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Aktenzeichen
NRW OVG 5 A 413_11 2013 LPG
Datum
18. Dezember 2013
Gericht
Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
Gesetz
Pressegesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (Landespressegesetz NRW)
Pressegesetz für das Land Nordrhein-Westfalen (Landespressegesetz NRW)

Urteil: Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen am 18. Dezember 2013

NRW OVG 5 A 413_11 2013 LPG

Pressevertreter haben gegenüber der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben mit Amtssitz in Bonn Anspruch auf Auskunft in pressegeeigneter Form nach § 4 PresseG NRW. Der presserechtliche Auskunftsanspruch gehört grundsätzlich zur Gesetzgebungskompetenz der Länder für das Presserecht; er ist kein Annex zur jeweiligen Sachkompetenz. Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben muss gegenüber der Presse ermessensfehlerfrei Auskunft erteilen über den wesentlichen Inhalt eines Vertrags über die langjährige Vermietung von Flächen auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens Berlin Tempelhof an eine Modemesse.

Vermietung des ehemaligen Flughafens Tempelhof. Private Interessen fiskalische Interessen Bundesanstalt für Immobilienaufgaben

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3/10/2014                                           Oberverwaltungsgericht NRW, presserechtlicher Auskunftsanspruch Oberverwaltungsgericht NRW, 5 A 413/11 Datum:                          18.12.2013 Gericht:                        Oberverwaltungsgericht NRW Spruchkörper:                   5. Senat Entscheidungsart:               Urteil Aktenzeichen:                   5 A 413/11 Vorinstanz:                     Verwaltungsgericht Köln, 6 K 4165/09 Schlagworte:                    Presserecht Gesetzgebungskompetenz presserechtlicher Auskunftsanspruch Bundesbehörde Bundesanstalt für Immobilienaufgaben Bundesliegenschaftsverwaltung Mietvertrag Auskunft Öffentliches Informationsinteresse Geheimhaltungsinteresse Betriebs- und Geschäftsgeheimnis fiskalische Interessen Normen:                         GG Art. 5 Abs. 1; GG a. F. Art. 75 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2; PresseG NRW § 4 Leitsätze:                      1. Pressevertreter haben gegenüber der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben mit Amtssitz in Bonn Anspruch auf Auskunft in pressegeeigneter Form nach § 4 PresseG NRW. 2. Der presserechtliche Auskunftsanspruch gehört grundsätzlich zur Gesetzgebungskompetenz der Länder für das Presserecht; er ist kein Annex zur jeweiligen Sachkompetenz. 3. Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben muss gegenüber der Presse ermessensfehlerfrei Auskunft erteilen über den wesentlichen Inhalt eines Vertrags über die langjährige Vermietung von Flächen auf dem Gelände des ehemaligen Flughafens Berlin Tempelhof an eine Modemesse. Tenor:                          Die Beklagte wird unter teilweiser Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts Köln vom 27. Januar 2011 – 6 K 4165/09 – verurteilt, dem Kläger Auskunft über die Passagen des Mietvertrags vom 27. Januar 2009 zwischen der Beklagten und den Beigeladenen zu erteilen, die ausweislich der Sperrerklärung der Senatsverwaltung für Finanzen des Beigeladenen zu 2. vom 9. November 2011 im Verfahren 2 K 125/09 (VG Berlin) weiterhin geheim gehalten werden. Der Kläger trägt die Hälfte der Kosten des Verfahrens erster Instanz einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1. und 2. sowie der Gerichtskosten des zweitinstanzlichen Verfahrens. Die Beklagte, die Beigeladene zu 1. und der Beigeladene zu 2. tragen jeweils ein Sechstel der Kosten des Verfahrens erster Instanz sowie der Gerichtskosten des zweitinstanzlichen Verfahrens. Ihre außergerichtlichen Kosten tragen die Beteiligten für das zweitinstanzliche Verfahren jeweils selbst. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet. Die Revision wird zugelassen. Tatbestand:                                                                                                             1 Der Kläger, der Auskunftsansprüche geltend macht, ist Chefreporter bei der Redaktion der C.-Zeitung in                  2 http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2013/5_A_413_11_Urteil_20131218.html                                            1/22
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3/10/2014                                           Oberverwaltungsgericht NRW, presserechtlicher Auskunftsanspruch Berlin. Zunächst waren die Beklagte und der Beigeladene zu 2. – im Folgenden: das beigeladene Land – jeweils            3 Eigentümer von Teilen des ehemaligen Berliner Flughafens Tempelhof. Auf der Grundlage eines Kaufvertrags über die Grundstücksfläche zwischen der Beklagten und dem beigeladenen Land trägt dieses seit dem 1. September 2009 ausschließlich Nutzungen und Lasten des gesamten ehemaligen Flughafengeländes. Im Anschluss an die Schließung des Flughafens zum 31. Oktober 2008 schrieb die Berliner Senatsverwaltung für Stadtentwicklung einen Ideenwettbewerb über die Nachnutzung der Liegenschaft aus. Nach ersten Kontakten des Regierenden Bürgermeisters auf politischer Ebene schlossen beide Eigentümer der Flughafenflächen, vertreten durch die Berliner Immobilienmanagement Gesellschaft mbH (BIM), am 27. Januar 2009 mit der Beigeladenen zu 1. einen privatrechtlichen Mietvertrag. Danach wurden der Mieterin wesentliche Teile des ehemaligen Flughafengeländes zunächst für die Dauer von zehn Jahren mit einer ebenso langen Verlängerungsoption zur Durchführung von zwei etwa vierwöchigen Modemessen pro Jahr jeweils im Januar/Februar und Juni/Juli zur Verfügung gestellt (vgl. Abgeordnetenhaus Berlin, Antwort auf eine kleine Anfrage, Drs. 16/13042). Die Beigeladene zu 1. verpflichtete sich in dem Vertrag, seinen Inhalt vertraulich zu behandeln. Gemäß einem Bericht der Berliner Morgenpost vom 2. Februar 2009 kritisierten Vertreter der                      4 Oppositionsparteien im Berliner Abgeordnetenhaus die Vermietung, weil die parlamentarischen Gremien und die Teilnehmer am Interessenbekundungsverfahren übergangen worden seien. Ein Filmunternehmen sei zu einer ganzjährigen Nachnutzung bereit gewesen und habe angeboten, in die Umgestaltung der Gebäude zu investieren. Am 2. März 2009 berichtete Spiegel-Online, das Flughafengelände belaste den Etat des beigeladenen Landes jährlich mit etwa 14 Mio. Euro, während die Beigeladene zu 1. jährlich nur 1,65 Mio. Euro zahle. Zudem habe sich die BIM zu erheblichen Vorleistungen verpflichtet, deren Kosten wohl über den veranschlagten 5 Mio. Euro liegen würden. Demgegenüber habe das Filmunternehmen für eine ganzjährige Nutzung 14 Mio. Euro Jahresmiete und die Sanierung des Hangars angeboten. Die Verlegerin der C.-Zeitung beanspruchte seit Anfang Februar 2009 zunächst erfolglos gegenüber dem            5 beigeladenen Land Einsicht in den Mietvertrag mit der Beigeladenen zu 1. und verfolgt dieses Begehren vor dem Verwaltungsgericht Berlin (2 K 125.09) weiter. Mit Auskunftsersuchen vom 15. Mai 2009 begehrte der Kläger von der Beklagten Auskunft darüber, nach             6 welchen Ausschreibungskriterien die Beigeladene zu 1. den Zuschlag für den Mietvertrag über Teile des ehemaligen Flughafens Berlin-Tempelhof erhalten habe, wie hoch der Mietzins oder jede andere an den Vermieter jährlich zu erbringende geldwerte Leistung sei, wie der wörtliche Inhalt des Mietvertrags laute, soweit keine persönlichen Daten Dritter betroffen seien, wieviele Bewerber es für den Mietvertrag gegeben habe und ob vor Abschluss des Mietvertrages eine Wirtschaftlichkeitsberechnung angestellt worden sei, bejahendenfalls, mit welchem Ergebnis. Unter dem 22. Mai 2009 antwortete die Beklagte, der Mietvertrag mit der Beigeladenen zu 1. unterliege           7 nicht den Beschränkungen eines förmlichen Vergabeverfahrens, eine Ausschreibung sei nicht erforderlich gewesen. Sie mache grundsätzlich gegenüber Außenstehenden keine Angaben zum Inhalt von Miet- und Kaufverträgen. Ihre zivilrechtlichen Vertragspartner müssten sich darauf verlassen können, dass nach der Verkehrsanschauung vertraulich zu behandelnde vertragliche Unterlagen nicht an Dritte – auch nicht an die Presse – herausgegeben würden. Der Inhalt gewerblicher Mietverträge werde im Wirtschaftsverkehr stets vertraulich behandelt, zumal dann, wenn ein Vertragspartner dies verlange. Die Beigeladene zu 1. habe sich insoweit auf den Schutz ihrer Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse berufen. Verschiedene Interessenten hätten sich für die Nachnutzung des ehemaligen Flughafengeländes Tempelhof gemeldet, ohne dass es zu vertraglichen Bindungen gekommen sei. Die BIM habe eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung durchgeführt, bei der die Vermietung an die Beigeladene zu 1. positiv eingeschätzt worden sei. Mit seiner Klage hat der Kläger weiterhin Auskunft über die Höhe des Mietzinses und die sonstigen               8 vereinbarten geldwerten Leistungen an den Vermieter, über die Zahl der Mietbewerber sowie über den wörtlichen Inhalt des Mietvertrags verlangt. Zur Begründung hat er ausgeführt: Seinen Anspruch stütze er auf § 4 PresseG NRW, Art. 5 Art. 1 Satz 1 und Abs. 2 GG sowie § 1 Abs. 1 Satz 1 Informationsfreiheitsgesetz des Bundes – IFG –. Der Auskunftserteilung stünden weder Vorschiften über die Geheimhaltung entgegen noch werde durch sie ein überwiegendes öffentliches oder privates Interesse verletzt. Die Wahrung des Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses trete angesichts der besonderen Bedeutung des Mietobjekts hinter dem öffentlichen Informationsinteresse zurück. Wesentliche Vertragsdetails seien bereits durch das beigeladene Land veröffentlicht worden, ein weiter gehendes http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2013/5_A_413_11_Urteil_20131218.html                                    2/22
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3/10/2014                                           Oberverwaltungsgericht NRW, presserechtlicher Auskunftsanspruch berechtigtes Geheimhaltungsinteresse bezogen auf künftige Vertragsverhandlungen sei nicht ersichtlich. Nach teilweiser Klagerücknahme hat der Kläger beantragt,                                                         9 die Beklagte zu verurteilen, Auskunft darüber zu gewähren,                                                      10 11 1 wie hoch der Mietzins oder jede andere geldwerte Leistung ist, den die "C1. & C2." jährlich an den    12 Vermieter erbringen oder zahlen muss, 2 wie der wörtliche Inhalt des Mietvertrages lautet, soweit nicht persönliche Daten Dritter von dieser  13 Frage betroffen sind.                                                                                   14 Die Beklagte sowie die Beigeladenen haben beantragt,                                                            15 die Klage abzuweisen.                                                                                           16 Sie sind der Klage unter verschiedenen rechtlichen Gesichtspunkten entgegen getreten. Im Wesentlichen           17 haben sie geltend gemacht: Der Inhalt des Mietvertrags mit der Beigeladenen zu 1. sei vertraulich und müsse sowohl im privaten Interesse der Beigeladenen zu 1. als auch im fiskalischen Interesse der Beklagten und des beigeladenen Landes geheim gehalten werden. Soweit ein Informationsinteresse anzuerkennen sei, sei dies durch bereits bekannte Inhalte hinreichend befriedigt. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Es hat angenommen, dass der dem Kläger nach § 4                18 Abs. 1 PresseG NRW grundsätzlich zustehende Auskunftsanspruch ausgeschlossen sei, weil sonst ein überwiegendes öffentliches Interesse und ein schutzwürdiges privates Interesse verletzt würden. Bei Veröffentlichung der begehrten Informationen könne die Beklagte ihrer Aufgabe der Immobilienverwaltung nicht mehr nachkommen. Dadurch käme es zu einer Beeinträchtigung ihrer Funktionsfähigkeit sowie schutzwürdiger fiskalischer Interessen des Bundes. Eine der Beklagten obliegende Verwaltung des Liegenschaftsvermögens des Bundes nach kaufmännischen Grundsätzen und die wirtschaftliche Veräußerung nicht betriebsnotwendigen Vermögens wären infolge einer Schwächung ihrer Wettbewerbsposition ausgeschlossen, wenn über Vertragsverhandlungen und geschlossene Verträge Auskunft erteilt werden müsste. Die Wertung in § 3 Nr. 6 IFG, wonach die fiskalischen Interessen des Bundes gegenüber dem Informationsanspruch überwiegende öffentliche Interessen darstellten, sei ungeachtet der stärkeren Stellung der Presse auf den presserechtlichen Auskunftsanspruch übertragbar. Weiterhin würde die Veröffentlichung des Mietvertrags das Recht der Beigeladenen zu 1. auf Schutz ihrer Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse verletzen. Eine Aufspaltung in schützenswerte und nicht schützenswerte Vertragsbestandteile sei nicht möglich. Das Geheimhaltungsinteresse der Beigeladenen zu 1. sei auch angesichts des gegenläufigen Informationsinteresses an der Vermietung des historisch bedeutenden Flughafens Tempelhof schutzwürdig, weil die begehrten Informationen – bis hin zu einer nicht auszuschließenden Existenzgefährdung – wettbewerblich relevant seien. Ein Informationsanspruch nach § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG sei nach § 6 Satz 2 IFG und § 3 Nr. 6 IFG                   19 ausgeschlossen, weil die Beigeladene zu 1. dem Zugang zu ihren Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen nicht zugestimmt habe und fiskalische Interessen des Bundes entgegenstünden. Ein Anspruch ergebe sich schließlich nicht unmittelbar aus Art. 5 Abs. 1 Satz 1, 2 GG, weil sich daraus kein Recht auf Eröffnung nicht allgemein zugänglicher Quellen entnehmen lasse. Nachdem das beigeladene Land im verwaltungsgerichtlichen Verfahren der Verlegerin der C.-Zeitung vor            20 dem VG Berlin (2 K 125.09) Sperrerklärungen abgegeben und schließlich in Form einer teilweise geschwärzten Fassung des Mietvertrags wesentliche Vertragsinhalte offen gelegt hatte, hat der erkennende Senat die Berufung hinsichtlich der weiterhin geheim gehaltenen Passagen des Mietvertrags zugelassen. Im Übrigen hat er den Antrag auf Zulassung der Berufung zurückgewiesen. Hinsichtlich des Umfangs der offen gelegten Vertragspassagen wird gemäß § 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO auf Bl. 326 ff. der Gerichtsakte Bezug genommen. Im Berufungsverfahren geht es dem Kläger nach Klarstellung in der mündlichen Verhandlung vor dem                21 Senat nur um eine schriftliche Auskunftserteilung über wesentliche Vertragsinhalte, soweit sie ihm noch unbekannt sind, nicht aber um eine Einsicht in den Mietvertrag. Zur Begründung führt er aus: An der Kenntnis der ihm noch unbekannten Mietvertragspassagen bestehe ein überragendes Interesse der Öffentlichkeit. Der Vertrag betreffe ein einzigartiges Denkmal, welches nicht im Wettbewerb mit anderen http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2013/5_A_413_11_Urteil_20131218.html                                     3/22
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3/10/2014                                           Oberverwaltungsgericht NRW, presserechtlicher Auskunftsanspruch Mietobjekten stehe. Der Flughafen Tempelhof sei der erste deutsche moderne Flughafen gewesen. Er habe eine einzigartige Architektur, erinnere wie kaum eine andere Immobilie an den Höhenflug und Absturz Deutschlands, habe den westlichen Teil Berlins in Zeiten der Luftbrücke am Leben gehalten und sei Gegenstand eines Volksbegehrens gewesen. Gleichwohl sei er vom Regierenden Bürgermeister des beigeladenen Landes geschlossen und in einer Weise vermietet worden, dass eine Nachnutzung nur schwer möglich sei. Es bestehe ein erheblicher Verdacht der Schädigung öffentlicher Interessen. Ein                                 22 Interessenbekundungsverfahren sei zwar begonnen, aber durch den Vertragsschluss zum Freundschaftspreis unterbrochen worden. Ein Bewertungsgutachten sei nicht erstellt, der Mietzins nicht gutachtlich ermittelt worden. Entgegen § 1 Abs. 5 des Gesetzes über die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben – BImA – sei nicht die wirtschaftlichste Verwertung gewählt worden. Durch die langfristige Vermietung jeweils nur für wenige Wochen im Jahr sei die größte Immobilie Berlins für alle anderen Interessenten gesperrt worden, die Interesse an ganzjähriger Anmietung gehabt hätten. In einem derartigen Fall bestehe ein grundrechtlich und europarechtlich geschütztes Interesse der Presse, die Gründe recherchieren und die Öffentlichkeit hierüber unterrichten zu können. Demgegenüber gebe es kein überwiegendes Geheimhaltungsinteresse. Entgegen ihrem Vorbringen                      23 mache die Beklagte grundsätzlich Angaben über Miet- und Kaufvertragsmuster, weil diese durch umfänglichen Gebrauch bekannt seien. Auch die Kerndaten würden in der politischen Auseinandersetzung immer wieder thematisiert. Es fehle an einem schützenswerten Betriebs- und Geschäftsgeheimnis, weil an der Geheimhaltung kein berechtigtes Interesse bestehe. Die Offenlegung insbesondere des Mietzinses sei im Wettbewerb nicht relevant, weil es keine vergleichbare Immobilie gebe und der Mietvertrag langfristig abgeschlossen worden sei. Das öffentliche Informationsinteresse sei besonders gewichtig, weil die Erfüllung einer öffentlichen Aufgabe in Rede stehe und dabei öffentliche Gelder in nicht unerheblichem Umfang zum Einsatz gebracht worden seien. Es gehe um die größte zur Verfügung stehende Immobilie Europas, deren Schließung als Flughafen die Verkehrsinfrastruktur in Berlin gefährdet habe. In Tempelhof sei mutwillig eine Infrastruktur im Wert mehrerer Milliarden Euro zerstört worden, und für einen anderen bis heute nicht funktionsfähigen Flughafen würden weitere Milliarden an Steuergeldern eingesetzt. Die grundrechtlich gewährleistete Pressefreiheit müsse in ein angemessenes Verhältnis zum ebenfalls             24 grundrechtlich geschützten Betriebsgeheimnis gebracht werden. Um ein überwiegendes öffentliches Interesse anzunehmen, genüge nicht die bloße Behauptung, fiskalische Interessen des Bundes im Wirtschaftsverkehr seien beeinträchtigt. Insofern dürfe auch keine Parallele zu § 3 Nr. 6 IFG gezogen werden. Dies trage der Pressefreiheit nicht angemessen Rechnung. Würde der Einwand bestehender Betriebsgeheimnisse oder fiskalischer Interessen der öffentlichen Hand immer zu einem vollständigen Ausschluss des Auskunftsanspruchs führen, wäre ausgerechnet ein durch Korruption und Ineffizienz besonders gefährdeter Bereich der Verwaltung völlig der grundrechtlich gewährleisteten Kontrollfunktion der Presse entzogen. Gerade bei gravierenden Anhaltspunkten für rechtswidriges oder gar strafbares Verhalten könne die Behauptung des Vorliegens fiskalischer Interessen allein nicht genügen. Der Kläger beantragt,                                                                                           25 unter teilweiser Aufhebung des Urteils des Verwaltungsgerichts Köln vom 27. Januar 2011 – 6 K 4165/09 –         26 die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger Auskunft über die Passagen des Mietvertrags vom 27. Januar 2009 zwischen der Beklagten und den Beigeladenen zu erteilen, die ausweislich der Sperrerklärung der Senatsverwaltung für Finanzen des Beigeladenen zu 2. vom 9. November 2011 im Verfahren 2 K 125/09 (VG Berlin) weiterhin geheim gehalten werden. Die Beklagte sowie die Beigeladenen beantragen,                                                                 27 die Berufung zurückzuweisen.                                                                                    28 Die Beklagte führt aus: Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei sie als                       29 bundesunmittelbare Anstalt des öffentlichen Rechts dem presserechtliche Auskunftsanspruch gemäß den landesgesetzlichen Pressegesetzen nicht unterworfen. Nach einem verfassungsunmittelbaren Auskunftsanspruch auf dem Niveau eines Minimalstandards stünden dem Kläger die begehrten Auskünfte ebenfalls nicht zu. Auch aus Art. 10 EMRK ergebe sich keine Auskunftspflicht. Für den Fall, dass der landesgesetzliche presserechtliche Auskunftsanspruch doch einschlägig sein sollte,       30 beanspruche sie zwar keine Bereichsausnahme für die privatrechtlich organisierte Immobilienverwaltung des Bundes. Allerdings dürften die fiskalischen und wettbewerblichen Interessen der Beklagten und des http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2013/5_A_413_11_Urteil_20131218.html                                     4/22
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3/10/2014                                           Oberverwaltungsgericht NRW, presserechtlicher Auskunftsanspruch Bundes nicht pauschal gegenüber konkurrierenden Informationsinteressen als nachrangig bewertet werden. Nachdem die Bundesimmobilien auf die Beklagte übertragen worden seien, solle sie auf dem Immobilienmarkt nach den gleichen Gesetzmäßigkeiten agieren können wie ihre privaten Konkurrenten. Mit dem öffentlichen Interesse an einem effizienten und wirtschaftlichen Management der ehemaligen Bundesliegenschaften gehe das fiskalische Interesse der öffentlichen Hand einher. Insofern bedürfe es einer Abwägung der gegenläufigen Interessen im Einzelfall. Ungeachtet des außergewöhnlichen Mietobjekts lasse sich eine Folgenutzung im Anschluss an die Stilllegung des innerstädtischen Flughafens nicht ohne Weiteres realisieren. Erst recht lasse sich der Mietzins nicht unter Hinweis auf andere Interessenten in die Höhe treiben. Nachdem die Beigeladene zu 1. als sogenannte "Ankermieterin" die erste Folgenutzung aufgenommen habe, sei die reibungslose Vertragsdurchführung besonders bedeutsam, um weitere Mietinteressenten von der Attraktivität des Objekts und des Vermieters zu überzeugen. Hierzu seien die Wahrung der verkehrsüblichen Vertraulichkeit und der Schutz eigener sowie fremder Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse erforderlich. Ein fehlendes Vergabeverfahren könne kein besonderes Offenlegungsinteresse begründen, weil es eines             31 solchen Verfahrens nicht bedurft habe. Ebenso wenig könne daraus ein Indiz für eine unwirtschaftliche Vertragsgestaltung abgeleitet werden. Vielmehr sei eine Wirtschaftlichkeitsbetrachtung durchgeführt worden, in der verschiedene Nutzungsvarianten vergleichend dargestellt worden seien. Die dabei zu Grunde gelegte Erwartung, die Nutzung durch die Beigeladene zu 1. als Ankermieterin werde weitere Mieter nach sich ziehen, habe sich für die Beklagte als plausibel und angemessen dargestellt. Die Vermietung vor Abschluss des Interessenbekundungsverfahrens für die Nachnutzung des Flughafens begründe gleichfalls keine Zweifel an der Wirtschaftlichkeit des Vertragsschlusses. Auf die Möglichkeit, jederzeit Vermietungen durchführen zu können, seien alle Teilnehmer des Ideenwettbewerbs vorab hingewiesen worden. Es bestehe auch kein unauflösbarer Widerspruch zwischen der Vermietung an die Beigeladene zu 1. und den aus dem Ideenwettbewerb hervorgehenden Nutzungen. Die Vermietung sei nicht ohne die Prüfung alternativer Optionen an den "erstbesten" Interessenten erfolgt. Andere Interessenten hätten kein vorteilhafteres Zwischen- oder Nachnutzungskonzept vorgelegt, so dass keine weiteren Mietvertragsangebote unterbreitet worden seien. Der Abschluss des Mietvertrags mit der Beigeladenen zu 1. zur Veranstaltung einer Modemesse habe sich           32 in das Gesamtkonzept eingefügt, das Areal des ehemaligen Flughafens für – insbesondere wiederkehrende – Großveranstaltungen unterschiedlicher Art zu vermieten. Damit liege die Symbolwirkung der erfolgreichen Durchführung einer Modemesse durch die Beigeladene zu 1. als Ankermieterin auf der Hand. Dies stehe der Annahme entgegen, der Vertragsschluss beruhe auf einem persönlichen Entgegenkommen des Regierenden Bürgermeisters von Berlin. Ungeachtet der häufig bestehenden Notwendigkeit, die Vertraulichkeit von Kauf- und Mietverträgen zu             33 wahren, prüfe die Beklagte jeweils im Einzelfall, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang Auskünfte erteilt werden könnten. Im konkreten Fall überwiege das Bedürfnis nach Vertraulichkeit das Offenlegungsinteresse. Die in Rede stehenden Inhalte des Mietvertrags stellten Betriebsgeheimnisse der Beigeladenen dar. Insbesondere für die wirtschaftlichen Handlungsmöglichkeiten der Beigeladenen zu 1. sowie die Vermietungsmöglichkeiten des beigeladenen Landes seien sie von wesentlicher Bedeutung. Durch eine Pflicht zur Offenlegung würden die Geschäftsbeziehungen der Beklagten zu privaten Akteuren in vielfacher Hinsicht über das auf dem Immobilienmarkt übliche Maß hinaus belastet, nicht zuletzt durch das Risiko potentieller Kunden, private Vertraulichkeitsinteressen im Prozess verteidigen zu müssen. Unter kaufmännischen Gesichtspunkten sei nicht allein maßgeblich, ob ein Gericht eine Information als Geschäftsgeheimnis anerkenne. Entscheidend sei vielmehr die Sensibilität der Marktteilnehmer. Eine Wettbewerbsbeeinträchtigung könne sich – über den Einzelfall hinaus – bereits daraus ergeben, dass zahlreiche potentielle Interessenten keine Vertragsangebote abgäben, sofern sie mit einer Veröffentlichung sensibler Daten rechnen müssten. Deshalb müsse aus kaufmännischer Sicht der Vertraulichkeitsschutz über den Abschluss des Vertrags und der konkreten Mietdauer hinaus bestehen. Dies gelte auch mit Blick auf weiter anzustrebende Mietverträge mit anderen Interessenten sowie etwaige ausstehende Verhandlungen um eine Verlängerung des Mietvertrags. Die Beklagte müsse sich insoweit jeweils dem Wettbewerb mit anderen Vermietern von Veranstaltungsörtlichkeiten stellen. Die Beigeladene zu 1. begehrt, das Verfahren auszusetzen, um den Ausgang des Parallelverfahrens vor             34 dem VG Berlin abzuwarten. Sie meint, andernfalls bliebe dem Zufall überlassen, welches Gericht den Streit entscheide. Hierdurch würde ihr der gesetzliche Richter entzogen und nicht ausreichend Gehör gewährt. In der Sache trägt sie vor: Durch die vom Kläger begehrte Offenlegung der noch umstrittenen Passagen            35 des Mietvertrags werde sie besonders stark betroffen. Sie fürchte um ihre Wettbewerbsfähigkeit und http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2013/5_A_413_11_Urteil_20131218.html                                     5/22
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3/10/2014                                           Oberverwaltungsgericht NRW, presserechtlicher Auskunftsanspruch letztlich um ihre wirtschaftliche Existenz. Insbesondere die Vereinbarungen über den Mietzins und die Kündigungsmöglichkeiten bildeten den Kern der Vertragsverhandlungen ab und stellten im Wettbewerb mit anderen Konkurrenten ihr wirtschaftliches Kapital dar. Aus dem Mietpreis könne auf ihre Preiskalkulation geschlossen werden, weil dieser als einziger noch der Geheimhaltung unterliege. Ausgaben und Einnahmen müsse sie nach § 325 HGB im Jahresabschluss angeben. Der Mietzins stelle im Übrigen ihren zentralen Kostenfaktor dar. In Verbindung mit der Information über veranschlagte Messegebühren für Stände und Aussteller ließen sich eindeutige, wettbewerbsschädigende Rückschlüsse auf Quadratmeterpreise und ihre wirtschaftliche Kalkulation ziehen. Diese Informationen könnten Mieter von Ausstellungsflächen in Vertragsverhandlungen mit ihr einbringen. Sie könne ihr Geschäftsgeheimnis nicht darlegen, ohne es dadurch zugleich preiszugeben. Ein öffentliches Interesse an der Offenlegung bestehe bereits wegen des Zeitablaufs seit dem                    36 Vertragsschluss nicht mehr. Die Vermietung habe sich mittlerweile als richtig erwiesen. Die Modemesse werde nunmehr seit mehreren Jahren mit großem, auch medial vermitteltem Erfolg durchgeführt. Davon profitiere der Berliner Handel über die Etablierung der Stadt als Modestandort hinaus erheblich. Die Beigeladene zu 1. sei als Veranstalterin der wohl führenden internationalen Veranstaltung im Modesegment „T. & V. X.“ einem ständigen und harten Wettbewerb ausgesetzt. Auf dem Flughafen Schönefeld habe 2013 erstmals die Panorama Berlin im direkten Wettbewerb zur Beigeladenen zu 1. stattgefunden. Schützenswerter Bestandteil ihres wirtschaftlich-strategischen Konzepts sei auch die Dauer ihrer Festlegung auf den Flughafen Tempelhof. Die Branche sei schnelllebig und am jeweiligen Zeitgeist orientiert, weshalb die Beigeladene zu 1. gegenüber Wettbewerbern und Kunden den Anschein bewahren müsse, spontan und anpassungsfähig zu sein, um auf neue Trends reagieren zu können. Es liege in ihrer grundrechtlich geschützten unternehmerischen Freiheit, ein solches Überraschungsmoment für sich nutzen zu können. Wettbewerber könnten durch die Kenntnis vertraglicher Bindungen der Beigeladenen zu 1. zu einem Markteintritt animiert oder davon abgehalten werden. Gegenüber ihrem Geheimhaltungsinteresse ergebe sich auch kein überwiegendes Offenlegungsinteresse aus dem Verdacht unwirtschaftlichen oder gar rechtswidrigen Handelns der öffentlichen Hand. Dieser Verdacht habe sich nicht bestätigt. Die Vergabekammer des Bundeskartellamts habe entschieden, dass die Vermietung nicht ausschreibungsbedürftig gewesen sei. Auch habe der Vertrag im Berliner Abgeordnetenhaus von der Opposition eingesehen werden können, ohne dass die zuvor erhobenen Vorwürfe anschließend erneuert worden seien. Das beigeladene Land führt aus: Bereits das Rechtsschutzinteresse des Klägers sei fraglich. Die noch im         37 Streit stehenden Vertragsdetails stünden nicht mit den vom Kläger geltend gemachten grundlegenden Informationsinteressen an der Nachnutzung einer bedeutenden Berliner Immobilie in Zusammenhang. Es bestehe auch kein entsprechendes zeitgeschichtliches Interesse. Nach seiner Entwidmung diene der Flughafen nicht einmal mehr einer öffentlichen Aufgabe; der finanzielle Umfang der in Rede stehenden zeitlich begrenzten Vermietung sei im Verhältnis zum Haushaltsvolumen des beigeladenen Landes gering. Soweit der Kläger die Gründe für den Vertragsschluss recherchieren wolle, ergäben sich diese nicht aus dem Mietvertrag. Der Verdacht unwirtschaftlichen Verhaltens greife wegen der im Vorfeld angestellten Wirtschaftlichkeitsberechnung nicht durch. Grundsätzlich lägen die Voraussetzungen des Auskunftsanspruchs zwar vor. Der Anspruch sei aber im Einzelfall wegen überwiegender Geheimhaltungsinteressen ausgeschlossen. Das beigeladene Land sorge sich bei einer Veröffentlichung sämtlicher sensibler Vertragsdetails um seine Wettbewerbsposition am Immobilienmarkt im Verhältnis zu privaten Anbietern, die keinem Auskunftsanspruch ausgesetzt seien. Die von ihr erwartete Vertraulichkeit müsse sie schon deshalb wahren, weil sie Mietflächen der – durchaus einzigartigen – Immobilie zu den übrigen Zeiten im Jahr an weitere Nutzer vermieten wolle. Potentielle Mietinteressenten sollten bei individuellen Vertragsverhandlungen weder ihre Angebote an den bestehenden Vertragsdetails ausrichten und dadurch in eine bessere Verhandlungsposition geraten noch durch bestimmte Vertragsgestaltungen abgeschreckt werden. Vor allem bei Bekanntwerden des Mietzinses, der Mietsicherheit, von Regelungen zur Mietminderung, über die Abweichung von Allgemeinen Mietbedingungen und über Vergütungspflichten hinsichtlich der Zustimmung für Bild- und Tonaufnahmen sorge sie sich um eine Beeinträchtigung ihrer Verhandlungsposition gegenüber weiteren Mietinteressenten, die entsprechende Zugeständnisse für sich fordern könnten. Eine allgemeine Ausschreibung komme wegen der Besonderheiten des Mietobjekts nicht in Betracht. Die Regelungen über die Baumaßnahmen des Vermieters und die Kostentragung hierfür ließen erkennen, zu welchen Zugeständnissen sich das beigeladene Land bereit erklärt habe. Hieraus sowie aus der Höhe des Mietzinses könnten auch Rückschlüsse auf die Kalkulation und die Planungen der Mieterin gezogen werden. Aus den Regelungen über Baumaßnahmen der Beigeladenen zu 1. könnten Rückschlüsse auf die Lasten- und Risikoverteilung, insbesondere auch die dem Betriebsgeheimnis der Mieterin unterliegende Kalkulation und wirtschaftliche Bindung gezogen werden. Bestimmungen über Verlängerungsmöglichkeiten, das Sonderkündigungsrecht und Mietoptionen ließen auf die Dauer des http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2013/5_A_413_11_Urteil_20131218.html                                     6/22
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3/10/2014                                           Oberverwaltungsgericht NRW, presserechtlicher Auskunftsanspruch Engagements, die Flexibilität, die wirtschaftliche Bindung und die Dispositionsfreiheit der Parteien schließen. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen wird            38 auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge (ein Hefter) und Verfahrensakten (6 L 918/09, VG Köln) Bezug genommen. Entscheidungsgründe:                                                                                            39 Der Senat hat das Rubrum auf den zutreffenden Einwand der Beklagten geändert. Richtige Beklagte ist die         40 gemäß § 61 Nr. 1 VwGO beteiligtenfähige Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, die als rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts die ihr vom Bund übertragenen liegenschaftsbezogenen und sonstigen Aufgaben eigenverantwortlich wahrnimmt (§ 1 Abs. 1 Sätze 1 und 2 des Gesetzes über die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben – BImA – in der Fassung des Gesetzes vom 5. Februar 2009, BGBl. I S. 160). Hinsichtlich der Beigeladenen zu 1. wird ihre gesellschaftsrechtliche Umwandlung zum 1. November 2010 im Rubrum nachvollzogen. Die von der Beigeladenen zu 1. beantragte Aussetzung des Verfahrens nach § 94 VwGO kommt nicht in               41 Betracht. Die Entscheidung des Rechtsstreits hängt nicht vom Ausgang des bei dem VG Berlin anhängigen Verfahrens 2 K 125/09 ab. Die Frage, ob der Kläger gegenüber der Beklagten Auskunft verlangen kann, ist rechtlich unabhängig davon zu beurteilen, ob auf der Grundlage des in Nordrhein- Westfalen nicht anwendbaren Berliner Landesrechts gleichartige oder weitergehende Auskunftsansprüche der B. T1.- AG gegenüber dem beigeladenen Land bestehen, die in jenem Verfahren streitgegenständlich sind. Die Berufung hat Erfolg. Soweit über die Klage noch zu entscheiden ist, ist sie begründet. Die Beklagte hat     42 dem Kläger ermessensfehlerfrei Auskunft über den wesentlichen Inhalt der Passagen des Mietvertrags vom 27. Januar 2009 zwischen der Beklagten und den Beigeladenen zu erteilen, die ausweislich der Sperrerklärung der Senatsverwaltung für Finanzen des beigeladenen Landes vom 9. November 2011 im Verfahren 2 K 125/09 (VG Berlin) weiterhin geheim gehalten werden. Dem Kläger steht ein entsprechender Auskunftsanspruch gegen die Beklagte aus § 4 Abs. 1 PresseG                 43 NRW zu. Danach hat die Beklagte amtlich bekannte Tatsachen von öffentlichem Interesse in pressegeeigneter Form mitzuteilen, weil die Information der als "öffentliche Aufgabe" angesehenen Presseberichterstattung zu dienen hat (vgl. z. B. §§ 3 und 4 Abs. 1 PresseG NRW). Die Art und Weise der Auskunftserteilung liegt im Ermessen der Behörde. Vgl. OVG NRW, Urteil vom 13. März 2013 – 5 A 1293/11 –, NWVBl. 2013, 336 = juris, Rn. 45 ff. m. w. N.;          44 BVerwG, Beschluss vom 25. März 1966 – 1 B 18.65 –, DVBl. 1966, 575, 576. Dementsprechend hat der Kläger in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat klargestellt, dass er nicht          45 mehr die Mitteilung des genauen Wortlauts der noch nicht offen gelegten Passagen des Mietvertrags mit der Beigeladenen zu 1. verlangt. Danach ist das Begehren sinngemäß darauf gerichtet, dass die Beklagte unter Berücksichtigung des vom Kläger dargelegten Berichterstattungsinteresses ermessensfehlerfrei über den wesentlichen Inhalt der ihm noch unbekannten Passagen in pressegeeigneter Form Auskunft erteilt. Die Auskunft muss vollständig und richtig sein. Dem ist regelmäßig genügt, wenn die wesentlichen Fakten mitgeteilt werden. Vgl. OVG NRW, Urteil vom 13. März 2013 – 5 A 1293/11 –, NWVBl. 2013, 336 = juris, Rn. 45 ff.; Burkhardt,        46 in: Löffler, a. a. O., § 4 Rn. 82 f., m. w. N. aus der Rechtsprechung. Hierzu zählen jedenfalls der Mietzins sowie sonstige Leistungspflichten der Vermieter und der Mieterin.         47 Darüber hinaus erstreckt sich die Auskunftspflicht auf die Vertragsdauer und etwaige Sonderkündigungsrechte (dazu unten 1.). Der Anspruch ergibt sich jedoch weder aus dem Informationsfreiheitsgesetz – IFG – (dazu unten 2.) noch aus dem Grundrecht der Presse- und Informationsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 und Satz 2 GG oder aus Art. 10 Abs. 1 EMRK (dazu unten 3.). 1. § 4 Abs. 1 PresseG NRW verpflichtet die Behörden, den Vertretern der Presse die der Erfüllung ihrer          48 öffentlichen Aufgabe dienenden Auskünfte zu erteilen. Diese auf eine Auskunftserteilung in pressegeeigneter Form gerichtete Verpflichtung erfasst auch die Beklagte als Bundesbehörde mit Sitz in Nordrhein-Westfalen (dazu unten a). Der Anspruch ist nicht nach § 4 Abs. 2 PresseG NRW http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2013/5_A_413_11_Urteil_20131218.html                                     7/22
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3/10/2014                                           Oberverwaltungsgericht NRW, presserechtlicher Auskunftsanspruch ausgeschlossen (dazu unten b). a) Die Auskunftsverpflichtung gegenüber den Vertretern der Presse nach § 4 Abs. 1 PresseG NRW trifft            49 wegen des weiten Wortlauts der Vorschrift grundsätzlich alle Behörden mit Sitz im Geltungsbereich des Landespressegesetzes unabhängig davon, ob es sich um Landes- oder Bundesbehörden handelt. Vgl. Burkhardt, in: Löffler, Presserecht, 5. Aufl. 2006, § 4 LPG Rn. 54, m. w. N.; Weberling, in:               50 Ricker/Weberling, Handbuch des Presserechts, 6. Aufl. 2012, 19. Kapitel, Rn. 11, m. w. N.; Groß, Verwaltungsrundschau 2009, 45 f.; OVG Berlin, Urteil vom 25. Juli 1995 – 8 B 16.94 –, NVwZ-RR 1997, 32, 33 = juris, Rn. 26, zum vergleichbaren § 4 PresseG Berlin; offen gelassen zu § 4 PresseG NRW noch von OVG NRW, Beschluss vom 3. Februar 2000 – 5 B 1717/99 –, NJW 2000, 1968 = juris, Rn. 17. Erfasst wird auch die beklagte Bundesanstalt für Immobilienaufgaben. Die Anspruchsnorm ist nicht etwa           51 wegen vorrangiger Bundesgesetzgebungskompetenzen zur Regelung bestimmter Auskunftsbegehren verfassungskonform einschränkend auszulegen. Die Regelung des presserechtlichen Auskunftsanspruchs gegenüber der Beklagten unterfällt der Gesetzgebungskompetenz des Landes. Seit der Streichung der Rahmengesetzgebungskompetenz des Bundes für "die allgemeinen Rechtsverhältnisse der Presse" in Art. 75 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 GG in der bis zum 31. August 2006 geltenden Fassung haben die Länder gemäß Art. 70 Abs. 1 GG die Befugnis zur Gesetzgebung im Bereich des "Presserechts". Hierzu zählt jedenfalls insoweit die Regelung von Ansprüchen der Presse auf Auskunftserteilung in pressegeeigneter Form, als hierfür keine vorrangige Gesetzgebungskompetenz des Bundes besteht (dazu unten aa). Für derartige Ansprüche der Presse gegenüber der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben hinsichtlich der Verwaltung und Verwertung von Bundesliegenschaften besteht auch nicht ausnahmsweise eine vorrangige Gesetzgebungskompetenz des Bundes (dazu unten bb). Die Beklagte unterliegt als rechtsfähige Bundesanstalt des öffentlichen Rechts der Auskunftspflicht gegenüber der Presse (dazu unten cc). aa) Der Auskunftsanspruch gehört grundsätzlich zur Gesetzgebungskompetenz der Länder für das                    52 Presserecht; er ist kein Annex zur jeweiligen Sachkompetenz. Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1984 – 7 C 139.81 –, BVerwGE 70, 310 = juris, Rn. 26, siehe auch           53 Urteil vom 3. Dezember 1974 – 1 C 30.71 –, BVerwGE 47, 247 = juris, Rn. 30, mit Anmerkung Gehrmann, AfP 1975, 765; OVG Berlin, Urteil vom 25. Juli 1995 – 8 B 16.94 –, NVwZ-RR 1997, 32, 33 f. = juris, Rn. 27; Groß, Verwaltungsrundschau 2004, 289, 293, und AfP 1997, 503, 505; Thum, AfP 2005, 30, 35; Cornils, DÖV 2013, 657, 658, m. w. N.; Germelmann, DÖV 2013, 667, 676; a. A. nunmehr BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2013 – 6 A 2.12 –, BVerwGE 146, 56 = NVwZ 2013, 1006, Rn. 18, 21, m. krit. Anmerkung Huber; deutliche Kritik gegen die letztgenannte Entscheidung erheben auch Koreng, K&R 2013, 513; Müller, ZD 2013, 466; von Coelln, jurisPR-ITR 23/2013, Anm. 5; Cornils, BT- Ausschussdrucksache 17(4)731E (Innenausschuss), S. 4 ff.; Burkhardt, BT-Ausschussdrucksache 17(4)731C (Innenausschuss), S. 3 f.; Sachs, BT-Ausschussdrucksache 17(4)731D (Innenausschuss), S. 3 ff. Auch wenn Teile der in den Landespressegesetzen bestimmten Regelungen in anderen Materien wurzeln               54 mögen als im Presserecht, so gilt dies für den presserechtlichen Auskunftsanspruch jedenfalls nicht generell. Zur Beurteilung der Frage, ob eine Regelung der Gesetzgebungskompetenz für das Presserecht zuzuordnen ist, hat das Bundesverfassungsgericht auf ihre "wesensmäßige und historische Zugehörigkeit" abgestellt. Vgl. BVerfG, Beschluss vom 28. November 1973 – 2 BvL 42/71 –, BVerfGE 36, 193 = juris, Rn. 27 ff.,              55 sowie Entscheidung vom 4. Juni 1957 – 2 BvL 17/56 –, BVerfGE 7, 29 = juris, Rn. 30 ff.; siehe auch Degenhart, in: Sachs, GG, 5. Aufl. 2009, Art. 70 Rn. 51 ff. sowie 57 ff. Nach diesen Maßstäben gehört der presserechtliche Auskunftsanspruch entsprechend seiner spezifisch              56 auf die Belange der Presse zugeschnittenen Stoßrichtung [dazu unten (1)] und seiner herkömmlichen Zuordnung [dazu unten (2)] zu den Kernmaterien des Presserechts. (1) Der presserechtliche Auskunftsanspruch gehört wesensmäßig zum Presserecht. Es handelt sich um               57 eine pressespezifische Regelung. Sie steht als Voraussetzung für die Informationsbeschaffung im unmittelbaren Zusammenhang mit der in Art. 5 GG gewährleisteten Pressefreiheit, die ihrerseits mit der Gesetzgebungskompetenz für das Presserecht eng verknüpft ist. Vgl. Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Stand: Januar 2013, Art. 75 Rn. 84 ff.                                         58 http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2013/5_A_413_11_Urteil_20131218.html                                     8/22
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3/10/2014                                           Oberverwaltungsgericht NRW, presserechtlicher Auskunftsanspruch Auskunftspflichten öffentlicher Stellen gehören nach der ausdrücklichen Rechtsprechung des                           59 Bundesverfassungsgerichts zu den prinzipiellen Forderungen der Pressefreiheit. Sie entsprechen dem verfassungsrechtlichen Gebot, wonach der Staat überall, wo der Geltungsbereich einer Norm die Presse berührt, dem Postulat ihrer Freiheit Rechnung zu tragen hat. Vgl. BVerfG, Urteil vom 5. August 1966 – 1 BvR 586/62 u. a. –, BVerfGE 20, 162, 175 = juris, Rn. 38.                 60 Sinn und Zweck presserechtlicher Auskunftsansprüche ist es, der Presse die ihr durch Art. 5 GG                       61 garantierte Funktion im Rahmen der demokratischen Meinungs- und Willensbildung zu gewährleisten und es ihr so zu ermöglichen, ihre Informationen über Geschehnisse von öffentlichem Interesse umfassend und wahrheitsgetreu zu erhalten. Vgl. BGH, Urteil vom 10. Februar 2005 – III ZR 294/04 –, NJW 2005, 1720 = juris, Rn. 12.                             62 Hierauf gerichtete Ansprüche der Presse sollen als Gegenstück zur grundrechtlich gewährleisteten Presse-             63 und Informationsfreiheit nach Art. 5 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 und Satz 2 GG der besonderen Eigenart der freien Presse Rechnung tragen und kommen dementsprechend nur den Vertretern der Presse zu Gute. Vgl. Bullinger, in: Löffler, Presserecht, a. a. O., Einl. Rn. 65; Burkhardt, in: Löffler, Presserecht, a. a. O., § 4 64 LPG Rn. 7 ff.; Cornils, DÖV 2013, 657, 659; ders. BT-Ausschussdrucksache 17(4)731E (Innenausschuss), S. 6; Germelmann, DÖV 2013, 667, 668 f., 675 f., m. w. N.; Müller, ZD 2013, 466, 468; nach von Coelln, jurisPR-ITR 23/2013, Anm. 5, lässt sich der pressespezifische Charakter schlechterdings nicht besteiten; a. A. Magen, JR 1965, 321, 323 f. Zur Pressefreiheit gehört der Schutz der Berichterstattung von der medienspezifischen Form der                       65 Beschaffung von Informationen bis zur Verbreitung der Nachricht und der Meinung. Erst der prinzipiell ungehinderte Zugang zur Information versetzt die Medien in die Lage, die ihnen in der freiheitlichen Demokratie zukommende Funktion wahrzunehmen. Vgl. BVerfG, Urteil vom 24. Januar 2001 – 1 BvR 2623/95 u. a. –, BVerfGE 103, 44, 59 = juris, Rn. 54.                66 Die dienende Funktion presserechtlicher Auskunftsansprüche im Verhältnis zur Presse- und                             67 Informationsfreiheit kommt bereits im Gesetzeswortlaut der Landespressegesetze zum Ausdruck, wonach die Pflicht der Behörden darauf gerichtet ist, "den Vertretern der Presse die der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe dienenden Auskünfte zu erteilen" (z. B. § 4 Abs. 1 PresseG NRW). Als öffentliche Aufgabe der Presse bestimmt § 3 PresseG NRW in Übereinstimmung mit entsprechenden Regelungen in anderen Bundesländern, dass sie Nachrichten beschafft und verbreitet, Stellung nimmt, Kritik übt oder auf andere Weise an der Meinungsbildung mitwirkt. Mit Blick auf die besondere Bedeutung der Pressefreiheit in einem freiheitlich demokratischen Staatswesen konkretisieren die Bestimmungen in den Landespressegesetzen über Auskunftsansprüche der Presse die im Grundgesetz nicht näher bestimmten Einzelheiten derartiger Ansprüche unter Berücksichtigung der einer Auskunft etwa entgegenstehenden öffentlichen oder privaten Interessen. Vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2013 – 6 A 2.12 –, BVerwGE 146, 56 = NVwZ 2013, 1006, 1008 f.,                   68 Rn. 27, dazu Koreng, K&R 2013, 513, 515, sowie Burkhardt, BT-Ausschussdrucksache 17(4)731C (Innenausschuss); ferner BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 1984 – 7 C 139.81 –, BVerwGE 70, 310 = juris, Rn. 25 f. , und Püschel, AfP 2006, 401, 402 Auch wenn presserechtliche Auskunftsansprüche gegen Behörden gerichtet sind, können sie nicht als                    69 bloßes "administratives Sonderrecht" angesehen werden, woraus eine vorrangige Zuordnung zu bundesrechtlichen Kompetenztiteln abgeleitet werden könnte. Vgl. Cornils, DÖV 2013, 657, 659 f., zu den entsprechenden Begründungsansätzen in BVerwG, Urteil vom                 70 20. Februar 2013 – 6 A 2.12 – BVerwGE 146, 56 = NVwZ 2013, 1006, 1008, Rn. 25; anders dagegen Hecker, DVBl. 2006, 1416, 1417 f.; Magen, JR 1965, 321, 323 f.; Thiele, DVBl. 1963, 905, 907. Presserechtliche Auskunftsansprüche dienen ausschließlich der Informationsbeschaffung der Presse,                    71 gehen jedoch über bloße Verfahrensregelungen für Behörden im organisationsrechtlichen Sinne hinaus. So auch Germelmann, DÖV 2013, 667, 675 f.                                                                            72 Auskunftsverpflichtet gegenüber der Presse sind danach neben Behörden im Sinne von § 1 Abs. 2 VwVfG                  73 alle staatlichen Stellen unabhängig von ihrer Organisationsform. Hierzu zählen neben Behörden im engeren http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2013/5_A_413_11_Urteil_20131218.html                                          9/22
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3/10/2014                                           Oberverwaltungsgericht NRW, presserechtlicher Auskunftsanspruch verwaltungsverfahrensrechtlichen Sinne öffentlich-rechtliche Anstalten, Körperschaften und Stiftungen sowie von der öffentlichen Hand beherrschte private Gesellschaften, die öffentliche Aufgaben in privatrechtlicher Organisationsform und außerhalb förmlicher Verwaltungsverfahren erfüllen. Höchstrichterlich und in der Rechtsprechung des Senats ist geklärt, dass der Behördenbegriff des Presserechts im Lichte der Pressefreiheit nicht organisationsrechtlich, sondern funktionell-teleologisch zu verstehen ist. Vgl. BGH, Urteil vom 10. Februar 2005 – III ZR 294/04 –, NJW 2005, 1720 = juris, Rn. 12; OVG NRW, Urteil             74 vom 13. März 2013 – 5 A 1293/11 –, NWVBl. 2013, 336 = juris, Rn. 43; Beschluss vom 28. Oktober 2008 – 5 B 1183/08 –, NWVBl. 2009, 198 = juris, Rn. 4; dazu auch Köhler, NJW 2005, 2337, 2338; Cornils, DÖV 2013, 657, 660; Soering, in: Soehring/Hoene, Presserecht, 5. Aufl. 2013, § 4 Rn. 18 f. Hinzu kommt, dass der presserechtliche Auskunftsanspruch auch inhaltlich nicht auf die unmittelbare                  75 Einsicht in Dokumente aus bestimmten – notwendig einer konkreten Sachmaterie zuzuordnenden – Verwaltungsverfahren gerichtet ist, sondern – wie zu Beginn der Entscheidungsgründe ausgeführt – auf Auskunftserteilung in pressegeeigneter Form. (2) Presserechtliche Auskunftsansprüche sind auch herkömmlich seit der Zeit ihrer Entstehung in der                  76 Staatspraxis von Bund und Ländern ausnahmslos und nach nahezu einhelliger Auffassung im Schrifttum als presserechtliche Regelungen angesehen worden. Im Reichsgesetz über die Rechtsverhältnisse der Presse vom 7. Mai 1874 (RGBl. S. 65), in dem das Presserecht erschöpfend geregelt war, waren allerdings noch keine Auskunftspflichten der Behörden gegenüber der Presse anerkannt. Vgl. Sobotta, Das Informationsrecht der Presse, 1972, S. 66 ff.                                                      77 Informationsansprüche der Presse sind jedoch in Fortentwicklung des Presserechts unter der Geltung des               78 Grundgesetzes in allen nach 1945 geschaffenen Landespressegesetzen verankert worden, um einem neuen Verfassungsverständnis der Pressefreiheit Rechnung zu tragen. Vgl. Bullinger, in: Löffler, Presserecht, a. a. O., Einl. Rn. 91 ff.; Burkhardt, in: Löffler, Presserecht, a. a. O., 79 § 4 LPG Rn. 11; siehe auch Stenographischer Bericht des Bayerischen Landtags 1949, IV. Band, 115. Sitzung, S. 371. Da seit Geltung des Grundgesetzes eine Bundesregelung fehlt, haben die Landespressegesetze das                       80 Presserecht in Deutschland entscheidend geprägt. Vgl. Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Stand: Januar 2013, Art. 75 Rn. 99.                                                 81 Ihre erste normative Verankerung erfuhren Informationsansprüche der Presse in § 3 des Hessischen                     82 Gesetzes über Freiheit und Recht der Presse vom 23. Juni 1949 (GVBl. S. 75) und in § 4 des Bayerischen Gesetzes über die Presse vom 3. Oktober 1949 (GVBl. S. 243). Vorausgegangen waren jeweils Forderungen der amerikanischen Militärregierung nach eigenen Pressegesetzen in den Ländern. Vgl. BayLT-Beilage 2355 der Tagung 1948/49, S. 3 f.                                                                  83 Die Militärregierung hatte hierzu dem süddeutschen Ministerpräsidenten bereits im Oktober 1948                       84 mitgeteilt, dass eine Sicherung der Pressefreiheit in annehmbaren Pressegesetzen Voraussetzung der Aufhebung des damaligen alliierten Lizenzsystems für Zeitungen und Zeitschriften sei. Hierfür hatte sie bestimmte Mindestanforderungen an künftige Landespressegesetze formuliert. Zu diesen Kernforderungen, an denen die Gesetzentwürfe in Hessen und Bayern jeweils orientiert waren, gehörte es, dass der freien Presse das Recht garantiert werden sollte, Nachrichten von öffentlichem Interesse zu sammeln und zu veröffentlichen. Vgl. BayLT-Beilage 2355 der Tagung 1948/49, S. 4 und 8; HessLT-Drs. I/1078 der ersten Wahlperiode,                   85 S. 1413 und 1418 f. Diese historischen Zusammenhänge stehen in einem unmittelbaren zeitlichen und inhaltlichen                           86 Zusammenhang mit der Entstehung der ursprünglichen verfassungsrechtlichen Rahmengesetzgebungskompetenz für das Presserecht. Etwa zeitgleich mit den insbesondere von der amerikanischen Militärregierung maßgeblich veranlassten und auch inhaltlich beeinflussten Gesetzesinitiativen zum Presserecht in den süddeutschen Ländern wandten sich die Militärgouverneure der drei westlichen Besatzungszonen in einem Memorandum vom 2. März 1949 an den Parlamentarischen http://www.justiz.nrw.de/nrwe/ovgs/ovg_nrw/j2013/5_A_413_11_Urteil_20131218.html                                         10/22
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