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Aktenzeichen
OVG 12 N 20.10
ECLI
ECLI:DE:OVGBEBB:2011:0531.OVG12N20.10.0A
Datum
31. Mai 2011
Gericht
Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
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Tenor

Der Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 29. Januar 2010 wird abgelehnt.

Die Kosten des Zulassungsverfahrens tragen die Kläger.

Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird für die zweite Rechtsstufe auf 5 000 EUR festgesetzt.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.

I. Das Klagebegehren der Kläger richtet sich darauf, ihnen Zugang zum Namen und zur Anschrift eines Vertrauensanwaltes der Deutschen Botschaft in Eriwan/Armenien sowie darüber hinaus Zugang zu bisher nicht offenbarten Informationen des Auswärtigen Amtes im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Vertrauensanwaltes zu verschaffen. Mit dem angefochtenen Urteil hat das Verwaltungsgericht die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, die Kläger hätten ihr Klageziel in zulässiger Weise mit einem Verpflichtungsantrag verfolgt. Eine Leistungsklage - die Kläger hatten im Termin hilfsweise einen Leistungsantrag gestellt - scheide aus. Die Verpflichtungsklage sei indessen unbegründet. Nach den Bekundungen der Beklagten seien weitere, über den bisher offenbarten Umfang hinausgehende Unterlagen im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Vertrauensanwaltes nicht mehr vorhanden. In Bezug auf die Daten des Vertrauensanwaltes komme ein Zugang gemäß §5 Abs.3 IFG nicht in Betracht.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der auf alle Gründe des §124 Abs.2 VwGO gestützte Antrag der Kläger auf Zulassung der Berufung.

II. Der zulässige Antrag ist unbegründet.

  1. Ein der Beurteilung des Senats unterliegender Verfahrensmangel, auf dem die Entscheidung des Verwaltungsgerichts beruhen könnte (vgl. §124 Abs.2 Nr.5 VwGO), ist nicht dargetan. Soweit die Kläger in diesem Zusammenhang geltend machen, die Entscheidung zu dem von ihnen gestellten Verpflichtungsantrag sei nicht mit Gründen versehen, über den hilfsweise gestellten Leistungsantrag habe das Verwaltungsgericht nicht befunden, kann ihnen nicht gefolgt werden. Die dazu abgegebene Erläuterung, das Verwaltungsgericht habe die Unbegründetheit des Verpflichtungsantrages auf Erwägungen gestützt, die nur zur Begründetheit einer Leistungsklage angestellt werden dürften, ist nicht nachvollziehbar. In nicht zu beanstandender Weise geht das angefochtene Urteil davon aus, dass die Kläger ihr Klageziel mit einem Verpflichtungsantrag verfolgen müssen. Dies entspricht der Rechtsprechung des Senats, wie sie auch in dem von den Klägern zitierten Beschluss vom 15. Oktober 2009 (OVG 12 RM 3.09) zum Ausdruck gebracht worden ist. In der vorliegenden Konstellation geht es nämlich gerade nicht um die Frage, ob die Beklagte der Verpflichtung aus einem zuvor von ihr erlassenen Bescheid über den Informationszugang überhaupt oder vollständig nachgekommen ist. Gestritten wird vielmehr über den Erlass eines Verwaltungsaktes, durch den der begehrte Informationszugang erst gewährt werden soll. Darüber hat das Verwaltungsgericht mit Begründung entschieden.

Mit seinen Erwägungen zur Zulässigkeit der Klage im ersten Absatz der Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils hat das Verwaltungsgericht zugleich zutreffend ausgeführt, dass eine Rechtsverfolgung des klägerischen Begehrens im Wege der allgemeinen Leistungsklage unzulässig ist, weil allein die Verpflichtungsklage die richtige und zulässige Klageart darstellt.

  1. Ohne Erfolg machen die Kläger für den Antrag auf Zulassung der Berufung eine Divergenz im Sinne des §124 Abs.2 Nr.4 VwGO geltend. Eine Abweichung im Sinne des §124 Abs.2 Nr.4 VwGO liegt vor, wenn das Urteil des Verwaltungsgerichts mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift von einem in der Rechtsprechung der in Nr.4 genannten Gerichte aufgestellten ebensolchen abstrakten Rechtssatz abweicht (vgl. Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO Kommentar, 3. Auflage §124 Rn. 158). In ihrem Zulassungsvorbringen haben die Kläger einander zuwiderlaufende abstrakte Rechtssätze in dem vorgenannten Sinne nicht bezeichnet und dargelegt. Schon deshalb kommt die Zulassung der Berufung unter dem Gesichtspunkt der Divergenz nicht in Betracht. Soweit die Kläger offenbar die Auffassung vertreten, das Verwaltungsgericht sei von der Rechtsprechung des Senats in dem bereits zitierten Beschluss vom 15. Oktober 2009 abgewichen, trifft dies im Übrigen nicht zu.

  2. Entgegen der Auffassung der Kläger bestehen weder ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts (§124 Abs.2 Nr.1 VwGO) noch weist die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten auf (§124 Abs.2 Nr.2 VwGO). Die Voraussetzungen dieser Zulassungsgründe wären nur dann erfüllt, wenn für den Ausgang des Rechtsstreits auf der Grundlage in der Zulassungsbegründung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Obsiegen zu erwarten wäre (ernstliche Zweifel) oder wenn der Ausgang nach dem Zulassungsvorbringen jedenfalls als offen angesehen werden müsste (besondere tatsächliche und rechtliche Schwierigkeiten). Dass es sich in der einen oder anderen Weise verhielte, haben die Kläger nicht in ausreichender Weise dargelegt.

a) Es ist bereits ausgeführt worden, dass das Verwaltungsgericht den hilfsweise gestellten Leistungsantrag der Kläger als unzulässig angesehen und deshalb abgewiesen hat. Zweifel an der Richtigkeit dieses Teils der Entscheidung bestehen - wie dargelegt - von vornherein nicht.

b) Im Zusammenhang mit dem begehrten Zugang zu noch vorhandenen oder jedenfalls ursprünglich vorhandenen Informationen im Zusammenhang mit der Tätigkeit des Vertrauensanwaltes in Berg-Karabach rügen die Kläger nochmals eine unrichtige Vermischung der für Verpflichtungsklagen einerseits und Leistungsklagen andererseits zu beachtenden Kriterien. Ernstliche Zweifel werden dadurch nicht begründet. Dass das „Nicht-Vorhandensein“ von Informationen, für die der Zugang begehrt wird, zur Unbegründetheit eines auf den Erlass eines begünstigenden Verwaltungsaktes über den Informationszugang gerichteten Verpflichtungsantrages führen kann und in der Regel führen muss, ist eindeutig und bedarf keiner weiteren Klärung in einem Berufungsverfahren.

In der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts am 29. Januar 2010 hat der Vertreter der Beklagten zu Protokoll erklärt, eine aktuelle Anfrage der Deutschen Botschaft in Eriwan bei dem Vertrauensanwalt in Berg-Karabach habe ergeben, dass dieser nicht mehr über Notizen oder sonstige Unterlagen verfüge, die den Verpflichtungsantrag der Kläger beträfen. Soweit entsprechende Notizen über Unterlagen vorgelegen hätten, habe er - der Vertrauensanwalt - sie unmittelbar, nachdem er der Deutschen Botschaft seinen Kenntnisstand mitgeteilt habe, vernichtet. Auf der Grundlage dieser Erklärung, zu der die im Termin mit ihrem Prozessbevollmächtigten anwesenden Kläger ausweislich des Protokolls keine Äußerungen abgegeben oder Anträge gestellt haben, hat das Verwaltungsgericht seine Überzeugung gebildet, die Unterlagen, für die die Kläger den Zugang begehrten, seien nicht mehr vorhanden. Wenn die Kläger dagegen anführen, das Verwaltungsgericht habe die Frage der Beweislast verkannt und daraus ergäben sich ernstliche Zweifel an der Richtigkeit seiner Entscheidung, geht diese Auffassung fehl. Erkennbar ist nämlich die Überzeugung des Verwaltungsgerichts zu dem genannten Problem auf die Würdigung des vorhandenen Streitstoffes gegründet, ohne dass auf Grundsätze der Beweislast zurückgegriffen worden wäre. Soweit die Kläger ergänzend anführen, das Verwaltungsgericht habe die Erhebung objektiver Tatsachen versäumt und eine notwendige Beweiserhebung unterlassen, können auch damit ernstliche Zweifel nicht hergeleitet werden. Die Darstellung der Kläger enthält keine Anhaltspunkte dafür, welche Aufklärungsmaßnahmen das Verwaltungsgericht sinnvollerweise hätte ergreifen sollen und welche Umstände dadurch jedenfalls möglicherweise hätten zutage gefördert werden können.

Sollten die vorgenannten Rügen als Geltendmachung eines Verfahrensfehlers zu verstehen sein, würde auch dies dem Zulassungsantrag nicht zum Erfolg verhelfen können. Dies ergibt sich bereits daraus, dass die Kläger gegenüber dem Verwaltungsgericht selbst keine weitere Sachaufklärung beantragt haben und in keiner Weise feststellbar ist, dass sich dem Gericht eine solche weitere Aufklärung hätte aufdrängen müssen.

Schließlich können ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung nicht damit begründet werden, dass das Verwaltungsgericht keine Ausführungen zu der Frage einer möglichen Wiederbeschaffung der nach seiner Feststellung und Überzeugungsbildung vernichteten Unterlagen gemacht hat. Bereits in seinem Urteil vom 18. März 2010 (OVG 12 B 41.08) - LKV 2010, 275; vgl. auch Beschluss des Senats vom 26. Mai 2011 - OVG 12 N 37.11 -) hat der Senat zu der entsprechenden Fragestellung nach dem Berliner Informationsfreiheitsgesetz ausgeführt, dass es keine generelle Verpflichtung der auskunftspflichtigen Stellen gibt, nicht vorhandene Akten zu beschaffen oder wieder zu beschaffen. Daran wird auch für das Informationsfreiheitsrecht des Bundes festgehalten. Etwas anderes kann unter Berücksichtigung des Prinzips von Treu und Glauben ausnahmsweise nur dann angenommen werden, wenn sich das Einsichtsbegehren auf Akten oder Teile einer Akte bezieht, die bei Eingang des Antrags auf Informationszugang bei der Behörde vorhanden sind, von dieser aber in Kenntnis der beantragten Akteneinsicht und vor Einsichtsgewährung aus der Hand gegeben werden. Nur in einem solchen Fall ist die Behörde verpflichtet, die betreffenden Akten wieder zu beschaffen, sofern ihr dies rechtlich und tatsächlich möglich ist (vgl. Urteile des Senats vom 2. Oktober 2007 - OVG 12 B 9.07 und 12 B 12.07 -, Juris, m.w.N.). Dass im vorliegenden Fall bei Anlegung der genannten Maßstäbe eine solche Wiederbeschaffungsverpflichtung in Betracht zu ziehen gewesen wäre, legt der Zulassungsantrag in keiner Weise dar.

c) Ernstliche Richtigkeitszweifel sind weiterhin auch nicht dargetan, soweit das Verwaltungsgericht den Verpflichtungsantrag der Kläger auf Offenbarung der Daten des Vertrauensanwaltes in Berg-Karabach abgewiesen hat. Die Erwägungen des Verwaltungsgerichts lassen einen Abwägungsfehler entgegen der Auffassung der Kläger nicht erkennen. Soweit das Verwaltungsgericht den Schutz der personenbezogenen Daten des Vertrauensanwaltes zunächst nicht an §5 Abs.4, sondern an §5 Abs.3 IFG misst, ist dies nicht zu beanstanden. Zwar erscheint durchaus nicht abschließend geklärt, wer im Einzelnen als „Bearbeiter“ im Sinne von §5 Abs.4 IFG anzusehen ist; insbesondere erscheint zweifelhaft, ob unter „Bearbeiter“ alle Amtsträger zu verstehen sind, die an einem Verwaltungsvorgang mitgewirkt haben (vgl. Schoch IFG Kommentar §5 Rn. 65 ff.). Doch kommt es darauf nicht an. Holt die Beklagte, wie im vorliegenden Fall, Informationen bei einem privat niedergelassenen, ihr vertrauenswürdig erscheinenden Anwalt ein, so wird dieser dadurch weder zum Bearbeiter noch zum Amtsträger. Dass das Verwaltungsgericht im Rahmen seiner Beurteilung des festgestellten Sachverhalts bei Anwendung des §5 Abs.3 IFG von einer der Regel widersprechenden Situation ausgeht, greifen die Kläger nicht in ausreichender Weise an. Soweit sie in diesem Zusammenhang in umfangreicher Weise Probleme schildern, die sich für sie in Bezug auf die rechtliche Beurteilung ihrer aufenthaltsrechtlichen Probleme in Deutschland ergeben würden, liegt darin nicht die Darlegung erheblicher Zweifel an den Abwägungsausführungen des Verwaltungsgerichts. Insbesondere kann nicht festgestellt werden, dass das Verwaltungsgericht das Informationsinteresse der Kläger entweder gar nicht gesehen oder als gering eingeschätzt hätte. Immerhin ist den Klägern in der Verwaltungstätigkeit der Beklagten der Zugang zu den noch vorhandenen Informationen und Aktenbestandteilen ausdrücklich eröffnet worden.

  1. Schließlich ist auch der Zulassungsgrund einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache im Sinne von §124 Abs.2 Nr.3 VwGO nicht gegeben. Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung nur dann, wenn für die Entscheidung der Vorinstanz eine grundsätzliche, bisher in der Rechtsprechung noch nicht geklärte Rechts- oder Tatsachenfrage von Bedeutung war, die auch für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich wäre und deren Klärung im Interesse der einheitlichen Rechtsanwendung oder der Fortbildung des Rechts geboten erscheint. Eine solche Frage haben die Kläger in ihrem Zulassungsvorbringen nicht im Sinne des §124 a Abs.4 Satz3 VwGO dargelegt.

  2. Die Kostenentscheidung folgt aus §154 Abs.2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §47 Abs.1 und 3, §52 Abs.2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§152 Abs.1 VwGO, §68 Abs.1 Satz5 i.V.m. §66 Abs.3 Satz3 GKG).

Tatbestand

Entscheidungsgründe