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Aktenzeichen
3 K 618/06
Datum
24. April 2007
Gericht
Verwaltungsgericht Mainz
Gesetz
Umweltinformationsgesetz (Rheinland-Pfalz)
Umweltinformationsgesetz (Rheinland-Pfalz)

Urteil: Verwaltungsgericht Mainz am 24. April 2007

3 K 618/06

Der Begriff der öffentlichen Sicherheit im gemeinschaftsrechtlichen Sinne deckt sich nicht mit dem begriff der öffentlichen Sicherheit i.S.d. Polizei- und Ordnungsrechts. Während letzterer praktisch den Schutz der gesamten Rechtsordnung umfasst, verlangt das Gemeinschaftsrecht - und damit auch das LUIG, welches eine EG-Richtlinie umsetzt - eine schwere tatsächliche Gefährdung von Grundinteressen der Gesellschaft. Zu den geschützten Rechtsgütern gehören neben staatlichen Einrichtungen auch Leben, Gesundheit und sonstige wichtige Allgemeingüter. Aufgrund der gebotenen engen Auslegung der im LUIG enthaltenen Ausschlussgründe ist insoweit das Vorliegen einer ernsthaften konkreten Gefahr der geschützten Belange erforderlich. Bei der Gefahr besonders großer Schäden sind an die Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts geringere Anforderungen zu stellen. Bei der Auskunftserteilung über Störfallbetriebe besteht aufgrund in Betracht zu ziehender terroristischer Szenarien eine konkrete Gefahr für Leib und Leben von Menschen, die dem Auskunftsbegehren entgegen steht. Eine Interessenabwägung ist nicht vorzunehmen; es liegt auf der Hand, dass die Gefährdung zahlreicher Menschenleben nicht durch ein überwiegendes öffentliches Interesse an der Bekanntgabe der Informationen überspielt werden kann. (Quelle: LDA Brandenburg)

Begriffsbestimmung Sicherheitsaspekte Ablehnungsbegründung

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Verkündet am: 24.04.2007 gez. Zeimentz 3 K 618/06.MZ Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle VERWALTUNGSGERICHT MAINZ URTEIL IM NAMEN DES VOLKES In dem Verwaltungsrechtsstreit des Bundes für Umwelt und Naturschutz Deutschland, , , A-Straße, A-Stadt, - Klägerin - Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte B., B-Straße, B-Stadt, gegen das Land Rheinland-Pfalz, vertreten durch das C., , C-Straße, C-Stadt, - Beklagter - wegen        Umweltinformationsanspruch hat die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Mainz aufgrund der mündlichen Ver- handlung vom 24. April 2007, an der teilgenommen haben Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht Dany Richter am Verwaltungsgericht Meyer-Grünow Richter am Verwaltungsgericht Ermlich ehrenamtlicher Richter Rentner Hoock ehrenamtlicher Richter Bankkaufmann Hothum für Recht erkannt:
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-2- Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Klage zurückgenom- men worden ist. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten gegen Sicherheitsleistung in einer der Kostenfestsetzung entsprechenden Höhe vorläufig vollstreckbar. Tatbestand Mit Schreiben vom 14. März 2006 an den Beklagten beantragte der Landesar- beitskreis XXXXXXXXXXXX XX des Klägers, gestützt auf das Landesumweltin- formationsgesetz bzw. die Richtlinie EG 2003/4, um Mitteilung folgender Informa- tionen: 1. Welche Betreiber unter welcher Adresse unterliegen in Ihrem Bundesland den Pflichten nach Störfallverordnung? 2. Welche Betriebsbereiche oder Anlagen dieser Betreiber unter welcher Ad- resse unterliegen Pflichten nach Störfallverordnung mit Grundpflichten oder erweiterten Pflichten? 3. Für welche Anlagen in den genannten Betriebsbereichen wurde aus wel- chen Gründen eine Befreiung nach § 9 Abs. 6 StörfallV zugelassen? 4. Für welche der genannten Anlagen wurden gemäß § 1 Abs. 4 StörfallV die Pflichten nach § 18 StörfallV angeordnet? 5. Für welche der genannten Anlagen wurde gemäß § 18 Abs. 2 StörfallV aus welchen Gründen eine Befreiung von den Pflichten nach § 18 Abs. 1 Stör- fallV zugelassen? -3-
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-3- Außerdem wurde in diesem Schreiben darauf hingewiesen, dass ohne diese Liste eine gezielte Einsicht in einzelne Sicherheitsberichte und Notfallpläne nicht mög- lich sei. Sie sei somit Voraussetzung für die Möglichkeit der Wahrnehmung des Informationsrechtes. Es handele sich um Informationen, die aufgrund diverser Be- richtspflichten nach EU-Recht ohnehin verfügbar sein müssten, so dass Kosten für die Ermittlung dieser Informationen wohl nicht anfallen dürften. Es sei beabsichtigt, die Angaben entsprechend auszuwerten und in die Arbeit des Landesarbeitskrei- ses XXXXXXXXXXXX XX einzubringen. Mit Bescheid vom 20. April 2006 lehnte der Beklagte den Antrag des Klägers ab und gab zur Begründung an: Die gewünschten Angaben im Rahmen der Störfall- verordnung bezögen sich auf konkrete Daten aus äußerst sensiblen, sicherheitsre- levanten Bereichen. Diese Informationen seien gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LUIG für die Öffentlichkeit nicht zugänglich, da die Bekanntgabe nachteilige Aus- wirkungen auf bedeutsame Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit habe und das Geheimhaltungsinteresse überwiege. In Anbetracht der Terrorangriffe vom 11. September 2001 in den USA und der dadurch angepassten Sicherheitspolitik sei es nicht vertretbar, einzelne dieser Betriebsdaten zur Weiterverbreitung he- rauszugeben. Das Risiko gezielter terroristischer Anschläge mit erheblichen Ge- fahren für das Leben und die Gesundheit einer unübersehbaren Zahl von Men- schen würde erhöht, zumal es sich bei diesen Anlagen um sog. „weiche“ Ziele, die nur schwer gegen externe Angriffe geschützt werden könnten, handele. Ange- sichts dieser Sachlage sei auch im Rahmen einer Abwägung mit dem Zugangsin- teresse des Klägers eine andere Bewertung nicht möglich. Der Schutz der Bevöl- kerung vor der Gefahr von Angriffen auf Leben, Körper und Gesundheit bzw. auf wertvolle Sachgüter gehe dem Informationsinteresse vor. Zudem würden durch das Bekanntgeben der Informationen auch personenbezogene Daten offenbart. Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LUIG sei auch dies ein Ablehnungsgrund, wenn nicht das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiege. Auch diese Abwä- -4-
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-4- gung der gegenseitigen Interessen an der Bekanntgabe bzw. der Geheimhaltung führe im Ergebnis wegen der Sicherheitsaspekte zur Ablehnung des Zugangsan- spruchs. Es seien folgende generelle Angaben möglich: Frage 1: In Rheinland-Pfalz unterliegen insgesamt 97 Betriebsbereiche der Störfallverordnung. Frage 2: Zur Zeit unterliegen in Rheinland-Pfalz 47 Betriebsbereiche den erweiterten Pflichten und 50 Betriebsbereiche den Grundpflichten. Frage 3: Für 99 Anlagen in vier Betriebsbereichen wurden Ausnahmen nach § 9 Abs. 6 StörfallV erteilt. Bei der Entscheidung über die gestellten Ausnahmeanträge erfolgte eine Orientierung an den harmonisierten Krite- rien, die die europäische Kommission betr. der Anwendung des Art. 9 Abs. 6 der Seveso II-Richtlinie herausgegeben hat (98/433/EG, L 192, S. 19). Die Themen der Fragen 4 und 5 seien nicht mehr Bestandteil der Störfallverord- nung. Der Kläger legte gegen diesen Bescheid mit Schreiben vom 20. Mai 2006 Wider- spruch ein und gab zur Begründung an: Die Bezugnahme auf „bedeutsame Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit“ gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LUIG bzw. Art. 4 Abs. 2 der EU-Richtlinie 2003/4/EG stelle keinen Verweigerungsgrund dar. So sei bereits der gemeinschaftsrechtliche Begriff der „öffentlichen Sicherheit“ en- ger zu fassen als der deutsche Begriff im Sinne des Allgemeinen Polizei- und Ordnungsrechts. Hierunter falle nicht die Verletzung von subjektiven Rechtsgütern (wie Leben, Gesundheit, Freiheit), sondern lediglich die Verletzung von Kollektiv- rechtsgütern, d.h. eine Gefährdung des Bestands oder der Funktionsfähigkeit des Staates oder seiner Einrichtungen. Es sei nicht erkennbar, dass die Bekanntgabe der begehrten Daten über Betriebsbereiche derart weitreichende Folgen nach sich ziehen könne. Das Bekanntwerden der Information müsse die nachteiligen Aus- -5-
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-5- wirkungen auf die Schutzgüter konkret verursachen. Dies setze voraus, dass kon- krete Verdachtsmomente – nicht jedoch lediglich Spekulationen oder Mutmaßun- gen – hinsichtlich des Geschehensablaufs und des Eintretens der nachteiligen Auswirkungen existierten und dass der Eintritt dieser nachteiligen Auswirkungen mit hinreichender Sicherheit zu erwarten sei. Derart konkrete Verdachtsmomente und eine hinreichende sichere Prognose seien weder bezüglich der Gesamtheit der Betriebsbereiche noch einzelner Betriebsbereiche ersichtlich und auch aus dem Bescheid nicht ersichtlich. Bei einer Entscheidung darüber, ob Informationen so einzustufen seien, dass ihre Bekanntgabe „nachteilige Auswirkungen auf die öffentliche Sicherheit haben kann“, seien sowohl die Wertungen der EU-Richtlinie 96/82/EG wie auch der 12. BImSchV zu berücksichtigen. Danach seien die Infor- mationen, die in einem Sicherheitsbericht enthalten seien, sowie die Informationen über Sicherheitsmaßnahmen und das richtige Verhalten im Falle eines Unfalls der Öffentlichkeit jederzeit zugänglich zu machen. Hierbei gebe es keinerlei Sicher- heitsbedenken. Diese Daten seien für einen Betriebsbereich wesentlich umfas- sender als die Angabe von Name und Anschrift des Betreibers, die Anschrift des Betriebsbereichs sowie die Einstufung des Betriebsbereichs. Eine Information der Öffentlichkeit finde ihre Grenze auch nicht in den Fällen, in denen die Einsicht in eine Vielzahl derartiger Unterlagen von einer Person verlangt werde. Wenn aber die Erlangung von mehr Informationen als den hier begehrten gesetzlich nicht be- schränkt, sondern ausdrücklich vorgesehen sei, könnten der Übermittlung einer Teilmenge keine Sicherheitsbedenken entgegenstehen. Selbst wenn für einzelne Betriebsbereiche hinreichend konkrete Verdachtsmo- mente vorlägen, wären wegen Art. 4 Abs. 4 der EU-Richtlinie 2003/4 und aufgrund von § 5 Abs. 3 LUIG die Daten über die übrigen Betriebsbereiche offen zu legen. Hinsichtlich der Betriebsbereiche, für die die Übermittlung der Daten verweigert würde, sei in jedem Einzelfall die konkrete Abwägung, die zur Entscheidung ge- führt habe, darzulegen. Da die (partielle) Ablehnung eines Informationsübermitt- lungsantrags einen Verwaltungsakt darstelle, gelte für dessen Begründung, dass sie sich nicht in formelhaften und allgemeinen Darlegungen erschöpfen dürfe und weder inhaltlich abstrakt noch nichtssagend sein dürfe. Es sei nicht ausreichend, -6-
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-6- den Gesetzeswortlaut zu wiederholen. Ohne die Liste der Betriebsbereiche sei eine gezielte Einsicht in einzelne Sicher- heitsberichte im Sinne von § 9 der 12. BImSchV sowie die Erlangung von Informa- tionen über Sicherheitsmaßnahmen im Sinne von § 11 Abs. 1 der 12. BImschV nicht möglich. Die Sicherheitsberichte richteten sich nicht nur an die Nachbar- schaft, sondern müssten auch anderen Bürgern zugänglich sein. Der Sicherheits- bericht sei gemäß § 11 Abs. 3 Satz 1 der 12. BImSchV als Umsetzung des Art. 13 Abs. 4 Satz 1 der EU-Richtlinie 96/82/EG vom Betreiber zur Einsicht durch die Öffentlichkeit bereit zu halten. Die Information über Sicherheitsmaßnahmen und das richtige Verhalten im Falle eines Unfalls, die gemäß § 11 Abs. 1 Satz 2 der 12. BImSchV zumindest die in Anhang V der 12. BImSchV bzw. gemäß Art. 13 Abs. 1 der EU-Richtlinie 96/82/EG die in Anhang V der EU-Richtlinie genannten Informa- tionen enthalten müssten, seien gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 der 12. BImSchV bzw. Art. Art. 13 Abs. 1 der EU-Richtlinie 96/82/EG der Öffentlichkeit ständig zugänglich zu machen. Der Informationserlangungsanspruch der Öffentlichkeit würde unter- laufen, wenn die Information darüber, welche Betreiber bezüglich welcher Be- triebsbereiche diesen Pflichten unterliegen, verweigert werden könne. Dadurch würde insbesondere gegen Erwägungsgrund Nr. 19 sowie Art. 20 Abs. 1 der EU- Richtlinie 96/82/EG verstoßen. Der Bezug auf schützenswerte personenbezogene Daten sei nicht nachvollziehbar, da es sich bei Namen und Adressen insbesonde- re von Firmen um Daten handele, die in jedem Telefonbuch öffentlich verfügbar seien. Bereits 1994 hätten sie eine Liste der Anlagen nach damaliger Störfallver- ordnung § 11 a mit Namen und Adressen von den Bundesländern erhalten. Mit der Übermittlung der jetzt angeforderten Liste handele es sich lediglich um eine Aktualisierung. Es komme einer Diffamierung eines Umweltverbandes gleich, wenn man hierin eine Kollektivgefahr sehen würde. Der Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 28. Juni 2006 zurückge- wiesen und zur Begründung angegeben: Bei den beantragten Einzeldaten greife der Ablehnungsgrund des § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LUIG ein, da das Bekanntgeben -7-
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-7- der Informationen nachteilige Auswirkungen auf bedeutsame Schutzgüter der öf- fentlichen Sicherheit habe und das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe nicht überwiege. Es sei nicht auszuschließen, dass die Daten nach der Herausgabe auch Dritten zugänglich würden, die strafbare Handlungen planten und gezielt nach geeigneten Objekten suchten. Da der Kläger nicht an die öffentlich- rechtlichen Geheimhaltungsvorschriften gebunden sei, sondern die Daten beliebig verwenden könne, wirke sich schon die Herausgabe nachteilig auf die Sicherheit aus, auch wenn selbstverständlich unterstellt werde, dass der Kläger die Daten selbst nicht missbräuchlich verwende. Jedenfalls könnten Dritte dann leichter Zu- gang zu Behördenangaben erlangen. Es sei zutreffend, dass der Begriff „öffentli- che Sicherheit“, wie er im europäischen Recht verwendet werde, nicht mit dem polizeirechtlichen Begriff der öffentlichen Sicherheit und Ordnung gleichgesetzt werden könne. Dass nicht, wie im deutschen Recht, die gesamte geschriebene Rechtsordnung geschützt sein solle, werde durch die Beschränkung auf „bedeut- same Schutzgüter“ deutlich. Diese umfasse jedoch nicht nur den Schutz des Be- standes oder der Funktionsfähigkeit der staatlichen Einrichtungen, sondern auch Leib, Leben, Gesundheit des Einzelnen und wertvolle Sach- und Kulturgüter. Nach der Rechtsprechung des EuGH umfasse die öffentliche Sicherheit „Grundinteres- sen der Gemeinschaft“; ein solcher grundlegender Belang könne auch ein wesent- liches Individualrechtsgut sein, da der Rechtsstaat wegen des staatlichen Ge- waltmonopols ein existentielles Interesse am staatlichen Schutz grundlegender Individualrechtsgüter habe. Eine nachteilige Auswirkung setze angesichts der ü- berragenden Bedeutung dieser grundrechtlich geschützten Rechtsgüter nicht eine konkrete Gefahr voraus, sondern sei schon dann gegeben, wenn die hohen Si- cherheitsstandards beeinträchtigt würden. Das sei angesichts der mangelnden Kontrollmöglichkeit der Informationsweitergabe zu bejahen. Je größer die Gefähr- dung, desto geringere Anforderungen seien an die Eintrittswahrscheinlichkeit der Gefährdung zu stellen. Darüber hinaus seien, unabhängig von der Einstufung als Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit, die menschliche Gesundheit und Sicher- heit sowie Kulturstätten und Bauwerke auch gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 2. Al- ternative LUIG vor nachteiligen Auswirkungen durch die Bekanntgabe geheimhal- -8-
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-8- tungsbedürftiger Informationen geschützt. Auch die Abwägung mit dem öffentli- chen Interesse an der Bekanntgabe führe zu keinem anderen Ergebnis. Ange- sichts des Grundrechtscharakters gehe der Schutz von Leben, Leib und Gesund- heit sowie bedeutender Vermögenswerte dem einfachgesetzlichen Zugangsinte- resse vor. Die teilweise Übermittlung von Einzeldaten sei nicht möglich, da ein Aussondern der betroffenen Informationen gemäß § 5 Abs. 3 LUIG nicht möglich sei. Auch bei den Einzeldaten sei immer der Zusammenhang zu einem konkreten Störfallbetrieb gegeben, der dadurch identifizierbar werde. Die Weitergabe der Daten sei auch nach § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 LUIG insoweit abzulehnen, als dadurch personenbezogene Daten offenbart würden und das öf- fentliche Interesse an der Bekanntgabe nicht überwiege. Die vom Kläger verlang- ten Daten enthielten personenbezogene Daten (Betreiber von Störfallanlagen, Rückschlussmöglichkeit auf die Art des Störfallbetriebs, Anschrift). Da eine Ge- fährdung dieser Personen durch die Bekanntgabe nicht mit hinreichender Sicher- heit auszuschließen sei, gehe das Grundrecht auf informationelle Selbstbestim- mung dem einfachgesetzlichen Zugangsanspruch vor. Der Hinweis auf die Veröf- fentlichung im Telefonbuch gehe fehl, da dort der Name und die Adresse nicht mit dem Hinweis auf einen Störfallbetrieb verknüpft seien. Schließlich stehe dem Auskunftsbegehren auch die 12. BImSchV sowie Seveso II- Richtlinie (96/82/EG) entgegen. Soweit diese spezielle Regelungen enthielten, gingen sie dem LUIG vor. Eine Prüfung dieser Vorschriften ergebe Folgendes: Die Seveso II-Richtlinie fordere weder in der Fassung 96/82/EG noch in der Fassung 2003/105/EG ebenso wenig wie die Störfallverordnung, die die Richtlinien umset- ze, die öffentliche Bekanntgabe von Störfallbetrieben. Zwar sollten die Mitglied- staaten Informationen über Betreiber von Störfallbetrieben und Tätigkeiten, nach denen auch der Kläger frage, der Kommission zum Aufbau einer zentralen Daten- bank mitteilen. Der Zugang zu dieser Datenbank und den darin enthaltenen Daten sei jedoch nur Personen vorbehalten, die hierzu ermächtigt worden seien. Infor- mationen über Sicherheitsmaßnahmen hätten die Betreiber gemäß § 11 Abs. 1 StörfallV lediglich den Personen in der Nachbarschaft und darüber hinaus Perso- nen die von einem Störfall in den jeweiligen Betriebsbereichen betroffen sein -9-
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-9- könnten, zur Verfügung zu stellen. Die Betreiber in Rheinland-Pfalz hätten dieser Unterrichtungspflicht Genüge getan. Auch die Pflicht zur Bereithaltung des Sicher- heitsberichts zur Einsichtnahme durch die Öffentlichkeit nach § 11 Abs. 3 StörfallV hätten die Betreiber erfüllt. Hier könne die Sicherheit dadurch gewährt werden, dass die Person des Einsichtnehmenden identifiziert und dokumentiert werden könne. Sensible Informationen müssten darüber hinaus nicht offen gelegt werden. Auch Art. 20 Abs. 1 (Vertraulichkeit) der EG-Richtlinie 96/82/EG, der vorsehe, dass jeder natürlichen oder juristischen Person auf Antrag die gemäß der Richtli- nie eingegangenen Informationen zur Verfügung gestellt werden müssten, sehe vor, dass diese Informationen unter dem Gesichtspunkt der öffentlichen Sicherheit vertraulich behandelt werden müssten. Der Hinweis auf frühere Übermittlungen sei nicht hinreichend. Wie bereits im Be- scheid dargestellt, müsse die Sicherheitsfrage nach dem 11. September 2001 neu bewertet werden. Das Ausmaß der terroristischen Bedrohung sei vor 2001 so nicht vorstellbar gewesen. Dem Informationszugang sei ein hoher Stellenwert bei- gemessen worden, so dass auch sensible Daten der Öffentlichkeit zugänglich ge- macht worden seien. Eine solche Praxis sei heute unter Vorsorgegesichtspunkten nicht mehr vertretbar. Der Kläger hat mit am 27. Juli 2006 eingegangenem Schreiben Klage erhoben, die er mit ergänzenden und vertiefenden Rechtsausführungen begründet. In der mündlichen Verhandlung hat er die Klage bezüglich der Fragen Nr. 4 und 5 zu- rückgenommen. Der Kläger beantragt, unter Aufhebung des Bescheides vom 20. April 2006 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Juni 2006 den Beklagten zu ver- pflichten, die im Schreiben vom 14. März 2006 enthaltenen Fragen zu 1) bis 3) zu beantworten. - 10 -
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- 10 - Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Er hält an seiner in den angefochtenen Bescheiden vertretenen Rechtsauffassung fest und begründet dies mit ergänzenden Ausführungen zur Sach- und Rechtsla- ge. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten verwiesen. Entscheidungsgründe Das Verfahren wird gemäß § 92 Abs. 3 VwGO eingestellt, soweit der Kläger die Klage in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen hat. Dies ist bezüglich der Fragen Nr. 4 und Nr. 5 des im Antragsschreiben vom 14. März 2006 enthalte- nen Fragenkatalogs der Fall. Im Übrigen ist die Klage zulässig, aber unbegründet. Die Zulässigkeit der Klage richtet sich nach den Bestimmungen des Landesum- weltinformationsgesetzes – LUIG – vom 19. Oktober 2005 (GVBl. S. 484), das der - 11 -
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