Information

Aktenzeichen
6 A 198/01
Gericht
Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht
Gesetz
Informationszugangsgesetz Schleswig-Holstein (IZG-SH)
Informationszugangsgesetz Schleswig-Holstein (IZG-SH)

Urteil: Schleswig-Holsteinisches Verwaltungsgericht

6 A 198/01

Der Petitionsausschuss des Landtages Schleswig-Holstein ist keine Behörde im Sinne des Informationsfreiheitsgesetzes. Der Landtag ist Verfassungsorgan, nicht Verwaltungsbehörde; gesetzgebende und rechtsprechende Gewalt sind aus dem Anwendungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes ausgenommen. Sie fallen lediglich darunter, soweit sie Verwaltungsaufgaben wie z.B. Haushalts- und Personalangelegenheiten wahrnehmen. Der Petitionsausschuss erfüllt jedoch Aufgaben des Landtags im Rahmen seiner Kontrollfunktion. (Quelle: LDA Brandenburg)

Anwendungsbereich/ Zuständigkeit Begriffsbestimmung

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[AR 02
Az.:6A 198/01
IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

In.der Verwaltungsrechtssache

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Klägers,
gegen
das Land Schleswig-Holstein, vertreten durch den Schleswig-Holsteinischen Landtag ,

vertr. d. d. Präsidenten des Landtags, Düsternbrooker Weg 70, 24105 Kiel,

Beklagter,

Streitgegenstand: Kormunalaufsichtsrecht
Prozeßkostenhilfe

hat das Schleswig-Holsteinische Verwaltungsgericht - EEE
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HE für Recht erkannt:

Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger
darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe der
erstattungsfähigen Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte
vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
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Tatbestand

 

Der Kläger begehrt mit seiner Klage die Gewährung auf Akteneinsicht in zwei
Petitionsvorgänge des Eingabenausschusses des Landtags.

Der Kläger reichte bei dem Beklagten (dem Landtag) zwei Petitionen ein, die vom
Eingabenausschuss des Landtages (unter dem Aktenzeichen 729-15-b und 662-15-b)
vollständig bearbeitet wurden.

Unter Bezugnahme auf das Informationsfreiheitsgesetz des Landes Schleswig-Hoistein
beantragte der Kläger sodann beim Eingabenausschuss Einsicht in die zu den
vorgenannten Petitionen angelegten Akten.

Dies lehnt der Eingabenausschuss mit Beschluss vom 25. September 2001 mit der
Begründung ab, dass Schleswig-Holsteinische Landtag zähle als Verfassungsorgan nicht
zu dem Kreis der Behörden im Land, gegen die nach diesem Gesetz ein Anspruch auf
Informationszugang geltend gemacht werden könne.

Am 04. Oktober 2001 hat der Kläger Klage erhoben.

Er trägt vor:

Er habe Anspruch auf Einsicht in die Akten des Eingabenausschusses. In der Funktion
des Eingabenausschusses handele der Landtag nicht im Rahmen seiner
Gesetzgebungstätigkeit. Die Ausnahmeregelung des $ 3 Abs. 3 Nr. 1
Informationsfreiheitsgesetz (!FG), wonach der Landtag im Rahmen seiner
Gesetzgebungstätigkeit nicht unter den Behördenbegriff des IFG falle, sei nicht gegeben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.
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Er meint, auch der Eingabenausschuss des Landtages falle nicht unter
Behördenbegriff des Informationsfreiheitsgesetzes.

Wegen des Sachvortrags der Parteien im Einzeinen wird auf die zwischen ihnen
gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Mit Beschluss der Kammer vom 05. Dezember 2001 ist der Rechtsstreit dem
Berichterstatter als Einzelrichter übertragen worden.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage zulässig. Durch die Verweigerung der
Akteneinsicht besteht die Möglichkeit der Verletzung eigener Rechte des Klägers nach
Art. 2 Abs. 1 GG.

Die Klage ist jedoch unbegründet. Dem Kläger steht der geltend gemachte
Akteneinsichtsanspruch nicht zu. Die Voraussetzung des.$ 4 IFG liegt nicht vor. Nach
dieser Vorschrift hat u. a. jede natürliche Person Anspruch auf Zugang zu den bei einer
Behörde vorhandenen Informationen. Der Eingabenausschuss des Landtages ist jedoch
nicht „Behörde“ im vorgenannten Sinne. Das folgt aus $ 3 IFG. Nach Abs. 1 dieser
Vorschrift gelten die Vorschriften über den Zugang zu Informationen u. a. für die
Behörden des Landes. Gem. $ 3 Abs. 2 des Landesverwaltungsgesetzes, auf den $ 3
Abs. 2 IFG verweist, ist Behörde jede organisatorisch selbständige Stelle, die öffentlich-
rechtliche Verwaltungstätigkeiten ausübt. Unter diesen Begriff fällt der Landtag nicht.
Dieser findet seine rechtliche Grundlage in der Landesverfassung Schleswig-Holstein. Der
Landtag ist das auf Landesebene vom Volk gewählte oberste Organ der politischen
Willensbildung, also Verfassungsorgan und nicht Verwaltungsbehörde. In $ 3 Abs. 3 Nr. 1
IFG ist dies auch klargesteilt. Nach Nr. 2 der Vorschrift sind ebenfalls keine Behörden iSd
IFG die Gerichte, Strafverfolgungs- und Strafvollstreckungsbehörden sowie
Disziplinarbehörden, soweit sie als Organe der Rechtspflege oder aufgrund besonderer
Rechisvorschriften in richterlicher Unabhängigkeit tätig werden. Damit ist der
Gewaltendreiteilung entsprechend die gesetzgebende und rechtsprechende Gewalt aus
dem Anwendungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes ausgenommen. Diese
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‚ewalten folgen nach deutscher Verfassungstradition eigenen Regelungen über die
Öffentlichkeit der bei ihnen anfallenden Informationen. Dies entspricht auch dem Zweck
des im Februar letzten Jahres in Kraft getretenen Informationsfreiheitsgssetzes. Danach
gilt es, die Arbeit der verwaltenden Behörden transparenter zu machen, um in der
Bevölkerung eine größere Akzeptanz zu finden (vgl. Nordmann, RDV 2001 S. 71 ff.). Dies
bedeutet zugleich, dass Organe der Legislative und der Judikatur dem
Informationsfreiheitsgesetz . unterfallen, soweit sie außerhalb ihrer Pflichten
Verwaltungsaufgaben wahrnehmen. Hierzu gehören etwa die Haushalts- und
Personalangeiegenheiten, sowie die Verwaltung des Sachbestandes (so folgend der
BGH-Entscheidung vom 06.11.1986, NJW 1987, 1198).

Dazu zählt die Arbeit des Eingabenausschusses des Landtages aber.nicht. Der Landtag
nimmt verschiedene Funktionen wahr. Der Kernbereich ist die Gesetzgebungsfunktion.
Der Landtag hat darüber hinaus Wahlfunktionen bei der Wahl des Ministerpräsidenten,
Öffentlichkeitsfunktion und Kontrollfunktion der vollziehenden Gewalt.

Der Eingabenausschuss erfüllt durch die Petitionsverfahren u. a. die Aufgabe des
Landtages im Rahmen seiner Kontrollfunktion. Diese Funktion des Landtages ist in Art. 10
Abs. 1 S. 3 der Landesverfassung ausdrücklich normiert.

Durch Petitionen erfährt der Landtag, wo die Bürger „der Schuh drückt“. Das in Art. 17 GG
gewährleistete Petitionsrecht spiegelt sich in Art. 19 der Landesverfassung wieder und
gestaltet es in unterschiedliche Richtungen aus. Der Landtag wird verpflichtet, u. a. zur
Behandlung von Bitten und Beschwerden einen Eingabenausschuss einzusetzen. Dabei
werden die Kontrollbefugnisse für bestimmte Fallgruppen eingegrenzt. Die Zuständigkeit
des Eingabenausschusses ist gegeben, wenn sich die Petition auf die Tätigkeit oder
Untätigkeit der Landesregierung, der Behörden des Landes und den Trägern der
öffentlichen Verwaltung bezieht, soweit diese Träger ohne ihre Behörden der Aufsicht des
Landes unterstehen.

Der Landtag ist soweit zwar nicht als Gesetzgeber tätig, aber gleichwohl ist die Arbeit des

 

Ausschusses ist keine verwaltende. Sie ist vielmehr parlamentarischer Natur, Der
Eingabenausschuss des Landtages zählt somit nicht zu den Behörden iSd
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informationsfreiheitsgesetzes. Die Ausnahmersgelungen bezüglich der Organe der
Legislative und Judikative in $ 3 Abs. 3 IFG haben lediglich klarstellende Bedeutung, denn
das Informationsfreiheitsgesetz soll nur Anwendung auf Organe der vollziehenden Gewalt
finden.

Die Kostenentscheidung folgt aus $ 154 Abs. 1 VwGO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus 8 167 Abs. 2 VwGO
iVm 88 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen dieses Urteil ist das Rechtsmittel der Berufung statthaft, wenn diese von dem
Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. Die Zulassung der Berufung ist innerhalb eines
Monats nach Zustellung dieses Urteils beim Schleswig-Holsteinischen
‚Verwaltungsgericht, Brockdorff-Rantzau-Straße 13, 24837 Schleswig, schriftlich oder zur
. Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle zu beantragen. Der Antrag muss
das angefochtene Urteil bezeichnen und die Gründe, aus denen die Berufung zuzulassen
ist, darlegen.

Jeder Beteiligte muss sich für diesen Antrag durch einen Rechtsanwalt oder Rechtslehrer
an einer deutschen Hochschule als Bevollmächtigten vertreten lassen. Juristische
Personen des öffentlichen Rechts und Behörden können sich auch durch Beamte oder
Angestellte mit Befähigung zum Richteramt sowie Diplomjuristen im höheren Dienst
vertreten lassen.
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