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Aktenzeichen
5 K 923/05.TR
Datum
18. Januar 2006
Gericht
Verwaltungsgericht Trier
Gesetz
Informationsfreiheitsgesetz (Rheinland-Pfalz), Richtlinie 2003/4/EG (Umweltinformationsrichtlinie)
Informationsfreiheitsgesetz (Rheinland-Pfalz), Richtlinie 2003/4/EG (Umweltinformationsrichtlinie)

Urteil: Verwaltungsgericht Trier am 18. Januar 2006

5 K 923/05.TR

Unter den Begriff des "Zustands" von Umweltbestandteilen fallen sowohl der "Ist-Zustand", als auch der "War-Zustand", es sei denn, den Altdaten kommt für die Bewertung des "Ist-Zustands" nur noch historische Bedeutung zu. Bei den Unterlagen zu Dioxinfunden in einer Tongrube handelt es sich daher um Umweltinformationen. Im Falle der Aussonderung schutzbedürftiger Daten (Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse) auf der Grundlage des Landesumweltinformationsgesetzes Rheinland-Pfalz bedarf es keiner Anhörung der betroffenen Firmen; sollen personenbezogene Daten offengelegt werden, ist eine solche jedoch erforderlich. (Quelle: LDA Brandenburg)

Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Drittbetroffenheit (Gesetzliche) Geheimhaltungspflichten Aussonderungen Personenbezogene Daten Begriffsbestimmung

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5 K 923/05.TR VERWALTUNGSGERICHT TRIER URTEIL IM NAMEN DES VOLKES In dem Verwaltungsrechtsstreit ******************, - Kläger - gegen das Land Rheinland-Pfalz, vertreten durch den Präsidenten der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion, Willy-Brandt-Platz 3, 54290 Trier, - Beklagter - wegen          Zugang zu Umweltinformationen
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-2- hat die 5. Kammer des Verwaltungsgerichts Trier aufgrund der mündlichen Ver- handlung vom 18. Januar 2006, an der teilgenommen haben Vorsitzender Richter am Verwaltungsgericht Dierkes Richter am Verwaltungsgericht Braun Richter am Verwaltungsgericht Dr. Klages ehrenamtliche Richterin Frau Hogh ehrenamtliche Richterin Frau Dellwing für Recht erkannt: 1. Der Beklagte wird unter Aufhebung ihres Bescheides vom 14. Juli 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04. August 2005 verpflichtet, den Antrag der Klägerin auf Erteilung von Umweltin- formationen unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden. 2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens. 3. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklag- te darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterle- gung in Höhe des vollstreckungsfähigen Betrages abwenden, so- fern nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet. 4. Die Berufung wird zugelassen. Tatbestand: Die Beteiligten streiten um den Zugang zu Umweltinformationen. In den Tongruben der Fa. **** GmbH kam es in der Vergangenheit zu Dioxinbelas- tungen von Tonerde. In den Jahren 1999 bis 2001 erließ der Beklagte wegen Dio- xinfunden ein Veräußerungsverbot für in den Tongruben der **** GmbH abgebau- ten Kaolinton als Futtermittel. Am 07. Juli 2005 beantragte die Klägerin bei dem Beklagten die Zusendung der Akten im Falle der Dioxinfunde in den Tongruben der **** GmbH. Zur Begründung führte die Klägerin an, sie habe einen Auskunftsanspruch nach dem Umweltinfor- -3-
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-3- mationsgesetz. Von besonderem Interesse seien für sie hierbei das 1999/2001 gegen die Fa. **** GmbH erlassene Verbot der Veräußerung des in den Gruben abgebauten Tons als Futtermittel sowie die im Jahr 2004 hinsichtlich der Veräuße- rung von Kaolinton an die Lebens- und Futtermittelindustrie eingeleiteten Untersu- chungen und deren Ergebnisse. Mit Bescheid vom 14. Juli 2005 lehnte der Beklagte den Antrag der Klägerin ab und führte zur Begründung aus, bis zum Inkrafttreten eines Landesgesetzes sei die Richtlinie der EG über Umweltinformationen maßgeblich. Eine unmittelbare Wirkung dieser Richtlinie trete allenfalls zum 14. Februar 2005 ein. Erst ab diesem Zeitpunkt bestehe ein Anspruch auf Umweltinformationen. Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 29. Juli 2005 Widerspruch ein und führte zur Begründung aus, bei den Akten über die Dioxinfunde handele es sich um Umweltinformationen im Sinne der europäischen Umweltinformationsrichtlinie. Der Wortlaut der Richtlinie spreche eindeutig vom Anspruch auf Zugang sämtli- cher vorhandener Umweltinformationen, also auch auf Umweltinformationen, wel- che aus der Vergangenheit stammten. Dass möglicherweise durch das Informati- onsbegehren Interessen Dritter berührt würden, sei ohne Belang. Der Beklagte habe nicht hinreichend dargestellt, dass ein Ausnahmetatbestand vorliege. Insbe- sondere seien keine schützenswerten Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse zu erkennen. Die Aussage, der Interessenbereich privater Dritter sei berührt, sei un- erheblich, da dies immer der Fall sei. Mit Widerspruchsbescheid vom 04. August 2005 wies der Beklagte den Wider- spruch der Klägerin zurück und führte zur Begründung aus, ein Anspruch auf Um- weltinformationen sei nur gegeben, wenn eine Auswirkung auf die Umwelt noch gegeben sei. Eine gegenwärtige Wirkung bzw. Betroffenheit sei jedoch nicht vor- handen. Der von der Klägerin angesprochene Vorgang sei abgeschlossen. Die Fälle der Jahre 1999/2001 und 2004 hätten sich in den damals getroffenen ag- raraufsichtlichen Maßnahmen erschöpft und zeitigten keine Wirkungen in die Ge- -4-
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-4- genwart hinein. Es gäbe auch keine Folgemaßnahmen oder Folgeakten bei ihr. Ein Informationsanspruch hinsichtlich von Vorgängen, die vor dem 14. Februar 2005 lägen, sei im Übrigen ausgeschlossen. Auch das im Entwurf befindliche Landesgesetz zur Regelung des Zugangs zu Umweltinformationen decke frühere Vorgänge nicht ab. Nach Zustellung dieses Widerspruchsbescheides am 08. August 2005 hat die Klägerin am 05. September 2005 Klage erhoben. Sie trägt vor, sie habe einen Anspruch auf freien Zugang zu den Informationen über Dioxinbelastungen der Tongruben. Insbesondere stehe dem Auskunftsan- spruch nicht entgegen, dass die Umweltinformationen in der Vergangenheit er- langt worden seien. Es komme vielmehr darauf an, dass die begehrten Informatio- nen bei dem Beklagten aktuell vorhanden seien. Dies lasse sich aus der Legalde- finition über den Begriff „Umweltinformationen“ herleiten. Ablehnungsgründe seien ebenfalls nicht gegeben, insbesondere seien weder negative Auswirkungen auf die internationalen Beziehungen, die öffentliche Sicherheit oder die Landesvertei- digung zu befürchten. Auch eventuell geschützte Betriebs- und Geschäftsgeheim- nisse sowie personenbezogene Daten seien nicht gefährdet, da die gegebenen- falls geschützten Daten geschwärzt werden könnten. Die Verordnung Nr. 178/202 der EG stehe ebenfalls dem Auskunftsanspruch nicht entgegen, da die Ableh- nungsgründe abschließend im Landesumweltinformationsgesetz, welches inzwi- schen in Kraft getreten sei, geregelt seien. Die Klägerin beantragt, den Beklagten zu verpflichten, unter Aufhebung seiner Bescheide vom 15. Juli 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 04. August 2005 die begehrten Umweltinformationen in der durch Schriftsatz vom 20. Septem- ber 2005 vorgesehenen Art zugänglich zu machen. Der Beklagte beantragt, -5-
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-5- die Klage abzuweisen. Er ist der Ansicht, es komme nicht darauf an, ob Umweltinformationen bei einer Behörde vorhanden seien. Aus dem Gesetzeswortlaut ergebe sich vielmehr, dass entscheidend für den Auskunftsanspruch nur sei, ob die vorhandenen Informatio- nen eine gegenwärtige Wirkung hinsichtlich der tatbestandlichen Umweltkriterien hätten. Darüber hinaus sei er als Mitglied des Schnellwarndienstes der Europäi- schen Gemeinschaft dazu verpflichtet, Ermittlungserkenntnisse über die Sicherheit von Lebensmitteln, soweit die Informationen nach diesen Vorschriften nicht öffent- lich bekannt gegeben werden müssten, zum Schutz der Persönlichkeitsrechte der Betroffenen geheim zu halten. Aufgrund des Umfanges der Ermittlungsakten und der hohen Zahl der Betroffenen sei es auch nicht möglich, die Akten an den ent- sprechenden Stellen zu schwärzen, ohne diese gänzlich unbrauchbar zu machen. Darüber hinaus werde eine Veröffentlichung der Ermittlungsergebnisse seine Er- mittlungsarbeit zukünftig erheblich erschweren. Schließlich müssten im Falle einer Veröffentlichung der Akten zuvor mehr als 300 Beteiligte aus mehreren Mitglied- staaten angehört und ihnen nötigenfalls Rechtsschutz gewährt werden. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Gerichtsakten gereichten Schriftsätze der Beteiligten, die Sitzungsnieder- schrift, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Unterlagen sowie die ebenfalls zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemachten Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. Entscheidungsgründe: Die Klage ist zulässig. -6-
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-6- Der Verwaltungsrechtsweg ist gemäß § 6 Abs. 1 des Landesumweltinformations- gesetzes – LUIG – vom 19. Oktober 2005 (GVBl. 2005, S. 484) gegeben. Statthaf- te Klageart ist die Verpflichtungsklage, da der Schwerpunkt des Klagebegehrens in der der Auskunftserteilung vorgelagerten Entscheidung des Beklagten darüber liegt, ob und in welchem Umfang Auskunft über Umweltinformationen erteilt wer- den. Die Klägerin ist auch klagebefugt, da sie einen Anspruch auf freien Zugang zu Umweltinformationen haben könnte. Ein Vorverfahren wurde ordnungsgemäß durchgeführt und die Klageerhebung erfolgte innerhalb der Klagefrist des § 74 Abs. 2 VwGO. Die Klage ist auch in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 15. Juli 2005 in Gestalt des Widerspruchsbe- scheides vom 04. August 2005 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Der Beklagte hat den Antrag auf Auskunft über vorhandene Umweltin- formationen zu Unrecht abgelehnt, ein Ermessen steht dem Beklagten nur hin- sichtlich der Art und Weise der Informationsübermittlung zu. Rechtsgrundlage für die von der Klägerin begehrten Umweltinformationen ist § 3 Abs. 1 LUIG. Nach dieser Bestimmung hat jede Person nach Maßgabe dieses Gesetzes Anspruch auf freien Zugang zu Umweltinformationen, über die eine in- formationspflichtige Stelle im Sinne des § 2 Abs. 1 Satz 1 LUIG verfügt, ohne ein rechtliches oder berechtigtes Interesse darlegen zu müssen. Der Antrag muss er- kennen lassen, zu welchen Umweltinformationen der Zugang gewünscht wird (§ 4 Abs. 2 S. 1 LUIG). Es bestehen keine Zweifel, dass auch Rechtsanwälte einen Antrag nach § 3 Abs. 1 LUIG stellen können. Auch hat die Klägerin einen hinrei- chend präzisen Antrag gestellt, der erkennen lässt, welche Informationen begehrt werden. Bei den Unterlagen der Beklagten über Dioxinfunde handelt es sich auch um Um- weltinformationen im Sinne des § 2 Abs. 2 LUIG. Nach Nr. 1 dieser Bestimmung -7-
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-7- sind Umweltinformationen unabhängig von der Art ihrer Speicherung alle Daten über den Zustand von Umweltbestandteilen wie Luft und Atmosphäre, Wasser, Boden, Landschaft und natürliche Lebensräume einschließlich Feuchtgebiete, Küsten- und Meeresgebiete, die Artenvielfalt und ihre Bestandteile, einschließlich gentechnisch veränderter Organismen, sowie die Wechselwirkungen zwischen diesen Bestandteilen. Entgegen der Auffassung des Beklagten fallen unter den Begriff „Zustand“ nicht nur Daten über den „Ist-Zustand“, sondern auch solche Da- ten, die Informationen über den „War-Zustand“ enthalten, da nur so ein Verständ- nis des „Ist-Zustandes“ möglich wird. Nur so kann sichergestellt werden, dass der Informationsgehalt von Daten über den „Ist-Zustand“ durch eine vergleichende Einordnung mit Daten aus der Vergangenheit auch für den Antragsteller sinnvoll ist und nicht nur zu einer Umwelt-Momentaufnahme führt. Dies findet seine Gren- ze dort, wo den Altdaten keinerlei Bedeutung mehr für die Bewertung des „Ist- Zustandes“ zukommt und sie nur noch historische Bedeutung haben (Röger, Um- weltinformationsgesetz, Komm., § 3 Rdnr. 32). Diese schon für den insoweit gleich lautenden § 3 Abs. 2 Nr. 1 des Umweltinformationsgesetzes i.d.F. vom 08. Juli 1994 (BGBl. I S. 1490) anerkannte Auslegung des Begriffes „Zustand“ muss erst recht auch für das neue, auf der Richtlinie 2003/04/EG beruhende LUIG gelten, da hier der Begriff der Umweltinformationen nochmals weiter als in der vorangegan- genen Richtlinie 30/313/EWG gefasst wurde (Schrader, ZUR 2003, S. 130, 132 ff.) und eine Einschränkung keinesfalls beabsichtigt war. Auch eine gemeinschafts- rechtskonforme Auslegung des LUIG im Lichte des „Effet Utile“ führt zu der Er- kenntnis, dass sich eine Behörde nicht dadurch dem Auskunftsanspruch entziehen können soll, nur weil der die Umweltinformationen betreffende Verwaltungsvor- gang bereits abgeschlossen ist. Diese Auslegung wird auch dadurch gestützt, dass ein Ablehnungsgrund für einen Auskunftsanspruch gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 4 LUIG gerade darstellt, dass die Umweltinformationen von der jeweiligen Behörde noch vervollständigt werden. Im Umkehrschluss können daher Umweltinformatio- nen, die schon vollständig bei der Behörde vorliegen, nicht vom Auskunftsan- spruch ausgeschlossen sein, da Umweltinformationen sonst nur in einer sehr kur- zen Zeitspanne, nämlich nach vollständiger Zusammenstellung aber vor Ablauf -8-
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-8- des Gegenwartsbezuges von der Behörde herauszugeben wären. Dies würde, auch unter Berücksichtigung langwieriger Ermittlungen, die unter Umständen erst vollständig abgeschlossen sind, wenn der konkrete Anlass schon weit in der Ver- gangenheit liegt, den Ansatz des LUIG und der Richtlinie 2003/04/EG, eine mög- lichst umfängliche Information der Öffentlichkeit über Umweltinformationen zu er- reichen, ad absurdum führen. Schließlich lässt sich eine Begrenzung des Umwel- tinformationsanspruchs nur auf Daten über den „Ist-Zustand“ auch nicht aus § 2 Abs. 3 Nr. 3 a LUIG ableiten, in dem von „Maßnahmen oder Tätigkeiten, die sich auf die Umweltbestandteile der Nr. 1 oder Faktoren im Sinne der Nr. 2 auswirken oder wahrscheinlich auswirken“, die Rede ist. Durch die Formulierung „auswirken oder wahrscheinlich auswirken“ ist keine Begrenzung auf Fälle in der Gegenwart, sondern vielmehr eine Ausweitung des Umweltinformationsanspruches auf künfti- ge Maßnahmen, die eventuell Auswirkungen auf die Umwelt haben könnten, zu verstehen. Insgesamt hat die Kammer somit keinen Zweifel daran, dass es sich bei den Unterlagen betreffend die Dioxinfunde in der Tongrube der ***** GmbH um Umweltinformationen handelt. Dem Auskunftsanspruch steht auch nicht entgegen, dass durch das Bekanntge- ben der Umweltinformationen eventuell personenbezogene Daten offenbart (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 LUIG) oder Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse (§ 9 Abs. 1 Nr. 3 LUIG) zugänglich gemacht werden. In solchen Fällen ist die Behörde gemäß § 5 Abs. 3 LUIG verpflichtet, die von diesen Personen bezogenen Daten und Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse nicht betroffenen Informationen, also die Dioxinbelas- tungen des Bodens in den Tongruben der **** GmbH, zugänglich zu machen. Die- se Informationen können beispielsweise durch Schwärzung der entsprechenden Passagen ausgesondert werden. Die gleichen Grundsätze gelten auch, soweit sich der Beklagte auf Ablehnungsgründe nach § 8 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 LUIG be- ruft. Hier erscheint bereits zweifelhaft, ob eine Veröffentlichung der begehrten In- formationen nachteilige Auswirkungen auf die internationalen Beziehungen, die Verteidigung oder bedeutsame Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit hat, nur weil im Rahmen der Ermittlungen auch Firmen mit Sitz im europäischen Ausland -9-
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-9- betroffen waren und Behörden anderer Mitgliedstaaten an den Ermittlungen mit- gewirkt haben. Auch hier erscheint es indessen technisch möglich, entsprechende Firmenangaben zu schwärzen. Durch die Veröffentlichung ist auch nicht gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 2 LUIG die Vertraulichkeit von Beratungen des Beklagten gefährdet, da die Ermittlungen bereits seit langem abgeschlossen sind. Es ist darüber hinaus nicht zu erkennen, warum durch die Auskunftserteilung dem Beklagten bei zukünf- tigen Ermittlungen Nachteile entstehen würden und warum Verbraucherinteressen geschädigt werden könnten, wenn eine entsprechend eingeschränkte Informati- onsweitergabe erfolgt. Ohne Erfolg beruft sich der Beklagte auch auf das Geheimhaltungsverbot nach Maßgabe von § 52 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 178/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 28. Januar 2002. Die vorgenannte Verordnung ist erst am 20. Februar 2002 in Kraft getreten (Art. 65 EG-Verordnung 178/2002). Das Geheimhaltungsgebot betrifft deshalb schon nicht die Ermittlungsvorgänge in den Jahren 1999 und 2001. Im Übrigen spricht Art. 52 Abs. 1 von Umständen, die „ihrer Natur gemäß der Geheimhaltung unterliegen“. Hierbei dürfte es sich allein um persönliche Daten sowie Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse handeln, die – wie bereits ausgeführt worden ist – ausgesondert werden können. Eine derartige Auslegung ist auch deshalb geboten, da § 2 Abs. 3 Nr. 6 LUIG die Kontamination der Lebensmittelkette ausdrücklich in Bezug nimmt. Wollte man indessen der Ar- gumentation des Beklagten folgen, so wären gerade die Unterlagen betreffend Lebensmittel- und Futterweitergabe vom Informationsanspruch ausgeschlossen. Eine Anhörung von Firmen bedarf es entgegen der Ausführungen des Beklagten nicht, wenn nach Maßgabe von § 5 Abs. 3 LUIG verfahren wird, denn eine Anhö- rung ist nach § 9 Abs. 1 Satz 3 LUIG nur erforderlich, wenn persönliche Daten of- fenbart werden sollen. Die Art und Weise der Umweltinformationen steht jedoch im Ermessen des Be- klagten, weshalb im vorliegenden Fall nur ein Bescheidungsurteil ergehen kann. - 10 -
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- 10 - Nach § 3 Abs. 2 LUIG kann der Zugang durch Auskunftserteilung, Gewährung von Akteneinsicht oder in sonstiger Weise eröffnet werden. Wird eine bestimmte Art des Informationszugangs beantragt, entspricht die informationspflichtige Stelle diesem Antrag, es sei denn, es ist für sie angemessen, die Informationen in einer anderen Form oder einem anderen Format zugänglich zu machen. Im vorliegen- den Fall ist beispielsweise statt der Akteneinsicht durch die Klägerin auch die Übersendung eines Berichtes über die Dioxinfunde in den Tongruben der Fa. **** GmbH denkbar, worauf die Kammer bereits in der mündlichen Verhandlung hin- gewiesen hat. Die Entscheidung hierüber steht im pflichtgemäßen Ermessen des Beklagten. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hinsichtlich der Kosten folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Die Berufung wird gemäß § 124 a Abs. 1 VwGO i.V.m. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zugelassen, da die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung aufweist. Grundsätzli- che Bedeutung hat die Frage, ob Behörden Informationen zu bereits abgeschlos- senen Verfahren erteilen müssen. Des Weiteren ist die Frage von grundsätzlicher Bedeutung, in welchem Verhältnis das Geheimhaltungsgebot des Art. 52 der EG- Verordnung Nr. 178/2002 zum Informationsanspruch des § 3 Abs. 1 LUIG steht, der seinerseits der Umsetzung der Richtlinie 2003/04/EG des Europäischen Par- laments und des Rates vom 28. Januar 2003 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umweltinformationen und zur Aufhebung der Richtlinie 90/313/EWG des Rates dient. - 11 -
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