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Aktenzeichen
OVG 12 B 4.19
ECLI
ECLI:DE:OVGBEBB:2020:0507.OVG12B4.19.00
Datum
7. Mai 2020
Gericht
Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
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Tenor

Das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 20. Dezember 2018 wird teilweise geändert.

Auf die Berufung der Klägerin wird die Beklagte verpflichtet, der Klägerin auch Zugang zu den geschwärzten Passagen der mit den Teilentscheidungen vom 26. Oktober und 20. Dezember 2016 und 21. April 2017 bereit gestellten Dokumente zu gewähren.

Auf die Berufung der Beklagten wird die Klage auch hinsichtlich der Dokumente Nr.4, 6/7, 10/11, 12/13/14, 17/18 und 20/21 abgewiesen.

Im Übrigen werden die Berufungen der Beklagten und der Klägerin zurückgewiesen.

Von den Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge trägt die Klägerin ¾ und die Beklagte ¼.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beteiligten dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v.H. des ihnen gegenüber jeweils aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger zuvor Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Die Klägerin ist freie Journalistin. Sie beantragte Zugang zu Unterlagen des Bundessicherheitsrates der Jahre 1972 bis 1985 betreffend die Länder Argentinien, Chile, Paraguay und Uruguay u.a. unter Berufung auf das Bundesarchivgesetz und verlangte Einsicht in die zugehörigen Findmittel des Bundeskanzleramts.

Das Bundeskanzleramt stellte mit Teilentscheidungen vom 26. Oktober und 20. Dezember 2016 sowie vom 21. April 2017 eine Reihe von Unterlagen zur Nutzung bereit, die es in thematisch nicht einschlägigen Passagen schwärzte. Mit abschließendem Bescheid vom 5. August 2017 wurde ein weiteres Dokument (Nr.1) ebenfalls teilweise geschwärzt zugänglich gemacht. Im Übrigen lehnte das Bundeskanzleramt die Einsichtnahme in näher bezeichnete 26 Dokumente aus dem Zeitraum von 1981 bis 1985 ab. Sie seien als Verschlusssachen eingestuft. Eine Aufhebung der Einstufung komme materiell nicht in Betracht; sie würde das Wohl der Bundesrepublik Deutschland gefährden. Der Zugang zur Schriftgutverwaltung sei archivrechtlich nicht eröffnet, weil sie als Arbeitsmittel fortlaufend zur Verwaltung des vorhandenen Aktenbestandes verwendet werde und es sich deshalb nicht um eine abgeschlossene Unterlage handele. Das Informationsfreiheitsgesetz gebe keinen Anspruch auf Zugang zu diesen Registraturmitteln. Es könne offen bleiben, ob es sich dabei um amtliche Informationen handele. Es seien Hilfsmittel, um amtliche Informationen zu erfassen, zu verwalten und wiederzufinden. Jedenfalls sei die VS-Registratur selbst als VS-GEHEIM eingestuft.

Mit der Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Nach erfolglosem Vorverfahren hat sie auch den Zugang zu den Find- und Recherchemitteln des Bundeskanzleramts in das Klageverfahren einbezogen. Hinsichtlich des Dokuments Nr.1 hat sie die Klage zurückgenommen. Im Laufe des Verfahrens gewährte die Beklagte zu den Dokumenten 24 und 25 Zugang; insoweit haben die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt. Darauf hat das Verwaltungsgericht mit seinem Urteil vom 20. Dezember 2018 das Verfahren teilweise eingestellt. Im Übrigen hat es der Klage nur stattgegeben, soweit sie auf Einsicht in die noch streitigen 24 Dokumente gerichtet war. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt:

Die Klägerin habe nach den vorrangigen archivrechtlichen Bestimmungen Anspruch auf Nutzung der konkret bezeichneten Dokumente aus den Jahren bis 1985 in entsprechender Anwendung, da sich die Unterlagen noch in der Verfügungsgewalt des Bundeskanzleramts befänden. Eine verlängerte Schutzfrist gelte dafür nicht. Zum Schutz personenbezogener Daten scheide sie aus, da nach dem Vortrag der Beklagten nur die Namen der damals dem Bundessicherheitsrat angehörenden Minister und Bundeskanzler sowie von in diesem Kontext tätigen Ministerialbeamten enthalten seien. Diese hätten jeweils ohne Bezug zu ihrem persönlichen Lebensbereich nur in Ausübung ihrer Ämter gehandelt. Eine Verdoppelung der Schutzfrist auf 60 Jahre komme nur für Unterlagen in Betracht, die den Rechtsvorschriften des Bundes über die Geheimhaltung unterliegen. Weder die Geheimhaltungsanordnung für Sitzungen des Bundessicherheitsrates aufgrund dessen Geschäftsordnung noch die Einstufung der fraglichen Unterlagen nach der Verschlusssachenanweisung als „vertraulich“ (Dokument Nr.26) bzw. „geheim“ (übrige Dokumente) beruhten auf Rechtsvorschriften, sondern auf Binnenrecht ohne materielle Außenwirkung. Das Sicherheitsüberprüfungsgesetz regele den Geheimschutz nur allgemein im Sinne genereller Vorgaben ohne bereichsspezifische Ausgestaltung. Ob es als Rechtsvorschrift der Nutzung entgegenstehe, bedürfe keiner Entscheidung, da die Einstufung nach der Verschlusssachenanweisung nach dem Vortrag der Beklagten materiell nicht gerechtfertigt sei. Soweit sie allgemein auf den Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung und das Staatswohl hinweise, genüge ihr abstrakter Vortrag nicht den Darlegungsanforderungen. Soweit durch die Bekanntgabe der Dokumente eine Beeinträchtigung der auswärtigen Beziehungen des Bundes und damit Schäden für die Interessen und das Wohl der Bundesrepublik Deutschland befürchtet würden, fehle es unter Berücksichtigung der insoweit bestehenden Einschätzungsprärogative an einer einleuchtend begründeten Prognose. Der dokumentenspezifische Vortrag bleibe pauschal und erschöpfe sich in der abstrakten Wiedergabe allgemeiner Angaben. Warum sich eine Offenbarung der mehr als 30 Jahre zurückliegenden Erwägungen im Bundessicherheitsrat aus den Ergebnisprotokollen und in den Vorlagen für die damaligen Bundeskanzler heute noch auf das Verhältnis zum jeweiligen Erwerberland und im Verhältnis zu weiteren Drittstaaten auswirken könne, werde damit nicht erläutert. Insbesondere lasse sich nicht entnehmen, warum bestimmte rüstungs- und sicherheitspolitische Bewertungen und Details von damals auch heute noch bei geänderten geopolitischen und geostrategischen Verhältnissen geheim gehalten werden müssten, welche Staaten konkret betroffenen seien und welche Strategie die Bundesrepublik ihnen gegenüber damals verfolgt habe bzw. heute (noch immer) verfolge. Hinsichtlich des Dokuments Nr.2 sei ein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis Dritter nicht dargelegt. Der bloße Hinweis, dass es um ein „Angebot mit Zahlen“ gehe, reiche nicht aus. Bei längst abgeschlossenen Geschäftsvorgängen, die weit in die Vergangenheit reichten, bedürfe die fortbestehende Wettbewerbsrelevanz plausibler Darlegung. Hier sei nicht nachvollziehbar, welche Informationen eines konkreten Angebots aus dem Jahr 1981 unter den heutigen Marktbedingungen noch relevant und für Marktkonkurrenten von Interesse seien. Nach allem könne nicht angenommen werden, dass die Nutzung der Unterlagen das Wohl des Bundes oder eines Bundeslandes gefährde oder Rechtsvorschriften des Bundes über die Geheimhaltung verletzt würden.

Zugang zu weiteren thematisch einschlägigen Unterlagen des Bundessicherheitsrates könne die Klägerin hingegen nicht verlangen. Die Beklagte verneine nach dem Ergebnis ihrer Recherche deren Vorhandensein. Soweit sie aufgrund des Bestandes der sog. Alt-VS-Datenbank, in der noch etwa ein Drittel der Unterlagen anderer Urheber als des Kanzleramts aus den Jahren 1949 bis 2001 nicht erfasst sei, die Existenz weiterer thematisch einschlägiger Unterlagen nicht mit Gewissheit ausschließen könne, dürfe sie sich darauf berufen, dass sie eine umfassende Suche im Rahmen der eigenen Recherchemöglichkeiten durchgeführt habe und eine manuelle Suche in den Sachakten einen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand verursachen würde.

Ein Anspruch auf Zugang zu Find- und Recherchemitteln bestehe nicht. Das Bundeskanzleramt sei kein Archiv. Es habe nicht die Aufgabe, Archivgut nutzbar zu machen und wissenschaftlich zu verwerten. Eine archivrechtliche Einordnung seiner Schriftgutverwaltung scheitere an der mangelnden Abgeschlossenheit der laufend fortgeführten Registraturmittel. Ein Anspruch der Klägerin nach dem Informationsfreiheitsgesetz sei unbeschadet der Frage, ob es sich bei diesen Arbeitsmitteln überhaupt um amtliche Informationen handele, nur auf Zugang zu Informationen gerichtet, nicht aber auf die Benutzung der sie enthaltenden Arbeitsmittel. Im Übrigen sei er durch die insoweit materiell gerechtfertigte Einstufung der VS-Registratur als „geheim“ bzw. „streng geheim“ ausgeschlossen. Auch werde in den Verzeichnissen und Karteien sowie in der Alt-VS-Datenbank der VS-Registratur des Bundeskanzleramtes das Schriftgut erfasst, das im Rahmen der Wahrnehmung der Fachaufsicht über Sicherheitsbehörden des Bundes und den Bundesnachrichtendienst und zu den Mitarbeitern des Bundesnachrichtendienstes anfalle; diese Informationen fielen unter die gesetzlich angeordnete Bereichsausnahme für die Nachrichtendienste.

Gegen das Urteil haben die Beteiligten wechselseitig Berufung eingelegt.

Mit ihrer Berufung macht die Klägerin geltend, nach ihrer Einschätzung auf der Grundlage von Einsichtnahmen in das politische Archiv des Auswärtigen Amtes etwa zu Paraguay müssten weitere Unterlagen des Bundessicherheitsrats zum Themenkomplex „Waffenexporte in südamerikanische Militärdiktaturen“ aus dem fraglichen Zeitraum vorhanden sein. Die Unterlage mit dem frühesten Ursprung, die die Beklagte in ihrem Bescheid benannt habe, datiere aus dem Jahr 1980 und betreffe Rüstungsexporte nach Argentinien. Es sei unwahrscheinlich bis ausgeschlossen, dass sich der Bundessicherheitsrat in den Jahren 1972 bis 1980 nicht mit der Thematik beschäftigt habe. Die Nachforschung verursache keinen übermäßigen Verwaltungsaufwand. Eine ordnungsgemäße Verwaltung des Schriftguts umfasse auch dessen Archivierung einschließlich des Anbietens archivwürdiger Unterlagen. Wegen diesbezüglicher Unterlassungen könne sich das Bundeskanzleramt nicht auf einen unverhältnismäßigen Aufwand berufen; dieser sei auch nicht dargetan, was eine institutionelle Überforderung und Beeinträchtigung der Funktion des Bundeskanzleramts angehe. Das Argument, das Bundeskanzleramt sei kein Archiv und halte daher keine allgemein zugänglichen Hilfsmittel für die archivarische Nutzung bereit, greife angesichts der entsprechenden Anwendbarkeit der Bestimmung über die Nutzung von Archivgut auf bei öffentlichen Stellen des Bundes vorhandene, über 30 Jahre alte Unterlagen zu kurz. Wenn die Aktenbestände nicht ordnungsgemäß archiviert würden, müsse die Aktenregistratur der Behörde für die archivrechtliche Recherche offenstehen. Es sei auch nicht ersichtlich, dass das für den Zeitraum von 1949 bis ca. 1978 geführte Loseblattverzeichnis in seinem Bestand noch verändert und in diesem Sinne keine abgeschlossene Unterlage sei. Ein Anspruch auf Informationszugang nach dem Informationsfreiheitsgesetz könne jedenfalls nicht mit der Begründung ausgeschlossen werden, es handele sich nicht um amtliche Informationen oder das Gesetz gewähre keinen Anspruch auf die Benutzung von Arbeitsmitteln. Die Aufzeichnungen zur Schriftgutverwaltung enthielten zweifellos Informationen, die amtlichen Zwecken dienten. Zwischen dem Zugang zu diesen Informationen und ihrer Nutzung lasse sich vorliegend nicht trennen. Zumindest in Bezug auf die sog. offene Einsenderkartei seien auch keine Ausschlussgründe ersichtlich.

Die Klägerin beantragt,

  1. das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 20. Dezember 2018 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids des Bundeskanzleramts vom 5. August 2017 und des Widerspruchsbescheids vom 5. Februar 2018 zu verpflichten, ihr über die im Bescheid vom 5. August 2017 genannten Dokumente mit den laufenden Nummern2 bis 23, 26 und 27 hinaus sämtliche Unterlagen des Bundessicherheitsrats mit Bezug zu Argentinien, Chile, Paraguay und Uruguay in der Zeit zwischen 1972 und 1985 bereitzustellen und ihr die Erlaubnis zur Einsichtnahme zu erteilen,

sowie ihr Zugang zu den Find- und Recherchemitteln beim Bundeskanzleramt zu gewähren, um nach den oben genannten Unterlagen in Archiv- und Datenbanken des Bundeskanzleramts zu recherchieren und die Erlaubnis zur Nutzung der aufgefundenen Unterlagen zu erteilen,

  1. die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

  1. das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 20. Dezember 2018 teilweise zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen,

  2. die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Beklagte rügt mit ihrer Berufung, dass die noch streitigen Unterlagen infolge Einstufung als Verschlusssachen einer 60jährigen Schutzfrist unterlägen. Dabei müsse berücksichtigt werden, dass die Einstufung der Unterlagen nicht nur die von der Klägerin zum Gegenstand ihres Nutzungsantrags gemachte Thematik, sondern weitere Themenbereiche und Gegenstände beträfen, und die Einstufung als Verschlusssache die Unterlage jeweils insgesamt erfasse. Für die Prüfung des archivrechtlichen Nutzungsanspruchs komme es nicht auf die materielle Rechtfertigung des Geheimschutzes an, sondern nur darauf, dass die Unterlagen formal nach der Verschlusssachenanweisung eingestuft seien. Davon abgesehen sei der Geheimschutz auch für die einschlägigen Passagen der Dokumente gerechtfertigt. Durch ihre Einstufung solle dem Wohl des Bundes Rechnung getragen werden, was archivrechtlich einen Versagungsgrund darstelle. Der Bundessicherheitsrat gehöre wie das Kabinett als solches nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Kernbereich des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung. Seine Sitzungen seien geheim; er berichte auch nicht über sämtliche Beratungsergebnisse, sondern nur über abschließende positive Entscheidungen. Über abgelehnte oder nicht entschiedene Fälle werde nicht berichtet, um das Wohl des Bundes nicht zu gefährden. Es diene insbesondere dem Schutz der auswärtigen Beziehungen, wenn Verwerfungen mit dem jeweiligen Erwerberland vermieden würden, die etwa auftreten könnten, wenn dessen Rüstungsabsichten publik würden oder bekannt würde, dass eine Exportgenehmigung versagt oder eine Voranfrage abschlägig beschieden worden sei. Zudem würden auch die deutschen außen- und sicherheitspolitischen Interessen durch die Geheimhaltung gewahrt. Die Beklagte hat die Geheimhaltungsgründe der noch streitigen 24 Dokumente mit am 26. März 2020 eingegangenem Schriftsatz dokumentenbezogen erläutert; für die Darlegungen im Einzelnen nimmt der Senat auf diesen Schriftsatz Bezug. Das Urteil des Verwaltungsgerichts sei davon abgesehen auch deshalb zu beanstanden, weil es mit der Verpflichtung zur Nutzung der gesamten Dokumente über den Antrag der Klägerin hinausgehe, anstatt nur die einschlägigen Passagen der Unterlagen betreffend Argentinien, Chile, Uruguay und Paraguay zwischen 1972 und 1985 zugänglich zu machen, wie es die Beklagte bei den stattgebenden Teilentscheidungen ungeachtet der Aufhebung der Einstufung als Verschlusssachen für diese Dokumente gehandhabt habe.

Ein Anspruch auf Nutzung möglicherweise vorhandener weiterer Unterlagen sei mit dem Verwaltungsgericht zu verneinen. Dass das Bundeskanzleramt nur 18 – von ihm zur Nutzung durch die Klägerin freigegebene – Unterlagen aus der Zeit vor 1980 ermittelt habe, liege daran, dass die älteren Unterlagen bereits an das Bundesarchiv abgegeben worden seien und als Archivgut dort eingesehen werden müssten. Das Bundeskanzleramt könne sich im Rahmen der entsprechenden Anwendung der Archivbestimmungen wie das Bundesarchiv auf einen unverhältnismäßigen Rechercheaufwand berufen. Das Gesetz biete keinen Anhalt für gesteigerte Rechercheobliegenheiten infolge eines nicht rechtzeitigen Angebots der Unterlagen zur Archivierung. Den Zugang zu den Mitteln der Schriftgutverwaltung habe das Verwaltungsgericht zu Recht versagt. Sie seien auch keine amtlichen Informationen im Sinne des Informationsfreiheitsgesetzes, jedenfalls lägen insoweit Ausschlussgründe vor.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird neben der Streitakte (zwei Bände) auf den Verwaltungsvorgang des Bundeskanzleramts, der vorgelegen hat und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.

Die Berufungen haben jeweils teilweise Erfolg und führen insoweit zur Änderung des angefochtenen Urteils.

I. Die Berufung der Beklagten ist nur begründet, soweit das Verwaltungsgericht den Schlussbescheid des Bundeskanzleramts vom 5. August 2017 bezüglich der Dokumente Nr.4, 6/7, 10/11, 12/13/14, 17/18 und 20/21 aufgehoben und der Klägerin die Nutzung dieser Dokumente eröffnet hat. Insoweit ist die Klage abzuweisen, denn der Bescheid ist rechtmäßig und die Klägerin hat keinen Anspruch auf Nutzung nach §11 Abs.6 des Bundesarchivgesetzes - BArchG - i.d.F. des Art.1 des Gesetzes zur Neuregelung des Bundesarchivrechts vom 10. März 2017 (BGBl. I S.410), zuletzt geändert durch Art.2 des Gesetzes vom 4. Dezember 2018 (BGBl. I 2257, BGBl. I 2019, 496), i.V.m. §10 Abs.1 Satz1 BArchG in entsprechender Anwendung (§§125 Abs.1, 113 Abs.5 Satz1 VwGO).

  1. Diese Rechtsgrundlage ist für das Begehren der Klägerin im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats ungeachtet dessen einschlägig, dass sie ihren Antrag auf Nutzung der nach ihrer thematischen Eingrenzung vorhandenen Unterlagen des Bundessicherheitsrats im Jahre 2016 noch unter Geltung des früheren Bundesarchivgesetzes gestellt hat, da die frühere Gesetzesfassung ohne Übergangsregelung mit dem Inkrafttreten der Neufassung außer Kraft gesetzt worden ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Januar 2019 – 6 A 1.17 – BVerwGE 164, 269, juris Rn. 23).

  2. Der Anspruch auf Nutzung von noch bei öffentlichen Stellen des Bundes befindlichen Unterlagen, die älter als 30 Jahre sind, in entsprechender Anwendung der sonst für die Nutzung von Archivgut gegenüber dem Bundesarchiv geltenden Vorschriften der §§10, 11 Abs.1 bis 5, 12 und 13 BArchG geht den Vorschriften des Informationsfreiheitsgesetzes - IFG - als speziellere Anspruchsgrundlage vor.

Nach §1 Abs.3 IFG gehen Regelungen in anderen Rechtsvorschriften über den Zugang zu amtlichen Informationen mit Ausnahme von §29 VwVfG und §25 SGB X dem Informationsfreiheitsgesetz vor. Die Vorschrift dient nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung, der sich der Senat angeschlossen hat (Senatsurteil vom 26. April 2018 – OVG 12 B 6.17 – NJW 2018, 1152, juris Rn. 23), der Sicherung des Vorrangs des Fachrechts gegenüber dem Informationsfreiheitsgesetz (BVerwG, Urteil vom 29. Juni 2017 – 7 C 24.15 – DVBl 2017, 1423, juris Rn. 12). Um diesen Vorrang zu erreichen, wird das Informationsfreiheitsgesetz (nur) durch Normen verdrängt, die bei abstrakter Betrachtung einen mit §1 Abs.1 IFG identischen sachlichen Regelungsgehalt aufweisen und sich als abschließende Regelung verstehen (BVerwG, Urteil vom 29. Juni 2017, a.a.O., Rn. 12; Urteil vom 15. November 2012 – 7 C 1.12 – NVwZ 2013, 431, juris Rn. 46; Urteil vom 3. November 2011 – 7 C 4.11 – NVwZ 2012, 251, juris Rn. 9; Beschluss vom 9. November 2010 – 7 B 43.10 – NVwZ 2011, 235, juris Rn. 8). Insoweit ist höchstrichterlich entschieden, dass zu den vorgehenden Regelungen auch der archivrechtliche Nutzungsanspruch des §5 BArchG a.F. gehört (BVerwG, Urteil vom 17. März 2016 – 7 C 2.15 – BVerwGE 154, 231, juris Rn. 42), der den Zugang zu Archivgut betrifft (BT-Drs. 15/4493 S.8). Nichts anderes hat für den hier einschlägigen ergänzenden archivrechtlichen Anspruch nach §11 Abs.6 BArchG auf die Nutzung von Unterlagen zu gelten, die trotz ihres Alters noch nicht dem Bundesarchiv zur Übernahme angeboten wurden. Zwar befinden sich die amtlichen Informationen damit noch bei der Behörde. Die Anspruchsgrundlage richtet sich aber nicht allein auf den Zugang zu amtlichen Informationen, sondern auf die Nutzung der Unterlage, in der diese Informationen verkörpert sind. Auch §11 Abs.6 BArchG ist damit nach seinem Sinn, was die – den Informationszugang einschließende – umfassende Auswertung der Unterlage angeht, abschließend und damit vorrangig.

  1. Hinsichtlich der in der Entscheidungsformel aufgeführten Dokumente steht dem Nutzungsanspruch der Klägerin aber die 60jährige Schutzfrist des §11 Abs.3 BArchG entgegen.

a) Diese Schutzfrist gilt nach dem Wortlaut des Gesetzes für Archivgut des Bundes, das aus Unterlagen besteht, die der Geheimhaltungspflicht nach §6 Absatz1 Satz1 und Absatz4 BArchG unterliegen. §6 Abs.1 Satz1 BArchG regelt allerdings unmittelbar nur die Anbietungspflicht für Unterlagen, die einer Geheimhaltungspflicht unterliegen (vgl. die amtliche Überschrift), und stellt klar, dass die öffentlichen Stellen des Bundes dem Bundesarchiv auch Unterlagen anzubieten haben, die den Rechtsvorschriften des Bundes über die Geheimhaltung oder §30 der Abgabenordnung unterliegen. Mit der Bezugnahme auf Rechtsvorschriften des Bundes über die Geheimhaltung wird einer Kollision der allgemeinen Anbietungspflicht nach §5 BArchG mit Vorschriften gleichrangiger formeller Gesetze vorgebeugt, die ein Hindernis für das Anbieten danach geheimhaltungsbedürftiger Unterlagen darstellen könnten. Insofern weist die Gesetzesbegründung zutreffend darauf hin, dass eine Geheimhaltungsbedürftigkeit auf der Grundlage von Binnenrecht oder Verwaltungsvorschriften ohne rechtliche Außenwirkung schon im Ansatz der allgemeinen Anbietungspflicht nicht entgegensteht (vgl. BT-Drucks. 18/9633, S.57 f.).

b) Ungeachtet dieser spezifischen Funktion der Vorschrift erfasst sie jedoch alle nach Bundesrecht geheimhaltungsbedürftigen Unterlagen, zu denen auch Verschlusssachen gehören. Für diese gibt das Sicherheitsüberprüfungsgesetz - SÜG - neben allgemeinen Verhaltensregeln für den Umgang mit ihnen (§4 Abs.1a SÜG) insbesondere die materiellen Geheimhaltungsstufen einschließlich deren sachlicher Rechtfertigung vor (§4 Abs.2 SÜG); die bereichsspezifische Anwendung erfolgt sodann auf der Grundlage der nach §35 SÜG zu erlassenden Verwaltungsvorschriften, der sog. Verschlusssachenanweisung, während die unbefugte Offenbarung durch die Strafvorschrift des §353b StGB verboten ist. Diese formelle Zuordnung von Verschlusssachen zu den geheimhaltungsbedürftigen Unterlagen im Sinne des §11 Abs.3 BArchG entspricht sowohl der zum bisherigen Archivrecht vorliegenden Rechtsprechung (vgl. zum BArchG 1988: BVerwG, Beschluss vom 19. April 2010 – 20 F 13.09 – BVerwGE 136, 345, juris Rn. 24) als auch dem Schrifttum (vgl. Partsch, BArchG, §11, Rn. 1). Die Gesetzesbegründung gibt keinen Anhalt dafür, dass der Gesetzgeber insoweit eine Abweichung vom bisher geltenden Recht beabsichtigt hätte, auf dessen Begründung verwiesen wird (vgl. BT-Drucks. 18/9633, S.69). Dass §11 Abs.3 G i.V.m. §6 Abs.1 Satz1 BArchG nach dem Willen des Gesetzgebers auch als Verschlusssachen geheim zu haltende Unterlagen umfasst, verdeutlicht zudem §6 Abs.3 BArchG, der die weitere Geheimhaltung nach Übernahme durch das Bundesarchiv regelt und dabei neben den Geheimhaltungsvorschriften im Sinne von Absatz1 auch die Verschlusssachenanweisung für anwendbar erklärt.

c) Die Frage nach der Einbeziehung von Verschlusssachen in die Schutzfrist nach §11 Abs.3 BArchG kann auch nicht offenbleiben, wie das Verwaltungsgericht es gestützt auf sein Ergebnis konsequent angenommen hat.

aa) Ob eine Schutzfrist von 60 Jahren für eine Unterlage insgesamt und die darin enthaltenen Informationen infolge der Einstufung als VS-GEHEIM eingreift, unterscheidet sich vom informationsbezogenen Vorliegen von Versagungsgründen nach §13 Abs.1 Satz1 Nr.1 BArchG. Eine noch nicht abgelaufene Schutzfrist schließt den Nutzungsanspruch insgesamt aus. Das Vorliegen von Versagungsgründen schränkt den Nutzungsanspruch hingegen nur ein, soweit der Versagungsgrund reicht. So kann die Schutzfrist den Nutzungsanspruch der Klägerin für ein nach ihrem Antrag thematisch einschlägiges Dokument ausschließen, obwohl für die Informationen der einschlägigen Passage kein Versagungsgrund eingreifen würde. Deckungsgleiche Ergebnisse, bei denen die Vorfrage offenbleiben kann, ob die Schutzfrist formell für Verschlusssachen gilt, liegen demnach nur vor, wenn sich die weitere Einstufung als Verschlusssache materiell nicht rechtfertigen lässt oder für sämtliche in einer Unterlage enthaltene Informationen Versagungsgründe vorliegen. Hier ist weder das eine noch das andere der Fall.

bb) Davon abgesehen hat die formelle Anwendung der Schutzfrist auch Vorwirkungen dafür, was im Einzelnen darzulegen ist, um die weitere Geheimhaltung zu rechtfertigen. Die Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass gegen eine Einstufung von Unterlagen des Bundessicherheitsrats als eines nach seiner Geschäftsordnung geheim tagenden Kabinettsausschusses, der zum Kernbereich des verfassungsrechtlichen Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung gehört, materielle Bedenken grundsätzlich nicht zu erheben sind und es für die Schutzwürdigkeit solcher Unterlagen auch weder auf den konkreten Beratungsgegenstand bzw. dessen politische Brisanz noch – vorbehaltlich archivrechtlicher Fristen – den Zeitablauf seit der abschließenden Behandlung in dem Gremium ankommt (vgl. BVerfG, Urteil vom 21. Oktober 2014 – 2 BvE 5/11 – BVerfGE 137, 185, juris Rn. 142, 158 ff., 168 ff.; zu Verlaufsprotokollen des Bundeskabinetts: BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2018 – 7 C 19.17 – BVerwGE 164, 112, juris Rn. 25).

Das Vertrauen der Mitglieder des Bundessicherheitsrats in eine Nichtoffenlegung solchermaßen zu Recht als geheim eingestufter Unterlagen spielt auch auf der Grundlage archivrechtlicher Bestimmungen eine Rolle für die zeitliche Reichweite des Schutzes der Beratungen und der Entscheidungsfindung. Zwar schränkt die gesetzlich vorgesehene Anbietung auch von Verschlusssachen nach Ablauf von 30 Jahren dieses Vertrauen ein, was den Beratungsvorgang und die Entscheidung im Gremium angeht. Grundsätzlich müssen die Mitglieder des Bundessicherheitsrats damit rechnen, dass Unterlagen zu Archivgut werden können und in diesem Rahmen auch offengelegt werden. Die weitere Geheimhaltung und die Aufrechterhaltung der VS-Einstufung von Unterlagen stellen deshalb auch entsprechend gesteigerte Anforderungen an die Nachvollziehbarkeit und Plausibilität hierfür abgegebener Begründungen im Verfahren, was den Gegenwartsbezug der durch eine Offenlegung befürchteten Sicherheitsgefährdungen oder Schäden für geschützte Interessen anbelangt. Bei einzelnen Informationen, die nicht erst aufgrund der Behandlung im Bundeskabinett oder einem Kabinettsausschuss wie dem Bundessicherheitsrat einem Einstufungserfordernis nach der Verschlusssachenanweisung unterliegen, sondern schon vorgelagert und auch ungeachtet einer tatsächlichen VS-Einstufung geheimhaltungsbedürftige Informationen darstellen, kann dies dagegen anders sein. Namentlich fachlicher Vortrag, der einer umfassenden Information der politischen Entscheidungsträger im Sinne einer optimalen Vorbereitung der Meinungsbildung und Entscheidung dient, muss im außen- und sicherheitspolitischen Bereich auf bereits ihrerseits geheime Informationen zurückgreifen können, um Sachverhalte und ihre Einschätzung vollständig darzustellen. Dies umfasst gegebenenfalls auch das Vertrauen, dass Unterlagen des Gremiums unter archivrechtlichen Gesichtspunkten nicht schon nach Ablauf von 30 Jahren offen zu legen sind, sondern eine mindestens 60jährige Schutzfrist eingreift. Die Berücksichtigung des Vertrauens in eine Nichtoffenlegung auf der Grundlage einer verlängerten archivrechtlichen Schutzfrist kann das Maß der Darlegungen zur Plausibilisierung für eine Nachvollziehbarkeit weiterer aktueller Geheimhaltungsbedürftigkeit herabsetzen; insofern kann eine plausible Darstellung, dass vorgelagert geheimhaltungsbedürftige Informationen eingebracht worden sind, für das Eingreifen der verlängerten Schutzfrist genügen.

  1. Nach diesen Erwägungen kommt bei formell als VS-eingestuften Unterlagen wie den noch im Streit befindlichen Dokumenten im Ausgangspunkt die Geltung der 60jährigen Schutzfrist in entsprechender Anwendung von §11 Abs.3 BArchG als Hindernis für den Nutzungsanspruch nach §11 Abs.6 BArchG in Betracht. Ob diese Schutzfrist den Anspruch für diese Zeitdauer sperrt, hängt allerdings immer davon ab, ob die Einstufung als geheimhaltungsbedürftige Verschlusssache im maßgeblichen Zeitpunkt für die tatsächliche Beurteilung noch trägt. Insoweit schließt sich der Senat der bereits unter der Geltung des Bundesarchivgesetzes alter Fassung ergangenen Rechtsprechung an, wonach die Einstufung als Verschlusssache weiterhin materiell gerechtfertigt sein muss (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. April 2010, a.a.O., Rn. 5 und 24). Die Einstufung einer Verschlusssache als „GEHEIM“ ist danach gerechtfertigt, wenn die Kenntnisnahme durch Unbefugte die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder gefährden oder ihren Interessen schweren Schaden zufügen kann (§4 Abs.2 Nr.2 SÜG). Das ist nach der Überzeugung des Senats im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, auf den es für die vorliegende Verpflichtungsklage ankommt, nur bei den genannten Dokumenten noch der Fall.

Dabei reichen die Darlegungen der Beklagten insbesondere in ihrem am 26. März 2020 eingegangenen Schriftsatz aus, um ohne Kenntnis des Inhalts der Unterlagen selbst die weitere Einstufung als Verschlusssache mit dem Grad „GEHEIM“ zu rechtfertigen. Im Einzelnen:

a) So enthält das Dokument Nr.4 - Vorlage an den Bundeskanzler mit Hinweisen für die 11. BSR-Sitzung vom 23. April 1982 - nach den Darlegungen der Beklagten im Lagebericht des Generalinspekteurs Ausführungen über strategische Erwägungen der USA im Hinblick auf ihre in Deutschland stationierten Truppen, weiterhin enthält es in einem Tagesordnungspunkt zur Stationierung von Mittelstreckenraketen (Pershing) detaillierte Ausführungen zu baulichen und räumlichen Gegebenheiten sowie Details zur Pershing-1a-Nachfolge. Diese Inhalte knüpfen erkennbar an sicherheitsrelevante Überlegungen eines Bündnispartners der Bundesrepublik Deutschland an und betreffen die Stationierung von Truppen im Bundesgebiet bzw. Einzelheiten der Bewaffnung mit Mittelstreckenraketen. Sie lassen Rückschlüsse auf die Verteidigungsstrategie und -fähigkeit der Bundesrepublik Deutschland und des Bündnisses zu. Die als solche geheimhaltungsbedürftigen Informationen sind ersichtlich im Vertrauen auf eine langfristige Geheimhaltung zur umfassenden Information und Vorbereitung des Bundeskanzlers in die Vorlage eingeflossen. Sie sind schon deshalb weiterhin zu Recht als VS-GEHEIM einzustufen, weil es sich um zweifellos sicherheitspolitisch relevante Informationen handelt, die auch künftig und selbst bei veränderter Sicherheitslage für die Stationierung von Truppen und Waffen bestimmter Bauart bedeutsam sind, und sei es auch nur in der Weise, dass damals tragende Erwägungen und Details aktuell wegen andersartiger Umstände nicht mehr herangezogen werden können und eine Stationierung an damaligen Standorten oder mit entsprechenden Details nicht mehr in Erwägung gezogen werden kann.

b) Auch das Dokument 6/7 - Vorlage an Bundeskanzler mit Hinweisen zur 6. BSR-Sitzung vom 4. März 1985, Entwurf und 1. Ausfertigung - enthält ersichtlich geheime Grundlageninformationen, soweit daraus hervorgeht, wie die Bundesregierung bzw. der Bundessicherheitsrat mit strategischen Verteidigungsinitiativen eines Bündnispartners – hier die Initiative der USA zum Aufbau eines Abwehrschirms im Weltraum gegen Interkontinentalraketen (SDI) – umgeht, insbesondere welche Untersuchungen sie anstellt, um zu einer Entscheidung zu gelangen, wer solche Untersuchungen durchführt und ggf. mit welcher Tiefe. Abgesehen von den Erwägungen der Bundesregierung bzw. des Bundessicherheitsrats, die nach der Einschätzung des Senats nicht unabhängig vom Gegenstand der Untersuchung angestellt werden können und – etwa, was die technische Machbarkeit von komplexen Waffensystemen anbelangt – auch zur Einbindung nach aktuellen Gegebenheiten zu bestimmender Sachverständiger führen wird, lässt die Information jedenfalls erkennen, wie seinerzeit im Fall der SDI-Initiative verfahren wurde. Es gibt insoweit zwar gewisse Erkenntnisse dazu, dass Wissenschaftler in der Bundesrepublik eine Ausdehnung militärischer Waffensysteme in den Weltraum grundsätzlich ablehnten bzw. zu dem Ergebnis kamen, ein solcher Abwehrschirm sei nicht realisierbar. Tatsächlich konnte ein solches Abwehrsystem für Interkontinentalraketen von den USA nicht verwirklicht werden. Gerade diese Umstände legen aber eine weitere Geheimhaltung in Auftrag gegebener oder nicht in Anspruch genommener Beratungsleistungen Dritter für die damalige Entscheidung, die Initiative ohne eigenen Beitrag zu unterstützen, nahe. Die Offenlegung könnte interessierten Kreisen aus dem In- und Ausland in der Tat Möglichkeiten zur Beeinflussung von Personen und Institutionen eröffnen, die zur Evaluierung solcher Vorschläge herangezogen werden, und eine den außen- und sicherheitspolitischen Interessen der Bundesrepublik Deutschland dienliche umfassende – politisch strategische – Unterrichtung der Regierung gefährden.

c) Die identischen Dokumente 10/11 - Ergebnisprotokoll der 12. Sitzung des BSR am 28. April 1982, Entwurf und 1. Ausfertigung - sind ebenfalls auch weiterhin geheimhaltungsbedürftig. Darin werden in einem internen Bericht zum Falklandkrieg Aussagen über die (vermuteten) Erkenntnisse und militärischen Potentiale der damaligen Sowjetunion getätigt, die gegenwärtig zumindest noch Rückschlüsse auf die damaligen Aufklärungsmöglichkeiten Deutschlands und deren Grenzen zulassen. Sie sind nach der nachvollziehbaren Einschätzung der Beklagten auch unter Berücksichtigung der politischen Umwälzung im Gebiet der Sowjetunion und sonstiger heutiger Verhältnisse auch für die aktuelle Erkenntnisfähigkeit Deutschlands von Bedeutung und können die Sicherheit der Bundesrepublik gefährden. Das zielt auf die Gewinnung von Erkenntnissen aus nachrichtendienstlichen Quellen und deren Zuverlässigkeit aus rückschauender Sicht, die interessierten Kreisen ein Bild der Leistungsfähigkeit deutscher Dienste vermitteln würde, das offenbar in mancher Beziehung noch unveränderte oder jedenfalls unter Anpassung an die gegenwärtigen Verhältnisse vergleichbare Züge aufweist. Außerdem enthält das Ergebnisprotokoll Ausführungen über die Strategie der USA bezüglich ihrer im Bundesgebiet stationierten Truppen, also bereits als solche im Vorfeld vertrauliche militärische Informationen eines Bündnispartners, deren Bekanntwerden sowohl die Verteidigungsfähigkeit der Bundesrepublik Deutschland als auch ihre außen- und sicherheitspolitischen Interessen gefährdet und deren Aufnahme in die Unterlage im Vertrauen auf eine längerfristige Geheimhaltung erfolgt ist; insoweit kann zur Würdigung auf die Ausführungen zu Dokument Nr.4 (Ziffer 4 Buchstabe a) verwiesen werden.

d) Auf diese Ausführungen kann auch für die ebenfalls identischen Dokumente 12/13/14 - Ergebnisprotokoll der 14. Sitzung des BSR am 1. September 1982; Entwurf und 1. Ausfertigung, Kopie BK, vermutl. 18. Ausfertigung - verwiesen werden, soweit sie nach der glaubhaften Darstellung der Beklagten auch technische Details der Mittelstrecken-Waffensysteme sowie militärtaktische Erwägungen enthalten, die aus Sicherheitsgründen nicht preisgegeben werden können und nach wie vor aktuell sind. Dahingestellt bleiben kann, ob die Verhandlungen des Bundessicherheitsrats zur Pershing-la-Nachfolge im Übrigen zur Bewahrung von lnterna der Verbündeten bzw. im Hinblick auf strategische Überlegungen für zukünftige Beschaffungen nach wie vor der Geheimhaltung bedürfen; insoweit bleibt unklar, welchen Gegenwartsbezug die Erwägungen des Gremiums aufweisen, von dem Gefährdungen oder Schäden im Sinne der Anforderungen an die Einstufung als „GEHEIM“ unter den gegenwärtig veränderten Umständen noch heute ausgehen sollen.

e) Auch die inhaltsgleichen Dokumente 17/18 - Ergebnisprotokoll der 2. Sitzung des BSR am 4. Februar 1981, Entwurf und 1. Ausfertigung - bedürfen weiterhin der Geheimhaltung, weil die Beklagte zur Überzeugung des Senats dargelegt hat, dass im Bericht des Generalinspekteurs der Bundeswehr sowie im nachfolgenden Tagesordnungspunkt Informationen zu den Auslandsaktivitäten bestimmter Staaten enthalten sind, die Deutschland im Vertrauen auf ihre Geheimhaltung überlassen wurden. Dabei handelt es sich um schon vorgelagert geheimhaltungsbedürftige Informationen, bei deren Verwendung im Rahmen der Berichterstattung ein geschütztes Vertrauen auf eine langfristige Geheimhaltung anzunehmen ist, das einer vorzeitigen Offenlegung entgegensteht. Überdies enthält das Ergebnisprotokoll interne Informationen der Bündnispartner zu deutsch-französischen Gemeinschaftsprojekten im Rüstungsbereich und zu französischen Kasernen, die aus dem gleichen Grund nach wie vor geheimhaltungsbedürftig sind. Auch kann es vor dem Hintergrund aktueller Bemühungen um eine verstärkte europäische Zusammenarbeit in der Verteidigungspolitik nicht beanstandet werden, wenn die Beklagte das hier betroffene deutsch-französische Verhältnis als besonders schützenswert und sensibel aufgrund europäischer, geographischer wie historischer Verbundenheit einstuft und daher eine als Vertrauensbruch bewertungsfähige staatliche Offenlegung von Interna als schädlich prognostiziert.

f) Die inhaltsgleichen Dokumente 20/21 - Ergebnisprotokoll der 9. Sitzung des BSR am 15. Dezember 1981, Entwurf und 1. Ausfertigung - sind auf der Grundlage der Darlegungen der Beklagten ebenfalls zur Überzeugung des Senats weiterhin geheimhaltungsbedürftig. Die Bewertung der Beklagten, die Beziehungen zu Polen seien aufgrund der deutsch-polnischen Geschichte besonders sensibel und daher besonders schützenswert, ist vor dem Hintergrund aktueller problematischer Entwicklungen in Polen einerseits und notwendiger militärischer Zusammenarbeit im Rahmen der Sicherung der Nato-Ostgrenze andererseits nachvollziehbar und nicht zu beanstanden. Verstimmungen in diesem Verhältnis, wie sie auch durch Bewertungen vergangener Verhältnisse in Polen ausgelöst werden können, sind prognostisch zu Recht als für deutsche Sicherheitsinteressen schädlich einzustufen. Abgesehen davon begründet die weitere Geheimhaltungsbedürftigkeit bereits der Umstand, dass die fragliche Passage geheimdienstliche Erkenntnisse enthält, deren Bekanntwerden womöglich Rückschlüsse auf die damalige Quelle zuließe und damit die Arbeit der Geheimdienste, die im Westen seitdem kontinuierlich fortbestehen, kompromittieren könnte. Auch insoweit sind in das Protokoll der Sitzung des Bundessicherheitsrats ihrerseits vorgelagert geheimhaltungsbedürftige Informationen im Vertrauen auf deren langfristige Geheimhaltung eingeflossen, auf deren Wahrung sich die Beklagte auch heute noch berufen kann, ohne in gesteigerter Weise einen Gegenwartsbezug darlegen zu müssen. Dagegen kann dahinstehen, ob die von ihr gesehene Gefährdung im Hinblick auf eine Offenlegung Ende des Jahres 1981 diskutierter strategischer Details damals laufender Gespräche mit den Verbündeten zum Thema „Rapid Deployment Force" angesichts der bekannten Entwicklung schneller Eingreif- oder Einsatztruppen in den Streitkräften der Vereinigten Staaten und aus jüngerer Zeit im Nato-Bündnis (Stichworte: Nato-Speerspitze, VJTF), die maßgeblich durch die Sicherungserfordernisse an der Nato-Ostgrenze und der Schutzbedürftigkeit der Baltischen Staaten gegenüber Interventionen Russlands begründet sind, noch aktuell eine ausreichende Prognosegrundlage aufweist.

  1. Hinsichtlich der übrigen in den Dokumenten Nr.2, 3, 5, 8/9, 15/16, 19, 22/23 und 26 sowie 27 enthaltenen Informationen folgt der Senat der Würdigung des Verwaltungsgerichts, dass die Darlegungen der Beklagten zur Plausibilisierung der Geheimhaltungsbedürftigkeit im gegenwärtigen Zeitpunkt und nach Ablauf der allgemeinen archivrechtlichen Schutzfrist von 30 Jahren, wie sie grundsätzlich auch für Kabinettsprotokolle gilt, auch unter Berücksichtigung des am 26. März 2020 eingegangenen ergänzenden Schriftsatzes im Berufungsverfahren nicht ausreichen.

Nach dem gegebenen Zeitablauf reicht die Berufung auf den Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung und den damit verbundenen grundsätzlich nicht ausforschbaren Initiativ-, Beratungs- und Handlungsbereich nicht mehr ohne weiteres aus, um ein weiteres Geheimhaltungsbedürfnis darzulegen und die weitere Einstufung als „VS-GEHEIM“ zu rechtfertigen. Vielmehr bedarf es der Herstellung eines konkreten Gegenwartsbezugs, um nachvollziehbar zu erläutern, weshalb eine Offenlegung auch gegenwärtig die Freiheit und Offenheit der Willensbildung innerhalb der Regierung beeinträchtigen kann. Zwar macht es nach Auffassung des Senats im Hinblick auf die zu erfüllenden Darlegungsanforderungen keinen Unterschied, ob es sich bei den Dokumenten um Ergebnisprotokolle von Sitzungen des Bundessicherheitsrats oder um Vorlagen zur Vorbereitung der Sitzungen für den Bundeskanzler als Vorsitzenden des Gremiums handelt. Auch wenn diese vorbereitenden Unterlagen naturgemäß den Beratungsvorgang nicht wiedergeben können, gehen sie über eine bloße Aufbereitung des Beratungsgegenstandes hinaus, weil sie mit den darin enthaltenen Argumenten und Entscheidungsalternativen der Steuerung des Beratungsvorgangs und der Entscheidungsfindung im Rahmen der verfassungsrechtlichen Kompetenz des Bundeskanzlers dienen. Auch wenn die Dokumente danach einer einheitlichen Würdigung zu unterziehen sind, ist der funktionsbezogenen Bewertung des Verwaltungsgerichts und seiner Einschätzung zu folgen, dass es fern liegt, dass die aktuellen Mitglieder des Bundessicherheitsrats (als kontinuierlich bestehender Kabinettsausschuss) ihre Meinung nicht mehr unbefangen äußern und die maßgeblichen Gründe für oder gegen ein Rüstungsexportgeschäft vortragen werden, wenn sie mit einer Offenlegung nach Ablauf des hier in Rede stehenden Zeitablaufs von mehr als 35 Jahren rechnen müssen. Denn dies ist aufgrund der seit 1988 geltenden archivrechtlichen Regelungen grundsätzlich der Fall. Auf die Einstufung der Unterlagen als geheime Verschlusssachen kann nur unter den bereits oben beschriebenen weiteren Umständen einer „vorgelagerten“ und fortbestehenden Geheimhaltungsbedürftigkeit vertraut werden. Eine fortbestehende Geheimhaltungsbedürftigkeit muss sich jedoch aus der fraglichen Information selbst ergeben. Nicht gefolgt werden kann der Sicht der Beklagten, aus der Kontinuität des Bundessicherheitsrats folge, dass es sich nicht um „abgeschlossene Vorgänge“ handele. Das ist weder mit den hier rechtlich maßgeblichen archivrechtlichen Grundsätzen zur Abgrenzung abgeschlossener von nicht abgeschlossenen Unterlagen vereinbar (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 2019 – 6 C 21.18 – juris Rn. 19 ff., 34), noch rechtfertigt die Kontinuität des Gremiums als solche eine Erstreckung auf die in dem Gremium behandelten sachlichen Vorgänge. Im Übrigen ist es nicht damit in Einklang zu bringen, dass das Bundeskanzleramt nach eigenem Vorbringen vor 1979 entstandene Vorgänge offenbar an das Bundesarchiv abgegeben hat, die Beklagte also selbst von deren Abgeschlossenheit ausgegangen ist. Die Kontinuität der Wahrnehmung sicherheits- und außenpolitischer Belange kann zwar ein Bindeglied dafür darstellen, dass Informationen auch nach längerem Zeitablauf noch geheimhaltungsbedürftig sind. Das ist aber auch unter Berücksichtigung solcher Erwägungen in Bezug auf die verbleibenden Dokumente von der Beklagte nicht nachvollziehbar dargelegt. Im Einzelnen:

a) Für die Dokumente 26 und 27, deren Urheber nicht das Bundeskanzleramt ist, hat die Beklagte nur auf fortbestehende Einstufungsentscheidungen der betreffenden Urheber der Unterlagen, des Bundesverteidigungs- und des Bundeswirtschaftsministeriums, hingewiesen, ohne deren Begründung durch nähere Darlegungen zu erläutern. Da im vorliegenden Klageverfahren keine Möglichkeit zur Beiladung einzelner anderer Stellen des Bundes außerhalb der die beklagte Körperschaft im Prozess vertretenden Behörde besteht, weil das einschlägige Berliner Ausführungsgesetz zur Verwaltungsgerichtsordnung eine Beteiligungsfähigkeit von Behörden nicht vorsieht, hätte es dem Bundeskanzleramt oblegen, in Abstimmung mit den Urheberbehörden die weitere Geheimhaltungsbedürftigkeit darzulegen. Nur der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass die Aufrechterhaltung der Einstufung als Verschlusssache nach der Verschlusssachenanweisung einer Begründung bedarf, die – so sie gefertigt wurde – in ihrem mitteilungsfähigen Gehalt die Grundlage für eine Erläuterung der (weiteren) Geheimhaltungsbedürftigkeit hätte sein müssen. An danach gebotenen inhaltlich hinreichenden Ausführungen fehlt es.

b) Das Dokument 2 - Vorlage an den Bundeskanzler für die 9. Sitzung des Bundessicherheitsrats vom 14. Dezember 1981 - enthält nach dem Vortrag der Beklagten einen Ausblick auf das kommende Kalenderjahr, Ausführungen zu Verhandlungen des START-Vertrages (Strategic Arms Reduction Treaty, der Vertrag zur Verringerung strategischer Waffen) und die INF-Verträge (Intermediate Range Nuclear Forces, über die Begrenzung nuklearer Mittelstreckenraketen) zwischen der damaligen Sowjetunion und den USA. Es behandelt Forderungen der USA an die Bündnispartner, die strategische Konzeption der USA, insbesondere zu den Auswirkungen auf die Verteidigungsfähigkeit der NATO in Europa sowie zum Einfluss des Technologietransfers, speziell seinen Auswirkungen auf das militärische Potential der damaligen Sowjetunion. Die Beklagte stützt die weitere Geheimhaltungsbedürftigkeit darauf, dass Verhandlungen zur Verringerung strategischer Waffen „heute aktueller denn je“ seien. Die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika habe sich kürzlich aus dem INF-Abkommen zurückgezogen, „so dass etwaige Verhandlungen dieses Vertrages einen hohen Aktualitätsbezug“ aufwiesen. Das enthält keine nachvollziehbare Begründung für die weitere Einstufung als „VS-GEHEIM“. An den Verhandlungen der Abrüstungsverträge war die Bundesrepublik Deutschland nicht unmittelbar beteiligt. Es ist schon nicht klar, welche Ziele deutscher oder amerikanischer Politik die Darstellung in dem Dokument offenlegt, denen gegenwärtig noch Bedeutung zukommt. Die Begründung, die Verringerung strategischer Waffen sei heute aktueller denn je, lässt keinen geheimhaltungsbedürftigen Gegenstand erkennen. Der Umstand, dass die Regierung der USA das Abkommen über die Begrenzung nuklearer Mittelstreckenraketen aufgekündigt hat, mag neue politische Aktivitäten auch Deutschlands auf diesem Gebiet auslösen können; damit wird aber nicht erläutert, weshalb Informationen auf dem Stand Ende des Jahres 1981 dafür noch relevant sind. Insbesondere benennt die Beklagte hier keine Einzelinformationen, die vorgelagerte militärische Geheimnisse Deutschlands, der USA oder der NATO darstellen und in die Vorlage an den Bundeskanzler eingeflossen sind. Nicht nachvollziehbar ist, weshalb die damaligen Exporte von Waffen und von eindeutig militärischen Zwecken dienendem Material noch heute erheblich die Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland „berühren“, nachdem seit 1998 regelmäßig Rüstungsexportberichte veröffentlicht werden, aus denen abzulesen ist, an welche Drittländer solche Lieferungen in welchem Gesamtumfang erfolgen und im Umkehrschluss, an welche Staaten keine Lieferungen erfolgt sind. Die Behauptung, eine Offenlegung würde Rückschlüsse auf heutige Entscheidungen zulassen, bleibt vor diesem Hintergrund inhaltsarm, gerade wenn die Beklagte für wesentlich erachtet, dass es sich bei dem Drittland um einen Staat handelt, in den auch heute noch Rüstungsexporte getätigt werden. Eine Geheimhaltungsbedürftigkeit diesbezüglicher Informationen lässt sich jedenfalls nicht damit begründen, dass Darlegungen zu möglichen Änderungen der Abwägungsgesichtspunkte und Anschauungen nicht möglich seien, weil sie im Fall einer Offenlegung der Dokumente Rückschlüsse zulasten der Sicherheit Deutschlands ermöglichten. Damit erläutert die Beklagte nur, dass zusätzliche Informationen eine Geheimhaltungsbedürftigkeit des Dokuments begründen würden, nicht aber, dass die in dem Dokument enthaltenen Informationen selbst solche Rückschlüsse ermöglichen würden. Die insoweit allein relevante Behauptung, das Bekanntwerden der Informationen aus dem Dokument würde Rückschlüsse auf heutige Entscheidungen ermöglichen, ist danach offensichtlich unsubstantiiert, wenn erst die zusätzlichen Erläuterungen sicherheitsrelevante Rückschlüsse zulassen, zumal eine tragfähige Begründung zumindest auch erläutern müsste, inwiefern die betreffende Rüstungsexportentscheidung die Sicherheit des Lieferstaates Deutschland gefährden kann. Die übrigen Ausführungen der Beklagten zur Kooperation mit anderen Staaten und zugesicherter Vertraulichkeit bleiben abstrakt und lassen einen Gegenwartsbezug der in dem Dokument enthaltenen Informationen vermissen; insbesondere ist nicht plausibel erläutert, weshalb und inwiefern die Offenlegung der in Rede stehenden Informationen in der aktuellen weltpolitischen Lage, „die zunehmend unterschiedliche Sichtweisen zwischen engen Verbündeten offenbar werden lässt“, Verstimmungen und ein „Auseinanderdriften“ der Verbündeten oder Spannungen befürchten lässt. Zu Recht vermisst das Verwaltungsgericht eine Darlegung der verfolgten politischen Ziele in Bezug auf betroffene Länder, die eine ausreichende Grundlage für eine nachvollziehbare Nachteils- oder Gefahrenprognose im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ermöglicht (vgl. Beschluss vom 7. August 2013 – 20 F 13.12 – juris Rn. 11, Urteil vom 29. Oktober 2009 – 7 C 22.08 – NVwZ 2010, 321, juris Rn. 15), wenngleich eine Offenlegung „verfolgter Strategien“ insoweit die Anforderungen an die Darlegung überziehen dürfte. Ausreichend ist, dass Ziele bezeichnet werden, die einen hinreichenden Gegenwartsbezug aufweisen.

Die Berufung auf in dem Dokument enthaltene Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse hat die Beklagte im Berufungsverfahren nicht ausdrücklich weiterverfolgt; der Senat macht sich insoweit die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zu eigen und nimmt darauf gemäß §130 b Satz2 VwGO Bezug (Rn. 48 des angefochtenen Urteils bei juris).

c) Das Dokument Nr.3 - Vorlage an den Bundeskanzler zur Vorbereitung der 10. Sitzung des Bundessicherheitsrats vom 2. März 1982 - enthält Ausführungen zur Neufassung der rüstungspolitischen Grundsätze, insbesondere grundsätzliche Erwägungen zu Details, die die Beklagte als „sicherheitsrelevant“ bezeichnet. Auch wenn die rüstungspolitischen Grundsätze zwischenzeitlich geschärft wurden, ließe der Inhalt des Dokuments doch Rückschlüsse auf ihr Zustandekommen zu. Eine Offenlegung könnte zu Auswirkungen auf Rüstungsexporte führen, denkbar wäre beispielsweise eine Beeinflussung der Medien und der Öffentlichkeit unter Ausnutzung – und gegebenenfalls Verfälschung – dieser Informationen, um dadurch mittelbar auf die Entscheidungen Einfluss zu nehmen, weniger wohlwollende Kräfte könnten Informationen nutzen, um Deutschland zu schaden. Diese Erläuterungen bleiben vor dem Hintergrund abstrakt, dass die seinerzeit (28. April 1982) verabschiedeten „Politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern“ bereits am 5. Mai 1982 veröffentlicht worden sind und dies auch für Nachfolgeregelungen gilt, so dass sich in Auswertung des Richtlinieninhalts bereits weitgehende Schlussfolgerungen zu maßgebenden Erwägungen, die eingeflossen sein mögen oder keinen Eingang gefunden haben, ziehen lassen und auch ohne eine Offenlegung des Dokuments öffentliche Bewertungen eröffnen, wie sie die Beklagte anführt und für nachteilig für die Willensbildung im Bundessicherheitsrat erachtet. Ihre ergänzenden Darlegungen in der mündlichen Verhandlung, solche Bewertungen blieben ohne Kenntnis des Dokuments spekulativ, sind nicht hinreichend, um eine aktuelle Gefährdung der Willensbildung des Bundessicherheitsrats darzutun. Zustimmungen zu Rüstungsexportgeschäften werden in der öffentlichen politischen Auseinandersetzung infolge der Offenlegung der dafür geltenden politischen Grundsätze ohnehin daran gemessen und müssen gegebenenfalls gerechtfertigt werden. Es leuchtet nicht ein, dass und welche konkreten Nachteile und Gefährdungen daraus erwachsen sollen, wenn Bewertungen der Hintergründe dieser Grundsätze anstelle mehr oder weniger spekulativer Folgerungen transparent auf der Grundlage nur der tatsächlich angestellten und verworfenen Erwägungen erfolgen. Die Gruppenbildung möglicher Zielländer für Rüstungsexporte ist auf der Grundlage der politischen Grundsätze und der gesetzlichen Vorschriften einerseits und den seit 1998 laufend veröffentlichten Rüstungsexportberichten andererseits jedenfalls so weitgehend auch ohne Offenlegung des Dokuments transparent, dass die Offenlegung der dafür maßgeblichen Erwägungen keine reale zusätzliche Gefahr für Verstimmungen anderer Staaten erkennen lässt. Die Erwägungen der Beklagten zur weiteren Geheimhaltungsbedürftigkeit genügen den Darlegungserfordernissen ersichtlich nicht, soweit sie auch hier darauf abstellen will, dass erst die Erläuterung im Falle der Offenlegung nachteilig wirken würde (vgl. dazu oben Ziffer 5 Buchstabe b).

Soweit das Dokument Interna und taktische Erwägungen zum INF-Abkommen offenbaren soll, ist das angesichts dessen, dass es sich um ein seinerzeit verhandeltes Abkommen zwischen den USA und der Sowjetunion handelt, keinesfalls konkret genug, um von einer aktuellen Relevanz der Informationen aus Anlass der kürzlichen Kündigung des Abkommens durch die USA ausgehen zu können (vgl. bereits oben Ziffer 5 Buchstabe b).

Die im Dokument enthaltenen detaillierten Ausführungen zu Erkenntnissen über Chemiewaffen kennzeichnet die Beklagte selbst als „damalig“ und misst ihrer Offenlegung nur „mit einer entsprechenden Fortschreibung“ Gefährdungspotential zu. Daraus wird nicht deutlich und nachvollziehbar, was zu einer solchen Fortschreibung erforderlich und wer dazu in der Lage ist; insbesondere ist nicht dargelegt, dass die „Erkenntnisse“ als solche Geheimnisse darstellen bzw. aus fremden oder eigenen nachrichtendienstlichen Quellen stammen und inwiefern diese noch heute schutzbedürftig sind. Dass eine ausreichende Kontinuität sowohl in der politisch-militärischen Lage in Deutschland als auch hinsichtlich der verfügbaren chemischen Kampfstoffe besteht, reicht als Anknüpfungspunkt für einen realen Gegenwartsbezug nicht aus.

d) Das Einzelfälle des Rüstungsexports behandelnde Dokument Nr.5 vom 14. Dezember 1982 kann nicht als „nach wie vor“ geheimhaltungsbedürftig nachvollzogen werden. Die Beklagte verweist insoweit nur allgemein auf die unbefangene Willensbildung im Bundessicherheitsrat, soweit das Dokument „Details der Erwägungen, die für oder gegen konkrete Rüstungsexporte sprechen“, enthalte. Das genügt nach Ablauf der Anbietungspflicht nicht mehr für die Annahme, dass eine Kenntnisnahme durch Unbefugte die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährden oder ihren Interessen schweren Schaden zufügen kann. Dies gilt auch, soweit sich die Beklagte auf den Schutz außenpolitischer Beziehungen wegen in dem Dokument enthaltener Bewertungen anderer, auch verbündeter Staaten beruft und diplomatische Verstimmungen befürchtet. Diese allgemein und abstrakt gehaltenen Ausführungen bieten keine hinreichende tatsächliche Grundlage für eine plausible Gefahrenprognose (s. oben zu Ziffer 5 Buchstabe b).

e) Auch eine weitere VS- Einstufung der Dokumente 8/9 - Ergebnisprotokoll der 10. Sitzung des Bundessicherheitsrats am 3. März 1982, Entwurf und 1. Ausfertigung – ist nicht hinreichend plausibel dargelegt. Was Ausführungen zur Neufassung der rüstungspolitischen Grundsätze angeht, trägt dies eine weitere Einstufung als Verschlusssache aus den oben unter Ziffer 5 Buchstabe c bereits erörterten Gründen nicht. Auch bezüglich dieser Dokumente ist angesichts der veränderten Umstände kein hinreichender Gegenwartsbezug auf der Grundlage der schriftsätzlichen und ergänzenden mündlichen Darlegungen der Beklagten erkennbar. Nichts anderes gilt, soweit sich die Beklagte auf enthaltene Informationen zum damaligen Kenntnisstand über Waffen des damaligen Ostblocks und deren Potential beruft und Rückschlüsse auf die deutschen Erkenntnismöglichkeiten insoweit befürchtet, weil „ein Abgleich damit, inwiefern damalige Erkenntnisse tatsächlich zutrafen oder nicht – was aufgrund des Zeitverlaufs womöglich heute möglich ist – eine etwaige Verletzbarkeit Deutschlands offenbar machen könnte“. Dieser Erläuterung kann schon nicht entnommen werden, ob sie sich auf Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1982 oder – was erforderlich wäre – zum gegenwärtigen Zeitpunkt bezieht. Unterstellt letzteres wäre beabsichtigt, bleibt die Erläuterung zu vage, um eine Gefährdung der Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland annehmen zu können. Die Beklagte vermag offensichtlich selbst nicht zuverlässig einzuschätzen, inwiefern Außenstehenden eine Überprüfung damaliger Erkenntnisse möglich ist, und sie versäumt es nachvollziehbar darzustellen, dass die Quellenlage nach den von ihr selbst dargestellten Veränderungen im Laufe der Zeit aktuell so vergleichbar mit der damaligen ist, dass eine seinerzeit gegebene Verletzbarkeit Deutschlands auch heute noch bestehen würde.

f) Für die identischen Dokumente 15/16 – Genehmigungsentwurf für das Ergebnisprotokoll über die 16. Sitzung des Bundessicherheitsrats am 21. Dezember 1982, Entwurf und 1. Ausfertigung – verweist der Senat in Ansehung der Darlegungen der Beklagten zur Begründung mangelnder aktueller Geheimhaltungsbedürftigkeit auf die Ausführungen unter oben Ziffer 5 Buchstabe d.

g) Das Dokument Nr.19 - Protokoll über die 6. Sitzung des Bundessicherheitsrats am 1. Juli 1981, Entwurf – erfüllt nach den Darlegungen der Beklagten nicht mehr die Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung der Einstufung „VS-GEHEIM“. Soweit es detaillierte Erwägungen zu Rüstungsexportentscheidungen enthält (die Exporte sollen „z.B.“ Malaysia, Thailand und Tunesien sowie ein Gemeinschaftsprogramm mit dem Vereinigten Königreich betreffen), beruft sich die Beklagte nur in allgemeiner Form auf den Beratungs- und Entscheidungsvorgang im Bundessicherheitsrat und äußert die Befürchtung, dass ein Bekanntwerden detaillierter Erwägungen in der Öffentlichkeit aufgegriffen und auch heute noch zu eingehenden und kontroversen Diskussionen führen würde. Damit ist weder nachvollziehbar erklärt, warum sich die heutigen Mitglieder des Bundessicherheitsrats durch entsprechende Diskussionen bei der Meinungsbildung zu aktuellen Rüstungsexportgeschäften mit diesen oder anderen Staaten beeindrucken lassen sollten, noch warum eine Offenlegung der Erwägungen die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährden oder ihren Interessen schweren Schaden zufügen können soll. Die Ausführungen zu nach dem Antrag der Klägerin thematisch einschlägigen Passagen geben dies auch nicht her. Allein das Vorhandensein von internen Bewertungen der Handlungen anderer Staaten, zu denen nach wie vor diplomatische Beziehungen unterhalten und in die auch „Exporte“ getätigt werden, insbesondere ein Vergleich zweier Länder in der Passage zu Chile, die schon durch den angestellten Vergleich brüskiert sein könnten, rechtfertigt die Prognose eines aktuell eintretenden schweren Schadens für außenpolitische Interessen nicht nachvollziehbar, weil nicht aufgezeigt wird, welche Parallele der Vergleich aufgreift und inwiefern sie geeignet ist, eine Brüskierung mit entsprechenden Auswirkungen auf anstehende Exportgeschäfte auszulösen. Mit ihren Verweisen auf die Dokumente 2, 3 kann die Beklagte die Aufrechterhaltung der VS-Einstufung gleichfalls nicht rechtfertigen (vgl. oben Ziffer 5 Buchstabe b, c); der Verweis auf die Dokumente 6/7 bezieht sich nicht auf die Informationen, die nach der Überzeugung des Senats die weitere Geheimhaltung dieser Dokumente plausibel machen (vgl. oben Ziffer 4 Buchstabe b).

h) Auch die weitere Einstufung des Dokuments Nr.22 - Vorlage an den Bundeskanzler vom 25. Juni 1981, Hinweise für die 5. Sitzung des Bundessicherheits- rats - ist auf der Grundlage der Darlegungen der Beklagten nicht gerechtfertigt. Was die nach dem Antrag der Klägerin thematisch einschlägige Passage angeht, die ein (seinerzeit) anhängiges Genehmigungsverfahren betraf, reicht es nicht aus, wenn sich die Beklagte darauf beruft, es werde lediglich über „positive Genehmigungsentscheidungen“ berichtet. Damit nimmt sie lediglich den Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung in Anspruch, ohne den nach Ablauf archivrechtlicher Fristen erforderlichen Gegenwartsbezug herzustellen. Konkret bedürfte es Darlegungen dazu, weshalb das damals anhängige Verfahren auch unter Berücksichtigung des Zeitablaufs und der von der Klägerin geschilderten Aufklärungsbemühungen Argentiniens über die Zeit der Militärdiktatur auch heute noch sicherheits- oder außenpolitische Interessen Deutschlands beschädigen könnte. Was die sonst in dem Dokument enthaltenen „Interna“ zur Haltung von Verbündeten zum Thema Chemiewaffen angeht, wird zur Begründung auf die Ausführungen unter Ziffer 5 Buchstaben b und c verwiesen. Deutsche Interessen sind hier durch eine Offenlegung nur mittelbar in Gestalt der diplomatischen Beziehungen betroffen; insofern versäumt es die Beklagte, neben der Herstellung aktueller Bezüge konkrete Ziele darzustellen, die beschädigt oder gefährdet würden, wenn die bisher nicht offen liegenden Einzelheiten der damaligen Haltung verbündeter Staaten zugänglich würden.

i) Was das Dokument Nr.23 - Vorlage an den Bundeskanzler vom 30. Juni 1981, Hinweise für die 6. Sitzung des Bundessicherheitsrats - angeht, kann für die Darlegungen zum Tagesordnungspunkt „Chemiewaffen“ zur Begründung der nicht mehr nachvollziehbaren Geheimhaltungsbedürftigkeit an die vorstehenden Ausführungen angeknüpft werden (zu Ziffer 5 Buchstabe h). Zwar bemüht sich die Beklagte hier um die Herstellung eines Gegenwartsbezugs. Sie räumt aber durch die Parenthese in ihren Erläuterungen, nach der es einer Fortschreibung bedarf, ein, dass die Informationen aus dem Jahre 1981 allein noch keine der befürchteten „Rückschlüsse auf Erkenntnismöglichkeiten und -quellen sowie die Abwehrfähigkeit und Strategien“ ermöglichen. Bei dem Erfordernis der Fortschreibung bleibt wiederum im Unklaren, wer dazu mit solchen Erfolgsaussichten in der Lage ist, dass die Annahme einer aktuellen Gefährdung berechtigt ist.

Der Gegenwartsbezug bleibt genauso vage, was Informationen über „strategische Überlegungen zu damaligen Rüstungsverhandlungen“ in dem Dokument betrifft. Sie „können“ lediglich aktuell sein oder sogar nur „wieder werden“. Damit konzediert die Beklagte im Kern, dass es sich nur um damals relevante Überlegungen handelt, die für eine Gegenwartsrelevanz erst wieder situationsbezogen aufgegriffen werden müssten. Dass eine Offenlegung unter diesen Vorzeichen die deutsche Verhandlungsposition von vornherein schwächen würde, ist nicht nachvollziehbar, weil etwaige Verhandlungspartner dafür erkennen können müssten, dass ein solches Aufgreifen damaliger Überlegungen beabsichtigt ist. Erkenntnisse dazu, insbesondere zu den Wirkungen einer Offenlegung, lassen sich den Erläuterungen der Beklagten nicht entnehmen. Insofern sind die Ausführungen nicht geeignet, eine Prognose zu tragen, nach der Interessen der Bundesrepublik Deutschland schwer geschädigt werden könnten oder auch nur eine Schädlichkeit zu befürchten wäre.

Die Erläuterungen der Beklagten reichen auch nicht aus, soweit dem Dokument „zu einem weiteren Aspekt sensible verteidigungspolitische Details zur Stationierung von Waffen“ im Jahre 1981 zu entnehmen sind. Die Beklagte kennzeichnet diese Informationen lediglich als „sensibel“, was die Schlussfolgerung rechtfertigt, dass es sich nicht um eine „vorgelagert“ als solche geheime Information handelt. Ein Gegenwartsbezug wird durch den Verweis auf einen „Abgleich damit, was heute diesbezüglich bekannt ist“, der dann „Rückschlüsse auf gegenwärtige Details der Stationierung von Waffen erlauben“ soll, nicht hinreichend plausibel und nachvollziehbar dargelegt. Offen bleibt wiederum, wer mit welchen Erfolgsaussichten einen solchen Abgleich vorzunehmen vermag und wie die angesprochenen „nicht wohlgesonnenen Kräfte“ diese Information ausnutzen könnten. Auch insoweit ist die tatsächliche Grundlage nicht ausreichend tragfähig, um die Gefahr eines schweren Schadens oder auch nur einer Schädigung zu rechtfertigen.

  1. Eine Schutzfrist nach §11 Abs.2 BArchG steht dem Nutzungsbegehren der Klägerin bezüglich der vorstehend unter Ziffer 5 behandelten Dokumente nicht entgegen. Sie sind nicht personen- sondern sachbezogen. Angesichts der vom Gesetz bezweckten zweifelsfreien Unterscheidung zwischen Archivgut, das der allgemeinen Schutzfrist nach §11 Abs.1 BArchG unterliegt und solchem, das der längeren Schutzfrist nach §11 Abs.2 anheimfallen soll, soll es auf die Zweckbestimmung und den Inhalt der Akte, nicht des einzelnen Schriftstücks ankommen. Angesichts dessen liegt personenbezogenes Archivgut vor, wenn die Behörde die Akte zu einer oder mehreren Personen angelegt hat; entscheidend ist ihr Wille, die Akte als Personenakte zu führen. Indiz hierfür ist die Bezeichnung der Akte (vgl. BT-Drs. 18/9633 S.68). Dem "wesentlichen Inhalt nach" personenbezogen sind Vorgänge, wenn die in der Akte enthaltenen Unterlagen aus objektiver Sicht im Wesentlichen Angaben zu einer oder mehreren Personen enthalten, also die personenbezogenen Unterlagen den Anteil der sachbezogenen Unterlagen deutlich überwiegen und hierdurch der Sachbezug der Akte in den Hintergrund tritt. Eine Akte ist daher als nach ihrem wesentlichen Inhalt personenbezogenes Archivgut anzusehen, wenn sie inhaltlich einem Vergleich mit einer zweckbestimmten personenbezogenen Akte standhält und die in ihr enthaltenen Daten natürlicher Personen daher des durch §11 Abs.2 BArchG vermittelten besonderen Schutzes bedürfen (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Januar 2019 a.a.O., juris Rn. 36). Zum gleichen Ergebnis führt die Begründung des Verwaltungsgerichts, nach der die Schutzfrist nach §11 Abs.2 BArchG gemäß §11 Abs.4 BArchG nicht auf solche Unterlagen anzuwenden ist, die sich auf Amtsträger in Ausübung ihrer Ämter und auf Personen der Zeitgeschichte beziehen, es sei denn ihr schutzwürdiger privater Lebensbereich wäre betroffen, was bei den begehrten Dokumenten nicht anzunehmen sei. Sie enthalten nach dem Vortrag der Beklagten die Namen der damals im Bundessicherheitsrat tätigen Minister/Bundeskanzler sowie der in diesem Kontext tätigen Ministerialbeamten, die jedoch jeweils ohne Bezug zu ihrem privaten Lebensbereich in Ausübung ihrer Ämter gehandelt hätten.

II. Die Berufung der Klägerin ist nur begründet, soweit sie damit die ungeschwärzte Zugänglichmachung der ihr mit den stattgebenden Teilentscheidungen bereits teilgeschwärzt überlassenen Unterlagen anstrebt.

  1. Das Urteil des Verwaltungsgerichts verhält sich zu Unrecht nicht zu den belastenden Elementen der stattgebenden Teilentscheidungen, die nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen waren und mit der am 9. Oktober 2017 eingegangenen Klage rechtzeitig vor Ablauf der Jahresfrist gemäß §58 Abs.2 VwGO angefochten worden sind.

Ausgehend von seinem Rechtsstandpunkt hätte das Verwaltungsgericht die mit den Teilentscheidungen zugänglich gemachten Dokumente der Klägerin vollständig zur Nutzung eröffnen müssen. Dem stehen auch keine Geheimhaltungsinteressen der Beklagten entgegen, da nach ihrem Vorbringen die Einstufung aller dieser Dokumente als Verschlusssachen aufgehoben worden ist.

Ein Verzicht der Klägerin auf diese von ihrem Antrag auf Nutzung der Unterlagen umfasste Position lässt sich nicht feststellen und kann insbesondere nicht daraus abgeleitet werden, dass die Klägerin ihre Klage bezüglich des ihr ebenfalls nur teilweise geschwärzt überlassenen Dokuments Nr.1 zurückgenommen hat. Denn sie hat ansonsten stets bekräftigt und in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nochmals klargestellt, dass sie eine archivrechtliche Nutzung der zu ihrer Thematik vorhandenen Unterlagen – die ihr das Verwaltungsgericht im stattgebenden Teil seines Urteils in dem unter vorstehend Ziffer I 5 Buchstaben a – h ausgeführten Umfang auch zu Recht zugesprochen hat – in vollem Umfang beansprucht. Die Teilrücknahme der Klage kann deshalb nicht dahin verstanden werden, dass die Klägerin ihr Begehren insgesamt dahin eingeschränkt hätte, dass sie sich damit zufrieden geben wollte, lediglich thematisch einschlägige Passagen der Unterlagen nutzen zu können. Die Klägerin hat damit nur bezüglich eines Dokuments von ihrer Dispositionsbefugnis über den Streitgegenstand Gebrauch gemacht.

  1. Dem mit der Berufung von der Beklagten erhobenen Einwand, die Klägerin könne nach ihrem Antrag nur die Nutzung der thematisch einschlägigen Passagen der Unterlagen beanspruchen oder habe jedenfalls der Sache nach ihren Anspruch entsprechend beschränkt, weshalb das Verwaltungsgericht mit dem stattgebenden Teil seines Urteils über das Begehren (§88 VwGO) hinausgegangen sei, folgt der Senat nicht. Der archivrechtliche Nutzungsanspruch gemäß §11 Abs.6 BArchG ist seiner Natur nach nicht informations- sondern unterlagenbezogen; eine informationsbezogene Einschränkung und damit eine Teilschwärzung von Unterlagen kommt nur in Betracht, soweit eine Schutzfrist wegen personenbezogener Daten oder Versagungsgründe dem Nutzungsanspruch teilweise entgegenstehen. Eine umfassende wissenschaftliche oder publizistische Auswertung von Unterlagen setzt grundsätzlich den vollständigen Zugang zur jeweiligen Unterlage voraus, ansonsten wäre ihr Wert als authentische Erkenntnisquelle eingeschränkt. Eine Beschränkung des Klagebegehrens kann – wie ausgeführt – vorliegend nicht angenommen werden.

  2. Im Übrigen ist die Berufung der Klägerin zurückzuweisen. Die Klägerin kann eine über die vom Bundeskanzleramt angestellte hinausgehende Recherche nach etwa vorhandenen weiteren Unterlagen nicht verlangen (a). Sie hat auch keinen Anspruch auf Nutzung der Mittel der Schriftgutverwaltung des Bundeskanzleramts, mit denen Unterlagen des Bundessicherheitsrats registriert werden (b). Insoweit hat das Verwaltungsgericht die Klage zu Recht abgewiesen.

a) Der Senat legt zugrunde, dass die Klägerin das Begehren, ihr die thematisch einschlägigen Unterlagen umfassend zugänglich zu machen, sogleich mit der Verpflichtungsklage geltend machen kann, obwohl zwischen den Beteiligten streitig ist, ob weitere Unterlagen des Bundessicherheitsrats im Bundeskanzleramt vorhanden sind. Im Rahmen der Bescheidung des Antrags auf archivrechtliche Nutzung nach §11 Abs.6 BArchG stellt die Sonderung von antragsumfangenen Unterlagen von übrigen bei der Behörde vorhandenen, bislang nicht angedienten Unterlagen eine unselbständige Vorstufe der Entscheidung über den Nutzungsanspruch dar, so dass das Begehren insoweit spruchreif zu machen ist. Es gibt aber keinen Anhalt für die Vermutung der Klägerin, dass die Beklagte insoweit ihre Mitwirkungspflichten verletzt hätte.

Die Klägerin hat diese Vermutung mit ihr im politischen Archiv des Auswärtigen Amtes ermöglichten Recherchen begründet; dort hätten sich Unterlagen zu Paraguay, u.a. auch zu Waffen- und Rüstungsexporten, gefunden, die bis Anfang der fünfziger Jahre zurückreichten. Abgesehen davon, dass ihr Antragsbegehren sich nur auf Unterlagen ab dem Jahr 1972 bezieht, hat sie nicht konkret angeben können, sie habe im Auswärtigen Amt weitere Ausfertigungen von Unterlagen des Bundessicherheitsrats aus dem antragsbefangenen Zeitraum aufgefunden, deren Entsprechung ihr im Rahmen der Bescheidung ihres an das Bundeskanzleramt gerichteten Antrags vorenthalten worden wären. Die Beklagte hat unwidersprochen vorgetragen, dass sie Unterlagen aus der Zeit vor 1979 an das Bundesarchiv abgegeben habe. Der Klägerin seien im Übrigen bei den stattgebenden Teilentscheidungen Unterlagen auch aus den siebziger Jahren zugänglich gemacht worden. Außerdem seien durchaus nicht alle Rüstungsexportgeschäfte Gegenstand von Verhandlungen des Bundessicherheitsrats gewesen. Im Bundeskanzleramt sei mit den dort zur Verfügung stehenden Recherchemitteln zu den sich aus dem Antrag der Klägerin ergebenden Stichworten gesucht worden. Dies habe zur Zusammenstellung der den Verfahrensgegenstand (stattgebende Teilentscheidung, Abschlussbescheid) bildenden Unterlagen geführt. Der einzige Bereich, in dem potentiell noch weitere Unterlagen vorhanden sein könnten, werde dadurch umrissen, dass in der sog. Alt-VS-Datenbank etwa ein Drittel der Unterlagen anderer Urheber als des Bundeskanzleramts aus den Jahren von 1949 bis 2001 nicht erfasst seien, so dass die Beklagte die Unvollständigkeit des Rechercheergebnisses nicht völlig ausschließen könne.

Diese Situation ist dahin zu würdigen, dass die Beklagte ihren Mitwirkungspflichten in der Weise nachgekommen ist, wie sie auch verfahren wäre, wenn es ihr selbst darum gegangen wäre, für eigene Zwecke entsprechende thematische Unterlagen mit Hilfe ihrer Schriftgutverwaltung zu ermitteln. Dass diese Recherche aus dem vorliegenden Verwaltungsvorgang nur äußerlich nachvollzogen werden kann und wie die Klägerin rügt, weitgehend intransparent ist, findet seinen Grund darin, dass die Registraturmittel ihrerseits als Verschlusssachen eingestuft sind, und gibt keinen Anlass zur Beanstandung.

Eine Sicherheit, dass das Rechercheergebnis alle thematisch einschlägigen Unterlagen umfasst, kann nach dem – insoweit unwidersprochen gebliebenen – Vortrag der Beklagten nur gewonnen werden, wenn eine manuelle Suche im gesamten Aktenbestand der VS-Registratur aus dem in Rede stehenden Zeitraum durchgeführt würde. Dazu müssten etwa 30.000 Aktenbände mit jeweils durchschnittlich sechs Verschlusssachen ab dem Geheimhaltungsgrad VS-Vertraulich und ca. 20 offenen bzw. VS-NfD eingestuften Dokumenten durchgesehen werden, insgesamt etwa 780.000 Einzeldokumente.

Ein solcher Rechercheaufwand ist lediglich zur Klärung der Frage, ob es überhaupt noch weitere einschlägige Unterlagen gibt, nicht von dem Anspruch auf Nutzung von Behördenunterlagen gemäß §11 Abs.6 BArchG umfasst. Dem steht der entsprechend anzuwendende Versagungsgrund nach §13 Abs.2 Nr.2 BArchG entgegen, wonach die Nutzung eingeschränkt oder versagt werden kann, wenn durch die Nutzung ein unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand entstünde. Zwar hat die Beklagte den personellen Aufwand einer manuell in dem genannten Aktenbestand durchzuführenden Suche nicht genauer umrissen. Es ist für den Senat aber nachvollziehbar und liegt auf der Hand, dass ein zeitnahes Ergebnis nur mit einem enormen Personalaufwand erzielbar wäre, schon weil die Einsichtnahme in Verschlusssachen ab der Einstufung „VS-VERTRAULICH“ jeweils aufwendige Aufzeichnungen über den Vorgang der Einsichtnahme erfordert, ehe dieser auf entsprechende Dokumente durchsucht werden kann. Auf der anderen Seite kann der von der Klägerin verfolgten Zielsetzung der Vollständigkeit des Rechercheergebnisses vorliegend kein besonderes Gewicht beigemessen werden, weil ihr Antrag auf Unterlagen des Bundessicherheitsrats gerichtet war, dessen Sekretariat im Bundeskanzleramt angesiedelt ist, so dass die Unterlagen des Bundessicherheitsrats als solche regelmäßig zu denjenigen gehören, deren Urheber das Bundeskanzleramt ist und die nach den Angaben der Beklagten vollständig in der Alt-VS-Datenbank erfasst sind. Letztlich können danach nur noch Unterlagen von anderen Urhebern nicht vom Rechercheergebnis umfasst sein, die in den Sitzungsunterlagen des Bundessicherheitsrats keine Erwähnung gefunden haben. Die Suche entsprechender Unterlagen von Hand hat das Verwaltungsgericht deshalb zu Recht als unverhältnismäßig beurteilt.

Den hiergegen erhobenen Einwänden der Klägerin folgt der Senat nicht. Das Bundeskanzleramt hat als Behörde vielfältige und zentrale Aufgaben bei der Wahrnehmung der Regierungsgeschäfte. Auch wenn es sich infolge der Nichtabgabe von über 30 Jahre alten Unterlagen an das Bundesarchiv auf die Wahrnehmung archivrechtlicher Aufgaben wie die Bescheidung von Nutzungsansprüchen gemäß §11 Abs.6 BArchG einstellen muss, obliegt ihm nicht wie dem Bundesarchiv als dafür speziell eingerichteter Behörde die Aufbereitung der eigenen Akten als Archivgut. Es gibt auch keine Hinweise aus der Gesetzesbegründung, dass der Nutzungsanspruch nach §11 Abs.6 BArchG als Sanktionierung für die nicht rechtzeitige Anbietung der Akten gegenüber dem Bundesarchiv aufzufassen sein könnte. Dem Gesetzgeber ging es lediglich darum, noch bei öffentlichen Stellen vorhandene Unterlagen, die noch nicht auf ihre Archivwürdigkeit geprüft werden konnten, in gleicher Weise wie Archivgut des Bundesarchivs zugänglich zu machen, um alle Unterlagen von bleibendem Wert als „Gedächtnis des Staates“ zu erfassen. Danach gibt es erst recht keine Anzeichen dafür, dass mit der Nichtanbietung nach §5 Abs.1 BArchG anbietungspflichtiger Aktenbestände eine gesteigerte Verpflichtung öffentlicher Stellen des Bundes einherginge, um die fehlende archivrechtliche Aufbereitung gleichsam zu kompensieren. Vielmehr hat der Gesetzgeber nur eine entsprechende Anwendung des allgemeinen archivrechtlichen Nutzungsanspruchs eröffnet, was im Kern bedeutet, dass anbietungspflichtige Unterlagen wie Archivgut des Bundesarchivs behandelt werden, die Behörde als Anspruchsverpflichteter sich auf Schutzfristen und Versagungsgründe in gleicher Weise wie das Bundesarchiv berufen darf und gegebenenfalls auch muss. Das schließt den hier einschlägigen Versagungsgrund des unverhältnismäßigen Aufwands ohne jegliche Einschränkungen ein. Für eine Einschränkung des durch die Vorschrift des §13 Abs.2 Nr.2 BArchG eröffneten Ermessens zugunsten der Klägerin gibt es nach alledem keine Grundlage. Ermessenfehler haften der Entscheidung des Bundeskanzleramts nicht an.

b) Eigenen Zugang zu den Find- und Recherchemitteln des Bundeskanzleramts kann die Klägerin nicht verlangen. Es handelt sich bei der Schriftgutverwaltung nicht um Unterlagen im Sinne des §1 Nr.9 BArchG, die dem archivrechtlichen Nutzungsanspruch unterliegen (aa). Es besteht auch kein Anspruch auf Zugang nach §1 Abs.1 Satz1 IFG (bb).

aa) Die Mittel der Schriftgutverwaltung des Bundeskanzleramts sind behördliche Arbeitsmittel. Wie ausgeführt ist das Bundeskanzleramt keine Archivbehörde, zu deren Arbeitsmitteln eine Archivregistratur gehört, die für die Aufbewahrung und zum Auffinden einschlägiger Unterlagen nicht nur für die Archivbehörde, sondern auch für die Eigenrecherche im Rahmen des archivrechtlichen Nutzungsanspruchs zur Verfügung steht. Innerhalb der öffentlichen Stellen des Bundes dienen die Mittel zur Schriftgutverwaltung nur der Ablage und der Zugänglichmachung für die Wahrnehmung der Verwaltungsaufgaben. Dazu gehört zwar auch die Bescheidung von Anträgen nach §11 Abs.6 BArchG; dieser Nutzungsanspruch eröffnet aber grundsätzlich nicht die Möglichkeit der eigenen Recherche in den behördlichen Registraturmitteln, weil dies von deren Widmungszweck nicht umfasst ist.

Es handelt sich bei den Mitteln der Schriftgutverwaltung auch (noch) nicht um Unterlagen im Sinne des Archivrechts. Zwar umfasst der Begriff nach der Legaldefinition in §1 Nr.9 BArchG Aufzeichnungen jeder Art, unabhängig von der Art ihrer Speicherung. Das könnte auch Mittel zur Schriftgutverwaltung umfassen, etwa wenn sie über reine Registraturangaben wie Aktenzeichen hinaus auch weitere Informationen zum Inhalt verwalteter Vorgänge und deren Struktur umfassen, die ihrerseits von bleibendem Wert im Sinne des §1 Nr.2 BArchG sein können, was nach Abschluss des Vorgangs (§1 Nr.5 BArchG) zu prüfen wäre.

Die Beklagte nimmt aber zu Recht an, dass die einzelnen Registraturmittel keine abgeschlossenen Einzeldokumente darstellen, sondern in ihrer Gesamtheit Vorgänge (Verzeichnisse und Sammlungen) sind, die erst dann archivrechtlich „entstehen“, wenn eine Registratur abgeschlossen wird und ihre Mittel keine Verwendung mehr finden, wie das etwa bei Umstellung händisch geführter Karteimittel in elektronische Datenbanken nach vollständiger Erfassung der Fall sein mag. Nach den Angaben der Beklagten steht zur Überzeugung des Senats fest, dass dies bei allen in Rede stehenden Mitteln der Schriftgutverwaltung (Aktennummernverzeichnis, Aktenbestandsverzeichnis, offene Einsenderkartei, Vorgangskartei, Hinweiskarten sowie der elektronischen Alt-VS-Datenbank) bislang nicht der Fall ist, sondern diese Mittel ungeachtet eingeleiteter Umstellung auf elektronische Aktenführung bislang weiterhin zur Verwaltung des Aktenbestandes verwendet werden.

bb) Greifen mithin die vorrangigen archivrechtlichen Bestimmungen nicht zugunsten der Klägerin ein, bleibt ein Zugangsanspruch nach §1 Abs.1 Satz1 IFG zu prüfen. Ein solcher Anspruch der Klägerin besteht im Ergebnis nicht.

Allerdings steht nicht schon entgegen, dass Mittel zur Schriftgutverwaltung als solche keine amtlichen Informationen enthielten. Wie die Akten einer Behörde verwaltet werden und wo sich einzelne Vorgänge und Dokumente mit amtlichen Informationen befinden, stellen amtlichen Zwecken dienende Informationen dar, nicht anders als etwa Geschäftsverteilungspläne (vgl. BT-Drs. 15/4493 S.16) oder Telefonverzeichnisse (BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 2016 – 7 C 20.15 – NJW 2017, 1258, juris Rn. 9; Senatsurteil vom 20. August 2015 – OVG 12 B 21.14 –, juris Rn. 16). Informationen darüber, wie das Schriftgut einer Behörde verwaltet wird, können danach durchaus weiteren Aufschluss über die Wahrnehmung ihr obliegender Verwaltungsaufgaben beisteuern und einen Informationsanspruch nach §1 Abs.1 Satz1 IFG begründen.

Der Klägerin geht es aber erkennbar nicht um einen Zugang zu Informationen in diesem Sinn, sondern sie möchte die behördlichen Mittel der Schriftgutverwaltung nutzen, um damit selbst eine Recherche in dem vorhandenen Schriftgut anstellen zu können. Ein solcher Nutzungsanspruch, der von einer Aus- oder Verwertung zugänglich gemachter Informationen außerhalb der Behörde unterschieden werden muss, ergibt sich aus dem Informationsfreiheitsgesetz nicht.

Davon unabhängig steht einer Informationsgewährung hinsichtlich der in Rede stehenden Registraturmittel des Bundeskanzleramts entgegen, dass es sich insoweit um die Verschlusssachen-Registratur handelt, die mit ihren Bestandteilen – bis auf die sog. offene Einsenderkartei – selbst als „VS-GEHEIM“ eingestuft ist. Das schließt eine Informationsgewährung nach §3 Nr.4 IFG aus. An der Berechtigung dieser Einstufung hat der Senat mit dem Verwaltungsgericht keine Zweifel, weil die VS-Registratur bestimmte Hintergrundinformationen zu den Verschlusssachen enthält und letztlich einen Überblick über das gesamte Verschlusssachen-Schriftgut und darin getätigte Einsichtnahmen ermöglicht und damit Rückschlüsse auf Geheimnisträger zulässt. Im Übrigen umfasst die VS-Registratur auch das Schriftgut, das im Bundeskanzleramt als Fachaufsichtsbehörde über die Nachrichtendienste des Bundes und zur Ausübung der Koordinierungstätigkeit des Beauftragten für die Nachrichtendienste geführt wird. Diesbezügliche Informationen unterfallen der Bereichsausnahme des Informationsfreiheitsgesetzes nach §3 Nr.8 IFG (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Februar 2016 – 7 C 14.18 – NVwZ 2016, 940, juris Rn. 10). Ob und inwieweit auch §5 IFG etwa einer Informationsgewährung in die sog. offene – nicht VS-eingestufte – Einsenderkartei entgegensteht, bedarf keiner Entscheidung.

Die Kostenentscheidung folgt aus §155 Abs.1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §167 VwGO in Verbindung mit §708 Nr.10, §711 der Zivilprozessordnung.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in §132 Abs.2 VwGO genannten Gründe vorliegt.

Tatbestand

Die Klägerin ist freie Journalistin. Sie beantragte Zugang zu Unterlagen des Bundessicherheitsrates der Jahre 1972 bis 1985 betreffend die Länder Argentinien, Chile, Paraguay und Uruguay u.a. unter Berufung auf das Bundesarchivgesetz und verlangte Einsicht in die zugehörigen Findmittel des Bundeskanzleramts.

Das Bundeskanzleramt stellte mit Teilentscheidungen vom 26. Oktober und 20. Dezember 2016 sowie vom 21. April 2017 eine Reihe von Unterlagen zur Nutzung bereit, die es in thematisch nicht einschlägigen Passagen schwärzte. Mit abschließendem Bescheid vom 5. August 2017 wurde ein weiteres Dokument (Nr.1) ebenfalls teilweise geschwärzt zugänglich gemacht. Im Übrigen lehnte das Bundeskanzleramt die Einsichtnahme in näher bezeichnete 26 Dokumente aus dem Zeitraum von 1981 bis 1985 ab. Sie seien als Verschlusssachen eingestuft. Eine Aufhebung der Einstufung komme materiell nicht in Betracht; sie würde das Wohl der Bundesrepublik Deutschland gefährden. Der Zugang zur Schriftgutverwaltung sei archivrechtlich nicht eröffnet, weil sie als Arbeitsmittel fortlaufend zur Verwaltung des vorhandenen Aktenbestandes verwendet werde und es sich deshalb nicht um eine abgeschlossene Unterlage handele. Das Informationsfreiheitsgesetz gebe keinen Anspruch auf Zugang zu diesen Registraturmitteln. Es könne offen bleiben, ob es sich dabei um amtliche Informationen handele. Es seien Hilfsmittel, um amtliche Informationen zu erfassen, zu verwalten und wiederzufinden. Jedenfalls sei die VS-Registratur selbst als VS-GEHEIM eingestuft.

Mit der Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren weiter. Nach erfolglosem Vorverfahren hat sie auch den Zugang zu den Find- und Recherchemitteln des Bundeskanzleramts in das Klageverfahren einbezogen. Hinsichtlich des Dokuments Nr.1 hat sie die Klage zurückgenommen. Im Laufe des Verfahrens gewährte die Beklagte zu den Dokumenten 24 und 25 Zugang; insoweit haben die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt. Darauf hat das Verwaltungsgericht mit seinem Urteil vom 20. Dezember 2018 das Verfahren teilweise eingestellt. Im Übrigen hat es der Klage nur stattgegeben, soweit sie auf Einsicht in die noch streitigen 24 Dokumente gerichtet war. Zur Begründung hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen ausgeführt:

Die Klägerin habe nach den vorrangigen archivrechtlichen Bestimmungen Anspruch auf Nutzung der konkret bezeichneten Dokumente aus den Jahren bis 1985 in entsprechender Anwendung, da sich die Unterlagen noch in der Verfügungsgewalt des Bundeskanzleramts befänden. Eine verlängerte Schutzfrist gelte dafür nicht. Zum Schutz personenbezogener Daten scheide sie aus, da nach dem Vortrag der Beklagten nur die Namen der damals dem Bundessicherheitsrat angehörenden Minister und Bundeskanzler sowie von in diesem Kontext tätigen Ministerialbeamten enthalten seien. Diese hätten jeweils ohne Bezug zu ihrem persönlichen Lebensbereich nur in Ausübung ihrer Ämter gehandelt. Eine Verdoppelung der Schutzfrist auf 60 Jahre komme nur für Unterlagen in Betracht, die den Rechtsvorschriften des Bundes über die Geheimhaltung unterliegen. Weder die Geheimhaltungsanordnung für Sitzungen des Bundessicherheitsrates aufgrund dessen Geschäftsordnung noch die Einstufung der fraglichen Unterlagen nach der Verschlusssachenanweisung als „vertraulich“ (Dokument Nr.26) bzw. „geheim“ (übrige Dokumente) beruhten auf Rechtsvorschriften, sondern auf Binnenrecht ohne materielle Außenwirkung. Das Sicherheitsüberprüfungsgesetz regele den Geheimschutz nur allgemein im Sinne genereller Vorgaben ohne bereichsspezifische Ausgestaltung. Ob es als Rechtsvorschrift der Nutzung entgegenstehe, bedürfe keiner Entscheidung, da die Einstufung nach der Verschlusssachenanweisung nach dem Vortrag der Beklagten materiell nicht gerechtfertigt sei. Soweit sie allgemein auf den Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung und das Staatswohl hinweise, genüge ihr abstrakter Vortrag nicht den Darlegungsanforderungen. Soweit durch die Bekanntgabe der Dokumente eine Beeinträchtigung der auswärtigen Beziehungen des Bundes und damit Schäden für die Interessen und das Wohl der Bundesrepublik Deutschland befürchtet würden, fehle es unter Berücksichtigung der insoweit bestehenden Einschätzungsprärogative an einer einleuchtend begründeten Prognose. Der dokumentenspezifische Vortrag bleibe pauschal und erschöpfe sich in der abstrakten Wiedergabe allgemeiner Angaben. Warum sich eine Offenbarung der mehr als 30 Jahre zurückliegenden Erwägungen im Bundessicherheitsrat aus den Ergebnisprotokollen und in den Vorlagen für die damaligen Bundeskanzler heute noch auf das Verhältnis zum jeweiligen Erwerberland und im Verhältnis zu weiteren Drittstaaten auswirken könne, werde damit nicht erläutert. Insbesondere lasse sich nicht entnehmen, warum bestimmte rüstungs- und sicherheitspolitische Bewertungen und Details von damals auch heute noch bei geänderten geopolitischen und geostrategischen Verhältnissen geheim gehalten werden müssten, welche Staaten konkret betroffenen seien und welche Strategie die Bundesrepublik ihnen gegenüber damals verfolgt habe bzw. heute (noch immer) verfolge. Hinsichtlich des Dokuments Nr.2 sei ein Betriebs- und Geschäftsgeheimnis Dritter nicht dargelegt. Der bloße Hinweis, dass es um ein „Angebot mit Zahlen“ gehe, reiche nicht aus. Bei längst abgeschlossenen Geschäftsvorgängen, die weit in die Vergangenheit reichten, bedürfe die fortbestehende Wettbewerbsrelevanz plausibler Darlegung. Hier sei nicht nachvollziehbar, welche Informationen eines konkreten Angebots aus dem Jahr 1981 unter den heutigen Marktbedingungen noch relevant und für Marktkonkurrenten von Interesse seien. Nach allem könne nicht angenommen werden, dass die Nutzung der Unterlagen das Wohl des Bundes oder eines Bundeslandes gefährde oder Rechtsvorschriften des Bundes über die Geheimhaltung verletzt würden.

Zugang zu weiteren thematisch einschlägigen Unterlagen des Bundessicherheitsrates könne die Klägerin hingegen nicht verlangen. Die Beklagte verneine nach dem Ergebnis ihrer Recherche deren Vorhandensein. Soweit sie aufgrund des Bestandes der sog. Alt-VS-Datenbank, in der noch etwa ein Drittel der Unterlagen anderer Urheber als des Kanzleramts aus den Jahren 1949 bis 2001 nicht erfasst sei, die Existenz weiterer thematisch einschlägiger Unterlagen nicht mit Gewissheit ausschließen könne, dürfe sie sich darauf berufen, dass sie eine umfassende Suche im Rahmen der eigenen Recherchemöglichkeiten durchgeführt habe und eine manuelle Suche in den Sachakten einen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand verursachen würde.

Ein Anspruch auf Zugang zu Find- und Recherchemitteln bestehe nicht. Das Bundeskanzleramt sei kein Archiv. Es habe nicht die Aufgabe, Archivgut nutzbar zu machen und wissenschaftlich zu verwerten. Eine archivrechtliche Einordnung seiner Schriftgutverwaltung scheitere an der mangelnden Abgeschlossenheit der laufend fortgeführten Registraturmittel. Ein Anspruch der Klägerin nach dem Informationsfreiheitsgesetz sei unbeschadet der Frage, ob es sich bei diesen Arbeitsmitteln überhaupt um amtliche Informationen handele, nur auf Zugang zu Informationen gerichtet, nicht aber auf die Benutzung der sie enthaltenden Arbeitsmittel. Im Übrigen sei er durch die insoweit materiell gerechtfertigte Einstufung der VS-Registratur als „geheim“ bzw. „streng geheim“ ausgeschlossen. Auch werde in den Verzeichnissen und Karteien sowie in der Alt-VS-Datenbank der VS-Registratur des Bundeskanzleramtes das Schriftgut erfasst, das im Rahmen der Wahrnehmung der Fachaufsicht über Sicherheitsbehörden des Bundes und den Bundesnachrichtendienst und zu den Mitarbeitern des Bundesnachrichtendienstes anfalle; diese Informationen fielen unter die gesetzlich angeordnete Bereichsausnahme für die Nachrichtendienste.

Gegen das Urteil haben die Beteiligten wechselseitig Berufung eingelegt.

Mit ihrer Berufung macht die Klägerin geltend, nach ihrer Einschätzung auf der Grundlage von Einsichtnahmen in das politische Archiv des Auswärtigen Amtes etwa zu Paraguay müssten weitere Unterlagen des Bundessicherheitsrats zum Themenkomplex „Waffenexporte in südamerikanische Militärdiktaturen“ aus dem fraglichen Zeitraum vorhanden sein. Die Unterlage mit dem frühesten Ursprung, die die Beklagte in ihrem Bescheid benannt habe, datiere aus dem Jahr 1980 und betreffe Rüstungsexporte nach Argentinien. Es sei unwahrscheinlich bis ausgeschlossen, dass sich der Bundessicherheitsrat in den Jahren 1972 bis 1980 nicht mit der Thematik beschäftigt habe. Die Nachforschung verursache keinen übermäßigen Verwaltungsaufwand. Eine ordnungsgemäße Verwaltung des Schriftguts umfasse auch dessen Archivierung einschließlich des Anbietens archivwürdiger Unterlagen. Wegen diesbezüglicher Unterlassungen könne sich das Bundeskanzleramt nicht auf einen unverhältnismäßigen Aufwand berufen; dieser sei auch nicht dargetan, was eine institutionelle Überforderung und Beeinträchtigung der Funktion des Bundeskanzleramts angehe. Das Argument, das Bundeskanzleramt sei kein Archiv und halte daher keine allgemein zugänglichen Hilfsmittel für die archivarische Nutzung bereit, greife angesichts der entsprechenden Anwendbarkeit der Bestimmung über die Nutzung von Archivgut auf bei öffentlichen Stellen des Bundes vorhandene, über 30 Jahre alte Unterlagen zu kurz. Wenn die Aktenbestände nicht ordnungsgemäß archiviert würden, müsse die Aktenregistratur der Behörde für die archivrechtliche Recherche offenstehen. Es sei auch nicht ersichtlich, dass das für den Zeitraum von 1949 bis ca. 1978 geführte Loseblattverzeichnis in seinem Bestand noch verändert und in diesem Sinne keine abgeschlossene Unterlage sei. Ein Anspruch auf Informationszugang nach dem Informationsfreiheitsgesetz könne jedenfalls nicht mit der Begründung ausgeschlossen werden, es handele sich nicht um amtliche Informationen oder das Gesetz gewähre keinen Anspruch auf die Benutzung von Arbeitsmitteln. Die Aufzeichnungen zur Schriftgutverwaltung enthielten zweifellos Informationen, die amtlichen Zwecken dienten. Zwischen dem Zugang zu diesen Informationen und ihrer Nutzung lasse sich vorliegend nicht trennen. Zumindest in Bezug auf die sog. offene Einsenderkartei seien auch keine Ausschlussgründe ersichtlich.

Die Klägerin beantragt,

  1. das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 20. Dezember 2018 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids des Bundeskanzleramts vom 5. August 2017 und des Widerspruchsbescheids vom 5. Februar 2018 zu verpflichten, ihr über die im Bescheid vom 5. August 2017 genannten Dokumente mit den laufenden Nummern2 bis 23, 26 und 27 hinaus sämtliche Unterlagen des Bundessicherheitsrats mit Bezug zu Argentinien, Chile, Paraguay und Uruguay in der Zeit zwischen 1972 und 1985 bereitzustellen und ihr die Erlaubnis zur Einsichtnahme zu erteilen,

sowie ihr Zugang zu den Find- und Recherchemitteln beim Bundeskanzleramt zu gewähren, um nach den oben genannten Unterlagen in Archiv- und Datenbanken des Bundeskanzleramts zu recherchieren und die Erlaubnis zur Nutzung der aufgefundenen Unterlagen zu erteilen,

  1. die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt,

  1. das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 20. Dezember 2018 teilweise zu ändern und die Klage insgesamt abzuweisen,

  2. die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Beklagte rügt mit ihrer Berufung, dass die noch streitigen Unterlagen infolge Einstufung als Verschlusssachen einer 60jährigen Schutzfrist unterlägen. Dabei müsse berücksichtigt werden, dass die Einstufung der Unterlagen nicht nur die von der Klägerin zum Gegenstand ihres Nutzungsantrags gemachte Thematik, sondern weitere Themenbereiche und Gegenstände beträfen, und die Einstufung als Verschlusssache die Unterlage jeweils insgesamt erfasse. Für die Prüfung des archivrechtlichen Nutzungsanspruchs komme es nicht auf die materielle Rechtfertigung des Geheimschutzes an, sondern nur darauf, dass die Unterlagen formal nach der Verschlusssachenanweisung eingestuft seien. Davon abgesehen sei der Geheimschutz auch für die einschlägigen Passagen der Dokumente gerechtfertigt. Durch ihre Einstufung solle dem Wohl des Bundes Rechnung getragen werden, was archivrechtlich einen Versagungsgrund darstelle. Der Bundessicherheitsrat gehöre wie das Kabinett als solches nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zum Kernbereich des Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung. Seine Sitzungen seien geheim; er berichte auch nicht über sämtliche Beratungsergebnisse, sondern nur über abschließende positive Entscheidungen. Über abgelehnte oder nicht entschiedene Fälle werde nicht berichtet, um das Wohl des Bundes nicht zu gefährden. Es diene insbesondere dem Schutz der auswärtigen Beziehungen, wenn Verwerfungen mit dem jeweiligen Erwerberland vermieden würden, die etwa auftreten könnten, wenn dessen Rüstungsabsichten publik würden oder bekannt würde, dass eine Exportgenehmigung versagt oder eine Voranfrage abschlägig beschieden worden sei. Zudem würden auch die deutschen außen- und sicherheitspolitischen Interessen durch die Geheimhaltung gewahrt. Die Beklagte hat die Geheimhaltungsgründe der noch streitigen 24 Dokumente mit am 26. März 2020 eingegangenem Schriftsatz dokumentenbezogen erläutert; für die Darlegungen im Einzelnen nimmt der Senat auf diesen Schriftsatz Bezug. Das Urteil des Verwaltungsgerichts sei davon abgesehen auch deshalb zu beanstanden, weil es mit der Verpflichtung zur Nutzung der gesamten Dokumente über den Antrag der Klägerin hinausgehe, anstatt nur die einschlägigen Passagen der Unterlagen betreffend Argentinien, Chile, Uruguay und Paraguay zwischen 1972 und 1985 zugänglich zu machen, wie es die Beklagte bei den stattgebenden Teilentscheidungen ungeachtet der Aufhebung der Einstufung als Verschlusssachen für diese Dokumente gehandhabt habe.

Ein Anspruch auf Nutzung möglicherweise vorhandener weiterer Unterlagen sei mit dem Verwaltungsgericht zu verneinen. Dass das Bundeskanzleramt nur 18 – von ihm zur Nutzung durch die Klägerin freigegebene – Unterlagen aus der Zeit vor 1980 ermittelt habe, liege daran, dass die älteren Unterlagen bereits an das Bundesarchiv abgegeben worden seien und als Archivgut dort eingesehen werden müssten. Das Bundeskanzleramt könne sich im Rahmen der entsprechenden Anwendung der Archivbestimmungen wie das Bundesarchiv auf einen unverhältnismäßigen Rechercheaufwand berufen. Das Gesetz biete keinen Anhalt für gesteigerte Rechercheobliegenheiten infolge eines nicht rechtzeitigen Angebots der Unterlagen zur Archivierung. Den Zugang zu den Mitteln der Schriftgutverwaltung habe das Verwaltungsgericht zu Recht versagt. Sie seien auch keine amtlichen Informationen im Sinne des Informationsfreiheitsgesetzes, jedenfalls lägen insoweit Ausschlussgründe vor.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird neben der Streitakte (zwei Bände) auf den Verwaltungsvorgang des Bundeskanzleramts, der vorgelegen hat und Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.

Die Berufungen haben jeweils teilweise Erfolg und führen insoweit zur Änderung des angefochtenen Urteils.

I. Die Berufung der Beklagten ist nur begründet, soweit das Verwaltungsgericht den Schlussbescheid des Bundeskanzleramts vom 5. August 2017 bezüglich der Dokumente Nr.4, 6/7, 10/11, 12/13/14, 17/18 und 20/21 aufgehoben und der Klägerin die Nutzung dieser Dokumente eröffnet hat. Insoweit ist die Klage abzuweisen, denn der Bescheid ist rechtmäßig und die Klägerin hat keinen Anspruch auf Nutzung nach §11 Abs.6 des Bundesarchivgesetzes - BArchG - i.d.F. des Art.1 des Gesetzes zur Neuregelung des Bundesarchivrechts vom 10. März 2017 (BGBl. I S.410), zuletzt geändert durch Art.2 des Gesetzes vom 4. Dezember 2018 (BGBl. I 2257, BGBl. I 2019, 496), i.V.m. §10 Abs.1 Satz1 BArchG in entsprechender Anwendung (§§125 Abs.1, 113 Abs.5 Satz1 VwGO).

  1. Diese Rechtsgrundlage ist für das Begehren der Klägerin im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats ungeachtet dessen einschlägig, dass sie ihren Antrag auf Nutzung der nach ihrer thematischen Eingrenzung vorhandenen Unterlagen des Bundessicherheitsrats im Jahre 2016 noch unter Geltung des früheren Bundesarchivgesetzes gestellt hat, da die frühere Gesetzesfassung ohne Übergangsregelung mit dem Inkrafttreten der Neufassung außer Kraft gesetzt worden ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Januar 2019 – 6 A 1.17 – BVerwGE 164, 269, juris Rn. 23).

  2. Der Anspruch auf Nutzung von noch bei öffentlichen Stellen des Bundes befindlichen Unterlagen, die älter als 30 Jahre sind, in entsprechender Anwendung der sonst für die Nutzung von Archivgut gegenüber dem Bundesarchiv geltenden Vorschriften der §§10, 11 Abs.1 bis 5, 12 und 13 BArchG geht den Vorschriften des Informationsfreiheitsgesetzes - IFG - als speziellere Anspruchsgrundlage vor.

Nach §1 Abs.3 IFG gehen Regelungen in anderen Rechtsvorschriften über den Zugang zu amtlichen Informationen mit Ausnahme von §29 VwVfG und §25 SGB X dem Informationsfreiheitsgesetz vor. Die Vorschrift dient nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung, der sich der Senat angeschlossen hat (Senatsurteil vom 26. April 2018 – OVG 12 B 6.17 – NJW 2018, 1152, juris Rn. 23), der Sicherung des Vorrangs des Fachrechts gegenüber dem Informationsfreiheitsgesetz (BVerwG, Urteil vom 29. Juni 2017 – 7 C 24.15 – DVBl 2017, 1423, juris Rn. 12). Um diesen Vorrang zu erreichen, wird das Informationsfreiheitsgesetz (nur) durch Normen verdrängt, die bei abstrakter Betrachtung einen mit §1 Abs.1 IFG identischen sachlichen Regelungsgehalt aufweisen und sich als abschließende Regelung verstehen (BVerwG, Urteil vom 29. Juni 2017, a.a.O., Rn. 12; Urteil vom 15. November 2012 – 7 C 1.12 – NVwZ 2013, 431, juris Rn. 46; Urteil vom 3. November 2011 – 7 C 4.11 – NVwZ 2012, 251, juris Rn. 9; Beschluss vom 9. November 2010 – 7 B 43.10 – NVwZ 2011, 235, juris Rn. 8). Insoweit ist höchstrichterlich entschieden, dass zu den vorgehenden Regelungen auch der archivrechtliche Nutzungsanspruch des §5 BArchG a.F. gehört (BVerwG, Urteil vom 17. März 2016 – 7 C 2.15 – BVerwGE 154, 231, juris Rn. 42), der den Zugang zu Archivgut betrifft (BT-Drs. 15/4493 S.8). Nichts anderes hat für den hier einschlägigen ergänzenden archivrechtlichen Anspruch nach §11 Abs.6 BArchG auf die Nutzung von Unterlagen zu gelten, die trotz ihres Alters noch nicht dem Bundesarchiv zur Übernahme angeboten wurden. Zwar befinden sich die amtlichen Informationen damit noch bei der Behörde. Die Anspruchsgrundlage richtet sich aber nicht allein auf den Zugang zu amtlichen Informationen, sondern auf die Nutzung der Unterlage, in der diese Informationen verkörpert sind. Auch §11 Abs.6 BArchG ist damit nach seinem Sinn, was die – den Informationszugang einschließende – umfassende Auswertung der Unterlage angeht, abschließend und damit vorrangig.

  1. Hinsichtlich der in der Entscheidungsformel aufgeführten Dokumente steht dem Nutzungsanspruch der Klägerin aber die 60jährige Schutzfrist des §11 Abs.3 BArchG entgegen.

a) Diese Schutzfrist gilt nach dem Wortlaut des Gesetzes für Archivgut des Bundes, das aus Unterlagen besteht, die der Geheimhaltungspflicht nach §6 Absatz1 Satz1 und Absatz4 BArchG unterliegen. §6 Abs.1 Satz1 BArchG regelt allerdings unmittelbar nur die Anbietungspflicht für Unterlagen, die einer Geheimhaltungspflicht unterliegen (vgl. die amtliche Überschrift), und stellt klar, dass die öffentlichen Stellen des Bundes dem Bundesarchiv auch Unterlagen anzubieten haben, die den Rechtsvorschriften des Bundes über die Geheimhaltung oder §30 der Abgabenordnung unterliegen. Mit der Bezugnahme auf Rechtsvorschriften des Bundes über die Geheimhaltung wird einer Kollision der allgemeinen Anbietungspflicht nach §5 BArchG mit Vorschriften gleichrangiger formeller Gesetze vorgebeugt, die ein Hindernis für das Anbieten danach geheimhaltungsbedürftiger Unterlagen darstellen könnten. Insofern weist die Gesetzesbegründung zutreffend darauf hin, dass eine Geheimhaltungsbedürftigkeit auf der Grundlage von Binnenrecht oder Verwaltungsvorschriften ohne rechtliche Außenwirkung schon im Ansatz der allgemeinen Anbietungspflicht nicht entgegensteht (vgl. BT-Drucks. 18/9633, S.57 f.).

b) Ungeachtet dieser spezifischen Funktion der Vorschrift erfasst sie jedoch alle nach Bundesrecht geheimhaltungsbedürftigen Unterlagen, zu denen auch Verschlusssachen gehören. Für diese gibt das Sicherheitsüberprüfungsgesetz - SÜG - neben allgemeinen Verhaltensregeln für den Umgang mit ihnen (§4 Abs.1a SÜG) insbesondere die materiellen Geheimhaltungsstufen einschließlich deren sachlicher Rechtfertigung vor (§4 Abs.2 SÜG); die bereichsspezifische Anwendung erfolgt sodann auf der Grundlage der nach §35 SÜG zu erlassenden Verwaltungsvorschriften, der sog. Verschlusssachenanweisung, während die unbefugte Offenbarung durch die Strafvorschrift des §353b StGB verboten ist. Diese formelle Zuordnung von Verschlusssachen zu den geheimhaltungsbedürftigen Unterlagen im Sinne des §11 Abs.3 BArchG entspricht sowohl der zum bisherigen Archivrecht vorliegenden Rechtsprechung (vgl. zum BArchG 1988: BVerwG, Beschluss vom 19. April 2010 – 20 F 13.09 – BVerwGE 136, 345, juris Rn. 24) als auch dem Schrifttum (vgl. Partsch, BArchG, §11, Rn. 1). Die Gesetzesbegründung gibt keinen Anhalt dafür, dass der Gesetzgeber insoweit eine Abweichung vom bisher geltenden Recht beabsichtigt hätte, auf dessen Begründung verwiesen wird (vgl. BT-Drucks. 18/9633, S.69). Dass §11 Abs.3 G i.V.m. §6 Abs.1 Satz1 BArchG nach dem Willen des Gesetzgebers auch als Verschlusssachen geheim zu haltende Unterlagen umfasst, verdeutlicht zudem §6 Abs.3 BArchG, der die weitere Geheimhaltung nach Übernahme durch das Bundesarchiv regelt und dabei neben den Geheimhaltungsvorschriften im Sinne von Absatz1 auch die Verschlusssachenanweisung für anwendbar erklärt.

c) Die Frage nach der Einbeziehung von Verschlusssachen in die Schutzfrist nach §11 Abs.3 BArchG kann auch nicht offenbleiben, wie das Verwaltungsgericht es gestützt auf sein Ergebnis konsequent angenommen hat.

aa) Ob eine Schutzfrist von 60 Jahren für eine Unterlage insgesamt und die darin enthaltenen Informationen infolge der Einstufung als VS-GEHEIM eingreift, unterscheidet sich vom informationsbezogenen Vorliegen von Versagungsgründen nach §13 Abs.1 Satz1 Nr.1 BArchG. Eine noch nicht abgelaufene Schutzfrist schließt den Nutzungsanspruch insgesamt aus. Das Vorliegen von Versagungsgründen schränkt den Nutzungsanspruch hingegen nur ein, soweit der Versagungsgrund reicht. So kann die Schutzfrist den Nutzungsanspruch der Klägerin für ein nach ihrem Antrag thematisch einschlägiges Dokument ausschließen, obwohl für die Informationen der einschlägigen Passage kein Versagungsgrund eingreifen würde. Deckungsgleiche Ergebnisse, bei denen die Vorfrage offenbleiben kann, ob die Schutzfrist formell für Verschlusssachen gilt, liegen demnach nur vor, wenn sich die weitere Einstufung als Verschlusssache materiell nicht rechtfertigen lässt oder für sämtliche in einer Unterlage enthaltene Informationen Versagungsgründe vorliegen. Hier ist weder das eine noch das andere der Fall.

bb) Davon abgesehen hat die formelle Anwendung der Schutzfrist auch Vorwirkungen dafür, was im Einzelnen darzulegen ist, um die weitere Geheimhaltung zu rechtfertigen. Die Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass gegen eine Einstufung von Unterlagen des Bundessicherheitsrats als eines nach seiner Geschäftsordnung geheim tagenden Kabinettsausschusses, der zum Kernbereich des verfassungsrechtlichen Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung gehört, materielle Bedenken grundsätzlich nicht zu erheben sind und es für die Schutzwürdigkeit solcher Unterlagen auch weder auf den konkreten Beratungsgegenstand bzw. dessen politische Brisanz noch – vorbehaltlich archivrechtlicher Fristen – den Zeitablauf seit der abschließenden Behandlung in dem Gremium ankommt (vgl. BVerfG, Urteil vom 21. Oktober 2014 – 2 BvE 5/11 – BVerfGE 137, 185, juris Rn. 142, 158 ff., 168 ff.; zu Verlaufsprotokollen des Bundeskabinetts: BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2018 – 7 C 19.17 – BVerwGE 164, 112, juris Rn. 25).

Das Vertrauen der Mitglieder des Bundessicherheitsrats in eine Nichtoffenlegung solchermaßen zu Recht als geheim eingestufter Unterlagen spielt auch auf der Grundlage archivrechtlicher Bestimmungen eine Rolle für die zeitliche Reichweite des Schutzes der Beratungen und der Entscheidungsfindung. Zwar schränkt die gesetzlich vorgesehene Anbietung auch von Verschlusssachen nach Ablauf von 30 Jahren dieses Vertrauen ein, was den Beratungsvorgang und die Entscheidung im Gremium angeht. Grundsätzlich müssen die Mitglieder des Bundessicherheitsrats damit rechnen, dass Unterlagen zu Archivgut werden können und in diesem Rahmen auch offengelegt werden. Die weitere Geheimhaltung und die Aufrechterhaltung der VS-Einstufung von Unterlagen stellen deshalb auch entsprechend gesteigerte Anforderungen an die Nachvollziehbarkeit und Plausibilität hierfür abgegebener Begründungen im Verfahren, was den Gegenwartsbezug der durch eine Offenlegung befürchteten Sicherheitsgefährdungen oder Schäden für geschützte Interessen anbelangt. Bei einzelnen Informationen, die nicht erst aufgrund der Behandlung im Bundeskabinett oder einem Kabinettsausschuss wie dem Bundessicherheitsrat einem Einstufungserfordernis nach der Verschlusssachenanweisung unterliegen, sondern schon vorgelagert und auch ungeachtet einer tatsächlichen VS-Einstufung geheimhaltungsbedürftige Informationen darstellen, kann dies dagegen anders sein. Namentlich fachlicher Vortrag, der einer umfassenden Information der politischen Entscheidungsträger im Sinne einer optimalen Vorbereitung der Meinungsbildung und Entscheidung dient, muss im außen- und sicherheitspolitischen Bereich auf bereits ihrerseits geheime Informationen zurückgreifen können, um Sachverhalte und ihre Einschätzung vollständig darzustellen. Dies umfasst gegebenenfalls auch das Vertrauen, dass Unterlagen des Gremiums unter archivrechtlichen Gesichtspunkten nicht schon nach Ablauf von 30 Jahren offen zu legen sind, sondern eine mindestens 60jährige Schutzfrist eingreift. Die Berücksichtigung des Vertrauens in eine Nichtoffenlegung auf der Grundlage einer verlängerten archivrechtlichen Schutzfrist kann das Maß der Darlegungen zur Plausibilisierung für eine Nachvollziehbarkeit weiterer aktueller Geheimhaltungsbedürftigkeit herabsetzen; insofern kann eine plausible Darstellung, dass vorgelagert geheimhaltungsbedürftige Informationen eingebracht worden sind, für das Eingreifen der verlängerten Schutzfrist genügen.

  1. Nach diesen Erwägungen kommt bei formell als VS-eingestuften Unterlagen wie den noch im Streit befindlichen Dokumenten im Ausgangspunkt die Geltung der 60jährigen Schutzfrist in entsprechender Anwendung von §11 Abs.3 BArchG als Hindernis für den Nutzungsanspruch nach §11 Abs.6 BArchG in Betracht. Ob diese Schutzfrist den Anspruch für diese Zeitdauer sperrt, hängt allerdings immer davon ab, ob die Einstufung als geheimhaltungsbedürftige Verschlusssache im maßgeblichen Zeitpunkt für die tatsächliche Beurteilung noch trägt. Insoweit schließt sich der Senat der bereits unter der Geltung des Bundesarchivgesetzes alter Fassung ergangenen Rechtsprechung an, wonach die Einstufung als Verschlusssache weiterhin materiell gerechtfertigt sein muss (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. April 2010, a.a.O., Rn. 5 und 24). Die Einstufung einer Verschlusssache als „GEHEIM“ ist danach gerechtfertigt, wenn die Kenntnisnahme durch Unbefugte die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder gefährden oder ihren Interessen schweren Schaden zufügen kann (§4 Abs.2 Nr.2 SÜG). Das ist nach der Überzeugung des Senats im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, auf den es für die vorliegende Verpflichtungsklage ankommt, nur bei den genannten Dokumenten noch der Fall.

Dabei reichen die Darlegungen der Beklagten insbesondere in ihrem am 26. März 2020 eingegangenen Schriftsatz aus, um ohne Kenntnis des Inhalts der Unterlagen selbst die weitere Einstufung als Verschlusssache mit dem Grad „GEHEIM“ zu rechtfertigen. Im Einzelnen:

a) So enthält das Dokument Nr.4 - Vorlage an den Bundeskanzler mit Hinweisen für die 11. BSR-Sitzung vom 23. April 1982 - nach den Darlegungen der Beklagten im Lagebericht des Generalinspekteurs Ausführungen über strategische Erwägungen der USA im Hinblick auf ihre in Deutschland stationierten Truppen, weiterhin enthält es in einem Tagesordnungspunkt zur Stationierung von Mittelstreckenraketen (Pershing) detaillierte Ausführungen zu baulichen und räumlichen Gegebenheiten sowie Details zur Pershing-1a-Nachfolge. Diese Inhalte knüpfen erkennbar an sicherheitsrelevante Überlegungen eines Bündnispartners der Bundesrepublik Deutschland an und betreffen die Stationierung von Truppen im Bundesgebiet bzw. Einzelheiten der Bewaffnung mit Mittelstreckenraketen. Sie lassen Rückschlüsse auf die Verteidigungsstrategie und -fähigkeit der Bundesrepublik Deutschland und des Bündnisses zu. Die als solche geheimhaltungsbedürftigen Informationen sind ersichtlich im Vertrauen auf eine langfristige Geheimhaltung zur umfassenden Information und Vorbereitung des Bundeskanzlers in die Vorlage eingeflossen. Sie sind schon deshalb weiterhin zu Recht als VS-GEHEIM einzustufen, weil es sich um zweifellos sicherheitspolitisch relevante Informationen handelt, die auch künftig und selbst bei veränderter Sicherheitslage für die Stationierung von Truppen und Waffen bestimmter Bauart bedeutsam sind, und sei es auch nur in der Weise, dass damals tragende Erwägungen und Details aktuell wegen andersartiger Umstände nicht mehr herangezogen werden können und eine Stationierung an damaligen Standorten oder mit entsprechenden Details nicht mehr in Erwägung gezogen werden kann.

b) Auch das Dokument 6/7 - Vorlage an Bundeskanzler mit Hinweisen zur 6. BSR-Sitzung vom 4. März 1985, Entwurf und 1. Ausfertigung - enthält ersichtlich geheime Grundlageninformationen, soweit daraus hervorgeht, wie die Bundesregierung bzw. der Bundessicherheitsrat mit strategischen Verteidigungsinitiativen eines Bündnispartners – hier die Initiative der USA zum Aufbau eines Abwehrschirms im Weltraum gegen Interkontinentalraketen (SDI) – umgeht, insbesondere welche Untersuchungen sie anstellt, um zu einer Entscheidung zu gelangen, wer solche Untersuchungen durchführt und ggf. mit welcher Tiefe. Abgesehen von den Erwägungen der Bundesregierung bzw. des Bundessicherheitsrats, die nach der Einschätzung des Senats nicht unabhängig vom Gegenstand der Untersuchung angestellt werden können und – etwa, was die technische Machbarkeit von komplexen Waffensystemen anbelangt – auch zur Einbindung nach aktuellen Gegebenheiten zu bestimmender Sachverständiger führen wird, lässt die Information jedenfalls erkennen, wie seinerzeit im Fall der SDI-Initiative verfahren wurde. Es gibt insoweit zwar gewisse Erkenntnisse dazu, dass Wissenschaftler in der Bundesrepublik eine Ausdehnung militärischer Waffensysteme in den Weltraum grundsätzlich ablehnten bzw. zu dem Ergebnis kamen, ein solcher Abwehrschirm sei nicht realisierbar. Tatsächlich konnte ein solches Abwehrsystem für Interkontinentalraketen von den USA nicht verwirklicht werden. Gerade diese Umstände legen aber eine weitere Geheimhaltung in Auftrag gegebener oder nicht in Anspruch genommener Beratungsleistungen Dritter für die damalige Entscheidung, die Initiative ohne eigenen Beitrag zu unterstützen, nahe. Die Offenlegung könnte interessierten Kreisen aus dem In- und Ausland in der Tat Möglichkeiten zur Beeinflussung von Personen und Institutionen eröffnen, die zur Evaluierung solcher Vorschläge herangezogen werden, und eine den außen- und sicherheitspolitischen Interessen der Bundesrepublik Deutschland dienliche umfassende – politisch strategische – Unterrichtung der Regierung gefährden.

c) Die identischen Dokumente 10/11 - Ergebnisprotokoll der 12. Sitzung des BSR am 28. April 1982, Entwurf und 1. Ausfertigung - sind ebenfalls auch weiterhin geheimhaltungsbedürftig. Darin werden in einem internen Bericht zum Falklandkrieg Aussagen über die (vermuteten) Erkenntnisse und militärischen Potentiale der damaligen Sowjetunion getätigt, die gegenwärtig zumindest noch Rückschlüsse auf die damaligen Aufklärungsmöglichkeiten Deutschlands und deren Grenzen zulassen. Sie sind nach der nachvollziehbaren Einschätzung der Beklagten auch unter Berücksichtigung der politischen Umwälzung im Gebiet der Sowjetunion und sonstiger heutiger Verhältnisse auch für die aktuelle Erkenntnisfähigkeit Deutschlands von Bedeutung und können die Sicherheit der Bundesrepublik gefährden. Das zielt auf die Gewinnung von Erkenntnissen aus nachrichtendienstlichen Quellen und deren Zuverlässigkeit aus rückschauender Sicht, die interessierten Kreisen ein Bild der Leistungsfähigkeit deutscher Dienste vermitteln würde, das offenbar in mancher Beziehung noch unveränderte oder jedenfalls unter Anpassung an die gegenwärtigen Verhältnisse vergleichbare Züge aufweist. Außerdem enthält das Ergebnisprotokoll Ausführungen über die Strategie der USA bezüglich ihrer im Bundesgebiet stationierten Truppen, also bereits als solche im Vorfeld vertrauliche militärische Informationen eines Bündnispartners, deren Bekanntwerden sowohl die Verteidigungsfähigkeit der Bundesrepublik Deutschland als auch ihre außen- und sicherheitspolitischen Interessen gefährdet und deren Aufnahme in die Unterlage im Vertrauen auf eine längerfristige Geheimhaltung erfolgt ist; insoweit kann zur Würdigung auf die Ausführungen zu Dokument Nr.4 (Ziffer 4 Buchstabe a) verwiesen werden.

d) Auf diese Ausführungen kann auch für die ebenfalls identischen Dokumente 12/13/14 - Ergebnisprotokoll der 14. Sitzung des BSR am 1. September 1982; Entwurf und 1. Ausfertigung, Kopie BK, vermutl. 18. Ausfertigung - verwiesen werden, soweit sie nach der glaubhaften Darstellung der Beklagten auch technische Details der Mittelstrecken-Waffensysteme sowie militärtaktische Erwägungen enthalten, die aus Sicherheitsgründen nicht preisgegeben werden können und nach wie vor aktuell sind. Dahingestellt bleiben kann, ob die Verhandlungen des Bundessicherheitsrats zur Pershing-la-Nachfolge im Übrigen zur Bewahrung von lnterna der Verbündeten bzw. im Hinblick auf strategische Überlegungen für zukünftige Beschaffungen nach wie vor der Geheimhaltung bedürfen; insoweit bleibt unklar, welchen Gegenwartsbezug die Erwägungen des Gremiums aufweisen, von dem Gefährdungen oder Schäden im Sinne der Anforderungen an die Einstufung als „GEHEIM“ unter den gegenwärtig veränderten Umständen noch heute ausgehen sollen.

e) Auch die inhaltsgleichen Dokumente 17/18 - Ergebnisprotokoll der 2. Sitzung des BSR am 4. Februar 1981, Entwurf und 1. Ausfertigung - bedürfen weiterhin der Geheimhaltung, weil die Beklagte zur Überzeugung des Senats dargelegt hat, dass im Bericht des Generalinspekteurs der Bundeswehr sowie im nachfolgenden Tagesordnungspunkt Informationen zu den Auslandsaktivitäten bestimmter Staaten enthalten sind, die Deutschland im Vertrauen auf ihre Geheimhaltung überlassen wurden. Dabei handelt es sich um schon vorgelagert geheimhaltungsbedürftige Informationen, bei deren Verwendung im Rahmen der Berichterstattung ein geschütztes Vertrauen auf eine langfristige Geheimhaltung anzunehmen ist, das einer vorzeitigen Offenlegung entgegensteht. Überdies enthält das Ergebnisprotokoll interne Informationen der Bündnispartner zu deutsch-französischen Gemeinschaftsprojekten im Rüstungsbereich und zu französischen Kasernen, die aus dem gleichen Grund nach wie vor geheimhaltungsbedürftig sind. Auch kann es vor dem Hintergrund aktueller Bemühungen um eine verstärkte europäische Zusammenarbeit in der Verteidigungspolitik nicht beanstandet werden, wenn die Beklagte das hier betroffene deutsch-französische Verhältnis als besonders schützenswert und sensibel aufgrund europäischer, geographischer wie historischer Verbundenheit einstuft und daher eine als Vertrauensbruch bewertungsfähige staatliche Offenlegung von Interna als schädlich prognostiziert.

f) Die inhaltsgleichen Dokumente 20/21 - Ergebnisprotokoll der 9. Sitzung des BSR am 15. Dezember 1981, Entwurf und 1. Ausfertigung - sind auf der Grundlage der Darlegungen der Beklagten ebenfalls zur Überzeugung des Senats weiterhin geheimhaltungsbedürftig. Die Bewertung der Beklagten, die Beziehungen zu Polen seien aufgrund der deutsch-polnischen Geschichte besonders sensibel und daher besonders schützenswert, ist vor dem Hintergrund aktueller problematischer Entwicklungen in Polen einerseits und notwendiger militärischer Zusammenarbeit im Rahmen der Sicherung der Nato-Ostgrenze andererseits nachvollziehbar und nicht zu beanstanden. Verstimmungen in diesem Verhältnis, wie sie auch durch Bewertungen vergangener Verhältnisse in Polen ausgelöst werden können, sind prognostisch zu Recht als für deutsche Sicherheitsinteressen schädlich einzustufen. Abgesehen davon begründet die weitere Geheimhaltungsbedürftigkeit bereits der Umstand, dass die fragliche Passage geheimdienstliche Erkenntnisse enthält, deren Bekanntwerden womöglich Rückschlüsse auf die damalige Quelle zuließe und damit die Arbeit der Geheimdienste, die im Westen seitdem kontinuierlich fortbestehen, kompromittieren könnte. Auch insoweit sind in das Protokoll der Sitzung des Bundessicherheitsrats ihrerseits vorgelagert geheimhaltungsbedürftige Informationen im Vertrauen auf deren langfristige Geheimhaltung eingeflossen, auf deren Wahrung sich die Beklagte auch heute noch berufen kann, ohne in gesteigerter Weise einen Gegenwartsbezug darlegen zu müssen. Dagegen kann dahinstehen, ob die von ihr gesehene Gefährdung im Hinblick auf eine Offenlegung Ende des Jahres 1981 diskutierter strategischer Details damals laufender Gespräche mit den Verbündeten zum Thema „Rapid Deployment Force" angesichts der bekannten Entwicklung schneller Eingreif- oder Einsatztruppen in den Streitkräften der Vereinigten Staaten und aus jüngerer Zeit im Nato-Bündnis (Stichworte: Nato-Speerspitze, VJTF), die maßgeblich durch die Sicherungserfordernisse an der Nato-Ostgrenze und der Schutzbedürftigkeit der Baltischen Staaten gegenüber Interventionen Russlands begründet sind, noch aktuell eine ausreichende Prognosegrundlage aufweist.

  1. Hinsichtlich der übrigen in den Dokumenten Nr.2, 3, 5, 8/9, 15/16, 19, 22/23 und 26 sowie 27 enthaltenen Informationen folgt der Senat der Würdigung des Verwaltungsgerichts, dass die Darlegungen der Beklagten zur Plausibilisierung der Geheimhaltungsbedürftigkeit im gegenwärtigen Zeitpunkt und nach Ablauf der allgemeinen archivrechtlichen Schutzfrist von 30 Jahren, wie sie grundsätzlich auch für Kabinettsprotokolle gilt, auch unter Berücksichtigung des am 26. März 2020 eingegangenen ergänzenden Schriftsatzes im Berufungsverfahren nicht ausreichen.

Nach dem gegebenen Zeitablauf reicht die Berufung auf den Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung und den damit verbundenen grundsätzlich nicht ausforschbaren Initiativ-, Beratungs- und Handlungsbereich nicht mehr ohne weiteres aus, um ein weiteres Geheimhaltungsbedürfnis darzulegen und die weitere Einstufung als „VS-GEHEIM“ zu rechtfertigen. Vielmehr bedarf es der Herstellung eines konkreten Gegenwartsbezugs, um nachvollziehbar zu erläutern, weshalb eine Offenlegung auch gegenwärtig die Freiheit und Offenheit der Willensbildung innerhalb der Regierung beeinträchtigen kann. Zwar macht es nach Auffassung des Senats im Hinblick auf die zu erfüllenden Darlegungsanforderungen keinen Unterschied, ob es sich bei den Dokumenten um Ergebnisprotokolle von Sitzungen des Bundessicherheitsrats oder um Vorlagen zur Vorbereitung der Sitzungen für den Bundeskanzler als Vorsitzenden des Gremiums handelt. Auch wenn diese vorbereitenden Unterlagen naturgemäß den Beratungsvorgang nicht wiedergeben können, gehen sie über eine bloße Aufbereitung des Beratungsgegenstandes hinaus, weil sie mit den darin enthaltenen Argumenten und Entscheidungsalternativen der Steuerung des Beratungsvorgangs und der Entscheidungsfindung im Rahmen der verfassungsrechtlichen Kompetenz des Bundeskanzlers dienen. Auch wenn die Dokumente danach einer einheitlichen Würdigung zu unterziehen sind, ist der funktionsbezogenen Bewertung des Verwaltungsgerichts und seiner Einschätzung zu folgen, dass es fern liegt, dass die aktuellen Mitglieder des Bundessicherheitsrats (als kontinuierlich bestehender Kabinettsausschuss) ihre Meinung nicht mehr unbefangen äußern und die maßgeblichen Gründe für oder gegen ein Rüstungsexportgeschäft vortragen werden, wenn sie mit einer Offenlegung nach Ablauf des hier in Rede stehenden Zeitablaufs von mehr als 35 Jahren rechnen müssen. Denn dies ist aufgrund der seit 1988 geltenden archivrechtlichen Regelungen grundsätzlich der Fall. Auf die Einstufung der Unterlagen als geheime Verschlusssachen kann nur unter den bereits oben beschriebenen weiteren Umständen einer „vorgelagerten“ und fortbestehenden Geheimhaltungsbedürftigkeit vertraut werden. Eine fortbestehende Geheimhaltungsbedürftigkeit muss sich jedoch aus der fraglichen Information selbst ergeben. Nicht gefolgt werden kann der Sicht der Beklagten, aus der Kontinuität des Bundessicherheitsrats folge, dass es sich nicht um „abgeschlossene Vorgänge“ handele. Das ist weder mit den hier rechtlich maßgeblichen archivrechtlichen Grundsätzen zur Abgrenzung abgeschlossener von nicht abgeschlossenen Unterlagen vereinbar (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 2019 – 6 C 21.18 – juris Rn. 19 ff., 34), noch rechtfertigt die Kontinuität des Gremiums als solche eine Erstreckung auf die in dem Gremium behandelten sachlichen Vorgänge. Im Übrigen ist es nicht damit in Einklang zu bringen, dass das Bundeskanzleramt nach eigenem Vorbringen vor 1979 entstandene Vorgänge offenbar an das Bundesarchiv abgegeben hat, die Beklagte also selbst von deren Abgeschlossenheit ausgegangen ist. Die Kontinuität der Wahrnehmung sicherheits- und außenpolitischer Belange kann zwar ein Bindeglied dafür darstellen, dass Informationen auch nach längerem Zeitablauf noch geheimhaltungsbedürftig sind. Das ist aber auch unter Berücksichtigung solcher Erwägungen in Bezug auf die verbleibenden Dokumente von der Beklagte nicht nachvollziehbar dargelegt. Im Einzelnen:

a) Für die Dokumente 26 und 27, deren Urheber nicht das Bundeskanzleramt ist, hat die Beklagte nur auf fortbestehende Einstufungsentscheidungen der betreffenden Urheber der Unterlagen, des Bundesverteidigungs- und des Bundeswirtschaftsministeriums, hingewiesen, ohne deren Begründung durch nähere Darlegungen zu erläutern. Da im vorliegenden Klageverfahren keine Möglichkeit zur Beiladung einzelner anderer Stellen des Bundes außerhalb der die beklagte Körperschaft im Prozess vertretenden Behörde besteht, weil das einschlägige Berliner Ausführungsgesetz zur Verwaltungsgerichtsordnung eine Beteiligungsfähigkeit von Behörden nicht vorsieht, hätte es dem Bundeskanzleramt oblegen, in Abstimmung mit den Urheberbehörden die weitere Geheimhaltungsbedürftigkeit darzulegen. Nur der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass die Aufrechterhaltung der Einstufung als Verschlusssache nach der Verschlusssachenanweisung einer Begründung bedarf, die – so sie gefertigt wurde – in ihrem mitteilungsfähigen Gehalt die Grundlage für eine Erläuterung der (weiteren) Geheimhaltungsbedürftigkeit hätte sein müssen. An danach gebotenen inhaltlich hinreichenden Ausführungen fehlt es.

b) Das Dokument 2 - Vorlage an den Bundeskanzler für die 9. Sitzung des Bundessicherheitsrats vom 14. Dezember 1981 - enthält nach dem Vortrag der Beklagten einen Ausblick auf das kommende Kalenderjahr, Ausführungen zu Verhandlungen des START-Vertrages (Strategic Arms Reduction Treaty, der Vertrag zur Verringerung strategischer Waffen) und die INF-Verträge (Intermediate Range Nuclear Forces, über die Begrenzung nuklearer Mittelstreckenraketen) zwischen der damaligen Sowjetunion und den USA. Es behandelt Forderungen der USA an die Bündnispartner, die strategische Konzeption der USA, insbesondere zu den Auswirkungen auf die Verteidigungsfähigkeit der NATO in Europa sowie zum Einfluss des Technologietransfers, speziell seinen Auswirkungen auf das militärische Potential der damaligen Sowjetunion. Die Beklagte stützt die weitere Geheimhaltungsbedürftigkeit darauf, dass Verhandlungen zur Verringerung strategischer Waffen „heute aktueller denn je“ seien. Die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika habe sich kürzlich aus dem INF-Abkommen zurückgezogen, „so dass etwaige Verhandlungen dieses Vertrages einen hohen Aktualitätsbezug“ aufwiesen. Das enthält keine nachvollziehbare Begründung für die weitere Einstufung als „VS-GEHEIM“. An den Verhandlungen der Abrüstungsverträge war die Bundesrepublik Deutschland nicht unmittelbar beteiligt. Es ist schon nicht klar, welche Ziele deutscher oder amerikanischer Politik die Darstellung in dem Dokument offenlegt, denen gegenwärtig noch Bedeutung zukommt. Die Begründung, die Verringerung strategischer Waffen sei heute aktueller denn je, lässt keinen geheimhaltungsbedürftigen Gegenstand erkennen. Der Umstand, dass die Regierung der USA das Abkommen über die Begrenzung nuklearer Mittelstreckenraketen aufgekündigt hat, mag neue politische Aktivitäten auch Deutschlands auf diesem Gebiet auslösen können; damit wird aber nicht erläutert, weshalb Informationen auf dem Stand Ende des Jahres 1981 dafür noch relevant sind. Insbesondere benennt die Beklagte hier keine Einzelinformationen, die vorgelagerte militärische Geheimnisse Deutschlands, der USA oder der NATO darstellen und in die Vorlage an den Bundeskanzler eingeflossen sind. Nicht nachvollziehbar ist, weshalb die damaligen Exporte von Waffen und von eindeutig militärischen Zwecken dienendem Material noch heute erheblich die Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland „berühren“, nachdem seit 1998 regelmäßig Rüstungsexportberichte veröffentlicht werden, aus denen abzulesen ist, an welche Drittländer solche Lieferungen in welchem Gesamtumfang erfolgen und im Umkehrschluss, an welche Staaten keine Lieferungen erfolgt sind. Die Behauptung, eine Offenlegung würde Rückschlüsse auf heutige Entscheidungen zulassen, bleibt vor diesem Hintergrund inhaltsarm, gerade wenn die Beklagte für wesentlich erachtet, dass es sich bei dem Drittland um einen Staat handelt, in den auch heute noch Rüstungsexporte getätigt werden. Eine Geheimhaltungsbedürftigkeit diesbezüglicher Informationen lässt sich jedenfalls nicht damit begründen, dass Darlegungen zu möglichen Änderungen der Abwägungsgesichtspunkte und Anschauungen nicht möglich seien, weil sie im Fall einer Offenlegung der Dokumente Rückschlüsse zulasten der Sicherheit Deutschlands ermöglichten. Damit erläutert die Beklagte nur, dass zusätzliche Informationen eine Geheimhaltungsbedürftigkeit des Dokuments begründen würden, nicht aber, dass die in dem Dokument enthaltenen Informationen selbst solche Rückschlüsse ermöglichen würden. Die insoweit allein relevante Behauptung, das Bekanntwerden der Informationen aus dem Dokument würde Rückschlüsse auf heutige Entscheidungen ermöglichen, ist danach offensichtlich unsubstantiiert, wenn erst die zusätzlichen Erläuterungen sicherheitsrelevante Rückschlüsse zulassen, zumal eine tragfähige Begründung zumindest auch erläutern müsste, inwiefern die betreffende Rüstungsexportentscheidung die Sicherheit des Lieferstaates Deutschland gefährden kann. Die übrigen Ausführungen der Beklagten zur Kooperation mit anderen Staaten und zugesicherter Vertraulichkeit bleiben abstrakt und lassen einen Gegenwartsbezug der in dem Dokument enthaltenen Informationen vermissen; insbesondere ist nicht plausibel erläutert, weshalb und inwiefern die Offenlegung der in Rede stehenden Informationen in der aktuellen weltpolitischen Lage, „die zunehmend unterschiedliche Sichtweisen zwischen engen Verbündeten offenbar werden lässt“, Verstimmungen und ein „Auseinanderdriften“ der Verbündeten oder Spannungen befürchten lässt. Zu Recht vermisst das Verwaltungsgericht eine Darlegung der verfolgten politischen Ziele in Bezug auf betroffene Länder, die eine ausreichende Grundlage für eine nachvollziehbare Nachteils- oder Gefahrenprognose im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ermöglicht (vgl. Beschluss vom 7. August 2013 – 20 F 13.12 – juris Rn. 11, Urteil vom 29. Oktober 2009 – 7 C 22.08 – NVwZ 2010, 321, juris Rn. 15), wenngleich eine Offenlegung „verfolgter Strategien“ insoweit die Anforderungen an die Darlegung überziehen dürfte. Ausreichend ist, dass Ziele bezeichnet werden, die einen hinreichenden Gegenwartsbezug aufweisen.

Die Berufung auf in dem Dokument enthaltene Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse hat die Beklagte im Berufungsverfahren nicht ausdrücklich weiterverfolgt; der Senat macht sich insoweit die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zu eigen und nimmt darauf gemäß §130 b Satz2 VwGO Bezug (Rn. 48 des angefochtenen Urteils bei juris).

c) Das Dokument Nr.3 - Vorlage an den Bundeskanzler zur Vorbereitung der 10. Sitzung des Bundessicherheitsrats vom 2. März 1982 - enthält Ausführungen zur Neufassung der rüstungspolitischen Grundsätze, insbesondere grundsätzliche Erwägungen zu Details, die die Beklagte als „sicherheitsrelevant“ bezeichnet. Auch wenn die rüstungspolitischen Grundsätze zwischenzeitlich geschärft wurden, ließe der Inhalt des Dokuments doch Rückschlüsse auf ihr Zustandekommen zu. Eine Offenlegung könnte zu Auswirkungen auf Rüstungsexporte führen, denkbar wäre beispielsweise eine Beeinflussung der Medien und der Öffentlichkeit unter Ausnutzung – und gegebenenfalls Verfälschung – dieser Informationen, um dadurch mittelbar auf die Entscheidungen Einfluss zu nehmen, weniger wohlwollende Kräfte könnten Informationen nutzen, um Deutschland zu schaden. Diese Erläuterungen bleiben vor dem Hintergrund abstrakt, dass die seinerzeit (28. April 1982) verabschiedeten „Politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern“ bereits am 5. Mai 1982 veröffentlicht worden sind und dies auch für Nachfolgeregelungen gilt, so dass sich in Auswertung des Richtlinieninhalts bereits weitgehende Schlussfolgerungen zu maßgebenden Erwägungen, die eingeflossen sein mögen oder keinen Eingang gefunden haben, ziehen lassen und auch ohne eine Offenlegung des Dokuments öffentliche Bewertungen eröffnen, wie sie die Beklagte anführt und für nachteilig für die Willensbildung im Bundessicherheitsrat erachtet. Ihre ergänzenden Darlegungen in der mündlichen Verhandlung, solche Bewertungen blieben ohne Kenntnis des Dokuments spekulativ, sind nicht hinreichend, um eine aktuelle Gefährdung der Willensbildung des Bundessicherheitsrats darzutun. Zustimmungen zu Rüstungsexportgeschäften werden in der öffentlichen politischen Auseinandersetzung infolge der Offenlegung der dafür geltenden politischen Grundsätze ohnehin daran gemessen und müssen gegebenenfalls gerechtfertigt werden. Es leuchtet nicht ein, dass und welche konkreten Nachteile und Gefährdungen daraus erwachsen sollen, wenn Bewertungen der Hintergründe dieser Grundsätze anstelle mehr oder weniger spekulativer Folgerungen transparent auf der Grundlage nur der tatsächlich angestellten und verworfenen Erwägungen erfolgen. Die Gruppenbildung möglicher Zielländer für Rüstungsexporte ist auf der Grundlage der politischen Grundsätze und der gesetzlichen Vorschriften einerseits und den seit 1998 laufend veröffentlichten Rüstungsexportberichten andererseits jedenfalls so weitgehend auch ohne Offenlegung des Dokuments transparent, dass die Offenlegung der dafür maßgeblichen Erwägungen keine reale zusätzliche Gefahr für Verstimmungen anderer Staaten erkennen lässt. Die Erwägungen der Beklagten zur weiteren Geheimhaltungsbedürftigkeit genügen den Darlegungserfordernissen ersichtlich nicht, soweit sie auch hier darauf abstellen will, dass erst die Erläuterung im Falle der Offenlegung nachteilig wirken würde (vgl. dazu oben Ziffer 5 Buchstabe b).

Soweit das Dokument Interna und taktische Erwägungen zum INF-Abkommen offenbaren soll, ist das angesichts dessen, dass es sich um ein seinerzeit verhandeltes Abkommen zwischen den USA und der Sowjetunion handelt, keinesfalls konkret genug, um von einer aktuellen Relevanz der Informationen aus Anlass der kürzlichen Kündigung des Abkommens durch die USA ausgehen zu können (vgl. bereits oben Ziffer 5 Buchstabe b).

Die im Dokument enthaltenen detaillierten Ausführungen zu Erkenntnissen über Chemiewaffen kennzeichnet die Beklagte selbst als „damalig“ und misst ihrer Offenlegung nur „mit einer entsprechenden Fortschreibung“ Gefährdungspotential zu. Daraus wird nicht deutlich und nachvollziehbar, was zu einer solchen Fortschreibung erforderlich und wer dazu in der Lage ist; insbesondere ist nicht dargelegt, dass die „Erkenntnisse“ als solche Geheimnisse darstellen bzw. aus fremden oder eigenen nachrichtendienstlichen Quellen stammen und inwiefern diese noch heute schutzbedürftig sind. Dass eine ausreichende Kontinuität sowohl in der politisch-militärischen Lage in Deutschland als auch hinsichtlich der verfügbaren chemischen Kampfstoffe besteht, reicht als Anknüpfungspunkt für einen realen Gegenwartsbezug nicht aus.

d) Das Einzelfälle des Rüstungsexports behandelnde Dokument Nr.5 vom 14. Dezember 1982 kann nicht als „nach wie vor“ geheimhaltungsbedürftig nachvollzogen werden. Die Beklagte verweist insoweit nur allgemein auf die unbefangene Willensbildung im Bundessicherheitsrat, soweit das Dokument „Details der Erwägungen, die für oder gegen konkrete Rüstungsexporte sprechen“, enthalte. Das genügt nach Ablauf der Anbietungspflicht nicht mehr für die Annahme, dass eine Kenntnisnahme durch Unbefugte die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährden oder ihren Interessen schweren Schaden zufügen kann. Dies gilt auch, soweit sich die Beklagte auf den Schutz außenpolitischer Beziehungen wegen in dem Dokument enthaltener Bewertungen anderer, auch verbündeter Staaten beruft und diplomatische Verstimmungen befürchtet. Diese allgemein und abstrakt gehaltenen Ausführungen bieten keine hinreichende tatsächliche Grundlage für eine plausible Gefahrenprognose (s. oben zu Ziffer 5 Buchstabe b).

e) Auch eine weitere VS- Einstufung der Dokumente 8/9 - Ergebnisprotokoll der 10. Sitzung des Bundessicherheitsrats am 3. März 1982, Entwurf und 1. Ausfertigung – ist nicht hinreichend plausibel dargelegt. Was Ausführungen zur Neufassung der rüstungspolitischen Grundsätze angeht, trägt dies eine weitere Einstufung als Verschlusssache aus den oben unter Ziffer 5 Buchstabe c bereits erörterten Gründen nicht. Auch bezüglich dieser Dokumente ist angesichts der veränderten Umstände kein hinreichender Gegenwartsbezug auf der Grundlage der schriftsätzlichen und ergänzenden mündlichen Darlegungen der Beklagten erkennbar. Nichts anderes gilt, soweit sich die Beklagte auf enthaltene Informationen zum damaligen Kenntnisstand über Waffen des damaligen Ostblocks und deren Potential beruft und Rückschlüsse auf die deutschen Erkenntnismöglichkeiten insoweit befürchtet, weil „ein Abgleich damit, inwiefern damalige Erkenntnisse tatsächlich zutrafen oder nicht – was aufgrund des Zeitverlaufs womöglich heute möglich ist – eine etwaige Verletzbarkeit Deutschlands offenbar machen könnte“. Dieser Erläuterung kann schon nicht entnommen werden, ob sie sich auf Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1982 oder – was erforderlich wäre – zum gegenwärtigen Zeitpunkt bezieht. Unterstellt letzteres wäre beabsichtigt, bleibt die Erläuterung zu vage, um eine Gefährdung der Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland annehmen zu können. Die Beklagte vermag offensichtlich selbst nicht zuverlässig einzuschätzen, inwiefern Außenstehenden eine Überprüfung damaliger Erkenntnisse möglich ist, und sie versäumt es nachvollziehbar darzustellen, dass die Quellenlage nach den von ihr selbst dargestellten Veränderungen im Laufe der Zeit aktuell so vergleichbar mit der damaligen ist, dass eine seinerzeit gegebene Verletzbarkeit Deutschlands auch heute noch bestehen würde.

f) Für die identischen Dokumente 15/16 – Genehmigungsentwurf für das Ergebnisprotokoll über die 16. Sitzung des Bundessicherheitsrats am 21. Dezember 1982, Entwurf und 1. Ausfertigung – verweist der Senat in Ansehung der Darlegungen der Beklagten zur Begründung mangelnder aktueller Geheimhaltungsbedürftigkeit auf die Ausführungen unter oben Ziffer 5 Buchstabe d.

g) Das Dokument Nr.19 - Protokoll über die 6. Sitzung des Bundessicherheitsrats am 1. Juli 1981, Entwurf – erfüllt nach den Darlegungen der Beklagten nicht mehr die Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung der Einstufung „VS-GEHEIM“. Soweit es detaillierte Erwägungen zu Rüstungsexportentscheidungen enthält (die Exporte sollen „z.B.“ Malaysia, Thailand und Tunesien sowie ein Gemeinschaftsprogramm mit dem Vereinigten Königreich betreffen), beruft sich die Beklagte nur in allgemeiner Form auf den Beratungs- und Entscheidungsvorgang im Bundessicherheitsrat und äußert die Befürchtung, dass ein Bekanntwerden detaillierter Erwägungen in der Öffentlichkeit aufgegriffen und auch heute noch zu eingehenden und kontroversen Diskussionen führen würde. Damit ist weder nachvollziehbar erklärt, warum sich die heutigen Mitglieder des Bundessicherheitsrats durch entsprechende Diskussionen bei der Meinungsbildung zu aktuellen Rüstungsexportgeschäften mit diesen oder anderen Staaten beeindrucken lassen sollten, noch warum eine Offenlegung der Erwägungen die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährden oder ihren Interessen schweren Schaden zufügen können soll. Die Ausführungen zu nach dem Antrag der Klägerin thematisch einschlägigen Passagen geben dies auch nicht her. Allein das Vorhandensein von internen Bewertungen der Handlungen anderer Staaten, zu denen nach wie vor diplomatische Beziehungen unterhalten und in die auch „Exporte“ getätigt werden, insbesondere ein Vergleich zweier Länder in der Passage zu Chile, die schon durch den angestellten Vergleich brüskiert sein könnten, rechtfertigt die Prognose eines aktuell eintretenden schweren Schadens für außenpolitische Interessen nicht nachvollziehbar, weil nicht aufgezeigt wird, welche Parallele der Vergleich aufgreift und inwiefern sie geeignet ist, eine Brüskierung mit entsprechenden Auswirkungen auf anstehende Exportgeschäfte auszulösen. Mit ihren Verweisen auf die Dokumente 2, 3 kann die Beklagte die Aufrechterhaltung der VS-Einstufung gleichfalls nicht rechtfertigen (vgl. oben Ziffer 5 Buchstabe b, c); der Verweis auf die Dokumente 6/7 bezieht sich nicht auf die Informationen, die nach der Überzeugung des Senats die weitere Geheimhaltung dieser Dokumente plausibel machen (vgl. oben Ziffer 4 Buchstabe b).

h) Auch die weitere Einstufung des Dokuments Nr.22 - Vorlage an den Bundeskanzler vom 25. Juni 1981, Hinweise für die 5. Sitzung des Bundessicherheits- rats - ist auf der Grundlage der Darlegungen der Beklagten nicht gerechtfertigt. Was die nach dem Antrag der Klägerin thematisch einschlägige Passage angeht, die ein (seinerzeit) anhängiges Genehmigungsverfahren betraf, reicht es nicht aus, wenn sich die Beklagte darauf beruft, es werde lediglich über „positive Genehmigungsentscheidungen“ berichtet. Damit nimmt sie lediglich den Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung in Anspruch, ohne den nach Ablauf archivrechtlicher Fristen erforderlichen Gegenwartsbezug herzustellen. Konkret bedürfte es Darlegungen dazu, weshalb das damals anhängige Verfahren auch unter Berücksichtigung des Zeitablaufs und der von der Klägerin geschilderten Aufklärungsbemühungen Argentiniens über die Zeit der Militärdiktatur auch heute noch sicherheits- oder außenpolitische Interessen Deutschlands beschädigen könnte. Was die sonst in dem Dokument enthaltenen „Interna“ zur Haltung von Verbündeten zum Thema Chemiewaffen angeht, wird zur Begründung auf die Ausführungen unter Ziffer 5 Buchstaben b und c verwiesen. Deutsche Interessen sind hier durch eine Offenlegung nur mittelbar in Gestalt der diplomatischen Beziehungen betroffen; insofern versäumt es die Beklagte, neben der Herstellung aktueller Bezüge konkrete Ziele darzustellen, die beschädigt oder gefährdet würden, wenn die bisher nicht offen liegenden Einzelheiten der damaligen Haltung verbündeter Staaten zugänglich würden.

i) Was das Dokument Nr.23 - Vorlage an den Bundeskanzler vom 30. Juni 1981, Hinweise für die 6. Sitzung des Bundessicherheitsrats - angeht, kann für die Darlegungen zum Tagesordnungspunkt „Chemiewaffen“ zur Begründung der nicht mehr nachvollziehbaren Geheimhaltungsbedürftigkeit an die vorstehenden Ausführungen angeknüpft werden (zu Ziffer 5 Buchstabe h). Zwar bemüht sich die Beklagte hier um die Herstellung eines Gegenwartsbezugs. Sie räumt aber durch die Parenthese in ihren Erläuterungen, nach der es einer Fortschreibung bedarf, ein, dass die Informationen aus dem Jahre 1981 allein noch keine der befürchteten „Rückschlüsse auf Erkenntnismöglichkeiten und -quellen sowie die Abwehrfähigkeit und Strategien“ ermöglichen. Bei dem Erfordernis der Fortschreibung bleibt wiederum im Unklaren, wer dazu mit solchen Erfolgsaussichten in der Lage ist, dass die Annahme einer aktuellen Gefährdung berechtigt ist.

Der Gegenwartsbezug bleibt genauso vage, was Informationen über „strategische Überlegungen zu damaligen Rüstungsverhandlungen“ in dem Dokument betrifft. Sie „können“ lediglich aktuell sein oder sogar nur „wieder werden“. Damit konzediert die Beklagte im Kern, dass es sich nur um damals relevante Überlegungen handelt, die für eine Gegenwartsrelevanz erst wieder situationsbezogen aufgegriffen werden müssten. Dass eine Offenlegung unter diesen Vorzeichen die deutsche Verhandlungsposition von vornherein schwächen würde, ist nicht nachvollziehbar, weil etwaige Verhandlungspartner dafür erkennen können müssten, dass ein solches Aufgreifen damaliger Überlegungen beabsichtigt ist. Erkenntnisse dazu, insbesondere zu den Wirkungen einer Offenlegung, lassen sich den Erläuterungen der Beklagten nicht entnehmen. Insofern sind die Ausführungen nicht geeignet, eine Prognose zu tragen, nach der Interessen der Bundesrepublik Deutschland schwer geschädigt werden könnten oder auch nur eine Schädlichkeit zu befürchten wäre.

Die Erläuterungen der Beklagten reichen auch nicht aus, soweit dem Dokument „zu einem weiteren Aspekt sensible verteidigungspolitische Details zur Stationierung von Waffen“ im Jahre 1981 zu entnehmen sind. Die Beklagte kennzeichnet diese Informationen lediglich als „sensibel“, was die Schlussfolgerung rechtfertigt, dass es sich nicht um eine „vorgelagert“ als solche geheime Information handelt. Ein Gegenwartsbezug wird durch den Verweis auf einen „Abgleich damit, was heute diesbezüglich bekannt ist“, der dann „Rückschlüsse auf gegenwärtige Details der Stationierung von Waffen erlauben“ soll, nicht hinreichend plausibel und nachvollziehbar dargelegt. Offen bleibt wiederum, wer mit welchen Erfolgsaussichten einen solchen Abgleich vorzunehmen vermag und wie die angesprochenen „nicht wohlgesonnenen Kräfte“ diese Information ausnutzen könnten. Auch insoweit ist die tatsächliche Grundlage nicht ausreichend tragfähig, um die Gefahr eines schweren Schadens oder auch nur einer Schädigung zu rechtfertigen.

  1. Eine Schutzfrist nach §11 Abs.2 BArchG steht dem Nutzungsbegehren der Klägerin bezüglich der vorstehend unter Ziffer 5 behandelten Dokumente nicht entgegen. Sie sind nicht personen- sondern sachbezogen. Angesichts der vom Gesetz bezweckten zweifelsfreien Unterscheidung zwischen Archivgut, das der allgemeinen Schutzfrist nach §11 Abs.1 BArchG unterliegt und solchem, das der längeren Schutzfrist nach §11 Abs.2 anheimfallen soll, soll es auf die Zweckbestimmung und den Inhalt der Akte, nicht des einzelnen Schriftstücks ankommen. Angesichts dessen liegt personenbezogenes Archivgut vor, wenn die Behörde die Akte zu einer oder mehreren Personen angelegt hat; entscheidend ist ihr Wille, die Akte als Personenakte zu führen. Indiz hierfür ist die Bezeichnung der Akte (vgl. BT-Drs. 18/9633 S.68). Dem "wesentlichen Inhalt nach" personenbezogen sind Vorgänge, wenn die in der Akte enthaltenen Unterlagen aus objektiver Sicht im Wesentlichen Angaben zu einer oder mehreren Personen enthalten, also die personenbezogenen Unterlagen den Anteil der sachbezogenen Unterlagen deutlich überwiegen und hierdurch der Sachbezug der Akte in den Hintergrund tritt. Eine Akte ist daher als nach ihrem wesentlichen Inhalt personenbezogenes Archivgut anzusehen, wenn sie inhaltlich einem Vergleich mit einer zweckbestimmten personenbezogenen Akte standhält und die in ihr enthaltenen Daten natürlicher Personen daher des durch §11 Abs.2 BArchG vermittelten besonderen Schutzes bedürfen (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Januar 2019 a.a.O., juris Rn. 36). Zum gleichen Ergebnis führt die Begründung des Verwaltungsgerichts, nach der die Schutzfrist nach §11 Abs.2 BArchG gemäß §11 Abs.4 BArchG nicht auf solche Unterlagen anzuwenden ist, die sich auf Amtsträger in Ausübung ihrer Ämter und auf Personen der Zeitgeschichte beziehen, es sei denn ihr schutzwürdiger privater Lebensbereich wäre betroffen, was bei den begehrten Dokumenten nicht anzunehmen sei. Sie enthalten nach dem Vortrag der Beklagten die Namen der damals im Bundessicherheitsrat tätigen Minister/Bundeskanzler sowie der in diesem Kontext tätigen Ministerialbeamten, die jedoch jeweils ohne Bezug zu ihrem privaten Lebensbereich in Ausübung ihrer Ämter gehandelt hätten.

II. Die Berufung der Klägerin ist nur begründet, soweit sie damit die ungeschwärzte Zugänglichmachung der ihr mit den stattgebenden Teilentscheidungen bereits teilgeschwärzt überlassenen Unterlagen anstrebt.

  1. Das Urteil des Verwaltungsgerichts verhält sich zu Unrecht nicht zu den belastenden Elementen der stattgebenden Teilentscheidungen, die nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen waren und mit der am 9. Oktober 2017 eingegangenen Klage rechtzeitig vor Ablauf der Jahresfrist gemäß §58 Abs.2 VwGO angefochten worden sind.

Ausgehend von seinem Rechtsstandpunkt hätte das Verwaltungsgericht die mit den Teilentscheidungen zugänglich gemachten Dokumente der Klägerin vollständig zur Nutzung eröffnen müssen. Dem stehen auch keine Geheimhaltungsinteressen der Beklagten entgegen, da nach ihrem Vorbringen die Einstufung aller dieser Dokumente als Verschlusssachen aufgehoben worden ist.

Ein Verzicht der Klägerin auf diese von ihrem Antrag auf Nutzung der Unterlagen umfasste Position lässt sich nicht feststellen und kann insbesondere nicht daraus abgeleitet werden, dass die Klägerin ihre Klage bezüglich des ihr ebenfalls nur teilweise geschwärzt überlassenen Dokuments Nr.1 zurückgenommen hat. Denn sie hat ansonsten stets bekräftigt und in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nochmals klargestellt, dass sie eine archivrechtliche Nutzung der zu ihrer Thematik vorhandenen Unterlagen – die ihr das Verwaltungsgericht im stattgebenden Teil seines Urteils in dem unter vorstehend Ziffer I 5 Buchstaben a – h ausgeführten Umfang auch zu Recht zugesprochen hat – in vollem Umfang beansprucht. Die Teilrücknahme der Klage kann deshalb nicht dahin verstanden werden, dass die Klägerin ihr Begehren insgesamt dahin eingeschränkt hätte, dass sie sich damit zufrieden geben wollte, lediglich thematisch einschlägige Passagen der Unterlagen nutzen zu können. Die Klägerin hat damit nur bezüglich eines Dokuments von ihrer Dispositionsbefugnis über den Streitgegenstand Gebrauch gemacht.

  1. Dem mit der Berufung von der Beklagten erhobenen Einwand, die Klägerin könne nach ihrem Antrag nur die Nutzung der thematisch einschlägigen Passagen der Unterlagen beanspruchen oder habe jedenfalls der Sache nach ihren Anspruch entsprechend beschränkt, weshalb das Verwaltungsgericht mit dem stattgebenden Teil seines Urteils über das Begehren (§88 VwGO) hinausgegangen sei, folgt der Senat nicht. Der archivrechtliche Nutzungsanspruch gemäß §11 Abs.6 BArchG ist seiner Natur nach nicht informations- sondern unterlagenbezogen; eine informationsbezogene Einschränkung und damit eine Teilschwärzung von Unterlagen kommt nur in Betracht, soweit eine Schutzfrist wegen personenbezogener Daten oder Versagungsgründe dem Nutzungsanspruch teilweise entgegenstehen. Eine umfassende wissenschaftliche oder publizistische Auswertung von Unterlagen setzt grundsätzlich den vollständigen Zugang zur jeweiligen Unterlage voraus, ansonsten wäre ihr Wert als authentische Erkenntnisquelle eingeschränkt. Eine Beschränkung des Klagebegehrens kann – wie ausgeführt – vorliegend nicht angenommen werden.

  2. Im Übrigen ist die Berufung der Klägerin zurückzuweisen. Die Klägerin kann eine über die vom Bundeskanzleramt angestellte hinausgehende Recherche nach etwa vorhandenen weiteren Unterlagen nicht verlangen (a). Sie hat auch keinen Anspruch auf Nutzung der Mittel der Schriftgutverwaltung des Bundeskanzleramts, mit denen Unterlagen des Bundessicherheitsrats registriert werden (b). Insoweit hat das Verwaltungsgericht die Klage zu Recht abgewiesen.

a) Der Senat legt zugrunde, dass die Klägerin das Begehren, ihr die thematisch einschlägigen Unterlagen umfassend zugänglich zu machen, sogleich mit der Verpflichtungsklage geltend machen kann, obwohl zwischen den Beteiligten streitig ist, ob weitere Unterlagen des Bundessicherheitsrats im Bundeskanzleramt vorhanden sind. Im Rahmen der Bescheidung des Antrags auf archivrechtliche Nutzung nach §11 Abs.6 BArchG stellt die Sonderung von antragsumfangenen Unterlagen von übrigen bei der Behörde vorhandenen, bislang nicht angedienten Unterlagen eine unselbständige Vorstufe der Entscheidung über den Nutzungsanspruch dar, so dass das Begehren insoweit spruchreif zu machen ist. Es gibt aber keinen Anhalt für die Vermutung der Klägerin, dass die Beklagte insoweit ihre Mitwirkungspflichten verletzt hätte.

Die Klägerin hat diese Vermutung mit ihr im politischen Archiv des Auswärtigen Amtes ermöglichten Recherchen begründet; dort hätten sich Unterlagen zu Paraguay, u.a. auch zu Waffen- und Rüstungsexporten, gefunden, die bis Anfang der fünfziger Jahre zurückreichten. Abgesehen davon, dass ihr Antragsbegehren sich nur auf Unterlagen ab dem Jahr 1972 bezieht, hat sie nicht konkret angeben können, sie habe im Auswärtigen Amt weitere Ausfertigungen von Unterlagen des Bundessicherheitsrats aus dem antragsbefangenen Zeitraum aufgefunden, deren Entsprechung ihr im Rahmen der Bescheidung ihres an das Bundeskanzleramt gerichteten Antrags vorenthalten worden wären. Die Beklagte hat unwidersprochen vorgetragen, dass sie Unterlagen aus der Zeit vor 1979 an das Bundesarchiv abgegeben habe. Der Klägerin seien im Übrigen bei den stattgebenden Teilentscheidungen Unterlagen auch aus den siebziger Jahren zugänglich gemacht worden. Außerdem seien durchaus nicht alle Rüstungsexportgeschäfte Gegenstand von Verhandlungen des Bundessicherheitsrats gewesen. Im Bundeskanzleramt sei mit den dort zur Verfügung stehenden Recherchemitteln zu den sich aus dem Antrag der Klägerin ergebenden Stichworten gesucht worden. Dies habe zur Zusammenstellung der den Verfahrensgegenstand (stattgebende Teilentscheidung, Abschlussbescheid) bildenden Unterlagen geführt. Der einzige Bereich, in dem potentiell noch weitere Unterlagen vorhanden sein könnten, werde dadurch umrissen, dass in der sog. Alt-VS-Datenbank etwa ein Drittel der Unterlagen anderer Urheber als des Bundeskanzleramts aus den Jahren von 1949 bis 2001 nicht erfasst seien, so dass die Beklagte die Unvollständigkeit des Rechercheergebnisses nicht völlig ausschließen könne.

Diese Situation ist dahin zu würdigen, dass die Beklagte ihren Mitwirkungspflichten in der Weise nachgekommen ist, wie sie auch verfahren wäre, wenn es ihr selbst darum gegangen wäre, für eigene Zwecke entsprechende thematische Unterlagen mit Hilfe ihrer Schriftgutverwaltung zu ermitteln. Dass diese Recherche aus dem vorliegenden Verwaltungsvorgang nur äußerlich nachvollzogen werden kann und wie die Klägerin rügt, weitgehend intransparent ist, findet seinen Grund darin, dass die Registraturmittel ihrerseits als Verschlusssachen eingestuft sind, und gibt keinen Anlass zur Beanstandung.

Eine Sicherheit, dass das Rechercheergebnis alle thematisch einschlägigen Unterlagen umfasst, kann nach dem – insoweit unwidersprochen gebliebenen – Vortrag der Beklagten nur gewonnen werden, wenn eine manuelle Suche im gesamten Aktenbestand der VS-Registratur aus dem in Rede stehenden Zeitraum durchgeführt würde. Dazu müssten etwa 30.000 Aktenbände mit jeweils durchschnittlich sechs Verschlusssachen ab dem Geheimhaltungsgrad VS-Vertraulich und ca. 20 offenen bzw. VS-NfD eingestuften Dokumenten durchgesehen werden, insgesamt etwa 780.000 Einzeldokumente.

Ein solcher Rechercheaufwand ist lediglich zur Klärung der Frage, ob es überhaupt noch weitere einschlägige Unterlagen gibt, nicht von dem Anspruch auf Nutzung von Behördenunterlagen gemäß §11 Abs.6 BArchG umfasst. Dem steht der entsprechend anzuwendende Versagungsgrund nach §13 Abs.2 Nr.2 BArchG entgegen, wonach die Nutzung eingeschränkt oder versagt werden kann, wenn durch die Nutzung ein unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand entstünde. Zwar hat die Beklagte den personellen Aufwand einer manuell in dem genannten Aktenbestand durchzuführenden Suche nicht genauer umrissen. Es ist für den Senat aber nachvollziehbar und liegt auf der Hand, dass ein zeitnahes Ergebnis nur mit einem enormen Personalaufwand erzielbar wäre, schon weil die Einsichtnahme in Verschlusssachen ab der Einstufung „VS-VERTRAULICH“ jeweils aufwendige Aufzeichnungen über den Vorgang der Einsichtnahme erfordert, ehe dieser auf entsprechende Dokumente durchsucht werden kann. Auf der anderen Seite kann der von der Klägerin verfolgten Zielsetzung der Vollständigkeit des Rechercheergebnisses vorliegend kein besonderes Gewicht beigemessen werden, weil ihr Antrag auf Unterlagen des Bundessicherheitsrats gerichtet war, dessen Sekretariat im Bundeskanzleramt angesiedelt ist, so dass die Unterlagen des Bundessicherheitsrats als solche regelmäßig zu denjenigen gehören, deren Urheber das Bundeskanzleramt ist und die nach den Angaben der Beklagten vollständig in der Alt-VS-Datenbank erfasst sind. Letztlich können danach nur noch Unterlagen von anderen Urhebern nicht vom Rechercheergebnis umfasst sein, die in den Sitzungsunterlagen des Bundessicherheitsrats keine Erwähnung gefunden haben. Die Suche entsprechender Unterlagen von Hand hat das Verwaltungsgericht deshalb zu Recht als unverhältnismäßig beurteilt.

Den hiergegen erhobenen Einwänden der Klägerin folgt der Senat nicht. Das Bundeskanzleramt hat als Behörde vielfältige und zentrale Aufgaben bei der Wahrnehmung der Regierungsgeschäfte. Auch wenn es sich infolge der Nichtabgabe von über 30 Jahre alten Unterlagen an das Bundesarchiv auf die Wahrnehmung archivrechtlicher Aufgaben wie die Bescheidung von Nutzungsansprüchen gemäß §11 Abs.6 BArchG einstellen muss, obliegt ihm nicht wie dem Bundesarchiv als dafür speziell eingerichteter Behörde die Aufbereitung der eigenen Akten als Archivgut. Es gibt auch keine Hinweise aus der Gesetzesbegründung, dass der Nutzungsanspruch nach §11 Abs.6 BArchG als Sanktionierung für die nicht rechtzeitige Anbietung der Akten gegenüber dem Bundesarchiv aufzufassen sein könnte. Dem Gesetzgeber ging es lediglich darum, noch bei öffentlichen Stellen vorhandene Unterlagen, die noch nicht auf ihre Archivwürdigkeit geprüft werden konnten, in gleicher Weise wie Archivgut des Bundesarchivs zugänglich zu machen, um alle Unterlagen von bleibendem Wert als „Gedächtnis des Staates“ zu erfassen. Danach gibt es erst recht keine Anzeichen dafür, dass mit der Nichtanbietung nach §5 Abs.1 BArchG anbietungspflichtiger Aktenbestände eine gesteigerte Verpflichtung öffentlicher Stellen des Bundes einherginge, um die fehlende archivrechtliche Aufbereitung gleichsam zu kompensieren. Vielmehr hat der Gesetzgeber nur eine entsprechende Anwendung des allgemeinen archivrechtlichen Nutzungsanspruchs eröffnet, was im Kern bedeutet, dass anbietungspflichtige Unterlagen wie Archivgut des Bundesarchivs behandelt werden, die Behörde als Anspruchsverpflichteter sich auf Schutzfristen und Versagungsgründe in gleicher Weise wie das Bundesarchiv berufen darf und gegebenenfalls auch muss. Das schließt den hier einschlägigen Versagungsgrund des unverhältnismäßigen Aufwands ohne jegliche Einschränkungen ein. Für eine Einschränkung des durch die Vorschrift des §13 Abs.2 Nr.2 BArchG eröffneten Ermessens zugunsten der Klägerin gibt es nach alledem keine Grundlage. Ermessenfehler haften der Entscheidung des Bundeskanzleramts nicht an.

b) Eigenen Zugang zu den Find- und Recherchemitteln des Bundeskanzleramts kann die Klägerin nicht verlangen. Es handelt sich bei der Schriftgutverwaltung nicht um Unterlagen im Sinne des §1 Nr.9 BArchG, die dem archivrechtlichen Nutzungsanspruch unterliegen (aa). Es besteht auch kein Anspruch auf Zugang nach §1 Abs.1 Satz1 IFG (bb).

aa) Die Mittel der Schriftgutverwaltung des Bundeskanzleramts sind behördliche Arbeitsmittel. Wie ausgeführt ist das Bundeskanzleramt keine Archivbehörde, zu deren Arbeitsmitteln eine Archivregistratur gehört, die für die Aufbewahrung und zum Auffinden einschlägiger Unterlagen nicht nur für die Archivbehörde, sondern auch für die Eigenrecherche im Rahmen des archivrechtlichen Nutzungsanspruchs zur Verfügung steht. Innerhalb der öffentlichen Stellen des Bundes dienen die Mittel zur Schriftgutverwaltung nur der Ablage und der Zugänglichmachung für die Wahrnehmung der Verwaltungsaufgaben. Dazu gehört zwar auch die Bescheidung von Anträgen nach §11 Abs.6 BArchG; dieser Nutzungsanspruch eröffnet aber grundsätzlich nicht die Möglichkeit der eigenen Recherche in den behördlichen Registraturmitteln, weil dies von deren Widmungszweck nicht umfasst ist.

Es handelt sich bei den Mitteln der Schriftgutverwaltung auch (noch) nicht um Unterlagen im Sinne des Archivrechts. Zwar umfasst der Begriff nach der Legaldefinition in §1 Nr.9 BArchG Aufzeichnungen jeder Art, unabhängig von der Art ihrer Speicherung. Das könnte auch Mittel zur Schriftgutverwaltung umfassen, etwa wenn sie über reine Registraturangaben wie Aktenzeichen hinaus auch weitere Informationen zum Inhalt verwalteter Vorgänge und deren Struktur umfassen, die ihrerseits von bleibendem Wert im Sinne des §1 Nr.2 BArchG sein können, was nach Abschluss des Vorgangs (§1 Nr.5 BArchG) zu prüfen wäre.

Die Beklagte nimmt aber zu Recht an, dass die einzelnen Registraturmittel keine abgeschlossenen Einzeldokumente darstellen, sondern in ihrer Gesamtheit Vorgänge (Verzeichnisse und Sammlungen) sind, die erst dann archivrechtlich „entstehen“, wenn eine Registratur abgeschlossen wird und ihre Mittel keine Verwendung mehr finden, wie das etwa bei Umstellung händisch geführter Karteimittel in elektronische Datenbanken nach vollständiger Erfassung der Fall sein mag. Nach den Angaben der Beklagten steht zur Überzeugung des Senats fest, dass dies bei allen in Rede stehenden Mitteln der Schriftgutverwaltung (Aktennummernverzeichnis, Aktenbestandsverzeichnis, offene Einsenderkartei, Vorgangskartei, Hinweiskarten sowie der elektronischen Alt-VS-Datenbank) bislang nicht der Fall ist, sondern diese Mittel ungeachtet eingeleiteter Umstellung auf elektronische Aktenführung bislang weiterhin zur Verwaltung des Aktenbestandes verwendet werden.

bb) Greifen mithin die vorrangigen archivrechtlichen Bestimmungen nicht zugunsten der Klägerin ein, bleibt ein Zugangsanspruch nach §1 Abs.1 Satz1 IFG zu prüfen. Ein solcher Anspruch der Klägerin besteht im Ergebnis nicht.

Allerdings steht nicht schon entgegen, dass Mittel zur Schriftgutverwaltung als solche keine amtlichen Informationen enthielten. Wie die Akten einer Behörde verwaltet werden und wo sich einzelne Vorgänge und Dokumente mit amtlichen Informationen befinden, stellen amtlichen Zwecken dienende Informationen dar, nicht anders als etwa Geschäftsverteilungspläne (vgl. BT-Drs. 15/4493 S.16) oder Telefonverzeichnisse (BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 2016 – 7 C 20.15 – NJW 2017, 1258, juris Rn. 9; Senatsurteil vom 20. August 2015 – OVG 12 B 21.14 –, juris Rn. 16). Informationen darüber, wie das Schriftgut einer Behörde verwaltet wird, können danach durchaus weiteren Aufschluss über die Wahrnehmung ihr obliegender Verwaltungsaufgaben beisteuern und einen Informationsanspruch nach §1 Abs.1 Satz1 IFG begründen.

Der Klägerin geht es aber erkennbar nicht um einen Zugang zu Informationen in diesem Sinn, sondern sie möchte die behördlichen Mittel der Schriftgutverwaltung nutzen, um damit selbst eine Recherche in dem vorhandenen Schriftgut anstellen zu können. Ein solcher Nutzungsanspruch, der von einer Aus- oder Verwertung zugänglich gemachter Informationen außerhalb der Behörde unterschieden werden muss, ergibt sich aus dem Informationsfreiheitsgesetz nicht.

Davon unabhängig steht einer Informationsgewährung hinsichtlich der in Rede stehenden Registraturmittel des Bundeskanzleramts entgegen, dass es sich insoweit um die Verschlusssachen-Registratur handelt, die mit ihren Bestandteilen – bis auf die sog. offene Einsenderkartei – selbst als „VS-GEHEIM“ eingestuft ist. Das schließt eine Informationsgewährung nach §3 Nr.4 IFG aus. An der Berechtigung dieser Einstufung hat der Senat mit dem Verwaltungsgericht keine Zweifel, weil die VS-Registratur bestimmte Hintergrundinformationen zu den Verschlusssachen enthält und letztlich einen Überblick über das gesamte Verschlusssachen-Schriftgut und darin getätigte Einsichtnahmen ermöglicht und damit Rückschlüsse auf Geheimnisträger zulässt. Im Übrigen umfasst die VS-Registratur auch das Schriftgut, das im Bundeskanzleramt als Fachaufsichtsbehörde über die Nachrichtendienste des Bundes und zur Ausübung der Koordinierungstätigkeit des Beauftragten für die Nachrichtendienste geführt wird. Diesbezügliche Informationen unterfallen der Bereichsausnahme des Informationsfreiheitsgesetzes nach §3 Nr.8 IFG (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Februar 2016 – 7 C 14.18 – NVwZ 2016, 940, juris Rn. 10). Ob und inwieweit auch §5 IFG etwa einer Informationsgewährung in die sog. offene – nicht VS-eingestufte – Einsenderkartei entgegensteht, bedarf keiner Entscheidung.

Die Kostenentscheidung folgt aus §155 Abs.1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §167 VwGO in Verbindung mit §708 Nr.10, §711 der Zivilprozessordnung.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in §132 Abs.2 VwGO genannten Gründe vorliegt.

Entscheidungsgründe

Die Berufungen haben jeweils teilweise Erfolg und führen insoweit zur Änderung des angefochtenen Urteils.

I. Die Berufung der Beklagten ist nur begründet, soweit das Verwaltungsgericht den Schlussbescheid des Bundeskanzleramts vom 5. August 2017 bezüglich der Dokumente Nr.4, 6/7, 10/11, 12/13/14, 17/18 und 20/21 aufgehoben und der Klägerin die Nutzung dieser Dokumente eröffnet hat. Insoweit ist die Klage abzuweisen, denn der Bescheid ist rechtmäßig und die Klägerin hat keinen Anspruch auf Nutzung nach §11 Abs.6 des Bundesarchivgesetzes - BArchG - i.d.F. des Art.1 des Gesetzes zur Neuregelung des Bundesarchivrechts vom 10. März 2017 (BGBl. I S.410), zuletzt geändert durch Art.2 des Gesetzes vom 4. Dezember 2018 (BGBl. I 2257, BGBl. I 2019, 496), i.V.m. §10 Abs.1 Satz1 BArchG in entsprechender Anwendung (§§125 Abs.1, 113 Abs.5 Satz1 VwGO).

  1. Diese Rechtsgrundlage ist für das Begehren der Klägerin im Zeitpunkt der Entscheidung des Senats ungeachtet dessen einschlägig, dass sie ihren Antrag auf Nutzung der nach ihrer thematischen Eingrenzung vorhandenen Unterlagen des Bundessicherheitsrats im Jahre 2016 noch unter Geltung des früheren Bundesarchivgesetzes gestellt hat, da die frühere Gesetzesfassung ohne Übergangsregelung mit dem Inkrafttreten der Neufassung außer Kraft gesetzt worden ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Januar 2019 – 6 A 1.17 – BVerwGE 164, 269, juris Rn. 23).

  2. Der Anspruch auf Nutzung von noch bei öffentlichen Stellen des Bundes befindlichen Unterlagen, die älter als 30 Jahre sind, in entsprechender Anwendung der sonst für die Nutzung von Archivgut gegenüber dem Bundesarchiv geltenden Vorschriften der §§10, 11 Abs.1 bis 5, 12 und 13 BArchG geht den Vorschriften des Informationsfreiheitsgesetzes - IFG - als speziellere Anspruchsgrundlage vor.

Nach §1 Abs.3 IFG gehen Regelungen in anderen Rechtsvorschriften über den Zugang zu amtlichen Informationen mit Ausnahme von §29 VwVfG und §25 SGB X dem Informationsfreiheitsgesetz vor. Die Vorschrift dient nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung, der sich der Senat angeschlossen hat (Senatsurteil vom 26. April 2018 – OVG 12 B 6.17 – NJW 2018, 1152, juris Rn. 23), der Sicherung des Vorrangs des Fachrechts gegenüber dem Informationsfreiheitsgesetz (BVerwG, Urteil vom 29. Juni 2017 – 7 C 24.15 – DVBl 2017, 1423, juris Rn. 12). Um diesen Vorrang zu erreichen, wird das Informationsfreiheitsgesetz (nur) durch Normen verdrängt, die bei abstrakter Betrachtung einen mit §1 Abs.1 IFG identischen sachlichen Regelungsgehalt aufweisen und sich als abschließende Regelung verstehen (BVerwG, Urteil vom 29. Juni 2017, a.a.O., Rn. 12; Urteil vom 15. November 2012 – 7 C 1.12 – NVwZ 2013, 431, juris Rn. 46; Urteil vom 3. November 2011 – 7 C 4.11 – NVwZ 2012, 251, juris Rn. 9; Beschluss vom 9. November 2010 – 7 B 43.10 – NVwZ 2011, 235, juris Rn. 8). Insoweit ist höchstrichterlich entschieden, dass zu den vorgehenden Regelungen auch der archivrechtliche Nutzungsanspruch des §5 BArchG a.F. gehört (BVerwG, Urteil vom 17. März 2016 – 7 C 2.15 – BVerwGE 154, 231, juris Rn. 42), der den Zugang zu Archivgut betrifft (BT-Drs. 15/4493 S.8). Nichts anderes hat für den hier einschlägigen ergänzenden archivrechtlichen Anspruch nach §11 Abs.6 BArchG auf die Nutzung von Unterlagen zu gelten, die trotz ihres Alters noch nicht dem Bundesarchiv zur Übernahme angeboten wurden. Zwar befinden sich die amtlichen Informationen damit noch bei der Behörde. Die Anspruchsgrundlage richtet sich aber nicht allein auf den Zugang zu amtlichen Informationen, sondern auf die Nutzung der Unterlage, in der diese Informationen verkörpert sind. Auch §11 Abs.6 BArchG ist damit nach seinem Sinn, was die – den Informationszugang einschließende – umfassende Auswertung der Unterlage angeht, abschließend und damit vorrangig.

  1. Hinsichtlich der in der Entscheidungsformel aufgeführten Dokumente steht dem Nutzungsanspruch der Klägerin aber die 60jährige Schutzfrist des §11 Abs.3 BArchG entgegen.

a) Diese Schutzfrist gilt nach dem Wortlaut des Gesetzes für Archivgut des Bundes, das aus Unterlagen besteht, die der Geheimhaltungspflicht nach §6 Absatz1 Satz1 und Absatz4 BArchG unterliegen. §6 Abs.1 Satz1 BArchG regelt allerdings unmittelbar nur die Anbietungspflicht für Unterlagen, die einer Geheimhaltungspflicht unterliegen (vgl. die amtliche Überschrift), und stellt klar, dass die öffentlichen Stellen des Bundes dem Bundesarchiv auch Unterlagen anzubieten haben, die den Rechtsvorschriften des Bundes über die Geheimhaltung oder §30 der Abgabenordnung unterliegen. Mit der Bezugnahme auf Rechtsvorschriften des Bundes über die Geheimhaltung wird einer Kollision der allgemeinen Anbietungspflicht nach §5 BArchG mit Vorschriften gleichrangiger formeller Gesetze vorgebeugt, die ein Hindernis für das Anbieten danach geheimhaltungsbedürftiger Unterlagen darstellen könnten. Insofern weist die Gesetzesbegründung zutreffend darauf hin, dass eine Geheimhaltungsbedürftigkeit auf der Grundlage von Binnenrecht oder Verwaltungsvorschriften ohne rechtliche Außenwirkung schon im Ansatz der allgemeinen Anbietungspflicht nicht entgegensteht (vgl. BT-Drucks. 18/9633, S.57 f.).

b) Ungeachtet dieser spezifischen Funktion der Vorschrift erfasst sie jedoch alle nach Bundesrecht geheimhaltungsbedürftigen Unterlagen, zu denen auch Verschlusssachen gehören. Für diese gibt das Sicherheitsüberprüfungsgesetz - SÜG - neben allgemeinen Verhaltensregeln für den Umgang mit ihnen (§4 Abs.1a SÜG) insbesondere die materiellen Geheimhaltungsstufen einschließlich deren sachlicher Rechtfertigung vor (§4 Abs.2 SÜG); die bereichsspezifische Anwendung erfolgt sodann auf der Grundlage der nach §35 SÜG zu erlassenden Verwaltungsvorschriften, der sog. Verschlusssachenanweisung, während die unbefugte Offenbarung durch die Strafvorschrift des §353b StGB verboten ist. Diese formelle Zuordnung von Verschlusssachen zu den geheimhaltungsbedürftigen Unterlagen im Sinne des §11 Abs.3 BArchG entspricht sowohl der zum bisherigen Archivrecht vorliegenden Rechtsprechung (vgl. zum BArchG 1988: BVerwG, Beschluss vom 19. April 2010 – 20 F 13.09 – BVerwGE 136, 345, juris Rn. 24) als auch dem Schrifttum (vgl. Partsch, BArchG, §11, Rn. 1). Die Gesetzesbegründung gibt keinen Anhalt dafür, dass der Gesetzgeber insoweit eine Abweichung vom bisher geltenden Recht beabsichtigt hätte, auf dessen Begründung verwiesen wird (vgl. BT-Drucks. 18/9633, S.69). Dass §11 Abs.3 G i.V.m. §6 Abs.1 Satz1 BArchG nach dem Willen des Gesetzgebers auch als Verschlusssachen geheim zu haltende Unterlagen umfasst, verdeutlicht zudem §6 Abs.3 BArchG, der die weitere Geheimhaltung nach Übernahme durch das Bundesarchiv regelt und dabei neben den Geheimhaltungsvorschriften im Sinne von Absatz1 auch die Verschlusssachenanweisung für anwendbar erklärt.

c) Die Frage nach der Einbeziehung von Verschlusssachen in die Schutzfrist nach §11 Abs.3 BArchG kann auch nicht offenbleiben, wie das Verwaltungsgericht es gestützt auf sein Ergebnis konsequent angenommen hat.

aa) Ob eine Schutzfrist von 60 Jahren für eine Unterlage insgesamt und die darin enthaltenen Informationen infolge der Einstufung als VS-GEHEIM eingreift, unterscheidet sich vom informationsbezogenen Vorliegen von Versagungsgründen nach §13 Abs.1 Satz1 Nr.1 BArchG. Eine noch nicht abgelaufene Schutzfrist schließt den Nutzungsanspruch insgesamt aus. Das Vorliegen von Versagungsgründen schränkt den Nutzungsanspruch hingegen nur ein, soweit der Versagungsgrund reicht. So kann die Schutzfrist den Nutzungsanspruch der Klägerin für ein nach ihrem Antrag thematisch einschlägiges Dokument ausschließen, obwohl für die Informationen der einschlägigen Passage kein Versagungsgrund eingreifen würde. Deckungsgleiche Ergebnisse, bei denen die Vorfrage offenbleiben kann, ob die Schutzfrist formell für Verschlusssachen gilt, liegen demnach nur vor, wenn sich die weitere Einstufung als Verschlusssache materiell nicht rechtfertigen lässt oder für sämtliche in einer Unterlage enthaltene Informationen Versagungsgründe vorliegen. Hier ist weder das eine noch das andere der Fall.

bb) Davon abgesehen hat die formelle Anwendung der Schutzfrist auch Vorwirkungen dafür, was im Einzelnen darzulegen ist, um die weitere Geheimhaltung zu rechtfertigen. Die Beklagte weist zu Recht darauf hin, dass gegen eine Einstufung von Unterlagen des Bundessicherheitsrats als eines nach seiner Geschäftsordnung geheim tagenden Kabinettsausschusses, der zum Kernbereich des verfassungsrechtlichen Kernbereichs exekutiver Eigenverantwortung gehört, materielle Bedenken grundsätzlich nicht zu erheben sind und es für die Schutzwürdigkeit solcher Unterlagen auch weder auf den konkreten Beratungsgegenstand bzw. dessen politische Brisanz noch – vorbehaltlich archivrechtlicher Fristen – den Zeitablauf seit der abschließenden Behandlung in dem Gremium ankommt (vgl. BVerfG, Urteil vom 21. Oktober 2014 – 2 BvE 5/11 – BVerfGE 137, 185, juris Rn. 142, 158 ff., 168 ff.; zu Verlaufsprotokollen des Bundeskabinetts: BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2018 – 7 C 19.17 – BVerwGE 164, 112, juris Rn. 25).

Das Vertrauen der Mitglieder des Bundessicherheitsrats in eine Nichtoffenlegung solchermaßen zu Recht als geheim eingestufter Unterlagen spielt auch auf der Grundlage archivrechtlicher Bestimmungen eine Rolle für die zeitliche Reichweite des Schutzes der Beratungen und der Entscheidungsfindung. Zwar schränkt die gesetzlich vorgesehene Anbietung auch von Verschlusssachen nach Ablauf von 30 Jahren dieses Vertrauen ein, was den Beratungsvorgang und die Entscheidung im Gremium angeht. Grundsätzlich müssen die Mitglieder des Bundessicherheitsrats damit rechnen, dass Unterlagen zu Archivgut werden können und in diesem Rahmen auch offengelegt werden. Die weitere Geheimhaltung und die Aufrechterhaltung der VS-Einstufung von Unterlagen stellen deshalb auch entsprechend gesteigerte Anforderungen an die Nachvollziehbarkeit und Plausibilität hierfür abgegebener Begründungen im Verfahren, was den Gegenwartsbezug der durch eine Offenlegung befürchteten Sicherheitsgefährdungen oder Schäden für geschützte Interessen anbelangt. Bei einzelnen Informationen, die nicht erst aufgrund der Behandlung im Bundeskabinett oder einem Kabinettsausschuss wie dem Bundessicherheitsrat einem Einstufungserfordernis nach der Verschlusssachenanweisung unterliegen, sondern schon vorgelagert und auch ungeachtet einer tatsächlichen VS-Einstufung geheimhaltungsbedürftige Informationen darstellen, kann dies dagegen anders sein. Namentlich fachlicher Vortrag, der einer umfassenden Information der politischen Entscheidungsträger im Sinne einer optimalen Vorbereitung der Meinungsbildung und Entscheidung dient, muss im außen- und sicherheitspolitischen Bereich auf bereits ihrerseits geheime Informationen zurückgreifen können, um Sachverhalte und ihre Einschätzung vollständig darzustellen. Dies umfasst gegebenenfalls auch das Vertrauen, dass Unterlagen des Gremiums unter archivrechtlichen Gesichtspunkten nicht schon nach Ablauf von 30 Jahren offen zu legen sind, sondern eine mindestens 60jährige Schutzfrist eingreift. Die Berücksichtigung des Vertrauens in eine Nichtoffenlegung auf der Grundlage einer verlängerten archivrechtlichen Schutzfrist kann das Maß der Darlegungen zur Plausibilisierung für eine Nachvollziehbarkeit weiterer aktueller Geheimhaltungsbedürftigkeit herabsetzen; insofern kann eine plausible Darstellung, dass vorgelagert geheimhaltungsbedürftige Informationen eingebracht worden sind, für das Eingreifen der verlängerten Schutzfrist genügen.

  1. Nach diesen Erwägungen kommt bei formell als VS-eingestuften Unterlagen wie den noch im Streit befindlichen Dokumenten im Ausgangspunkt die Geltung der 60jährigen Schutzfrist in entsprechender Anwendung von §11 Abs.3 BArchG als Hindernis für den Nutzungsanspruch nach §11 Abs.6 BArchG in Betracht. Ob diese Schutzfrist den Anspruch für diese Zeitdauer sperrt, hängt allerdings immer davon ab, ob die Einstufung als geheimhaltungsbedürftige Verschlusssache im maßgeblichen Zeitpunkt für die tatsächliche Beurteilung noch trägt. Insoweit schließt sich der Senat der bereits unter der Geltung des Bundesarchivgesetzes alter Fassung ergangenen Rechtsprechung an, wonach die Einstufung als Verschlusssache weiterhin materiell gerechtfertigt sein muss (vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. April 2010, a.a.O., Rn. 5 und 24). Die Einstufung einer Verschlusssache als „GEHEIM“ ist danach gerechtfertigt, wenn die Kenntnisnahme durch Unbefugte die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder gefährden oder ihren Interessen schweren Schaden zufügen kann (§4 Abs.2 Nr.2 SÜG). Das ist nach der Überzeugung des Senats im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, auf den es für die vorliegende Verpflichtungsklage ankommt, nur bei den genannten Dokumenten noch der Fall.

Dabei reichen die Darlegungen der Beklagten insbesondere in ihrem am 26. März 2020 eingegangenen Schriftsatz aus, um ohne Kenntnis des Inhalts der Unterlagen selbst die weitere Einstufung als Verschlusssache mit dem Grad „GEHEIM“ zu rechtfertigen. Im Einzelnen:

a) So enthält das Dokument Nr.4 - Vorlage an den Bundeskanzler mit Hinweisen für die 11. BSR-Sitzung vom 23. April 1982 - nach den Darlegungen der Beklagten im Lagebericht des Generalinspekteurs Ausführungen über strategische Erwägungen der USA im Hinblick auf ihre in Deutschland stationierten Truppen, weiterhin enthält es in einem Tagesordnungspunkt zur Stationierung von Mittelstreckenraketen (Pershing) detaillierte Ausführungen zu baulichen und räumlichen Gegebenheiten sowie Details zur Pershing-1a-Nachfolge. Diese Inhalte knüpfen erkennbar an sicherheitsrelevante Überlegungen eines Bündnispartners der Bundesrepublik Deutschland an und betreffen die Stationierung von Truppen im Bundesgebiet bzw. Einzelheiten der Bewaffnung mit Mittelstreckenraketen. Sie lassen Rückschlüsse auf die Verteidigungsstrategie und -fähigkeit der Bundesrepublik Deutschland und des Bündnisses zu. Die als solche geheimhaltungsbedürftigen Informationen sind ersichtlich im Vertrauen auf eine langfristige Geheimhaltung zur umfassenden Information und Vorbereitung des Bundeskanzlers in die Vorlage eingeflossen. Sie sind schon deshalb weiterhin zu Recht als VS-GEHEIM einzustufen, weil es sich um zweifellos sicherheitspolitisch relevante Informationen handelt, die auch künftig und selbst bei veränderter Sicherheitslage für die Stationierung von Truppen und Waffen bestimmter Bauart bedeutsam sind, und sei es auch nur in der Weise, dass damals tragende Erwägungen und Details aktuell wegen andersartiger Umstände nicht mehr herangezogen werden können und eine Stationierung an damaligen Standorten oder mit entsprechenden Details nicht mehr in Erwägung gezogen werden kann.

b) Auch das Dokument 6/7 - Vorlage an Bundeskanzler mit Hinweisen zur 6. BSR-Sitzung vom 4. März 1985, Entwurf und 1. Ausfertigung - enthält ersichtlich geheime Grundlageninformationen, soweit daraus hervorgeht, wie die Bundesregierung bzw. der Bundessicherheitsrat mit strategischen Verteidigungsinitiativen eines Bündnispartners – hier die Initiative der USA zum Aufbau eines Abwehrschirms im Weltraum gegen Interkontinentalraketen (SDI) – umgeht, insbesondere welche Untersuchungen sie anstellt, um zu einer Entscheidung zu gelangen, wer solche Untersuchungen durchführt und ggf. mit welcher Tiefe. Abgesehen von den Erwägungen der Bundesregierung bzw. des Bundessicherheitsrats, die nach der Einschätzung des Senats nicht unabhängig vom Gegenstand der Untersuchung angestellt werden können und – etwa, was die technische Machbarkeit von komplexen Waffensystemen anbelangt – auch zur Einbindung nach aktuellen Gegebenheiten zu bestimmender Sachverständiger führen wird, lässt die Information jedenfalls erkennen, wie seinerzeit im Fall der SDI-Initiative verfahren wurde. Es gibt insoweit zwar gewisse Erkenntnisse dazu, dass Wissenschaftler in der Bundesrepublik eine Ausdehnung militärischer Waffensysteme in den Weltraum grundsätzlich ablehnten bzw. zu dem Ergebnis kamen, ein solcher Abwehrschirm sei nicht realisierbar. Tatsächlich konnte ein solches Abwehrsystem für Interkontinentalraketen von den USA nicht verwirklicht werden. Gerade diese Umstände legen aber eine weitere Geheimhaltung in Auftrag gegebener oder nicht in Anspruch genommener Beratungsleistungen Dritter für die damalige Entscheidung, die Initiative ohne eigenen Beitrag zu unterstützen, nahe. Die Offenlegung könnte interessierten Kreisen aus dem In- und Ausland in der Tat Möglichkeiten zur Beeinflussung von Personen und Institutionen eröffnen, die zur Evaluierung solcher Vorschläge herangezogen werden, und eine den außen- und sicherheitspolitischen Interessen der Bundesrepublik Deutschland dienliche umfassende – politisch strategische – Unterrichtung der Regierung gefährden.

c) Die identischen Dokumente 10/11 - Ergebnisprotokoll der 12. Sitzung des BSR am 28. April 1982, Entwurf und 1. Ausfertigung - sind ebenfalls auch weiterhin geheimhaltungsbedürftig. Darin werden in einem internen Bericht zum Falklandkrieg Aussagen über die (vermuteten) Erkenntnisse und militärischen Potentiale der damaligen Sowjetunion getätigt, die gegenwärtig zumindest noch Rückschlüsse auf die damaligen Aufklärungsmöglichkeiten Deutschlands und deren Grenzen zulassen. Sie sind nach der nachvollziehbaren Einschätzung der Beklagten auch unter Berücksichtigung der politischen Umwälzung im Gebiet der Sowjetunion und sonstiger heutiger Verhältnisse auch für die aktuelle Erkenntnisfähigkeit Deutschlands von Bedeutung und können die Sicherheit der Bundesrepublik gefährden. Das zielt auf die Gewinnung von Erkenntnissen aus nachrichtendienstlichen Quellen und deren Zuverlässigkeit aus rückschauender Sicht, die interessierten Kreisen ein Bild der Leistungsfähigkeit deutscher Dienste vermitteln würde, das offenbar in mancher Beziehung noch unveränderte oder jedenfalls unter Anpassung an die gegenwärtigen Verhältnisse vergleichbare Züge aufweist. Außerdem enthält das Ergebnisprotokoll Ausführungen über die Strategie der USA bezüglich ihrer im Bundesgebiet stationierten Truppen, also bereits als solche im Vorfeld vertrauliche militärische Informationen eines Bündnispartners, deren Bekanntwerden sowohl die Verteidigungsfähigkeit der Bundesrepublik Deutschland als auch ihre außen- und sicherheitspolitischen Interessen gefährdet und deren Aufnahme in die Unterlage im Vertrauen auf eine längerfristige Geheimhaltung erfolgt ist; insoweit kann zur Würdigung auf die Ausführungen zu Dokument Nr.4 (Ziffer 4 Buchstabe a) verwiesen werden.

d) Auf diese Ausführungen kann auch für die ebenfalls identischen Dokumente 12/13/14 - Ergebnisprotokoll der 14. Sitzung des BSR am 1. September 1982; Entwurf und 1. Ausfertigung, Kopie BK, vermutl. 18. Ausfertigung - verwiesen werden, soweit sie nach der glaubhaften Darstellung der Beklagten auch technische Details der Mittelstrecken-Waffensysteme sowie militärtaktische Erwägungen enthalten, die aus Sicherheitsgründen nicht preisgegeben werden können und nach wie vor aktuell sind. Dahingestellt bleiben kann, ob die Verhandlungen des Bundessicherheitsrats zur Pershing-la-Nachfolge im Übrigen zur Bewahrung von lnterna der Verbündeten bzw. im Hinblick auf strategische Überlegungen für zukünftige Beschaffungen nach wie vor der Geheimhaltung bedürfen; insoweit bleibt unklar, welchen Gegenwartsbezug die Erwägungen des Gremiums aufweisen, von dem Gefährdungen oder Schäden im Sinne der Anforderungen an die Einstufung als „GEHEIM“ unter den gegenwärtig veränderten Umständen noch heute ausgehen sollen.

e) Auch die inhaltsgleichen Dokumente 17/18 - Ergebnisprotokoll der 2. Sitzung des BSR am 4. Februar 1981, Entwurf und 1. Ausfertigung - bedürfen weiterhin der Geheimhaltung, weil die Beklagte zur Überzeugung des Senats dargelegt hat, dass im Bericht des Generalinspekteurs der Bundeswehr sowie im nachfolgenden Tagesordnungspunkt Informationen zu den Auslandsaktivitäten bestimmter Staaten enthalten sind, die Deutschland im Vertrauen auf ihre Geheimhaltung überlassen wurden. Dabei handelt es sich um schon vorgelagert geheimhaltungsbedürftige Informationen, bei deren Verwendung im Rahmen der Berichterstattung ein geschütztes Vertrauen auf eine langfristige Geheimhaltung anzunehmen ist, das einer vorzeitigen Offenlegung entgegensteht. Überdies enthält das Ergebnisprotokoll interne Informationen der Bündnispartner zu deutsch-französischen Gemeinschaftsprojekten im Rüstungsbereich und zu französischen Kasernen, die aus dem gleichen Grund nach wie vor geheimhaltungsbedürftig sind. Auch kann es vor dem Hintergrund aktueller Bemühungen um eine verstärkte europäische Zusammenarbeit in der Verteidigungspolitik nicht beanstandet werden, wenn die Beklagte das hier betroffene deutsch-französische Verhältnis als besonders schützenswert und sensibel aufgrund europäischer, geographischer wie historischer Verbundenheit einstuft und daher eine als Vertrauensbruch bewertungsfähige staatliche Offenlegung von Interna als schädlich prognostiziert.

f) Die inhaltsgleichen Dokumente 20/21 - Ergebnisprotokoll der 9. Sitzung des BSR am 15. Dezember 1981, Entwurf und 1. Ausfertigung - sind auf der Grundlage der Darlegungen der Beklagten ebenfalls zur Überzeugung des Senats weiterhin geheimhaltungsbedürftig. Die Bewertung der Beklagten, die Beziehungen zu Polen seien aufgrund der deutsch-polnischen Geschichte besonders sensibel und daher besonders schützenswert, ist vor dem Hintergrund aktueller problematischer Entwicklungen in Polen einerseits und notwendiger militärischer Zusammenarbeit im Rahmen der Sicherung der Nato-Ostgrenze andererseits nachvollziehbar und nicht zu beanstanden. Verstimmungen in diesem Verhältnis, wie sie auch durch Bewertungen vergangener Verhältnisse in Polen ausgelöst werden können, sind prognostisch zu Recht als für deutsche Sicherheitsinteressen schädlich einzustufen. Abgesehen davon begründet die weitere Geheimhaltungsbedürftigkeit bereits der Umstand, dass die fragliche Passage geheimdienstliche Erkenntnisse enthält, deren Bekanntwerden womöglich Rückschlüsse auf die damalige Quelle zuließe und damit die Arbeit der Geheimdienste, die im Westen seitdem kontinuierlich fortbestehen, kompromittieren könnte. Auch insoweit sind in das Protokoll der Sitzung des Bundessicherheitsrats ihrerseits vorgelagert geheimhaltungsbedürftige Informationen im Vertrauen auf deren langfristige Geheimhaltung eingeflossen, auf deren Wahrung sich die Beklagte auch heute noch berufen kann, ohne in gesteigerter Weise einen Gegenwartsbezug darlegen zu müssen. Dagegen kann dahinstehen, ob die von ihr gesehene Gefährdung im Hinblick auf eine Offenlegung Ende des Jahres 1981 diskutierter strategischer Details damals laufender Gespräche mit den Verbündeten zum Thema „Rapid Deployment Force" angesichts der bekannten Entwicklung schneller Eingreif- oder Einsatztruppen in den Streitkräften der Vereinigten Staaten und aus jüngerer Zeit im Nato-Bündnis (Stichworte: Nato-Speerspitze, VJTF), die maßgeblich durch die Sicherungserfordernisse an der Nato-Ostgrenze und der Schutzbedürftigkeit der Baltischen Staaten gegenüber Interventionen Russlands begründet sind, noch aktuell eine ausreichende Prognosegrundlage aufweist.

  1. Hinsichtlich der übrigen in den Dokumenten Nr.2, 3, 5, 8/9, 15/16, 19, 22/23 und 26 sowie 27 enthaltenen Informationen folgt der Senat der Würdigung des Verwaltungsgerichts, dass die Darlegungen der Beklagten zur Plausibilisierung der Geheimhaltungsbedürftigkeit im gegenwärtigen Zeitpunkt und nach Ablauf der allgemeinen archivrechtlichen Schutzfrist von 30 Jahren, wie sie grundsätzlich auch für Kabinettsprotokolle gilt, auch unter Berücksichtigung des am 26. März 2020 eingegangenen ergänzenden Schriftsatzes im Berufungsverfahren nicht ausreichen.

Nach dem gegebenen Zeitablauf reicht die Berufung auf den Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung und den damit verbundenen grundsätzlich nicht ausforschbaren Initiativ-, Beratungs- und Handlungsbereich nicht mehr ohne weiteres aus, um ein weiteres Geheimhaltungsbedürfnis darzulegen und die weitere Einstufung als „VS-GEHEIM“ zu rechtfertigen. Vielmehr bedarf es der Herstellung eines konkreten Gegenwartsbezugs, um nachvollziehbar zu erläutern, weshalb eine Offenlegung auch gegenwärtig die Freiheit und Offenheit der Willensbildung innerhalb der Regierung beeinträchtigen kann. Zwar macht es nach Auffassung des Senats im Hinblick auf die zu erfüllenden Darlegungsanforderungen keinen Unterschied, ob es sich bei den Dokumenten um Ergebnisprotokolle von Sitzungen des Bundessicherheitsrats oder um Vorlagen zur Vorbereitung der Sitzungen für den Bundeskanzler als Vorsitzenden des Gremiums handelt. Auch wenn diese vorbereitenden Unterlagen naturgemäß den Beratungsvorgang nicht wiedergeben können, gehen sie über eine bloße Aufbereitung des Beratungsgegenstandes hinaus, weil sie mit den darin enthaltenen Argumenten und Entscheidungsalternativen der Steuerung des Beratungsvorgangs und der Entscheidungsfindung im Rahmen der verfassungsrechtlichen Kompetenz des Bundeskanzlers dienen. Auch wenn die Dokumente danach einer einheitlichen Würdigung zu unterziehen sind, ist der funktionsbezogenen Bewertung des Verwaltungsgerichts und seiner Einschätzung zu folgen, dass es fern liegt, dass die aktuellen Mitglieder des Bundessicherheitsrats (als kontinuierlich bestehender Kabinettsausschuss) ihre Meinung nicht mehr unbefangen äußern und die maßgeblichen Gründe für oder gegen ein Rüstungsexportgeschäft vortragen werden, wenn sie mit einer Offenlegung nach Ablauf des hier in Rede stehenden Zeitablaufs von mehr als 35 Jahren rechnen müssen. Denn dies ist aufgrund der seit 1988 geltenden archivrechtlichen Regelungen grundsätzlich der Fall. Auf die Einstufung der Unterlagen als geheime Verschlusssachen kann nur unter den bereits oben beschriebenen weiteren Umständen einer „vorgelagerten“ und fortbestehenden Geheimhaltungsbedürftigkeit vertraut werden. Eine fortbestehende Geheimhaltungsbedürftigkeit muss sich jedoch aus der fraglichen Information selbst ergeben. Nicht gefolgt werden kann der Sicht der Beklagten, aus der Kontinuität des Bundessicherheitsrats folge, dass es sich nicht um „abgeschlossene Vorgänge“ handele. Das ist weder mit den hier rechtlich maßgeblichen archivrechtlichen Grundsätzen zur Abgrenzung abgeschlossener von nicht abgeschlossenen Unterlagen vereinbar (vgl. dazu BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 2019 – 6 C 21.18 – juris Rn. 19 ff., 34), noch rechtfertigt die Kontinuität des Gremiums als solche eine Erstreckung auf die in dem Gremium behandelten sachlichen Vorgänge. Im Übrigen ist es nicht damit in Einklang zu bringen, dass das Bundeskanzleramt nach eigenem Vorbringen vor 1979 entstandene Vorgänge offenbar an das Bundesarchiv abgegeben hat, die Beklagte also selbst von deren Abgeschlossenheit ausgegangen ist. Die Kontinuität der Wahrnehmung sicherheits- und außenpolitischer Belange kann zwar ein Bindeglied dafür darstellen, dass Informationen auch nach längerem Zeitablauf noch geheimhaltungsbedürftig sind. Das ist aber auch unter Berücksichtigung solcher Erwägungen in Bezug auf die verbleibenden Dokumente von der Beklagte nicht nachvollziehbar dargelegt. Im Einzelnen:

a) Für die Dokumente 26 und 27, deren Urheber nicht das Bundeskanzleramt ist, hat die Beklagte nur auf fortbestehende Einstufungsentscheidungen der betreffenden Urheber der Unterlagen, des Bundesverteidigungs- und des Bundeswirtschaftsministeriums, hingewiesen, ohne deren Begründung durch nähere Darlegungen zu erläutern. Da im vorliegenden Klageverfahren keine Möglichkeit zur Beiladung einzelner anderer Stellen des Bundes außerhalb der die beklagte Körperschaft im Prozess vertretenden Behörde besteht, weil das einschlägige Berliner Ausführungsgesetz zur Verwaltungsgerichtsordnung eine Beteiligungsfähigkeit von Behörden nicht vorsieht, hätte es dem Bundeskanzleramt oblegen, in Abstimmung mit den Urheberbehörden die weitere Geheimhaltungsbedürftigkeit darzulegen. Nur der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass die Aufrechterhaltung der Einstufung als Verschlusssache nach der Verschlusssachenanweisung einer Begründung bedarf, die – so sie gefertigt wurde – in ihrem mitteilungsfähigen Gehalt die Grundlage für eine Erläuterung der (weiteren) Geheimhaltungsbedürftigkeit hätte sein müssen. An danach gebotenen inhaltlich hinreichenden Ausführungen fehlt es.

b) Das Dokument 2 - Vorlage an den Bundeskanzler für die 9. Sitzung des Bundessicherheitsrats vom 14. Dezember 1981 - enthält nach dem Vortrag der Beklagten einen Ausblick auf das kommende Kalenderjahr, Ausführungen zu Verhandlungen des START-Vertrages (Strategic Arms Reduction Treaty, der Vertrag zur Verringerung strategischer Waffen) und die INF-Verträge (Intermediate Range Nuclear Forces, über die Begrenzung nuklearer Mittelstreckenraketen) zwischen der damaligen Sowjetunion und den USA. Es behandelt Forderungen der USA an die Bündnispartner, die strategische Konzeption der USA, insbesondere zu den Auswirkungen auf die Verteidigungsfähigkeit der NATO in Europa sowie zum Einfluss des Technologietransfers, speziell seinen Auswirkungen auf das militärische Potential der damaligen Sowjetunion. Die Beklagte stützt die weitere Geheimhaltungsbedürftigkeit darauf, dass Verhandlungen zur Verringerung strategischer Waffen „heute aktueller denn je“ seien. Die Regierung der Vereinigten Staaten von Amerika habe sich kürzlich aus dem INF-Abkommen zurückgezogen, „so dass etwaige Verhandlungen dieses Vertrages einen hohen Aktualitätsbezug“ aufwiesen. Das enthält keine nachvollziehbare Begründung für die weitere Einstufung als „VS-GEHEIM“. An den Verhandlungen der Abrüstungsverträge war die Bundesrepublik Deutschland nicht unmittelbar beteiligt. Es ist schon nicht klar, welche Ziele deutscher oder amerikanischer Politik die Darstellung in dem Dokument offenlegt, denen gegenwärtig noch Bedeutung zukommt. Die Begründung, die Verringerung strategischer Waffen sei heute aktueller denn je, lässt keinen geheimhaltungsbedürftigen Gegenstand erkennen. Der Umstand, dass die Regierung der USA das Abkommen über die Begrenzung nuklearer Mittelstreckenraketen aufgekündigt hat, mag neue politische Aktivitäten auch Deutschlands auf diesem Gebiet auslösen können; damit wird aber nicht erläutert, weshalb Informationen auf dem Stand Ende des Jahres 1981 dafür noch relevant sind. Insbesondere benennt die Beklagte hier keine Einzelinformationen, die vorgelagerte militärische Geheimnisse Deutschlands, der USA oder der NATO darstellen und in die Vorlage an den Bundeskanzler eingeflossen sind. Nicht nachvollziehbar ist, weshalb die damaligen Exporte von Waffen und von eindeutig militärischen Zwecken dienendem Material noch heute erheblich die Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland „berühren“, nachdem seit 1998 regelmäßig Rüstungsexportberichte veröffentlicht werden, aus denen abzulesen ist, an welche Drittländer solche Lieferungen in welchem Gesamtumfang erfolgen und im Umkehrschluss, an welche Staaten keine Lieferungen erfolgt sind. Die Behauptung, eine Offenlegung würde Rückschlüsse auf heutige Entscheidungen zulassen, bleibt vor diesem Hintergrund inhaltsarm, gerade wenn die Beklagte für wesentlich erachtet, dass es sich bei dem Drittland um einen Staat handelt, in den auch heute noch Rüstungsexporte getätigt werden. Eine Geheimhaltungsbedürftigkeit diesbezüglicher Informationen lässt sich jedenfalls nicht damit begründen, dass Darlegungen zu möglichen Änderungen der Abwägungsgesichtspunkte und Anschauungen nicht möglich seien, weil sie im Fall einer Offenlegung der Dokumente Rückschlüsse zulasten der Sicherheit Deutschlands ermöglichten. Damit erläutert die Beklagte nur, dass zusätzliche Informationen eine Geheimhaltungsbedürftigkeit des Dokuments begründen würden, nicht aber, dass die in dem Dokument enthaltenen Informationen selbst solche Rückschlüsse ermöglichen würden. Die insoweit allein relevante Behauptung, das Bekanntwerden der Informationen aus dem Dokument würde Rückschlüsse auf heutige Entscheidungen ermöglichen, ist danach offensichtlich unsubstantiiert, wenn erst die zusätzlichen Erläuterungen sicherheitsrelevante Rückschlüsse zulassen, zumal eine tragfähige Begründung zumindest auch erläutern müsste, inwiefern die betreffende Rüstungsexportentscheidung die Sicherheit des Lieferstaates Deutschland gefährden kann. Die übrigen Ausführungen der Beklagten zur Kooperation mit anderen Staaten und zugesicherter Vertraulichkeit bleiben abstrakt und lassen einen Gegenwartsbezug der in dem Dokument enthaltenen Informationen vermissen; insbesondere ist nicht plausibel erläutert, weshalb und inwiefern die Offenlegung der in Rede stehenden Informationen in der aktuellen weltpolitischen Lage, „die zunehmend unterschiedliche Sichtweisen zwischen engen Verbündeten offenbar werden lässt“, Verstimmungen und ein „Auseinanderdriften“ der Verbündeten oder Spannungen befürchten lässt. Zu Recht vermisst das Verwaltungsgericht eine Darlegung der verfolgten politischen Ziele in Bezug auf betroffene Länder, die eine ausreichende Grundlage für eine nachvollziehbare Nachteils- oder Gefahrenprognose im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ermöglicht (vgl. Beschluss vom 7. August 2013 – 20 F 13.12 – juris Rn. 11, Urteil vom 29. Oktober 2009 – 7 C 22.08 – NVwZ 2010, 321, juris Rn. 15), wenngleich eine Offenlegung „verfolgter Strategien“ insoweit die Anforderungen an die Darlegung überziehen dürfte. Ausreichend ist, dass Ziele bezeichnet werden, die einen hinreichenden Gegenwartsbezug aufweisen.

Die Berufung auf in dem Dokument enthaltene Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse hat die Beklagte im Berufungsverfahren nicht ausdrücklich weiterverfolgt; der Senat macht sich insoweit die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zu eigen und nimmt darauf gemäß §130 b Satz2 VwGO Bezug (Rn. 48 des angefochtenen Urteils bei juris).

c) Das Dokument Nr.3 - Vorlage an den Bundeskanzler zur Vorbereitung der 10. Sitzung des Bundessicherheitsrats vom 2. März 1982 - enthält Ausführungen zur Neufassung der rüstungspolitischen Grundsätze, insbesondere grundsätzliche Erwägungen zu Details, die die Beklagte als „sicherheitsrelevant“ bezeichnet. Auch wenn die rüstungspolitischen Grundsätze zwischenzeitlich geschärft wurden, ließe der Inhalt des Dokuments doch Rückschlüsse auf ihr Zustandekommen zu. Eine Offenlegung könnte zu Auswirkungen auf Rüstungsexporte führen, denkbar wäre beispielsweise eine Beeinflussung der Medien und der Öffentlichkeit unter Ausnutzung – und gegebenenfalls Verfälschung – dieser Informationen, um dadurch mittelbar auf die Entscheidungen Einfluss zu nehmen, weniger wohlwollende Kräfte könnten Informationen nutzen, um Deutschland zu schaden. Diese Erläuterungen bleiben vor dem Hintergrund abstrakt, dass die seinerzeit (28. April 1982) verabschiedeten „Politischen Grundsätze der Bundesregierung für den Export von Kriegswaffen und sonstigen Rüstungsgütern“ bereits am 5. Mai 1982 veröffentlicht worden sind und dies auch für Nachfolgeregelungen gilt, so dass sich in Auswertung des Richtlinieninhalts bereits weitgehende Schlussfolgerungen zu maßgebenden Erwägungen, die eingeflossen sein mögen oder keinen Eingang gefunden haben, ziehen lassen und auch ohne eine Offenlegung des Dokuments öffentliche Bewertungen eröffnen, wie sie die Beklagte anführt und für nachteilig für die Willensbildung im Bundessicherheitsrat erachtet. Ihre ergänzenden Darlegungen in der mündlichen Verhandlung, solche Bewertungen blieben ohne Kenntnis des Dokuments spekulativ, sind nicht hinreichend, um eine aktuelle Gefährdung der Willensbildung des Bundessicherheitsrats darzutun. Zustimmungen zu Rüstungsexportgeschäften werden in der öffentlichen politischen Auseinandersetzung infolge der Offenlegung der dafür geltenden politischen Grundsätze ohnehin daran gemessen und müssen gegebenenfalls gerechtfertigt werden. Es leuchtet nicht ein, dass und welche konkreten Nachteile und Gefährdungen daraus erwachsen sollen, wenn Bewertungen der Hintergründe dieser Grundsätze anstelle mehr oder weniger spekulativer Folgerungen transparent auf der Grundlage nur der tatsächlich angestellten und verworfenen Erwägungen erfolgen. Die Gruppenbildung möglicher Zielländer für Rüstungsexporte ist auf der Grundlage der politischen Grundsätze und der gesetzlichen Vorschriften einerseits und den seit 1998 laufend veröffentlichten Rüstungsexportberichten andererseits jedenfalls so weitgehend auch ohne Offenlegung des Dokuments transparent, dass die Offenlegung der dafür maßgeblichen Erwägungen keine reale zusätzliche Gefahr für Verstimmungen anderer Staaten erkennen lässt. Die Erwägungen der Beklagten zur weiteren Geheimhaltungsbedürftigkeit genügen den Darlegungserfordernissen ersichtlich nicht, soweit sie auch hier darauf abstellen will, dass erst die Erläuterung im Falle der Offenlegung nachteilig wirken würde (vgl. dazu oben Ziffer 5 Buchstabe b).

Soweit das Dokument Interna und taktische Erwägungen zum INF-Abkommen offenbaren soll, ist das angesichts dessen, dass es sich um ein seinerzeit verhandeltes Abkommen zwischen den USA und der Sowjetunion handelt, keinesfalls konkret genug, um von einer aktuellen Relevanz der Informationen aus Anlass der kürzlichen Kündigung des Abkommens durch die USA ausgehen zu können (vgl. bereits oben Ziffer 5 Buchstabe b).

Die im Dokument enthaltenen detaillierten Ausführungen zu Erkenntnissen über Chemiewaffen kennzeichnet die Beklagte selbst als „damalig“ und misst ihrer Offenlegung nur „mit einer entsprechenden Fortschreibung“ Gefährdungspotential zu. Daraus wird nicht deutlich und nachvollziehbar, was zu einer solchen Fortschreibung erforderlich und wer dazu in der Lage ist; insbesondere ist nicht dargelegt, dass die „Erkenntnisse“ als solche Geheimnisse darstellen bzw. aus fremden oder eigenen nachrichtendienstlichen Quellen stammen und inwiefern diese noch heute schutzbedürftig sind. Dass eine ausreichende Kontinuität sowohl in der politisch-militärischen Lage in Deutschland als auch hinsichtlich der verfügbaren chemischen Kampfstoffe besteht, reicht als Anknüpfungspunkt für einen realen Gegenwartsbezug nicht aus.

d) Das Einzelfälle des Rüstungsexports behandelnde Dokument Nr.5 vom 14. Dezember 1982 kann nicht als „nach wie vor“ geheimhaltungsbedürftig nachvollzogen werden. Die Beklagte verweist insoweit nur allgemein auf die unbefangene Willensbildung im Bundessicherheitsrat, soweit das Dokument „Details der Erwägungen, die für oder gegen konkrete Rüstungsexporte sprechen“, enthalte. Das genügt nach Ablauf der Anbietungspflicht nicht mehr für die Annahme, dass eine Kenntnisnahme durch Unbefugte die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährden oder ihren Interessen schweren Schaden zufügen kann. Dies gilt auch, soweit sich die Beklagte auf den Schutz außenpolitischer Beziehungen wegen in dem Dokument enthaltener Bewertungen anderer, auch verbündeter Staaten beruft und diplomatische Verstimmungen befürchtet. Diese allgemein und abstrakt gehaltenen Ausführungen bieten keine hinreichende tatsächliche Grundlage für eine plausible Gefahrenprognose (s. oben zu Ziffer 5 Buchstabe b).

e) Auch eine weitere VS- Einstufung der Dokumente 8/9 - Ergebnisprotokoll der 10. Sitzung des Bundessicherheitsrats am 3. März 1982, Entwurf und 1. Ausfertigung – ist nicht hinreichend plausibel dargelegt. Was Ausführungen zur Neufassung der rüstungspolitischen Grundsätze angeht, trägt dies eine weitere Einstufung als Verschlusssache aus den oben unter Ziffer 5 Buchstabe c bereits erörterten Gründen nicht. Auch bezüglich dieser Dokumente ist angesichts der veränderten Umstände kein hinreichender Gegenwartsbezug auf der Grundlage der schriftsätzlichen und ergänzenden mündlichen Darlegungen der Beklagten erkennbar. Nichts anderes gilt, soweit sich die Beklagte auf enthaltene Informationen zum damaligen Kenntnisstand über Waffen des damaligen Ostblocks und deren Potential beruft und Rückschlüsse auf die deutschen Erkenntnismöglichkeiten insoweit befürchtet, weil „ein Abgleich damit, inwiefern damalige Erkenntnisse tatsächlich zutrafen oder nicht – was aufgrund des Zeitverlaufs womöglich heute möglich ist – eine etwaige Verletzbarkeit Deutschlands offenbar machen könnte“. Dieser Erläuterung kann schon nicht entnommen werden, ob sie sich auf Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland im Jahre 1982 oder – was erforderlich wäre – zum gegenwärtigen Zeitpunkt bezieht. Unterstellt letzteres wäre beabsichtigt, bleibt die Erläuterung zu vage, um eine Gefährdung der Sicherheitsinteressen der Bundesrepublik Deutschland annehmen zu können. Die Beklagte vermag offensichtlich selbst nicht zuverlässig einzuschätzen, inwiefern Außenstehenden eine Überprüfung damaliger Erkenntnisse möglich ist, und sie versäumt es nachvollziehbar darzustellen, dass die Quellenlage nach den von ihr selbst dargestellten Veränderungen im Laufe der Zeit aktuell so vergleichbar mit der damaligen ist, dass eine seinerzeit gegebene Verletzbarkeit Deutschlands auch heute noch bestehen würde.

f) Für die identischen Dokumente 15/16 – Genehmigungsentwurf für das Ergebnisprotokoll über die 16. Sitzung des Bundessicherheitsrats am 21. Dezember 1982, Entwurf und 1. Ausfertigung – verweist der Senat in Ansehung der Darlegungen der Beklagten zur Begründung mangelnder aktueller Geheimhaltungsbedürftigkeit auf die Ausführungen unter oben Ziffer 5 Buchstabe d.

g) Das Dokument Nr.19 - Protokoll über die 6. Sitzung des Bundessicherheitsrats am 1. Juli 1981, Entwurf – erfüllt nach den Darlegungen der Beklagten nicht mehr die Voraussetzungen für die Aufrechterhaltung der Einstufung „VS-GEHEIM“. Soweit es detaillierte Erwägungen zu Rüstungsexportentscheidungen enthält (die Exporte sollen „z.B.“ Malaysia, Thailand und Tunesien sowie ein Gemeinschaftsprogramm mit dem Vereinigten Königreich betreffen), beruft sich die Beklagte nur in allgemeiner Form auf den Beratungs- und Entscheidungsvorgang im Bundessicherheitsrat und äußert die Befürchtung, dass ein Bekanntwerden detaillierter Erwägungen in der Öffentlichkeit aufgegriffen und auch heute noch zu eingehenden und kontroversen Diskussionen führen würde. Damit ist weder nachvollziehbar erklärt, warum sich die heutigen Mitglieder des Bundessicherheitsrats durch entsprechende Diskussionen bei der Meinungsbildung zu aktuellen Rüstungsexportgeschäften mit diesen oder anderen Staaten beeindrucken lassen sollten, noch warum eine Offenlegung der Erwägungen die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährden oder ihren Interessen schweren Schaden zufügen können soll. Die Ausführungen zu nach dem Antrag der Klägerin thematisch einschlägigen Passagen geben dies auch nicht her. Allein das Vorhandensein von internen Bewertungen der Handlungen anderer Staaten, zu denen nach wie vor diplomatische Beziehungen unterhalten und in die auch „Exporte“ getätigt werden, insbesondere ein Vergleich zweier Länder in der Passage zu Chile, die schon durch den angestellten Vergleich brüskiert sein könnten, rechtfertigt die Prognose eines aktuell eintretenden schweren Schadens für außenpolitische Interessen nicht nachvollziehbar, weil nicht aufgezeigt wird, welche Parallele der Vergleich aufgreift und inwiefern sie geeignet ist, eine Brüskierung mit entsprechenden Auswirkungen auf anstehende Exportgeschäfte auszulösen. Mit ihren Verweisen auf die Dokumente 2, 3 kann die Beklagte die Aufrechterhaltung der VS-Einstufung gleichfalls nicht rechtfertigen (vgl. oben Ziffer 5 Buchstabe b, c); der Verweis auf die Dokumente 6/7 bezieht sich nicht auf die Informationen, die nach der Überzeugung des Senats die weitere Geheimhaltung dieser Dokumente plausibel machen (vgl. oben Ziffer 4 Buchstabe b).

h) Auch die weitere Einstufung des Dokuments Nr.22 - Vorlage an den Bundeskanzler vom 25. Juni 1981, Hinweise für die 5. Sitzung des Bundessicherheits- rats - ist auf der Grundlage der Darlegungen der Beklagten nicht gerechtfertigt. Was die nach dem Antrag der Klägerin thematisch einschlägige Passage angeht, die ein (seinerzeit) anhängiges Genehmigungsverfahren betraf, reicht es nicht aus, wenn sich die Beklagte darauf beruft, es werde lediglich über „positive Genehmigungsentscheidungen“ berichtet. Damit nimmt sie lediglich den Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung in Anspruch, ohne den nach Ablauf archivrechtlicher Fristen erforderlichen Gegenwartsbezug herzustellen. Konkret bedürfte es Darlegungen dazu, weshalb das damals anhängige Verfahren auch unter Berücksichtigung des Zeitablaufs und der von der Klägerin geschilderten Aufklärungsbemühungen Argentiniens über die Zeit der Militärdiktatur auch heute noch sicherheits- oder außenpolitische Interessen Deutschlands beschädigen könnte. Was die sonst in dem Dokument enthaltenen „Interna“ zur Haltung von Verbündeten zum Thema Chemiewaffen angeht, wird zur Begründung auf die Ausführungen unter Ziffer 5 Buchstaben b und c verwiesen. Deutsche Interessen sind hier durch eine Offenlegung nur mittelbar in Gestalt der diplomatischen Beziehungen betroffen; insofern versäumt es die Beklagte, neben der Herstellung aktueller Bezüge konkrete Ziele darzustellen, die beschädigt oder gefährdet würden, wenn die bisher nicht offen liegenden Einzelheiten der damaligen Haltung verbündeter Staaten zugänglich würden.

i) Was das Dokument Nr.23 - Vorlage an den Bundeskanzler vom 30. Juni 1981, Hinweise für die 6. Sitzung des Bundessicherheitsrats - angeht, kann für die Darlegungen zum Tagesordnungspunkt „Chemiewaffen“ zur Begründung der nicht mehr nachvollziehbaren Geheimhaltungsbedürftigkeit an die vorstehenden Ausführungen angeknüpft werden (zu Ziffer 5 Buchstabe h). Zwar bemüht sich die Beklagte hier um die Herstellung eines Gegenwartsbezugs. Sie räumt aber durch die Parenthese in ihren Erläuterungen, nach der es einer Fortschreibung bedarf, ein, dass die Informationen aus dem Jahre 1981 allein noch keine der befürchteten „Rückschlüsse auf Erkenntnismöglichkeiten und -quellen sowie die Abwehrfähigkeit und Strategien“ ermöglichen. Bei dem Erfordernis der Fortschreibung bleibt wiederum im Unklaren, wer dazu mit solchen Erfolgsaussichten in der Lage ist, dass die Annahme einer aktuellen Gefährdung berechtigt ist.

Der Gegenwartsbezug bleibt genauso vage, was Informationen über „strategische Überlegungen zu damaligen Rüstungsverhandlungen“ in dem Dokument betrifft. Sie „können“ lediglich aktuell sein oder sogar nur „wieder werden“. Damit konzediert die Beklagte im Kern, dass es sich nur um damals relevante Überlegungen handelt, die für eine Gegenwartsrelevanz erst wieder situationsbezogen aufgegriffen werden müssten. Dass eine Offenlegung unter diesen Vorzeichen die deutsche Verhandlungsposition von vornherein schwächen würde, ist nicht nachvollziehbar, weil etwaige Verhandlungspartner dafür erkennen können müssten, dass ein solches Aufgreifen damaliger Überlegungen beabsichtigt ist. Erkenntnisse dazu, insbesondere zu den Wirkungen einer Offenlegung, lassen sich den Erläuterungen der Beklagten nicht entnehmen. Insofern sind die Ausführungen nicht geeignet, eine Prognose zu tragen, nach der Interessen der Bundesrepublik Deutschland schwer geschädigt werden könnten oder auch nur eine Schädlichkeit zu befürchten wäre.

Die Erläuterungen der Beklagten reichen auch nicht aus, soweit dem Dokument „zu einem weiteren Aspekt sensible verteidigungspolitische Details zur Stationierung von Waffen“ im Jahre 1981 zu entnehmen sind. Die Beklagte kennzeichnet diese Informationen lediglich als „sensibel“, was die Schlussfolgerung rechtfertigt, dass es sich nicht um eine „vorgelagert“ als solche geheime Information handelt. Ein Gegenwartsbezug wird durch den Verweis auf einen „Abgleich damit, was heute diesbezüglich bekannt ist“, der dann „Rückschlüsse auf gegenwärtige Details der Stationierung von Waffen erlauben“ soll, nicht hinreichend plausibel und nachvollziehbar dargelegt. Offen bleibt wiederum, wer mit welchen Erfolgsaussichten einen solchen Abgleich vorzunehmen vermag und wie die angesprochenen „nicht wohlgesonnenen Kräfte“ diese Information ausnutzen könnten. Auch insoweit ist die tatsächliche Grundlage nicht ausreichend tragfähig, um die Gefahr eines schweren Schadens oder auch nur einer Schädigung zu rechtfertigen.

  1. Eine Schutzfrist nach §11 Abs.2 BArchG steht dem Nutzungsbegehren der Klägerin bezüglich der vorstehend unter Ziffer 5 behandelten Dokumente nicht entgegen. Sie sind nicht personen- sondern sachbezogen. Angesichts der vom Gesetz bezweckten zweifelsfreien Unterscheidung zwischen Archivgut, das der allgemeinen Schutzfrist nach §11 Abs.1 BArchG unterliegt und solchem, das der längeren Schutzfrist nach §11 Abs.2 anheimfallen soll, soll es auf die Zweckbestimmung und den Inhalt der Akte, nicht des einzelnen Schriftstücks ankommen. Angesichts dessen liegt personenbezogenes Archivgut vor, wenn die Behörde die Akte zu einer oder mehreren Personen angelegt hat; entscheidend ist ihr Wille, die Akte als Personenakte zu führen. Indiz hierfür ist die Bezeichnung der Akte (vgl. BT-Drs. 18/9633 S.68). Dem "wesentlichen Inhalt nach" personenbezogen sind Vorgänge, wenn die in der Akte enthaltenen Unterlagen aus objektiver Sicht im Wesentlichen Angaben zu einer oder mehreren Personen enthalten, also die personenbezogenen Unterlagen den Anteil der sachbezogenen Unterlagen deutlich überwiegen und hierdurch der Sachbezug der Akte in den Hintergrund tritt. Eine Akte ist daher als nach ihrem wesentlichen Inhalt personenbezogenes Archivgut anzusehen, wenn sie inhaltlich einem Vergleich mit einer zweckbestimmten personenbezogenen Akte standhält und die in ihr enthaltenen Daten natürlicher Personen daher des durch §11 Abs.2 BArchG vermittelten besonderen Schutzes bedürfen (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Januar 2019 a.a.O., juris Rn. 36). Zum gleichen Ergebnis führt die Begründung des Verwaltungsgerichts, nach der die Schutzfrist nach §11 Abs.2 BArchG gemäß §11 Abs.4 BArchG nicht auf solche Unterlagen anzuwenden ist, die sich auf Amtsträger in Ausübung ihrer Ämter und auf Personen der Zeitgeschichte beziehen, es sei denn ihr schutzwürdiger privater Lebensbereich wäre betroffen, was bei den begehrten Dokumenten nicht anzunehmen sei. Sie enthalten nach dem Vortrag der Beklagten die Namen der damals im Bundessicherheitsrat tätigen Minister/Bundeskanzler sowie der in diesem Kontext tätigen Ministerialbeamten, die jedoch jeweils ohne Bezug zu ihrem privaten Lebensbereich in Ausübung ihrer Ämter gehandelt hätten.

II. Die Berufung der Klägerin ist nur begründet, soweit sie damit die ungeschwärzte Zugänglichmachung der ihr mit den stattgebenden Teilentscheidungen bereits teilgeschwärzt überlassenen Unterlagen anstrebt.

  1. Das Urteil des Verwaltungsgerichts verhält sich zu Unrecht nicht zu den belastenden Elementen der stattgebenden Teilentscheidungen, die nicht mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen waren und mit der am 9. Oktober 2017 eingegangenen Klage rechtzeitig vor Ablauf der Jahresfrist gemäß §58 Abs.2 VwGO angefochten worden sind.

Ausgehend von seinem Rechtsstandpunkt hätte das Verwaltungsgericht die mit den Teilentscheidungen zugänglich gemachten Dokumente der Klägerin vollständig zur Nutzung eröffnen müssen. Dem stehen auch keine Geheimhaltungsinteressen der Beklagten entgegen, da nach ihrem Vorbringen die Einstufung aller dieser Dokumente als Verschlusssachen aufgehoben worden ist.

Ein Verzicht der Klägerin auf diese von ihrem Antrag auf Nutzung der Unterlagen umfasste Position lässt sich nicht feststellen und kann insbesondere nicht daraus abgeleitet werden, dass die Klägerin ihre Klage bezüglich des ihr ebenfalls nur teilweise geschwärzt überlassenen Dokuments Nr.1 zurückgenommen hat. Denn sie hat ansonsten stets bekräftigt und in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nochmals klargestellt, dass sie eine archivrechtliche Nutzung der zu ihrer Thematik vorhandenen Unterlagen – die ihr das Verwaltungsgericht im stattgebenden Teil seines Urteils in dem unter vorstehend Ziffer I 5 Buchstaben a – h ausgeführten Umfang auch zu Recht zugesprochen hat – in vollem Umfang beansprucht. Die Teilrücknahme der Klage kann deshalb nicht dahin verstanden werden, dass die Klägerin ihr Begehren insgesamt dahin eingeschränkt hätte, dass sie sich damit zufrieden geben wollte, lediglich thematisch einschlägige Passagen der Unterlagen nutzen zu können. Die Klägerin hat damit nur bezüglich eines Dokuments von ihrer Dispositionsbefugnis über den Streitgegenstand Gebrauch gemacht.

  1. Dem mit der Berufung von der Beklagten erhobenen Einwand, die Klägerin könne nach ihrem Antrag nur die Nutzung der thematisch einschlägigen Passagen der Unterlagen beanspruchen oder habe jedenfalls der Sache nach ihren Anspruch entsprechend beschränkt, weshalb das Verwaltungsgericht mit dem stattgebenden Teil seines Urteils über das Begehren (§88 VwGO) hinausgegangen sei, folgt der Senat nicht. Der archivrechtliche Nutzungsanspruch gemäß §11 Abs.6 BArchG ist seiner Natur nach nicht informations- sondern unterlagenbezogen; eine informationsbezogene Einschränkung und damit eine Teilschwärzung von Unterlagen kommt nur in Betracht, soweit eine Schutzfrist wegen personenbezogener Daten oder Versagungsgründe dem Nutzungsanspruch teilweise entgegenstehen. Eine umfassende wissenschaftliche oder publizistische Auswertung von Unterlagen setzt grundsätzlich den vollständigen Zugang zur jeweiligen Unterlage voraus, ansonsten wäre ihr Wert als authentische Erkenntnisquelle eingeschränkt. Eine Beschränkung des Klagebegehrens kann – wie ausgeführt – vorliegend nicht angenommen werden.

  2. Im Übrigen ist die Berufung der Klägerin zurückzuweisen. Die Klägerin kann eine über die vom Bundeskanzleramt angestellte hinausgehende Recherche nach etwa vorhandenen weiteren Unterlagen nicht verlangen (a). Sie hat auch keinen Anspruch auf Nutzung der Mittel der Schriftgutverwaltung des Bundeskanzleramts, mit denen Unterlagen des Bundessicherheitsrats registriert werden (b). Insoweit hat das Verwaltungsgericht die Klage zu Recht abgewiesen.

a) Der Senat legt zugrunde, dass die Klägerin das Begehren, ihr die thematisch einschlägigen Unterlagen umfassend zugänglich zu machen, sogleich mit der Verpflichtungsklage geltend machen kann, obwohl zwischen den Beteiligten streitig ist, ob weitere Unterlagen des Bundessicherheitsrats im Bundeskanzleramt vorhanden sind. Im Rahmen der Bescheidung des Antrags auf archivrechtliche Nutzung nach §11 Abs.6 BArchG stellt die Sonderung von antragsumfangenen Unterlagen von übrigen bei der Behörde vorhandenen, bislang nicht angedienten Unterlagen eine unselbständige Vorstufe der Entscheidung über den Nutzungsanspruch dar, so dass das Begehren insoweit spruchreif zu machen ist. Es gibt aber keinen Anhalt für die Vermutung der Klägerin, dass die Beklagte insoweit ihre Mitwirkungspflichten verletzt hätte.

Die Klägerin hat diese Vermutung mit ihr im politischen Archiv des Auswärtigen Amtes ermöglichten Recherchen begründet; dort hätten sich Unterlagen zu Paraguay, u.a. auch zu Waffen- und Rüstungsexporten, gefunden, die bis Anfang der fünfziger Jahre zurückreichten. Abgesehen davon, dass ihr Antragsbegehren sich nur auf Unterlagen ab dem Jahr 1972 bezieht, hat sie nicht konkret angeben können, sie habe im Auswärtigen Amt weitere Ausfertigungen von Unterlagen des Bundessicherheitsrats aus dem antragsbefangenen Zeitraum aufgefunden, deren Entsprechung ihr im Rahmen der Bescheidung ihres an das Bundeskanzleramt gerichteten Antrags vorenthalten worden wären. Die Beklagte hat unwidersprochen vorgetragen, dass sie Unterlagen aus der Zeit vor 1979 an das Bundesarchiv abgegeben habe. Der Klägerin seien im Übrigen bei den stattgebenden Teilentscheidungen Unterlagen auch aus den siebziger Jahren zugänglich gemacht worden. Außerdem seien durchaus nicht alle Rüstungsexportgeschäfte Gegenstand von Verhandlungen des Bundessicherheitsrats gewesen. Im Bundeskanzleramt sei mit den dort zur Verfügung stehenden Recherchemitteln zu den sich aus dem Antrag der Klägerin ergebenden Stichworten gesucht worden. Dies habe zur Zusammenstellung der den Verfahrensgegenstand (stattgebende Teilentscheidung, Abschlussbescheid) bildenden Unterlagen geführt. Der einzige Bereich, in dem potentiell noch weitere Unterlagen vorhanden sein könnten, werde dadurch umrissen, dass in der sog. Alt-VS-Datenbank etwa ein Drittel der Unterlagen anderer Urheber als des Bundeskanzleramts aus den Jahren von 1949 bis 2001 nicht erfasst seien, so dass die Beklagte die Unvollständigkeit des Rechercheergebnisses nicht völlig ausschließen könne.

Diese Situation ist dahin zu würdigen, dass die Beklagte ihren Mitwirkungspflichten in der Weise nachgekommen ist, wie sie auch verfahren wäre, wenn es ihr selbst darum gegangen wäre, für eigene Zwecke entsprechende thematische Unterlagen mit Hilfe ihrer Schriftgutverwaltung zu ermitteln. Dass diese Recherche aus dem vorliegenden Verwaltungsvorgang nur äußerlich nachvollzogen werden kann und wie die Klägerin rügt, weitgehend intransparent ist, findet seinen Grund darin, dass die Registraturmittel ihrerseits als Verschlusssachen eingestuft sind, und gibt keinen Anlass zur Beanstandung.

Eine Sicherheit, dass das Rechercheergebnis alle thematisch einschlägigen Unterlagen umfasst, kann nach dem – insoweit unwidersprochen gebliebenen – Vortrag der Beklagten nur gewonnen werden, wenn eine manuelle Suche im gesamten Aktenbestand der VS-Registratur aus dem in Rede stehenden Zeitraum durchgeführt würde. Dazu müssten etwa 30.000 Aktenbände mit jeweils durchschnittlich sechs Verschlusssachen ab dem Geheimhaltungsgrad VS-Vertraulich und ca. 20 offenen bzw. VS-NfD eingestuften Dokumenten durchgesehen werden, insgesamt etwa 780.000 Einzeldokumente.

Ein solcher Rechercheaufwand ist lediglich zur Klärung der Frage, ob es überhaupt noch weitere einschlägige Unterlagen gibt, nicht von dem Anspruch auf Nutzung von Behördenunterlagen gemäß §11 Abs.6 BArchG umfasst. Dem steht der entsprechend anzuwendende Versagungsgrund nach §13 Abs.2 Nr.2 BArchG entgegen, wonach die Nutzung eingeschränkt oder versagt werden kann, wenn durch die Nutzung ein unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand entstünde. Zwar hat die Beklagte den personellen Aufwand einer manuell in dem genannten Aktenbestand durchzuführenden Suche nicht genauer umrissen. Es ist für den Senat aber nachvollziehbar und liegt auf der Hand, dass ein zeitnahes Ergebnis nur mit einem enormen Personalaufwand erzielbar wäre, schon weil die Einsichtnahme in Verschlusssachen ab der Einstufung „VS-VERTRAULICH“ jeweils aufwendige Aufzeichnungen über den Vorgang der Einsichtnahme erfordert, ehe dieser auf entsprechende Dokumente durchsucht werden kann. Auf der anderen Seite kann der von der Klägerin verfolgten Zielsetzung der Vollständigkeit des Rechercheergebnisses vorliegend kein besonderes Gewicht beigemessen werden, weil ihr Antrag auf Unterlagen des Bundessicherheitsrats gerichtet war, dessen Sekretariat im Bundeskanzleramt angesiedelt ist, so dass die Unterlagen des Bundessicherheitsrats als solche regelmäßig zu denjenigen gehören, deren Urheber das Bundeskanzleramt ist und die nach den Angaben der Beklagten vollständig in der Alt-VS-Datenbank erfasst sind. Letztlich können danach nur noch Unterlagen von anderen Urhebern nicht vom Rechercheergebnis umfasst sein, die in den Sitzungsunterlagen des Bundessicherheitsrats keine Erwähnung gefunden haben. Die Suche entsprechender Unterlagen von Hand hat das Verwaltungsgericht deshalb zu Recht als unverhältnismäßig beurteilt.

Den hiergegen erhobenen Einwänden der Klägerin folgt der Senat nicht. Das Bundeskanzleramt hat als Behörde vielfältige und zentrale Aufgaben bei der Wahrnehmung der Regierungsgeschäfte. Auch wenn es sich infolge der Nichtabgabe von über 30 Jahre alten Unterlagen an das Bundesarchiv auf die Wahrnehmung archivrechtlicher Aufgaben wie die Bescheidung von Nutzungsansprüchen gemäß §11 Abs.6 BArchG einstellen muss, obliegt ihm nicht wie dem Bundesarchiv als dafür speziell eingerichteter Behörde die Aufbereitung der eigenen Akten als Archivgut. Es gibt auch keine Hinweise aus der Gesetzesbegründung, dass der Nutzungsanspruch nach §11 Abs.6 BArchG als Sanktionierung für die nicht rechtzeitige Anbietung der Akten gegenüber dem Bundesarchiv aufzufassen sein könnte. Dem Gesetzgeber ging es lediglich darum, noch bei öffentlichen Stellen vorhandene Unterlagen, die noch nicht auf ihre Archivwürdigkeit geprüft werden konnten, in gleicher Weise wie Archivgut des Bundesarchivs zugänglich zu machen, um alle Unterlagen von bleibendem Wert als „Gedächtnis des Staates“ zu erfassen. Danach gibt es erst recht keine Anzeichen dafür, dass mit der Nichtanbietung nach §5 Abs.1 BArchG anbietungspflichtiger Aktenbestände eine gesteigerte Verpflichtung öffentlicher Stellen des Bundes einherginge, um die fehlende archivrechtliche Aufbereitung gleichsam zu kompensieren. Vielmehr hat der Gesetzgeber nur eine entsprechende Anwendung des allgemeinen archivrechtlichen Nutzungsanspruchs eröffnet, was im Kern bedeutet, dass anbietungspflichtige Unterlagen wie Archivgut des Bundesarchivs behandelt werden, die Behörde als Anspruchsverpflichteter sich auf Schutzfristen und Versagungsgründe in gleicher Weise wie das Bundesarchiv berufen darf und gegebenenfalls auch muss. Das schließt den hier einschlägigen Versagungsgrund des unverhältnismäßigen Aufwands ohne jegliche Einschränkungen ein. Für eine Einschränkung des durch die Vorschrift des §13 Abs.2 Nr.2 BArchG eröffneten Ermessens zugunsten der Klägerin gibt es nach alledem keine Grundlage. Ermessenfehler haften der Entscheidung des Bundeskanzleramts nicht an.

b) Eigenen Zugang zu den Find- und Recherchemitteln des Bundeskanzleramts kann die Klägerin nicht verlangen. Es handelt sich bei der Schriftgutverwaltung nicht um Unterlagen im Sinne des §1 Nr.9 BArchG, die dem archivrechtlichen Nutzungsanspruch unterliegen (aa). Es besteht auch kein Anspruch auf Zugang nach §1 Abs.1 Satz1 IFG (bb).

aa) Die Mittel der Schriftgutverwaltung des Bundeskanzleramts sind behördliche Arbeitsmittel. Wie ausgeführt ist das Bundeskanzleramt keine Archivbehörde, zu deren Arbeitsmitteln eine Archivregistratur gehört, die für die Aufbewahrung und zum Auffinden einschlägiger Unterlagen nicht nur für die Archivbehörde, sondern auch für die Eigenrecherche im Rahmen des archivrechtlichen Nutzungsanspruchs zur Verfügung steht. Innerhalb der öffentlichen Stellen des Bundes dienen die Mittel zur Schriftgutverwaltung nur der Ablage und der Zugänglichmachung für die Wahrnehmung der Verwaltungsaufgaben. Dazu gehört zwar auch die Bescheidung von Anträgen nach §11 Abs.6 BArchG; dieser Nutzungsanspruch eröffnet aber grundsätzlich nicht die Möglichkeit der eigenen Recherche in den behördlichen Registraturmitteln, weil dies von deren Widmungszweck nicht umfasst ist.

Es handelt sich bei den Mitteln der Schriftgutverwaltung auch (noch) nicht um Unterlagen im Sinne des Archivrechts. Zwar umfasst der Begriff nach der Legaldefinition in §1 Nr.9 BArchG Aufzeichnungen jeder Art, unabhängig von der Art ihrer Speicherung. Das könnte auch Mittel zur Schriftgutverwaltung umfassen, etwa wenn sie über reine Registraturangaben wie Aktenzeichen hinaus auch weitere Informationen zum Inhalt verwalteter Vorgänge und deren Struktur umfassen, die ihrerseits von bleibendem Wert im Sinne des §1 Nr.2 BArchG sein können, was nach Abschluss des Vorgangs (§1 Nr.5 BArchG) zu prüfen wäre.

Die Beklagte nimmt aber zu Recht an, dass die einzelnen Registraturmittel keine abgeschlossenen Einzeldokumente darstellen, sondern in ihrer Gesamtheit Vorgänge (Verzeichnisse und Sammlungen) sind, die erst dann archivrechtlich „entstehen“, wenn eine Registratur abgeschlossen wird und ihre Mittel keine Verwendung mehr finden, wie das etwa bei Umstellung händisch geführter Karteimittel in elektronische Datenbanken nach vollständiger Erfassung der Fall sein mag. Nach den Angaben der Beklagten steht zur Überzeugung des Senats fest, dass dies bei allen in Rede stehenden Mitteln der Schriftgutverwaltung (Aktennummernverzeichnis, Aktenbestandsverzeichnis, offene Einsenderkartei, Vorgangskartei, Hinweiskarten sowie der elektronischen Alt-VS-Datenbank) bislang nicht der Fall ist, sondern diese Mittel ungeachtet eingeleiteter Umstellung auf elektronische Aktenführung bislang weiterhin zur Verwaltung des Aktenbestandes verwendet werden.

bb) Greifen mithin die vorrangigen archivrechtlichen Bestimmungen nicht zugunsten der Klägerin ein, bleibt ein Zugangsanspruch nach §1 Abs.1 Satz1 IFG zu prüfen. Ein solcher Anspruch der Klägerin besteht im Ergebnis nicht.

Allerdings steht nicht schon entgegen, dass Mittel zur Schriftgutverwaltung als solche keine amtlichen Informationen enthielten. Wie die Akten einer Behörde verwaltet werden und wo sich einzelne Vorgänge und Dokumente mit amtlichen Informationen befinden, stellen amtlichen Zwecken dienende Informationen dar, nicht anders als etwa Geschäftsverteilungspläne (vgl. BT-Drs. 15/4493 S.16) oder Telefonverzeichnisse (BVerwG, Urteil vom 20. Oktober 2016 – 7 C 20.15 – NJW 2017, 1258, juris Rn. 9; Senatsurteil vom 20. August 2015 – OVG 12 B 21.14 –, juris Rn. 16). Informationen darüber, wie das Schriftgut einer Behörde verwaltet wird, können danach durchaus weiteren Aufschluss über die Wahrnehmung ihr obliegender Verwaltungsaufgaben beisteuern und einen Informationsanspruch nach §1 Abs.1 Satz1 IFG begründen.

Der Klägerin geht es aber erkennbar nicht um einen Zugang zu Informationen in diesem Sinn, sondern sie möchte die behördlichen Mittel der Schriftgutverwaltung nutzen, um damit selbst eine Recherche in dem vorhandenen Schriftgut anstellen zu können. Ein solcher Nutzungsanspruch, der von einer Aus- oder Verwertung zugänglich gemachter Informationen außerhalb der Behörde unterschieden werden muss, ergibt sich aus dem Informationsfreiheitsgesetz nicht.

Davon unabhängig steht einer Informationsgewährung hinsichtlich der in Rede stehenden Registraturmittel des Bundeskanzleramts entgegen, dass es sich insoweit um die Verschlusssachen-Registratur handelt, die mit ihren Bestandteilen – bis auf die sog. offene Einsenderkartei – selbst als „VS-GEHEIM“ eingestuft ist. Das schließt eine Informationsgewährung nach §3 Nr.4 IFG aus. An der Berechtigung dieser Einstufung hat der Senat mit dem Verwaltungsgericht keine Zweifel, weil die VS-Registratur bestimmte Hintergrundinformationen zu den Verschlusssachen enthält und letztlich einen Überblick über das gesamte Verschlusssachen-Schriftgut und darin getätigte Einsichtnahmen ermöglicht und damit Rückschlüsse auf Geheimnisträger zulässt. Im Übrigen umfasst die VS-Registratur auch das Schriftgut, das im Bundeskanzleramt als Fachaufsichtsbehörde über die Nachrichtendienste des Bundes und zur Ausübung der Koordinierungstätigkeit des Beauftragten für die Nachrichtendienste geführt wird. Diesbezügliche Informationen unterfallen der Bereichsausnahme des Informationsfreiheitsgesetzes nach §3 Nr.8 IFG (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Februar 2016 – 7 C 14.18 – NVwZ 2016, 940, juris Rn. 10). Ob und inwieweit auch §5 IFG etwa einer Informationsgewährung in die sog. offene – nicht VS-eingestufte – Einsenderkartei entgegensteht, bedarf keiner Entscheidung.

Die Kostenentscheidung folgt aus §155 Abs.1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §167 VwGO in Verbindung mit §708 Nr.10, §711 der Zivilprozessordnung.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in §132 Abs.2 VwGO genannten Gründe vorliegt.