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Aktenzeichen
2 K 81/21
ECLI
ECLI:DE:VGBE:2022:0714.2K81.21.00
Datum
14. Juli 2022
Gericht
Verwaltungsgericht Berlin
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Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 Prozent des jeweiligen Vollstreckungsbetrags leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Der Kläger ist Journalist und begehrt Zugang zu Informationen aus einer Datenbank des Presse- und Informationsamts der Bundesregierung (Bundespresseamt).

Das Bundespresseamt führt ein Archiv (BPA-Dok), das ca. 16 Millionen Dokumente umfasst. Das BPA-Dok speist sich aus Presseberichten, Agenturmeldungen und anderen Veröffentlichungen der Bundesregierung. Zudem enthält es vom Bundespresseamt erstellte Transkripte bestimmter Radio- und TV-Beiträge. Die Lektoren des Bundespresseamts verknüpfen die Dokumente mit sog. Indexeinträgen, anhand derer die Datenbank elektronisch nach Dokumenten durchsucht werden kann. Die Indexeinträge beziehen sich auf Merkmale (wie etwa Personen, Länder, Sachgebiete) und formale Einstufungen (z.B. Kommentar, Bericht, Report) sowie Quelle. Der Indexeintrag „INTV“ bzw. „INT“ (für Interview) umfasst Dokumente, die ein wörtliches Zitat einer Person bzw. über eine Person enthalten. Auf konkrete Anfrage der Bundesregierung oder des Bundespräsidenten stellt das Bundespresseamt Dokumente zusammen und gibt diese an die anfragende Stelle heraus.

Am 29. Juli 2020 beantragte der Kläger beim Bundespresseamt Zugang zu sämtlichen Informationen aus BPA-Dok seit 2019, die einen Hinweis darauf geben oder einen Bezug dazu haben, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel einem Medium Presse/Rundfunk ein Interview gegeben haben könnte. Am 5. August 2020 beantragte er zudem Zugang zu den vom Bundespresseamt angefertigten Transkripten von Interviews der Bundeskanzlerin, die seit 2019 von Rundfunk- und TV-Sendern gesendet wurden.

Das Bundespresseamt lehnte diese Anträge mit Bescheiden vom 23. September 2020 ab.

Die hiergegen erhobenen Widersprüche wies das Bundespresseamt mit Widerspruchsbescheiden vom 16. Dezember 2020 mit der Begründung zurück, die Anträge seien nicht bestimmt genug. Es sei unklar, was der Kläger in seinem Antrag vom 29. Juli 2020 mit der Formulierung „Hinweis“ und „Bezug“ meine. Die Anträge seien nicht auf Zugang zu amtlichen Informationen gerichtet. Sowohl die Presseartikel als auch die in BPA-Dok über diese Presseartikel erfassten Daten stünden nicht im Zusammenhang mit einer amtlichen Tätigkeit. Die Daten speisten sich aus frei zugänglichen Veröffentlichungen, die bei der Zusammenstellung und Auswertung für die Bundesregierung und den Bundespräsidenten einem amtlichen Zweck zugeführt würden. Der Antrag vom 29. Juli 2020 sei auf Zugang zu nicht vorhandenen Informationen gerichtet. Der Kläger wolle das Bundespresseamt zu einer Datenbankabfrage nach seinen Wünschen bewegen, um das für ihn generierte Ergebnis dieser Abfrage dann als amtliche Information zu erhalten. Der Kläger könne sich die begehrten Informationen in zumutbarer Weise aus allgemein zugänglichen Quellen beschaffen. Die in BPA-Dok enthaltenen Informationen zum Inhalt von Interviews der Bundeskanzlerin stammten aus allgemein zugänglichen Quellen. Dies gelte auch für die Interviews in Radio- und TV-Sendungen. Diese seien nach ihrer Erstausstrahlung auf den Webseiten der Sender vorhanden. Dem Kläger sei die Beschaffung zumutbar. Das Ermessen sei zulasten des Klägers auszuüben, da er über ebenbürtige Recherchemöglichkeiten verfüge. Seine berufliche Stellung als Angehöriger der Presse gebiete keine andere Bewertung.

Der Kläger hat am 18. Januar 2021 Klage erhoben. Er trägt vor: Die begehrten Informationen seien amtlich, weil das Bundespresseamt sie systematisch gespeichert, kategorisiert und zugänglich gemacht habe. Er könne sich die Informationen nicht aus allgemein zugänglichen Quellen beschaffen. Denn es gehe ihm gerade um die in BPA-Dok gespeicherten Daten, die nicht in allgemein zugänglichen Quellen vorhanden seien. Er habe nicht die Zeit, temporär bereitgestellte Rundfunksendungen in den Mediatheken regelmäßig, wiederholt und möglicherweise über Jahre auf politische Relevanz zu durchforsten. Die Radio- und TV-Interviews würden dort höchstens 24 Monate vorgehalten. Eine anderweitige Beschaffung sei nicht zumutbar. Er müsste die Dokumentation seines Verlags beauftragen, die Zugang zu Mediendatenbanken habe. Die Recherche könne, je nach dem Grad der gewünschten Vollständigkeit, einen bis mehrere Tage in Anspruch nehmen. Selbst in diesem Fall wären Angaben zu Radio- und TV-Interviews der Bundeskanzlerin nicht enthalten bzw. ergäben sich nur Zufallsfunde. Die Bereitstellung der erbetenen Information sei dagegen eine Angelegenheit von Minuten.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide des Bundespresseamts vom 23. September 2020 in Gestalt der Widerspruchsbescheide derselben Behörde vom 16. Dezember 2020 zu verpflichten, ihm Zugang zu gewähren

  1. zu einer Trefferliste (entsprechend Anlage B2) unter Eingabe der Indexeinträge „Merkel“ und „Interview“ aus der amtlichen Datenbank BPA-Dok des Bundespresseamts im Zeitraum vom 1. Januar 2019 bis 29. Juli 2020,

  2. zu den in BPA-Dok enthaltenen, vom Bundespresseamt angefertigten Transkriptionen von Wortlaut-Interviews der Bundeskanzlerin Angela Merkel, die Rundfunk- und TV-Sender im Zeitraum vom 1. Januar 2019 bis 5. August 2020 gesendet haben,

hilfsweise zu den in BPA-Dok enthaltenen, vom Bundespresseamt angefertigten Transkriptionen von Wortlaut-Interviews der Bundeskanzlerin Angela Merkel, die Rundfunk- und TV-Sender im Zeitraum vom 1. Januar 2019 bis 5. August 2020 gesendet haben und die bei Eingabe der Indexeinträge „Merkel“ und „Interview“ erscheinen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Ergänzend trägt sie vor, die vom Kläger begehrten Informationen müssten erst generiert werden, weil das Bundespresseamt auf das Ergebnis einer solchen Suchanfrage aus anderem Anlass nicht zurückgreifen könne. Diese Information würde nicht zur Aufgabenerfüllung des Bundespresseamts geschaffen. Das Informationsbegehren des Klägers diene keinem der gesetzlichen Informationszwecke. Der Informationszugang solle nicht die Transparenz behördlicher Entscheidung erhöhen und sei auch keine Voraussetzung für die effektive Wahrnehmung von Bürgerrechten. Der Informationsgewinn bestehe erst in der gesonderten Aufbereitung der allgemein zugänglichen Quellen nach den eigenen Suchkriterien des Klägers. Dieser könne sich hierdurch eine aufwändige und ggf. auch kostenpflichtige Recherchearbeit erleichtern bzw. ersparen. Sämtliche in BPA-Dok enthaltenen Informationen stammten aus allgemein zugänglichen Quellen. Eine verlässliche Aussage dazu, ob die begehrten Informationen weiterhin allgemein zugänglich seien, könne nicht getroffen werden. Dies sei auch unbeachtlich. Für die Frage, ob der Kläger die begehrten Informationen aus allgemein zugänglichen Quellen beschaffen könne, sei auf den Zeitpunkt der Antragstellung abzustellen. Der Ablehnungsgrund diene der Entlastung der Behörde. Zudem liege es nur beim Kläger, die Voraussetzungen für die Ermessensausübung zu beeinflussen. Die Beschaffung der Informationen aus allgemein zugänglichen Quellen sei dem Kläger zumutbar, selbst wenn dies mit zeitlichem Aufwand und Kosten verbunden sei. Der Antrag zu 2 sei allgemein und weise keinen Bezug zu einem Sachthema auf, so dass es sich um einen unbestimmten Globalantrag handele. Zudem stehe der Herausgabe der Transkripte das urheberrechtliche Leistungsschutzrecht der Sendeunternehmen entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und den Verwaltungsvorgang verwiesen.

Die Klage ist teilweise unzulässig (I.) und im Übrigen unbegründet (II.).

I. Die Klage mit dem Antrag zu 1 ist unzulässig, soweit dieser Klageantrag über den vorprozessual gestellten Antrag hinausgeht. Mit dem Antrag zu 1 begehrt der Kläger Zugang zu einer Trefferliste (entsprechend Anlage B2) unter Eingabe der Indexeinträge „Merkel“ und „Interview“ aus BPA-Dok. Der vorprozessuale Antrag des Klägers vom 29. Juli 2020 erfasste hingegen nur eine Teilmenge der klageweise begehrten Trefferliste; im Verwaltungsverfahren beantragte der Kläger Zugang zu Informationen aus BPA-Dok, die einen Hinweis darauf geben oder einen Bezug dazu haben, dass die Bundeskanzlerin der Presse oder dem Rundfunk ein Interview gegeben haben könnte. Damit sind nur die Teile der Trefferliste betroffen, die einen möglichen Hinweis geben oder Bezug haben zu einem von Frau Merkel gegebenen Interview. Nach dem unwidersprochenen Vortrag der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung ist die mit der Klage begehrte Trefferliste aber deutlich umfangreicher. Sie erfasst auch Dokumente, die einen wie auch immer gearteten Bezug zu der Bundeskanzlerin a.D. haben, da der Indexeintrag „INTV“ bzw. „INT“ (für Interview) von den Lektoren des Bundespresseamts für alle Beiträge vergeben wird, die ein wörtliches Zitat einer Person bzw. über eine Person enthalten. Es muss sich dabei weder um Interviews der Bundeskanzlerin a.D. handeln noch müssen sie einen Hinweis auf ein Interview der Bundeskanzlerin a.D. geben oder einen Bezug zu ihrem Interview haben. Auch die in den Dokumenten enthaltenen Zitate müssen nicht von der Bundeskanzlerin a.D. stammen oder sich inhaltlich auf sie beziehen.

II. Soweit die Klage mit dem Antrag zu 1 zulässig ist, ist sie unbegründet. Der Bescheid vom 23. September 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Dezember 2020 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten; der Kläger hat keinen Anspruch auf Zugang zu den (bereits vorprozessual) begehrten Informationen in Gestalt einer Trefferliste (§113 Abs.5 Satz1 VwGO).

Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers ist §1 Abs.1 Satz1 des Informationsfreiheitsgesetzes - IFG. Danach hat jeder nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen.

Zwar ist der Kläger als natürliche Person anspruchsberechtigt und das Bundespresseamt als Behörde des Bundes eine informationspflichtige Stelle. Auch ist der vorprozessuale Antrag des Klägers vom 29. Juli 2020 hinreichend bestimmt. Denn der Kläger hat mit seinen Schreiben vom 5. August 2020 und vom 6. Oktober 2020 klargestellt, dass er „keine frei zugänglichen Presseartikel“, sondern „Daten“ begehre, „die in BPA-Dok über Presseartikel (…) gespeichert sind“, um über den Umfang und den Inhalt der Interviewtätigkeit der Bundeskanzlerin zu berichten. Mit dieser Konkretisierung hat der Kläger einen noch hinreichend konkreten Bezug zu den begehrten Informationen hergestellt und den Verfahrensgegenstand inhaltlich (Interviewtätigkeit der Bundeskanzlerin a.D.) begrenzt. Dementsprechend hatte auch das Bundespresseamt in seinem Ausgangsbescheid vom 23. September 2020 die fehlende Bestimmtheit seinerseits nicht gerügt, sondern das Begehren des Klägers genauso erfasst, indem es ausführte, der Antrag des Klägers ziele auf das aggregierte Ergebnis einer Datenrecherche, die er durch im Internet frei zugängliche Suchmaschinen unter Nutzung der Suchbegriffe „Bundeskanzlerin“, „Angela Merkel“, „Interview“, „2019“ und „2020“ selbst durchführen könne.

Dieses aggregierte Ergebnis der Datenrecherche in Gestalt der vom Kläger begehrten Trefferliste ist beim Bundespresseamt aber nicht vorhanden.

Der Anspruch auf Informationszugang nach §1 Abs.1 Satz1 IFG ist auf diejenigen Informationen beschränkt, die bei der Behörde im Zeitpunkt des Eingangs des Antrags vorhanden sind (BVerwG, Urteil vom 29. Juni 2017 – BVerwG 7 C 22/15 – NVwZ 2018, 179 Rn. 18). Die Behörde trifft keine Informationsbeschaffungspflicht, und sie ist nicht gehalten, begehrte Informationen durch Untersuchungen erst zu generieren (BVerwG, Urteil vom 27. November 2014 – BVerwG 7 C 20/12 – BVerwGE 151, 1 Rn. 37). Ein vom Informationszugang nicht mehr gedeckter Informationsbeschaffungsanspruch liegt dabei weder in der erforderlichen Identifizierung der Information durch Beseitigung von in verwaltungstechnischen Erwägungen wurzelnden Hindernissen noch in der bloßen Addition gleichartiger Informationen, auf die sich ein Zugangsbegehren bezieht (BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 2019 – BVerwG 10 B 14/19 – WM 2020, 504 Rn. 7). Gemessen hieran handelt es sich vorliegend nicht um eine bloße Identifizierung vorhandener Informationen, sondern um die Generierung neuer Informationen.

Das Bundespresseamt müsste – nach seinem unwidersprochenen Vortrag – in einem ersten Schritt anhand der vom Kläger vorgegebenen Indexeinträge („Merkel“ und „Interview“) für den Zeitraum vom 1. Januar 2019 bis zum 29. Juli 2020 eine Recherche in seiner Datenbank durchführen und anschließend in einem zweiten Schritt eine Analyse der einzelnen Treffer dieser Recherche vornehmen. Im Rahmen dieser Analyse müsste das Bundespresseamt wertend festlegen, was genau unter „Interview“ im Sinne des Antrags zu verstehen ist und dann die mit den Indexeinträgen aufgefundenen Beiträge darauf untersuchen, ob sie einen Hinweis geben auf oder einen Bezug haben zu einem Interview der Bundeskanzlerin a.D. Bei dieser wertenden Tätigkeit handelt es sich nicht um eine bloße Addition gleichartiger Informationen oder um die Beseitigung verwaltungstechnischer Hindernisse, sondern um eine inhaltliche Aufbereitung von Informationen.

Selbst wenn man zugunsten des Klägers davon ausginge, dass er die mit der Klage begehrte Trefferliste in vollem Umfang bereits vorprozessual beantragt hätte, ergäbe sich nichts Anderes. Denn auch die gesamte Trefferliste, zusammengestellt nach den vom Kläger vorgegebenen Suchparametern, ist eine bei der Beklagten nicht vorhandene Information. Maßgeblich ist hierbei, dass es bei der vom Kläger gewünschten – nach bestimmten Stichworten vorgegebenen Suche – in dem vom Bundespresseamt geführten BPA-Dok nicht um die Zusammenstellung gleichartiger Informationen geht, sondern um die Recherche als solche, die aufgrund der Kombination einzelner Indexeinträge durch den Kläger zu einem Ergebnis führt, das völlig verschiedenartige Informationen in einer Trefferliste zusammenfasst. Durch die Wahl seiner Suchparameter bestimmt der Kläger zudem den Inhalt der zu erzeugenden Information, die gerade wegen der gewählten Kombination verschiedener Suchparameter zu einer Neukontextualisierung der gespeicherten Dokumente führt. Dies gilt umso mehr als es nicht um das Ausschneiden einzelner Worte oder Überschriften aus einem vorhandenen Text geht, sondern um das Auffinden von Texten, die im Vorfeld von der Behörde in einem wertenden Vorgang mit bestimmten Stichworten (Indexeinträgen) verknüpft worden sind.

Dem steht nicht entgegen, dass die Recherche nach dem Vortrag des Klägers einen nur unerheblichen Verwaltungsaufwand verursachen würde. Die Abgrenzung einer bloßen Addition vorhandener von einer Generierung neuer Informationen ist unabhängig von dem hierdurch verursachten Aufwand zu beurteilen (BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 2019 – BVerwG 10 B 14/19 – WM 2020, 504 Rn. 7).

III. Die Klage mit dem Antrag zu 2 ist zulässig, aber nicht begründet. Der ebenfalls am 23. September 2020 erlassene Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Dezember 2020 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten; der Kläger hat keinen Anspruch auf Zugang zu den vom Bundespresseamt angefertigten Transkripten von Wortlaut-Interviews der Bundeskanzlerin a.D. mit Rundfunk- und TV-Sendern (§113 Abs.5 Satz1 VwGO).

Dem Anspruch auf Informationszugang steht §9 Abs.3 IFG entgegen. Nach dieser Vorschrift kann der Antrag abgelehnt werden, wenn der Antragsteller bereits über die begehrten Informationen verfügt oder sich diese in zumutbarer Weise aus allgemein zugänglichen Quellen beschaffen kann. Die Beklagte ist zutreffend vom Vorliegen der Voraussetzungen ausgegangen und hat ihr Ermessen fehlerfrei ausgeübt.

  1. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist im Rahmen des §9 Abs.3 IFG der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung. Dies ergibt sich aus dem Sinn und Zweck des materiellen Rechts. §9 Abs.3 IFG ist – gegenüber den in §§3–6 IFG geregelten Ausschlussgründen – ein spezifischer Ablehnungsgrund; er dient der Entlastung der Behörde (BT-Drs. 15/4493 S.16; Schoch, IFG, 2. Auflage 2016, §9 Rn. 40), und seine Geltendmachung steht – bei Vorliegen der Voraussetzungen – in ihrem Ermessen. Mit §9 Abs.3 IFG sollte im Interesse der Entlastung der Behörde erreicht werden, dass nach erfolgter Ablehnung des Informationszugangsantrags die Behörde nicht zu prüfen hat, ob die Voraussetzungen und Ermessenserwägungen fortbestehen. Dieser vom Gesetzgeber verfolgte Zweck rechtfertigt es, im Rahmen des §9 Abs.3 IFG nicht den für die anderen Ausschlussgründe maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (vgl. BVerwG, Urteile vom 29. Oktober 2009 – BVerwG 7 C 22/08 – NVwZ 2010, 321 Rn. 33 f., vom 28. Februar 2019 – BVerwG 7 C 20/17 – BVerwGE 165, 1 Rn. 33 und vom 10. April 2019 – BVerwG 7 C 22/18 – NVwZ 2019, 1840 Rn. 46; vgl. auch Urteil vom 22. März 2022 – BVerwG 10 C 2/21 – juris Rn. 35 zum UIG) zu Grunde zu legen. Denn der von §9 Abs.3 IFG angestrebte Entlastungseffekt würde nicht erreicht werden, wenn die Behörde während eines auf die Ablehnung des Informationszugangs folgenden gerichtlichen Verfahrens ihre Entscheidung unter Kontrolle halten und fortlaufend prüfen müsste, ob der Antragsteller nach wie vor über die begehrten Informationen verfügt oder sämtliche im Zeitpunkt des Bescheiderlasses allgemein zugänglichen Informationen weiterhin allgemein zugänglich sind. Dies würde zu einer erheblichen Mehrbelastung führen, zumal in solchen Fällen, in denen – wie hier – eine Vielzahl allgemein zugänglicher Informationen begehrt wird. Zu Recht weist die Beklagte in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die für die Ablehnung des Informationszugangs maßgeblichen Umstände bei §9 Abs.3 IFG nicht in der Sphäre der Behörde, sondern in der des Antragstellers liegen. Sollte der Antragsteller im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung über die begehrten Informationen verfügen (Alt. 1) bzw. kann er sich diese aus allgemein zugänglichen Quellen beschaffen (Alt. 2), kann es nicht zu Lasten der Behörde gehen, wenn der Antragsteller die Informationen danach verliert oder davon abgesehen hat, sich diese aus den allgemein zugänglichen Quellen zu beschaffen. Denn damit hätte es der Antragsteller in der Hand, eine ursprünglich rechtmäßige Ablehnung seines Zugangsbegehrens nachträglich rechtswidrig werden zu lassen.

  2. Im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids am 16. Dezember 2020 waren die Interviews der Bundeskanzlerin nach dem Vortrag der Beklagten auf den Webseiten der Radio- und TV-Sender abrufbar und damit allgemein zugänglich (vgl. BT-Drs. 15/4493 S.16). Dies hat der Kläger nicht substantiiert bestritten. Mit seinem Vorbringen, die Sendungen würden nur bis zu 24 Monate in den Mediatheken vorgehalten, bestätigt er vielmehr der Sache nach, dass die Interviews aus dem Zeitraum vom 1. Januar 2019 bis zum 5. August 2020 bei Erlass des Widerspruchsbescheid noch allgemein zugänglich waren. Nach den Einlassungen des Klägervertreters in der mündlichen Verhandlung ist auch nicht davon auszugehen, dass der Kläger es zum damaligen Zeitpunkt zumindest stichprobenartig versucht hätte, sich die begehrten Informationen zu beschaffen. Dem entspricht der Vortrag des Klägers, er habe nicht die Zeit, die Mediatheken auf politisch brisante Interviews „zu durchforsten“.

Die allgemein zugänglichen Interviews (als Bild- und Audiodateien) sind deckungsgleiche Informationen mit den vom Bundespresseamt angefertigten Transkripten (vgl. VGH München, Urteil vom 22. April 2016 – 5 BV 15/799 – NVwZ 2016, 1107 Rn. 28; Schoch, IFG, 2. Auflage 2016, §9 Rn. 42). Der Wortlaut der Transkripte stimmt mit dem Wortlaut der Interviews überein. Weisen die begehrten und die allgemein zugänglichen Informationen einen solcherart identischen Informationsgehalt auf, kann die Behörde sich – unabhängig von der Art ihrer Speicherung (vgl. §2 Nr.1 Satz1 IFG) – auf §9 Abs.3 IFG berufen (vgl. Urteil der Kammer vom 29. April 2020 – VG 2 K 202/18 – AfP 2020, 358, 360 f.).

Dem Kläger war die Beschaffung der Interviews unter Berücksichtigung seiner individuellen Umstände (vgl. BT-Drs. 15/4493 S.16) zumutbar. Er konnte die Interviews kostenlos abrufen. Einen mit der Beschaffung verbundenen unzumutbaren Aufwand hat der Kläger nicht substantiiert dargelegt.

Die Beklagte durfte den Kläger auch ohne Angabe konkreter Links allgemein auf die Webseiten der Radio- und TV-Sender verweisen. Begehrt der Antragsteller – wie hier – Zugang zu einer Vielzahl von Informationen, die sämtlich aus der gleichen Art öffentlich zugänglicher Quellen stammen – hier: Webseiten der Radio- und TV-Sender –, genügt die Behörde ihrer Hinweispflicht, wenn sie ihrerseits auf diese Art der Quellen verweist. Ein konkreter Hinweis ist nur in solchen Fällen geboten, in denen eine einzelne Information aus dem Aktenbestand öffentlich zugänglich ist und der Antragsteller nicht weiß, um welche Informationen es sich handelt (vgl. dazu VG Frankfurt a.M., Urteil vom 12. März 2008 – 7 E 5426/06 – ZIP 2008, 2138, 2143).

  1. Das Bundespresseamt hat das ihm zustehende Ermessen erkannt und ordnungsgemäß ausgeübt (§114 VwGO). Weder hat die Beklagte mit ihrem Verweis auf die dem Kläger zur Verfügung stehenden ebenbürtigen Recherchemöglichkeiten sachfremde Erwägungen angestellt, noch war es geboten, den Kläger als Angehörigen der Presse im Rahmen des Informationsfreiheitsrechts günstiger zu behandeln als andere IFG-Antragsteller (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 13. April 2018 – OVG 12 S 13/18 – juris Rn. 5).

Auf den ebenfalls von der Beklagten geltend gemachten Ausschlussgrund des Schutzes geistigen Eigentums (§6 Satz1 IFG) kommt es bei dieser Sachlage nicht mehr an.

IV. Der hilfsweise gestellte Antrag zum Klagantrag zu 2 hat aus den unter III. aufgeführten Gründen ebenfalls keinen Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf §154 Abs.1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §167 Abs.1 Satz1, Abs.2 VwGO in Verbindung mit §708 Nr.11, §711 der Zivilprozessordnung.

Die Berufung wird wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage zugelassen, welcher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage im Rahmen von §9 Abs.3 IFG maßgeblich ist.

Tatbestand

Der Kläger ist Journalist und begehrt Zugang zu Informationen aus einer Datenbank des Presse- und Informationsamts der Bundesregierung (Bundespresseamt).

Das Bundespresseamt führt ein Archiv (BPA-Dok), das ca. 16 Millionen Dokumente umfasst. Das BPA-Dok speist sich aus Presseberichten, Agenturmeldungen und anderen Veröffentlichungen der Bundesregierung. Zudem enthält es vom Bundespresseamt erstellte Transkripte bestimmter Radio- und TV-Beiträge. Die Lektoren des Bundespresseamts verknüpfen die Dokumente mit sog. Indexeinträgen, anhand derer die Datenbank elektronisch nach Dokumenten durchsucht werden kann. Die Indexeinträge beziehen sich auf Merkmale (wie etwa Personen, Länder, Sachgebiete) und formale Einstufungen (z.B. Kommentar, Bericht, Report) sowie Quelle. Der Indexeintrag „INTV“ bzw. „INT“ (für Interview) umfasst Dokumente, die ein wörtliches Zitat einer Person bzw. über eine Person enthalten. Auf konkrete Anfrage der Bundesregierung oder des Bundespräsidenten stellt das Bundespresseamt Dokumente zusammen und gibt diese an die anfragende Stelle heraus.

Am 29. Juli 2020 beantragte der Kläger beim Bundespresseamt Zugang zu sämtlichen Informationen aus BPA-Dok seit 2019, die einen Hinweis darauf geben oder einen Bezug dazu haben, dass Bundeskanzlerin Angela Merkel einem Medium Presse/Rundfunk ein Interview gegeben haben könnte. Am 5. August 2020 beantragte er zudem Zugang zu den vom Bundespresseamt angefertigten Transkripten von Interviews der Bundeskanzlerin, die seit 2019 von Rundfunk- und TV-Sendern gesendet wurden.

Das Bundespresseamt lehnte diese Anträge mit Bescheiden vom 23. September 2020 ab.

Die hiergegen erhobenen Widersprüche wies das Bundespresseamt mit Widerspruchsbescheiden vom 16. Dezember 2020 mit der Begründung zurück, die Anträge seien nicht bestimmt genug. Es sei unklar, was der Kläger in seinem Antrag vom 29. Juli 2020 mit der Formulierung „Hinweis“ und „Bezug“ meine. Die Anträge seien nicht auf Zugang zu amtlichen Informationen gerichtet. Sowohl die Presseartikel als auch die in BPA-Dok über diese Presseartikel erfassten Daten stünden nicht im Zusammenhang mit einer amtlichen Tätigkeit. Die Daten speisten sich aus frei zugänglichen Veröffentlichungen, die bei der Zusammenstellung und Auswertung für die Bundesregierung und den Bundespräsidenten einem amtlichen Zweck zugeführt würden. Der Antrag vom 29. Juli 2020 sei auf Zugang zu nicht vorhandenen Informationen gerichtet. Der Kläger wolle das Bundespresseamt zu einer Datenbankabfrage nach seinen Wünschen bewegen, um das für ihn generierte Ergebnis dieser Abfrage dann als amtliche Information zu erhalten. Der Kläger könne sich die begehrten Informationen in zumutbarer Weise aus allgemein zugänglichen Quellen beschaffen. Die in BPA-Dok enthaltenen Informationen zum Inhalt von Interviews der Bundeskanzlerin stammten aus allgemein zugänglichen Quellen. Dies gelte auch für die Interviews in Radio- und TV-Sendungen. Diese seien nach ihrer Erstausstrahlung auf den Webseiten der Sender vorhanden. Dem Kläger sei die Beschaffung zumutbar. Das Ermessen sei zulasten des Klägers auszuüben, da er über ebenbürtige Recherchemöglichkeiten verfüge. Seine berufliche Stellung als Angehöriger der Presse gebiete keine andere Bewertung.

Der Kläger hat am 18. Januar 2021 Klage erhoben. Er trägt vor: Die begehrten Informationen seien amtlich, weil das Bundespresseamt sie systematisch gespeichert, kategorisiert und zugänglich gemacht habe. Er könne sich die Informationen nicht aus allgemein zugänglichen Quellen beschaffen. Denn es gehe ihm gerade um die in BPA-Dok gespeicherten Daten, die nicht in allgemein zugänglichen Quellen vorhanden seien. Er habe nicht die Zeit, temporär bereitgestellte Rundfunksendungen in den Mediatheken regelmäßig, wiederholt und möglicherweise über Jahre auf politische Relevanz zu durchforsten. Die Radio- und TV-Interviews würden dort höchstens 24 Monate vorgehalten. Eine anderweitige Beschaffung sei nicht zumutbar. Er müsste die Dokumentation seines Verlags beauftragen, die Zugang zu Mediendatenbanken habe. Die Recherche könne, je nach dem Grad der gewünschten Vollständigkeit, einen bis mehrere Tage in Anspruch nehmen. Selbst in diesem Fall wären Angaben zu Radio- und TV-Interviews der Bundeskanzlerin nicht enthalten bzw. ergäben sich nur Zufallsfunde. Die Bereitstellung der erbetenen Information sei dagegen eine Angelegenheit von Minuten.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung der Bescheide des Bundespresseamts vom 23. September 2020 in Gestalt der Widerspruchsbescheide derselben Behörde vom 16. Dezember 2020 zu verpflichten, ihm Zugang zu gewähren

  1. zu einer Trefferliste (entsprechend Anlage B2) unter Eingabe der Indexeinträge „Merkel“ und „Interview“ aus der amtlichen Datenbank BPA-Dok des Bundespresseamts im Zeitraum vom 1. Januar 2019 bis 29. Juli 2020,

  2. zu den in BPA-Dok enthaltenen, vom Bundespresseamt angefertigten Transkriptionen von Wortlaut-Interviews der Bundeskanzlerin Angela Merkel, die Rundfunk- und TV-Sender im Zeitraum vom 1. Januar 2019 bis 5. August 2020 gesendet haben,

hilfsweise zu den in BPA-Dok enthaltenen, vom Bundespresseamt angefertigten Transkriptionen von Wortlaut-Interviews der Bundeskanzlerin Angela Merkel, die Rundfunk- und TV-Sender im Zeitraum vom 1. Januar 2019 bis 5. August 2020 gesendet haben und die bei Eingabe der Indexeinträge „Merkel“ und „Interview“ erscheinen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Ergänzend trägt sie vor, die vom Kläger begehrten Informationen müssten erst generiert werden, weil das Bundespresseamt auf das Ergebnis einer solchen Suchanfrage aus anderem Anlass nicht zurückgreifen könne. Diese Information würde nicht zur Aufgabenerfüllung des Bundespresseamts geschaffen. Das Informationsbegehren des Klägers diene keinem der gesetzlichen Informationszwecke. Der Informationszugang solle nicht die Transparenz behördlicher Entscheidung erhöhen und sei auch keine Voraussetzung für die effektive Wahrnehmung von Bürgerrechten. Der Informationsgewinn bestehe erst in der gesonderten Aufbereitung der allgemein zugänglichen Quellen nach den eigenen Suchkriterien des Klägers. Dieser könne sich hierdurch eine aufwändige und ggf. auch kostenpflichtige Recherchearbeit erleichtern bzw. ersparen. Sämtliche in BPA-Dok enthaltenen Informationen stammten aus allgemein zugänglichen Quellen. Eine verlässliche Aussage dazu, ob die begehrten Informationen weiterhin allgemein zugänglich seien, könne nicht getroffen werden. Dies sei auch unbeachtlich. Für die Frage, ob der Kläger die begehrten Informationen aus allgemein zugänglichen Quellen beschaffen könne, sei auf den Zeitpunkt der Antragstellung abzustellen. Der Ablehnungsgrund diene der Entlastung der Behörde. Zudem liege es nur beim Kläger, die Voraussetzungen für die Ermessensausübung zu beeinflussen. Die Beschaffung der Informationen aus allgemein zugänglichen Quellen sei dem Kläger zumutbar, selbst wenn dies mit zeitlichem Aufwand und Kosten verbunden sei. Der Antrag zu 2 sei allgemein und weise keinen Bezug zu einem Sachthema auf, so dass es sich um einen unbestimmten Globalantrag handele. Zudem stehe der Herausgabe der Transkripte das urheberrechtliche Leistungsschutzrecht der Sendeunternehmen entgegen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakte und den Verwaltungsvorgang verwiesen.

Die Klage ist teilweise unzulässig (I.) und im Übrigen unbegründet (II.).

I. Die Klage mit dem Antrag zu 1 ist unzulässig, soweit dieser Klageantrag über den vorprozessual gestellten Antrag hinausgeht. Mit dem Antrag zu 1 begehrt der Kläger Zugang zu einer Trefferliste (entsprechend Anlage B2) unter Eingabe der Indexeinträge „Merkel“ und „Interview“ aus BPA-Dok. Der vorprozessuale Antrag des Klägers vom 29. Juli 2020 erfasste hingegen nur eine Teilmenge der klageweise begehrten Trefferliste; im Verwaltungsverfahren beantragte der Kläger Zugang zu Informationen aus BPA-Dok, die einen Hinweis darauf geben oder einen Bezug dazu haben, dass die Bundeskanzlerin der Presse oder dem Rundfunk ein Interview gegeben haben könnte. Damit sind nur die Teile der Trefferliste betroffen, die einen möglichen Hinweis geben oder Bezug haben zu einem von Frau Merkel gegebenen Interview. Nach dem unwidersprochenen Vortrag der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung ist die mit der Klage begehrte Trefferliste aber deutlich umfangreicher. Sie erfasst auch Dokumente, die einen wie auch immer gearteten Bezug zu der Bundeskanzlerin a.D. haben, da der Indexeintrag „INTV“ bzw. „INT“ (für Interview) von den Lektoren des Bundespresseamts für alle Beiträge vergeben wird, die ein wörtliches Zitat einer Person bzw. über eine Person enthalten. Es muss sich dabei weder um Interviews der Bundeskanzlerin a.D. handeln noch müssen sie einen Hinweis auf ein Interview der Bundeskanzlerin a.D. geben oder einen Bezug zu ihrem Interview haben. Auch die in den Dokumenten enthaltenen Zitate müssen nicht von der Bundeskanzlerin a.D. stammen oder sich inhaltlich auf sie beziehen.

II. Soweit die Klage mit dem Antrag zu 1 zulässig ist, ist sie unbegründet. Der Bescheid vom 23. September 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Dezember 2020 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten; der Kläger hat keinen Anspruch auf Zugang zu den (bereits vorprozessual) begehrten Informationen in Gestalt einer Trefferliste (§113 Abs.5 Satz1 VwGO).

Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers ist §1 Abs.1 Satz1 des Informationsfreiheitsgesetzes - IFG. Danach hat jeder nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen.

Zwar ist der Kläger als natürliche Person anspruchsberechtigt und das Bundespresseamt als Behörde des Bundes eine informationspflichtige Stelle. Auch ist der vorprozessuale Antrag des Klägers vom 29. Juli 2020 hinreichend bestimmt. Denn der Kläger hat mit seinen Schreiben vom 5. August 2020 und vom 6. Oktober 2020 klargestellt, dass er „keine frei zugänglichen Presseartikel“, sondern „Daten“ begehre, „die in BPA-Dok über Presseartikel (…) gespeichert sind“, um über den Umfang und den Inhalt der Interviewtätigkeit der Bundeskanzlerin zu berichten. Mit dieser Konkretisierung hat der Kläger einen noch hinreichend konkreten Bezug zu den begehrten Informationen hergestellt und den Verfahrensgegenstand inhaltlich (Interviewtätigkeit der Bundeskanzlerin a.D.) begrenzt. Dementsprechend hatte auch das Bundespresseamt in seinem Ausgangsbescheid vom 23. September 2020 die fehlende Bestimmtheit seinerseits nicht gerügt, sondern das Begehren des Klägers genauso erfasst, indem es ausführte, der Antrag des Klägers ziele auf das aggregierte Ergebnis einer Datenrecherche, die er durch im Internet frei zugängliche Suchmaschinen unter Nutzung der Suchbegriffe „Bundeskanzlerin“, „Angela Merkel“, „Interview“, „2019“ und „2020“ selbst durchführen könne.

Dieses aggregierte Ergebnis der Datenrecherche in Gestalt der vom Kläger begehrten Trefferliste ist beim Bundespresseamt aber nicht vorhanden.

Der Anspruch auf Informationszugang nach §1 Abs.1 Satz1 IFG ist auf diejenigen Informationen beschränkt, die bei der Behörde im Zeitpunkt des Eingangs des Antrags vorhanden sind (BVerwG, Urteil vom 29. Juni 2017 – BVerwG 7 C 22/15 – NVwZ 2018, 179 Rn. 18). Die Behörde trifft keine Informationsbeschaffungspflicht, und sie ist nicht gehalten, begehrte Informationen durch Untersuchungen erst zu generieren (BVerwG, Urteil vom 27. November 2014 – BVerwG 7 C 20/12 – BVerwGE 151, 1 Rn. 37). Ein vom Informationszugang nicht mehr gedeckter Informationsbeschaffungsanspruch liegt dabei weder in der erforderlichen Identifizierung der Information durch Beseitigung von in verwaltungstechnischen Erwägungen wurzelnden Hindernissen noch in der bloßen Addition gleichartiger Informationen, auf die sich ein Zugangsbegehren bezieht (BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 2019 – BVerwG 10 B 14/19 – WM 2020, 504 Rn. 7). Gemessen hieran handelt es sich vorliegend nicht um eine bloße Identifizierung vorhandener Informationen, sondern um die Generierung neuer Informationen.

Das Bundespresseamt müsste – nach seinem unwidersprochenen Vortrag – in einem ersten Schritt anhand der vom Kläger vorgegebenen Indexeinträge („Merkel“ und „Interview“) für den Zeitraum vom 1. Januar 2019 bis zum 29. Juli 2020 eine Recherche in seiner Datenbank durchführen und anschließend in einem zweiten Schritt eine Analyse der einzelnen Treffer dieser Recherche vornehmen. Im Rahmen dieser Analyse müsste das Bundespresseamt wertend festlegen, was genau unter „Interview“ im Sinne des Antrags zu verstehen ist und dann die mit den Indexeinträgen aufgefundenen Beiträge darauf untersuchen, ob sie einen Hinweis geben auf oder einen Bezug haben zu einem Interview der Bundeskanzlerin a.D. Bei dieser wertenden Tätigkeit handelt es sich nicht um eine bloße Addition gleichartiger Informationen oder um die Beseitigung verwaltungstechnischer Hindernisse, sondern um eine inhaltliche Aufbereitung von Informationen.

Selbst wenn man zugunsten des Klägers davon ausginge, dass er die mit der Klage begehrte Trefferliste in vollem Umfang bereits vorprozessual beantragt hätte, ergäbe sich nichts Anderes. Denn auch die gesamte Trefferliste, zusammengestellt nach den vom Kläger vorgegebenen Suchparametern, ist eine bei der Beklagten nicht vorhandene Information. Maßgeblich ist hierbei, dass es bei der vom Kläger gewünschten – nach bestimmten Stichworten vorgegebenen Suche – in dem vom Bundespresseamt geführten BPA-Dok nicht um die Zusammenstellung gleichartiger Informationen geht, sondern um die Recherche als solche, die aufgrund der Kombination einzelner Indexeinträge durch den Kläger zu einem Ergebnis führt, das völlig verschiedenartige Informationen in einer Trefferliste zusammenfasst. Durch die Wahl seiner Suchparameter bestimmt der Kläger zudem den Inhalt der zu erzeugenden Information, die gerade wegen der gewählten Kombination verschiedener Suchparameter zu einer Neukontextualisierung der gespeicherten Dokumente führt. Dies gilt umso mehr als es nicht um das Ausschneiden einzelner Worte oder Überschriften aus einem vorhandenen Text geht, sondern um das Auffinden von Texten, die im Vorfeld von der Behörde in einem wertenden Vorgang mit bestimmten Stichworten (Indexeinträgen) verknüpft worden sind.

Dem steht nicht entgegen, dass die Recherche nach dem Vortrag des Klägers einen nur unerheblichen Verwaltungsaufwand verursachen würde. Die Abgrenzung einer bloßen Addition vorhandener von einer Generierung neuer Informationen ist unabhängig von dem hierdurch verursachten Aufwand zu beurteilen (BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 2019 – BVerwG 10 B 14/19 – WM 2020, 504 Rn. 7).

III. Die Klage mit dem Antrag zu 2 ist zulässig, aber nicht begründet. Der ebenfalls am 23. September 2020 erlassene Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Dezember 2020 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten; der Kläger hat keinen Anspruch auf Zugang zu den vom Bundespresseamt angefertigten Transkripten von Wortlaut-Interviews der Bundeskanzlerin a.D. mit Rundfunk- und TV-Sendern (§113 Abs.5 Satz1 VwGO).

Dem Anspruch auf Informationszugang steht §9 Abs.3 IFG entgegen. Nach dieser Vorschrift kann der Antrag abgelehnt werden, wenn der Antragsteller bereits über die begehrten Informationen verfügt oder sich diese in zumutbarer Weise aus allgemein zugänglichen Quellen beschaffen kann. Die Beklagte ist zutreffend vom Vorliegen der Voraussetzungen ausgegangen und hat ihr Ermessen fehlerfrei ausgeübt.

  1. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist im Rahmen des §9 Abs.3 IFG der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung. Dies ergibt sich aus dem Sinn und Zweck des materiellen Rechts. §9 Abs.3 IFG ist – gegenüber den in §§3–6 IFG geregelten Ausschlussgründen – ein spezifischer Ablehnungsgrund; er dient der Entlastung der Behörde (BT-Drs. 15/4493 S.16; Schoch, IFG, 2. Auflage 2016, §9 Rn. 40), und seine Geltendmachung steht – bei Vorliegen der Voraussetzungen – in ihrem Ermessen. Mit §9 Abs.3 IFG sollte im Interesse der Entlastung der Behörde erreicht werden, dass nach erfolgter Ablehnung des Informationszugangsantrags die Behörde nicht zu prüfen hat, ob die Voraussetzungen und Ermessenserwägungen fortbestehen. Dieser vom Gesetzgeber verfolgte Zweck rechtfertigt es, im Rahmen des §9 Abs.3 IFG nicht den für die anderen Ausschlussgründe maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (vgl. BVerwG, Urteile vom 29. Oktober 2009 – BVerwG 7 C 22/08 – NVwZ 2010, 321 Rn. 33 f., vom 28. Februar 2019 – BVerwG 7 C 20/17 – BVerwGE 165, 1 Rn. 33 und vom 10. April 2019 – BVerwG 7 C 22/18 – NVwZ 2019, 1840 Rn. 46; vgl. auch Urteil vom 22. März 2022 – BVerwG 10 C 2/21 – juris Rn. 35 zum UIG) zu Grunde zu legen. Denn der von §9 Abs.3 IFG angestrebte Entlastungseffekt würde nicht erreicht werden, wenn die Behörde während eines auf die Ablehnung des Informationszugangs folgenden gerichtlichen Verfahrens ihre Entscheidung unter Kontrolle halten und fortlaufend prüfen müsste, ob der Antragsteller nach wie vor über die begehrten Informationen verfügt oder sämtliche im Zeitpunkt des Bescheiderlasses allgemein zugänglichen Informationen weiterhin allgemein zugänglich sind. Dies würde zu einer erheblichen Mehrbelastung führen, zumal in solchen Fällen, in denen – wie hier – eine Vielzahl allgemein zugänglicher Informationen begehrt wird. Zu Recht weist die Beklagte in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die für die Ablehnung des Informationszugangs maßgeblichen Umstände bei §9 Abs.3 IFG nicht in der Sphäre der Behörde, sondern in der des Antragstellers liegen. Sollte der Antragsteller im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung über die begehrten Informationen verfügen (Alt. 1) bzw. kann er sich diese aus allgemein zugänglichen Quellen beschaffen (Alt. 2), kann es nicht zu Lasten der Behörde gehen, wenn der Antragsteller die Informationen danach verliert oder davon abgesehen hat, sich diese aus den allgemein zugänglichen Quellen zu beschaffen. Denn damit hätte es der Antragsteller in der Hand, eine ursprünglich rechtmäßige Ablehnung seines Zugangsbegehrens nachträglich rechtswidrig werden zu lassen.

  2. Im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids am 16. Dezember 2020 waren die Interviews der Bundeskanzlerin nach dem Vortrag der Beklagten auf den Webseiten der Radio- und TV-Sender abrufbar und damit allgemein zugänglich (vgl. BT-Drs. 15/4493 S.16). Dies hat der Kläger nicht substantiiert bestritten. Mit seinem Vorbringen, die Sendungen würden nur bis zu 24 Monate in den Mediatheken vorgehalten, bestätigt er vielmehr der Sache nach, dass die Interviews aus dem Zeitraum vom 1. Januar 2019 bis zum 5. August 2020 bei Erlass des Widerspruchsbescheid noch allgemein zugänglich waren. Nach den Einlassungen des Klägervertreters in der mündlichen Verhandlung ist auch nicht davon auszugehen, dass der Kläger es zum damaligen Zeitpunkt zumindest stichprobenartig versucht hätte, sich die begehrten Informationen zu beschaffen. Dem entspricht der Vortrag des Klägers, er habe nicht die Zeit, die Mediatheken auf politisch brisante Interviews „zu durchforsten“.

Die allgemein zugänglichen Interviews (als Bild- und Audiodateien) sind deckungsgleiche Informationen mit den vom Bundespresseamt angefertigten Transkripten (vgl. VGH München, Urteil vom 22. April 2016 – 5 BV 15/799 – NVwZ 2016, 1107 Rn. 28; Schoch, IFG, 2. Auflage 2016, §9 Rn. 42). Der Wortlaut der Transkripte stimmt mit dem Wortlaut der Interviews überein. Weisen die begehrten und die allgemein zugänglichen Informationen einen solcherart identischen Informationsgehalt auf, kann die Behörde sich – unabhängig von der Art ihrer Speicherung (vgl. §2 Nr.1 Satz1 IFG) – auf §9 Abs.3 IFG berufen (vgl. Urteil der Kammer vom 29. April 2020 – VG 2 K 202/18 – AfP 2020, 358, 360 f.).

Dem Kläger war die Beschaffung der Interviews unter Berücksichtigung seiner individuellen Umstände (vgl. BT-Drs. 15/4493 S.16) zumutbar. Er konnte die Interviews kostenlos abrufen. Einen mit der Beschaffung verbundenen unzumutbaren Aufwand hat der Kläger nicht substantiiert dargelegt.

Die Beklagte durfte den Kläger auch ohne Angabe konkreter Links allgemein auf die Webseiten der Radio- und TV-Sender verweisen. Begehrt der Antragsteller – wie hier – Zugang zu einer Vielzahl von Informationen, die sämtlich aus der gleichen Art öffentlich zugänglicher Quellen stammen – hier: Webseiten der Radio- und TV-Sender –, genügt die Behörde ihrer Hinweispflicht, wenn sie ihrerseits auf diese Art der Quellen verweist. Ein konkreter Hinweis ist nur in solchen Fällen geboten, in denen eine einzelne Information aus dem Aktenbestand öffentlich zugänglich ist und der Antragsteller nicht weiß, um welche Informationen es sich handelt (vgl. dazu VG Frankfurt a.M., Urteil vom 12. März 2008 – 7 E 5426/06 – ZIP 2008, 2138, 2143).

  1. Das Bundespresseamt hat das ihm zustehende Ermessen erkannt und ordnungsgemäß ausgeübt (§114 VwGO). Weder hat die Beklagte mit ihrem Verweis auf die dem Kläger zur Verfügung stehenden ebenbürtigen Recherchemöglichkeiten sachfremde Erwägungen angestellt, noch war es geboten, den Kläger als Angehörigen der Presse im Rahmen des Informationsfreiheitsrechts günstiger zu behandeln als andere IFG-Antragsteller (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 13. April 2018 – OVG 12 S 13/18 – juris Rn. 5).

Auf den ebenfalls von der Beklagten geltend gemachten Ausschlussgrund des Schutzes geistigen Eigentums (§6 Satz1 IFG) kommt es bei dieser Sachlage nicht mehr an.

IV. Der hilfsweise gestellte Antrag zum Klagantrag zu 2 hat aus den unter III. aufgeführten Gründen ebenfalls keinen Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf §154 Abs.1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §167 Abs.1 Satz1, Abs.2 VwGO in Verbindung mit §708 Nr.11, §711 der Zivilprozessordnung.

Die Berufung wird wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage zugelassen, welcher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage im Rahmen von §9 Abs.3 IFG maßgeblich ist.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist teilweise unzulässig (I.) und im Übrigen unbegründet (II.).

I. Die Klage mit dem Antrag zu 1 ist unzulässig, soweit dieser Klageantrag über den vorprozessual gestellten Antrag hinausgeht. Mit dem Antrag zu 1 begehrt der Kläger Zugang zu einer Trefferliste (entsprechend Anlage B2) unter Eingabe der Indexeinträge „Merkel“ und „Interview“ aus BPA-Dok. Der vorprozessuale Antrag des Klägers vom 29. Juli 2020 erfasste hingegen nur eine Teilmenge der klageweise begehrten Trefferliste; im Verwaltungsverfahren beantragte der Kläger Zugang zu Informationen aus BPA-Dok, die einen Hinweis darauf geben oder einen Bezug dazu haben, dass die Bundeskanzlerin der Presse oder dem Rundfunk ein Interview gegeben haben könnte. Damit sind nur die Teile der Trefferliste betroffen, die einen möglichen Hinweis geben oder Bezug haben zu einem von Frau Merkel gegebenen Interview. Nach dem unwidersprochenen Vortrag der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung ist die mit der Klage begehrte Trefferliste aber deutlich umfangreicher. Sie erfasst auch Dokumente, die einen wie auch immer gearteten Bezug zu der Bundeskanzlerin a.D. haben, da der Indexeintrag „INTV“ bzw. „INT“ (für Interview) von den Lektoren des Bundespresseamts für alle Beiträge vergeben wird, die ein wörtliches Zitat einer Person bzw. über eine Person enthalten. Es muss sich dabei weder um Interviews der Bundeskanzlerin a.D. handeln noch müssen sie einen Hinweis auf ein Interview der Bundeskanzlerin a.D. geben oder einen Bezug zu ihrem Interview haben. Auch die in den Dokumenten enthaltenen Zitate müssen nicht von der Bundeskanzlerin a.D. stammen oder sich inhaltlich auf sie beziehen.

II. Soweit die Klage mit dem Antrag zu 1 zulässig ist, ist sie unbegründet. Der Bescheid vom 23. September 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Dezember 2020 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten; der Kläger hat keinen Anspruch auf Zugang zu den (bereits vorprozessual) begehrten Informationen in Gestalt einer Trefferliste (§113 Abs.5 Satz1 VwGO).

Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers ist §1 Abs.1 Satz1 des Informationsfreiheitsgesetzes - IFG. Danach hat jeder nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen.

Zwar ist der Kläger als natürliche Person anspruchsberechtigt und das Bundespresseamt als Behörde des Bundes eine informationspflichtige Stelle. Auch ist der vorprozessuale Antrag des Klägers vom 29. Juli 2020 hinreichend bestimmt. Denn der Kläger hat mit seinen Schreiben vom 5. August 2020 und vom 6. Oktober 2020 klargestellt, dass er „keine frei zugänglichen Presseartikel“, sondern „Daten“ begehre, „die in BPA-Dok über Presseartikel (…) gespeichert sind“, um über den Umfang und den Inhalt der Interviewtätigkeit der Bundeskanzlerin zu berichten. Mit dieser Konkretisierung hat der Kläger einen noch hinreichend konkreten Bezug zu den begehrten Informationen hergestellt und den Verfahrensgegenstand inhaltlich (Interviewtätigkeit der Bundeskanzlerin a.D.) begrenzt. Dementsprechend hatte auch das Bundespresseamt in seinem Ausgangsbescheid vom 23. September 2020 die fehlende Bestimmtheit seinerseits nicht gerügt, sondern das Begehren des Klägers genauso erfasst, indem es ausführte, der Antrag des Klägers ziele auf das aggregierte Ergebnis einer Datenrecherche, die er durch im Internet frei zugängliche Suchmaschinen unter Nutzung der Suchbegriffe „Bundeskanzlerin“, „Angela Merkel“, „Interview“, „2019“ und „2020“ selbst durchführen könne.

Dieses aggregierte Ergebnis der Datenrecherche in Gestalt der vom Kläger begehrten Trefferliste ist beim Bundespresseamt aber nicht vorhanden.

Der Anspruch auf Informationszugang nach §1 Abs.1 Satz1 IFG ist auf diejenigen Informationen beschränkt, die bei der Behörde im Zeitpunkt des Eingangs des Antrags vorhanden sind (BVerwG, Urteil vom 29. Juni 2017 – BVerwG 7 C 22/15 – NVwZ 2018, 179 Rn. 18). Die Behörde trifft keine Informationsbeschaffungspflicht, und sie ist nicht gehalten, begehrte Informationen durch Untersuchungen erst zu generieren (BVerwG, Urteil vom 27. November 2014 – BVerwG 7 C 20/12 – BVerwGE 151, 1 Rn. 37). Ein vom Informationszugang nicht mehr gedeckter Informationsbeschaffungsanspruch liegt dabei weder in der erforderlichen Identifizierung der Information durch Beseitigung von in verwaltungstechnischen Erwägungen wurzelnden Hindernissen noch in der bloßen Addition gleichartiger Informationen, auf die sich ein Zugangsbegehren bezieht (BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 2019 – BVerwG 10 B 14/19 – WM 2020, 504 Rn. 7). Gemessen hieran handelt es sich vorliegend nicht um eine bloße Identifizierung vorhandener Informationen, sondern um die Generierung neuer Informationen.

Das Bundespresseamt müsste – nach seinem unwidersprochenen Vortrag – in einem ersten Schritt anhand der vom Kläger vorgegebenen Indexeinträge („Merkel“ und „Interview“) für den Zeitraum vom 1. Januar 2019 bis zum 29. Juli 2020 eine Recherche in seiner Datenbank durchführen und anschließend in einem zweiten Schritt eine Analyse der einzelnen Treffer dieser Recherche vornehmen. Im Rahmen dieser Analyse müsste das Bundespresseamt wertend festlegen, was genau unter „Interview“ im Sinne des Antrags zu verstehen ist und dann die mit den Indexeinträgen aufgefundenen Beiträge darauf untersuchen, ob sie einen Hinweis geben auf oder einen Bezug haben zu einem Interview der Bundeskanzlerin a.D. Bei dieser wertenden Tätigkeit handelt es sich nicht um eine bloße Addition gleichartiger Informationen oder um die Beseitigung verwaltungstechnischer Hindernisse, sondern um eine inhaltliche Aufbereitung von Informationen.

Selbst wenn man zugunsten des Klägers davon ausginge, dass er die mit der Klage begehrte Trefferliste in vollem Umfang bereits vorprozessual beantragt hätte, ergäbe sich nichts Anderes. Denn auch die gesamte Trefferliste, zusammengestellt nach den vom Kläger vorgegebenen Suchparametern, ist eine bei der Beklagten nicht vorhandene Information. Maßgeblich ist hierbei, dass es bei der vom Kläger gewünschten – nach bestimmten Stichworten vorgegebenen Suche – in dem vom Bundespresseamt geführten BPA-Dok nicht um die Zusammenstellung gleichartiger Informationen geht, sondern um die Recherche als solche, die aufgrund der Kombination einzelner Indexeinträge durch den Kläger zu einem Ergebnis führt, das völlig verschiedenartige Informationen in einer Trefferliste zusammenfasst. Durch die Wahl seiner Suchparameter bestimmt der Kläger zudem den Inhalt der zu erzeugenden Information, die gerade wegen der gewählten Kombination verschiedener Suchparameter zu einer Neukontextualisierung der gespeicherten Dokumente führt. Dies gilt umso mehr als es nicht um das Ausschneiden einzelner Worte oder Überschriften aus einem vorhandenen Text geht, sondern um das Auffinden von Texten, die im Vorfeld von der Behörde in einem wertenden Vorgang mit bestimmten Stichworten (Indexeinträgen) verknüpft worden sind.

Dem steht nicht entgegen, dass die Recherche nach dem Vortrag des Klägers einen nur unerheblichen Verwaltungsaufwand verursachen würde. Die Abgrenzung einer bloßen Addition vorhandener von einer Generierung neuer Informationen ist unabhängig von dem hierdurch verursachten Aufwand zu beurteilen (BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 2019 – BVerwG 10 B 14/19 – WM 2020, 504 Rn. 7).

III. Die Klage mit dem Antrag zu 2 ist zulässig, aber nicht begründet. Der ebenfalls am 23. September 2020 erlassene Bescheid in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 16. Dezember 2020 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten; der Kläger hat keinen Anspruch auf Zugang zu den vom Bundespresseamt angefertigten Transkripten von Wortlaut-Interviews der Bundeskanzlerin a.D. mit Rundfunk- und TV-Sendern (§113 Abs.5 Satz1 VwGO).

Dem Anspruch auf Informationszugang steht §9 Abs.3 IFG entgegen. Nach dieser Vorschrift kann der Antrag abgelehnt werden, wenn der Antragsteller bereits über die begehrten Informationen verfügt oder sich diese in zumutbarer Weise aus allgemein zugänglichen Quellen beschaffen kann. Die Beklagte ist zutreffend vom Vorliegen der Voraussetzungen ausgegangen und hat ihr Ermessen fehlerfrei ausgeübt.

  1. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist im Rahmen des §9 Abs.3 IFG der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung. Dies ergibt sich aus dem Sinn und Zweck des materiellen Rechts. §9 Abs.3 IFG ist – gegenüber den in §§3–6 IFG geregelten Ausschlussgründen – ein spezifischer Ablehnungsgrund; er dient der Entlastung der Behörde (BT-Drs. 15/4493 S.16; Schoch, IFG, 2. Auflage 2016, §9 Rn. 40), und seine Geltendmachung steht – bei Vorliegen der Voraussetzungen – in ihrem Ermessen. Mit §9 Abs.3 IFG sollte im Interesse der Entlastung der Behörde erreicht werden, dass nach erfolgter Ablehnung des Informationszugangsantrags die Behörde nicht zu prüfen hat, ob die Voraussetzungen und Ermessenserwägungen fortbestehen. Dieser vom Gesetzgeber verfolgte Zweck rechtfertigt es, im Rahmen des §9 Abs.3 IFG nicht den für die anderen Ausschlussgründe maßgeblichen Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (vgl. BVerwG, Urteile vom 29. Oktober 2009 – BVerwG 7 C 22/08 – NVwZ 2010, 321 Rn. 33 f., vom 28. Februar 2019 – BVerwG 7 C 20/17 – BVerwGE 165, 1 Rn. 33 und vom 10. April 2019 – BVerwG 7 C 22/18 – NVwZ 2019, 1840 Rn. 46; vgl. auch Urteil vom 22. März 2022 – BVerwG 10 C 2/21 – juris Rn. 35 zum UIG) zu Grunde zu legen. Denn der von §9 Abs.3 IFG angestrebte Entlastungseffekt würde nicht erreicht werden, wenn die Behörde während eines auf die Ablehnung des Informationszugangs folgenden gerichtlichen Verfahrens ihre Entscheidung unter Kontrolle halten und fortlaufend prüfen müsste, ob der Antragsteller nach wie vor über die begehrten Informationen verfügt oder sämtliche im Zeitpunkt des Bescheiderlasses allgemein zugänglichen Informationen weiterhin allgemein zugänglich sind. Dies würde zu einer erheblichen Mehrbelastung führen, zumal in solchen Fällen, in denen – wie hier – eine Vielzahl allgemein zugänglicher Informationen begehrt wird. Zu Recht weist die Beklagte in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die für die Ablehnung des Informationszugangs maßgeblichen Umstände bei §9 Abs.3 IFG nicht in der Sphäre der Behörde, sondern in der des Antragstellers liegen. Sollte der Antragsteller im Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung über die begehrten Informationen verfügen (Alt. 1) bzw. kann er sich diese aus allgemein zugänglichen Quellen beschaffen (Alt. 2), kann es nicht zu Lasten der Behörde gehen, wenn der Antragsteller die Informationen danach verliert oder davon abgesehen hat, sich diese aus den allgemein zugänglichen Quellen zu beschaffen. Denn damit hätte es der Antragsteller in der Hand, eine ursprünglich rechtmäßige Ablehnung seines Zugangsbegehrens nachträglich rechtswidrig werden zu lassen.

  2. Im Zeitpunkt des Erlasses des Widerspruchsbescheids am 16. Dezember 2020 waren die Interviews der Bundeskanzlerin nach dem Vortrag der Beklagten auf den Webseiten der Radio- und TV-Sender abrufbar und damit allgemein zugänglich (vgl. BT-Drs. 15/4493 S.16). Dies hat der Kläger nicht substantiiert bestritten. Mit seinem Vorbringen, die Sendungen würden nur bis zu 24 Monate in den Mediatheken vorgehalten, bestätigt er vielmehr der Sache nach, dass die Interviews aus dem Zeitraum vom 1. Januar 2019 bis zum 5. August 2020 bei Erlass des Widerspruchsbescheid noch allgemein zugänglich waren. Nach den Einlassungen des Klägervertreters in der mündlichen Verhandlung ist auch nicht davon auszugehen, dass der Kläger es zum damaligen Zeitpunkt zumindest stichprobenartig versucht hätte, sich die begehrten Informationen zu beschaffen. Dem entspricht der Vortrag des Klägers, er habe nicht die Zeit, die Mediatheken auf politisch brisante Interviews „zu durchforsten“.

Die allgemein zugänglichen Interviews (als Bild- und Audiodateien) sind deckungsgleiche Informationen mit den vom Bundespresseamt angefertigten Transkripten (vgl. VGH München, Urteil vom 22. April 2016 – 5 BV 15/799 – NVwZ 2016, 1107 Rn. 28; Schoch, IFG, 2. Auflage 2016, §9 Rn. 42). Der Wortlaut der Transkripte stimmt mit dem Wortlaut der Interviews überein. Weisen die begehrten und die allgemein zugänglichen Informationen einen solcherart identischen Informationsgehalt auf, kann die Behörde sich – unabhängig von der Art ihrer Speicherung (vgl. §2 Nr.1 Satz1 IFG) – auf §9 Abs.3 IFG berufen (vgl. Urteil der Kammer vom 29. April 2020 – VG 2 K 202/18 – AfP 2020, 358, 360 f.).

Dem Kläger war die Beschaffung der Interviews unter Berücksichtigung seiner individuellen Umstände (vgl. BT-Drs. 15/4493 S.16) zumutbar. Er konnte die Interviews kostenlos abrufen. Einen mit der Beschaffung verbundenen unzumutbaren Aufwand hat der Kläger nicht substantiiert dargelegt.

Die Beklagte durfte den Kläger auch ohne Angabe konkreter Links allgemein auf die Webseiten der Radio- und TV-Sender verweisen. Begehrt der Antragsteller – wie hier – Zugang zu einer Vielzahl von Informationen, die sämtlich aus der gleichen Art öffentlich zugänglicher Quellen stammen – hier: Webseiten der Radio- und TV-Sender –, genügt die Behörde ihrer Hinweispflicht, wenn sie ihrerseits auf diese Art der Quellen verweist. Ein konkreter Hinweis ist nur in solchen Fällen geboten, in denen eine einzelne Information aus dem Aktenbestand öffentlich zugänglich ist und der Antragsteller nicht weiß, um welche Informationen es sich handelt (vgl. dazu VG Frankfurt a.M., Urteil vom 12. März 2008 – 7 E 5426/06 – ZIP 2008, 2138, 2143).

  1. Das Bundespresseamt hat das ihm zustehende Ermessen erkannt und ordnungsgemäß ausgeübt (§114 VwGO). Weder hat die Beklagte mit ihrem Verweis auf die dem Kläger zur Verfügung stehenden ebenbürtigen Recherchemöglichkeiten sachfremde Erwägungen angestellt, noch war es geboten, den Kläger als Angehörigen der Presse im Rahmen des Informationsfreiheitsrechts günstiger zu behandeln als andere IFG-Antragsteller (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 13. April 2018 – OVG 12 S 13/18 – juris Rn. 5).

Auf den ebenfalls von der Beklagten geltend gemachten Ausschlussgrund des Schutzes geistigen Eigentums (§6 Satz1 IFG) kommt es bei dieser Sachlage nicht mehr an.

IV. Der hilfsweise gestellte Antrag zum Klagantrag zu 2 hat aus den unter III. aufgeführten Gründen ebenfalls keinen Erfolg.

Die Kostenentscheidung beruht auf §154 Abs.1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §167 Abs.1 Satz1, Abs.2 VwGO in Verbindung mit §708 Nr.11, §711 der Zivilprozessordnung.

Die Berufung wird wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Frage zugelassen, welcher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage im Rahmen von §9 Abs.3 IFG maßgeblich ist.