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Aktenzeichen
2 K 35/19
ECLI
ECLI:DE:VGBE:2022:0922.2K35.19.00
Datum
22. September 2022
Gericht
Verwaltungsgericht Berlin
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Tenor

Das Verfahren wird eingestellt, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben.

Die Beklagte wird unter teilweiser Aufhebung des Bescheids des Bundesministeriums der Finanzen vom 25. Oktober 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Februar 2019 verpflichtet, dem Kläger Zugang zu den Schätzvorschlägen der nachfolgend genannten Teilnehmer des Arbeitskreises Steuerschätzungen (Wirtschaftsforschungsinstitute, Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Deutsche Bundesbank und Bundesländer) zur 153. Sitzung des Arbeitskreises Steuerschätzungen zu gewähren, aber ohne Angaben zu konkret Steuerpflichtigen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Beteiligten tragen die Kosten des Verfahrens jeweils zur Hälfte.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Berufung wird zugelassen.

Der Kläger begehrt Zugang zu dem Rechenmodell des Arbeitskreises Steuerschätzungen (Arbeitskreis) und zu Schätzvorschlägen.

Der Arbeitskreis ist ein unabhängiger Beirat beim Bundesministerium der Finanzen (BMF). Er schätzt zum Zwecke der Haushaltsaufstellungen von Bund, Ländern und Gemeinden in der Regel zweimal jährlich die Steuereinnahmen für fünf Jahre.

Die vom BMF, der Deutschen Bundesbank, dem Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (Sachverständigenrat) und den beteiligten fünf Wirtschaftsforschungsinstituten entsandten Mitglieder des Arbeitskreises erstellten – entsprechend der langjährigen Praxis – zur Vorbereitung der 153. Sitzung des Arbeitskreises vom 7. bis 9. Mai 2018 eigene Schätzvorschläge für alle Steuerarten. Zudem legten die Mitglieder aus den obersten Finanzbehörden der Länder bezogen auf deren Steueraufkommen Schätzvorschläge vor. Nach einer nichtöffentlichen Diskussion der Schätzvorschläge im Arbeitskreis wurden die einvernehmlich gefundenen Ergebnisse in das beim BMF geführte Rechenmodell des Arbeitskreises eingesetzt; eine Datei im Excel-Format, die ein Tabellenblatt für jede der Steuerarten sowie Formeln und Zahlen enthält (Rechenmodell). Das BMF nutzte für seinen Schätzvorschlag die vorherige Fassung des Rechenmodells, die es aktualisierte. Die anderen Teilnehmer des Arbeitskreises erarbeiteten ihre Schätzvorschläge, jeweils eine Datei im Excel-Format mit Zahlen, methodisch frei. Am 9. Mai 2018 veröffentlichte der Arbeitskreis Ergebnistabellen zur Steuerschätzung.

Der Kläger beantragte mit E-Mail vom 12. Juli 2018 die Zusendung aktueller Rechenmodelle, mithilfe derer das BMF Prognosen und Kalkulationen zu Einkommenssteuer, Körperschaftssteuer und aller anderen Steuerarten vornehme, sowie der dazugehörigen Anleitungen, Annahmen und Hintergrundmaterialien, insofern diese elektronisch vorliegen, sowie der Datengrundlage, aufgrund derer die jüngste Steuerschätzung vorgenommen worden sei.

Mit Bescheid vom 25. Oktober 2018 lehnte das BMF den Antrag ab mit der Begründung, die Information unterliege einem besonderen Amtsgeheimnis. Nach der Geschäftsordnung des Arbeitskreises seien dessen Sitzungen nichtöffentlich und die Beratungen vertraulich. Zudem beeinträchtige das Bekanntwerden die notwendige Vertraulichkeit der Beratungen auch für künftige Sitzungen sowie den Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung. Bei den von den Wirtschaftsforschungsinstituten vorgelegten Schätzvorschlägen handele es sich um vertraulich übermittelte Information. Den dagegen eingelegten Widerspruch vom 12. November 2018 wies das BMF mit Widerspruchsbescheid vom 5. Februar 2019 aus denselben Gründen zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 20. Februar 2019 Klage erhoben. Er führt zur Begründung aus: Für den Ausschlussgrund des besonderen Amtsgeheimnisses fehle es an einer gesetzlichen Rechtsgrundlage. Behördliche Beratungen und der Kernbereich der exekutiven Eigenverantwortung seien nicht berührt. Er habe nicht die Herausgabe der Diskussionsbeiträge der Mitglieder des Arbeitskreises gefordert. Das Steuergeheimnis sei nicht betroffen, weil er sich mit der Unkenntlichmachung von Angaben zu konkret steuerpflichtigen Personen einverstanden erkläre. Die Beklagte habe das Rechenmodell nachträglich als Verschlusssache eingestuft, obwohl die Voraussetzungen nicht vorlägen. Die Geheimhaltung von Beratungen des Arbeitskreises trage nicht zum Schutz seiner Reputation bei. Das Ziel, die Planung der Steuereinnahmen einer öffentlichen Debatte zu entziehen, stehe im Widerspruch zum Demokratieprinzip. Es erschließe sich auch nicht, warum eine Veröffentlichung des Rechenmodells verhindern sollte, dass künftig bestimmte Informationen in den Arbeitskreis eingebracht würden. Die von den Wirtschaftsforschungsinstituten übersandten Schätzvorschläge seien weder urheberrechtlich noch als vertraulich übermittelte Information zu schützen. Die Geschäftsordnung des Arbeitskreises sei keine Vertraulichkeitsabrede. Zudem fehle ein objektiv schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse. Es liege in der Natur der Sache, dass die Schätzvorschläge von den veröffentlichten Steuerschätzungen abwichen.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verpflichten, ihm unter Aufhebung des Bescheids des Bundesministeriums der Finanzen vom 25. Oktober 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Februar 2019 Zugang zu gewähren

  • zu dem Rechenmodell des Arbeitskreises Steuerschätzungen in der Fassung vom 12. Juli 2018,

  • zu dem Schätzvorschlag des Bundesministeriums der Finanzen zur 153. Sitzung des Arbeitskreises Steuerschätzungen,

  • zu den Schätzvorschlägen der anderen Teilnehmer des Arbeitskreises Steuerschätzungen (fünf Wirtschaftsforschungsinstitute, Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Bundesländer und Bundesbank) zur 153. Sitzung des Arbeitskreises Steuerschätzungen,

aber jeweils ohne Angaben zu konkret Steuerpflichtigen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt ergänzend vor: Der Informationszugang zum Rechenmodell sei über die bisher genannten Gründe hinaus auch aufgrund des Steuergeheimnisses ausgeschlossen. In Kombination mit weiteren öffentlich bekannten Informationen könne auf steuerliche Einzelfälle geschlossen werden. Der Zugangsgewährung stehe auch die Einstufung des Rechenmodells als Verschlusssache – Nur für den Dienstgebrauch – entgegen. Das Bekanntwerden des Rechenmodells, insbesondere der Informationen der Länder, führte dazu, dass die Informationen nicht mehr in die Schätzung eingebracht würden. Dies habe negative Folgen für die Haushaltsplanungen. Das Bekanntwerden des Rechenmodells stelle das BMF unter den Generalverdacht der Präjudizierung des Schätzergebnisses und beraube die Mitglieder ihrer Möglichkeit, eigenverantwortlich und unbeeinflusst zu handeln. Die Schätzvorschläge der anderen Teilnehmer seien vom Antrag nicht erfasst. Jedenfalls handele es sich um vertraulich übermittelte Information und stehe der Schutz geistigen Eigentums entgegen.

Der Berichterstatter hat den Rechtsstreit am 4. April 2022 mit den Beteiligten erörtert. Die Beklagte hat dem Kläger danach Zugang zu insgesamt 19 Dokumenten gewährt, die sie dem Begriff der „Datengrundlagen“ zugeordnet hat. Insoweit haben die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Streitakte und den Verwaltungsvorgang verwiesen.

Das Verfahren ist einzustellen, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben (§92 Abs.3 Satz1 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – analog).

Im Übrigen hat die Klage in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

I. Die Klage ist zulässig. Der Kläger hat den für die Verpflichtungsklage erforderlichen vorprozessualen Antrag mit E-Mail vom 12. Juli 2018 gestellt. Dieser Antrag erstreckt sich über das Rechenmodell und den Schätzvorschlag des BMF hinaus auf die von den anderen Teilnehmern vorgelegten Schätzvorschläge. Sie sind der beantragten Zusendung „der Datengrundlage, aufgrund derer die jüngste Steuerschätzung vorgenommen wurde“, zuzuordnen. Dies folgt aus der Auslegung aus Sicht des objektiven Empfängerhorizonts. Die Schätzvorschläge sind Daten, die in Vorbereitung der 153. Sitzung des Arbeitskreises erstellt wurden, und sie dienten dem Arbeitskreis als eine Grundlage der Steuerschätzung. Das BMF selbst hat dieses Verständnis des Antrags im Verwaltungsverfahren zugrunde gelegt. Es hat für die Schätzvorschläge der Wirtschaftsforschungsinstitute sowohl im Ausgangs- als auch im Widerspruchsbescheid einen Ausschlussgrund geltend gemacht und damit vorausgesetzt, dass sie vom Antrag erfasst sind.

Soweit die Beklagte erstmals im Klageverfahren einwendet, der Kläger habe auf die Herausgabe der Diskussionsbeiträge der Mitglieder des Arbeitskreises und damit zugleich auf die Schätzvorschläge verzichtet, ist dem nicht zu folgen. Der erklärte Verzicht ist auf die Diskussionsbeiträge während der Sitzung beschränkt, da er in Bezug auf den Ausschlussgrund der Beratung von Behörden (§3 Nr.3 Buchst. b des Informationsfreiheitsgesetzes – IFG) formuliert ist. Soweit die Beteiligten nachfolgend den Rechtsstreit bezüglich der begehrten „Datengrundlagen“ übereinstimmend für erledigt erklärt haben, erfasst dies nicht die Schätzvorschläge. Gemeint sind insoweit nur die weiteren von der Beklagten dem Begriff zugeordneten und offengelegten Informationen.

II. Die Klage ist teilweise begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 25. Oktober 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Februar 2019 ist rechtswidrig, soweit die Beklagte den Zugang zu den Schätzvorschlägen der Wirtschaftsforschungsinstitute, des Sachverständigenrats, der Deutschen Bundesbank und der Länder zur 153. Sitzung des Arbeitskreises ablehnt, und verletzt den Kläger in seinen Rechten; er hat einen Anspruch auf Zugang zu diesen Informationen (§113 Abs.5 Satz1 VwGO).

Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers ist §1 Abs.1 Satz1 IFG. Danach hat jeder nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. Der Kläger ist als natürliche Person anspruchsberechtigt. Das BMF ist eine Behörde des Bundes. Die Schätzvorschläge der anderen Teilnehmer sind amtliche Informationen im Sinne von §2 Nr.1 Satz1 IFG. Danach ist eine amtliche Information jede amtlichen Zwecken dienende Aufzeichnung, unabhängig von der Art ihrer Speicherung. Die Aufzeichnung der Schätzvorschläge der anderen Teilnehmer diente sowohl bei subjektiver als auch objektiver Betrachtung amtlichen Zwecken (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 2021 – BVerwG 10 C 3/20 –, juris Rn. 15-19). Das BMF hat die Schätzvorschläge der anderen Teilnehmer bei sich zur Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis gespeichert. Ihre objektive Aktenrelevanz ergibt sich aus ihrem Informationswert als eine Grundlage der Steuerschätzung.

Die Beklagte hat zu den Schätzvorschlägen der Länder, die sie erstmals im Termin zur mündlichen Verhandlung dem Antrag zugeordnet hat, und denen der Deutschen Bundesbank keine Ausschlussgründe geltend gemacht. Die für die Schätzvorschläge der Wirtschaftsforschungsinstitute angeführten Ausschlussgründe, die in der mündlichen Verhandlung sinngemäß auch auf den Schätzvorschlag des Sachverständigenrats bezogen wurden, liegen nicht vor.

  1. Die Beklagte hat den Schutz der Beratung von Behörden gemäß §3 Nr.3 Buchst. b IFG im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht mehr auf die Schätzvorschläge bezogen. Jedenfalls ist der Schutz der Beratung, dem nur der eigentliche Vorgang der behördlichen Entscheidungsfindung als solcher unterfällt (BVerwG, Urteil vom 5. Mai 2022 – BVerwG 10 C 1/21 –, juris Rn. 27 m.w.N.), hinsichtlich der Schätzvorschläge auch nicht berührt. Diese bilden den Gegenstand der Beratungen im Arbeitskreis und dienen nur als Grundlage der Willensbildung. Auch Rückschlüsse auf Beratungsprozesse sind nicht ersichtlich, da es sich um bloße Zahlen als Ergebnisvorschläge handelt.

  2. Die Beklagte kann sich zur Versagung des Informationszugangsanspruchs nicht darauf berufen, dass die Schätzvorschläge einem besonderen Amtsgeheimnis im Sinne des §3 Nr.4 Var. 4 IFG unterliegen. Für sämtliche Tatbestandsvarianten des §3 Nr.4 IFG bedarf es einer Rechtsvorschrift mit Außenwirkung (BVerwG, Urteil vom 5. Mai 2022 – BVerwG 10 C 1/21 –, juris Rn. 20 ff.). Die von der Beklagten angeführten Bestimmungen der Geschäftsordnung des Arbeitskreises über die Nichtöffentlichkeit der Sitzungen und Vertraulichkeit der Beratungen sind als bloßes Binnenrecht keine solchen „Rechtsvorschriften“.

  3. Der Informationszugang ist nicht gemäß §3 Nr.7 IFG ausgeschlossen. Danach besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht bei vertraulich erhobener oder übermittelter Information, soweit das Interesse des Dritten an einer vertraulichen Behandlung im Zeitpunkt des Antrags auf Informationszugang noch fortbesteht.

Entgegen der Auffassung des Klägers liegt hier die erforderliche Vertraulichkeitsübereinkunft zwischen der informationspflichtigen Stelle und dem Dritten zwar vor; eine solche ergibt sich aus §7 Abs.1 Satz1 der Geschäftsordnung des Arbeitskreises und bezieht sich nach Satz2 auch auf die „in Vorbereitung der Sitzung erstellten Unterlagen“, wie die Schätzvorschläge. Es fehlt jedoch an dem nach §3 Nr.7 IFG erforderlichen objektiv schutzwürdigen Interesse an der Vertraulichkeit einer Information. Dieses liegt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 30. März 2017 – BVerwG 7 C 19.15 –, juris Rn. 25 m.w.N.) vor, wenn bei ihrer Offenbarung dem Informanten Nachteile drohen und deshalb (zukünftig) die ordnungsgemäße Erfüllung der behördlichen Aufgabe, welche auf die vertrauliche Übermittlung von Informationen angewiesen ist, gefährdet ist. Ein objektiv schutzwürdiges Interesse an der Vertraulichkeit einer Information besteht im Anschluss hieran auch dann, wenn eine Behörde zur ordnungsgemäßen Erfüllung öffentlicher Aufgaben von hohem Gewicht auf die Erhebung und Übermittlung von Informationen, die anders nicht zu erlangen wären, durch mit spezifischen Kenntnissen und Fertigkeiten ausgestattete Dritte angewiesen ist und auf Seiten dieser Dritten ein besonderes Vertraulichkeitsinteresse anzuerkennen ist (BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2020 – BVerwG 10 C 25/19 –, juris Rn. 28). Es fehlt hier sowohl an einem Nachteil als auch an einem besonderen Vertraulichkeitsinteresse.

a) Im Ausgangspunkt geht die Kammer mit der Beklagten davon aus, dass sich das BMF des Arbeitskreises einschließlich der vorgelegten Schätzvorschläge bedient, um die einnahmeseitige Haushaltsaufstellung und Finanzplanung vorzubereiten und damit eine öffentliche Aufgabe von hohem Gewicht zu erfüllen. Hierfür ist die Beklagte auf die Erhebung und Übermittlung von Informationen, die anders nicht zu erlangen wären, durch mit spezifischen Kenntnissen und Fertigkeiten ausgestattete Dritte angewiesen. Die beteiligten Wirtschaftsforschungsinstitute zeichnen sich nach Angaben der Beklagten dadurch aus, dass sie – unabhängig von ihrer Mitwirkung im Arbeitskreis – regelmäßig Konjunkturprognosen veröffentlichen, in deren Rahmen sie auch die staatlichen Einnahmen schätzen. Die Behördenvertreter haben im Termin zur mündlichen Verhandlung plausibel vorgetragen, dass nur eine äußerst begrenzte Anzahl an Instituten die für die Aufgabenerfüllung erforderliche Expertise hat. Ein Alleinstellungsmerkmal ergibt sich zudem daraus, dass die Institute nach §8 Abs.1 der Geschäftsordnung des Arbeitskreises Mitglied in der Leibniz-Gemeinschaft sein müssen. Dies sichert nicht nur die fachliche Expertise, sondern gerade auch die Unabhängigkeit der Wirtschaftsforschungsinstitute gegenüber dem BMF.

Entsprechendes folgt für den Sachverständigenrat bereits aus seiner gesetzlichen Grundlage. Er wird aus unabhängigen Sachverständigen mit besonderen wirtschaftswissenschaftlichen Kenntnissen und volkswirtschaftlichen Erfahrungen gebildet (vgl. §1 des Gesetzes über die Bildung eines Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung).

b) Jedoch ist von der Beklagten weder substantiiert vorgetragen, welche Nachteile den Dritten bei einer Offenbarung ihrer Schätzvorschläge drohen, noch ist ein besonderes Vertraulichkeitsinteresse anzuerkennen.

Der Vortrag der Beklagten, die Übersendung der Schätzvorschläge durch die Wirtschaftsforschungsinstitute erfolge im gegenseitigen Vertrauen auf die Einhaltung der getroffenen Vertraulichkeitsabrede, wiederholt nur die Vertraulichkeitsübereinkunft, die nicht in Abrede gestellt wird. Unzureichend sind auch die weiteren Ausführungen, es sei nicht auszuschließen, dass den Wirtschaftsforschungsinstituten durch die Veröffentlichung der vertraulich übermittelten Unterlagen, etwa durch drastische Abweichungen zu den tatsächlich veröffentlichten Steuerschätzungen, Nachteile drohten und dies werde auch von den Institutsvertretern befürchtet, wobei Nachteile beispielsweise in einem Reputationsverlust oder einem ausschließlich hierdurch entstehenden Rechtfertigungsdruck liegen könnten.

Diese Befürchtungen erschöpfen sich in einer hypothetischen und generalisierenden Betrachtung möglicher Nachteile, ohne näher auszuführen, inwiefern die Dritten durch die Offenlegung Nachteile in Gestalt eines Reputationsverlusts oder eines Rechtfertigungsdrucks erleiden sollten. Da die Wirtschaftsforschungsinstitute und der Sachverständigenrat gerade wegen ihrer Expertise und Unabhängigkeit im Arbeitskreis mitwirken, gehört es zum Kern ihrer Tätigkeit, wissenschaftlich begründete Aussagen zu treffen, die später aus theoretischen oder tatsächlichen Gründen widerlegt werden können. Die Beklagte hat die Wirtschaftsforschungsinstitute ausgewählt, weil sie im Rahmen ihrer Tätigkeit Konjunkturprognosen veröffentlichen, die ebenfalls divergieren können und sich in der öffentlichen Kritik und nachfolgenden Entwicklung bewähren müssen. Es erschließt sich nicht, warum bei der Mitwirkung im Arbeitskreis andere Maßstäbe gelten sollten. Unterschiedliche Einschätzungen im Arbeitskreis werden zudem in §7 Abs.3 der Geschäftsordnung des Arbeitskreises erkennbar vorausgesetzt, wonach u.a. den Wirtschaftsforschungsinstituten eine Verwendung der von ihnen eingebrachten Informationen im Rahmen von wissenschaftlicher Arbeit und eine Veröffentlichung als eigene Position gestattet ist. Auch dieses Veröffentlichungsrecht wird den Wirtschaftsforschungsinstituten durch den Zugang zu ihren Schätzvorschlägen nicht genommen. Worin dennoch das „besondere“ Vertraulichkeitsinteresse bestehen soll, erschließt sich nach dem Beklagtenvortrag nicht.

  1. Dem Informationszugang zu den Schätzvorschlägen der anderen Teilnehmer steht der Schutz geistigen Eigentums gemäß §6 Satz1 IFG nicht entgegen.

Der Begriff des „geistigen Eigentums“ erfasst den gewerblichen Rechtsschutz (Markenrecht, Patentrecht, Gebrauchs- und Geschmacksmusterrecht) und das Urheberrecht (BT-Drs. 15/4493, S.14). Das Urheberrecht schützt nach §1 des Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte, Urheberrechtsgesetz (UrhG), jedes Werk der Literatur, Wissenschaft und Kunst. Zu den geschützten Werken gehören insbesondere Sprachwerke, wie Schriftwerke, Reden und Computerprogramme (§2 Abs.1 Nr.1 UrhG). Auch ein bloßes Zahlenwerk kann dem Erfordernis der sprachlichen Mitteilung genügen (BGH, Urteil vom 25. November 1958 – I ZR 15/58 –, GRUR 1959, S.251). Ungeachtet der Zuordnung zu einzelnen Werkarten stellen die Schätzvorschläge der anderen Teilnehmer indes keine dem Urheberschutz unterfallende Werke dar, da sie nicht die dafür vorausgesetzte Schöpfungshöhe aufweisen.

Gemäß §2 Abs.2 UrhG genießen nur persönliche geistige Schöpfungen Urheberrechtsschutz. Nach dem maßgeblichen unionsrechtlichen Werkbegriff muss es sich bei dem betreffenden Gegenstand um ein Original in dem Sinne handeln, dass er eine eigene geistige Schöpfung seines Urhebers darstellt. Zum anderen ist die Einstufung als Werk Elementen vorbehalten, die eine solche Schöpfung in einem mit hinreichender Genauigkeit und Objektivität identifizierbaren Gegenstand zum Ausdruck bringen. Originalität ist dann gegeben, wenn der Gegenstand die Persönlichkeit seines Urhebers widerspiegelt, indem er dessen freie kreative Entscheidungen zum Ausdruck bringt. Daran fehlt es, wenn die Schaffung eines Gegenstands durch technische Erwägungen, durch Regeln oder durch andere Zwänge bestimmt wurde; Arbeitsaufwand oder bedeutende Sachkenntnis, die in die Gestaltung eingeflossen sind, genügen demnach nicht. Weist ein Gegenstand die erforderlichen Merkmale auf, muss er als Werk urheberrechtlich geschützt werden. Dabei hängt der Umfang dieses Schutzes nicht vom Grad der schöpferischen Freiheit seines Urhebers ab (BVerwG, Urteil vom 26. September 2019 – BVerwG 7 C 1.18 –, juris Rn. 22).

Auf der Grundlage des Vortrags der Beklagten ist keine derart individuelle Prägung der Schätzvorschläge der anderen Teilnehmer erkennbar, die sie als persönlich geistige Schöpfung qualifizieren. Die Darstellung erfolgte in üblicher tabellarischer Form mit Spalten und Reihen, in denen Zahlen als Ergebnisvorschläge zu den Steuerarten eingetragen wurden. Dies gilt umso mehr, soweit das BMF, wie Behördenvertreter im Termin zur mündlichen Verhandlung ausgeführt haben, die Zahlen mit Formatvorlagen abgefragt hat. Soweit die Beklagte geltend macht, die übersandten Zahlen seien als Teil der eigens für die Schätzvorschläge entwickelten Modellierung zu verstehen, greift dies nicht durch. Die Zahlen drücken gerade nicht durch ihre Form oder ihren Inhalt den individuellen Geist des Urhebers aus. Sie sind wissenschaftliche Ergebnisse, die jede Person auf der Grundlage der vorgegebenen Daten zu den Steuerarten bei einer entsprechenden Modellierung errechnete. Die Modellierung, die zu dem Schätzvorschlag geführt hat, ist nicht Gegenstand des Zugangsbegehrens.

III. Im Übrigen ist die Klage unbegründet. Soweit der Kläger Zugang zu dem Rechenmodell des Arbeitskreises und dem Schätzvorschlag des BMF begehrt, ist der Bescheid vom 25. Oktober 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Februar 2019 rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten; insoweit steht dem Anspruch auf Informationszugang die Einstufung des Rechenmodells als „VS-Nur für den Dienstgebrauch“ (VS-NfD) gemäß §3 Nr.4 Var. 2 IFG entgegen. Von der Einstufung sind sowohl das Rechenmodell in der Fassung vom 12. Juli 2018 als auch der Schätzvorschlag des BMF zur 153. Sitzung des Arbeitskreises erfasst. Beide Informationen sind nur unterschiedliche Fassungen derselben Datei im Excel-Format, die nach Angaben der Behördenvertreter im Termin zur mündlichen Verhandlung als VS-NfD eingestuft wurde.

Nach §3 Nr.4 Var. 2 IFG besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn die Information einer durch die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen geregelten Geheimhaltungspflicht unterliegt. Auf dieser Grundlage ist der Zugangsanspruch nicht allein deshalb ausgeschlossen, weil die Information formal als Verschlusssache eingestuft ist. Vielmehr kommt es darauf an, ob die materiellen Gründe für eine solche Einstufung noch vorliegen. Dies hat – bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung – die um Informationszugang ersuchte Behörde darzulegen und unterliegt der vollen gerichtlichen Überprüfung (BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2019 – BVerwG 7 C 20/17 –, juris Rn. 33). Dabei ist nicht erheblich, ob die Vermutung des Klägers zutrifft, die Beklagte habe die Einstufung als Verschlusssache erst nach Klageerhebung vorgenommen, um den Informationszugang zu verhindern. Aus dem Anlass der Einstufung lässt sich nicht auf einen erheblichen Fehler schließen (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 18. Mai 2017 – OVG 12 B 17.15 –, juris Rn. 30). Die materiellen Gründe für die Einstufung als Verschlusssache mit dem Geheimhaltungsgrad VS-NfD liegen vor.

Das ist gemäß §4 Abs.2 Nr.4 des Gesetzes über die Voraussetzungen und das Verfahren von Sicherheitsüberprüfungen des Bundes und den Schutz von Verschlusssachen der Fall, wenn die Kenntnisnahme durch Unbefugte für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder nachteilig sein kann. Dabei muss nicht der sichere Nachweis eines solchen Nachteils erbracht werden. Es genügt insofern die Möglichkeit einer Beeinträchtigung. Diese Möglichkeit darf aber nicht nur eine theoretische sein. Eher fernliegende Befürchtungen scheiden aus (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 18. Mai 2017 – OVG 12 B 17.15 –, juris Rn. 21). Die Beklagte hat die mögliche Beeinträchtigung der Interessen des Bundes und der Länder nachvollziehbar dargelegt.

Sie verweist insoweit auf die wichtige Rolle des Arbeitskreises im Rahmen der einnahmeseitigen Haushalts- und Finanzplanung des Bundes und der Länder. Der Bund übernehme das Schätzergebnis des Arbeitskreises unverändert in die Haushaltsaufstellung. Das Schätzergebnis sei damit auch maßgeblich für die Obergrenze der zulässigen Nettokreditaufnahme gemäß Art.115 des Grundgesetzes (GG). Des Weiteren orientierten sich die Länder, Gemeinden und Sozialversicherungen bei der Aufstellung ihrer Haushalte am Schätzergebnis.

Überzeugend hat die Beklagte die konkrete Möglichkeit der Beeinträchtigung des Interesses des Bundes und der Länder damit begründet, die Offenlegung führe zu einem Verlust der Informationen aus den Ländern. Nach ihrem Vortrag ist die Steuerschätzung im Arbeitskreis entscheidend auf die Informationen aus den Ländern angewiesen, die mit deren Schätzvorschlägen nicht identisch sind. Dies ist schon deshalb plausibel, weil die Länder eine weitgehende Steuerverwaltungshoheit für die vom Aufkommen her wichtigsten Steuern, einschließlich der ganz oder zum Teil dem Bund zufließenden Steuern, haben (Art.108 Abs.2 und 3 GG). Hinzu kommt nach Angaben der Beklagten spezielles Wissen der Länder, das bei der Steuerschätzung berücksichtigt werde. Nach den Ausführungen der Behördenvertreter im Erörterungstermin liefern die Länder während der Arbeitskreissitzungen zusätzliche Informationen zu einzelnen Steuerarten, die so nicht veröffentlicht würden. Zu berücksichtigen seien nicht nur steuerliche Sonderfälle aus den Ländern, sondern auch branchen- und damit regionenspezifische Entwicklungen, etwa durch die Corona-Pandemie.

Diese Informationen würden die Länder im Fall einer Offenlegung nicht mehr in die Diskussion des Arbeitskreises und damit in die Schätzung einbringen; die Beklagte verweist dazu unwidersprochen auf mündliche Stellungnahmen von Vertretern der Länder, die befürchteten, dass dann ggf. durch Kombination mit anderen Informationen das Steuergeheimnis verletzt würde.

Diese Befürchtung der Länder, die sich die Beklagten zu eigen macht, ist auch nicht fernliegend, wenngleich das Rechenmodell und der Schätzvorschlag des BMF keine steuerlichen Einzelfälle benennt, weil die Mitglieder des Arbeitskreises bei der Bereitstellung von Informationen das Steuergeheimnis gemäß §30 der Abgabenordnung einhalten müssen (vgl. §5 Abs.5 Satz2 der Geschäftsordnung des Arbeitskreises). Denn insoweit weist die Beklagte nachvollziehbar darauf hin, dass es nicht um eine unmittelbare Verletzung des Steuergeheimnisses durch die Offenlegung des Rechenmodells bzw. des Schätzvorschlags geht, sondern um den drohenden kompletten Informationsverlust bezüglich außergewöhnlicher das Steueraufkommen bedeutend beeinflussender Fälle, gerade deshalb, weil es bezüglich der einzelnen Informationen schwer im Voraus einzuschätzen sei, ob das Steuergeheimnis durch Kombination mit Zusatzwissen verletzt werden könne. Die Beklagte hat dazu auf Informationen zur Anpassung der Regionalisierungsbasis in der Regionalisierungstabelle des Rechenmodells Bezug genommen. Die Größenordnung der Anpassung zusammen mit dem Hinweis auf ein konkretes Land und die Steuerart könne mit anderen Informationen kontextualisiert werden, etwa bezüglich der Erbschaftssteueranpassung in einem Land mit entsprechenden Presseberichten über den Tod einer vermögenden Einzelperson. Dies wirke sich auf das gesamte Rechenmodell aus, da es sich um ein additives Modell handle, bei dem auch bei einer Teilschwärzung von einer Zahl auf die anderen Zahlen geschlossen werden könne.

Zudem hat die Beklagte den Nachteil eines möglichen Informationsverlusts auch ungeachtet des Steuergeheimnisses plausibilisiert, indem sie darauf abstellt, dass die Länder Informationen aus ihrer Verwaltungspraxis, die für die Steuerschätzung relevant sind und die der Bund nicht selbst erfassen kann, im Falle der Offenlegung zurückhielten. Dies hat der Behördenvertreter im Termin zur mündlichen Verhandlung anhand des Beispiels erläutert, dass ein Land aufgrund eines hohen Krankenstands erst wenige steuerliche Veranlagungen durchgeführt habe und dementsprechend dessen Zahlen zur Körperschaftssteuer im Rechenmodell zu gewichten gewesen seien. Die konkrete Möglichkeit, dass die Länder ihr Steuerwissen bei einer Offenlegung des Rechenmodells bzw. des Schätzvorschlags des BMF zurückhielten, hat ein Behördenvertreter zudem damit veranschaulicht, dass ein Ländervertreter den Abbruch der 136. Sitzung des Arbeitskreises im Jahr 2010 schon deshalb gefordert habe, weil vorab einzelne Zahlen des Schätzvorschlags des BMF der Presse bekannt wurden.

Danach kann offenbleiben, ob die weiteren von der Beklagten geltend gemachten Ausschlussgründe dem Informationszugang entgegenstehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §155 Abs.1 Satz1 und §161 Abs.2 VwGO. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben. Die Beklagte hat nach Klageerhebung Dokumente dem Begriff „Datengrundlage“ zugeordnet und herausgegeben. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §167 Abs.1 Satz1, Abs.2 VwGO in Verbindung mit §708 Nr.11, §711 der Zivilprozessordnung.

Die Berufung wird zugelassen, weil die Frage grundsätzliche Bedeutung hat, unter welchen Voraussetzungen bei §3 Nr.7 IFG ein „besonderes Vertraulichkeitsinteresse“ im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 15. Dezember 2020 – BVerwG 10 C 25/19 –, juris Rn. 28) anzuerkennen ist.

Tatbestand

Der Kläger begehrt Zugang zu dem Rechenmodell des Arbeitskreises Steuerschätzungen (Arbeitskreis) und zu Schätzvorschlägen.

Der Arbeitskreis ist ein unabhängiger Beirat beim Bundesministerium der Finanzen (BMF). Er schätzt zum Zwecke der Haushaltsaufstellungen von Bund, Ländern und Gemeinden in der Regel zweimal jährlich die Steuereinnahmen für fünf Jahre.

Die vom BMF, der Deutschen Bundesbank, dem Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung (Sachverständigenrat) und den beteiligten fünf Wirtschaftsforschungsinstituten entsandten Mitglieder des Arbeitskreises erstellten – entsprechend der langjährigen Praxis – zur Vorbereitung der 153. Sitzung des Arbeitskreises vom 7. bis 9. Mai 2018 eigene Schätzvorschläge für alle Steuerarten. Zudem legten die Mitglieder aus den obersten Finanzbehörden der Länder bezogen auf deren Steueraufkommen Schätzvorschläge vor. Nach einer nichtöffentlichen Diskussion der Schätzvorschläge im Arbeitskreis wurden die einvernehmlich gefundenen Ergebnisse in das beim BMF geführte Rechenmodell des Arbeitskreises eingesetzt; eine Datei im Excel-Format, die ein Tabellenblatt für jede der Steuerarten sowie Formeln und Zahlen enthält (Rechenmodell). Das BMF nutzte für seinen Schätzvorschlag die vorherige Fassung des Rechenmodells, die es aktualisierte. Die anderen Teilnehmer des Arbeitskreises erarbeiteten ihre Schätzvorschläge, jeweils eine Datei im Excel-Format mit Zahlen, methodisch frei. Am 9. Mai 2018 veröffentlichte der Arbeitskreis Ergebnistabellen zur Steuerschätzung.

Der Kläger beantragte mit E-Mail vom 12. Juli 2018 die Zusendung aktueller Rechenmodelle, mithilfe derer das BMF Prognosen und Kalkulationen zu Einkommenssteuer, Körperschaftssteuer und aller anderen Steuerarten vornehme, sowie der dazugehörigen Anleitungen, Annahmen und Hintergrundmaterialien, insofern diese elektronisch vorliegen, sowie der Datengrundlage, aufgrund derer die jüngste Steuerschätzung vorgenommen worden sei.

Mit Bescheid vom 25. Oktober 2018 lehnte das BMF den Antrag ab mit der Begründung, die Information unterliege einem besonderen Amtsgeheimnis. Nach der Geschäftsordnung des Arbeitskreises seien dessen Sitzungen nichtöffentlich und die Beratungen vertraulich. Zudem beeinträchtige das Bekanntwerden die notwendige Vertraulichkeit der Beratungen auch für künftige Sitzungen sowie den Kernbereich exekutiver Eigenverantwortung. Bei den von den Wirtschaftsforschungsinstituten vorgelegten Schätzvorschlägen handele es sich um vertraulich übermittelte Information. Den dagegen eingelegten Widerspruch vom 12. November 2018 wies das BMF mit Widerspruchsbescheid vom 5. Februar 2019 aus denselben Gründen zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 20. Februar 2019 Klage erhoben. Er führt zur Begründung aus: Für den Ausschlussgrund des besonderen Amtsgeheimnisses fehle es an einer gesetzlichen Rechtsgrundlage. Behördliche Beratungen und der Kernbereich der exekutiven Eigenverantwortung seien nicht berührt. Er habe nicht die Herausgabe der Diskussionsbeiträge der Mitglieder des Arbeitskreises gefordert. Das Steuergeheimnis sei nicht betroffen, weil er sich mit der Unkenntlichmachung von Angaben zu konkret steuerpflichtigen Personen einverstanden erkläre. Die Beklagte habe das Rechenmodell nachträglich als Verschlusssache eingestuft, obwohl die Voraussetzungen nicht vorlägen. Die Geheimhaltung von Beratungen des Arbeitskreises trage nicht zum Schutz seiner Reputation bei. Das Ziel, die Planung der Steuereinnahmen einer öffentlichen Debatte zu entziehen, stehe im Widerspruch zum Demokratieprinzip. Es erschließe sich auch nicht, warum eine Veröffentlichung des Rechenmodells verhindern sollte, dass künftig bestimmte Informationen in den Arbeitskreis eingebracht würden. Die von den Wirtschaftsforschungsinstituten übersandten Schätzvorschläge seien weder urheberrechtlich noch als vertraulich übermittelte Information zu schützen. Die Geschäftsordnung des Arbeitskreises sei keine Vertraulichkeitsabrede. Zudem fehle ein objektiv schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse. Es liege in der Natur der Sache, dass die Schätzvorschläge von den veröffentlichten Steuerschätzungen abwichen.

Der Kläger beantragt,

die Beklagte zu verpflichten, ihm unter Aufhebung des Bescheids des Bundesministeriums der Finanzen vom 25. Oktober 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Februar 2019 Zugang zu gewähren

  • zu dem Rechenmodell des Arbeitskreises Steuerschätzungen in der Fassung vom 12. Juli 2018,

  • zu dem Schätzvorschlag des Bundesministeriums der Finanzen zur 153. Sitzung des Arbeitskreises Steuerschätzungen,

  • zu den Schätzvorschlägen der anderen Teilnehmer des Arbeitskreises Steuerschätzungen (fünf Wirtschaftsforschungsinstitute, Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung, Bundesländer und Bundesbank) zur 153. Sitzung des Arbeitskreises Steuerschätzungen,

aber jeweils ohne Angaben zu konkret Steuerpflichtigen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt ergänzend vor: Der Informationszugang zum Rechenmodell sei über die bisher genannten Gründe hinaus auch aufgrund des Steuergeheimnisses ausgeschlossen. In Kombination mit weiteren öffentlich bekannten Informationen könne auf steuerliche Einzelfälle geschlossen werden. Der Zugangsgewährung stehe auch die Einstufung des Rechenmodells als Verschlusssache – Nur für den Dienstgebrauch – entgegen. Das Bekanntwerden des Rechenmodells, insbesondere der Informationen der Länder, führte dazu, dass die Informationen nicht mehr in die Schätzung eingebracht würden. Dies habe negative Folgen für die Haushaltsplanungen. Das Bekanntwerden des Rechenmodells stelle das BMF unter den Generalverdacht der Präjudizierung des Schätzergebnisses und beraube die Mitglieder ihrer Möglichkeit, eigenverantwortlich und unbeeinflusst zu handeln. Die Schätzvorschläge der anderen Teilnehmer seien vom Antrag nicht erfasst. Jedenfalls handele es sich um vertraulich übermittelte Information und stehe der Schutz geistigen Eigentums entgegen.

Der Berichterstatter hat den Rechtsstreit am 4. April 2022 mit den Beteiligten erörtert. Die Beklagte hat dem Kläger danach Zugang zu insgesamt 19 Dokumenten gewährt, die sie dem Begriff der „Datengrundlagen“ zugeordnet hat. Insoweit haben die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Streitakte und den Verwaltungsvorgang verwiesen.

Das Verfahren ist einzustellen, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben (§92 Abs.3 Satz1 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – analog).

Im Übrigen hat die Klage in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

I. Die Klage ist zulässig. Der Kläger hat den für die Verpflichtungsklage erforderlichen vorprozessualen Antrag mit E-Mail vom 12. Juli 2018 gestellt. Dieser Antrag erstreckt sich über das Rechenmodell und den Schätzvorschlag des BMF hinaus auf die von den anderen Teilnehmern vorgelegten Schätzvorschläge. Sie sind der beantragten Zusendung „der Datengrundlage, aufgrund derer die jüngste Steuerschätzung vorgenommen wurde“, zuzuordnen. Dies folgt aus der Auslegung aus Sicht des objektiven Empfängerhorizonts. Die Schätzvorschläge sind Daten, die in Vorbereitung der 153. Sitzung des Arbeitskreises erstellt wurden, und sie dienten dem Arbeitskreis als eine Grundlage der Steuerschätzung. Das BMF selbst hat dieses Verständnis des Antrags im Verwaltungsverfahren zugrunde gelegt. Es hat für die Schätzvorschläge der Wirtschaftsforschungsinstitute sowohl im Ausgangs- als auch im Widerspruchsbescheid einen Ausschlussgrund geltend gemacht und damit vorausgesetzt, dass sie vom Antrag erfasst sind.

Soweit die Beklagte erstmals im Klageverfahren einwendet, der Kläger habe auf die Herausgabe der Diskussionsbeiträge der Mitglieder des Arbeitskreises und damit zugleich auf die Schätzvorschläge verzichtet, ist dem nicht zu folgen. Der erklärte Verzicht ist auf die Diskussionsbeiträge während der Sitzung beschränkt, da er in Bezug auf den Ausschlussgrund der Beratung von Behörden (§3 Nr.3 Buchst. b des Informationsfreiheitsgesetzes – IFG) formuliert ist. Soweit die Beteiligten nachfolgend den Rechtsstreit bezüglich der begehrten „Datengrundlagen“ übereinstimmend für erledigt erklärt haben, erfasst dies nicht die Schätzvorschläge. Gemeint sind insoweit nur die weiteren von der Beklagten dem Begriff zugeordneten und offengelegten Informationen.

II. Die Klage ist teilweise begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 25. Oktober 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Februar 2019 ist rechtswidrig, soweit die Beklagte den Zugang zu den Schätzvorschlägen der Wirtschaftsforschungsinstitute, des Sachverständigenrats, der Deutschen Bundesbank und der Länder zur 153. Sitzung des Arbeitskreises ablehnt, und verletzt den Kläger in seinen Rechten; er hat einen Anspruch auf Zugang zu diesen Informationen (§113 Abs.5 Satz1 VwGO).

Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers ist §1 Abs.1 Satz1 IFG. Danach hat jeder nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. Der Kläger ist als natürliche Person anspruchsberechtigt. Das BMF ist eine Behörde des Bundes. Die Schätzvorschläge der anderen Teilnehmer sind amtliche Informationen im Sinne von §2 Nr.1 Satz1 IFG. Danach ist eine amtliche Information jede amtlichen Zwecken dienende Aufzeichnung, unabhängig von der Art ihrer Speicherung. Die Aufzeichnung der Schätzvorschläge der anderen Teilnehmer diente sowohl bei subjektiver als auch objektiver Betrachtung amtlichen Zwecken (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 2021 – BVerwG 10 C 3/20 –, juris Rn. 15-19). Das BMF hat die Schätzvorschläge der anderen Teilnehmer bei sich zur Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis gespeichert. Ihre objektive Aktenrelevanz ergibt sich aus ihrem Informationswert als eine Grundlage der Steuerschätzung.

Die Beklagte hat zu den Schätzvorschlägen der Länder, die sie erstmals im Termin zur mündlichen Verhandlung dem Antrag zugeordnet hat, und denen der Deutschen Bundesbank keine Ausschlussgründe geltend gemacht. Die für die Schätzvorschläge der Wirtschaftsforschungsinstitute angeführten Ausschlussgründe, die in der mündlichen Verhandlung sinngemäß auch auf den Schätzvorschlag des Sachverständigenrats bezogen wurden, liegen nicht vor.

  1. Die Beklagte hat den Schutz der Beratung von Behörden gemäß §3 Nr.3 Buchst. b IFG im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht mehr auf die Schätzvorschläge bezogen. Jedenfalls ist der Schutz der Beratung, dem nur der eigentliche Vorgang der behördlichen Entscheidungsfindung als solcher unterfällt (BVerwG, Urteil vom 5. Mai 2022 – BVerwG 10 C 1/21 –, juris Rn. 27 m.w.N.), hinsichtlich der Schätzvorschläge auch nicht berührt. Diese bilden den Gegenstand der Beratungen im Arbeitskreis und dienen nur als Grundlage der Willensbildung. Auch Rückschlüsse auf Beratungsprozesse sind nicht ersichtlich, da es sich um bloße Zahlen als Ergebnisvorschläge handelt.

  2. Die Beklagte kann sich zur Versagung des Informationszugangsanspruchs nicht darauf berufen, dass die Schätzvorschläge einem besonderen Amtsgeheimnis im Sinne des §3 Nr.4 Var. 4 IFG unterliegen. Für sämtliche Tatbestandsvarianten des §3 Nr.4 IFG bedarf es einer Rechtsvorschrift mit Außenwirkung (BVerwG, Urteil vom 5. Mai 2022 – BVerwG 10 C 1/21 –, juris Rn. 20 ff.). Die von der Beklagten angeführten Bestimmungen der Geschäftsordnung des Arbeitskreises über die Nichtöffentlichkeit der Sitzungen und Vertraulichkeit der Beratungen sind als bloßes Binnenrecht keine solchen „Rechtsvorschriften“.

  3. Der Informationszugang ist nicht gemäß §3 Nr.7 IFG ausgeschlossen. Danach besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht bei vertraulich erhobener oder übermittelter Information, soweit das Interesse des Dritten an einer vertraulichen Behandlung im Zeitpunkt des Antrags auf Informationszugang noch fortbesteht.

Entgegen der Auffassung des Klägers liegt hier die erforderliche Vertraulichkeitsübereinkunft zwischen der informationspflichtigen Stelle und dem Dritten zwar vor; eine solche ergibt sich aus §7 Abs.1 Satz1 der Geschäftsordnung des Arbeitskreises und bezieht sich nach Satz2 auch auf die „in Vorbereitung der Sitzung erstellten Unterlagen“, wie die Schätzvorschläge. Es fehlt jedoch an dem nach §3 Nr.7 IFG erforderlichen objektiv schutzwürdigen Interesse an der Vertraulichkeit einer Information. Dieses liegt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 30. März 2017 – BVerwG 7 C 19.15 –, juris Rn. 25 m.w.N.) vor, wenn bei ihrer Offenbarung dem Informanten Nachteile drohen und deshalb (zukünftig) die ordnungsgemäße Erfüllung der behördlichen Aufgabe, welche auf die vertrauliche Übermittlung von Informationen angewiesen ist, gefährdet ist. Ein objektiv schutzwürdiges Interesse an der Vertraulichkeit einer Information besteht im Anschluss hieran auch dann, wenn eine Behörde zur ordnungsgemäßen Erfüllung öffentlicher Aufgaben von hohem Gewicht auf die Erhebung und Übermittlung von Informationen, die anders nicht zu erlangen wären, durch mit spezifischen Kenntnissen und Fertigkeiten ausgestattete Dritte angewiesen ist und auf Seiten dieser Dritten ein besonderes Vertraulichkeitsinteresse anzuerkennen ist (BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2020 – BVerwG 10 C 25/19 –, juris Rn. 28). Es fehlt hier sowohl an einem Nachteil als auch an einem besonderen Vertraulichkeitsinteresse.

a) Im Ausgangspunkt geht die Kammer mit der Beklagten davon aus, dass sich das BMF des Arbeitskreises einschließlich der vorgelegten Schätzvorschläge bedient, um die einnahmeseitige Haushaltsaufstellung und Finanzplanung vorzubereiten und damit eine öffentliche Aufgabe von hohem Gewicht zu erfüllen. Hierfür ist die Beklagte auf die Erhebung und Übermittlung von Informationen, die anders nicht zu erlangen wären, durch mit spezifischen Kenntnissen und Fertigkeiten ausgestattete Dritte angewiesen. Die beteiligten Wirtschaftsforschungsinstitute zeichnen sich nach Angaben der Beklagten dadurch aus, dass sie – unabhängig von ihrer Mitwirkung im Arbeitskreis – regelmäßig Konjunkturprognosen veröffentlichen, in deren Rahmen sie auch die staatlichen Einnahmen schätzen. Die Behördenvertreter haben im Termin zur mündlichen Verhandlung plausibel vorgetragen, dass nur eine äußerst begrenzte Anzahl an Instituten die für die Aufgabenerfüllung erforderliche Expertise hat. Ein Alleinstellungsmerkmal ergibt sich zudem daraus, dass die Institute nach §8 Abs.1 der Geschäftsordnung des Arbeitskreises Mitglied in der Leibniz-Gemeinschaft sein müssen. Dies sichert nicht nur die fachliche Expertise, sondern gerade auch die Unabhängigkeit der Wirtschaftsforschungsinstitute gegenüber dem BMF.

Entsprechendes folgt für den Sachverständigenrat bereits aus seiner gesetzlichen Grundlage. Er wird aus unabhängigen Sachverständigen mit besonderen wirtschaftswissenschaftlichen Kenntnissen und volkswirtschaftlichen Erfahrungen gebildet (vgl. §1 des Gesetzes über die Bildung eines Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung).

b) Jedoch ist von der Beklagten weder substantiiert vorgetragen, welche Nachteile den Dritten bei einer Offenbarung ihrer Schätzvorschläge drohen, noch ist ein besonderes Vertraulichkeitsinteresse anzuerkennen.

Der Vortrag der Beklagten, die Übersendung der Schätzvorschläge durch die Wirtschaftsforschungsinstitute erfolge im gegenseitigen Vertrauen auf die Einhaltung der getroffenen Vertraulichkeitsabrede, wiederholt nur die Vertraulichkeitsübereinkunft, die nicht in Abrede gestellt wird. Unzureichend sind auch die weiteren Ausführungen, es sei nicht auszuschließen, dass den Wirtschaftsforschungsinstituten durch die Veröffentlichung der vertraulich übermittelten Unterlagen, etwa durch drastische Abweichungen zu den tatsächlich veröffentlichten Steuerschätzungen, Nachteile drohten und dies werde auch von den Institutsvertretern befürchtet, wobei Nachteile beispielsweise in einem Reputationsverlust oder einem ausschließlich hierdurch entstehenden Rechtfertigungsdruck liegen könnten.

Diese Befürchtungen erschöpfen sich in einer hypothetischen und generalisierenden Betrachtung möglicher Nachteile, ohne näher auszuführen, inwiefern die Dritten durch die Offenlegung Nachteile in Gestalt eines Reputationsverlusts oder eines Rechtfertigungsdrucks erleiden sollten. Da die Wirtschaftsforschungsinstitute und der Sachverständigenrat gerade wegen ihrer Expertise und Unabhängigkeit im Arbeitskreis mitwirken, gehört es zum Kern ihrer Tätigkeit, wissenschaftlich begründete Aussagen zu treffen, die später aus theoretischen oder tatsächlichen Gründen widerlegt werden können. Die Beklagte hat die Wirtschaftsforschungsinstitute ausgewählt, weil sie im Rahmen ihrer Tätigkeit Konjunkturprognosen veröffentlichen, die ebenfalls divergieren können und sich in der öffentlichen Kritik und nachfolgenden Entwicklung bewähren müssen. Es erschließt sich nicht, warum bei der Mitwirkung im Arbeitskreis andere Maßstäbe gelten sollten. Unterschiedliche Einschätzungen im Arbeitskreis werden zudem in §7 Abs.3 der Geschäftsordnung des Arbeitskreises erkennbar vorausgesetzt, wonach u.a. den Wirtschaftsforschungsinstituten eine Verwendung der von ihnen eingebrachten Informationen im Rahmen von wissenschaftlicher Arbeit und eine Veröffentlichung als eigene Position gestattet ist. Auch dieses Veröffentlichungsrecht wird den Wirtschaftsforschungsinstituten durch den Zugang zu ihren Schätzvorschlägen nicht genommen. Worin dennoch das „besondere“ Vertraulichkeitsinteresse bestehen soll, erschließt sich nach dem Beklagtenvortrag nicht.

  1. Dem Informationszugang zu den Schätzvorschlägen der anderen Teilnehmer steht der Schutz geistigen Eigentums gemäß §6 Satz1 IFG nicht entgegen.

Der Begriff des „geistigen Eigentums“ erfasst den gewerblichen Rechtsschutz (Markenrecht, Patentrecht, Gebrauchs- und Geschmacksmusterrecht) und das Urheberrecht (BT-Drs. 15/4493, S.14). Das Urheberrecht schützt nach §1 des Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte, Urheberrechtsgesetz (UrhG), jedes Werk der Literatur, Wissenschaft und Kunst. Zu den geschützten Werken gehören insbesondere Sprachwerke, wie Schriftwerke, Reden und Computerprogramme (§2 Abs.1 Nr.1 UrhG). Auch ein bloßes Zahlenwerk kann dem Erfordernis der sprachlichen Mitteilung genügen (BGH, Urteil vom 25. November 1958 – I ZR 15/58 –, GRUR 1959, S.251). Ungeachtet der Zuordnung zu einzelnen Werkarten stellen die Schätzvorschläge der anderen Teilnehmer indes keine dem Urheberschutz unterfallende Werke dar, da sie nicht die dafür vorausgesetzte Schöpfungshöhe aufweisen.

Gemäß §2 Abs.2 UrhG genießen nur persönliche geistige Schöpfungen Urheberrechtsschutz. Nach dem maßgeblichen unionsrechtlichen Werkbegriff muss es sich bei dem betreffenden Gegenstand um ein Original in dem Sinne handeln, dass er eine eigene geistige Schöpfung seines Urhebers darstellt. Zum anderen ist die Einstufung als Werk Elementen vorbehalten, die eine solche Schöpfung in einem mit hinreichender Genauigkeit und Objektivität identifizierbaren Gegenstand zum Ausdruck bringen. Originalität ist dann gegeben, wenn der Gegenstand die Persönlichkeit seines Urhebers widerspiegelt, indem er dessen freie kreative Entscheidungen zum Ausdruck bringt. Daran fehlt es, wenn die Schaffung eines Gegenstands durch technische Erwägungen, durch Regeln oder durch andere Zwänge bestimmt wurde; Arbeitsaufwand oder bedeutende Sachkenntnis, die in die Gestaltung eingeflossen sind, genügen demnach nicht. Weist ein Gegenstand die erforderlichen Merkmale auf, muss er als Werk urheberrechtlich geschützt werden. Dabei hängt der Umfang dieses Schutzes nicht vom Grad der schöpferischen Freiheit seines Urhebers ab (BVerwG, Urteil vom 26. September 2019 – BVerwG 7 C 1.18 –, juris Rn. 22).

Auf der Grundlage des Vortrags der Beklagten ist keine derart individuelle Prägung der Schätzvorschläge der anderen Teilnehmer erkennbar, die sie als persönlich geistige Schöpfung qualifizieren. Die Darstellung erfolgte in üblicher tabellarischer Form mit Spalten und Reihen, in denen Zahlen als Ergebnisvorschläge zu den Steuerarten eingetragen wurden. Dies gilt umso mehr, soweit das BMF, wie Behördenvertreter im Termin zur mündlichen Verhandlung ausgeführt haben, die Zahlen mit Formatvorlagen abgefragt hat. Soweit die Beklagte geltend macht, die übersandten Zahlen seien als Teil der eigens für die Schätzvorschläge entwickelten Modellierung zu verstehen, greift dies nicht durch. Die Zahlen drücken gerade nicht durch ihre Form oder ihren Inhalt den individuellen Geist des Urhebers aus. Sie sind wissenschaftliche Ergebnisse, die jede Person auf der Grundlage der vorgegebenen Daten zu den Steuerarten bei einer entsprechenden Modellierung errechnete. Die Modellierung, die zu dem Schätzvorschlag geführt hat, ist nicht Gegenstand des Zugangsbegehrens.

III. Im Übrigen ist die Klage unbegründet. Soweit der Kläger Zugang zu dem Rechenmodell des Arbeitskreises und dem Schätzvorschlag des BMF begehrt, ist der Bescheid vom 25. Oktober 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Februar 2019 rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten; insoweit steht dem Anspruch auf Informationszugang die Einstufung des Rechenmodells als „VS-Nur für den Dienstgebrauch“ (VS-NfD) gemäß §3 Nr.4 Var. 2 IFG entgegen. Von der Einstufung sind sowohl das Rechenmodell in der Fassung vom 12. Juli 2018 als auch der Schätzvorschlag des BMF zur 153. Sitzung des Arbeitskreises erfasst. Beide Informationen sind nur unterschiedliche Fassungen derselben Datei im Excel-Format, die nach Angaben der Behördenvertreter im Termin zur mündlichen Verhandlung als VS-NfD eingestuft wurde.

Nach §3 Nr.4 Var. 2 IFG besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn die Information einer durch die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen geregelten Geheimhaltungspflicht unterliegt. Auf dieser Grundlage ist der Zugangsanspruch nicht allein deshalb ausgeschlossen, weil die Information formal als Verschlusssache eingestuft ist. Vielmehr kommt es darauf an, ob die materiellen Gründe für eine solche Einstufung noch vorliegen. Dies hat – bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung – die um Informationszugang ersuchte Behörde darzulegen und unterliegt der vollen gerichtlichen Überprüfung (BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2019 – BVerwG 7 C 20/17 –, juris Rn. 33). Dabei ist nicht erheblich, ob die Vermutung des Klägers zutrifft, die Beklagte habe die Einstufung als Verschlusssache erst nach Klageerhebung vorgenommen, um den Informationszugang zu verhindern. Aus dem Anlass der Einstufung lässt sich nicht auf einen erheblichen Fehler schließen (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 18. Mai 2017 – OVG 12 B 17.15 –, juris Rn. 30). Die materiellen Gründe für die Einstufung als Verschlusssache mit dem Geheimhaltungsgrad VS-NfD liegen vor.

Das ist gemäß §4 Abs.2 Nr.4 des Gesetzes über die Voraussetzungen und das Verfahren von Sicherheitsüberprüfungen des Bundes und den Schutz von Verschlusssachen der Fall, wenn die Kenntnisnahme durch Unbefugte für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder nachteilig sein kann. Dabei muss nicht der sichere Nachweis eines solchen Nachteils erbracht werden. Es genügt insofern die Möglichkeit einer Beeinträchtigung. Diese Möglichkeit darf aber nicht nur eine theoretische sein. Eher fernliegende Befürchtungen scheiden aus (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 18. Mai 2017 – OVG 12 B 17.15 –, juris Rn. 21). Die Beklagte hat die mögliche Beeinträchtigung der Interessen des Bundes und der Länder nachvollziehbar dargelegt.

Sie verweist insoweit auf die wichtige Rolle des Arbeitskreises im Rahmen der einnahmeseitigen Haushalts- und Finanzplanung des Bundes und der Länder. Der Bund übernehme das Schätzergebnis des Arbeitskreises unverändert in die Haushaltsaufstellung. Das Schätzergebnis sei damit auch maßgeblich für die Obergrenze der zulässigen Nettokreditaufnahme gemäß Art.115 des Grundgesetzes (GG). Des Weiteren orientierten sich die Länder, Gemeinden und Sozialversicherungen bei der Aufstellung ihrer Haushalte am Schätzergebnis.

Überzeugend hat die Beklagte die konkrete Möglichkeit der Beeinträchtigung des Interesses des Bundes und der Länder damit begründet, die Offenlegung führe zu einem Verlust der Informationen aus den Ländern. Nach ihrem Vortrag ist die Steuerschätzung im Arbeitskreis entscheidend auf die Informationen aus den Ländern angewiesen, die mit deren Schätzvorschlägen nicht identisch sind. Dies ist schon deshalb plausibel, weil die Länder eine weitgehende Steuerverwaltungshoheit für die vom Aufkommen her wichtigsten Steuern, einschließlich der ganz oder zum Teil dem Bund zufließenden Steuern, haben (Art.108 Abs.2 und 3 GG). Hinzu kommt nach Angaben der Beklagten spezielles Wissen der Länder, das bei der Steuerschätzung berücksichtigt werde. Nach den Ausführungen der Behördenvertreter im Erörterungstermin liefern die Länder während der Arbeitskreissitzungen zusätzliche Informationen zu einzelnen Steuerarten, die so nicht veröffentlicht würden. Zu berücksichtigen seien nicht nur steuerliche Sonderfälle aus den Ländern, sondern auch branchen- und damit regionenspezifische Entwicklungen, etwa durch die Corona-Pandemie.

Diese Informationen würden die Länder im Fall einer Offenlegung nicht mehr in die Diskussion des Arbeitskreises und damit in die Schätzung einbringen; die Beklagte verweist dazu unwidersprochen auf mündliche Stellungnahmen von Vertretern der Länder, die befürchteten, dass dann ggf. durch Kombination mit anderen Informationen das Steuergeheimnis verletzt würde.

Diese Befürchtung der Länder, die sich die Beklagten zu eigen macht, ist auch nicht fernliegend, wenngleich das Rechenmodell und der Schätzvorschlag des BMF keine steuerlichen Einzelfälle benennt, weil die Mitglieder des Arbeitskreises bei der Bereitstellung von Informationen das Steuergeheimnis gemäß §30 der Abgabenordnung einhalten müssen (vgl. §5 Abs.5 Satz2 der Geschäftsordnung des Arbeitskreises). Denn insoweit weist die Beklagte nachvollziehbar darauf hin, dass es nicht um eine unmittelbare Verletzung des Steuergeheimnisses durch die Offenlegung des Rechenmodells bzw. des Schätzvorschlags geht, sondern um den drohenden kompletten Informationsverlust bezüglich außergewöhnlicher das Steueraufkommen bedeutend beeinflussender Fälle, gerade deshalb, weil es bezüglich der einzelnen Informationen schwer im Voraus einzuschätzen sei, ob das Steuergeheimnis durch Kombination mit Zusatzwissen verletzt werden könne. Die Beklagte hat dazu auf Informationen zur Anpassung der Regionalisierungsbasis in der Regionalisierungstabelle des Rechenmodells Bezug genommen. Die Größenordnung der Anpassung zusammen mit dem Hinweis auf ein konkretes Land und die Steuerart könne mit anderen Informationen kontextualisiert werden, etwa bezüglich der Erbschaftssteueranpassung in einem Land mit entsprechenden Presseberichten über den Tod einer vermögenden Einzelperson. Dies wirke sich auf das gesamte Rechenmodell aus, da es sich um ein additives Modell handle, bei dem auch bei einer Teilschwärzung von einer Zahl auf die anderen Zahlen geschlossen werden könne.

Zudem hat die Beklagte den Nachteil eines möglichen Informationsverlusts auch ungeachtet des Steuergeheimnisses plausibilisiert, indem sie darauf abstellt, dass die Länder Informationen aus ihrer Verwaltungspraxis, die für die Steuerschätzung relevant sind und die der Bund nicht selbst erfassen kann, im Falle der Offenlegung zurückhielten. Dies hat der Behördenvertreter im Termin zur mündlichen Verhandlung anhand des Beispiels erläutert, dass ein Land aufgrund eines hohen Krankenstands erst wenige steuerliche Veranlagungen durchgeführt habe und dementsprechend dessen Zahlen zur Körperschaftssteuer im Rechenmodell zu gewichten gewesen seien. Die konkrete Möglichkeit, dass die Länder ihr Steuerwissen bei einer Offenlegung des Rechenmodells bzw. des Schätzvorschlags des BMF zurückhielten, hat ein Behördenvertreter zudem damit veranschaulicht, dass ein Ländervertreter den Abbruch der 136. Sitzung des Arbeitskreises im Jahr 2010 schon deshalb gefordert habe, weil vorab einzelne Zahlen des Schätzvorschlags des BMF der Presse bekannt wurden.

Danach kann offenbleiben, ob die weiteren von der Beklagten geltend gemachten Ausschlussgründe dem Informationszugang entgegenstehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §155 Abs.1 Satz1 und §161 Abs.2 VwGO. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben. Die Beklagte hat nach Klageerhebung Dokumente dem Begriff „Datengrundlage“ zugeordnet und herausgegeben. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §167 Abs.1 Satz1, Abs.2 VwGO in Verbindung mit §708 Nr.11, §711 der Zivilprozessordnung.

Die Berufung wird zugelassen, weil die Frage grundsätzliche Bedeutung hat, unter welchen Voraussetzungen bei §3 Nr.7 IFG ein „besonderes Vertraulichkeitsinteresse“ im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 15. Dezember 2020 – BVerwG 10 C 25/19 –, juris Rn. 28) anzuerkennen ist.

Entscheidungsgründe

Das Verfahren ist einzustellen, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben (§92 Abs.3 Satz1 der Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – analog).

Im Übrigen hat die Klage in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.

I. Die Klage ist zulässig. Der Kläger hat den für die Verpflichtungsklage erforderlichen vorprozessualen Antrag mit E-Mail vom 12. Juli 2018 gestellt. Dieser Antrag erstreckt sich über das Rechenmodell und den Schätzvorschlag des BMF hinaus auf die von den anderen Teilnehmern vorgelegten Schätzvorschläge. Sie sind der beantragten Zusendung „der Datengrundlage, aufgrund derer die jüngste Steuerschätzung vorgenommen wurde“, zuzuordnen. Dies folgt aus der Auslegung aus Sicht des objektiven Empfängerhorizonts. Die Schätzvorschläge sind Daten, die in Vorbereitung der 153. Sitzung des Arbeitskreises erstellt wurden, und sie dienten dem Arbeitskreis als eine Grundlage der Steuerschätzung. Das BMF selbst hat dieses Verständnis des Antrags im Verwaltungsverfahren zugrunde gelegt. Es hat für die Schätzvorschläge der Wirtschaftsforschungsinstitute sowohl im Ausgangs- als auch im Widerspruchsbescheid einen Ausschlussgrund geltend gemacht und damit vorausgesetzt, dass sie vom Antrag erfasst sind.

Soweit die Beklagte erstmals im Klageverfahren einwendet, der Kläger habe auf die Herausgabe der Diskussionsbeiträge der Mitglieder des Arbeitskreises und damit zugleich auf die Schätzvorschläge verzichtet, ist dem nicht zu folgen. Der erklärte Verzicht ist auf die Diskussionsbeiträge während der Sitzung beschränkt, da er in Bezug auf den Ausschlussgrund der Beratung von Behörden (§3 Nr.3 Buchst. b des Informationsfreiheitsgesetzes – IFG) formuliert ist. Soweit die Beteiligten nachfolgend den Rechtsstreit bezüglich der begehrten „Datengrundlagen“ übereinstimmend für erledigt erklärt haben, erfasst dies nicht die Schätzvorschläge. Gemeint sind insoweit nur die weiteren von der Beklagten dem Begriff zugeordneten und offengelegten Informationen.

II. Die Klage ist teilweise begründet. Der Bescheid der Beklagten vom 25. Oktober 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Februar 2019 ist rechtswidrig, soweit die Beklagte den Zugang zu den Schätzvorschlägen der Wirtschaftsforschungsinstitute, des Sachverständigenrats, der Deutschen Bundesbank und der Länder zur 153. Sitzung des Arbeitskreises ablehnt, und verletzt den Kläger in seinen Rechten; er hat einen Anspruch auf Zugang zu diesen Informationen (§113 Abs.5 Satz1 VwGO).

Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers ist §1 Abs.1 Satz1 IFG. Danach hat jeder nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. Der Kläger ist als natürliche Person anspruchsberechtigt. Das BMF ist eine Behörde des Bundes. Die Schätzvorschläge der anderen Teilnehmer sind amtliche Informationen im Sinne von §2 Nr.1 Satz1 IFG. Danach ist eine amtliche Information jede amtlichen Zwecken dienende Aufzeichnung, unabhängig von der Art ihrer Speicherung. Die Aufzeichnung der Schätzvorschläge der anderen Teilnehmer diente sowohl bei subjektiver als auch objektiver Betrachtung amtlichen Zwecken (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Oktober 2021 – BVerwG 10 C 3/20 –, juris Rn. 15-19). Das BMF hat die Schätzvorschläge der anderen Teilnehmer bei sich zur Zusammenarbeit mit dem Arbeitskreis gespeichert. Ihre objektive Aktenrelevanz ergibt sich aus ihrem Informationswert als eine Grundlage der Steuerschätzung.

Die Beklagte hat zu den Schätzvorschlägen der Länder, die sie erstmals im Termin zur mündlichen Verhandlung dem Antrag zugeordnet hat, und denen der Deutschen Bundesbank keine Ausschlussgründe geltend gemacht. Die für die Schätzvorschläge der Wirtschaftsforschungsinstitute angeführten Ausschlussgründe, die in der mündlichen Verhandlung sinngemäß auch auf den Schätzvorschlag des Sachverständigenrats bezogen wurden, liegen nicht vor.

  1. Die Beklagte hat den Schutz der Beratung von Behörden gemäß §3 Nr.3 Buchst. b IFG im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht mehr auf die Schätzvorschläge bezogen. Jedenfalls ist der Schutz der Beratung, dem nur der eigentliche Vorgang der behördlichen Entscheidungsfindung als solcher unterfällt (BVerwG, Urteil vom 5. Mai 2022 – BVerwG 10 C 1/21 –, juris Rn. 27 m.w.N.), hinsichtlich der Schätzvorschläge auch nicht berührt. Diese bilden den Gegenstand der Beratungen im Arbeitskreis und dienen nur als Grundlage der Willensbildung. Auch Rückschlüsse auf Beratungsprozesse sind nicht ersichtlich, da es sich um bloße Zahlen als Ergebnisvorschläge handelt.

  2. Die Beklagte kann sich zur Versagung des Informationszugangsanspruchs nicht darauf berufen, dass die Schätzvorschläge einem besonderen Amtsgeheimnis im Sinne des §3 Nr.4 Var. 4 IFG unterliegen. Für sämtliche Tatbestandsvarianten des §3 Nr.4 IFG bedarf es einer Rechtsvorschrift mit Außenwirkung (BVerwG, Urteil vom 5. Mai 2022 – BVerwG 10 C 1/21 –, juris Rn. 20 ff.). Die von der Beklagten angeführten Bestimmungen der Geschäftsordnung des Arbeitskreises über die Nichtöffentlichkeit der Sitzungen und Vertraulichkeit der Beratungen sind als bloßes Binnenrecht keine solchen „Rechtsvorschriften“.

  3. Der Informationszugang ist nicht gemäß §3 Nr.7 IFG ausgeschlossen. Danach besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht bei vertraulich erhobener oder übermittelter Information, soweit das Interesse des Dritten an einer vertraulichen Behandlung im Zeitpunkt des Antrags auf Informationszugang noch fortbesteht.

Entgegen der Auffassung des Klägers liegt hier die erforderliche Vertraulichkeitsübereinkunft zwischen der informationspflichtigen Stelle und dem Dritten zwar vor; eine solche ergibt sich aus §7 Abs.1 Satz1 der Geschäftsordnung des Arbeitskreises und bezieht sich nach Satz2 auch auf die „in Vorbereitung der Sitzung erstellten Unterlagen“, wie die Schätzvorschläge. Es fehlt jedoch an dem nach §3 Nr.7 IFG erforderlichen objektiv schutzwürdigen Interesse an der Vertraulichkeit einer Information. Dieses liegt nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 30. März 2017 – BVerwG 7 C 19.15 –, juris Rn. 25 m.w.N.) vor, wenn bei ihrer Offenbarung dem Informanten Nachteile drohen und deshalb (zukünftig) die ordnungsgemäße Erfüllung der behördlichen Aufgabe, welche auf die vertrauliche Übermittlung von Informationen angewiesen ist, gefährdet ist. Ein objektiv schutzwürdiges Interesse an der Vertraulichkeit einer Information besteht im Anschluss hieran auch dann, wenn eine Behörde zur ordnungsgemäßen Erfüllung öffentlicher Aufgaben von hohem Gewicht auf die Erhebung und Übermittlung von Informationen, die anders nicht zu erlangen wären, durch mit spezifischen Kenntnissen und Fertigkeiten ausgestattete Dritte angewiesen ist und auf Seiten dieser Dritten ein besonderes Vertraulichkeitsinteresse anzuerkennen ist (BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2020 – BVerwG 10 C 25/19 –, juris Rn. 28). Es fehlt hier sowohl an einem Nachteil als auch an einem besonderen Vertraulichkeitsinteresse.

a) Im Ausgangspunkt geht die Kammer mit der Beklagten davon aus, dass sich das BMF des Arbeitskreises einschließlich der vorgelegten Schätzvorschläge bedient, um die einnahmeseitige Haushaltsaufstellung und Finanzplanung vorzubereiten und damit eine öffentliche Aufgabe von hohem Gewicht zu erfüllen. Hierfür ist die Beklagte auf die Erhebung und Übermittlung von Informationen, die anders nicht zu erlangen wären, durch mit spezifischen Kenntnissen und Fertigkeiten ausgestattete Dritte angewiesen. Die beteiligten Wirtschaftsforschungsinstitute zeichnen sich nach Angaben der Beklagten dadurch aus, dass sie – unabhängig von ihrer Mitwirkung im Arbeitskreis – regelmäßig Konjunkturprognosen veröffentlichen, in deren Rahmen sie auch die staatlichen Einnahmen schätzen. Die Behördenvertreter haben im Termin zur mündlichen Verhandlung plausibel vorgetragen, dass nur eine äußerst begrenzte Anzahl an Instituten die für die Aufgabenerfüllung erforderliche Expertise hat. Ein Alleinstellungsmerkmal ergibt sich zudem daraus, dass die Institute nach §8 Abs.1 der Geschäftsordnung des Arbeitskreises Mitglied in der Leibniz-Gemeinschaft sein müssen. Dies sichert nicht nur die fachliche Expertise, sondern gerade auch die Unabhängigkeit der Wirtschaftsforschungsinstitute gegenüber dem BMF.

Entsprechendes folgt für den Sachverständigenrat bereits aus seiner gesetzlichen Grundlage. Er wird aus unabhängigen Sachverständigen mit besonderen wirtschaftswissenschaftlichen Kenntnissen und volkswirtschaftlichen Erfahrungen gebildet (vgl. §1 des Gesetzes über die Bildung eines Sachverständigenrates zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung).

b) Jedoch ist von der Beklagten weder substantiiert vorgetragen, welche Nachteile den Dritten bei einer Offenbarung ihrer Schätzvorschläge drohen, noch ist ein besonderes Vertraulichkeitsinteresse anzuerkennen.

Der Vortrag der Beklagten, die Übersendung der Schätzvorschläge durch die Wirtschaftsforschungsinstitute erfolge im gegenseitigen Vertrauen auf die Einhaltung der getroffenen Vertraulichkeitsabrede, wiederholt nur die Vertraulichkeitsübereinkunft, die nicht in Abrede gestellt wird. Unzureichend sind auch die weiteren Ausführungen, es sei nicht auszuschließen, dass den Wirtschaftsforschungsinstituten durch die Veröffentlichung der vertraulich übermittelten Unterlagen, etwa durch drastische Abweichungen zu den tatsächlich veröffentlichten Steuerschätzungen, Nachteile drohten und dies werde auch von den Institutsvertretern befürchtet, wobei Nachteile beispielsweise in einem Reputationsverlust oder einem ausschließlich hierdurch entstehenden Rechtfertigungsdruck liegen könnten.

Diese Befürchtungen erschöpfen sich in einer hypothetischen und generalisierenden Betrachtung möglicher Nachteile, ohne näher auszuführen, inwiefern die Dritten durch die Offenlegung Nachteile in Gestalt eines Reputationsverlusts oder eines Rechtfertigungsdrucks erleiden sollten. Da die Wirtschaftsforschungsinstitute und der Sachverständigenrat gerade wegen ihrer Expertise und Unabhängigkeit im Arbeitskreis mitwirken, gehört es zum Kern ihrer Tätigkeit, wissenschaftlich begründete Aussagen zu treffen, die später aus theoretischen oder tatsächlichen Gründen widerlegt werden können. Die Beklagte hat die Wirtschaftsforschungsinstitute ausgewählt, weil sie im Rahmen ihrer Tätigkeit Konjunkturprognosen veröffentlichen, die ebenfalls divergieren können und sich in der öffentlichen Kritik und nachfolgenden Entwicklung bewähren müssen. Es erschließt sich nicht, warum bei der Mitwirkung im Arbeitskreis andere Maßstäbe gelten sollten. Unterschiedliche Einschätzungen im Arbeitskreis werden zudem in §7 Abs.3 der Geschäftsordnung des Arbeitskreises erkennbar vorausgesetzt, wonach u.a. den Wirtschaftsforschungsinstituten eine Verwendung der von ihnen eingebrachten Informationen im Rahmen von wissenschaftlicher Arbeit und eine Veröffentlichung als eigene Position gestattet ist. Auch dieses Veröffentlichungsrecht wird den Wirtschaftsforschungsinstituten durch den Zugang zu ihren Schätzvorschlägen nicht genommen. Worin dennoch das „besondere“ Vertraulichkeitsinteresse bestehen soll, erschließt sich nach dem Beklagtenvortrag nicht.

  1. Dem Informationszugang zu den Schätzvorschlägen der anderen Teilnehmer steht der Schutz geistigen Eigentums gemäß §6 Satz1 IFG nicht entgegen.

Der Begriff des „geistigen Eigentums“ erfasst den gewerblichen Rechtsschutz (Markenrecht, Patentrecht, Gebrauchs- und Geschmacksmusterrecht) und das Urheberrecht (BT-Drs. 15/4493, S.14). Das Urheberrecht schützt nach §1 des Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte, Urheberrechtsgesetz (UrhG), jedes Werk der Literatur, Wissenschaft und Kunst. Zu den geschützten Werken gehören insbesondere Sprachwerke, wie Schriftwerke, Reden und Computerprogramme (§2 Abs.1 Nr.1 UrhG). Auch ein bloßes Zahlenwerk kann dem Erfordernis der sprachlichen Mitteilung genügen (BGH, Urteil vom 25. November 1958 – I ZR 15/58 –, GRUR 1959, S.251). Ungeachtet der Zuordnung zu einzelnen Werkarten stellen die Schätzvorschläge der anderen Teilnehmer indes keine dem Urheberschutz unterfallende Werke dar, da sie nicht die dafür vorausgesetzte Schöpfungshöhe aufweisen.

Gemäß §2 Abs.2 UrhG genießen nur persönliche geistige Schöpfungen Urheberrechtsschutz. Nach dem maßgeblichen unionsrechtlichen Werkbegriff muss es sich bei dem betreffenden Gegenstand um ein Original in dem Sinne handeln, dass er eine eigene geistige Schöpfung seines Urhebers darstellt. Zum anderen ist die Einstufung als Werk Elementen vorbehalten, die eine solche Schöpfung in einem mit hinreichender Genauigkeit und Objektivität identifizierbaren Gegenstand zum Ausdruck bringen. Originalität ist dann gegeben, wenn der Gegenstand die Persönlichkeit seines Urhebers widerspiegelt, indem er dessen freie kreative Entscheidungen zum Ausdruck bringt. Daran fehlt es, wenn die Schaffung eines Gegenstands durch technische Erwägungen, durch Regeln oder durch andere Zwänge bestimmt wurde; Arbeitsaufwand oder bedeutende Sachkenntnis, die in die Gestaltung eingeflossen sind, genügen demnach nicht. Weist ein Gegenstand die erforderlichen Merkmale auf, muss er als Werk urheberrechtlich geschützt werden. Dabei hängt der Umfang dieses Schutzes nicht vom Grad der schöpferischen Freiheit seines Urhebers ab (BVerwG, Urteil vom 26. September 2019 – BVerwG 7 C 1.18 –, juris Rn. 22).

Auf der Grundlage des Vortrags der Beklagten ist keine derart individuelle Prägung der Schätzvorschläge der anderen Teilnehmer erkennbar, die sie als persönlich geistige Schöpfung qualifizieren. Die Darstellung erfolgte in üblicher tabellarischer Form mit Spalten und Reihen, in denen Zahlen als Ergebnisvorschläge zu den Steuerarten eingetragen wurden. Dies gilt umso mehr, soweit das BMF, wie Behördenvertreter im Termin zur mündlichen Verhandlung ausgeführt haben, die Zahlen mit Formatvorlagen abgefragt hat. Soweit die Beklagte geltend macht, die übersandten Zahlen seien als Teil der eigens für die Schätzvorschläge entwickelten Modellierung zu verstehen, greift dies nicht durch. Die Zahlen drücken gerade nicht durch ihre Form oder ihren Inhalt den individuellen Geist des Urhebers aus. Sie sind wissenschaftliche Ergebnisse, die jede Person auf der Grundlage der vorgegebenen Daten zu den Steuerarten bei einer entsprechenden Modellierung errechnete. Die Modellierung, die zu dem Schätzvorschlag geführt hat, ist nicht Gegenstand des Zugangsbegehrens.

III. Im Übrigen ist die Klage unbegründet. Soweit der Kläger Zugang zu dem Rechenmodell des Arbeitskreises und dem Schätzvorschlag des BMF begehrt, ist der Bescheid vom 25. Oktober 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 5. Februar 2019 rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten; insoweit steht dem Anspruch auf Informationszugang die Einstufung des Rechenmodells als „VS-Nur für den Dienstgebrauch“ (VS-NfD) gemäß §3 Nr.4 Var. 2 IFG entgegen. Von der Einstufung sind sowohl das Rechenmodell in der Fassung vom 12. Juli 2018 als auch der Schätzvorschlag des BMF zur 153. Sitzung des Arbeitskreises erfasst. Beide Informationen sind nur unterschiedliche Fassungen derselben Datei im Excel-Format, die nach Angaben der Behördenvertreter im Termin zur mündlichen Verhandlung als VS-NfD eingestuft wurde.

Nach §3 Nr.4 Var. 2 IFG besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn die Information einer durch die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen geregelten Geheimhaltungspflicht unterliegt. Auf dieser Grundlage ist der Zugangsanspruch nicht allein deshalb ausgeschlossen, weil die Information formal als Verschlusssache eingestuft ist. Vielmehr kommt es darauf an, ob die materiellen Gründe für eine solche Einstufung noch vorliegen. Dies hat – bezogen auf den maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung – die um Informationszugang ersuchte Behörde darzulegen und unterliegt der vollen gerichtlichen Überprüfung (BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2019 – BVerwG 7 C 20/17 –, juris Rn. 33). Dabei ist nicht erheblich, ob die Vermutung des Klägers zutrifft, die Beklagte habe die Einstufung als Verschlusssache erst nach Klageerhebung vorgenommen, um den Informationszugang zu verhindern. Aus dem Anlass der Einstufung lässt sich nicht auf einen erheblichen Fehler schließen (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 18. Mai 2017 – OVG 12 B 17.15 –, juris Rn. 30). Die materiellen Gründe für die Einstufung als Verschlusssache mit dem Geheimhaltungsgrad VS-NfD liegen vor.

Das ist gemäß §4 Abs.2 Nr.4 des Gesetzes über die Voraussetzungen und das Verfahren von Sicherheitsüberprüfungen des Bundes und den Schutz von Verschlusssachen der Fall, wenn die Kenntnisnahme durch Unbefugte für die Interessen der Bundesrepublik Deutschland oder eines ihrer Länder nachteilig sein kann. Dabei muss nicht der sichere Nachweis eines solchen Nachteils erbracht werden. Es genügt insofern die Möglichkeit einer Beeinträchtigung. Diese Möglichkeit darf aber nicht nur eine theoretische sein. Eher fernliegende Befürchtungen scheiden aus (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 18. Mai 2017 – OVG 12 B 17.15 –, juris Rn. 21). Die Beklagte hat die mögliche Beeinträchtigung der Interessen des Bundes und der Länder nachvollziehbar dargelegt.

Sie verweist insoweit auf die wichtige Rolle des Arbeitskreises im Rahmen der einnahmeseitigen Haushalts- und Finanzplanung des Bundes und der Länder. Der Bund übernehme das Schätzergebnis des Arbeitskreises unverändert in die Haushaltsaufstellung. Das Schätzergebnis sei damit auch maßgeblich für die Obergrenze der zulässigen Nettokreditaufnahme gemäß Art.115 des Grundgesetzes (GG). Des Weiteren orientierten sich die Länder, Gemeinden und Sozialversicherungen bei der Aufstellung ihrer Haushalte am Schätzergebnis.

Überzeugend hat die Beklagte die konkrete Möglichkeit der Beeinträchtigung des Interesses des Bundes und der Länder damit begründet, die Offenlegung führe zu einem Verlust der Informationen aus den Ländern. Nach ihrem Vortrag ist die Steuerschätzung im Arbeitskreis entscheidend auf die Informationen aus den Ländern angewiesen, die mit deren Schätzvorschlägen nicht identisch sind. Dies ist schon deshalb plausibel, weil die Länder eine weitgehende Steuerverwaltungshoheit für die vom Aufkommen her wichtigsten Steuern, einschließlich der ganz oder zum Teil dem Bund zufließenden Steuern, haben (Art.108 Abs.2 und 3 GG). Hinzu kommt nach Angaben der Beklagten spezielles Wissen der Länder, das bei der Steuerschätzung berücksichtigt werde. Nach den Ausführungen der Behördenvertreter im Erörterungstermin liefern die Länder während der Arbeitskreissitzungen zusätzliche Informationen zu einzelnen Steuerarten, die so nicht veröffentlicht würden. Zu berücksichtigen seien nicht nur steuerliche Sonderfälle aus den Ländern, sondern auch branchen- und damit regionenspezifische Entwicklungen, etwa durch die Corona-Pandemie.

Diese Informationen würden die Länder im Fall einer Offenlegung nicht mehr in die Diskussion des Arbeitskreises und damit in die Schätzung einbringen; die Beklagte verweist dazu unwidersprochen auf mündliche Stellungnahmen von Vertretern der Länder, die befürchteten, dass dann ggf. durch Kombination mit anderen Informationen das Steuergeheimnis verletzt würde.

Diese Befürchtung der Länder, die sich die Beklagten zu eigen macht, ist auch nicht fernliegend, wenngleich das Rechenmodell und der Schätzvorschlag des BMF keine steuerlichen Einzelfälle benennt, weil die Mitglieder des Arbeitskreises bei der Bereitstellung von Informationen das Steuergeheimnis gemäß §30 der Abgabenordnung einhalten müssen (vgl. §5 Abs.5 Satz2 der Geschäftsordnung des Arbeitskreises). Denn insoweit weist die Beklagte nachvollziehbar darauf hin, dass es nicht um eine unmittelbare Verletzung des Steuergeheimnisses durch die Offenlegung des Rechenmodells bzw. des Schätzvorschlags geht, sondern um den drohenden kompletten Informationsverlust bezüglich außergewöhnlicher das Steueraufkommen bedeutend beeinflussender Fälle, gerade deshalb, weil es bezüglich der einzelnen Informationen schwer im Voraus einzuschätzen sei, ob das Steuergeheimnis durch Kombination mit Zusatzwissen verletzt werden könne. Die Beklagte hat dazu auf Informationen zur Anpassung der Regionalisierungsbasis in der Regionalisierungstabelle des Rechenmodells Bezug genommen. Die Größenordnung der Anpassung zusammen mit dem Hinweis auf ein konkretes Land und die Steuerart könne mit anderen Informationen kontextualisiert werden, etwa bezüglich der Erbschaftssteueranpassung in einem Land mit entsprechenden Presseberichten über den Tod einer vermögenden Einzelperson. Dies wirke sich auf das gesamte Rechenmodell aus, da es sich um ein additives Modell handle, bei dem auch bei einer Teilschwärzung von einer Zahl auf die anderen Zahlen geschlossen werden könne.

Zudem hat die Beklagte den Nachteil eines möglichen Informationsverlusts auch ungeachtet des Steuergeheimnisses plausibilisiert, indem sie darauf abstellt, dass die Länder Informationen aus ihrer Verwaltungspraxis, die für die Steuerschätzung relevant sind und die der Bund nicht selbst erfassen kann, im Falle der Offenlegung zurückhielten. Dies hat der Behördenvertreter im Termin zur mündlichen Verhandlung anhand des Beispiels erläutert, dass ein Land aufgrund eines hohen Krankenstands erst wenige steuerliche Veranlagungen durchgeführt habe und dementsprechend dessen Zahlen zur Körperschaftssteuer im Rechenmodell zu gewichten gewesen seien. Die konkrete Möglichkeit, dass die Länder ihr Steuerwissen bei einer Offenlegung des Rechenmodells bzw. des Schätzvorschlags des BMF zurückhielten, hat ein Behördenvertreter zudem damit veranschaulicht, dass ein Ländervertreter den Abbruch der 136. Sitzung des Arbeitskreises im Jahr 2010 schon deshalb gefordert habe, weil vorab einzelne Zahlen des Schätzvorschlags des BMF der Presse bekannt wurden.

Danach kann offenbleiben, ob die weiteren von der Beklagten geltend gemachten Ausschlussgründe dem Informationszugang entgegenstehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §155 Abs.1 Satz1 und §161 Abs.2 VwGO. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben. Die Beklagte hat nach Klageerhebung Dokumente dem Begriff „Datengrundlage“ zugeordnet und herausgegeben. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §167 Abs.1 Satz1, Abs.2 VwGO in Verbindung mit §708 Nr.11, §711 der Zivilprozessordnung.

Die Berufung wird zugelassen, weil die Frage grundsätzliche Bedeutung hat, unter welchen Voraussetzungen bei §3 Nr.7 IFG ein „besonderes Vertraulichkeitsinteresse“ im Sinne der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (Urteil vom 15. Dezember 2020 – BVerwG 10 C 25/19 –, juris Rn. 28) anzuerkennen ist.