Einzahlenden in der Öffentlichkeit ohne seine Einwilligung bekannt werden könnte. Mit einer Übermittlung des Namens des betreffenden Abgeordneten oder etwaiger anderer seiner im Zusammenhang mit der Rückzahlung stehenden personenbezogenen Daten an Stellen außerhalb der Bundestagsverwaltung musste nicht gerechnet werden. Ein allgemeiner Informationsanspruch, wie er nunmehr dem Grunde nach durch das Informationsfreiheitsgesetz besteht, war seinerzeit nicht gegeben. Die schon seinerzeit geltenden datenschutzrechtlichen Bestimmungen ließen eine Übermittlung personenbezogener Daten an Dritte nur unter sehr eingeschränkten Voraussetzungen zu und schlossen dies bei

-9- Bestehen eines schutzwürdigen Interesses des Betroffenen an dem Ausschluss der Datenübermittlung praktisch aus (vgl. 8 16 Abs. 1, $ 14 BDSG). Es bestand kein Anlass für die Annahme, die an Recht und Gesetz (Art. 20 Abs. 3 GG) gebundene Bundestagsverwaltung werde diese gesetzlichen Vorgaben nicht beachten. Umgekehrt durften die betroffenen Abgeordneten bei objektivierter Betrachtung nicht annehmen, die Bundestagsverwaltung werde berechtigte Informationsbegehren Dritter verweigern, soweit schutzwürdige Belange der Abgeordneten — etwa im Falle der Rechtswidrigkeit des in Frage stehenden Verhaltens — dem nicht entgegenstünden.

Zudem lässt die Rückzahlung des Geldwertes dienstlich erworbener Bonusmeilen an sich nicht hinreichend auf den Willen der Abgeordneten zu vertraulicher Übermittlung schließen. Dies liegt auf der Hand für jene Abgeordneten, die eine Rückzahlung bereits öffentlich angekündigt.hatten. Es gilt aber_auch für etwaige.weitere Abgeordnete, die auf das Konto.der Bundestagsverwaltung eingezahlt haben. Zwar mag das Bekanntwerden der privaten Nutzung dienstlich erworbener Bonusmeilen und des Behaltens der hierdurch erlangten Vermögensvorteile nachteilige Folgen für einen Abgeordneten haben und sein Interesse deshalb womöglich darauf gerichtet sein, sein Verhalten der Öffentlichkeit nicht bekannt werden zu lassen. Es ist jedoch nicht erkennbar, dass das mit der Rückzahlung erklärte Eingeständnis unter gleichzeitiger Rückgabe der erlangten geldwerten Vorteile dieselben nachteiligen Wirkungen für den Abgeordneten hätte. Dies gilt umso mehr, wenn die von der Beklagten in der mündlichen Verhandlung vertretene Auffassung zuträfe und die Abgeordneten zur Rückzahlung der erlangten Vorteile rechtlich nicht verpflichtet waren.

Umso weniger besteht vor diesem Hintergrund objektiver Anlass für die Annahme, die betreffenden Abgeordneten hätten durch schlüssiges Verhalten gerade auch nach vertraulicher Behandlung von solchen Daten verlangt, die keinen Rückschluss auf ihre Person zulassen.

Sonstige Umstände, aus denen sich eine entsprechende Abrede ergeben könnte, sind von der Beklagten weder dargelegt worden noch sind sie sonst ersichtlich.

Ist der Tatbestand des $ 3 Nr. 7 IFG schon aus vorstehenden Erwägungen nicht erfüllt, so kann dahin stehen, ob hier ein Fall gegeben ist, in dem die Regelung womöglich schon dem Grunde nach keine Anwendung fände, weil die zugesagte Vertraulichkeit dazu diente, ein vorangegangenes möglicherweise rechtswidriges Verhalten der Öffentlichkeit nicht bekannt werden zu lassen.

  1. Der Anspruch des Klägers auf die im Tenor bezeichneten Informationen ist auch nicht gemäß $ 5 Abs. 1 Satz 1 IFG ausgeschlossen.

  2. 1N-

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Nach dieser Vorschrift darf Zugang zu personenbezogenen Daten nur gewährt werden, soweit das Informationsinteresse des Antragstellers das schutzwürdige Interesse des Dritten am Ausschluss des Informationszugangs überwiegt oder der Dritte eingewilligt hat.

Personenbezogene Daten sind nach der heranzuziehenden Legaldefinition des $ 3 Abs. 1 BDSG Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren Person (Betroffener).

Die Person ist bestimmt, wenn feststeht, dass sich die Angaben auf diese Person und nicht auf eine andere beziehen (Dammann, in: Simitis [Hrsg.], Bundesdatenschutzgesetz, 6. Aufl. 2006, & 3 Rn. 21). Bestimmbar ist eine Person, wenn ihre Identität zwar nicht durch die Daten allein eindeutig identifiziert wird, jedoch - gegebenenfalls unter Verwendung von zugänglichem Zusatzwissen, mit Unterstützung mathematisch-statistischer Experten und unter Rückgriff auf externe Datenverarbeitungskapazität — festgestellt werden kann (Dammann, a. a. O., $ 3 Rn.39).

Diese Voraussetzungen liegen hinsichtlich der im Tenor genannten Informationen nicht vor. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass bei dem Kläger oder sonstigen Dritten Daten der Lufthansa AG über die Verwendung von Bonusmeilen eines oder mehrerer Bundestagsabgeordneten vorhanden sind. Auch mit Hilfe dieses Zusatzwissens und gegebenenfalls unter Verwendung. mathematischer Berechnungen und Kombinationen kann anhand der von dem Kläger begehrten Informationen nicht eindeutig festgestellt werden, dass ein bestimmter Abgeordneter auf das von der Bundestagsverwaltung eingerichtete Sonderkonto eingezahlt hat. Denn in jedem Fall kann sich die fragliche Angabe auch auf eine andere Person bzw. einen anderen Personenkreis beziehen.

Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Daten der Lufthansa AG schon keine eindeutige Aussage darüber treffen, ob Bonusmeilen für dienstliche oder private Flüge verwendet wurden. Noch weniger lässt sich ihnen aber entnehmen, ob die für einen bestimmten Flug verwendeten Bonusmeilen ausschließlich durch dienstliche oder zumindest zum teil auch durch private Flüge erworben wurden. Den Daten der Lufthansa AG ist neben der Flugnummer und dem jeweiligen Flugziel lediglich zu entnehmen, von weichem Abgeordneten für welche Personen ein Ticket erworben wurde und wie viele Bonusmeilen hierfür verwendet wurden. Diese Daten können, etwa dann, wenn auch Tickets für Familienangehörige erworben wurden und die verwendeten Bonusmeilen nach ihrer Menge allein kaum durch private Flüge erworben worden sein konnten, allenfalls den Verdacht begründen, der betreffende Abgeordnete habe dienstlich erworbene Bo-

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nusmeilen für private Zwecke genutzt. Noch weniger lassen sie einen verlässlichen Schluss darauf zu, dass der betreffende Abgeordnete die eingesetzten Bonusmeilen ausschließlich aus Mandats- oder Dienstreisen erworben hat. Stets bleibt die Möglichkeit, dass er einen Privatflug nur teilweise mit dienstlich erworbenen Bonusmeilen beglichen hat und er deshalb nur einen entsprechenden Teilbetrag auf das Sonderkonto gezahlt hat.

Vor diesem Hintergrund ist es nach Auffassung der Kammer nicht möglich, anhand der Daten der Lufthansa AG einerseits und den hier in Frage stehenden Daten der Beklagten andererseits Kombinationen anzustellen, die zu einer eindeutigen Identifizierung eines Abgeordneten oder eines Kreises von Abgeordneten führen könnten,

Dies gilt auch hinsichtlich der Angabe über den pro Person auf das Sonderkonto eingezahlten Betrag. Insoweit wäre es zwar durchaus denkbar, dass ein bestimmter Betrag dem (zuvor allerdings noch zu ermittelnden) Wert eines bestimmten Inlands- oder Auslandsfluges entspricht, den ein bestimmter Abgeordneter aus seinem Bonusmeilenkonto beglichen hat. Auch dann aber kann die Übereinstimmung auf einem Zufall beruhen. Denn ein anderer Abgeordneter könnte beispielsweise mit seiner Rückzahlung den (der Summe nach identischen) Wert mehrerer Flüge erstattet haben. Ebenso könnte ein anderer einen der Höhe nach identischen Betrag gezahlt haben, weil er einen Privatflug nur zum Teil aus dienstlich erworbenen Bonusmeilen beglichen und dementsprechend nur einen Teilbetrag des von ihm seinerzeit mit Bonusmeilen beglichenen Flugpreises zurückgezahlt hat.

Entsprechendes gilt, soweit der Kläger erfahren möchte, wann die jeweiligen Rückzahlungen geleistet wurden. Mangels sonstigen zugänglichen Zusatzwissens wäre hier eine Identifizierung ohnehin nur hinsichtlich der wenigen Abgeordneten denkbar, die eine Rückzahlung zuvor öffentlich bekannt gegeben bzw. angekündigt haben. Auch hier ist eine eindeutige Feststellung eines bestimmten Abgeordneten jedoch nicht möglich, da in diesem Bereich zufällige Übereinstimmungen ebenso denkbar sind wie das Auseinanderfallen von öffentlicher Ankündigung und tatsächlichem Eingang der angekündigten (vollständigen) Zahlung.

Die Kostenentscheidung folgt aus $ 155 Abs. 1 Satz 3 VwGO; die Entscheidungen über die vorläufige Vollstreckbarkeit und die Abwendungsbefugnis beruhen auf & 167 VwGO, 8 708 Nr. 11, $ 711 Satz 1 und 2i. V. m. $ 709 Satz 2 ZPO.

  • 1? -

-12 - 'Die Berufung ist nicht gemäß & 124 a Abs. 1 Satz 1 VwGO zuzulassen, da keine der dafür im Gesetz genannten Voraussetzungen vorliegt ($124 a VwGO i. V. m. $ 124 Abs. 2 Nr. 3 und 4 VwGO).

Rechtsmittelbelehrung

Gegen dieses Urteil steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht Berlin, Kirchstraße 7, 10557 Berlin zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Hardenbergstraße 31, 10623 Berlin, einzureichen.

Für das Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht besteht Vertretungszwang; dies gilt auch für den Antrag auf Zulassung der Berufung. Danach muss sich jeder Beteiligte, soweit er einen Antrag stellt, durch einen Rechtsanwalt oder einen Rechtsiehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst, Gebietskörperschaften auch durch Beamte oder Angestellte mit Befähigung zum Richteramt der zuständigen Aufsichtsbehörde oder des jeweiligen kommunalen Spitzenverbandes des Landes, dem sie als Mitglied zugehören, vertreten lassen.

Xalter Ringe Richard Ri/gr Ausgefertigt

Justizangestellte als Urkundsbeamte der Geschäftsstelle