Information

Aktenzeichen
4 K 2833 19
Datum
4. Oktober 2021
Gericht
Verwaltungsgericht Bremen
/ 13
PDF herunterladen
Verwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen 4 K 2833/19 Im Namen des Volkes Urteil In der Verwaltungsrechtssache – Kläger – Prozessbevollmächtigte: gegen die Freie Hansestadt Bremen, vertreten durch den Senator für Finanzen, Rudolf-Hilferding-Platz 1, 28195 Bremen,                               - – Beklagte – hat das Verwaltungsgericht der Freien Hansestadt Bremen - 4. Kammer - durch den Vorsitzenden Richter am Verwaltungsgericht Stahnke, den Richter am Verwaltungsgericht Dr. Kiesow und den Richter Schmitz sowie den ehrenamtlichen Richter Dr. Kocik und den ehrenamtlichen Richter Landsiedel ohne mündliche Verhandlung am 4. Oktober 2021 für Recht erkannt: Die Klage wird abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
1

2 Tatbestand Der Kläger begehrt als gerichtlich bestellter Insolvenzverwalter Einsicht in die bei der Beklagten geführten steuerlichen Akten der Insolvenzschuldnerin. Mit   Beschluss    vom   15.08.2016    wurde   durch  das   Amtsgericht     Hamburg    das Insolvenzverfahren über das Vermögen de                                     (im Folgenden: „Insolvenzschuldnerin“)    eröffnet  und  der   als  Rechtsanwalt    tätige   Kläger  zum Insolvenzverwalter bestellt. Durch die Beklagte wurden mit Schriftsatz vom 23.06.2017 Forderungen in Höhe von zur Insolvenztabelle angemeldet. Am 14.11.2019 stellte der Kläger einen Auskunftsantrag bei der Landeshauptkasse Bremen. Zur Begründung führte er aus, dass er zwecks eines nachträglichen Prüfungstermins hinsichtlich der oben genannten Forderung um Erläuterung bitte, woraus sich ergebe, dass die Insolvenzschuldnerin in Bremen steuerpflichtig gewesen sei. Er bitte daher um Übersendung der Bescheide und ggf. auch vorliegender Jahresabschlüsse und Erklärungen der Insolvenzschuldnerin. Zusätzlich bitte er um einen Ausdruck aus dem Steuerkonto sowie die Gewährung von Einsicht in die Veranlagungs- und Vollstreckungsakten, die Betriebsprüfungsakte, die Betriebsprüfungsarbeitsakten sowie die Bilanzakte. Mit Bescheid vom 28.11.2019, dem Kläger zugegangen am 02.12.2019, wurde der Auskunftsantrag mit der Begründung abgelehnt, die Auskunftserteilung sei unzulässig. Die Auskunftserteilung beeinträchtige die Beklagte in der Geltendmachung, Ausübung oder Verteidigung zivilrechtlicher Ansprüche oder in der Verteidigung gegen sie geltend gemachter zivilrechtlicher Ansprüche im Sinne des Art. 23 Abs. 1 j) DSGVO in Verbindung mit § 32a Abs. 1 Nr. 3 AO. Der Kläger hat am 27.12.2019 Klage erhoben. Der Verwaltungsrechtsweg sei eröffnet. Eine Zuständigkeit des Finanzgerichtes bestehe nicht, da es sich nicht um eine Abgabenangelegenheit handele. Der Beklagten stünden keine Abwehrrechte aus Art. 23 Abs. 1 DSGVO zu, da das Bundesland Bremen kein Mitgliedsstaat im Sinne der DSGVO sei und kein beschränkendes Landesgesetz vorliege. Aus Art. 15 Abs. 1 DSGVO, welcher über § 2a AO eröffnet sei, könne er ein uneigentliches Betroffenenrecht ableiten. Ebenso stünde ihm ein Auskunfts- und Übermittlungsrecht aus Art. 20 DSGVO zu, da er eine öffentliche Aufgabe erfülle und die Norm dispositiv sei. Die Verfügungs- und Verwaltungsbefugnis des Insolvenzverwalters nach § 80 Abs. 1 InsO erstrecke sich auch auf Informationen, die vom Steuergeheimnis umfasst seien. Weiterhin bestehe ein
2

3 Anspruch aus den §§ 1 ff. BremIFG, wonach „jeder“ berechtigt sei. Außerdem ergebe sich ein Anspruch aus dem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts entwickelten Auffanganspruch. Er handele im öffentlichen Interesse, woraus sich ein berechtigtes, gewichtiges Interesse ergebe. Der Auffanganspruch sei auch trotz der seither geschaffenen Informationsansprüche anwendbar. Ein zivilrechtlicher Anspruch auf Herausgabe der Daten ergebe sich außerdem aus § 985 BGB entsprechend. Weiter bestehe auch ein Anspruch aus § 242 BGB entsprechend, welcher innerhalb rechtlicher Sonderverbindungen gelte. Dabei reiche jeder qualifizierte soziale Kontakt aus. Ein solcher ergebe sich bereits aus der Teilnahme der Beklagten an dem Insolvenzverfahren über das schuldnerische Vermögen. Ein Anspruch auf Akteneinsicht ergebe sich auch aus § 29 Abs. 1 BremVwVfG. Der Anspruch sei auch nicht durch die Abgabenordnung gesperrt, weil dieser nur hinsichtlich laufender Besteuerungsverfahren Sperrwirkung zukäme. Das Besteuerungsverfahren sei hier abgeschlossen. Auch liege sein Begehren, einen Auszug aus   dem     Steuerkonto    zu   erhalten,    außerhalb     des    Regelungsbereiches      des Steuerverfahrensrechts. Als Beteiligtem sei ihm Einsicht in die das Verfahren betreffenden Akten zu gewähren, da dies zur Geltendmachung der rechtlichen Interessen erforderlich sei.  Dieses     liege  in   der   pflichtgemäßen      Wahrnehmung        seines     Amtes   als Insolvenzverwalter. Er müsse den Ermittlungsgrundsatz aus § 5 Abs. 1 InsO umsetzen. Die Verwendung so erlangter Informationen für einen Anfechtungsrechtsstreit diene dem gesetzlichen Zweck der gemeinschaftlichen und gleichmäßigen Befriedigung der Gläubiger und sei mithin aus Gründen des öffentlichen Interesses gerechtfertigt. Der Kläger beantragt schriftsätzlich, 1. die Beklagte wird verurteilt, ihm einen umfassenden Ausdruck aus dem hinsichtlich der Schuldnerin geführten Steuerkonto - Steuernumme oder allen anderen Steuernummern, unter den die Schuldnerin geführt wurde - zuzuleiten; 2. die Beklagte wird verurteilt, ihm Einsicht in die bei ihr hinsichtlich der Schuldnerin geführten Veranlagungs- und Vollstreckungsakten, Betriebsprüfungsakten, Betriebsprüfungsarbeitsakten sowie der Bilanzakte zu gewähren. Die Beklagte beantragt schriftsätzlich sinngemäß, die Klage abzuweisen. Sie verweist zur Begründung auf den Bescheid vom 28.11.2019 und führt weiter aus, der Kläger sei nicht Betroffener im Sinne des Art. 15 DSGVO, weil er nicht Auskunft über seine eigenen     personenbezogenen        Daten     verlange,     sondern       über    solche   der Insolvenzschuldnerin. Dieses Auskunftsrecht sei auch nicht durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens auf den Kläger übergegangen, da es sich um ein höchstpersönliches
3

4 Recht handele. Solche Rechte seien untrennbar mit der Person der Schuldnerin verknüpft und einer von ihr losgelösten Verwertung nicht zugänglich. Der Auskunftsanspruch gehöre auch nicht zur Insolvenzmasse. Der Kläger habe auch keinen Anspruch aus Art. 20 DSGVO, da es auch diesbezüglich an der Betroffeneneigenschaft fehle. Auch ein Anspruch aus dem BremIFG bestehe für den Kläger nicht. Insoweit gelte § 32e AO, nach dem die Art. 12 bis 15 DSGVO in Verbindung mit den §§ 32a bis 32d AO entsprechend gelten würden. Weitergehende Informationsansprüche über steuerliche Daten seien ausgeschlossen. Durch die Anwendung der Art. 12 bis 15 DSGVO sei ein Auskunftsanspruch      nach     dem    jeweiligen      Informationsfreiheitsgesetz    bereits ausgeschlossen, wenn kein Auskunftsanspruch nach der DSGVO bestehe. Ein solcher Anspruch bestehe jedoch nicht. Darüber hinaus habe sie den Antrag auch nach § 32c Abs. 1 Nr. 2 AO i. V. m. Art. 23 Abs. 1 j) DSGVO ablehnen dürfen. Durch eine uneingeschränkte Pflicht zur Auskunftserteilung sei es möglich, dass der Staat als Gläubiger Informationen bekannt geben müsse, aus denen sich Informationen für Anfechtungsgründe ergeben würden. Auch auf das als Auffangrecht entwickelte allgemeine Akteneinsichtsrecht könne der Kläger sich nicht berufen. Er habe ein gewichtiges und auf andere Weise nicht zu befriedigendes Interesse nicht geltend gemacht. Darüber hinaus existiere ein solches auch seit dem Inkrafttreten der DSGVO nicht mehr. Auch zivilrechtliche Ansprüche stünden dem Kläger nicht zu. § 985 BGB sei bereits nicht anwendbar, da es sich bei Daten nicht um Sachen im Sinne des § 90 BGB handele. Eine analoge Anwendung verbiete sich mangels planwidriger Regelungslücke. Ein Auskunftsanspruch aus § 242 BGB bestehe ebenfalls nicht, da dieser voraussetzen würde, dass ein Anfechtungsgrund dem Grunde nach bereits feststehe. Dies habe der Kläger nicht vorgetragen. Ein solch qualifizierter sozialer Kontakt zwischen den Beteiligten, dass er die Ablehnung des Auskunftsbegehrens als treuwidrig erscheinen ließe, ergebe sich weder aus § 30 AO noch aus dem Rechtstaatsprinzip oder der Tätigkeit des Klägers als Ermittlungsorgan des Insolvenzgerichtes. Am 27.11.2020 hat die Landeshauptkasse Bremen dem Kläger einen am 18.11.2020 erstellten Auszug für das Steuerkonto zur Steuernumme                      übermittelt. Die Beteiligten haben einer Entscheidung des Gerichts durch Urteil ohne mündliche Verhandlung mit Schriftsätzen vom 23.04.2021 und vom 19.05.2021 zugestimmt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten verwiesen.
4

5 Entscheidungsgründe A. Die Kammer legt die Anträge des Klägers nach §§ 88, 86 Abs. 3 VwGO dahingehend aus, dass dieser die Verpflichtung der Beklagten begehrt, ihm unter Aufhebung des Bescheides der Landeshauptkasse Bremen vom 28.11.2019 einen umfassenden Ausdruck aus dem hinsichtlich der Insolvenzschuldnerin geführten Steuerkonto – Steuernumme                       oder allen anderen Steuernummern, unter denen die Schuldnerin geführt wurde – zuzuleiten sowie Einsicht in die bei ihr hinsichtlich der Schuldnerin geführten Veranlagungs- und Vollstreckungsakten, Betriebsprüfungsakten, Betriebsprüfungsarbeitsakten sowie der Bilanzakte zu gewähren. B. Die so verstandene Klage ist teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet. I. Die Klage ist nur teilweise zulässig. 1. Der Verwaltungsrechtsweg ist nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO eröffnet. Insbesondere ist nicht der Finanzrechtsweg nach § 33 Abs. 1 FGO gegeben, weil keine Abgabenangelegenheiten im Sinne von § 33 Abs. 2 FGO in Streit stehen. Vielmehr sind nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts für Rechtsstreitigkeiten, die Auskunftsansprüche des Insolvenzverwalters gegenüber den Steuerbehörden betreffen, die Verwaltungsgerichte sachlich zuständig (BVerwG, Beschluss vom 28.10.2019 – 10 B 21/19 –, Rn. 3, juris). Insoweit ist die Gewährung von Einsicht in Steuerakten und die Auskunft über steuerliche Daten nur dann als eine Abgabenangelegenheit im Sinne des § 33    Abs.    2   FGO     zu   qualifizieren,    wenn    über   sie  auf     der   Grundlage steuerverfahrensrechtlicher Regelungen zu entscheiden ist oder wenn die betreffenden Begehren im Steuerrechtsverhältnis wurzeln und insoweit mit der Anwendung abgabenrechtlicher Vorschriften im Zusammenhang stehen (BVerwG, Beschluss vom 17.09.2018 – 7 B 6/18 –, Rn. 5, juris). Letzteres ist hier nicht der Fall, da die in Streit stehenden      Auskunftsansprüche       von     einer   dritten   und    nicht   originär   am Steuerrechtsverhältnis beteiligten Person geltend gemacht werden und die jeweils in Bezug     genommenen         Anspruchsgrundlagen        dem     Informationsfreiheits-    sowie Datenschutzrecht und nicht etwa dem eigentlichen Abgabenrecht entstammen. 2. Die Klage ist jedoch hinsichtlich des Streitgegenstandes „Steuerkontoauszug“ unzulässig geworden.
5

6 Die Kammer ist der Auffassung, dass sich das Verfahren durch Übersendung des unter dem 18.11.2020 erstellten Steuerkontoauszugs zur Steuernumme hinsichtlich dieses Streitgegenstandes erledigt hat und dem Kläger nunmehr insoweit das Rechtschutzbedürfnis fehlt. Die Beklagte hat insoweit substantiiert ausgeführt, dass bei ihr weitere Steuerkonten nicht vorliegen. Trotz eines gerichtlichen Hinweises hat der Kläger das Verfahren insoweit nicht für erledigt erklärt. Die Kammer hat erwogen, den Antrag des Klägers insoweit in einen Fortsetzungsfeststellungsantrag umzudeuten. Einem solchen Antrag fehlte indes erkennbar das Fortsetzungsfeststellungsinteresse. 3. Die Klage ist im Übrigen als Verpflichtungsklage nach § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO statthaft (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.09.2020 – 6 C 10/19 –, Rn. 12, juris). Die von dem Kläger begehrte Akteneinsicht ist als solche zwar als Realakt zu qualifizieren, diesem geht jedoch eine Entscheidung der Beklagten über die Ansprüche des Klägers voraus, welche den rechtlichen Schwerpunkt ihres Handelns bildet. Dementsprechend hat die Beklagte auch den Antrag des Klägers mittels schriftlichen Bescheides abgelehnt. 4. Der Zulässigkeit der Klage steht nicht entgegen, dass ein Vorverfahren nach §§ 68 ff. VwGO nicht durchgeführt wurde, da sich die Beklagte jedenfalls zur Sache eingelassen hat (Dolde/Porsch in: Schoch/Schneider, 40. EL Februar 2021, VwGO, § 68 Rn. 28 unter Verweis auf die st. Rspr. des BVerwG). II. Die Klage ist jedoch unbegründet. Der Bescheid der Landeshauptkasse Bremen vom 28.11.2019 ist rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 5 VwGO). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Einsichtnahme in die bei der Beklagten über die Insolvenzschuldnerin geführten Akten. 1. Ein solcher Anspruch des Klägers folgt weder aus Art. 15 Abs. 1 DSGVO noch aus Art. 20 Abs. 1 DSGVO. a) Ein Anspruch aus Art. 15 Abs. 1 DSGVO scheidet aus, da es am Vorliegen der tatbestandlichen Anspruchsvoraussetzungen fehlt. Weder ist der Kläger hier als Betroffener im Sinne der Vorschrift anzusehen noch ist er in sonstiger Weise anspruchsberechtigt.
6

7 Gemäß Art. 15 Abs. 1 DSGVO hat die betroffene Person das Recht, von dem Verantwortlichen     eine  Bestätigung   darüber     zu  verlangen,     ob   sie   betreffende personenbezogene Daten verarbeitet werden; ist dies der Fall, so hat sie ein Recht auf Auskunft über diese personenbezogenen Daten und auf die unter den lit. a) bis h) in der Vorschrift abgebildeten Informationen. Hier ist der Kläger allerdings nicht betroffene Person im Sinne von Art. 15 Abs. 1 1. Hs. DSGVO (aa). Auch ist er hier nicht befähigt, den Anspruch prozessstandschaftlich für eine etwaig betroffene Person auszuüben bzw. geltend zu machen (bb). aa) Der Kläger ist im Zusammenhang des Anspruchs aus Art. 15 Abs. 1 DSGVO nicht als betroffene Person anzusehen. Es ergibt sich insoweit aus Art. 4 Nr. 1 DSGVO, dass als betroffene Person im Sinne der DSGVO diejenige identifizierte oder identifizierbare natürliche Person anzusehen ist, auf die sich entsprechende Informationen als personenbezogene Daten beziehen. Die diesbezüglich zwischen den hier Beteiligten in Streit stehenden Rechtsfragen sind erst jüngst durch das Bundesverwaltungsgericht (Urteil vom 16.09.2020 – 6 C 10/19 –, Rn. 16 ff., juris) geklärt worden. So ist das Bundesverwaltungsgericht mit Blick auf Wortlaut, Gesetzessystematik und Sinn und Zweck der Vorschrift zu der Auffassung gelangt, dass ein bestellter Insolvenzverwalter nicht betroffene Person hinsichtlich der personenbezogenen Daten eines Insolvenzschuldners ist. Die insofern überzeugungsleitenden Erwägungen besitzen auch vorliegend Geltung. So kann nicht „betroffene Person“ im Sinne des Art. 4 Nr. 1, Art. 15 Abs. 1 DSGVO sein, wer durch die jeweiligen personenbezogenen Daten nicht identifiziert oder identifizierbar ist. Die     bei  der  Beklagten    in  den   Veranlagungs-       und    Vollstreckungsakten     zu Besteuerungszwecken verarbeiteten Daten der Insolvenzschuldnerin beziehen sich offenkundig nicht auf den Kläger. Für die Daten Dritter enthält Art. 15 Abs. 1 DSGVO kein Auskunftsrecht. Eine anderweitige Betrachtungsweise ergibt sich dabei – auch die vorliegende Konstellation betreffend – ebenso wenig aus gesetzessystematischen oder teleologischen Erwägungen (vgl. BVerwG, Urteil vom 16.09.2020 – 6 C 10/19 –, Rn. 18 ff., juris). bb) Auch kann der Kläger hier das der Insolvenzschuldnerin zustehende Betroffenenrecht nicht für diese oder an deren Stelle ausüben. Bei dem Auskunftsanspruch gemäß Art. 15 Abs. 1 DSGVO handelt es sich um ein höchstpersönliches Recht, das nicht Teil der Insolvenzmasse ist und demnach auch nicht im Wege des § 80 Abs. 1 InsO auf den Kläger als bestellten Insolvenzverwalter übergegangen ist.
7

8 Soweit sich der Kläger zur Begründung seiner gegensätzlichen Rechtsauffassung auf ein Urteil des VG Hannover vom 12.12.2017 (Az.: 10 A 2866/17, juris) bezieht, verfängt dieser Hinweis nicht. Zwar hat die dort erkennende Kammer entschieden, dass ein Insolvenzverwalter kraft seiner Stellung nach § 80 InsO gesetzlicher Prozessstandschafter des Insolvenzschuldners sei und dessen Auskunftsanspruch über geleistete Beiträge zur Sozialversicherung gemäß § 83 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB X wie ein eigenes Recht geltend machen könne (VG Hannover, Urteil vom 12.12.2017 – 10 A 2866/17 –, Rn. 25, juris). Indes soll dies nach den angestellten Erwägungen dann nicht der Fall sein, wenn ein höchstpersönliches Auskunftsrecht betroffen ist, da ein solches mangels Bindung an die Masse schon nicht von der Prozessstandschaft des Insolvenzverwalters erfasst sei (a. a. O. Rn. 28). Bei dem hier in Rede stehenden datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO handelt es sich jedoch gerade um ein höchstpersönliches Auskunftsrecht, das gemäß § 36 Abs. 1 Satz 1 InsO i. V. m. § 851 Abs. 1 ZPO i. V. m. § 399 BGB mangels Übertragbarkeit nicht zu einer etwaigen Insolvenzmasse zu zählen ist. So hat das Bundesverwaltungsgericht in der bereits angeführten Entscheidung vom 16.09.2020 zur Frage der Höchstpersönlichkeit des in Rede stehenden Auskunftsanspruchs ausgeführt, dass dieser als elementares subjektives Datenschutzrecht und Ausfluss des in Art. 8 Abs. 1 GRC grundrechtlich verbürgten Schutzes der personenbezogenen Daten nicht durch Dritte ausgeübt werden könne, ohne dass die Leistung im Sinne des § 399 BGB in ihrem Wesen verändert würde. Gegenstand und Ziel des Anspruchs wäre nach Übergang an den Insolvenzverwalter nicht mehr die grundrechtlich verbürgte Kontrolle über die zur eigenen Person verfügbaren Daten, sondern die Gewinnung eines wirtschaftlich verwertbaren Wissens. Der Auskunftsanspruch verlöre bei einem Übergang an einen Dritten seinen vom Unionsgesetzgeber vorgesehenen ideellen Charakter als Transparenzrecht und als Fundament zur Durchsetzung weiterer Betroffenenrechte (BVerwG, a.a.O., Rn. 25, juris). b) Auch ein Anspruch aus Art. 20 Abs. 1 DSGVO scheidet vorliegend aus, da es dem Kläger auch in diesem Zusammenhang an der erforderlichen Betroffeneneigenschaft gemäß Art. 4 Nr. 1 DSGVO fehlt. 2. Ein Anspruch des Klägers folgt hier auch nicht aus § 29 BremVwVfG oder aus § 1 BremIFG. a)  Ein    Anspruch   des    Klägers   auf  Akteneinsicht  folgt  hier   nicht aus    dem verwaltungsverfahrensrechtlichen Akteneinsichtsrecht des § 29 Abs. 1 Satz 1 BremVwVfG bzw. einem aus dieser Vorschrift sowie dem Rechtsstaatsprinzip abgeleiteten und nach
8

9 pflichtgemäßem       Ermessen        zu   gewährenden       Anspruch     auf   Einsicht    in verwaltungsverfahrensbezogene Behördenakten. aa) Es besteht auch kein Anspruch aus § 29 Abs. 1 BremVwVfG. Danach hat die Behörde den Beteiligten Einsicht in die das Verfahren betreffenden Akten zu gestatten, soweit deren Kenntnis zur Geltendmachung oder Verteidigung ihrer rechtlichen Interessen erforderlich ist. Nach § 9 BremVwVfG ist das Verwaltungsverfahren im Sinne dieses Gesetzes die nach außen wirkende Tätigkeit der Behörden, die auf die Prüfung der Voraussetzungen, die Vorbereitung und den Erlass eines Verwaltungsaktes oder auf den Abschluss eines öffentlich-rechtlichen Vertrags gerichtet ist; es schließt den Erlass des Verwaltungsaktes oder den Abschluss des öffentlich-rechtlichen Vertrags ein. Das Insolvenzverfahren als solches ist kein Verfahren im Sinne des § 9 BremVwVfG. Für das steuerliche Verwaltungsverfahren sieht die Abgabenordnung explizit kein dem § 29 BremVwVfG entsprechendes Akteneinsichtsrecht vor. Es ist daher fraglich inwiefern § 29 BremVwVfG auf das abgeschlossene Besteuerungsverfahren anzuwenden sein soll. Der Gesetzgeber hat in der Gesetzesbegründung explizit ausgeführt, dass ein entsprechendes allgemeines Akteneinsichtsrecht im Steuerverwaltungsverfahren, auch aus Gesichtspunkten des Schutzes Dritter, nicht praktikabel sei (BFH, Beschluss vom 28.05.2003 – VII B 119/01 –, Rn. 15, juris). Jedenfalls ist der Kläger jedoch nicht Beteiligter des Verfahrens. Gemäß § 13 Abs. 1 BremVwVfG sind Beteiligte der Antragsteller und Antragsgegner (Nr. 1), diejenigen, an die die Behörde den Verwaltungsakt richten will oder gerichtet hat (Nr. 2), diejenigen, mit denen die Behörde einen öffentlich-rechtlichen Vertrag schließen will oder geschlossen hat (Nr. 3) und diejenigen, die nach Absatz 2 von der Behörde zu dem Verfahren hinzugezogen worden sind (Nr. 4). Der Kläger unterfällt auch als Insolvenzverwalter keiner dieser Kategorien.     Auch    hier  ist   zu  berücksichtigen,    dass   die  verfahrensrechtliche Beteiligtenstellung      wie     die    datenschutzrechtliche     Betroffenenstellung     ein höchstpersönliches Recht ist und auch hier daher nicht von einem Übergang oder einem Eintritt in das Verfahren gem. § 80 Abs. 1 InsO auszugehen ist. bb) Der Kläger kann auch keinen Anspruch aus dem vom Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 23.08.1968 (Az. IV C 235.65, juris) entwickelten Akteneinsichtsrecht herleiten. Dieses fand seine Grundlage im Rechtstaatsprinzip und setzte voraus, dass der Antragsteller ein eigenes, gewichtiges und auf andere Weise nicht zu befriedigendes Interesse geltend gemacht hat (OVG Lüneburg, Beschluss vom 26.06.2019 – 11 LA 274/18 –, Rn. 29, juris). Abgesehen davon, dass allein die Tätigkeit des Klägers als Insolvenzverwalter im öffentlichen Interesse für die Geltendmachung dieses Interesses
9

10 nicht genügt, ist das als Auffangrecht entwickelte Akteneinsichtsrecht angesichts der gesetzlichen Informationsansprüche zwischenzeitlich nicht mehr anwendbar (OVG Hamburg, Urteil vom 08.02.2018 – 3 Bf 107/17–, Rn. 44, juris). Dies ergibt sich seit Inkrafttreten der DSGVO schon aus dem Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts (OVG Lüneburg, Beschluss vom 26.06.2019 – 11 LA 274/18 –, Rn. 29, juris). b) Ein Anspruch des Klägers folgt ferner nicht aus § 1 BremIFG. Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 BremIFG kann jedermann nach Maßgabe des BremIFG gegenüber den Behörden des Landes, den Gemeinden und den sonstigen der Aufsicht des Landes unterstehenden juristischen Personen des öffentlichen Rechts und deren Vereinigungen einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen und auf Veröffentlichung der Informationen nach § 11 BremIFG geltend machen. Als Jedermannrecht steht der Anspruch grundsätzlich auch dem Kläger offen. Gleichwohl kann die Beklagte sich hier zur Begründung der Ablehnung der begehrten Informationserteilung in rechtmäßiger Weise auf § 32e AO und die dort geregelte Verweisung auf die Art. 12 bis 15 der DSGVO in Verbindung mit den §§ 32a bis 32d AO berufen. Gesetzgeberischer Zweck dieser Rechtsfolgenmodifikation ist gerade, dass die DSGVO und die §§ 32a ff. AO nicht durch die Informationsfreiheitsgesetze des Bundes oder der Länder umgangen werden können (siehe BT-Drs. 18/12611, 89). Hieraus folgt konsequenter Weise, dass ein Anspruch nach dem BremIFG, auch wenn er dem Grunde nach besteht, ausgeschlossen ist, wenn ein Auskunftsanspruch nach der DSGVO, insbesondere nach Art. 15 Abs. 1 DSGVO, nicht in Betracht kommt, weil etwa dessen tatbestandliche Anspruchsvoraussetzungen nicht vorliegen (Drüen, in: Tipke/Kruse, AO/FGO, 167. Lieferung 08.2021, § 32e AO, Rn. 10). Da dem Kläger hier die Betroffeneneigenschaft im Sinne von Art. 15 Abs. 1 DSGVO fehlt, kommt nach dem Gesagten auch ein auf entsprechende Informationsgewährung gerichteter Anspruch aus § 1 Abs. 1 Satz 1 BremIFG nicht in Betracht (vgl. VG Gießen, Urteil vom 23.10.2019 – 4 K 252/19.GI –, Rn. 26, juris). 3. Ein Anspruch des Klägers folgt schließlich weder aus einer entsprechenden Anwendung zivilrechtlicher Vorschriften noch aus der Insolvenzordnung. a) Es besteht kein Anspruch aus entsprechender Anwendung von § 985 BGB. Danach kann der Eigentümer vom Besitzer die Herausgabe der Sache verlangen. Gemäß § 90 BGB sind Sachen im Sinne des BGB nur körperliche Gegenstände. Bei den hier von dem Kläger begehrten Daten handelt es sich nicht um Sachen im Sinne des § 90 BGB. § 985
10

Zur nächsten Seite