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Aktenzeichen
OVG 12 B 50.09
ECLI
ECLI:DE:OVGBEBB:2014:0116.OVG12B50.09.0A
Datum
16. Januar 2014
Gericht
Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
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Tenor

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 12. Oktober 2009 geändert.

Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides vom 15. Oktober 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Dezember 2007 verpflichtet, dem Kläger entsprechend seinen Anträgen vom 9. Mai 2006, 3. Juli 2006 und 16. Februar 2007 Informationszugang in Form von Akteneinsicht in den Vorgang „Privatisierung Leuna/Minol“ zu gewähren.

Im Übrigen wird die Berufung des Klägers zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge tragen der Kläger zu 1/25 und die Beklagte zu 24/25.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des Vollstreckungsbetrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Kläger begehrt von der beklagten Bundesanstalt Zugang zu den Akten „Privatisierung Leuna/Minol“ und „Sonder-Task-Force Leuna/Minol“.

Die durch Gesetz umbenannte Beklagte ist rechtlich identisch mit der Treuhandanstalt, die nach 1989 die Staatsunternehmen der DDR zu privatisieren hatte. Zu Beginn der 1990er Jahre führte die Treuhandanstalt die Privatisierung der Leunawerke AG, ein Chemieunternehmen mit Erdölraffinerie in Leuna, sowie der Minol-Mineralölhandel AG, Eigentümerin des Tankstellennetzes der DDR, durch. Den Zuschlag erhielt ein Bieter-Konsortium (TED-Konsortium), dem das französische Unternehmen Elf Aquitaine angehörte. Im Zusammenhang mit der Privatisierung legte die Treuhandanstalt 4255 Ordner mit jeweils ca. 300 Blatt an, die derzeit von einem externen Dienstleistungsunternehmen verwaltet werden.

Der Privatisierungsvorgang war u.a. Gegenstand des 1. Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestages in der 14. Wahlperiode (Bundestagsuntersuchungsausschuss 1/14). Auf Aufforderung des Ausschusses erstellte die Beklagte im Mai 2001 einen Bericht und übersandte ihre die Privatisierung betreffenden Ordner. Zuvor prüften die Mitarbeiter der Beklagten den Akteninhalt und fertigten Auszüge, insgesamt 295 Ordner, um einen schnellen und einfachen Zugriff des Ausschusses auf den Aktenbestand zu gewährleisten.

Zeitgleich setzte das Bundesministerium für Finanzen im September 2000 eine „Sonder-Task-Force Leuna/Minol“ ein, die mögliche Vermögensschäden zu Lasten der Bundesrepublik durch den Privatisierungsvorgang aufklären sollte. Die Sonder-Task-Force gehörte zur Arbeitsgruppe Koordinierte Ermittlungen (AKE) und konnte Einsicht in die Akten der Beklagten nehmen. Der Aktenbestand der Sonder-Task-Force Leuna/Minol umfasst 169 Ordner und wurde nach Abschluss der Ermittlungen an die Beklagte übergeben.

Der Kläger, der nach eigenen Angaben bei der Privatisierung der Leuna/Minol im Auftrag von Elf Aquitaine als Lobbyist tätig war, wurde in Frankreich wegen Beihilfe zur Untreue und Hehlerei strafrechtlich verurteilt. Er soll an der Veruntreuung von Gesellschaftsvermögen der Elf Aquitaine beteiligt gewesen sein; den von dem Unternehmen an ihn und seinen Geschäftspartner anlässlich der Leuna/Minol-Privatisierung geleisteten Zahlungen soll keine Gegenleistung gegenüber gestanden haben. Wegen dieser Verurteilung wandte sich der Kläger an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Das Verfahren ist nach seinen Angaben noch anhängig.

Mit Schreiben vom 9. Mai 2006 beantragte der Kläger bei der Beklagten Einsicht in die Akten zur Privatisierung von Leuna/Minol mit der Begründung, er erhoffe sich sachdienliche Hinweise zu seiner Rolle bei der Privatisierung. Der Hauptvorwurf der französischen Gerichte laute, dass er in dem Privatisierungsverfahren überhaupt nicht tätig geworden sei; in Deutschland hingegen werde er als „Schlüsselfigur“ des Verfahrens gehandelt. Mit Schreiben vom 3. Juli 2006 präzisierte er seinen Antrag dahin, dass ihn der Vorgang Leuna/Minol nur insoweit interessiere, wie dort auf ihn direkt oder indirekt namentlich oder sinngemäß Bezug genommen werde; hilfsweise begehre er Auskunft zu im Einzelnen aufgeführten Fragen. Im Februar 2007 beantragte der Kläger zudem Einsicht in die von der Sonder-Task-Force erstellten Unterlagen.

In der Folgezeit beantwortete die Beklagte die Fragen des Klägers, überließ ihm verschiedene zum Teil geschwärzte Kopien und wies darauf hin, dass eine genaue Durchsicht der zum Privatisierungsvorhaben vorhandenen Akten aufgrund ihres Umfangs nicht möglich und nach den Maßstäben des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) von ihr auch nicht geschuldet sei; die Akten der Sonder-Task-Force Leuna/Minol würden noch geprüft.

Im Juni 2007 übergab die Beklagte 167 der von der Sonder-Task-Force Leuna/Minol erstellten Ordner an das Bundesarchiv in Koblenz. Zwei Ordner („Fallakte H.../Fallakte P...“ und „C-Kopie Leuna/Minol Sonderband Staatsanwaltschaft Magdeburg“) hielt die Beklagte im Hinblick auf das Informationsbegehren des Klägers zurück. Mit Schreiben vom 2. Oktober 2007 übersandte sie dem Kläger das Inhaltsverzeichnis der „Fallakte H...“ und Auszüge hieraus.

Mit Bescheid vom 15. Oktober 2007 lehnte die Beklagte einen weiteren Informationszugang zugunsten des Klägers ab. Zur Begründung stützte sie sich auf das Vorliegen von gesetzlichen Ausschlussgründen sowie darauf, dass es ihr auch unter Berücksichtigung des erheblichen Informationsinteresses des Klägers unzumutbar sei, vor einer Einsicht in die vorhandenen Unterlagen sämtliche schutzwürdigen Teile abzudecken oder auf andere Weise vor dem Kläger zu verbergen. Sie habe den Anspruch auf Informationszugang daher durch Auskunftserteilung erfüllen dürfen. Die geschwärzten Informationen in den bereits übersandten Unterlagen seien nach den §§5, 6 IFG schutzwürdig. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20. Dezember 2007 zurück.

Mit der gegen die vorgenannten Bescheide erhobenen Klage hat der Kläger Einsicht in die Akten der Beklagten zur Privatisierung Leuna/Minol und der Sonder-Task-Force, hilfsweise Akteneinsicht bzw. Auskunft über die sich auf ihn beziehenden Akten und höchst hilfsweise Zugang zu den für den Bundestagsuntersuchungsausschuss 1/14 angefertigten Ordnern begehrt. Im Lauf des Klageverfahrens stellte die Beklagte dem Kläger weitere Unterlagen aus den beiden bei ihr verbliebenen Ordnern der Sonder-Task-Force Leuna/Minol zur Verfügung; insoweit haben die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt.

Mit Blick auf die noch streitigen Unterlagen hat das Verwaltungsgericht die Klage mit Urteil vom 12. Oktober 2009 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

Hinsichtlich der 4255 Ordner des Vorgangs „Privatisierung Leuna/Minol“ seien die tatbestandlichen Voraussetzungen des §1 Abs.1 Satz1 IFG zwar erfüllt. Der vom Kläger begehrten Akteneinsicht stehe jedoch teilweise der Ausschlussgrund des §6 Satz2 IFG und im Übrigen die Regelung des §7 Abs.2 Satz1 IFG entgegen. Die Beklagte habe nachvollziehbar dargelegt, dass die die Privatisierung zweier großer Unternehmen betreffenden Akten eine Vielzahl von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen namentlich von Mitbewerbern enthielten. Deren Interesse an Geheimhaltung sei angesichts des enormen Geschäftsvolumens sowie möglicher Haftungsfolgen auch durch Zeitablauf nicht entfallen. Zu einer näheren Präzisierung sei die Beklagte aufgrund des erheblichen Aktenumfangs nicht verpflichtet; eine Einwilligung der Geheimnisträger liege nicht vor.

Die Beklagte sei nach §7 Abs.2 Satz1 IFG auch nicht verpflichtet, dem Kläger jedenfalls teilweise Akteneinsicht zu gewähren, da diese nur mit unverhältnismäßigem Verwaltungsaufwand möglich sei. Bei der Prüfung der Unverhältnismäßigkeit des Verwaltungsaufwands komme es auf die Umstände des Einzelfalls an, zu deren Bestimmung die Arbeitsfähigkeit der Behörde, der Umfang der begehrten Informationen, die technische Aufbereitung, die Recherchemöglichkeiten und der Personalbestand in Betracht zu ziehen seien. Zugunsten des Antragstellers seien zudem das Informationsinteresse der Allgemeinheit und des Einzelnen in die Prüfung einzustellen. Dabei obliege es dem Antragsteller, sein Begehren entsprechend zu spezifizieren und dadurch den behördlichen Aufwand zu verringern. Gemessen hieran stehe der vorliegend in Rede stehende Verwaltungsaufwand in keinem Verhältnis zu dem vom Kläger dargelegten Informationsinteresse. Da eine elektronische Recherche nach Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen angesichts des - mit Ausnahme der Vorblätter - nur in Papierform vorliegenden Aktenbestandes nicht möglich sei, müsste die in Abwicklung befindliche und personell nur noch mit 2 ½ Mitarbeitern ausgestattete Beklagte ca. 1,2 Millionen Blatt Unterlagen sichten und im Einzelnen durchsehen, um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse schwärzen zu können. Gegenüber einem solchen Aufwand, bei dem ein Mitarbeiter nach den Berechnungen der Beklagten allein für die Sichtung mehr als sieben Jahre benötigen würde, trete das Informationsinteresse des Klägers zurück. Zwar sei das Bestreben des Klägers, seine im Zusammenhang mit der Privatisierung stehende strafgerichtliche Verurteilung in Frankreich vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte überprüfen zu lassen, von hohem Gewicht, doch habe der Kläger nicht deutlich gemacht, welche Informationen er zu seiner Entlastung suche und welche Rolle diese im laufenden Verfahren vor dem Gerichtshof spielen könnten.

Zugang zu den Akten der „Sonder Task-Force Leuna/Minol“ könne der Kläger gleichfalls nicht beanspruchen. Insoweit fehle es schon an der Passivlegitimation der Beklagten. Da die Akten vor Klageerhebung dem Bundesarchiv übergeben und zu Archivgut des Bundes umgewidmet worden seien, sei die Beklagte nicht mehr zur Gewährung von Akteneinsicht befugt. Nach §1 Abs.3 IFG richte sich der Zugang zu Archivgut nach den vorrangigen Regelungen des Bundesarchivgesetzes.

Die auf Akteneinsicht bzw. Auskunft gerichteten Hilfsanträge seien teilweise bereits unzulässig, teilweise unbegründet. Die hilfsweise begehrte Einsicht in die für den Bundestagsuntersuchungsausschuss erstellten 295 Ordner würde mit gut einem halben Jahr an Arbeitsaufwand für eine volle Arbeitskraft ebenfalls eine unverhältnismäßige Belastung für die beklagte Behörde darstellen.

Gegen die vorgenannte Entscheidung richtet sich die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung des Klägers, mit der er seinen Anspruch auf Akteneinsicht, hilfsweise Auskunftserteilung weiterverfolgt.

Zur Begründung macht er im Wesentlichen geltend, dass die Beklagte den begehrten Informationszugang nicht gemäß §7 Abs.2 Satz1 IFG wegen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwands habe ablehnen dürfen. Der Anwendungsbereich der Vorschrift sei nach ihrem Wortlaut und der Systematik des Gesetzes nur dann eröffnet, wenn ein Informationsanspruch teilweise wegen tatsächlich vorliegender Ausschlussgründe nicht durchgreife. Die Darlegungslast liege insoweit bei der informationspflichtigen Behörde. Die Beklagte wäre daher verpflichtet gewesen, sich zunächst durch Einsicht in die streitgegenständlichen Akten oder zumindest einen aussagekräftigen Teil der Akten - unabhängig von dem damit einhergehenden Aufwand - Klarheit über das Vorliegen von materiellen Ausschlussgründen zu verschaffen. Mit einer bloßen ungeprüften Vermutung habe sie sich angesichts der Tatsache, dass sich die streitgegenständlichen Akten auf über zwanzig Jahre zurückliegende Vorgänge bezögen, nicht begnügen dürfen. Allein das enorme Geschäftsvolumen der damaligen Privatisierungsvorgänge rechtfertige entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht die Annahme, dass in den Akten enthaltene unternehmensbezogene Angaben auch heute noch schutzwürdige Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse im Sinne des §6 Satz2 IFG darstellten. Mit Blick auf den Zeitablauf sei vielmehr von einer fehlenden Wettbewerbsrelevanz auszugehen. Nichts anderes gelte für vertraglich vereinbarte Haftungsregelungen oder Gewährleistungsansprüche. Der Schutz personenbezogener Daten könne eine Teilablehnung des Anspruchs auf Informationszugang gleichfalls nicht tragen. In den Akten enthaltene personenbezogene Angaben beträfen nicht Privatpersonen, sondern allenfalls Personen, die in „dienstlicher“ Funktion an den damaligen Vorgängen beteiligt gewesen seien; insoweit überwiege gemäß §5 Abs.1 Satz1 IFG das Informationsinteresse ein entgegenstehendes Geheimhaltungsinteresse.

Unabhängig davon könnte sich die Beklagte selbst dann nicht auf einen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand berufen, wenn wegen des Umfangs der erforderlichen Aktendurchsicht eine Anwendung des §7 Abs.2 Satz1 IFG in einer Fallgestaltung wie vorliegend zu bejahen wäre. Eine allgemeine Verhältnismäßigkeitsprüfung unter Abwägung des Informationsinteresses des Einzelnen sehe §7 Abs.2 Satz1 IFG nicht vor und begegne bereits durchgreifenden gesetzessystematischen Bedenken. Im Übrigen läge auch dann, wenn man mit dem Verwaltungsgericht eine solche Prüfung für erforderlich halte, angesichts des hohen Gewichts des hier in Rede stehenden Informationsinteresses kein unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand vor. Der mit dem begehrten Informationszugang verbundene Aufwand könnte zum einen durch Gebühren ausgeglichen werden. Zum anderen dürfe die Organisationsstruktur der informationspflichtigen Behörde nicht einfach zu Lasten des Antragstellers gewertet werden. Im Rahmen der konkreten Abwägung sei zu berücksichtigen, dass die Beklagte nach eigenen Angaben 490 Mitarbeiter für Verwaltungsaufgaben habe und der Aufwand zur Durchsicht einer Seite deutlich geringer sei, als von der Beklagten behauptet und vom Verwaltungsgericht unterstellt. Die unangemessene Aktenführung des Vorgangs „Privatisierung Leuna/Minol“ und die fehlende Unterstützung bei einer näheren Präzisierung des Informationsbegehrens fielen zudem in den Verantwortungsbereich der Beklagten.

Das Verwaltungsgericht habe auch den Hauptantrag auf Akteneinsicht in den Vorgang „Sonder-Task-Force Leuna/Minol“ zu Unrecht abgewiesen. Der Beklagten fehle es insoweit nicht an der Passivlegitimation. Die Abgabe der Akten an das Bundesarchiv sei nach Stellung und Präzisierung des Informationsantrags geschehen. Im Falle einer solchen bewussten Vereitelung des Anspruchs sei die Beklagte verpflichtet, die Akten wiederzubeschaffen. Die Hilfsanträge seien aus den vorstehenden Gründen gleichfalls zu Unrecht abgelehnt worden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 12. Oktober 2009 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 15. Oktober 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Dezember 2007 zu verpflichten, ihm entsprechend seinen Anträgen vom 9. Mai 2006, 3. Juli 2006 und 16. Februar 2007 Informationszugang zu gewähren

  1. in Form von Akteneinsicht in

a) den Vorgang „Privatisierung Leuna/Minol“,b) den Vorgang „Sonder-Task-Force Leuna/Minol“,c) hilfsweise zu a) in die von der Beklagten zu diesem Vorgang für den Bundestagsuntersuchungsausschuss 1/14 erstellten 295 Ordner,

  1. hilfsweise in Form von Auskunftserteilung bezogen auf die vorgenannten Vorgänge,

  2. hilfsweise in Form von Akteneinsicht in die sich auf ihn beziehenden Aktenbestandteile (Dokumente, in denen der Name „H...“ steht) zu - dem Vorgang „Privatisierung Leuna/Minol“, hilfsweise zu den von der Beklagten zu diesem Vorgang für den Bundestagsuntersuchungsausschuss 1/14 erstellten 295 Ordnern und - dem Vorgang „Sonder-Task-Force Leuna/Minol“,

  3. hilfsweise in Form von Auskunftserteilung zu den unter Ziffer 3. genannten Aktenbestandteilen,

  4. hilfsweise zu 1 a) in Form von Akteneinsicht bezogen auf die Ordner zu dem Vorgang „Privatisierung Leuna/Minol“, deren Vorblätter auf das Unternehmen Société Nationale Elf Aquitaine oder das TED-Konsortium Bezug nehmen,

  5. hilfsweise in Form von Auskunftserteilung zu den unter Ziffer 5. genannten Ordnern.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt im Wesentlichen das erstinstanzliche Urteil und macht ergänzend geltend, dass sie das Begehren des Klägers bereits mit der Beantwortung der von ihm gestellten Fragen und der ihm übersandten Unterlagen erfüllt habe. Eine vermeintliche Tätigkeit des Klägers im Zusammenhang mit dem Privatisierungsvorgang Leuna/Minol sei zudem bereits Gegenstand des Untersuchungsausschusses 1/14 des Deutschen Bundestages gewesen, für den der gesamte Aktenbestand durchgesehen und aufbereitet worden sei; das Klagebegehren decke sich im Ergebnis mit dem Untersuchungsauftrag des Ausschusses. Soweit der Kläger erstmals einen uneingeschränkten Anspruch auf Akteneinsicht bzw. Auskunft geltend mache, handele es sich um eine unzulässige Klageänderung.

Unabhängig davon sei der Verwaltungsaufwand für die Bearbeitung der Anträge des Klägers selbst bei der kleinsten Teilmenge der Akten unverhältnismäßig hoch. Die Akten enthielten, wie beispielhaft anhand der dem Kläger zugänglich gemachten beiden Akten der Sonder-Task-Force verdeutlicht, eine Vielzahl schutzwürdiger Daten. Neben Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen sowie personenbezogenen Daten, die nicht durch reinen Zeitablauf bedeutungslos geworden seien, lägen auch die Ausschlussgründe des §3 Nr.1 a), Nr.6 und 7 IFG vor. Bereits die für eine Akteneinsicht erforderliche Prüfung der gesamten Ordner oder einer Teilmenge des Aktenbestandes wäre mit einem unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand im Sinne des §7 Abs.2 Satz1 IFG verbunden und stehe der Informationsgewährung entgegen. Für den hilfsweise geltend gemachten Auskunftsanspruch gelte nichts anderes. Neben dem vom Verwaltungsgericht zutreffend erkannten tatsächlichen Aufwand sei dabei sowohl der vorhandene Personalbestand als auch die fehlende Mitwirkung des Klägers an einer Konkretisierung seines Begehrens zu berücksichtigen. Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben nehme als Abwickler der ehemaligen Treuhandanstalt lediglich Vorstands- und Leitungsfunktionen wahr; auf das Personal der Bundesanstalt könne daher zur Bearbeitung des Informationsbegehrens nicht zurückgegriffen werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Streitakte und den Verwaltungsvorgang der Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Beratung und Entscheidung des Senats gewesen sind.

Die zulässige Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne (weitere) mündliche Verhandlung im schriftlichen Verfahren entscheiden konnte (§125 Abs.1 Satz1 i.V.m. §101 Abs.2 VwGO), hat überwiegend Erfolg. Soweit der Kläger Informationszugang in Form von Akteneinsicht, hilfsweise Auskunft bezüglich des Vorgangs „Sonder-Task-Force Leuna/Minol“ begehrt, hat das Verwaltungsgericht die Klage zu Recht abgewiesen (1.). Hinsichtlich der mit dem Hauptantrag begehrten Akteneinsicht in den Vorgang „Privatisierung Leuna/Minol“ ist die Berufung dagegen begründet (2.). Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind insoweit rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten; dem Kläger steht ein Anspruch auf den begehrten Informationszugang zu (§113 Abs.5 Satz1 VwGO).

  1. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht einen Anspruch des Klägers auf Zugang zu den Akten der „Sonder-Task-Force Leuna/Minol“ verneint. Der Anwendungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes ist insoweit nicht eröffnet. Die Beklagte ist für den geltend gemachten Informationsanspruch weder passivlegitimiert noch ist sie zu einer Wiederbeschaffung der bei ihr nicht mehr vorhandenen Akten verpflichtet.

a) Der Aktenbestand der „Sonder-Task-Force Leuna/Minol“ ist von der Beklagten im Jahre 2007 an das Bundesarchiv übergeben und zu Archivgut umgewidmet worden. Der Zugang zu Akten, die sich im Besitz des Bundesarchivs befinden, bestimmt sich allein nach §5 des Bundesarchivgesetzes (BArchG) und richtet sich nicht gegen die hiesige Beklagte, sondern gegen das Bundesarchiv. §5 BArchG enthält für den Zugang zu Archivgut unbestritten eine spezialgesetzliche Regelung, die nach §1 Abs.3 IFG eine Anwendung des Informationsfreiheitsgesetzes ausschließt (vgl. BT-Drs. 15/4493 S.8; Schoch, IFG, Kommentar, 2009, §1 Rn. 175).

b) Die Beklagte trifft auch keine Pflicht zur Wiederbeschaffung der von ihr an das Bundesarchiv übergebenen Akten.

Eine allgemeine Pflicht der auf Informationszugang in Anspruch genommenen Behörde, sich bei ihr nicht oder nicht mehr vorhandene amtliche Informationen zu beschaffen, sieht das Informationsfreiheitsgesetz nicht vor (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. Mai 2013 - 7 B 43.12 - juris Rn. 11; Urteil des Senats vom 20. März 2012 - OVG 12 B 27.11 - juris Rn. 40). Etwas anderes gilt vorliegend auch nicht deshalb, weil die Beklagte Akten, die vom Informationsanspruch des Klägers umfasst waren, nach Stellung des Antrags auf Akteneinsicht an eine dritte Stelle weitergegeben hat. Für eine solche Konstellation hat der Senat zwar ausnahmsweise bei einer treuwidrigen Vereitelung des Zugangsanspruchs eine Wiederbeschaffungspflicht der Behörde anerkannt, soweit ihr dies rechtlich und tatsächlich möglich ist (Urteil vom 20. März 2012, a.a.O., Rn. 42; vgl. zum IFG Bln Urteil vom 18. März 2010 - OVG 12 B 41.08 - juris Rn. 22 m.w.N.). Der hier zu beurteilende Sachverhalt vermag jedoch eine solche Wiederschaffungspflicht nicht zu begründen.

Die Beklagte hat bei der Abgabe der Unterlagen an das Bundesarchiv einer gesetzlichen Pflicht entsprochen. Soweit sie bei ihr entstandene Unterlagen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben nicht mehr benötigt, ist sie nach §2 Abs.1 BArchG verpflichtet, diese dem Bundesarchiv zur Übernahme anzubieten und - soweit den Unterlagen ein bleibender Wert im Sinne des §3 BArchG zukommt - zu übergeben. Die vorgenannten Voraussetzungen waren nach dem unwidersprochenen Vortrag der Beklagten mit Blick auf ihren gesetzlichen Auftrag als Abwickler der ehemaligen Treuhandanstalt erfüllt. Zudem hat die Beklagte in dem Verfahren, in dem sie im Jahre 2007 die Unterlagen angeboten und schließlich an das Bundesarchiv abgegeben hat, auf die Antragstellung des Klägers Rücksicht genommen und zwei Ordner, die Hinweise auf die Person des Klägers enthielten, zurückgehalten. Dass sie damit dem Antragsbegehren nach Auffassung des Klägers nicht in vollem Umfang Genüge getan hat, musste sie zu diesem Zeitpunkt nicht erkennen. Jedenfalls unterscheidet sich die konkrete Pflichtenlage der Beklagten von Fällen, in denen die Behörde, ohne dazu verpflichtet zu sein und ohne bereits anhängige Informationsbegehren zu berücksichtigen, Unterlagen an Dritte weitergibt. Tragfähige Anhaltspunkte für ein missbräuchliches Verhalten der Beklagten oder eine bewusste Vereitelung des vom Kläger geltend gemachten Zugangsanspruchs liegen nicht vor.

  1. Die Berufung hat dagegen Erfolg, soweit der Kläger Akteneinsicht in den Vorgang „Privatisierung Leuna/Minol“ begehrt. Insoweit steht ihm ein Anspruch auf Informationszugang zu; die von der Beklagten geltend gemachten Ausschlussgründe greifen nicht durch.

a) Gegen die Zulässigkeit der mit dem Hauptantrag begehrten umfassenden Akteneinsicht bestehen keine durchgreifenden Bedenken. Dabei kann dahinstehen, ob insoweit eine (sachdienliche) Klageänderung vorliegt, denn die Beklagte hat sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat rügelos inhaltlich auf den Hauptantrag eingelassen (§91 Abs.2 VwGO).

b) Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers ist §1 Abs.1 Satz1 IFG. Danach hat jeder nach Maßgabe des Gesetzes gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. Die Voraussetzungen der Vorschrift sind unstreitig erfüllt. Die Beklage gehört zu den anspruchsverpflichteten Bundesbehörden. Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch richtet sich auch auf den Zugang zu amtlichen Informationen im Sinne des §2 Nr.1 IFG. Die Tatsache, dass die streitbefangenen Aktenordner von einem externen Dienstleistungsunternehmen verwaltet werden, schließt einen Zugriff der Beklagten auf den Aktenbestand nicht aus.

c) Die von der Beklagten angeführten Ausschlussgründe stehen dem Anspruch des Klägers auf Akteneinsicht nicht entgegen.

(1) Angesichts des gesetzlichen Regel-Ausnahme-Verhältnisses zwischen freiem Informationszugang und Versagungsgründen obliegt es der Beklagten als anspruchsverpflichtete Behörde, das Vorliegen von Ausnahmen vom Informationszugang darzulegen (BT-Drs. 15/4493 S.6). Erforderlich ist eine einzelfallbezogene, hinreichend substantiierte und konkrete Darlegung, aus welchen Gründen öffentliche oder private Schutzbelange gemäß §§3 bis 6 IFG dem geltend gemachten Anspruch auf Informationsgewährung entgegenstehen (vgl. Urteil des Senats vom 5. Oktober 2010 - OVG 12 B 6.10 - juris Rn. 31). Diese Anforderungen an die Darlegung eines gesetzlichen Ausschlussgrundes gelten grundsätzlich auch dann, wenn sich das Informationsbegehren - wie hier - auf umfangreiche Aktenbestände bezieht. Auch in einem derartigen Fall genügt es nicht, wenn das Vorliegen eines Geheimhaltungsgrundes von der Behörde lediglich behauptet wird. Zwar muss die Behörde bei einem sehr umfangreichen Informationsbestand, zu dem Zugang begehrt wird, nicht jede für schutzwürdig erachtete Information im Einzelnen unter Angabe ihrer Fundstelle bezeichnen und angeben, warum sie vom Informationszugang ausgeschlossen sein soll. Jedoch bedarf es auch insoweit - unter Berücksichtigung des Inhalts des Aktenbestandes - zumindest einer nachvollziehbaren und plausiblen Darlegung von Umständen, die die Annahme eines Versagungsgrundes rechtfertigen können.

An einer den vorstehenden Anforderungen entsprechenden Darlegung fehlt es vorliegend. Nach den konkreten Umständen des Einzelfalles vermögen die von der Beklagten vorgetragenen Gründe eine Ablehnung des Informationsanspruchs des Klägers nicht zu tragen.

(2) Auf den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen nach §6 Satz2 IFG kann sich die Beklagte nicht mit Erfolg berufen.

Als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse werden alle auf ein Unternehmen bezogenen Tatsachen, Umstände und Vorgänge verstanden, die nicht offenkundig, sondern nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und an deren Nichtverbreitung der Rechtsträger ein berechtigtes Interesse hat (BVerfG, Beschluss vom 14. März 2006 - 1 BvR 2087/03 u.a. - BVerfGE 115, 205, zitiert nach juris Rn. 87; BVerwG, Beschluss vom 25. Juli 2013 - 7 B 45.12 - juris Rn. 10 zu §9 UIG). Betriebsgeheimnisse umfassen im Wesentlichen technisches Wissen; Geschäftsgeheimnisse betreffen vornehmlich kaufmännisches Wissen. Ein Interesse an der Nichtverbreitung ist dann anzuerkennen, wenn die Offenlegung der Information geeignet ist, exklusives technisches oder kaufmännisches Wissen den Konkurrenten zugänglich zu machen und so die Wettbewerbsposition des Unternehmens nachteilig zu beeinflussen (BVerwG, a.a.O., Rn. 10 m.w.N.).

Für das Vorliegen eines Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses genügt danach weder ein bloß subjektiv empfundener Nachteil noch ein irgendwie gearteter Nachteil, der keinen Bezug auf die grundrechtlich geschützte Teilnahme des Unternehmens am Wettbewerb hat. Vielmehr ist das Erfordernis einer Wettbewerbsrelevanz der betreffenden Information dem Begriff des Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses immanent.

Gemessen hieran hat die Beklagte nicht hinreichend dargetan, dass die streitbefangenen Akten Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse enthalten, die dem Schutz des §6 Satz2 IFG unterliegen. Sie hat zwar nachvollziehbar vorgetragen, dass von ihr für geheimhaltungsbedürftig gehaltene Sachverhalte über den gesamten Aktenbestand verteilt sind. Die Beklagte hat jedoch nicht plausibel gemacht, aus welchen Gründen sie in diesen Sachverhalten für die Gegenwart wettbewerblich relevante Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sieht. Vielmehr hat sie letztlich unterstellt, dass das Vorliegen von zahlreichen Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen im Rahmen eines Privatisierungsvorgangs „auf der Hand“ liege und auch durch Zeitablauf nicht entfallen sei. Dies vermag angesichts der Tatsache, dass der in Rede stehende Privatisierungsvorgang mehr als zwanzig Jahre zurückliegt, nicht zu überzeugen.

Anders als das Binnenrecht der Europäischen Union kennt das Informationsfreiheitsgesetz keine Frist für das Vorliegen von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen. Während die Europäische Kommission für die Einsicht in Kommissionsakten teilweise ausdrücklich davon ausgeht, dass Informationen über Umsatz, Absatz, Marktanteile und ähnliche unternehmensbezogene Angaben, die älter als fünf Jahre sind, veraltet sind und nicht mehr vertraulich behandelt werden müssen (vgl. Ziffer 23 der Mitteilung der Kommission über die Regeln für die Einsicht in Kommissionsakten in Fällen einer Anwendung der Artikel81 und 82 EG-Vertrag etc., Amtsblatt der EU C 325/7 vom 22. Dezember 2005), kann allein aus dem Zeitablauf eines Vorgangs nicht automatisch auf das Fehlen schutzwürdiger Interessen geschlossen werden. Allerdings ist davon auszugehen, dass Informationen, die - wie vorliegend - längst abgeschlossene Geschäftsvorgänge betreffen und weit in die Vergangenheit zurückreichen, eine spezifische Darlegungslast der informationspflichtigen Behörde begründen. Denn nach Ablauf eines Zeitraums von mehr als zwanzig Jahren kann nicht ohne weiteres angenommen werden, dass die Nennung von Unternehmen in einem Aktenvorgang Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse berühren, denen unverändert auch heute noch Wettbewerbsrelevanz zukommt (vgl. Kloepfer/Greve, Das Informationsfreiheitsgesetz und der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, NVwZ 2011, 577, 581). Dies gilt vorliegend umso mehr, als der in den streitbefangenen Akten dokumentierte Privatisierungsvorgang unter einem vollständig anderen Marktumfeld als heute erfolgte, in einer anderen Währung abgewickelt wurde und unter der Beteiligung einer Vielzahl von Unternehmen ablief, die zum jetzigen Zeitpunkt entweder überhaupt nicht mehr oder jedenfalls nicht mehr in der ursprünglichen Unternehmensform am Markt tätig sind. Sensible Daten über die wirtschaftliche Lage der damals betroffenen Unternehmen, der Höhe von Angeboten und der im Einsatz befindlichen Technologien, an deren Geheimhaltung ursprünglich ein wettbewerbliches Interesse bestand, können nach Ablauf von über zwei Jahrzehnten nur noch in besonderen Ausnahmefällen für Marktkonkurrenten verwertbar und von Bedeutung für die Wettbewerbsposition des Unternehmens sein.

Diesen Umständen trägt das Vorbringen der Beklagten nicht ausreichend Rechnung. Auf welcher Tatsachengrundlage sie in der vorliegenden Konstellation von einem solchen Ausnahmefall ausgeht, ist auch nicht ansatzweise dargetan. Der Vortrag der Beklagten lässt jeden Hinweis auf denkbare konkrete Fälle vermissen, in denen es zu einer gegenwärtig zu besorgenden Benachteiligung von Schutzrechtsträgern durch den begehrten Informationszugang kommen kann. Aus den schriftsätzlich aufgeführten Daten, die sie ohne nähere Darlegung für schutzbedürftig hält (Verträge, Vertragsentwürfe, wirtschaftliche Stellungnahmen, Preise, technische Gesichtspunkte zur Produktionsweise, Angebote von Mitbewerbern im Bieterverfahren, Unterlagen über den Neubau einer Raffinerie sowie Haftungsregelungen und Gewährleistungsansprüche), ergibt sich dies nicht. Ebenso wenig vermag die für die beiden zurückgehaltenen Akten „Fallakte H.../P...“ und „C-Kopie Leuna/Minol Sonderband Staatsanwaltschaft Magdeburg“ exemplarisch erstellte Übersicht über schutzwürdige Informationen eine aktuelle Wettbewerbsrelevanz zu belegen. Der Aufstellung lässt sich entnehmen, dass sich im Aktenbestand u.a. staatsanwaltschaftliche Ermittlungsunterlagen zu Wirtschaftsstraftaten befinden, die auch Informationen zu „Baukosten“ und „Investitionssummen“ enthalten. Dies allein gibt jedoch keinen überzeugenden Hinweis auf eine fortdauernde Schutzwürdigkeit dieser Informationen, zumal entsprechende Angaben bereits Gegenstand des Berichts sind, den die Beklagte für den Bundestagsuntersuchungsausschuss 1/14 im Mai 2001 erstellt hat (Bl. 13 ff. des Verwaltungsvorgangs der Beklagten). Anderes ergibt sich entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch nicht aus dem enormen Geschäftsvolumen der hier in Rede stehenden Transaktionen; der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen bestimmt sich nicht nach der Quantität eines Projekts. Der Hinweis der Beklagten auf längere gesetzliche Schutzfristen in anderen Gesetzen verfängt schließlich gleichfalls nicht. Dass es dem Gesetzgeber frei steht, Fristen für die Herausgabe von Informationen und Unterlagen zu bestimmen, ändert nichts an der systematischen Struktur des Ausschlussgrundes des §6 Satz2 IFG, zumal die archivrechtlichen Fristen für Informationen, zu denen nach dem Informationsfreiheitsgesetz der Zugang eröffnet war, nicht gelten (§5 Abs.4 Satz2 BArchG).

Auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat sah sich der Vertreter der Beklagten auf ausdrückliche Nachfrage außer Stande, auch nur einen einzigen hypothetischen Fall eines Wettbewerbsnachteils für den vorliegenden Sachverhalt beispielhaft zu benennen. Inwieweit trotz eines in mehr als zwei Jahrzehnten veränderten Marktumfeldes und in Ansehung veränderter technischer Anforderungen an den Anlagenbetrieb nach wie vor ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung in den Akten enthaltener kaufmännischer und technischer Daten besteht, vermochte er ebenso wenig anzugeben wie der vom Senat im Einverständnis der Beteiligten informatorisch angehörte Leiter des Büros des Abwicklers der ehemaligen Treuhandanstalt. Nach dem Eindruck in der mündlichen Verhandlung, insbesondere dem Ergebnis der informatorischen Befragung, hat es die Beklagte vielmehr offensichtlich als ausreichend angesehen, dass in der Vergangenheit bereits eine „doppelte Kontrolle“ der Privatisierungsvorgänge Leuna/Minol durch Untersuchungsausschüsse des Deutschen Bundestages stattgefunden hat und eine erneute Durchsicht des Aktenbestandes deshalb von vornherein als unverhältnismäßig angesehen. Dies vermag die gebotene - zumindest exemplarische - Darlegung nachvollziehbarer Tatsachen, die den geltend gemachten Ausschlussgrund des §6 Satz2 IFG tragen können, nicht zu ersetzen.

(3) Dem Informationsanspruch des Klägers stehen auch keine anderen gesetzlichen Ausschlussgründe entgegen.

Der Ausschlussgrund des §3 Nr.1 a) IFG liegt nicht vor. Der Vortrag der Beklagten, in den Akten befänden sich Depeschen der Deutschen Botschaft Paris, die den Privatisierungsvorgang, namentlich seine Beurteilung durch die französische Politik aus Sicht der Bundesrepublik Deutschland, beträfen, reicht zur Darlegung des Ausschlusstatbestandes nicht aus. Es ist insoweit unklar und von der Beklagten auch nicht im Ansatz dargetan, worin die vom Gesetz verlangten nachteiligen Auswirkungen für die internationalen Beziehungen der Bundesrepublik bestehen sollen, zumal der Vorgang seit dem Jahr 1998 Gegenstand eingehender Untersuchungen und auch öffentlich geführter politischer Debatten gewesen ist.

Auch das Vorliegen eines Ausschlussgrundes nach §3 Nr.6 IFG ist nicht ersichtlich. Die Klägerin hat diesen Ausschlussgrund genannt, aber keinen Sachverhalt vorgetragen, der zu einer Beeinträchtigung fiskalischer Interessen des Bundes im Wirtschaftsverkehr führen kann. Ein solcher Vortrag fehlt auch für den gesetzlichen Ausschlussgrund des §3 Nr.7 IFG.

Auf den Schutz personenbezogener Daten nach §5 Abs.1 Satz1 IFG kann sich die Beklagte gleichfalls nicht mit Erfolg berufen. Unter Berücksichtigung des Zeitablaufs und der von der Beklagten selbst betonten parlamentarischen und strafrechtlichen Aufarbeitung des Privatisierungsvorgangs sowie der öffentlichen Diskussion fehlt es auch insoweit an einer nachvollziehbaren und hinreichend plausiblen Darlegung. Der Vortrag der Beklagten erschöpft sich in dem Hinweis, dass sich in den Aktenordnern auch Angaben über Bevollmächtigte - insbesondere Rechtsanwälte - der am Bieterverfahren beteiligten Unternehmen befinden. Inwieweit diese Angaben, wie von ihr behauptet, auch gegenwärtig noch zu schützen sind, ist weder dargetan noch ersichtlich. Einen absoluten Schutz personenbezogener Daten sieht §5 Abs.1 Satz1 IFG nicht vor. Soweit es bei fehlender, hier mangels Durchführung eines Drittbeteiligungsverfahrens (§8 IFG) nicht vorliegender Einwilligung des Dritten einer Abwägung zwischen dem schutzwürdigen Geheimhaltungsinteresse und dem Interesse am Informationszugang bedarf, kommt dem Informationsinteresse des Klägers nach den konkreten Umständen des Einzelfalles ein überwiegendes Gewicht zu. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich bei den von der Beklagten angeführten Angaben nicht um Daten handelt, die der privaten Lebensgestaltung zuzuordnen sind. Vielmehr geht es um Daten, bei denen sich die Betroffenen in die Sphäre einer staatlichen Stelle - der Treuhandanstalt - begeben haben und bei denen sie nicht darauf vertrauen konnten, dass ihre Mitwirkung am Privatisierungsvorgang geheim gehalten wird (vgl. Urteil des Senats vom 20. März 2012, a.a.O., Rn. 26). Nichts anderes gilt im Ergebnis, soweit die Beklagte ohne nähere Konkretisierung auf Angaben verweist, die im Zusammenhang mit den parallel verlaufenden strafrechtlichen Ermittlungsverfahren stehen. Die Strafverfahren sind, wie von der Beklagten eingeräumt, sämtlich bereits abgeschlossen, so dass auch insoweit von einem überwiegenden Informationsinteresse des Klägers auszugehen ist.

(4) Der Anspruch des Klägers auf Akteneinsicht ist schließlich auch nicht nach §7 Abs.2 Satz1 IFG ausgeschlossen. Die Vorschrift setzt ihrem Wortlaut nach voraus, dass ein Anspruch auf Informationszugang lediglich zum Teil besteht. Diese Voraussetzung ist vorliegend nicht erfüllt; aus den vorstehend dargelegten Gründen steht dem Kläger ein uneingeschränktes Einsichtsrecht zu, dem materielle Ausschlussgründe nicht entgegengehalten werden können. Ob §7 Abs.2 Satz1 IFG über seinen Wortlaut hinaus auch auf Fälle anwendbar ist, in denen ein Anspruch auf Informationszugang nicht nur teilweise, sondern in vollem Umfang besteht, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Denn der Beklagten steht es offen, dem Kläger freien Zugang zum Aktenbestand zu gewähren, ohne sich zuvor inhaltlich mit diesem auseinandersetzen zu müssen. Ihr Verwaltungsaufwand beschränkt sich damit allenfalls darauf, während der Akteneinsicht eine Aufsicht bereitzustellen, um sicherzustellen, dass den Akten keine Unterlagen entnommen oder Aktenbestandteile beschädigt werden. Dass sie durch diesen Aufwand unverhältnismäßig belastet wird, ist weder dargetan noch ersichtlich.

  1. Einer Entscheidung über die vom Kläger gestellten Hilfsanträge bedarf es nach allem nicht.

Die Kostenentscheidung folgt aus §155 Abs.1 Satz1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §167 Satz1 in Verbindung mit §§708 Nr.10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in §132 Abs.2 VwGO genannten Gründe vorliegt.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren gemäß §52 Abs.2 GKG auf 5 000 Euro festgesetzt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§152 Abs.1 VwGO).

Tatbestand

Der Kläger begehrt von der beklagten Bundesanstalt Zugang zu den Akten „Privatisierung Leuna/Minol“ und „Sonder-Task-Force Leuna/Minol“.

Die durch Gesetz umbenannte Beklagte ist rechtlich identisch mit der Treuhandanstalt, die nach 1989 die Staatsunternehmen der DDR zu privatisieren hatte. Zu Beginn der 1990er Jahre führte die Treuhandanstalt die Privatisierung der Leunawerke AG, ein Chemieunternehmen mit Erdölraffinerie in Leuna, sowie der Minol-Mineralölhandel AG, Eigentümerin des Tankstellennetzes der DDR, durch. Den Zuschlag erhielt ein Bieter-Konsortium (TED-Konsortium), dem das französische Unternehmen Elf Aquitaine angehörte. Im Zusammenhang mit der Privatisierung legte die Treuhandanstalt 4255 Ordner mit jeweils ca. 300 Blatt an, die derzeit von einem externen Dienstleistungsunternehmen verwaltet werden.

Der Privatisierungsvorgang war u.a. Gegenstand des 1. Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestages in der 14. Wahlperiode (Bundestagsuntersuchungsausschuss 1/14). Auf Aufforderung des Ausschusses erstellte die Beklagte im Mai 2001 einen Bericht und übersandte ihre die Privatisierung betreffenden Ordner. Zuvor prüften die Mitarbeiter der Beklagten den Akteninhalt und fertigten Auszüge, insgesamt 295 Ordner, um einen schnellen und einfachen Zugriff des Ausschusses auf den Aktenbestand zu gewährleisten.

Zeitgleich setzte das Bundesministerium für Finanzen im September 2000 eine „Sonder-Task-Force Leuna/Minol“ ein, die mögliche Vermögensschäden zu Lasten der Bundesrepublik durch den Privatisierungsvorgang aufklären sollte. Die Sonder-Task-Force gehörte zur Arbeitsgruppe Koordinierte Ermittlungen (AKE) und konnte Einsicht in die Akten der Beklagten nehmen. Der Aktenbestand der Sonder-Task-Force Leuna/Minol umfasst 169 Ordner und wurde nach Abschluss der Ermittlungen an die Beklagte übergeben.

Der Kläger, der nach eigenen Angaben bei der Privatisierung der Leuna/Minol im Auftrag von Elf Aquitaine als Lobbyist tätig war, wurde in Frankreich wegen Beihilfe zur Untreue und Hehlerei strafrechtlich verurteilt. Er soll an der Veruntreuung von Gesellschaftsvermögen der Elf Aquitaine beteiligt gewesen sein; den von dem Unternehmen an ihn und seinen Geschäftspartner anlässlich der Leuna/Minol-Privatisierung geleisteten Zahlungen soll keine Gegenleistung gegenüber gestanden haben. Wegen dieser Verurteilung wandte sich der Kläger an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte. Das Verfahren ist nach seinen Angaben noch anhängig.

Mit Schreiben vom 9. Mai 2006 beantragte der Kläger bei der Beklagten Einsicht in die Akten zur Privatisierung von Leuna/Minol mit der Begründung, er erhoffe sich sachdienliche Hinweise zu seiner Rolle bei der Privatisierung. Der Hauptvorwurf der französischen Gerichte laute, dass er in dem Privatisierungsverfahren überhaupt nicht tätig geworden sei; in Deutschland hingegen werde er als „Schlüsselfigur“ des Verfahrens gehandelt. Mit Schreiben vom 3. Juli 2006 präzisierte er seinen Antrag dahin, dass ihn der Vorgang Leuna/Minol nur insoweit interessiere, wie dort auf ihn direkt oder indirekt namentlich oder sinngemäß Bezug genommen werde; hilfsweise begehre er Auskunft zu im Einzelnen aufgeführten Fragen. Im Februar 2007 beantragte der Kläger zudem Einsicht in die von der Sonder-Task-Force erstellten Unterlagen.

In der Folgezeit beantwortete die Beklagte die Fragen des Klägers, überließ ihm verschiedene zum Teil geschwärzte Kopien und wies darauf hin, dass eine genaue Durchsicht der zum Privatisierungsvorhaben vorhandenen Akten aufgrund ihres Umfangs nicht möglich und nach den Maßstäben des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) von ihr auch nicht geschuldet sei; die Akten der Sonder-Task-Force Leuna/Minol würden noch geprüft.

Im Juni 2007 übergab die Beklagte 167 der von der Sonder-Task-Force Leuna/Minol erstellten Ordner an das Bundesarchiv in Koblenz. Zwei Ordner („Fallakte H.../Fallakte P...“ und „C-Kopie Leuna/Minol Sonderband Staatsanwaltschaft Magdeburg“) hielt die Beklagte im Hinblick auf das Informationsbegehren des Klägers zurück. Mit Schreiben vom 2. Oktober 2007 übersandte sie dem Kläger das Inhaltsverzeichnis der „Fallakte H...“ und Auszüge hieraus.

Mit Bescheid vom 15. Oktober 2007 lehnte die Beklagte einen weiteren Informationszugang zugunsten des Klägers ab. Zur Begründung stützte sie sich auf das Vorliegen von gesetzlichen Ausschlussgründen sowie darauf, dass es ihr auch unter Berücksichtigung des erheblichen Informationsinteresses des Klägers unzumutbar sei, vor einer Einsicht in die vorhandenen Unterlagen sämtliche schutzwürdigen Teile abzudecken oder auf andere Weise vor dem Kläger zu verbergen. Sie habe den Anspruch auf Informationszugang daher durch Auskunftserteilung erfüllen dürfen. Die geschwärzten Informationen in den bereits übersandten Unterlagen seien nach den §§5, 6 IFG schutzwürdig. Den hiergegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20. Dezember 2007 zurück.

Mit der gegen die vorgenannten Bescheide erhobenen Klage hat der Kläger Einsicht in die Akten der Beklagten zur Privatisierung Leuna/Minol und der Sonder-Task-Force, hilfsweise Akteneinsicht bzw. Auskunft über die sich auf ihn beziehenden Akten und höchst hilfsweise Zugang zu den für den Bundestagsuntersuchungsausschuss 1/14 angefertigten Ordnern begehrt. Im Lauf des Klageverfahrens stellte die Beklagte dem Kläger weitere Unterlagen aus den beiden bei ihr verbliebenen Ordnern der Sonder-Task-Force Leuna/Minol zur Verfügung; insoweit haben die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt.

Mit Blick auf die noch streitigen Unterlagen hat das Verwaltungsgericht die Klage mit Urteil vom 12. Oktober 2009 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt:

Hinsichtlich der 4255 Ordner des Vorgangs „Privatisierung Leuna/Minol“ seien die tatbestandlichen Voraussetzungen des §1 Abs.1 Satz1 IFG zwar erfüllt. Der vom Kläger begehrten Akteneinsicht stehe jedoch teilweise der Ausschlussgrund des §6 Satz2 IFG und im Übrigen die Regelung des §7 Abs.2 Satz1 IFG entgegen. Die Beklagte habe nachvollziehbar dargelegt, dass die die Privatisierung zweier großer Unternehmen betreffenden Akten eine Vielzahl von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen namentlich von Mitbewerbern enthielten. Deren Interesse an Geheimhaltung sei angesichts des enormen Geschäftsvolumens sowie möglicher Haftungsfolgen auch durch Zeitablauf nicht entfallen. Zu einer näheren Präzisierung sei die Beklagte aufgrund des erheblichen Aktenumfangs nicht verpflichtet; eine Einwilligung der Geheimnisträger liege nicht vor.

Die Beklagte sei nach §7 Abs.2 Satz1 IFG auch nicht verpflichtet, dem Kläger jedenfalls teilweise Akteneinsicht zu gewähren, da diese nur mit unverhältnismäßigem Verwaltungsaufwand möglich sei. Bei der Prüfung der Unverhältnismäßigkeit des Verwaltungsaufwands komme es auf die Umstände des Einzelfalls an, zu deren Bestimmung die Arbeitsfähigkeit der Behörde, der Umfang der begehrten Informationen, die technische Aufbereitung, die Recherchemöglichkeiten und der Personalbestand in Betracht zu ziehen seien. Zugunsten des Antragstellers seien zudem das Informationsinteresse der Allgemeinheit und des Einzelnen in die Prüfung einzustellen. Dabei obliege es dem Antragsteller, sein Begehren entsprechend zu spezifizieren und dadurch den behördlichen Aufwand zu verringern. Gemessen hieran stehe der vorliegend in Rede stehende Verwaltungsaufwand in keinem Verhältnis zu dem vom Kläger dargelegten Informationsinteresse. Da eine elektronische Recherche nach Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen angesichts des - mit Ausnahme der Vorblätter - nur in Papierform vorliegenden Aktenbestandes nicht möglich sei, müsste die in Abwicklung befindliche und personell nur noch mit 2 ½ Mitarbeitern ausgestattete Beklagte ca. 1,2 Millionen Blatt Unterlagen sichten und im Einzelnen durchsehen, um Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse schwärzen zu können. Gegenüber einem solchen Aufwand, bei dem ein Mitarbeiter nach den Berechnungen der Beklagten allein für die Sichtung mehr als sieben Jahre benötigen würde, trete das Informationsinteresse des Klägers zurück. Zwar sei das Bestreben des Klägers, seine im Zusammenhang mit der Privatisierung stehende strafgerichtliche Verurteilung in Frankreich vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte überprüfen zu lassen, von hohem Gewicht, doch habe der Kläger nicht deutlich gemacht, welche Informationen er zu seiner Entlastung suche und welche Rolle diese im laufenden Verfahren vor dem Gerichtshof spielen könnten.

Zugang zu den Akten der „Sonder Task-Force Leuna/Minol“ könne der Kläger gleichfalls nicht beanspruchen. Insoweit fehle es schon an der Passivlegitimation der Beklagten. Da die Akten vor Klageerhebung dem Bundesarchiv übergeben und zu Archivgut des Bundes umgewidmet worden seien, sei die Beklagte nicht mehr zur Gewährung von Akteneinsicht befugt. Nach §1 Abs.3 IFG richte sich der Zugang zu Archivgut nach den vorrangigen Regelungen des Bundesarchivgesetzes.

Die auf Akteneinsicht bzw. Auskunft gerichteten Hilfsanträge seien teilweise bereits unzulässig, teilweise unbegründet. Die hilfsweise begehrte Einsicht in die für den Bundestagsuntersuchungsausschuss erstellten 295 Ordner würde mit gut einem halben Jahr an Arbeitsaufwand für eine volle Arbeitskraft ebenfalls eine unverhältnismäßige Belastung für die beklagte Behörde darstellen.

Gegen die vorgenannte Entscheidung richtet sich die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung des Klägers, mit der er seinen Anspruch auf Akteneinsicht, hilfsweise Auskunftserteilung weiterverfolgt.

Zur Begründung macht er im Wesentlichen geltend, dass die Beklagte den begehrten Informationszugang nicht gemäß §7 Abs.2 Satz1 IFG wegen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwands habe ablehnen dürfen. Der Anwendungsbereich der Vorschrift sei nach ihrem Wortlaut und der Systematik des Gesetzes nur dann eröffnet, wenn ein Informationsanspruch teilweise wegen tatsächlich vorliegender Ausschlussgründe nicht durchgreife. Die Darlegungslast liege insoweit bei der informationspflichtigen Behörde. Die Beklagte wäre daher verpflichtet gewesen, sich zunächst durch Einsicht in die streitgegenständlichen Akten oder zumindest einen aussagekräftigen Teil der Akten - unabhängig von dem damit einhergehenden Aufwand - Klarheit über das Vorliegen von materiellen Ausschlussgründen zu verschaffen. Mit einer bloßen ungeprüften Vermutung habe sie sich angesichts der Tatsache, dass sich die streitgegenständlichen Akten auf über zwanzig Jahre zurückliegende Vorgänge bezögen, nicht begnügen dürfen. Allein das enorme Geschäftsvolumen der damaligen Privatisierungsvorgänge rechtfertige entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht die Annahme, dass in den Akten enthaltene unternehmensbezogene Angaben auch heute noch schutzwürdige Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse im Sinne des §6 Satz2 IFG darstellten. Mit Blick auf den Zeitablauf sei vielmehr von einer fehlenden Wettbewerbsrelevanz auszugehen. Nichts anderes gelte für vertraglich vereinbarte Haftungsregelungen oder Gewährleistungsansprüche. Der Schutz personenbezogener Daten könne eine Teilablehnung des Anspruchs auf Informationszugang gleichfalls nicht tragen. In den Akten enthaltene personenbezogene Angaben beträfen nicht Privatpersonen, sondern allenfalls Personen, die in „dienstlicher“ Funktion an den damaligen Vorgängen beteiligt gewesen seien; insoweit überwiege gemäß §5 Abs.1 Satz1 IFG das Informationsinteresse ein entgegenstehendes Geheimhaltungsinteresse.

Unabhängig davon könnte sich die Beklagte selbst dann nicht auf einen unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand berufen, wenn wegen des Umfangs der erforderlichen Aktendurchsicht eine Anwendung des §7 Abs.2 Satz1 IFG in einer Fallgestaltung wie vorliegend zu bejahen wäre. Eine allgemeine Verhältnismäßigkeitsprüfung unter Abwägung des Informationsinteresses des Einzelnen sehe §7 Abs.2 Satz1 IFG nicht vor und begegne bereits durchgreifenden gesetzessystematischen Bedenken. Im Übrigen läge auch dann, wenn man mit dem Verwaltungsgericht eine solche Prüfung für erforderlich halte, angesichts des hohen Gewichts des hier in Rede stehenden Informationsinteresses kein unverhältnismäßiger Verwaltungsaufwand vor. Der mit dem begehrten Informationszugang verbundene Aufwand könnte zum einen durch Gebühren ausgeglichen werden. Zum anderen dürfe die Organisationsstruktur der informationspflichtigen Behörde nicht einfach zu Lasten des Antragstellers gewertet werden. Im Rahmen der konkreten Abwägung sei zu berücksichtigen, dass die Beklagte nach eigenen Angaben 490 Mitarbeiter für Verwaltungsaufgaben habe und der Aufwand zur Durchsicht einer Seite deutlich geringer sei, als von der Beklagten behauptet und vom Verwaltungsgericht unterstellt. Die unangemessene Aktenführung des Vorgangs „Privatisierung Leuna/Minol“ und die fehlende Unterstützung bei einer näheren Präzisierung des Informationsbegehrens fielen zudem in den Verantwortungsbereich der Beklagten.

Das Verwaltungsgericht habe auch den Hauptantrag auf Akteneinsicht in den Vorgang „Sonder-Task-Force Leuna/Minol“ zu Unrecht abgewiesen. Der Beklagten fehle es insoweit nicht an der Passivlegitimation. Die Abgabe der Akten an das Bundesarchiv sei nach Stellung und Präzisierung des Informationsantrags geschehen. Im Falle einer solchen bewussten Vereitelung des Anspruchs sei die Beklagte verpflichtet, die Akten wiederzubeschaffen. Die Hilfsanträge seien aus den vorstehenden Gründen gleichfalls zu Unrecht abgelehnt worden.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 12. Oktober 2009 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 15. Oktober 2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Dezember 2007 zu verpflichten, ihm entsprechend seinen Anträgen vom 9. Mai 2006, 3. Juli 2006 und 16. Februar 2007 Informationszugang zu gewähren

  1. in Form von Akteneinsicht in

a) den Vorgang „Privatisierung Leuna/Minol“,b) den Vorgang „Sonder-Task-Force Leuna/Minol“,c) hilfsweise zu a) in die von der Beklagten zu diesem Vorgang für den Bundestagsuntersuchungsausschuss 1/14 erstellten 295 Ordner,

  1. hilfsweise in Form von Auskunftserteilung bezogen auf die vorgenannten Vorgänge,

  2. hilfsweise in Form von Akteneinsicht in die sich auf ihn beziehenden Aktenbestandteile (Dokumente, in denen der Name „H...“ steht) zu - dem Vorgang „Privatisierung Leuna/Minol“, hilfsweise zu den von der Beklagten zu diesem Vorgang für den Bundestagsuntersuchungsausschuss 1/14 erstellten 295 Ordnern und - dem Vorgang „Sonder-Task-Force Leuna/Minol“,

  3. hilfsweise in Form von Auskunftserteilung zu den unter Ziffer 3. genannten Aktenbestandteilen,

  4. hilfsweise zu 1 a) in Form von Akteneinsicht bezogen auf die Ordner zu dem Vorgang „Privatisierung Leuna/Minol“, deren Vorblätter auf das Unternehmen Société Nationale Elf Aquitaine oder das TED-Konsortium Bezug nehmen,

  5. hilfsweise in Form von Auskunftserteilung zu den unter Ziffer 5. genannten Ordnern.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt im Wesentlichen das erstinstanzliche Urteil und macht ergänzend geltend, dass sie das Begehren des Klägers bereits mit der Beantwortung der von ihm gestellten Fragen und der ihm übersandten Unterlagen erfüllt habe. Eine vermeintliche Tätigkeit des Klägers im Zusammenhang mit dem Privatisierungsvorgang Leuna/Minol sei zudem bereits Gegenstand des Untersuchungsausschusses 1/14 des Deutschen Bundestages gewesen, für den der gesamte Aktenbestand durchgesehen und aufbereitet worden sei; das Klagebegehren decke sich im Ergebnis mit dem Untersuchungsauftrag des Ausschusses. Soweit der Kläger erstmals einen uneingeschränkten Anspruch auf Akteneinsicht bzw. Auskunft geltend mache, handele es sich um eine unzulässige Klageänderung.

Unabhängig davon sei der Verwaltungsaufwand für die Bearbeitung der Anträge des Klägers selbst bei der kleinsten Teilmenge der Akten unverhältnismäßig hoch. Die Akten enthielten, wie beispielhaft anhand der dem Kläger zugänglich gemachten beiden Akten der Sonder-Task-Force verdeutlicht, eine Vielzahl schutzwürdiger Daten. Neben Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen sowie personenbezogenen Daten, die nicht durch reinen Zeitablauf bedeutungslos geworden seien, lägen auch die Ausschlussgründe des §3 Nr.1 a), Nr.6 und 7 IFG vor. Bereits die für eine Akteneinsicht erforderliche Prüfung der gesamten Ordner oder einer Teilmenge des Aktenbestandes wäre mit einem unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand im Sinne des §7 Abs.2 Satz1 IFG verbunden und stehe der Informationsgewährung entgegen. Für den hilfsweise geltend gemachten Auskunftsanspruch gelte nichts anderes. Neben dem vom Verwaltungsgericht zutreffend erkannten tatsächlichen Aufwand sei dabei sowohl der vorhandene Personalbestand als auch die fehlende Mitwirkung des Klägers an einer Konkretisierung seines Begehrens zu berücksichtigen. Die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben nehme als Abwickler der ehemaligen Treuhandanstalt lediglich Vorstands- und Leitungsfunktionen wahr; auf das Personal der Bundesanstalt könne daher zur Bearbeitung des Informationsbegehrens nicht zurückgegriffen werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Streitakte und den Verwaltungsvorgang der Beklagten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Beratung und Entscheidung des Senats gewesen sind.

Die zulässige Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne (weitere) mündliche Verhandlung im schriftlichen Verfahren entscheiden konnte (§125 Abs.1 Satz1 i.V.m. §101 Abs.2 VwGO), hat überwiegend Erfolg. Soweit der Kläger Informationszugang in Form von Akteneinsicht, hilfsweise Auskunft bezüglich des Vorgangs „Sonder-Task-Force Leuna/Minol“ begehrt, hat das Verwaltungsgericht die Klage zu Recht abgewiesen (1.). Hinsichtlich der mit dem Hauptantrag begehrten Akteneinsicht in den Vorgang „Privatisierung Leuna/Minol“ ist die Berufung dagegen begründet (2.). Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind insoweit rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten; dem Kläger steht ein Anspruch auf den begehrten Informationszugang zu (§113 Abs.5 Satz1 VwGO).

  1. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht einen Anspruch des Klägers auf Zugang zu den Akten der „Sonder-Task-Force Leuna/Minol“ verneint. Der Anwendungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes ist insoweit nicht eröffnet. Die Beklagte ist für den geltend gemachten Informationsanspruch weder passivlegitimiert noch ist sie zu einer Wiederbeschaffung der bei ihr nicht mehr vorhandenen Akten verpflichtet.

a) Der Aktenbestand der „Sonder-Task-Force Leuna/Minol“ ist von der Beklagten im Jahre 2007 an das Bundesarchiv übergeben und zu Archivgut umgewidmet worden. Der Zugang zu Akten, die sich im Besitz des Bundesarchivs befinden, bestimmt sich allein nach §5 des Bundesarchivgesetzes (BArchG) und richtet sich nicht gegen die hiesige Beklagte, sondern gegen das Bundesarchiv. §5 BArchG enthält für den Zugang zu Archivgut unbestritten eine spezialgesetzliche Regelung, die nach §1 Abs.3 IFG eine Anwendung des Informationsfreiheitsgesetzes ausschließt (vgl. BT-Drs. 15/4493 S.8; Schoch, IFG, Kommentar, 2009, §1 Rn. 175).

b) Die Beklagte trifft auch keine Pflicht zur Wiederbeschaffung der von ihr an das Bundesarchiv übergebenen Akten.

Eine allgemeine Pflicht der auf Informationszugang in Anspruch genommenen Behörde, sich bei ihr nicht oder nicht mehr vorhandene amtliche Informationen zu beschaffen, sieht das Informationsfreiheitsgesetz nicht vor (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. Mai 2013 - 7 B 43.12 - juris Rn. 11; Urteil des Senats vom 20. März 2012 - OVG 12 B 27.11 - juris Rn. 40). Etwas anderes gilt vorliegend auch nicht deshalb, weil die Beklagte Akten, die vom Informationsanspruch des Klägers umfasst waren, nach Stellung des Antrags auf Akteneinsicht an eine dritte Stelle weitergegeben hat. Für eine solche Konstellation hat der Senat zwar ausnahmsweise bei einer treuwidrigen Vereitelung des Zugangsanspruchs eine Wiederbeschaffungspflicht der Behörde anerkannt, soweit ihr dies rechtlich und tatsächlich möglich ist (Urteil vom 20. März 2012, a.a.O., Rn. 42; vgl. zum IFG Bln Urteil vom 18. März 2010 - OVG 12 B 41.08 - juris Rn. 22 m.w.N.). Der hier zu beurteilende Sachverhalt vermag jedoch eine solche Wiederschaffungspflicht nicht zu begründen.

Die Beklagte hat bei der Abgabe der Unterlagen an das Bundesarchiv einer gesetzlichen Pflicht entsprochen. Soweit sie bei ihr entstandene Unterlagen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben nicht mehr benötigt, ist sie nach §2 Abs.1 BArchG verpflichtet, diese dem Bundesarchiv zur Übernahme anzubieten und - soweit den Unterlagen ein bleibender Wert im Sinne des §3 BArchG zukommt - zu übergeben. Die vorgenannten Voraussetzungen waren nach dem unwidersprochenen Vortrag der Beklagten mit Blick auf ihren gesetzlichen Auftrag als Abwickler der ehemaligen Treuhandanstalt erfüllt. Zudem hat die Beklagte in dem Verfahren, in dem sie im Jahre 2007 die Unterlagen angeboten und schließlich an das Bundesarchiv abgegeben hat, auf die Antragstellung des Klägers Rücksicht genommen und zwei Ordner, die Hinweise auf die Person des Klägers enthielten, zurückgehalten. Dass sie damit dem Antragsbegehren nach Auffassung des Klägers nicht in vollem Umfang Genüge getan hat, musste sie zu diesem Zeitpunkt nicht erkennen. Jedenfalls unterscheidet sich die konkrete Pflichtenlage der Beklagten von Fällen, in denen die Behörde, ohne dazu verpflichtet zu sein und ohne bereits anhängige Informationsbegehren zu berücksichtigen, Unterlagen an Dritte weitergibt. Tragfähige Anhaltspunkte für ein missbräuchliches Verhalten der Beklagten oder eine bewusste Vereitelung des vom Kläger geltend gemachten Zugangsanspruchs liegen nicht vor.

  1. Die Berufung hat dagegen Erfolg, soweit der Kläger Akteneinsicht in den Vorgang „Privatisierung Leuna/Minol“ begehrt. Insoweit steht ihm ein Anspruch auf Informationszugang zu; die von der Beklagten geltend gemachten Ausschlussgründe greifen nicht durch.

a) Gegen die Zulässigkeit der mit dem Hauptantrag begehrten umfassenden Akteneinsicht bestehen keine durchgreifenden Bedenken. Dabei kann dahinstehen, ob insoweit eine (sachdienliche) Klageänderung vorliegt, denn die Beklagte hat sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat rügelos inhaltlich auf den Hauptantrag eingelassen (§91 Abs.2 VwGO).

b) Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers ist §1 Abs.1 Satz1 IFG. Danach hat jeder nach Maßgabe des Gesetzes gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. Die Voraussetzungen der Vorschrift sind unstreitig erfüllt. Die Beklage gehört zu den anspruchsverpflichteten Bundesbehörden. Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch richtet sich auch auf den Zugang zu amtlichen Informationen im Sinne des §2 Nr.1 IFG. Die Tatsache, dass die streitbefangenen Aktenordner von einem externen Dienstleistungsunternehmen verwaltet werden, schließt einen Zugriff der Beklagten auf den Aktenbestand nicht aus.

c) Die von der Beklagten angeführten Ausschlussgründe stehen dem Anspruch des Klägers auf Akteneinsicht nicht entgegen.

(1) Angesichts des gesetzlichen Regel-Ausnahme-Verhältnisses zwischen freiem Informationszugang und Versagungsgründen obliegt es der Beklagten als anspruchsverpflichtete Behörde, das Vorliegen von Ausnahmen vom Informationszugang darzulegen (BT-Drs. 15/4493 S.6). Erforderlich ist eine einzelfallbezogene, hinreichend substantiierte und konkrete Darlegung, aus welchen Gründen öffentliche oder private Schutzbelange gemäß §§3 bis 6 IFG dem geltend gemachten Anspruch auf Informationsgewährung entgegenstehen (vgl. Urteil des Senats vom 5. Oktober 2010 - OVG 12 B 6.10 - juris Rn. 31). Diese Anforderungen an die Darlegung eines gesetzlichen Ausschlussgrundes gelten grundsätzlich auch dann, wenn sich das Informationsbegehren - wie hier - auf umfangreiche Aktenbestände bezieht. Auch in einem derartigen Fall genügt es nicht, wenn das Vorliegen eines Geheimhaltungsgrundes von der Behörde lediglich behauptet wird. Zwar muss die Behörde bei einem sehr umfangreichen Informationsbestand, zu dem Zugang begehrt wird, nicht jede für schutzwürdig erachtete Information im Einzelnen unter Angabe ihrer Fundstelle bezeichnen und angeben, warum sie vom Informationszugang ausgeschlossen sein soll. Jedoch bedarf es auch insoweit - unter Berücksichtigung des Inhalts des Aktenbestandes - zumindest einer nachvollziehbaren und plausiblen Darlegung von Umständen, die die Annahme eines Versagungsgrundes rechtfertigen können.

An einer den vorstehenden Anforderungen entsprechenden Darlegung fehlt es vorliegend. Nach den konkreten Umständen des Einzelfalles vermögen die von der Beklagten vorgetragenen Gründe eine Ablehnung des Informationsanspruchs des Klägers nicht zu tragen.

(2) Auf den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen nach §6 Satz2 IFG kann sich die Beklagte nicht mit Erfolg berufen.

Als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse werden alle auf ein Unternehmen bezogenen Tatsachen, Umstände und Vorgänge verstanden, die nicht offenkundig, sondern nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und an deren Nichtverbreitung der Rechtsträger ein berechtigtes Interesse hat (BVerfG, Beschluss vom 14. März 2006 - 1 BvR 2087/03 u.a. - BVerfGE 115, 205, zitiert nach juris Rn. 87; BVerwG, Beschluss vom 25. Juli 2013 - 7 B 45.12 - juris Rn. 10 zu §9 UIG). Betriebsgeheimnisse umfassen im Wesentlichen technisches Wissen; Geschäftsgeheimnisse betreffen vornehmlich kaufmännisches Wissen. Ein Interesse an der Nichtverbreitung ist dann anzuerkennen, wenn die Offenlegung der Information geeignet ist, exklusives technisches oder kaufmännisches Wissen den Konkurrenten zugänglich zu machen und so die Wettbewerbsposition des Unternehmens nachteilig zu beeinflussen (BVerwG, a.a.O., Rn. 10 m.w.N.).

Für das Vorliegen eines Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses genügt danach weder ein bloß subjektiv empfundener Nachteil noch ein irgendwie gearteter Nachteil, der keinen Bezug auf die grundrechtlich geschützte Teilnahme des Unternehmens am Wettbewerb hat. Vielmehr ist das Erfordernis einer Wettbewerbsrelevanz der betreffenden Information dem Begriff des Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses immanent.

Gemessen hieran hat die Beklagte nicht hinreichend dargetan, dass die streitbefangenen Akten Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse enthalten, die dem Schutz des §6 Satz2 IFG unterliegen. Sie hat zwar nachvollziehbar vorgetragen, dass von ihr für geheimhaltungsbedürftig gehaltene Sachverhalte über den gesamten Aktenbestand verteilt sind. Die Beklagte hat jedoch nicht plausibel gemacht, aus welchen Gründen sie in diesen Sachverhalten für die Gegenwart wettbewerblich relevante Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sieht. Vielmehr hat sie letztlich unterstellt, dass das Vorliegen von zahlreichen Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen im Rahmen eines Privatisierungsvorgangs „auf der Hand“ liege und auch durch Zeitablauf nicht entfallen sei. Dies vermag angesichts der Tatsache, dass der in Rede stehende Privatisierungsvorgang mehr als zwanzig Jahre zurückliegt, nicht zu überzeugen.

Anders als das Binnenrecht der Europäischen Union kennt das Informationsfreiheitsgesetz keine Frist für das Vorliegen von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen. Während die Europäische Kommission für die Einsicht in Kommissionsakten teilweise ausdrücklich davon ausgeht, dass Informationen über Umsatz, Absatz, Marktanteile und ähnliche unternehmensbezogene Angaben, die älter als fünf Jahre sind, veraltet sind und nicht mehr vertraulich behandelt werden müssen (vgl. Ziffer 23 der Mitteilung der Kommission über die Regeln für die Einsicht in Kommissionsakten in Fällen einer Anwendung der Artikel81 und 82 EG-Vertrag etc., Amtsblatt der EU C 325/7 vom 22. Dezember 2005), kann allein aus dem Zeitablauf eines Vorgangs nicht automatisch auf das Fehlen schutzwürdiger Interessen geschlossen werden. Allerdings ist davon auszugehen, dass Informationen, die - wie vorliegend - längst abgeschlossene Geschäftsvorgänge betreffen und weit in die Vergangenheit zurückreichen, eine spezifische Darlegungslast der informationspflichtigen Behörde begründen. Denn nach Ablauf eines Zeitraums von mehr als zwanzig Jahren kann nicht ohne weiteres angenommen werden, dass die Nennung von Unternehmen in einem Aktenvorgang Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse berühren, denen unverändert auch heute noch Wettbewerbsrelevanz zukommt (vgl. Kloepfer/Greve, Das Informationsfreiheitsgesetz und der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, NVwZ 2011, 577, 581). Dies gilt vorliegend umso mehr, als der in den streitbefangenen Akten dokumentierte Privatisierungsvorgang unter einem vollständig anderen Marktumfeld als heute erfolgte, in einer anderen Währung abgewickelt wurde und unter der Beteiligung einer Vielzahl von Unternehmen ablief, die zum jetzigen Zeitpunkt entweder überhaupt nicht mehr oder jedenfalls nicht mehr in der ursprünglichen Unternehmensform am Markt tätig sind. Sensible Daten über die wirtschaftliche Lage der damals betroffenen Unternehmen, der Höhe von Angeboten und der im Einsatz befindlichen Technologien, an deren Geheimhaltung ursprünglich ein wettbewerbliches Interesse bestand, können nach Ablauf von über zwei Jahrzehnten nur noch in besonderen Ausnahmefällen für Marktkonkurrenten verwertbar und von Bedeutung für die Wettbewerbsposition des Unternehmens sein.

Diesen Umständen trägt das Vorbringen der Beklagten nicht ausreichend Rechnung. Auf welcher Tatsachengrundlage sie in der vorliegenden Konstellation von einem solchen Ausnahmefall ausgeht, ist auch nicht ansatzweise dargetan. Der Vortrag der Beklagten lässt jeden Hinweis auf denkbare konkrete Fälle vermissen, in denen es zu einer gegenwärtig zu besorgenden Benachteiligung von Schutzrechtsträgern durch den begehrten Informationszugang kommen kann. Aus den schriftsätzlich aufgeführten Daten, die sie ohne nähere Darlegung für schutzbedürftig hält (Verträge, Vertragsentwürfe, wirtschaftliche Stellungnahmen, Preise, technische Gesichtspunkte zur Produktionsweise, Angebote von Mitbewerbern im Bieterverfahren, Unterlagen über den Neubau einer Raffinerie sowie Haftungsregelungen und Gewährleistungsansprüche), ergibt sich dies nicht. Ebenso wenig vermag die für die beiden zurückgehaltenen Akten „Fallakte H.../P...“ und „C-Kopie Leuna/Minol Sonderband Staatsanwaltschaft Magdeburg“ exemplarisch erstellte Übersicht über schutzwürdige Informationen eine aktuelle Wettbewerbsrelevanz zu belegen. Der Aufstellung lässt sich entnehmen, dass sich im Aktenbestand u.a. staatsanwaltschaftliche Ermittlungsunterlagen zu Wirtschaftsstraftaten befinden, die auch Informationen zu „Baukosten“ und „Investitionssummen“ enthalten. Dies allein gibt jedoch keinen überzeugenden Hinweis auf eine fortdauernde Schutzwürdigkeit dieser Informationen, zumal entsprechende Angaben bereits Gegenstand des Berichts sind, den die Beklagte für den Bundestagsuntersuchungsausschuss 1/14 im Mai 2001 erstellt hat (Bl. 13 ff. des Verwaltungsvorgangs der Beklagten). Anderes ergibt sich entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch nicht aus dem enormen Geschäftsvolumen der hier in Rede stehenden Transaktionen; der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen bestimmt sich nicht nach der Quantität eines Projekts. Der Hinweis der Beklagten auf längere gesetzliche Schutzfristen in anderen Gesetzen verfängt schließlich gleichfalls nicht. Dass es dem Gesetzgeber frei steht, Fristen für die Herausgabe von Informationen und Unterlagen zu bestimmen, ändert nichts an der systematischen Struktur des Ausschlussgrundes des §6 Satz2 IFG, zumal die archivrechtlichen Fristen für Informationen, zu denen nach dem Informationsfreiheitsgesetz der Zugang eröffnet war, nicht gelten (§5 Abs.4 Satz2 BArchG).

Auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat sah sich der Vertreter der Beklagten auf ausdrückliche Nachfrage außer Stande, auch nur einen einzigen hypothetischen Fall eines Wettbewerbsnachteils für den vorliegenden Sachverhalt beispielhaft zu benennen. Inwieweit trotz eines in mehr als zwei Jahrzehnten veränderten Marktumfeldes und in Ansehung veränderter technischer Anforderungen an den Anlagenbetrieb nach wie vor ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung in den Akten enthaltener kaufmännischer und technischer Daten besteht, vermochte er ebenso wenig anzugeben wie der vom Senat im Einverständnis der Beteiligten informatorisch angehörte Leiter des Büros des Abwicklers der ehemaligen Treuhandanstalt. Nach dem Eindruck in der mündlichen Verhandlung, insbesondere dem Ergebnis der informatorischen Befragung, hat es die Beklagte vielmehr offensichtlich als ausreichend angesehen, dass in der Vergangenheit bereits eine „doppelte Kontrolle“ der Privatisierungsvorgänge Leuna/Minol durch Untersuchungsausschüsse des Deutschen Bundestages stattgefunden hat und eine erneute Durchsicht des Aktenbestandes deshalb von vornherein als unverhältnismäßig angesehen. Dies vermag die gebotene - zumindest exemplarische - Darlegung nachvollziehbarer Tatsachen, die den geltend gemachten Ausschlussgrund des §6 Satz2 IFG tragen können, nicht zu ersetzen.

(3) Dem Informationsanspruch des Klägers stehen auch keine anderen gesetzlichen Ausschlussgründe entgegen.

Der Ausschlussgrund des §3 Nr.1 a) IFG liegt nicht vor. Der Vortrag der Beklagten, in den Akten befänden sich Depeschen der Deutschen Botschaft Paris, die den Privatisierungsvorgang, namentlich seine Beurteilung durch die französische Politik aus Sicht der Bundesrepublik Deutschland, beträfen, reicht zur Darlegung des Ausschlusstatbestandes nicht aus. Es ist insoweit unklar und von der Beklagten auch nicht im Ansatz dargetan, worin die vom Gesetz verlangten nachteiligen Auswirkungen für die internationalen Beziehungen der Bundesrepublik bestehen sollen, zumal der Vorgang seit dem Jahr 1998 Gegenstand eingehender Untersuchungen und auch öffentlich geführter politischer Debatten gewesen ist.

Auch das Vorliegen eines Ausschlussgrundes nach §3 Nr.6 IFG ist nicht ersichtlich. Die Klägerin hat diesen Ausschlussgrund genannt, aber keinen Sachverhalt vorgetragen, der zu einer Beeinträchtigung fiskalischer Interessen des Bundes im Wirtschaftsverkehr führen kann. Ein solcher Vortrag fehlt auch für den gesetzlichen Ausschlussgrund des §3 Nr.7 IFG.

Auf den Schutz personenbezogener Daten nach §5 Abs.1 Satz1 IFG kann sich die Beklagte gleichfalls nicht mit Erfolg berufen. Unter Berücksichtigung des Zeitablaufs und der von der Beklagten selbst betonten parlamentarischen und strafrechtlichen Aufarbeitung des Privatisierungsvorgangs sowie der öffentlichen Diskussion fehlt es auch insoweit an einer nachvollziehbaren und hinreichend plausiblen Darlegung. Der Vortrag der Beklagten erschöpft sich in dem Hinweis, dass sich in den Aktenordnern auch Angaben über Bevollmächtigte - insbesondere Rechtsanwälte - der am Bieterverfahren beteiligten Unternehmen befinden. Inwieweit diese Angaben, wie von ihr behauptet, auch gegenwärtig noch zu schützen sind, ist weder dargetan noch ersichtlich. Einen absoluten Schutz personenbezogener Daten sieht §5 Abs.1 Satz1 IFG nicht vor. Soweit es bei fehlender, hier mangels Durchführung eines Drittbeteiligungsverfahrens (§8 IFG) nicht vorliegender Einwilligung des Dritten einer Abwägung zwischen dem schutzwürdigen Geheimhaltungsinteresse und dem Interesse am Informationszugang bedarf, kommt dem Informationsinteresse des Klägers nach den konkreten Umständen des Einzelfalles ein überwiegendes Gewicht zu. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich bei den von der Beklagten angeführten Angaben nicht um Daten handelt, die der privaten Lebensgestaltung zuzuordnen sind. Vielmehr geht es um Daten, bei denen sich die Betroffenen in die Sphäre einer staatlichen Stelle - der Treuhandanstalt - begeben haben und bei denen sie nicht darauf vertrauen konnten, dass ihre Mitwirkung am Privatisierungsvorgang geheim gehalten wird (vgl. Urteil des Senats vom 20. März 2012, a.a.O., Rn. 26). Nichts anderes gilt im Ergebnis, soweit die Beklagte ohne nähere Konkretisierung auf Angaben verweist, die im Zusammenhang mit den parallel verlaufenden strafrechtlichen Ermittlungsverfahren stehen. Die Strafverfahren sind, wie von der Beklagten eingeräumt, sämtlich bereits abgeschlossen, so dass auch insoweit von einem überwiegenden Informationsinteresse des Klägers auszugehen ist.

(4) Der Anspruch des Klägers auf Akteneinsicht ist schließlich auch nicht nach §7 Abs.2 Satz1 IFG ausgeschlossen. Die Vorschrift setzt ihrem Wortlaut nach voraus, dass ein Anspruch auf Informationszugang lediglich zum Teil besteht. Diese Voraussetzung ist vorliegend nicht erfüllt; aus den vorstehend dargelegten Gründen steht dem Kläger ein uneingeschränktes Einsichtsrecht zu, dem materielle Ausschlussgründe nicht entgegengehalten werden können. Ob §7 Abs.2 Satz1 IFG über seinen Wortlaut hinaus auch auf Fälle anwendbar ist, in denen ein Anspruch auf Informationszugang nicht nur teilweise, sondern in vollem Umfang besteht, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Denn der Beklagten steht es offen, dem Kläger freien Zugang zum Aktenbestand zu gewähren, ohne sich zuvor inhaltlich mit diesem auseinandersetzen zu müssen. Ihr Verwaltungsaufwand beschränkt sich damit allenfalls darauf, während der Akteneinsicht eine Aufsicht bereitzustellen, um sicherzustellen, dass den Akten keine Unterlagen entnommen oder Aktenbestandteile beschädigt werden. Dass sie durch diesen Aufwand unverhältnismäßig belastet wird, ist weder dargetan noch ersichtlich.

  1. Einer Entscheidung über die vom Kläger gestellten Hilfsanträge bedarf es nach allem nicht.

Die Kostenentscheidung folgt aus §155 Abs.1 Satz1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §167 Satz1 in Verbindung mit §§708 Nr.10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in §132 Abs.2 VwGO genannten Gründe vorliegt.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren gemäß §52 Abs.2 GKG auf 5 000 Euro festgesetzt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§152 Abs.1 VwGO).

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung des Klägers, über die der Senat im Einverständnis der Beteiligten ohne (weitere) mündliche Verhandlung im schriftlichen Verfahren entscheiden konnte (§125 Abs.1 Satz1 i.V.m. §101 Abs.2 VwGO), hat überwiegend Erfolg. Soweit der Kläger Informationszugang in Form von Akteneinsicht, hilfsweise Auskunft bezüglich des Vorgangs „Sonder-Task-Force Leuna/Minol“ begehrt, hat das Verwaltungsgericht die Klage zu Recht abgewiesen (1.). Hinsichtlich der mit dem Hauptantrag begehrten Akteneinsicht in den Vorgang „Privatisierung Leuna/Minol“ ist die Berufung dagegen begründet (2.). Die angefochtenen Bescheide der Beklagten sind insoweit rechtswidrig und verletzen den Kläger in seinen Rechten; dem Kläger steht ein Anspruch auf den begehrten Informationszugang zu (§113 Abs.5 Satz1 VwGO).

  1. Zu Recht hat das Verwaltungsgericht einen Anspruch des Klägers auf Zugang zu den Akten der „Sonder-Task-Force Leuna/Minol“ verneint. Der Anwendungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes ist insoweit nicht eröffnet. Die Beklagte ist für den geltend gemachten Informationsanspruch weder passivlegitimiert noch ist sie zu einer Wiederbeschaffung der bei ihr nicht mehr vorhandenen Akten verpflichtet.

a) Der Aktenbestand der „Sonder-Task-Force Leuna/Minol“ ist von der Beklagten im Jahre 2007 an das Bundesarchiv übergeben und zu Archivgut umgewidmet worden. Der Zugang zu Akten, die sich im Besitz des Bundesarchivs befinden, bestimmt sich allein nach §5 des Bundesarchivgesetzes (BArchG) und richtet sich nicht gegen die hiesige Beklagte, sondern gegen das Bundesarchiv. §5 BArchG enthält für den Zugang zu Archivgut unbestritten eine spezialgesetzliche Regelung, die nach §1 Abs.3 IFG eine Anwendung des Informationsfreiheitsgesetzes ausschließt (vgl. BT-Drs. 15/4493 S.8; Schoch, IFG, Kommentar, 2009, §1 Rn. 175).

b) Die Beklagte trifft auch keine Pflicht zur Wiederbeschaffung der von ihr an das Bundesarchiv übergebenen Akten.

Eine allgemeine Pflicht der auf Informationszugang in Anspruch genommenen Behörde, sich bei ihr nicht oder nicht mehr vorhandene amtliche Informationen zu beschaffen, sieht das Informationsfreiheitsgesetz nicht vor (vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. Mai 2013 - 7 B 43.12 - juris Rn. 11; Urteil des Senats vom 20. März 2012 - OVG 12 B 27.11 - juris Rn. 40). Etwas anderes gilt vorliegend auch nicht deshalb, weil die Beklagte Akten, die vom Informationsanspruch des Klägers umfasst waren, nach Stellung des Antrags auf Akteneinsicht an eine dritte Stelle weitergegeben hat. Für eine solche Konstellation hat der Senat zwar ausnahmsweise bei einer treuwidrigen Vereitelung des Zugangsanspruchs eine Wiederbeschaffungspflicht der Behörde anerkannt, soweit ihr dies rechtlich und tatsächlich möglich ist (Urteil vom 20. März 2012, a.a.O., Rn. 42; vgl. zum IFG Bln Urteil vom 18. März 2010 - OVG 12 B 41.08 - juris Rn. 22 m.w.N.). Der hier zu beurteilende Sachverhalt vermag jedoch eine solche Wiederschaffungspflicht nicht zu begründen.

Die Beklagte hat bei der Abgabe der Unterlagen an das Bundesarchiv einer gesetzlichen Pflicht entsprochen. Soweit sie bei ihr entstandene Unterlagen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben nicht mehr benötigt, ist sie nach §2 Abs.1 BArchG verpflichtet, diese dem Bundesarchiv zur Übernahme anzubieten und - soweit den Unterlagen ein bleibender Wert im Sinne des §3 BArchG zukommt - zu übergeben. Die vorgenannten Voraussetzungen waren nach dem unwidersprochenen Vortrag der Beklagten mit Blick auf ihren gesetzlichen Auftrag als Abwickler der ehemaligen Treuhandanstalt erfüllt. Zudem hat die Beklagte in dem Verfahren, in dem sie im Jahre 2007 die Unterlagen angeboten und schließlich an das Bundesarchiv abgegeben hat, auf die Antragstellung des Klägers Rücksicht genommen und zwei Ordner, die Hinweise auf die Person des Klägers enthielten, zurückgehalten. Dass sie damit dem Antragsbegehren nach Auffassung des Klägers nicht in vollem Umfang Genüge getan hat, musste sie zu diesem Zeitpunkt nicht erkennen. Jedenfalls unterscheidet sich die konkrete Pflichtenlage der Beklagten von Fällen, in denen die Behörde, ohne dazu verpflichtet zu sein und ohne bereits anhängige Informationsbegehren zu berücksichtigen, Unterlagen an Dritte weitergibt. Tragfähige Anhaltspunkte für ein missbräuchliches Verhalten der Beklagten oder eine bewusste Vereitelung des vom Kläger geltend gemachten Zugangsanspruchs liegen nicht vor.

  1. Die Berufung hat dagegen Erfolg, soweit der Kläger Akteneinsicht in den Vorgang „Privatisierung Leuna/Minol“ begehrt. Insoweit steht ihm ein Anspruch auf Informationszugang zu; die von der Beklagten geltend gemachten Ausschlussgründe greifen nicht durch.

a) Gegen die Zulässigkeit der mit dem Hauptantrag begehrten umfassenden Akteneinsicht bestehen keine durchgreifenden Bedenken. Dabei kann dahinstehen, ob insoweit eine (sachdienliche) Klageänderung vorliegt, denn die Beklagte hat sich in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat rügelos inhaltlich auf den Hauptantrag eingelassen (§91 Abs.2 VwGO).

b) Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers ist §1 Abs.1 Satz1 IFG. Danach hat jeder nach Maßgabe des Gesetzes gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. Die Voraussetzungen der Vorschrift sind unstreitig erfüllt. Die Beklage gehört zu den anspruchsverpflichteten Bundesbehörden. Der vom Kläger geltend gemachte Anspruch richtet sich auch auf den Zugang zu amtlichen Informationen im Sinne des §2 Nr.1 IFG. Die Tatsache, dass die streitbefangenen Aktenordner von einem externen Dienstleistungsunternehmen verwaltet werden, schließt einen Zugriff der Beklagten auf den Aktenbestand nicht aus.

c) Die von der Beklagten angeführten Ausschlussgründe stehen dem Anspruch des Klägers auf Akteneinsicht nicht entgegen.

(1) Angesichts des gesetzlichen Regel-Ausnahme-Verhältnisses zwischen freiem Informationszugang und Versagungsgründen obliegt es der Beklagten als anspruchsverpflichtete Behörde, das Vorliegen von Ausnahmen vom Informationszugang darzulegen (BT-Drs. 15/4493 S.6). Erforderlich ist eine einzelfallbezogene, hinreichend substantiierte und konkrete Darlegung, aus welchen Gründen öffentliche oder private Schutzbelange gemäß §§3 bis 6 IFG dem geltend gemachten Anspruch auf Informationsgewährung entgegenstehen (vgl. Urteil des Senats vom 5. Oktober 2010 - OVG 12 B 6.10 - juris Rn. 31). Diese Anforderungen an die Darlegung eines gesetzlichen Ausschlussgrundes gelten grundsätzlich auch dann, wenn sich das Informationsbegehren - wie hier - auf umfangreiche Aktenbestände bezieht. Auch in einem derartigen Fall genügt es nicht, wenn das Vorliegen eines Geheimhaltungsgrundes von der Behörde lediglich behauptet wird. Zwar muss die Behörde bei einem sehr umfangreichen Informationsbestand, zu dem Zugang begehrt wird, nicht jede für schutzwürdig erachtete Information im Einzelnen unter Angabe ihrer Fundstelle bezeichnen und angeben, warum sie vom Informationszugang ausgeschlossen sein soll. Jedoch bedarf es auch insoweit - unter Berücksichtigung des Inhalts des Aktenbestandes - zumindest einer nachvollziehbaren und plausiblen Darlegung von Umständen, die die Annahme eines Versagungsgrundes rechtfertigen können.

An einer den vorstehenden Anforderungen entsprechenden Darlegung fehlt es vorliegend. Nach den konkreten Umständen des Einzelfalles vermögen die von der Beklagten vorgetragenen Gründe eine Ablehnung des Informationsanspruchs des Klägers nicht zu tragen.

(2) Auf den Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen nach §6 Satz2 IFG kann sich die Beklagte nicht mit Erfolg berufen.

Als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse werden alle auf ein Unternehmen bezogenen Tatsachen, Umstände und Vorgänge verstanden, die nicht offenkundig, sondern nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und an deren Nichtverbreitung der Rechtsträger ein berechtigtes Interesse hat (BVerfG, Beschluss vom 14. März 2006 - 1 BvR 2087/03 u.a. - BVerfGE 115, 205, zitiert nach juris Rn. 87; BVerwG, Beschluss vom 25. Juli 2013 - 7 B 45.12 - juris Rn. 10 zu §9 UIG). Betriebsgeheimnisse umfassen im Wesentlichen technisches Wissen; Geschäftsgeheimnisse betreffen vornehmlich kaufmännisches Wissen. Ein Interesse an der Nichtverbreitung ist dann anzuerkennen, wenn die Offenlegung der Information geeignet ist, exklusives technisches oder kaufmännisches Wissen den Konkurrenten zugänglich zu machen und so die Wettbewerbsposition des Unternehmens nachteilig zu beeinflussen (BVerwG, a.a.O., Rn. 10 m.w.N.).

Für das Vorliegen eines Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses genügt danach weder ein bloß subjektiv empfundener Nachteil noch ein irgendwie gearteter Nachteil, der keinen Bezug auf die grundrechtlich geschützte Teilnahme des Unternehmens am Wettbewerb hat. Vielmehr ist das Erfordernis einer Wettbewerbsrelevanz der betreffenden Information dem Begriff des Betriebs- und Geschäftsgeheimnisses immanent.

Gemessen hieran hat die Beklagte nicht hinreichend dargetan, dass die streitbefangenen Akten Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse enthalten, die dem Schutz des §6 Satz2 IFG unterliegen. Sie hat zwar nachvollziehbar vorgetragen, dass von ihr für geheimhaltungsbedürftig gehaltene Sachverhalte über den gesamten Aktenbestand verteilt sind. Die Beklagte hat jedoch nicht plausibel gemacht, aus welchen Gründen sie in diesen Sachverhalten für die Gegenwart wettbewerblich relevante Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sieht. Vielmehr hat sie letztlich unterstellt, dass das Vorliegen von zahlreichen Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen im Rahmen eines Privatisierungsvorgangs „auf der Hand“ liege und auch durch Zeitablauf nicht entfallen sei. Dies vermag angesichts der Tatsache, dass der in Rede stehende Privatisierungsvorgang mehr als zwanzig Jahre zurückliegt, nicht zu überzeugen.

Anders als das Binnenrecht der Europäischen Union kennt das Informationsfreiheitsgesetz keine Frist für das Vorliegen von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen. Während die Europäische Kommission für die Einsicht in Kommissionsakten teilweise ausdrücklich davon ausgeht, dass Informationen über Umsatz, Absatz, Marktanteile und ähnliche unternehmensbezogene Angaben, die älter als fünf Jahre sind, veraltet sind und nicht mehr vertraulich behandelt werden müssen (vgl. Ziffer 23 der Mitteilung der Kommission über die Regeln für die Einsicht in Kommissionsakten in Fällen einer Anwendung der Artikel81 und 82 EG-Vertrag etc., Amtsblatt der EU C 325/7 vom 22. Dezember 2005), kann allein aus dem Zeitablauf eines Vorgangs nicht automatisch auf das Fehlen schutzwürdiger Interessen geschlossen werden. Allerdings ist davon auszugehen, dass Informationen, die - wie vorliegend - längst abgeschlossene Geschäftsvorgänge betreffen und weit in die Vergangenheit zurückreichen, eine spezifische Darlegungslast der informationspflichtigen Behörde begründen. Denn nach Ablauf eines Zeitraums von mehr als zwanzig Jahren kann nicht ohne weiteres angenommen werden, dass die Nennung von Unternehmen in einem Aktenvorgang Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse berühren, denen unverändert auch heute noch Wettbewerbsrelevanz zukommt (vgl. Kloepfer/Greve, Das Informationsfreiheitsgesetz und der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, NVwZ 2011, 577, 581). Dies gilt vorliegend umso mehr, als der in den streitbefangenen Akten dokumentierte Privatisierungsvorgang unter einem vollständig anderen Marktumfeld als heute erfolgte, in einer anderen Währung abgewickelt wurde und unter der Beteiligung einer Vielzahl von Unternehmen ablief, die zum jetzigen Zeitpunkt entweder überhaupt nicht mehr oder jedenfalls nicht mehr in der ursprünglichen Unternehmensform am Markt tätig sind. Sensible Daten über die wirtschaftliche Lage der damals betroffenen Unternehmen, der Höhe von Angeboten und der im Einsatz befindlichen Technologien, an deren Geheimhaltung ursprünglich ein wettbewerbliches Interesse bestand, können nach Ablauf von über zwei Jahrzehnten nur noch in besonderen Ausnahmefällen für Marktkonkurrenten verwertbar und von Bedeutung für die Wettbewerbsposition des Unternehmens sein.

Diesen Umständen trägt das Vorbringen der Beklagten nicht ausreichend Rechnung. Auf welcher Tatsachengrundlage sie in der vorliegenden Konstellation von einem solchen Ausnahmefall ausgeht, ist auch nicht ansatzweise dargetan. Der Vortrag der Beklagten lässt jeden Hinweis auf denkbare konkrete Fälle vermissen, in denen es zu einer gegenwärtig zu besorgenden Benachteiligung von Schutzrechtsträgern durch den begehrten Informationszugang kommen kann. Aus den schriftsätzlich aufgeführten Daten, die sie ohne nähere Darlegung für schutzbedürftig hält (Verträge, Vertragsentwürfe, wirtschaftliche Stellungnahmen, Preise, technische Gesichtspunkte zur Produktionsweise, Angebote von Mitbewerbern im Bieterverfahren, Unterlagen über den Neubau einer Raffinerie sowie Haftungsregelungen und Gewährleistungsansprüche), ergibt sich dies nicht. Ebenso wenig vermag die für die beiden zurückgehaltenen Akten „Fallakte H.../P...“ und „C-Kopie Leuna/Minol Sonderband Staatsanwaltschaft Magdeburg“ exemplarisch erstellte Übersicht über schutzwürdige Informationen eine aktuelle Wettbewerbsrelevanz zu belegen. Der Aufstellung lässt sich entnehmen, dass sich im Aktenbestand u.a. staatsanwaltschaftliche Ermittlungsunterlagen zu Wirtschaftsstraftaten befinden, die auch Informationen zu „Baukosten“ und „Investitionssummen“ enthalten. Dies allein gibt jedoch keinen überzeugenden Hinweis auf eine fortdauernde Schutzwürdigkeit dieser Informationen, zumal entsprechende Angaben bereits Gegenstand des Berichts sind, den die Beklagte für den Bundestagsuntersuchungsausschuss 1/14 im Mai 2001 erstellt hat (Bl. 13 ff. des Verwaltungsvorgangs der Beklagten). Anderes ergibt sich entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts auch nicht aus dem enormen Geschäftsvolumen der hier in Rede stehenden Transaktionen; der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen bestimmt sich nicht nach der Quantität eines Projekts. Der Hinweis der Beklagten auf längere gesetzliche Schutzfristen in anderen Gesetzen verfängt schließlich gleichfalls nicht. Dass es dem Gesetzgeber frei steht, Fristen für die Herausgabe von Informationen und Unterlagen zu bestimmen, ändert nichts an der systematischen Struktur des Ausschlussgrundes des §6 Satz2 IFG, zumal die archivrechtlichen Fristen für Informationen, zu denen nach dem Informationsfreiheitsgesetz der Zugang eröffnet war, nicht gelten (§5 Abs.4 Satz2 BArchG).

Auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat sah sich der Vertreter der Beklagten auf ausdrückliche Nachfrage außer Stande, auch nur einen einzigen hypothetischen Fall eines Wettbewerbsnachteils für den vorliegenden Sachverhalt beispielhaft zu benennen. Inwieweit trotz eines in mehr als zwei Jahrzehnten veränderten Marktumfeldes und in Ansehung veränderter technischer Anforderungen an den Anlagenbetrieb nach wie vor ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung in den Akten enthaltener kaufmännischer und technischer Daten besteht, vermochte er ebenso wenig anzugeben wie der vom Senat im Einverständnis der Beteiligten informatorisch angehörte Leiter des Büros des Abwicklers der ehemaligen Treuhandanstalt. Nach dem Eindruck in der mündlichen Verhandlung, insbesondere dem Ergebnis der informatorischen Befragung, hat es die Beklagte vielmehr offensichtlich als ausreichend angesehen, dass in der Vergangenheit bereits eine „doppelte Kontrolle“ der Privatisierungsvorgänge Leuna/Minol durch Untersuchungsausschüsse des Deutschen Bundestages stattgefunden hat und eine erneute Durchsicht des Aktenbestandes deshalb von vornherein als unverhältnismäßig angesehen. Dies vermag die gebotene - zumindest exemplarische - Darlegung nachvollziehbarer Tatsachen, die den geltend gemachten Ausschlussgrund des §6 Satz2 IFG tragen können, nicht zu ersetzen.

(3) Dem Informationsanspruch des Klägers stehen auch keine anderen gesetzlichen Ausschlussgründe entgegen.

Der Ausschlussgrund des §3 Nr.1 a) IFG liegt nicht vor. Der Vortrag der Beklagten, in den Akten befänden sich Depeschen der Deutschen Botschaft Paris, die den Privatisierungsvorgang, namentlich seine Beurteilung durch die französische Politik aus Sicht der Bundesrepublik Deutschland, beträfen, reicht zur Darlegung des Ausschlusstatbestandes nicht aus. Es ist insoweit unklar und von der Beklagten auch nicht im Ansatz dargetan, worin die vom Gesetz verlangten nachteiligen Auswirkungen für die internationalen Beziehungen der Bundesrepublik bestehen sollen, zumal der Vorgang seit dem Jahr 1998 Gegenstand eingehender Untersuchungen und auch öffentlich geführter politischer Debatten gewesen ist.

Auch das Vorliegen eines Ausschlussgrundes nach §3 Nr.6 IFG ist nicht ersichtlich. Die Klägerin hat diesen Ausschlussgrund genannt, aber keinen Sachverhalt vorgetragen, der zu einer Beeinträchtigung fiskalischer Interessen des Bundes im Wirtschaftsverkehr führen kann. Ein solcher Vortrag fehlt auch für den gesetzlichen Ausschlussgrund des §3 Nr.7 IFG.

Auf den Schutz personenbezogener Daten nach §5 Abs.1 Satz1 IFG kann sich die Beklagte gleichfalls nicht mit Erfolg berufen. Unter Berücksichtigung des Zeitablaufs und der von der Beklagten selbst betonten parlamentarischen und strafrechtlichen Aufarbeitung des Privatisierungsvorgangs sowie der öffentlichen Diskussion fehlt es auch insoweit an einer nachvollziehbaren und hinreichend plausiblen Darlegung. Der Vortrag der Beklagten erschöpft sich in dem Hinweis, dass sich in den Aktenordnern auch Angaben über Bevollmächtigte - insbesondere Rechtsanwälte - der am Bieterverfahren beteiligten Unternehmen befinden. Inwieweit diese Angaben, wie von ihr behauptet, auch gegenwärtig noch zu schützen sind, ist weder dargetan noch ersichtlich. Einen absoluten Schutz personenbezogener Daten sieht §5 Abs.1 Satz1 IFG nicht vor. Soweit es bei fehlender, hier mangels Durchführung eines Drittbeteiligungsverfahrens (§8 IFG) nicht vorliegender Einwilligung des Dritten einer Abwägung zwischen dem schutzwürdigen Geheimhaltungsinteresse und dem Interesse am Informationszugang bedarf, kommt dem Informationsinteresse des Klägers nach den konkreten Umständen des Einzelfalles ein überwiegendes Gewicht zu. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich bei den von der Beklagten angeführten Angaben nicht um Daten handelt, die der privaten Lebensgestaltung zuzuordnen sind. Vielmehr geht es um Daten, bei denen sich die Betroffenen in die Sphäre einer staatlichen Stelle - der Treuhandanstalt - begeben haben und bei denen sie nicht darauf vertrauen konnten, dass ihre Mitwirkung am Privatisierungsvorgang geheim gehalten wird (vgl. Urteil des Senats vom 20. März 2012, a.a.O., Rn. 26). Nichts anderes gilt im Ergebnis, soweit die Beklagte ohne nähere Konkretisierung auf Angaben verweist, die im Zusammenhang mit den parallel verlaufenden strafrechtlichen Ermittlungsverfahren stehen. Die Strafverfahren sind, wie von der Beklagten eingeräumt, sämtlich bereits abgeschlossen, so dass auch insoweit von einem überwiegenden Informationsinteresse des Klägers auszugehen ist.

(4) Der Anspruch des Klägers auf Akteneinsicht ist schließlich auch nicht nach §7 Abs.2 Satz1 IFG ausgeschlossen. Die Vorschrift setzt ihrem Wortlaut nach voraus, dass ein Anspruch auf Informationszugang lediglich zum Teil besteht. Diese Voraussetzung ist vorliegend nicht erfüllt; aus den vorstehend dargelegten Gründen steht dem Kläger ein uneingeschränktes Einsichtsrecht zu, dem materielle Ausschlussgründe nicht entgegengehalten werden können. Ob §7 Abs.2 Satz1 IFG über seinen Wortlaut hinaus auch auf Fälle anwendbar ist, in denen ein Anspruch auf Informationszugang nicht nur teilweise, sondern in vollem Umfang besteht, bedarf vorliegend keiner Entscheidung. Denn der Beklagten steht es offen, dem Kläger freien Zugang zum Aktenbestand zu gewähren, ohne sich zuvor inhaltlich mit diesem auseinandersetzen zu müssen. Ihr Verwaltungsaufwand beschränkt sich damit allenfalls darauf, während der Akteneinsicht eine Aufsicht bereitzustellen, um sicherzustellen, dass den Akten keine Unterlagen entnommen oder Aktenbestandteile beschädigt werden. Dass sie durch diesen Aufwand unverhältnismäßig belastet wird, ist weder dargetan noch ersichtlich.

  1. Einer Entscheidung über die vom Kläger gestellten Hilfsanträge bedarf es nach allem nicht.

Die Kostenentscheidung folgt aus §155 Abs.1 Satz1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §167 Satz1 in Verbindung mit §§708 Nr.10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in §132 Abs.2 VwGO genannten Gründe vorliegt.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Berufungsverfahren gemäß §52 Abs.2 GKG auf 5 000 Euro festgesetzt.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§152 Abs.1 VwGO).