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Aktenzeichen
16 K 379/05
Datum
12. Dezember 2005
Gericht
Verwaltungsgericht Stuttgart
Gesetz
Richtlinie 2003/4/EG (Umweltinformationsrichtlinie)
Richtlinie 2003/4/EG (Umweltinformationsrichtlinie)

Beschluss: Verwaltungsgericht Stuttgart am 12. Dezember 2005

16 K 379/05

Das Verwaltungsgericht bestätigt die Direktwirkung der noch nicht in Landesrecht umgesetzten Umweltinformationsrichtlinie, stellt aber fest, dass diese lediglich die Möglichkeit vorsieht, dass die Mitgliedstaaten das Vorliegen von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen als Ausnahmetatbestand gesetzlich regeln. Dennoch sind die betroffenen Unternehmen nicht schutzlos, das das Landesverwaltungsverfahrensgesetz eine entsprechende Bestimmung vorsieht. Die beantragten Informationen zu Immissionen und Emissionen eines Betriebs sind jedoch nicht als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse anzusehen. Da die Beklagte den Kläger inzwischen klaglos gestellt hat, wird das Verfahren eingestellt. (Quelle: LDA Brandenburg)

Anwendungsbereich/ Zuständigkeit Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse Drittbetroffenheit

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16 K 379/05 VERWALTUNGSGERICHT STUTTGART Beschluss In der Verwaltungsrechtssache wegen Umweltinformation hat die 16. Kammer des Verwaltungsgerichtes Stuttgart auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 16.11.2005 durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsge- richt als konsentierten Einzelrichter am 12.12.2005 beschlossen: Das Klageverfahren wird eingestellt. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen; die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 5.000 EUR festgesetzt. G r ü n d e I Der Kläger ist Facharzt für Laboratoriumsmedizin, für Mikrobiologie und Infektions- epidemiologie sowie für Biochemie. Er begehrte vom Beklagten mit Antrag vom 26.9.2004, ihm freien Zugang zu Informationen über die Umwelt (Umwelt-
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-2- Informationen) durch Übermittelung von Kopien zu verschaffen, die beim Land- ratsamt H. über den Betrieb der beigeladenen Firma vorhanden sind, welche betref- fen: 1.    die immissionsschutzrechtliche(n) Genehmigung(en) des Betriebes des beigeladenen Unternehmens, 2.    die Ergebnisse der Messungen der Geräusch-Emissionen, 3.    die Ergebnisse der Messungen der stofflichen Emissionen des Betriebes des beigeladenen Unternehmens in den Jahren von 2000 bis 2004, welche das Krebs erzeugende Bitumen, den lungengängigen <PM10>- Schweb- staub, die <PM4>- Fraktion des in Form von <Quarz> Krebs erzeugenden kristallinen Siliziumdioxid (<SiO2>) betreffen, 4.    die Vornahme von Emissionsminderungsmaßnahmen insbesondere für <PM10> und für Bitumen sowie für den alveolengängigen <SiO2>- Anteil im <Quarz>, <Critobalit> und <Tridymit> durch das beigeladene Unterneh- men, 5.    die Immissionswerte für <PM10> in der unmittelbaren Umgebung des Be- triebes des beigeladenen Unternehmens im <Lee> der hauptsächlichen Windrichtung. Das Landratsamt H. gab der vom Informationsbegehren betroffenen Beigeladenen Gelegenheit, sich zur Frage zu äußern, inwieweit ein Ausschluss oder eine Be- schränkung des Anspruches zum Schutz betrieblicher Belange besteht (§ 8 II 1 UIG 2001). Die beigeladene Firma teilte dem Landratsamt mit Schreiben vom 25.11.2004 mit, dass die ihr erteilten Betriebsgenehmigungen sowie die Messberichte Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse beinhalten würden und Dritten nicht zugänglich gemacht werden sollten. Das Landratsamt H. teilte dem Kläger mit Schreiben vom 14.1.2005 mit, dass der geltend gemachte Umwelt-Informationsanspruch lediglich insoweit bestehe, als die beigeladene Firma dem Auskunftsbegehren, nämlich der Herausgabe der Zusam- menstellung der Mess-Ergebnisse aus dem Bericht über die Durchführung von Emis- sionsmessungen, zugestimmt habe. Es führte aus: Die beigeladene Firma sei ver- pflichtet, alle drei Jahre Emissionsmessungen durchführen zu lassen. Dem <Staatli- chen Gewerbeaufsichtsamt Heilbronn> würden in Bezug auf den hier fraglichen Zeit- raum Mess-Berichte aus den Jahren 2000 und 2003 vorliegen. Die jeweilige Zusam-
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-3- menstellung der Mess-Ergebnisse der von der TA Luft geforderten Messwerte wur- den dem Auskunftsschreiben in Kopie beigefügt. Der Kläger reichte am 26.1.2005 beim Verwaltungsgericht Stuttgart Klage gegen den Beklagten ein. Er hatte geltend gemacht, dass er einen umfassenden Umwelt- Infor- mationsanspruch gegen den Beklagten habe und sein Informationsbegehren keine Geschäft- oder Betriebsgeheimnisse der Beigeladenen zum Gegenstand habe. Der Kläger hatte beantragt, den Beklagten zu verurteilen, ihm Zugang zu den beim Land- ratsamt H. vorhandenen Umwelt-Informationen durch Übermittelung von Kopien zu verschaffen, welche Folgendes betreffen: 1.   die immissionsschutzrechtliche(n) Genehmigung(en) des Betriebes des beigeladenen Unternehmens (in der Form von Kopien ohne die zu den Genehmigungen gehörenden Unterlagen), 2.   die Ergebnisse der Messungen der Geräusch-Emissionen, 3.   die Ergebnisse der Messungen der stofflichen Emissionen des Betriebes des beigeladenen Unternehmens in den Jahren von 2000 bis 2004, welche das Krebs erzeugende Bitumen, den <PM10>- Schwebestaub, die <PM4>- Fraktion des in Form von <Quarz> Krebs erzeugenden kristallinen Silizi- umdioxid (<SiO2>) betreffen, 4.   die Vornahme von Emissionsminderungsmaßnahmen insbesondere für <PM10> und für Bitumen sowie für den <SiO2>- Anteil im <Quarz>, <Crito- balit> und <Tridymit> durch das beigeladene Unternehmen, 5.   die Immissionswerte für <PM10> in der unmittelbaren Umgebung des Be- triebes des beigeladenen Unternehmens im <Lee> der hauptsächlichen Windrichtung 6.   Messberichte über diffuse Emissionen an <PM10>- Schwebestaub. Der Beklagte hatte beantragt, die Klage abzuweisen. Der Beklagte hat inzwischen mit Zustimmung der Beigeladenen dem klageweise gel- tend gemachten Umwelt-Informationsbegehren des Klägers entsprochen, soweit er im Besitz von Umwelt-Informationen gewesen ist. Die Beteiligten, einschließlich der Beigeladenen, haben daraufhin in der zweiten mündlichen Verhandlung vom 16.11.2005 und mit den nachgelassenen Schriftsätzen vom 23.11.2005, 28.11.2005
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-4- und vom 11.12.2005 den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erle- digt erklärt. II 1 Die (Haupt-) Beteiligten streiten nach der Erledigung des Rechtsstreites in der Hauptsache um die Verteilung der Kostenlast. Dieser Streit ist nach billigem Ermes- sen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes durch Beschluss zu entschieden (§ 161 I, II VwGO). Billigem Ermessen entspricht es im gegebenen Falle, den Beklagten mit den Verfahrenskosten zu belasten; davon sind die der Bei- geladenen entstandenen außergerichtlichen Kosten ausgenommen worden, weil es mangels Antragstellung der Billigkeit entspricht, diese Kosten nicht für erstattungsfä- hig zu erklären. Der Beklagte wäre in Bezug auf die beim ihm vorhandenen Umwelt-Informationen unterlegen, wenn sich der Rechtsstreit in der Hauptsache nicht erledigt hätte. Er hat überdies Anlass zur Klageerhebung gegeben, soweit der Kläger Umwelt-Informatio- nen begehrt hatte, die beim Beklagten nicht vorhanden waren und auch nicht vor- handen sind; der Beklagte hätte den Kläger darüber in Kenntnis setzen müssen. Nach allgemeinen Grundsätzen des Kostenrechtes hat derjenige die Verfahrenskos- ten zu tragen, der unterliegt oder sich in die Rolle des Unterlegenen begibt (vgl. § 154 I VwGO) oder Anlass zur berechtigten Klageerhebung gibt. Im Übrigen hat das Klageverfahren eingestellt werden müssen (§ 92 III 1 VwGO entsprechend). 2 Die Klage war vor der Erledigung des Rechtsstreites in der Hauptsache zulässig. a)
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-5- Die Klage war im zuständigen allgemeinen Verwaltungsrechtsweg (§ 40 VwGO) erhoben und hier als allgemeine Leistungsklage an sich statthaft. Gegenstand des Rechtsstreites war eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit nicht verfas- sungsrechtlicher Art, die auch nicht einem anderen Rechtsweg zugewiesen ist. In diesem Rechtsweg war im gegebenen Falle die Verpflichtungsklage als an sich statt- hafte Klageart nicht möglich, weil das vom Kläger gegenüber dem Landratsamt H. geltend gemachte (Umweltinformations-) Begehren nicht auf den Erlass eines Ver- waltungsaktes im Sinne des § 35 LVwVfG gerichtet war (vgl. § 42 I VwGO), sondern eine tatsächliche Handlung (Realakt) zum Inhalt hatte; der Beklagte hatte sich hier auch nicht eines - anfechtbaren - Verwaltungsaktes bedient. b) Die Klagebefugnis des Klägers war gegeben. Der Kläger konnte geltend machen, möglicherweise in seinem Recht auf Zugang zu den beim Landratsamt H. vorhandenen oder für das Landratsamt bereit gehaltenen Umwelt-Informationen, den Betrieb der Beigeladenen betreffend, verletzt zu sein (§ 42 II VwGO entsprechend). c) Dem Kläger hätte auch das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis nicht abgespro- chen werden dürfen. Es war nicht erkennbar, wie der Kläger auf einfachere und billigere Weise zu der von ihm begehrten Umwelt-Information hätte gelangen können. Im Übrigen war das Landratsamt H. dem Informationsbegehren auch schon (überwiegend) entgegen ge- treten. Hinzu kommt, dass der Beklagte es unterlassen hat, den Kläger vor Klageer- hebung darüber in Kenntnis zu setzen, dass bestimmte (Umwelt-) Informationen bei ihm nicht vorhanden sind
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-6- III Die Klage war vor der Erledigung des Rechtsstreites in der Hauptsache auch be- gründet. Dem Kläger stand der geltend gemachte Anspruch auf Zugang zu den vor- handenen Umwelt-Informationen gegenüber dem Beklagten zu. Dabei beurteilte sich die Begründetheit des allgemeinen Leistungsbegehrens des Klägers nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt vor der Erledigung des Rechtsstreites in der Hauptsa- che durch entsprechende übereinstimmende Erklärungen der Beteiligten. In dieser Hinsicht ist zu bemerken: 1 Das in Umsetzung der Richtlinie 2003/4/EG des Europäischen Parlamentes und des Rates der Europäischen Union vom 28.1.2003 über den Zugang der Öffentlichkeit zu Umwelt-Informationen und zur Aufhebung der Richtlinie 90/313/EWG des Rates (ABl. EU Nr. L 41 vom 14.2.2003, S. 26) – UI-RL 2003 - erlassene und am 14.2.2005 in Kraft getretene Umwelt-Informationsgesetz (UIG) in der Fassung des Art. 1 des Gesetzes zur Neugestaltung des Umweltinformationsgesetzes und zur Änderung der Rechtsgrundlagen zum Emissionshandel vom 22.12.2004 (BGBl. I S. 3704) - UIG 2004 - ist in seinem Anwendungsbereich auf informationspflichtige Stellen des Bundes und der bundesunmittelbaren juristischen Personen des öffentlichen Rechtes beschränkt (§ 1 II UIG 2004) und kann deshalb nicht, auch nicht entsprechend, auf informationspflichtige Stellen der einzelnen Bundesländer ausgedehnt werden; das - in seinem Anwendungsbereich umfassendere - UIG 2001 ist durch Art. 9 I Halbs. 2 des erwähnten Gesetzes vom 22.12.2004 außer Kraft gesetzt worden. Zwar sind gemäß Art. 10 I 1 UI-RL 2003 die Mitgliedstaaten, also auch die Bundesrepublik Deutschland und infolgedessen die einzelnen Bundesländer verpflichtet, diejenigen Rechts- und Verwaltungsvorschriften in Kraft zu setzen, die erforderlich sind, um der UI-RL 2003 bis zum 14.2.2005 nachzukommen. Der erforderlichen Umsetzung der erwähnten UI-RL 2003 ist indessen der (gemäß Art. 70 GG insoweit zuständige) Landesgesetzgeber für den Rechtsbereich des Landes Baden-Württemberg bisher (noch) nicht nachgekommen.
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-7- 2 Die Effektivität und die Einheitlichkeit der europäischen Umweltpolitik können indes- sen dadurch leiden, dass bestehende Richtlinien (EU) - trotz Ablaufes der Umset- zungsfrist - noch gar nicht umgesetzt (Umsetzungsausfall) oder nur mangelhaft o- der nur partiell umgesetzt sind (Umsetzungsdefizit). In allen diesen Fällen erlangen die Richtlinien (EU) unmittelbare Wirkungen (Direktwirkungen), falls sie inhaltlich unbedingt erscheinen und falls sie überdies hinreichend konkrete Ziele formulieren (vgl. EuGH Slg.1991, I-3757/38; EuGH Slg. 1995, I-2189/2224; BVerfGE 75, 223/225; BVerwG NVwZ-RR 1996, 253 <Autobahn A 60; UVP-RL>-; BVerwGE 107, 1 = NVwZ 1998, 616 <Ostsee-Autobahn; RL 79/43/EWG>; BVerwG NVwZ 2000, 1171 = DÖV 2000, 814 = UPR 2000, 23 = DVBl 2000, 814 = JuS 2001, 196 Nr. 17 <B 1-Hildesheim; FFH- Richtlinie>), was übrigens durchaus auch bei Richtlinien (EU) mit Gestaltungs- und Ermessensspielräumen der Fall sein kann (EUGH EuZW 1994, 498/499; EuGH ZUR 1995, 258/260). Richtlinien (EU) haben unter diesen Voraus- setzungen bereits Vorwirkungen im Sinne richtlinienkonformen Verhaltens (BVerwG NuR 2001, 216 <FFH-Richtlinie>). Die Mitgliedstaaten dürfen keine (Gesetzgebungs- oder Verwaltungs-) Maßnahmen ergreifen, die geeignet sind, die Erreichung des in der Richtlinie vorgeschriebenen Zieles ernstlich in Frage zu stellen (EuGH Slg. 1997, I-7411 = NVwZ 1998, 385 <Inter-Environnement Wallonie ASBL ./. Région Wallon- ne>; EuGH NJW 1999, 2355 <Verwaltungsakte>; EuGH NuR 2001, 380; BVerwGE 107, 1/18 ff. = NVwZ 1998, 616). Darüber hinaus sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, geltendes Recht im Lichte des Wortlautes und des Zweckes der Richtlinie (EU) unter Anwendung der durch die Rechtsprechung des EuGH herausgebildeten europarecht- lichen Methodik auszulegen (<Effet-Utile>- Auslegung) und objektiv-rechtliche Be- stimmungen der Richtlinie (von Amts wegen) anzuwenden (EuGH Slg. 1995, I-2189 = NVwZ 1996, 369 <Wärmekraftwerk Groß-Kotzenburg>; EuGH DVBl 2000, 214 <Flughafen Bozen>). Auch können Richtlinien (EU), die nicht umgesetzt sind, von Amts wegen zu berücksichtigende subjektive öffentliche Rechte begründen, falls sie (irgend-) jemanden begünstigen (EuGH Slg. 1995, I-2189 = NVwZ 1996, 369).
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-8- 3 Die Anforderungen, welche die Rechtsprechung an die Direktwirkung von Richtli- nien (EU) und an die Begründung subjektiver öffentlicher Rechte durch diese Richtlinien (EU) stellt, sind im Falle der UI-RL 2003 gegeben. Der Beklagte hat sich auch nicht veranlasst gesehen, dies in Abrede zu stellen. Die UI-RL 2003 verfolgt als Ziel namentlich die Gewährleistung des Rechtes auf Zugang zu Umwelt-Informatio- nen, die bei Behörden vorhanden sind oder für sie bereit gehalten werden, und die Festlegung der grundlegenden Voraussetzungen und praktischer Vorkehrungen die- ses Rechtes (Art. 1 Buchst. a UI-RL 2003). Sie definiert sodann den Begriff der Um- welt-Information (Art. 2 Nr. 1 UI-RL 2003) und den der Behörde (Art. 2 Nr. 2 UI-RL 2003). Sie erläutert ferner, was unter Umwelt-Informationen zu verstehen ist, die <bei einer Behörde vorhanden sind> oder <für eine Behörde bereit gehalten werden> (Art. 2 Nr. 3 und Nr. 4 UI-RL 2003), wer <Antragsteller> sein kann (Art. 2 Nr. 5 UI-RL 2003) und was <Öffentlichkeit> bedeutet (Art. 2 Nr. 6 UI-RL 2003). Die Richtlinie sieht letztlich die Verpflichtung der Behörde (Art. 2 Nr. 2 UI-RTL 2003) vor, den An- tragstellern auf hinreichend präzise Anträge grundsätzlich einen an eine bestimmte Frist gebundenen Zugang zu Umwelt-Informationen im Sinne des Art. 2 Nr. 1 UI-RL 2003 nach Maßgabe der Art. 3 UI-RL1003 zu verschaffen; die Antragsteller brau- chen nicht einmal ein Interesse geltend zu machen (Art. 3 I Halbs. 2 UI-RL 2003). Alle diese für den geltend gemachten Informationsanspruch erforderlichen rechtli- chen Voraussetzungen liegen hier vor. 4 Der Kläger hatte den mit der Klage erstrebten Zugang zu Umwelt-Informationen in- haltsgerecht beim Landratsamt H. beantragt. An der hinreichenden Bestimmtheit (Präzision) des gestellten Antrages gab es keine Zweifel. Der Antrag ließ namentlich erkennen, auf welche Art von zugelassenen (Umwelt-) Informationen er gerichtet war und wie er erfüllt werden sollte. 5 Der Kläger war aktiv legitimiert.
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-9- Er hatte den in der UI-RL 2003 vorgesehenen freien Zugang zu Informationen über die Umwelt beanspruchen können. Art. 3 I UI-RL 2003 gewährt jedem Antragsteller (Art. 3 Nr. 5 UI-RL 2003), insbesondere jeder natürlichen Person des Privatrechtes, einen Anspruch auf freien Informationszugang, ohne dass es kraft der Richtlinie (EU) auf das Vorliegen eines (schutzwürdigen) Interesses ankäme. 6 Der Beklagte war passiv legitimiert. Das Landratsamt H. ist als untere Verwaltungsbehörde (vgl. § 13 I Nr. 1 LVG) und damit als Staatsbehörde (§ 1 III 2 LKrO) eine Behörde. Sie hat Aufgaben des Um- weltschutzes wahrzunehmen (§ 2 Nr. 2 Buchst. b UI-RL 2003). Es ist eine Umwelt- fachbehörde, also eine Behörde, die ein umweltrechtliches Gesetz als ihre Haupt- aufgabe zu vollziehen hat. Es betreibt staatlichen Umweltschutz (vgl. Art. 20a GG) mit Hilfe des klassischen Instrumentariums des Ordnungsrechtes, also durch den Er- lass von Genehmigungen und Eingriffsverwaltungsakten. Es ist als untere Immissi- onsschutzbehörde (§ 1 II Nr. 3 BImSchG-ZuVO) zuständig namentlich für die Zu- lassung und Überwachung von Anlagen zur Herstellung oder zum Schmelzen von Mischungen aus Bitumen oder Teer mit Mineralstoffen und damit von Anlagen, die gemäß § 4 BImSchG in Verbindung mit § 1 der 4. BImSchV und der Nr. 1.3 des An- hanges hierzu genehmigungspflichtig sind (§ 1 III 1 BImSchG-ZuVO). 7 Der Anspruch des Klägers war gemäß Art. 3 I UI-RL 2003 auf den Zugang zu Um- welt-Informationen gerichtet. Der Kläger machte zu Recht geltend, dass er sich unterrichten wollte über die vom freien Informationszugang erfassten Tätigkeiten oder Maßnahmen zum Schutz der Umwelt im Sinne des Art. 2 Nr. 3 und Nr. 4 UI-RL 2003, und zwar über die immissi- onsschutzrechtliche Genehmigungslage des beigeladenen Betriebes, über die gefer- tigten Mess-Berichte der Jahre von 2000 bis 2004 einschließlich der Mess-
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- 10 - Ergebnisse bezüglich des Krebs erzeugenden Bitumens und Lungen gängigen Staub-Anteiles von <SiO2>, sowie des Feinstaubes <PM10> und der Geräusch- Immissionen, über die Ergebnisse von durchgeführten Emissions- Minderungsmaß- nahmen bezüglich Bitumen, <SiO2> und <PM10> sowie über die Mess-Ergebnisse der Immissionswerte für <PM10> in unmittelbarer Umgebung des beigeladenen Be- triebes <im Lee der Hauptwindrichtung>. 8 Der Kläger verlangte schließlich auf der Grundlage des Art. 3 IV UI-RL 2003 zu Recht, dass er die ihm zustehenden, bei der Behörde auch vorhandenen Umwelt- In- formationen in der Form von Auskünften und Kopien erhält (vgl. dazu BVerwG, Urt. vom 25.3.1999 - 7 C 21/98 -, BVerwGE 108, 369 = DVBl 1999, 1134 = DÖV 1999, 778 = NVwZ 1999, 1220 = JuS 2000, 20 <UIG 2001>). 9 a) Das Landratsamt hatte dem Kläger bis zur Erledigung des Rechtsstreites in der Hauptsache die geforderten Kopien nicht übermittelt; was übrigens die geforderten Kopien der Mess-Berichte anbelangt, hat es ihm lediglich eine Zusammenstellung der Mess-Ergebnisse übermittelt. Es hatte ihm auch nicht mitgeteilt, dass es be- stimmte Informationen nicht erteilten konnte, weil es solche Informationen schon nicht gab. Im Übrigen war das Landratsamt der nicht zu billigenden Auffassung, dass der Anspruch allein deshalb nicht bestanden habe, weil die begehrten Informationen die Voraussetzungen für das Vorliegen eines Betriebsgeheimnisses erfüllten, die dem Kläger mangels Zustimmung durch die beigeladene Firma nicht zugänglich ge- macht werden dürften. Der Beklagte konnte sich in diesem Zusammenhang nicht auf Art. 4 II 1 Buchst. d UI-RL 2003 berufen. Denn Art. 4 II 1 Buchst. d UI-RL 2003 ent- hält keinen, den Zugang zu Umwelt-Informationen betreffenden Ablehnungsgrund, sondern bestimmt lediglich, dass die Mitgliedstaaten diese Regelung als Ableh- nungsgrund bestimmen können. Dies ist zwar durch das UIG 2004 geschehen (vgl. § 9 I Nr. 3 UIG 2004), das aber - wie schon einmal erwähnt - auf Landesbehörden
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