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Aktenzeichen
2 K 149/21
ECLI
ECLI:DE:VGBE:2022:1024.2K149.21.00
Datum
24. Oktober 2022
Gericht
Verwaltungsgericht Berlin
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Tenor

Soweit der Kläger die Klage zurückgenommen hat und die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110Prozent des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110Prozent des jeweiligen Vollstreckungsbetrags leistet.

Der Kläger begehrt Informationszugang im Zusammenhang mit einem gegen ihn geführten Disziplinarverfahren durch die Europäische Patentorganisation (EPO).

Der Kläger war Mitglied einer Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts (EPA). Die EPO führte seit dem Jahr 2015 mehrere Disziplinarverfahren gegen ihn. Im Jahr 2017 entschied der Verwaltungsrat der EPO, den Kläger nach Ablauf seiner Amtszeit nicht erneut zu ernennen. Wegen dieser Vorgänge sind Verfahren beim Verwaltungsgericht der Internationalen Arbeitsorganisation (ILOAT) anhängig.

Am 19. Mai 2020 beantragte der Kläger beim (damaligen) Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) auf der Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes - IFG - und der Datenschutz-Grundverordnung - DS-GVO - Auskunft über sämtliche beim BMJV für den Zeitraum vom 1. Juni 2016 bis zum 30. Juni 2018 vorhandenen Informationen und Unterlagen, die sich auf die Disziplinarverfahren und die nicht erfolgte Wiederernennung bezogen.

Mit Schreiben vom 3. Juni 2020 teilte das BMJV dem Kläger mit, es habe nur Daten des Klägers gespeichert habe, die ihm im Rahmen des Disziplinarverfahrens zugegangen seien. Dabei handele es sich um Vor- und Nachnamen, Geburtstag, Geburtsort, Staatsbürgerschaft und Kontaktdaten. Die Verarbeitung dieser Daten sei zur hausinternen Bearbeitung und Dokumentation erforderlich. Die Speicherung erfolge nur so lange, bis sie für diese Zwecke nicht mehr notwendig sei.

Am 4. Juni 2020 beantragte der Kläger die Überlassung einer Kopie der ihn betreffenden personenbezogenen Daten.

Mit Bescheid vom 21. Oktober 2020 gab das BMJV dem Antrag auf Informationszugang teilweise statt und lehnte ihn im Übrigen ab. Dem Bescheid war eine Liste mit den beim BMJV vorhandenen Unterlagen beigefügt.

Mit Schreiben vom 3. November 2020 lehnte das BMJV die Überlassung einer Datenkopie ab.

Den gegen den Bescheid vom 21. Oktober 2020 erhobenen Widerspruch wies das BMJV mit Widerspruchsbescheid vom 21. April 2021 zurück. Die Dokumente CA/C 16/17, 17/17 und 19/17 seien nicht als amtliche Informationen in den Akten des BMJV vorhanden. Der Herausgabe der übrigen Dokumente stehe der Schutz der internationalen Beziehungen entgegen. Die Bundesrepublik habe ein wesentliches Interesse daran, mit der EPO und ihren Mitgliedstaaten vertrauensvoll zusammenzuarbeiten. Die EPO habe die Herausgabe der von ihr erstellten Dokumente abgelehnt. Die vom BMJV erstellten E-Mails, Protokolle, Vermerke, Sprechzettel und Tabellen zu Sitzungen des Verwaltungsrats nähmen Bezug auf die von der EPO erstellten Dokumente. Zudem seien einige der Dokumente als VS-Nur für den Dienstgebrauch eingestuft.

Mit Schreiben vom 6. Mai 2021 lehnte das BMJV auf den „Widerspruch“ des Klägers gegen das Schreiben vom 3. November 2020 die Überlassung einer Datenkopie ab. Das Auskunftsrecht könne zum Schutz sonstiger wichtiger Ziele des allgemeinen öffentlichen Interesses eines Mitgliedstaats beschränkt werden. Der dem Informationszugang entgegenstehende Schutz internationaler Beziehungen sei deshalb auch im Hinblick auf den datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch zu beachten.

Der Kläger hat am 20. Mai 2021 Klage erhoben. Er trägt vor, für die Frage des Vorhandenseins der Dokumente CA/C 16/17, 17/17 und 19/17 sei ihre rechtliche Einordnung als amtliche Information nicht maßgeblich. Die Dokumente lägen ihm zwar vor. Der Beschwerdeausschuss des Verwaltungsrats der EPO habe sie aber unter der Auflage freigegeben, die Dokumente nur für Zwecke des internen Beschwerdeverfahrens zu verwenden. Er sei daran gehindert, diese Dokumente in den Verfahren vor dem ILOAT vorzulegen.

Der Schutz internationaler Beziehungen stehe dem Informationszugang nicht entgegen. Die Beklagte würde sich bei einer Offenlegung vertragstreu verhalten. Das Europäische Patentübereinkommen enthalte keine Verpflichtungen, Informationszugangsansprüche oder datenschutzrechtliche Auskunftsansprüche einzuschränken. Die Geschäftsordnung des Verwaltungsrats der EPO und das Beamtenstatut des EPA seien internes Organisationsrecht und begründeten keine Verpflichtungen für die Beklagte. Die EPO sei nach dem Protokoll über die Vorrechte und Immunitäten verpflichtet, jederzeit mit den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten zusammenzuarbeiten, um die Rechtspflege zu erleichtern. Er beabsichtige keine Veröffentlichung der Dokumente. Die Geschäftsordnung des Verwaltungsrats lasse ausdrücklich zu, Dritten oder der Öffentlichkeit nicht vertrauliche Dokumente zugänglich zu machen. Das Britische Patentamt habe ihm Zugang zu einer Reihe von Dokumenten gewährt, die die EPO als vertraulich eingestuft habe. Es sei nicht ersichtlich, dass es durch die Gewährung des Informationszugangs zu einer Verschlechterung der Beziehungen des Vereinigten Königreichs zur EPO oder zu anderen Mitgliedstaaten gekommen sei. Die EPO könne sich nicht auf die sonst bestehende Immunität von der deutschen Gerichtsbarkeit berufen, weil dies nicht zur Durchführung der Aufgaben der EPO erforderlich sei. Das Dokument Nr.8 sei nicht vertraulich. Die EPO habe ihm andere, als vertraulich gekennzeichnete Dokumente offengelegt. Hinsichtlich des Dokuments Nr.39 habe der Präsident der Beschwerdekammer erklärt, er habe als Verfasser dieses Schreibens keine Einwände gegen die Herausgabe. Das diesem Schreiben angehängte, vom Verwaltungsrat als vertraulich gekennzeichnete Dokument, habe die EPO ihm zur Verfügung gestellt.

Die Beklagte habe nicht dargelegt, dass die materiellen Gründe für die Einstufung der Unterlagen als VS-Nur für den Dienstgebrauch vorlägen.

Der Kläger hat zunächst beantragt, die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheids vom 21. Oktober 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. April 2021 zu verpflichten, ihm Zugang zu den Dokumenten 2–18, 20–29, 31–37, 39–44, 46–50 und zu den Dokumenten CA/C 13/17 und 16/17–19 /17 zu gewähren, hilfsweise die Beklagte unter Aufhebung des Schreibens vom 3. November 2020 in Gestalt des Schreibens vom 6. Mai 2021 zu verurteilen, ihm die in Art.15 Abs.1 Buchst.a–h DS-GVO genannten Informationen zu diesen Dokumenten zu erteilen.

Nunmehr beantragt der Kläger,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 21.Oktober 2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.April 2021 sowie unter Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 3.November 2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6.Mai 2021 zu verpflichten, ihm Informationszugang zu den Dokumenten 2, 3, 4, 8, 9, 10, 13, 14, 15, 18, 20, 22, 23, 24, 25, 26, 28, 31, 35, 36, 39, 40, 43 und 48 sowie den Dokumenten CA/C 16/17 vom 24.November 2017, CA/C 17/17 vom 24.November 2017 und CA/C 19/17 vom 24.November 2017 zu erteilen.

hilfsweise den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 3.November 2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6.Mai 2021 zu verpflichten, ihm zu den Dokumenten 2, 3, 4, 8, 9, 10, 13, 14, 15, 18, 20, 22, 23, 24, 25, 26, 28, 31, 35, 36, 39, 40, 43 und 48 sowie den Dokumenten CA/C 16/17 vom 24.November 2017, CA/C 17/17 vom 24.November 2017 und CA/C 19/17 vom 24.November 2017 die in Art.15 Abs.1 Buchst.a–h genannten Informationen zu erteilen.

die Zuziehung eines Bevollmächtigen für beide Widerspruchsverfahren für notwendig zu erklären.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Ergänzend trägt sie vor, die Dokumente CA/C 16/17, 17/17 und 19/17 seien vom Präsidenten des Verwaltungsrats in der 154.Sitzung des Verwaltungsrats zurückgezogen worden. Das BMJV habe die Dokumente zwar in der elektronischen Referatsablage gespeichert. Die Dokumente seien aber nicht mehr für die Beschlussfassung entscheidungserheblich gewesen und deshalb nicht veraktet worden. Hinsichtlich der von der EPO erstellten Dokumente sei die Beklagte nicht verfügungsberechtigt. Für den Erhalt und die Stärkung positiver Beziehungen zur EPO sei es unerlässlich, dass die Bundesrepublik sich an die in der Geschäftsordnung des Verwaltungsrats geregelte Vertraulichkeit halte. Der Präsident des Verwaltungsrats habe mit Schreiben vom 24.August 2020 der Herausgabe der als vertraulich gekennzeichneten Dokumente der KategorieC und seiner E-Mail an den Unterabteilungsleiter IIIB (Dokument Nr.8) widersprochen. Der Leiter des Ratssekretariats habe mit Schreiben vom 24.August 2020 der Herausgabe der Protokolle der Sitzungen des Verwaltungsrats und der Zusammenfassungen der Ratsbeschlüsse widersprochen. Es sei unbeachtlich, dass der Kläger nicht beabsichtige, die Unterlagen zu veröffentlichen. Dem Antrag auf Auskunft gemäß Art.15 Abs.1 Buchst. a–h DS-GVO sei die Beklagte mit Schreiben vom 3. Juni 2020 nachgekommen.

In der mündlichen Verhandlung am 24.Oktober 2022 haben die Beteiligten den Rechtsstreit im Hinblick auf das Dokument Nr.5 in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt. Die Beklagte hat zudem zugesichert, dem Kläger Einsicht in die ihn betreffenden Passagen des Dokuments Nr.13 und in die Dokumente Nr.26 und Nr.36 (mit Ausnahme der das Abstimmungsverhalten im Verwaltungsrat betreffenden Passagen) zu gewähren. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung beantragt, der Beklagten aufzugeben, die streitbefangenen Dokumente vorzulegen.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsvorgänge verwiesen.

Gemäß §6 Abs.1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - ist der Berichterstatter als Einzelrichter zuständig, nachdem die Kammer ihm den Rechtsstreit durch Beschluss vom 14.Juni 2022 zur Entscheidung übertragen hat.

Soweit der Kläger nicht mehr an seinem Antrag auf Einsicht in bzw. Auskunft über die Dokumente Nr.6, 7, 11, 12, 16, 17, 21, 27, 29, 32–34, 37, 41, 42, 44–47, 49 und 50 und die Dokumente CA/C13/17 und CA/C18/17 festhält, hat er die Klage zurückgenommen. Insoweit ist das Verfahren gemäß §92 Abs.2 VwGO einzustellen. Dies gilt auch, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache hinsichtlich des Dokuments Nr.5 übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben.

Im Hinblick auf den mit Schriftsatz vom 7.Oktober 2022 erstmals gestellten Antrag auf Übersendung einer Kopie gemäß Art.15 Abs.3 DS-GVO, liegt eine gemäß §91 Abs.1 VwGO zulässige Klageänderung vor. Bei diesem Anspruch handelt es sich um einen im Verhältnis zum Anspruch auf Informationszugang anderen Streitgegenstand (vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. Mai 2016 – BVerwG7 C7/15 – AfP2016, 564 Rn.4). Die Beklagte hat ihre Einwilligung zur Klageänderung nicht erteilt. Diese ist aber sachdienlich, weil sie der endgültigen Beilegung des sachlichen Streits zwischen den Beteiligten im laufenden Verfahren dient und der Streitstoff bei Würdigung des Einzelfalls im Wesentlichen derselbe bleibt.

I. Die Klage ist mit dem Antrag, dem Kläger auf der Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes Zugang zu den Unterlagen zu gewähren, teilweise unzulässig (1.) und im Übrigen unbegründet (2.).

  1. Für das Dokument Nr.48 fehlt es an dem vor Erhebung einer Verpflichtungsklage erforderlichen vorprozessualen Antrag (vgl. §75 Satz1 VwGO). Der Informationszugangsantrag vom 19. Mai 2020 war zeitlich auf „für den Zeitraum vom 1. Juni 2016 bis zum 30. Juni 2018 vorhandene Informationen“ beschränkt. Das Dokument Nr.48 ist am 13. Juli 2018 und damit nach Ende des antragsgegenständlichen Zeitraums entstanden.

Das Dokument Nr.13 ist ein Vermerk zu zahlreichen Vorgängen. Soweit diese Vorgänge keinen Bezug zum Kläger aufweisen, fehlt es ebenfalls an einem vorprozessualen Antrag. Denn der Antrag vom 19. Mai 2020 war inhaltlich auf Informationen beschränkt, die sich auf die den Kläger betreffenden Disziplinar- und Gerichtsverfahren bezogen. Soweit die Beklagte in der mündlichen Verhandlung die Einsicht in die den Kläger betreffenden Passagen des Dokuments Nr.13 zugesichert hat, ist die Klage mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig.

Gleiches für die Dokumente Nr.26 und Nr.36 (mit Ausnahme der das Abstimmungsverhalten im Verwaltungsrat betreffenden Passagen), für die die Beklagte ebenfalls zugesichert hat, dem Kläger Einsicht zu gewähren.

  1. Der Bescheid vom 21. Oktober 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. April 2021 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten; der Kläger hat keinen Anspruch auf Zugang zu den begehrten Informationen (§113 Abs.5 Satz1 VwGO).

Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers ist §1 Abs.1 Satz1 IFG. Danach hat jeder nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen.

a) Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind gegeben. Der Kläger ist als natürliche Person „jeder“. Das Bundesministerium der Justiz (BMJ) ist eine Behörde des Bundes. Die Dokumente CA/C 16/17, 17/17 und 19/17 sind beim BMJ vorhanden. Es handelt sich bei ihnen auch um amtliche Informationen im Sinne von §2 Nr.1 Satz1 IFG, d. h. amtlichen Zwecken dienende Aufzeichnungen. Ihre Aufzeichnung dient nach den objektiven Regelungen über eine ordnungsgemäße Aktenführung amtlichen Zwecken (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.Oktober 2021 – BVerwG10 C3/20 – BVerwGE174, 66 Rn.15). Die Dokumente waren nach den Grundsätzen der vollständigen und nachvollziehbaren Aktenführung (§4 Abs.1 der Registraturrichtlinie) zu amtlichen Zwecken aufzuzeichnen. Mit ihrem Vorbringen, die Dokumente seien nicht entscheidungserheblich gewesen, weil der Präsident des Verwaltungsrats der EPO sie in der 154.Sitzung zurückgezogen und durch andere Dokumente ersetzt habe, stellt die Beklagte ihre Amtlichkeit nicht mit Erfolg in Abrede. Die Entscheidungserheblichkeit der Information ist kein Bestandteil der Legaldefinition in §2 Nr.1 IFG. Es ist nicht vorgetragen, dass die Dokumente bagatellartigen Charakter hatten (vgl. BVerwG ebd. Rn.18) oder „Entwürfe“ bzw. „Notizen“ im Sinne von §2 Nr.1 Satz2 IFG waren.

Das BMJ ist auch hinsichtlich der von der EPO erstellten Dokumente gemäß §7 Abs.1 Satz1 IFG verfügungsberechtigt. Es hat sie im Rahmen der Erfüllung der ihm obliegenden Aufgaben erhalten. Zudem ist nur das BMJ, nicht aber die EPO eine Behörde des Bundes im Sinne des §1 Abs.1 Satz1 IFG, so dass keine Zuständigkeitskonkurrenz verschiedener informationspflichtiger Behörden vorliegt, auf die §7 Abs.1 Satz1 IFG zugeschnitten ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 5.Mai 2022 – BVerwG10 C1/21 – juris Rn.15f.).

b) §3 Nr.1 Buchst.a IFG steht dem Zugang zu den Dokumenten Nr.2–4, 8–10, 14, 15, 18, 20, 22–25, 28, 31, 35, 39, 40 und 43 sowie den Dokumenten Nr.26 und 36 (soweit die Beklagte die Einsicht nicht zugesichert hat) entgegen. Danach besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn das Bekanntwerden der Information nachteilige Auswirkungen haben kann auf internationale Beziehungen. Die Beziehungen der Bundesrepublik zur EPO als zwischenstaatliche Einrichtung und zu deren Mitgliedstaaten zählen zu den hiernach geschützten Beziehungen (vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes vom 14.Dezember 2004, BT-Drs.15/4493 S.9). Die Beklagte hat zur Überzeugung des Gerichts dargelegt (§108 Abs.1 Satz1 VwGO), dass die Offenlegung der begehrten Informationen nachteilige Auswirkungen auf diese Beziehungen haben kann.

Die Beklagte hat das allgemeine Ziel der Bundesrepublik benannt, die positiven Beziehungen zur EPO und ihren Mitgliedstaaten zu erhalten und zu stärken. Als Strategie zur Erreichung dieses Ziels halte die Bundesrepublik sich an die von der EPO geforderte Vertraulichkeit. Diese Zielsetzung und Strategiebestimmung entziehen sich mangels hierfür bestehender rechtlicher Kriterien weithin einer gerichtlichen Kontrolle und überschreiten nicht den verfassungsrechtlich eingeräumten weiten Gestaltungsspielraum des BMJ (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.Oktober 2009 – BVerwG7 C22/08 – NVwZ2010, 321 Rn.15).

Die Einschätzung der Beklagten, die Offenlegung der begehrten Informationen könne nachteilige Konsequenzen für die Beziehungen der Bundesrepublik zur EPO und deren Mitgliedstaaten haben, ist – gemessen an den engen Grenzen der verwaltungsgerichtlichen Prüfung – nicht zu beanstanden. Sie ist plausibel und nachvollziehbar. Die Beklagte ist von einem zutreffend und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen, hat ihre Prognose einleuchtend begründet und keine offensichtlich fehlerhafte, insbesondere in sich widersprüchliche Einschätzung getroffen (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.Oktober 2009 – BVerwG7 C22/08 – NVwZ2010, 321 Rn.20; s. auch Urteil vom 29. Juni 2016 – BVerwG7 C32/15 – NVwZ2016, 1566 Rn.37 zum UIG).

aa) Dokument Nr.8 ist eine E-Mail des Vorsitzenden des Verwaltungsrats der EPO an den Unterabteilungsleiter IIIB des BMJ. Der Präsident des Verwaltungsrats hat sich mit Schreiben vom 24. August 2020 gegen die Offenlegung dieser von ihm als vertraulich bezeichneten E-Mail gewandt. Nach seiner Auffassung sollte die E-Mail dem Kläger nach dem internen Recht der EPO nicht zur Verfügung gestellt werden. Die hierauf gestützte Einschätzung der Beklagten, die Offenlegung entgegen der ausdrücklich geäußerten Bedenken des Präsidenten des Verwaltungsrats könne die Beziehungen zur EPO negativ beeinflussen, ist ohne weiteres einleuchtend. Mit seinem Einwand, es sei unverständlich, weshalb der Präsident der Offenlegung der E-Mail entgegentrete aber keine Einwände gegen die Vorlage zahlreicher als vertraulich gekennzeichneter Dokumente habe, dringt der Kläger nicht durch. Denn zum einen hat der Präsident des Verwaltungsrats in seinem Schreiben vom 24. August 2020 der Offenlegung der als vertraulich eingestuften Dokumente ausdrücklich widersprochen. Und zum anderen ist grundsätzlich nur die Prognoseentscheidung der Beklagten, nicht aber die Richtigkeit der gegen die Offenlegung geäußerten Bedenken des Vertreters der EPO Gegenstand der gerichtlichen Prüfung.

bb) Dokument Nr.39 ist ein Schreiben des Präsidenten der Beschwerdekammern des EPA an den Unterabteilungsleiter IIIB des BMJin seiner (damaligen) Funktion als Vorsitzender des Verwaltungsrats der EPO. Der Präsident der Beschwerdekammern hat mit Schreiben vom 23. Juli 2020 zwar mitgeteilt, er habe „als Verfasser“ des Schreibens keine Einwände gegen die Herausgabe. Das Dokument CA/C23/17, dessen Offenlegung der Präsident des Verwaltungsrats mit Schreiben vom 24. August 2020 ausdrücklich verweigert hat, nimmt aber inhaltlich Bezug auf das Dokument Nr.39. Die Einschätzung der Beklagten, das verweigerte Einverständnis in die Offenlegung des Dokuments CA/C23/17 sei wegen dieser inhaltlichen Verknüpfung mit dem Dokument Nr.39 auf dieses übertragbar, ist nicht offensichtlich fehlerhaft.

cc) Die Offenlegung der vom BMJ angefertigten Sprechzettel, Protokolle und Zusammenfassungen der Beschlüsse auf der 148. Tagung (Dokumente Nr.2–4), 149.Tagung (Nr.9 und 10), 150.Tagung (Nr.14 und 15), 151.Tagung (Nr.18 und 20), 152.Tagung (Nr.22–24), 153.Tagung (Nr.25 und 28), 154.Tagung (Nr.31, 35 und 40) und 156.Tagung (Nr.43) des Verwaltungsrats kann nach der nachvollziehbaren Prognose der Beklagten nachteilige Auswirkungen auf die Beziehungen zur EPO habe.

Der Leiter des Ratssekretariats, das die Protokolle der Ratstagungen erstellt und für die organisatorischen Belange der Arbeiten des Rats verantwortlich ist (Art.6 Abs.2 der Geschäftsordnung des Verwaltungsrats in der Fassung von Mai 2020 - GOVR), hat mit Schreiben vom 24. August 2020 der Offenlegung der von der EPO erstellten Protokolle und Zusammenfassungen der Tagungen widersprochen. Er verweist darauf, der Verwaltungsrat habe in Ergänzung zu der in Art.13 GOVR festgelegten Vertraulichkeitspflicht beschlossen, die Protokolle der Ratstagungen nicht zu veröffentlichen. Zudem entspreche es der gängigen Praxis des Verwaltungsrats, Zusammenfassungen seiner Beschlüsse nicht zu veröffentlichen. Daher sollten die Dokumente dem Kläger unter Berücksichtigung sowohl des internen Rechts als auch der ständigen Praxis der EPO nicht zur Verfügung gestellt werden.

Diese Einschätzung schlägt nach dem plausiblen Vortrag der Beklagten auf die vom BMJ erstellten Dokumente zu den Tagungen des Verwaltungsrats durch. Denn diese sind hinsichtlich des Inhalts der Tagungen und der dort gefassten Beschlüsse jedenfalls teilidentisch. Der Beklagtenvertreter hat in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, die Praxis der EPO werde unterlaufen, wenn die Öffentlichkeit die von den Vertretern der Mitgliedstaaten erstellten Sprechzettel, Protokolle und Zusammenfassungen der Tagungen des Verwaltungsrats im Wege der nationalen Informationsfreiheitsgesetze erlangen könne.

Dem steht der Einwand des Klägers nicht entgegen, die von der EPO erstellten Protokolle und Zusammenfassungen der Tagungen seien nicht gemäß Art.9 Abs.3 GOVR als vertrauliche Dokumente der Kategorie C gekennzeichnet. Es trifft zwar zu, dass die Pflicht zur Wahrung der Vertraulichkeit gemäß Art.13 GOVR nur Dokumente der Kategorie C erfasst und nicht vertrauliche Dokumente Dritten oder der Öffentlichkeit zugemacht werden können, sofern der Rat nicht im Einzelfall etwas anderes beschließt. Der Leiter des Ratssekretariats begründet seine Einwände gegen die Offenlegung aber gerade nicht mit der Vertraulichkeitspflicht aus Art.13 GOVR. Er verweist vielmehr auf die Praxis der EPO und den Beschluss des Verwaltungsrats vom 5.Juni 2012 (CA26/12 rev.1). Dieser sieht vor, dass die Protokolle der Ratstagungen nicht veröffentlicht werden.

Der Umstand, dass dem Kläger die von der EPO erstellten Protokolle und Zusammenfassungen der Tagungen bekannt sind, zieht die Plausibilität der Prognose der Beklagten nicht mit Erfolg in Zweifel. Denn der Leiter des Ratssekretariats hat sich in seinem Schreiben vom 24. August 2020 in Kenntnis dieses Umstands gegen eine Bekanntgabe der Dokumente ausgesprochen. Er führt aus, der Kläger könne in seiner Eigenschaft als Bediensteter des EPA (in der er der Verschwiegenheitspflicht gemäß Art.12 EPÜ unterliegt) sämtliche von der EPO erstellten Dokumente über die interne Datenbank einsehen.

Unbeachtlich ist auch der Einwand des Klägers, er beabsichtige nicht, die begehrten Informationen zu veröffentlichen. Denn die Frage, ob die Bekanntgabe einer Information sich auf die internationalen Beziehungen nachteilig auswirken kann, hängt nicht von der Person des konkreten Antragstellers und seine Ansichten ab. Maßgeblich ist vielmehr, ob das Bekanntwerden der Information objektiv, also beispielsweise erst in der Hand anderer, geeignet ist, sich nachteilig auf die internationalen Beziehungen auszuwirken (BVerwG, Urteil vom 29.Oktober 2009 – BVerwG7 C22/08 – NVwZ2010, 321 Rn.24).

Mit seinem Vorbringen, die Beklagte würde sich auch bei einer Offenlegung vertragstreu verhalten, die Vertraulichkeitspflichten der Geschäftsordnung des Verwaltungsrats seien internes, die Beklagte nicht bindendes Organisationsrecht und die EPO sei verpflichtet, jederzeit mit den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten zusammenzuarbeiten, um die Rechtspflege zu erleichtern, dringt der Kläger – ungeachtet der Richtigkeit seiner Rechtsauffassung – ebenfalls nicht durch. Denn die Beklagte knüpft ihre Prognose nicht an die Reichweite der vertraglichen Verpflichtungen der Bundesrepublik oder der EPO, sondern an die von der EPO geäußerten Einwände gegen eine Veröffentlichung. Für die allein maßgebliche Frage, ob die Bekanntgabe der Informationen sich nachteilig auf die Beziehungen der Bundesrepublik zur EPO auswirken kann, kommt es grundsätzlich nicht auf die Richtigkeit der Rechtsposition der EPO an.

Auch der Einwand des Klägers, das Britische Patentamt habe ihm Zugang zu einer Reihe von als vertraulich eingestuften Dokumenten der EPO gewährt, ohne dass es zu einer Verschlechterung der Beziehungen des Vereinigten Königreichs zur EPO oder anderen Mitgliedstaaten gekommen sei, verfängt nicht. Zum einen ist seine Behauptung, die Beziehungen des Vereinigten Königreichs zur EPO seien nicht beeinträchtigt worden, unsubstantiiert. Zum anderen belegt die einmalige Offenlegung vertraulicher Dokumente durch eine nationale Behörde nicht, dass die EPO und die anderen Mitgliedstaaten an der geübten Praxis der vertraulichen Behandlung nicht weiter festhalten.

dd) Die Dokumente Nr.26 und Nr.36 enthalten, soweit die Beklagte die Akteneinsicht nicht zugesichert hat, Informationen über das Abstimmungsverhalten anderer Beteiligter an Sitzungen des Verwaltungsrats. Auch insoweit ist die Prognose der Beklagten nachvollziehbar, dass eine Offenlegung dieser Informationen über den Verlauf einzelner Verwaltungsratssitzungen nachteilige Auswirkungen auf die Beziehungen zur EPO und ihren Mitgliedstaaten haben kann.

c) Die Ablehnung des Zugangs zu den Dokumenten CA/C 16/17, 17/17 und 19/17 gemäß §9 Abs.3 Alt.1 IFG begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Danach kann der Antrag abgelehnt werden, wenn der Antragsteller bereits über die begehrten Informationen verfügt.

Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind gegeben. Die Dokumente CA/C 16/17, 17/17 und 19/17 liegen dem Kläger vor. Für die Frage, ob der Kläger über die Informationen im Sinne von §9 Abs.3 IFG „verfügt“ ist unerheblich, dass der Beschwerdeausschuss des Verwaltungsrats der EPO dem Kläger die Dokumente mit der Auflage zur Verfügung gestellt hat, diese nur für die Zwecke des Beschwerdeverfahrens zu verwenden.

Das BMJ hat – nachdem es vom Vorliegen der Voraussetzungen des Ausschlussgrunds im Gerichtsverfahren erstmals Kenntnis erlangt hat – das ihm zustehende Ermessen erkannt und ordnungsgemäß ausgeübt (§114 VwGO). Seine Erwägungen, die vom Informationsfreiheitsgesetz bezweckte Transparenz erfordere keine (nochmalige) Offenlegung, §9 Abs.3 IFG diene der Entlastung der Behörde, dem BMJ obliege es nicht, die Informationen dem Kläger nochmals oder mit anderen Voraussetzungen zur Verfügung zu stellen und es stehe dem BMJ – auch zum Schutz internationaler Beziehungen – nicht zu, dem Kläger die Informationen zur Verfügung zu stellen, hat die Beklagte keine sachfremden Erwägungen angestellt.

Ob dem Informationszugang darüber hinaus §3 Nr.4 Var.2 IFG entgegensteht, kann dahinstehen.

II. Mit dem Antrag, dem Kläger Datenkopien der ihn betreffenden personenbezogenen Daten gemäß Art.15 Abs.3 DS-GVO zur Verfügung zu stellen, ist die Klage ebenfalls teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet.

Soweit die Beklagte die Einsicht in die ihn betreffenden Passagen des Dokuments Nr.13 und in die Dokumente Nr.26 und Nr.36 (mit Ausnahme der das Abstimmungsverhalten im Verwaltungsrat betreffenden Passagen) zugesichert hat, fehlt dem Kläger das Rechtsschutzbedürfnis.

Im Übrigen steht ihm der Anspruch gemäß Art.15 Abs.3 DS-GVO nicht zu. Soweit das Dokument Nr.13 Informationen über Vorgänge enthält, die den Kläger nicht betreffen, handelt es sich bereits nicht um personenbezogene Daten im Sinne von Art.4 Nr.1 DS-GVO. Der Übersendung einer Datenkopie der übrigen Dokumente steht §34 Abs.1 Nr.1 i.V.m. §33 Abs.1 Nr.1 Buchst.b des Bundesdatenschutzgesetzes - BDSG - entgegen. Danach besteht das Recht auf Auskunft der betroffenen Person gemäß Art.15 DS-GVO nicht, wenn die Erteilung der Information die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gefährden oder sonst dem Wohle des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde und deswegen das Interesse der betroffenen Person an der Informationserteilung zurücktreten muss.

Zu dem hiernach geschützten „Wohle des Bundes“ zählen die Beziehungen der Bundesrepublik zur EPO und ihren Mitgliedstaaten. Aus dem oben Gesagten folgt, dass die Bekanntgabe der begehrten Informationen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit einen Nachteil für diese Beziehungen haben kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.November 2020 – BVerwG20 F5/20 – NVwZ2021, 415 Rn.17ff.). Dies gilt auch für die Dokumente Nr.48 und CA/C 16/17, 17/17 und 19/17. Dokument Nr.48 ist ein Vermerk des BMJV mit einer Zusammenfassung der 156. Sitzung des Verwaltungsrats. Insoweit gilt das oben Gesagte. Die Dokumente CA/C 16/17, 17/17 und 19/17 sind der KategorieC zugeordnet, die gemäß Art.13 Abs.1, Art.9 Abs.3 GOVR der Vertraulichkeit unterliegen und gegen deren Bekanntgabe sich der Präsident des Verwaltungsrats mit Schreiben vom 24. August 2020 gewandt hat.

Das Interesse des Klägers an der Informationserteilung muss hinter dem Geheimhaltungsinteresse zurücktreten. Das Interesse der Beklagten, die positiven Beziehungen zur EPO und ihren Mitgliedstaaten zu schützen und die mit der Offenlegung verbundene Gefahr einer Beeinträchtigung der vertraulichen Zusammenarbeit, haben ein hohes Gewicht. Demgegenüber hat der Kläger nicht dargelegt, worin sein Informationsinteresse besteht. Er hat lediglich auf die Betroffenheit personenbezogener Daten hingewiesen.

§33 Abs.1 Nr.1 Buchst.b BDSG ist entgegen der Auffassung des Klägers von der Öffnungsklausel des Art.23 Abs.1 Buchst.e DS-GVO gedeckt (Eßer, in: Eßer/Kramer/v.Lewinski, DSGVO/BDSG, 6.Auflage 2018, §32 Rn.14; Franck, in: Gola/Heckmann, DS-GVO/BDSG, 3.Auflage 2022, §32 Rn.26; Golla, in: Kühling/Buchner, DS-GVO/BDSG, 3.Auflage 2020, §32 Rn.13; Greve, in: Sydow, BDSG, 2020, §32 Rn.23). Der Begriff des „sonstigen wichtigen Ziels“ erfasst jedes wichtige Gemeinwohlziel, das in seinem Gewicht den in Art.23 Abs.1 Buchst. a–d DS-GVO oder den Regelbeispielen in Art.23 Abs.1 Buchst. e DS-GVO gleichkommt (Stender-Vorwachs/Wolff, in: BeckOK Datenschutzrecht, Stand:2021, Art.23 DS-GVO Rn.37). Hierzu zählt das allgemeine öffentliche Interesse am Schutz internationaler Beziehungen.

III. Der Hilfsantrag, dem Kläger Auskunft über die in Art.15 Abs.1 Buchst.a–h DS-GVO genannten Informationen zu erteilen, hat keinen Erfolg. Die Klage ist mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Die Beklagte hat dem Kläger mit Schreiben vom 3. Juni 2020 den Verarbeitungszweck (hausinterne Bearbeitung und Dokumentation zum Disziplinarverfahren), die Kategorien personenbezogener Daten (Vor- und Nachname, Geburtstag, Geburtsort, Staatsbürgerschaft und Kontaktdaten) und die geplante Dauer der Speicherung (solange, bis für o.g. Zwecke nicht mehr notwendig) mitgeteilt. Es ist nicht vorgetragen, dass beim Beklagten weitere Kategorien personenbezogener Daten vorhanden sind (z.B. Daten gemäß Art.9 und Art.10 DS-GVO) oder die Daten anderen Empfängern offengelegt worden sind. Die Klage auf Auskunft über das Recht auf Berichtigung oder Löschung und das Beschwerderecht ist nicht geeignet die Rechtsstellung des Klägers zu verbessern, weil der Kläger spätestens mit Klageerhebung Kenntnis von diesen Rechten erlangt hat.

Der in der mündlichen Verhandlung gestellte Antrag des Klägers, der Beklagten aufzugeben, die streitbefangenen Dokumente zum Beweis der Tatsache vorzulegen, dass das Bekanntwerden der Dokumente keine nachteiligen Auswirkungen auf internationale Beziehungen haben kann, war abzulehnen. Der Antrag war nicht auf eine dem Beweis zugängliche Tatsache, sondern auf eine rechtliche Wertung gerichtet, deren Beurteilung dem Gericht obliegt. Zudem konnte das Gericht auf der Grundlage des Beklagtenvorbringens entscheiden, ob dem Informationszugang die Gefahr nachteiliger Auswirkungen auf internationale Beziehungen entgegenstand (BVerwG, Urteil vom 28.Februar 2019 – BVerwG7 C20/17 – BVerwGE165, 1Rn. 38).

Die Kostenentscheidung beruht auf §155 Abs.1 Satz3, §155 Abs.2, §161 Abs.3 VwGO. Der Kläger trägt die Kosten auch soweit die Beteiligten den Rechtsstreit hinsichtlich des Dokuments Nr.5 übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, weil dies nur einen geringen Teil des Rechtsstreits betrifft. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §167Abs.1 Satz1, Abs.2 VwGO i.V.m. §708 Nr.11,§711 der Zivilprozessordnung.

Über den Antrag, die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären, war nicht zu entscheiden, weil der Kläger keinen Kostenerstattungsanspruch dem Grunde nach hat.

BESCHLUSS

Der Wert des Streitgegenstands wird gemäß §§39 ff., §§52 f. des Gerichtskostengesetzes auf

10.000,00 Euro

festgesetzt. Das Gericht hat für den Informationszugangsanspruch und den datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch jeweils den Auffangwert angesetzt.

Tatbestand

Der Kläger begehrt Informationszugang im Zusammenhang mit einem gegen ihn geführten Disziplinarverfahren durch die Europäische Patentorganisation (EPO).

Der Kläger war Mitglied einer Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts (EPA). Die EPO führte seit dem Jahr 2015 mehrere Disziplinarverfahren gegen ihn. Im Jahr 2017 entschied der Verwaltungsrat der EPO, den Kläger nach Ablauf seiner Amtszeit nicht erneut zu ernennen. Wegen dieser Vorgänge sind Verfahren beim Verwaltungsgericht der Internationalen Arbeitsorganisation (ILOAT) anhängig.

Am 19. Mai 2020 beantragte der Kläger beim (damaligen) Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) auf der Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes - IFG - und der Datenschutz-Grundverordnung - DS-GVO - Auskunft über sämtliche beim BMJV für den Zeitraum vom 1. Juni 2016 bis zum 30. Juni 2018 vorhandenen Informationen und Unterlagen, die sich auf die Disziplinarverfahren und die nicht erfolgte Wiederernennung bezogen.

Mit Schreiben vom 3. Juni 2020 teilte das BMJV dem Kläger mit, es habe nur Daten des Klägers gespeichert habe, die ihm im Rahmen des Disziplinarverfahrens zugegangen seien. Dabei handele es sich um Vor- und Nachnamen, Geburtstag, Geburtsort, Staatsbürgerschaft und Kontaktdaten. Die Verarbeitung dieser Daten sei zur hausinternen Bearbeitung und Dokumentation erforderlich. Die Speicherung erfolge nur so lange, bis sie für diese Zwecke nicht mehr notwendig sei.

Am 4. Juni 2020 beantragte der Kläger die Überlassung einer Kopie der ihn betreffenden personenbezogenen Daten.

Mit Bescheid vom 21. Oktober 2020 gab das BMJV dem Antrag auf Informationszugang teilweise statt und lehnte ihn im Übrigen ab. Dem Bescheid war eine Liste mit den beim BMJV vorhandenen Unterlagen beigefügt.

Mit Schreiben vom 3. November 2020 lehnte das BMJV die Überlassung einer Datenkopie ab.

Den gegen den Bescheid vom 21. Oktober 2020 erhobenen Widerspruch wies das BMJV mit Widerspruchsbescheid vom 21. April 2021 zurück. Die Dokumente CA/C 16/17, 17/17 und 19/17 seien nicht als amtliche Informationen in den Akten des BMJV vorhanden. Der Herausgabe der übrigen Dokumente stehe der Schutz der internationalen Beziehungen entgegen. Die Bundesrepublik habe ein wesentliches Interesse daran, mit der EPO und ihren Mitgliedstaaten vertrauensvoll zusammenzuarbeiten. Die EPO habe die Herausgabe der von ihr erstellten Dokumente abgelehnt. Die vom BMJV erstellten E-Mails, Protokolle, Vermerke, Sprechzettel und Tabellen zu Sitzungen des Verwaltungsrats nähmen Bezug auf die von der EPO erstellten Dokumente. Zudem seien einige der Dokumente als VS-Nur für den Dienstgebrauch eingestuft.

Mit Schreiben vom 6. Mai 2021 lehnte das BMJV auf den „Widerspruch“ des Klägers gegen das Schreiben vom 3. November 2020 die Überlassung einer Datenkopie ab. Das Auskunftsrecht könne zum Schutz sonstiger wichtiger Ziele des allgemeinen öffentlichen Interesses eines Mitgliedstaats beschränkt werden. Der dem Informationszugang entgegenstehende Schutz internationaler Beziehungen sei deshalb auch im Hinblick auf den datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch zu beachten.

Der Kläger hat am 20. Mai 2021 Klage erhoben. Er trägt vor, für die Frage des Vorhandenseins der Dokumente CA/C 16/17, 17/17 und 19/17 sei ihre rechtliche Einordnung als amtliche Information nicht maßgeblich. Die Dokumente lägen ihm zwar vor. Der Beschwerdeausschuss des Verwaltungsrats der EPO habe sie aber unter der Auflage freigegeben, die Dokumente nur für Zwecke des internen Beschwerdeverfahrens zu verwenden. Er sei daran gehindert, diese Dokumente in den Verfahren vor dem ILOAT vorzulegen.

Der Schutz internationaler Beziehungen stehe dem Informationszugang nicht entgegen. Die Beklagte würde sich bei einer Offenlegung vertragstreu verhalten. Das Europäische Patentübereinkommen enthalte keine Verpflichtungen, Informationszugangsansprüche oder datenschutzrechtliche Auskunftsansprüche einzuschränken. Die Geschäftsordnung des Verwaltungsrats der EPO und das Beamtenstatut des EPA seien internes Organisationsrecht und begründeten keine Verpflichtungen für die Beklagte. Die EPO sei nach dem Protokoll über die Vorrechte und Immunitäten verpflichtet, jederzeit mit den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten zusammenzuarbeiten, um die Rechtspflege zu erleichtern. Er beabsichtige keine Veröffentlichung der Dokumente. Die Geschäftsordnung des Verwaltungsrats lasse ausdrücklich zu, Dritten oder der Öffentlichkeit nicht vertrauliche Dokumente zugänglich zu machen. Das Britische Patentamt habe ihm Zugang zu einer Reihe von Dokumenten gewährt, die die EPO als vertraulich eingestuft habe. Es sei nicht ersichtlich, dass es durch die Gewährung des Informationszugangs zu einer Verschlechterung der Beziehungen des Vereinigten Königreichs zur EPO oder zu anderen Mitgliedstaaten gekommen sei. Die EPO könne sich nicht auf die sonst bestehende Immunität von der deutschen Gerichtsbarkeit berufen, weil dies nicht zur Durchführung der Aufgaben der EPO erforderlich sei. Das Dokument Nr.8 sei nicht vertraulich. Die EPO habe ihm andere, als vertraulich gekennzeichnete Dokumente offengelegt. Hinsichtlich des Dokuments Nr.39 habe der Präsident der Beschwerdekammer erklärt, er habe als Verfasser dieses Schreibens keine Einwände gegen die Herausgabe. Das diesem Schreiben angehängte, vom Verwaltungsrat als vertraulich gekennzeichnete Dokument, habe die EPO ihm zur Verfügung gestellt.

Die Beklagte habe nicht dargelegt, dass die materiellen Gründe für die Einstufung der Unterlagen als VS-Nur für den Dienstgebrauch vorlägen.

Der Kläger hat zunächst beantragt, die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheids vom 21. Oktober 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. April 2021 zu verpflichten, ihm Zugang zu den Dokumenten 2–18, 20–29, 31–37, 39–44, 46–50 und zu den Dokumenten CA/C 13/17 und 16/17–19 /17 zu gewähren, hilfsweise die Beklagte unter Aufhebung des Schreibens vom 3. November 2020 in Gestalt des Schreibens vom 6. Mai 2021 zu verurteilen, ihm die in Art.15 Abs.1 Buchst.a–h DS-GVO genannten Informationen zu diesen Dokumenten zu erteilen.

Nunmehr beantragt der Kläger,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 21.Oktober 2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21.April 2021 sowie unter Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 3.November 2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6.Mai 2021 zu verpflichten, ihm Informationszugang zu den Dokumenten 2, 3, 4, 8, 9, 10, 13, 14, 15, 18, 20, 22, 23, 24, 25, 26, 28, 31, 35, 36, 39, 40, 43 und 48 sowie den Dokumenten CA/C 16/17 vom 24.November 2017, CA/C 17/17 vom 24.November 2017 und CA/C 19/17 vom 24.November 2017 zu erteilen.

hilfsweise den Beklagten unter Aufhebung des Bescheids der Beklagten vom 3.November 2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 6.Mai 2021 zu verpflichten, ihm zu den Dokumenten 2, 3, 4, 8, 9, 10, 13, 14, 15, 18, 20, 22, 23, 24, 25, 26, 28, 31, 35, 36, 39, 40, 43 und 48 sowie den Dokumenten CA/C 16/17 vom 24.November 2017, CA/C 17/17 vom 24.November 2017 und CA/C 19/17 vom 24.November 2017 die in Art.15 Abs.1 Buchst.a–h genannten Informationen zu erteilen.

die Zuziehung eines Bevollmächtigen für beide Widerspruchsverfahren für notwendig zu erklären.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Ergänzend trägt sie vor, die Dokumente CA/C 16/17, 17/17 und 19/17 seien vom Präsidenten des Verwaltungsrats in der 154.Sitzung des Verwaltungsrats zurückgezogen worden. Das BMJV habe die Dokumente zwar in der elektronischen Referatsablage gespeichert. Die Dokumente seien aber nicht mehr für die Beschlussfassung entscheidungserheblich gewesen und deshalb nicht veraktet worden. Hinsichtlich der von der EPO erstellten Dokumente sei die Beklagte nicht verfügungsberechtigt. Für den Erhalt und die Stärkung positiver Beziehungen zur EPO sei es unerlässlich, dass die Bundesrepublik sich an die in der Geschäftsordnung des Verwaltungsrats geregelte Vertraulichkeit halte. Der Präsident des Verwaltungsrats habe mit Schreiben vom 24.August 2020 der Herausgabe der als vertraulich gekennzeichneten Dokumente der KategorieC und seiner E-Mail an den Unterabteilungsleiter IIIB (Dokument Nr.8) widersprochen. Der Leiter des Ratssekretariats habe mit Schreiben vom 24.August 2020 der Herausgabe der Protokolle der Sitzungen des Verwaltungsrats und der Zusammenfassungen der Ratsbeschlüsse widersprochen. Es sei unbeachtlich, dass der Kläger nicht beabsichtige, die Unterlagen zu veröffentlichen. Dem Antrag auf Auskunft gemäß Art.15 Abs.1 Buchst. a–h DS-GVO sei die Beklagte mit Schreiben vom 3. Juni 2020 nachgekommen.

In der mündlichen Verhandlung am 24.Oktober 2022 haben die Beteiligten den Rechtsstreit im Hinblick auf das Dokument Nr.5 in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt. Die Beklagte hat zudem zugesichert, dem Kläger Einsicht in die ihn betreffenden Passagen des Dokuments Nr.13 und in die Dokumente Nr.26 und Nr.36 (mit Ausnahme der das Abstimmungsverhalten im Verwaltungsrat betreffenden Passagen) zu gewähren. Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung beantragt, der Beklagten aufzugeben, die streitbefangenen Dokumente vorzulegen.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsvorgänge verwiesen.

Gemäß §6 Abs.1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - ist der Berichterstatter als Einzelrichter zuständig, nachdem die Kammer ihm den Rechtsstreit durch Beschluss vom 14.Juni 2022 zur Entscheidung übertragen hat.

Soweit der Kläger nicht mehr an seinem Antrag auf Einsicht in bzw. Auskunft über die Dokumente Nr.6, 7, 11, 12, 16, 17, 21, 27, 29, 32–34, 37, 41, 42, 44–47, 49 und 50 und die Dokumente CA/C13/17 und CA/C18/17 festhält, hat er die Klage zurückgenommen. Insoweit ist das Verfahren gemäß §92 Abs.2 VwGO einzustellen. Dies gilt auch, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache hinsichtlich des Dokuments Nr.5 übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben.

Im Hinblick auf den mit Schriftsatz vom 7.Oktober 2022 erstmals gestellten Antrag auf Übersendung einer Kopie gemäß Art.15 Abs.3 DS-GVO, liegt eine gemäß §91 Abs.1 VwGO zulässige Klageänderung vor. Bei diesem Anspruch handelt es sich um einen im Verhältnis zum Anspruch auf Informationszugang anderen Streitgegenstand (vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. Mai 2016 – BVerwG7 C7/15 – AfP2016, 564 Rn.4). Die Beklagte hat ihre Einwilligung zur Klageänderung nicht erteilt. Diese ist aber sachdienlich, weil sie der endgültigen Beilegung des sachlichen Streits zwischen den Beteiligten im laufenden Verfahren dient und der Streitstoff bei Würdigung des Einzelfalls im Wesentlichen derselbe bleibt.

I. Die Klage ist mit dem Antrag, dem Kläger auf der Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes Zugang zu den Unterlagen zu gewähren, teilweise unzulässig (1.) und im Übrigen unbegründet (2.).

  1. Für das Dokument Nr.48 fehlt es an dem vor Erhebung einer Verpflichtungsklage erforderlichen vorprozessualen Antrag (vgl. §75 Satz1 VwGO). Der Informationszugangsantrag vom 19. Mai 2020 war zeitlich auf „für den Zeitraum vom 1. Juni 2016 bis zum 30. Juni 2018 vorhandene Informationen“ beschränkt. Das Dokument Nr.48 ist am 13. Juli 2018 und damit nach Ende des antragsgegenständlichen Zeitraums entstanden.

Das Dokument Nr.13 ist ein Vermerk zu zahlreichen Vorgängen. Soweit diese Vorgänge keinen Bezug zum Kläger aufweisen, fehlt es ebenfalls an einem vorprozessualen Antrag. Denn der Antrag vom 19. Mai 2020 war inhaltlich auf Informationen beschränkt, die sich auf die den Kläger betreffenden Disziplinar- und Gerichtsverfahren bezogen. Soweit die Beklagte in der mündlichen Verhandlung die Einsicht in die den Kläger betreffenden Passagen des Dokuments Nr.13 zugesichert hat, ist die Klage mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig.

Gleiches für die Dokumente Nr.26 und Nr.36 (mit Ausnahme der das Abstimmungsverhalten im Verwaltungsrat betreffenden Passagen), für die die Beklagte ebenfalls zugesichert hat, dem Kläger Einsicht zu gewähren.

  1. Der Bescheid vom 21. Oktober 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. April 2021 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten; der Kläger hat keinen Anspruch auf Zugang zu den begehrten Informationen (§113 Abs.5 Satz1 VwGO).

Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers ist §1 Abs.1 Satz1 IFG. Danach hat jeder nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen.

a) Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind gegeben. Der Kläger ist als natürliche Person „jeder“. Das Bundesministerium der Justiz (BMJ) ist eine Behörde des Bundes. Die Dokumente CA/C 16/17, 17/17 und 19/17 sind beim BMJ vorhanden. Es handelt sich bei ihnen auch um amtliche Informationen im Sinne von §2 Nr.1 Satz1 IFG, d. h. amtlichen Zwecken dienende Aufzeichnungen. Ihre Aufzeichnung dient nach den objektiven Regelungen über eine ordnungsgemäße Aktenführung amtlichen Zwecken (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.Oktober 2021 – BVerwG10 C3/20 – BVerwGE174, 66 Rn.15). Die Dokumente waren nach den Grundsätzen der vollständigen und nachvollziehbaren Aktenführung (§4 Abs.1 der Registraturrichtlinie) zu amtlichen Zwecken aufzuzeichnen. Mit ihrem Vorbringen, die Dokumente seien nicht entscheidungserheblich gewesen, weil der Präsident des Verwaltungsrats der EPO sie in der 154.Sitzung zurückgezogen und durch andere Dokumente ersetzt habe, stellt die Beklagte ihre Amtlichkeit nicht mit Erfolg in Abrede. Die Entscheidungserheblichkeit der Information ist kein Bestandteil der Legaldefinition in §2 Nr.1 IFG. Es ist nicht vorgetragen, dass die Dokumente bagatellartigen Charakter hatten (vgl. BVerwG ebd. Rn.18) oder „Entwürfe“ bzw. „Notizen“ im Sinne von §2 Nr.1 Satz2 IFG waren.

Das BMJ ist auch hinsichtlich der von der EPO erstellten Dokumente gemäß §7 Abs.1 Satz1 IFG verfügungsberechtigt. Es hat sie im Rahmen der Erfüllung der ihm obliegenden Aufgaben erhalten. Zudem ist nur das BMJ, nicht aber die EPO eine Behörde des Bundes im Sinne des §1 Abs.1 Satz1 IFG, so dass keine Zuständigkeitskonkurrenz verschiedener informationspflichtiger Behörden vorliegt, auf die §7 Abs.1 Satz1 IFG zugeschnitten ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 5.Mai 2022 – BVerwG10 C1/21 – juris Rn.15f.).

b) §3 Nr.1 Buchst.a IFG steht dem Zugang zu den Dokumenten Nr.2–4, 8–10, 14, 15, 18, 20, 22–25, 28, 31, 35, 39, 40 und 43 sowie den Dokumenten Nr.26 und 36 (soweit die Beklagte die Einsicht nicht zugesichert hat) entgegen. Danach besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn das Bekanntwerden der Information nachteilige Auswirkungen haben kann auf internationale Beziehungen. Die Beziehungen der Bundesrepublik zur EPO als zwischenstaatliche Einrichtung und zu deren Mitgliedstaaten zählen zu den hiernach geschützten Beziehungen (vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes vom 14.Dezember 2004, BT-Drs.15/4493 S.9). Die Beklagte hat zur Überzeugung des Gerichts dargelegt (§108 Abs.1 Satz1 VwGO), dass die Offenlegung der begehrten Informationen nachteilige Auswirkungen auf diese Beziehungen haben kann.

Die Beklagte hat das allgemeine Ziel der Bundesrepublik benannt, die positiven Beziehungen zur EPO und ihren Mitgliedstaaten zu erhalten und zu stärken. Als Strategie zur Erreichung dieses Ziels halte die Bundesrepublik sich an die von der EPO geforderte Vertraulichkeit. Diese Zielsetzung und Strategiebestimmung entziehen sich mangels hierfür bestehender rechtlicher Kriterien weithin einer gerichtlichen Kontrolle und überschreiten nicht den verfassungsrechtlich eingeräumten weiten Gestaltungsspielraum des BMJ (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.Oktober 2009 – BVerwG7 C22/08 – NVwZ2010, 321 Rn.15).

Die Einschätzung der Beklagten, die Offenlegung der begehrten Informationen könne nachteilige Konsequenzen für die Beziehungen der Bundesrepublik zur EPO und deren Mitgliedstaaten haben, ist – gemessen an den engen Grenzen der verwaltungsgerichtlichen Prüfung – nicht zu beanstanden. Sie ist plausibel und nachvollziehbar. Die Beklagte ist von einem zutreffend und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen, hat ihre Prognose einleuchtend begründet und keine offensichtlich fehlerhafte, insbesondere in sich widersprüchliche Einschätzung getroffen (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.Oktober 2009 – BVerwG7 C22/08 – NVwZ2010, 321 Rn.20; s. auch Urteil vom 29. Juni 2016 – BVerwG7 C32/15 – NVwZ2016, 1566 Rn.37 zum UIG).

aa) Dokument Nr.8 ist eine E-Mail des Vorsitzenden des Verwaltungsrats der EPO an den Unterabteilungsleiter IIIB des BMJ. Der Präsident des Verwaltungsrats hat sich mit Schreiben vom 24. August 2020 gegen die Offenlegung dieser von ihm als vertraulich bezeichneten E-Mail gewandt. Nach seiner Auffassung sollte die E-Mail dem Kläger nach dem internen Recht der EPO nicht zur Verfügung gestellt werden. Die hierauf gestützte Einschätzung der Beklagten, die Offenlegung entgegen der ausdrücklich geäußerten Bedenken des Präsidenten des Verwaltungsrats könne die Beziehungen zur EPO negativ beeinflussen, ist ohne weiteres einleuchtend. Mit seinem Einwand, es sei unverständlich, weshalb der Präsident der Offenlegung der E-Mail entgegentrete aber keine Einwände gegen die Vorlage zahlreicher als vertraulich gekennzeichneter Dokumente habe, dringt der Kläger nicht durch. Denn zum einen hat der Präsident des Verwaltungsrats in seinem Schreiben vom 24. August 2020 der Offenlegung der als vertraulich eingestuften Dokumente ausdrücklich widersprochen. Und zum anderen ist grundsätzlich nur die Prognoseentscheidung der Beklagten, nicht aber die Richtigkeit der gegen die Offenlegung geäußerten Bedenken des Vertreters der EPO Gegenstand der gerichtlichen Prüfung.

bb) Dokument Nr.39 ist ein Schreiben des Präsidenten der Beschwerdekammern des EPA an den Unterabteilungsleiter IIIB des BMJin seiner (damaligen) Funktion als Vorsitzender des Verwaltungsrats der EPO. Der Präsident der Beschwerdekammern hat mit Schreiben vom 23. Juli 2020 zwar mitgeteilt, er habe „als Verfasser“ des Schreibens keine Einwände gegen die Herausgabe. Das Dokument CA/C23/17, dessen Offenlegung der Präsident des Verwaltungsrats mit Schreiben vom 24. August 2020 ausdrücklich verweigert hat, nimmt aber inhaltlich Bezug auf das Dokument Nr.39. Die Einschätzung der Beklagten, das verweigerte Einverständnis in die Offenlegung des Dokuments CA/C23/17 sei wegen dieser inhaltlichen Verknüpfung mit dem Dokument Nr.39 auf dieses übertragbar, ist nicht offensichtlich fehlerhaft.

cc) Die Offenlegung der vom BMJ angefertigten Sprechzettel, Protokolle und Zusammenfassungen der Beschlüsse auf der 148. Tagung (Dokumente Nr.2–4), 149.Tagung (Nr.9 und 10), 150.Tagung (Nr.14 und 15), 151.Tagung (Nr.18 und 20), 152.Tagung (Nr.22–24), 153.Tagung (Nr.25 und 28), 154.Tagung (Nr.31, 35 und 40) und 156.Tagung (Nr.43) des Verwaltungsrats kann nach der nachvollziehbaren Prognose der Beklagten nachteilige Auswirkungen auf die Beziehungen zur EPO habe.

Der Leiter des Ratssekretariats, das die Protokolle der Ratstagungen erstellt und für die organisatorischen Belange der Arbeiten des Rats verantwortlich ist (Art.6 Abs.2 der Geschäftsordnung des Verwaltungsrats in der Fassung von Mai 2020 - GOVR), hat mit Schreiben vom 24. August 2020 der Offenlegung der von der EPO erstellten Protokolle und Zusammenfassungen der Tagungen widersprochen. Er verweist darauf, der Verwaltungsrat habe in Ergänzung zu der in Art.13 GOVR festgelegten Vertraulichkeitspflicht beschlossen, die Protokolle der Ratstagungen nicht zu veröffentlichen. Zudem entspreche es der gängigen Praxis des Verwaltungsrats, Zusammenfassungen seiner Beschlüsse nicht zu veröffentlichen. Daher sollten die Dokumente dem Kläger unter Berücksichtigung sowohl des internen Rechts als auch der ständigen Praxis der EPO nicht zur Verfügung gestellt werden.

Diese Einschätzung schlägt nach dem plausiblen Vortrag der Beklagten auf die vom BMJ erstellten Dokumente zu den Tagungen des Verwaltungsrats durch. Denn diese sind hinsichtlich des Inhalts der Tagungen und der dort gefassten Beschlüsse jedenfalls teilidentisch. Der Beklagtenvertreter hat in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, die Praxis der EPO werde unterlaufen, wenn die Öffentlichkeit die von den Vertretern der Mitgliedstaaten erstellten Sprechzettel, Protokolle und Zusammenfassungen der Tagungen des Verwaltungsrats im Wege der nationalen Informationsfreiheitsgesetze erlangen könne.

Dem steht der Einwand des Klägers nicht entgegen, die von der EPO erstellten Protokolle und Zusammenfassungen der Tagungen seien nicht gemäß Art.9 Abs.3 GOVR als vertrauliche Dokumente der Kategorie C gekennzeichnet. Es trifft zwar zu, dass die Pflicht zur Wahrung der Vertraulichkeit gemäß Art.13 GOVR nur Dokumente der Kategorie C erfasst und nicht vertrauliche Dokumente Dritten oder der Öffentlichkeit zugemacht werden können, sofern der Rat nicht im Einzelfall etwas anderes beschließt. Der Leiter des Ratssekretariats begründet seine Einwände gegen die Offenlegung aber gerade nicht mit der Vertraulichkeitspflicht aus Art.13 GOVR. Er verweist vielmehr auf die Praxis der EPO und den Beschluss des Verwaltungsrats vom 5.Juni 2012 (CA26/12 rev.1). Dieser sieht vor, dass die Protokolle der Ratstagungen nicht veröffentlicht werden.

Der Umstand, dass dem Kläger die von der EPO erstellten Protokolle und Zusammenfassungen der Tagungen bekannt sind, zieht die Plausibilität der Prognose der Beklagten nicht mit Erfolg in Zweifel. Denn der Leiter des Ratssekretariats hat sich in seinem Schreiben vom 24. August 2020 in Kenntnis dieses Umstands gegen eine Bekanntgabe der Dokumente ausgesprochen. Er führt aus, der Kläger könne in seiner Eigenschaft als Bediensteter des EPA (in der er der Verschwiegenheitspflicht gemäß Art.12 EPÜ unterliegt) sämtliche von der EPO erstellten Dokumente über die interne Datenbank einsehen.

Unbeachtlich ist auch der Einwand des Klägers, er beabsichtige nicht, die begehrten Informationen zu veröffentlichen. Denn die Frage, ob die Bekanntgabe einer Information sich auf die internationalen Beziehungen nachteilig auswirken kann, hängt nicht von der Person des konkreten Antragstellers und seine Ansichten ab. Maßgeblich ist vielmehr, ob das Bekanntwerden der Information objektiv, also beispielsweise erst in der Hand anderer, geeignet ist, sich nachteilig auf die internationalen Beziehungen auszuwirken (BVerwG, Urteil vom 29.Oktober 2009 – BVerwG7 C22/08 – NVwZ2010, 321 Rn.24).

Mit seinem Vorbringen, die Beklagte würde sich auch bei einer Offenlegung vertragstreu verhalten, die Vertraulichkeitspflichten der Geschäftsordnung des Verwaltungsrats seien internes, die Beklagte nicht bindendes Organisationsrecht und die EPO sei verpflichtet, jederzeit mit den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten zusammenzuarbeiten, um die Rechtspflege zu erleichtern, dringt der Kläger – ungeachtet der Richtigkeit seiner Rechtsauffassung – ebenfalls nicht durch. Denn die Beklagte knüpft ihre Prognose nicht an die Reichweite der vertraglichen Verpflichtungen der Bundesrepublik oder der EPO, sondern an die von der EPO geäußerten Einwände gegen eine Veröffentlichung. Für die allein maßgebliche Frage, ob die Bekanntgabe der Informationen sich nachteilig auf die Beziehungen der Bundesrepublik zur EPO auswirken kann, kommt es grundsätzlich nicht auf die Richtigkeit der Rechtsposition der EPO an.

Auch der Einwand des Klägers, das Britische Patentamt habe ihm Zugang zu einer Reihe von als vertraulich eingestuften Dokumenten der EPO gewährt, ohne dass es zu einer Verschlechterung der Beziehungen des Vereinigten Königreichs zur EPO oder anderen Mitgliedstaaten gekommen sei, verfängt nicht. Zum einen ist seine Behauptung, die Beziehungen des Vereinigten Königreichs zur EPO seien nicht beeinträchtigt worden, unsubstantiiert. Zum anderen belegt die einmalige Offenlegung vertraulicher Dokumente durch eine nationale Behörde nicht, dass die EPO und die anderen Mitgliedstaaten an der geübten Praxis der vertraulichen Behandlung nicht weiter festhalten.

dd) Die Dokumente Nr.26 und Nr.36 enthalten, soweit die Beklagte die Akteneinsicht nicht zugesichert hat, Informationen über das Abstimmungsverhalten anderer Beteiligter an Sitzungen des Verwaltungsrats. Auch insoweit ist die Prognose der Beklagten nachvollziehbar, dass eine Offenlegung dieser Informationen über den Verlauf einzelner Verwaltungsratssitzungen nachteilige Auswirkungen auf die Beziehungen zur EPO und ihren Mitgliedstaaten haben kann.

c) Die Ablehnung des Zugangs zu den Dokumenten CA/C 16/17, 17/17 und 19/17 gemäß §9 Abs.3 Alt.1 IFG begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Danach kann der Antrag abgelehnt werden, wenn der Antragsteller bereits über die begehrten Informationen verfügt.

Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind gegeben. Die Dokumente CA/C 16/17, 17/17 und 19/17 liegen dem Kläger vor. Für die Frage, ob der Kläger über die Informationen im Sinne von §9 Abs.3 IFG „verfügt“ ist unerheblich, dass der Beschwerdeausschuss des Verwaltungsrats der EPO dem Kläger die Dokumente mit der Auflage zur Verfügung gestellt hat, diese nur für die Zwecke des Beschwerdeverfahrens zu verwenden.

Das BMJ hat – nachdem es vom Vorliegen der Voraussetzungen des Ausschlussgrunds im Gerichtsverfahren erstmals Kenntnis erlangt hat – das ihm zustehende Ermessen erkannt und ordnungsgemäß ausgeübt (§114 VwGO). Seine Erwägungen, die vom Informationsfreiheitsgesetz bezweckte Transparenz erfordere keine (nochmalige) Offenlegung, §9 Abs.3 IFG diene der Entlastung der Behörde, dem BMJ obliege es nicht, die Informationen dem Kläger nochmals oder mit anderen Voraussetzungen zur Verfügung zu stellen und es stehe dem BMJ – auch zum Schutz internationaler Beziehungen – nicht zu, dem Kläger die Informationen zur Verfügung zu stellen, hat die Beklagte keine sachfremden Erwägungen angestellt.

Ob dem Informationszugang darüber hinaus §3 Nr.4 Var.2 IFG entgegensteht, kann dahinstehen.

II. Mit dem Antrag, dem Kläger Datenkopien der ihn betreffenden personenbezogenen Daten gemäß Art.15 Abs.3 DS-GVO zur Verfügung zu stellen, ist die Klage ebenfalls teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet.

Soweit die Beklagte die Einsicht in die ihn betreffenden Passagen des Dokuments Nr.13 und in die Dokumente Nr.26 und Nr.36 (mit Ausnahme der das Abstimmungsverhalten im Verwaltungsrat betreffenden Passagen) zugesichert hat, fehlt dem Kläger das Rechtsschutzbedürfnis.

Im Übrigen steht ihm der Anspruch gemäß Art.15 Abs.3 DS-GVO nicht zu. Soweit das Dokument Nr.13 Informationen über Vorgänge enthält, die den Kläger nicht betreffen, handelt es sich bereits nicht um personenbezogene Daten im Sinne von Art.4 Nr.1 DS-GVO. Der Übersendung einer Datenkopie der übrigen Dokumente steht §34 Abs.1 Nr.1 i.V.m. §33 Abs.1 Nr.1 Buchst.b des Bundesdatenschutzgesetzes - BDSG - entgegen. Danach besteht das Recht auf Auskunft der betroffenen Person gemäß Art.15 DS-GVO nicht, wenn die Erteilung der Information die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gefährden oder sonst dem Wohle des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde und deswegen das Interesse der betroffenen Person an der Informationserteilung zurücktreten muss.

Zu dem hiernach geschützten „Wohle des Bundes“ zählen die Beziehungen der Bundesrepublik zur EPO und ihren Mitgliedstaaten. Aus dem oben Gesagten folgt, dass die Bekanntgabe der begehrten Informationen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit einen Nachteil für diese Beziehungen haben kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.November 2020 – BVerwG20 F5/20 – NVwZ2021, 415 Rn.17ff.). Dies gilt auch für die Dokumente Nr.48 und CA/C 16/17, 17/17 und 19/17. Dokument Nr.48 ist ein Vermerk des BMJV mit einer Zusammenfassung der 156. Sitzung des Verwaltungsrats. Insoweit gilt das oben Gesagte. Die Dokumente CA/C 16/17, 17/17 und 19/17 sind der KategorieC zugeordnet, die gemäß Art.13 Abs.1, Art.9 Abs.3 GOVR der Vertraulichkeit unterliegen und gegen deren Bekanntgabe sich der Präsident des Verwaltungsrats mit Schreiben vom 24. August 2020 gewandt hat.

Das Interesse des Klägers an der Informationserteilung muss hinter dem Geheimhaltungsinteresse zurücktreten. Das Interesse der Beklagten, die positiven Beziehungen zur EPO und ihren Mitgliedstaaten zu schützen und die mit der Offenlegung verbundene Gefahr einer Beeinträchtigung der vertraulichen Zusammenarbeit, haben ein hohes Gewicht. Demgegenüber hat der Kläger nicht dargelegt, worin sein Informationsinteresse besteht. Er hat lediglich auf die Betroffenheit personenbezogener Daten hingewiesen.

§33 Abs.1 Nr.1 Buchst.b BDSG ist entgegen der Auffassung des Klägers von der Öffnungsklausel des Art.23 Abs.1 Buchst.e DS-GVO gedeckt (Eßer, in: Eßer/Kramer/v.Lewinski, DSGVO/BDSG, 6.Auflage 2018, §32 Rn.14; Franck, in: Gola/Heckmann, DS-GVO/BDSG, 3.Auflage 2022, §32 Rn.26; Golla, in: Kühling/Buchner, DS-GVO/BDSG, 3.Auflage 2020, §32 Rn.13; Greve, in: Sydow, BDSG, 2020, §32 Rn.23). Der Begriff des „sonstigen wichtigen Ziels“ erfasst jedes wichtige Gemeinwohlziel, das in seinem Gewicht den in Art.23 Abs.1 Buchst. a–d DS-GVO oder den Regelbeispielen in Art.23 Abs.1 Buchst. e DS-GVO gleichkommt (Stender-Vorwachs/Wolff, in: BeckOK Datenschutzrecht, Stand:2021, Art.23 DS-GVO Rn.37). Hierzu zählt das allgemeine öffentliche Interesse am Schutz internationaler Beziehungen.

III. Der Hilfsantrag, dem Kläger Auskunft über die in Art.15 Abs.1 Buchst.a–h DS-GVO genannten Informationen zu erteilen, hat keinen Erfolg. Die Klage ist mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Die Beklagte hat dem Kläger mit Schreiben vom 3. Juni 2020 den Verarbeitungszweck (hausinterne Bearbeitung und Dokumentation zum Disziplinarverfahren), die Kategorien personenbezogener Daten (Vor- und Nachname, Geburtstag, Geburtsort, Staatsbürgerschaft und Kontaktdaten) und die geplante Dauer der Speicherung (solange, bis für o.g. Zwecke nicht mehr notwendig) mitgeteilt. Es ist nicht vorgetragen, dass beim Beklagten weitere Kategorien personenbezogener Daten vorhanden sind (z.B. Daten gemäß Art.9 und Art.10 DS-GVO) oder die Daten anderen Empfängern offengelegt worden sind. Die Klage auf Auskunft über das Recht auf Berichtigung oder Löschung und das Beschwerderecht ist nicht geeignet die Rechtsstellung des Klägers zu verbessern, weil der Kläger spätestens mit Klageerhebung Kenntnis von diesen Rechten erlangt hat.

Der in der mündlichen Verhandlung gestellte Antrag des Klägers, der Beklagten aufzugeben, die streitbefangenen Dokumente zum Beweis der Tatsache vorzulegen, dass das Bekanntwerden der Dokumente keine nachteiligen Auswirkungen auf internationale Beziehungen haben kann, war abzulehnen. Der Antrag war nicht auf eine dem Beweis zugängliche Tatsache, sondern auf eine rechtliche Wertung gerichtet, deren Beurteilung dem Gericht obliegt. Zudem konnte das Gericht auf der Grundlage des Beklagtenvorbringens entscheiden, ob dem Informationszugang die Gefahr nachteiliger Auswirkungen auf internationale Beziehungen entgegenstand (BVerwG, Urteil vom 28.Februar 2019 – BVerwG7 C20/17 – BVerwGE165, 1Rn. 38).

Die Kostenentscheidung beruht auf §155 Abs.1 Satz3, §155 Abs.2, §161 Abs.3 VwGO. Der Kläger trägt die Kosten auch soweit die Beteiligten den Rechtsstreit hinsichtlich des Dokuments Nr.5 übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, weil dies nur einen geringen Teil des Rechtsstreits betrifft. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §167Abs.1 Satz1, Abs.2 VwGO i.V.m. §708 Nr.11,§711 der Zivilprozessordnung.

Über den Antrag, die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären, war nicht zu entscheiden, weil der Kläger keinen Kostenerstattungsanspruch dem Grunde nach hat.

BESCHLUSS

Der Wert des Streitgegenstands wird gemäß §§39 ff., §§52 f. des Gerichtskostengesetzes auf

10.000,00 Euro

festgesetzt. Das Gericht hat für den Informationszugangsanspruch und den datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch jeweils den Auffangwert angesetzt.

Entscheidungsgründe

Gemäß §6 Abs.1 der Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - ist der Berichterstatter als Einzelrichter zuständig, nachdem die Kammer ihm den Rechtsstreit durch Beschluss vom 14.Juni 2022 zur Entscheidung übertragen hat.

Soweit der Kläger nicht mehr an seinem Antrag auf Einsicht in bzw. Auskunft über die Dokumente Nr.6, 7, 11, 12, 16, 17, 21, 27, 29, 32–34, 37, 41, 42, 44–47, 49 und 50 und die Dokumente CA/C13/17 und CA/C18/17 festhält, hat er die Klage zurückgenommen. Insoweit ist das Verfahren gemäß §92 Abs.2 VwGO einzustellen. Dies gilt auch, soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache hinsichtlich des Dokuments Nr.5 übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben.

Im Hinblick auf den mit Schriftsatz vom 7.Oktober 2022 erstmals gestellten Antrag auf Übersendung einer Kopie gemäß Art.15 Abs.3 DS-GVO, liegt eine gemäß §91 Abs.1 VwGO zulässige Klageänderung vor. Bei diesem Anspruch handelt es sich um einen im Verhältnis zum Anspruch auf Informationszugang anderen Streitgegenstand (vgl. BVerwG, Beschluss vom 3. Mai 2016 – BVerwG7 C7/15 – AfP2016, 564 Rn.4). Die Beklagte hat ihre Einwilligung zur Klageänderung nicht erteilt. Diese ist aber sachdienlich, weil sie der endgültigen Beilegung des sachlichen Streits zwischen den Beteiligten im laufenden Verfahren dient und der Streitstoff bei Würdigung des Einzelfalls im Wesentlichen derselbe bleibt.

I. Die Klage ist mit dem Antrag, dem Kläger auf der Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes Zugang zu den Unterlagen zu gewähren, teilweise unzulässig (1.) und im Übrigen unbegründet (2.).

  1. Für das Dokument Nr.48 fehlt es an dem vor Erhebung einer Verpflichtungsklage erforderlichen vorprozessualen Antrag (vgl. §75 Satz1 VwGO). Der Informationszugangsantrag vom 19. Mai 2020 war zeitlich auf „für den Zeitraum vom 1. Juni 2016 bis zum 30. Juni 2018 vorhandene Informationen“ beschränkt. Das Dokument Nr.48 ist am 13. Juli 2018 und damit nach Ende des antragsgegenständlichen Zeitraums entstanden.

Das Dokument Nr.13 ist ein Vermerk zu zahlreichen Vorgängen. Soweit diese Vorgänge keinen Bezug zum Kläger aufweisen, fehlt es ebenfalls an einem vorprozessualen Antrag. Denn der Antrag vom 19. Mai 2020 war inhaltlich auf Informationen beschränkt, die sich auf die den Kläger betreffenden Disziplinar- und Gerichtsverfahren bezogen. Soweit die Beklagte in der mündlichen Verhandlung die Einsicht in die den Kläger betreffenden Passagen des Dokuments Nr.13 zugesichert hat, ist die Klage mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig.

Gleiches für die Dokumente Nr.26 und Nr.36 (mit Ausnahme der das Abstimmungsverhalten im Verwaltungsrat betreffenden Passagen), für die die Beklagte ebenfalls zugesichert hat, dem Kläger Einsicht zu gewähren.

  1. Der Bescheid vom 21. Oktober 2020 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21. April 2021 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten; der Kläger hat keinen Anspruch auf Zugang zu den begehrten Informationen (§113 Abs.5 Satz1 VwGO).

Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers ist §1 Abs.1 Satz1 IFG. Danach hat jeder nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen.

a) Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind gegeben. Der Kläger ist als natürliche Person „jeder“. Das Bundesministerium der Justiz (BMJ) ist eine Behörde des Bundes. Die Dokumente CA/C 16/17, 17/17 und 19/17 sind beim BMJ vorhanden. Es handelt sich bei ihnen auch um amtliche Informationen im Sinne von §2 Nr.1 Satz1 IFG, d. h. amtlichen Zwecken dienende Aufzeichnungen. Ihre Aufzeichnung dient nach den objektiven Regelungen über eine ordnungsgemäße Aktenführung amtlichen Zwecken (vgl. BVerwG, Urteil vom 28.Oktober 2021 – BVerwG10 C3/20 – BVerwGE174, 66 Rn.15). Die Dokumente waren nach den Grundsätzen der vollständigen und nachvollziehbaren Aktenführung (§4 Abs.1 der Registraturrichtlinie) zu amtlichen Zwecken aufzuzeichnen. Mit ihrem Vorbringen, die Dokumente seien nicht entscheidungserheblich gewesen, weil der Präsident des Verwaltungsrats der EPO sie in der 154.Sitzung zurückgezogen und durch andere Dokumente ersetzt habe, stellt die Beklagte ihre Amtlichkeit nicht mit Erfolg in Abrede. Die Entscheidungserheblichkeit der Information ist kein Bestandteil der Legaldefinition in §2 Nr.1 IFG. Es ist nicht vorgetragen, dass die Dokumente bagatellartigen Charakter hatten (vgl. BVerwG ebd. Rn.18) oder „Entwürfe“ bzw. „Notizen“ im Sinne von §2 Nr.1 Satz2 IFG waren.

Das BMJ ist auch hinsichtlich der von der EPO erstellten Dokumente gemäß §7 Abs.1 Satz1 IFG verfügungsberechtigt. Es hat sie im Rahmen der Erfüllung der ihm obliegenden Aufgaben erhalten. Zudem ist nur das BMJ, nicht aber die EPO eine Behörde des Bundes im Sinne des §1 Abs.1 Satz1 IFG, so dass keine Zuständigkeitskonkurrenz verschiedener informationspflichtiger Behörden vorliegt, auf die §7 Abs.1 Satz1 IFG zugeschnitten ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 5.Mai 2022 – BVerwG10 C1/21 – juris Rn.15f.).

b) §3 Nr.1 Buchst.a IFG steht dem Zugang zu den Dokumenten Nr.2–4, 8–10, 14, 15, 18, 20, 22–25, 28, 31, 35, 39, 40 und 43 sowie den Dokumenten Nr.26 und 36 (soweit die Beklagte die Einsicht nicht zugesichert hat) entgegen. Danach besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn das Bekanntwerden der Information nachteilige Auswirkungen haben kann auf internationale Beziehungen. Die Beziehungen der Bundesrepublik zur EPO als zwischenstaatliche Einrichtung und zu deren Mitgliedstaaten zählen zu den hiernach geschützten Beziehungen (vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes vom 14.Dezember 2004, BT-Drs.15/4493 S.9). Die Beklagte hat zur Überzeugung des Gerichts dargelegt (§108 Abs.1 Satz1 VwGO), dass die Offenlegung der begehrten Informationen nachteilige Auswirkungen auf diese Beziehungen haben kann.

Die Beklagte hat das allgemeine Ziel der Bundesrepublik benannt, die positiven Beziehungen zur EPO und ihren Mitgliedstaaten zu erhalten und zu stärken. Als Strategie zur Erreichung dieses Ziels halte die Bundesrepublik sich an die von der EPO geforderte Vertraulichkeit. Diese Zielsetzung und Strategiebestimmung entziehen sich mangels hierfür bestehender rechtlicher Kriterien weithin einer gerichtlichen Kontrolle und überschreiten nicht den verfassungsrechtlich eingeräumten weiten Gestaltungsspielraum des BMJ (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.Oktober 2009 – BVerwG7 C22/08 – NVwZ2010, 321 Rn.15).

Die Einschätzung der Beklagten, die Offenlegung der begehrten Informationen könne nachteilige Konsequenzen für die Beziehungen der Bundesrepublik zur EPO und deren Mitgliedstaaten haben, ist – gemessen an den engen Grenzen der verwaltungsgerichtlichen Prüfung – nicht zu beanstanden. Sie ist plausibel und nachvollziehbar. Die Beklagte ist von einem zutreffend und vollständig ermittelten Sachverhalt ausgegangen, hat ihre Prognose einleuchtend begründet und keine offensichtlich fehlerhafte, insbesondere in sich widersprüchliche Einschätzung getroffen (vgl. BVerwG, Urteil vom 29.Oktober 2009 – BVerwG7 C22/08 – NVwZ2010, 321 Rn.20; s. auch Urteil vom 29. Juni 2016 – BVerwG7 C32/15 – NVwZ2016, 1566 Rn.37 zum UIG).

aa) Dokument Nr.8 ist eine E-Mail des Vorsitzenden des Verwaltungsrats der EPO an den Unterabteilungsleiter IIIB des BMJ. Der Präsident des Verwaltungsrats hat sich mit Schreiben vom 24. August 2020 gegen die Offenlegung dieser von ihm als vertraulich bezeichneten E-Mail gewandt. Nach seiner Auffassung sollte die E-Mail dem Kläger nach dem internen Recht der EPO nicht zur Verfügung gestellt werden. Die hierauf gestützte Einschätzung der Beklagten, die Offenlegung entgegen der ausdrücklich geäußerten Bedenken des Präsidenten des Verwaltungsrats könne die Beziehungen zur EPO negativ beeinflussen, ist ohne weiteres einleuchtend. Mit seinem Einwand, es sei unverständlich, weshalb der Präsident der Offenlegung der E-Mail entgegentrete aber keine Einwände gegen die Vorlage zahlreicher als vertraulich gekennzeichneter Dokumente habe, dringt der Kläger nicht durch. Denn zum einen hat der Präsident des Verwaltungsrats in seinem Schreiben vom 24. August 2020 der Offenlegung der als vertraulich eingestuften Dokumente ausdrücklich widersprochen. Und zum anderen ist grundsätzlich nur die Prognoseentscheidung der Beklagten, nicht aber die Richtigkeit der gegen die Offenlegung geäußerten Bedenken des Vertreters der EPO Gegenstand der gerichtlichen Prüfung.

bb) Dokument Nr.39 ist ein Schreiben des Präsidenten der Beschwerdekammern des EPA an den Unterabteilungsleiter IIIB des BMJin seiner (damaligen) Funktion als Vorsitzender des Verwaltungsrats der EPO. Der Präsident der Beschwerdekammern hat mit Schreiben vom 23. Juli 2020 zwar mitgeteilt, er habe „als Verfasser“ des Schreibens keine Einwände gegen die Herausgabe. Das Dokument CA/C23/17, dessen Offenlegung der Präsident des Verwaltungsrats mit Schreiben vom 24. August 2020 ausdrücklich verweigert hat, nimmt aber inhaltlich Bezug auf das Dokument Nr.39. Die Einschätzung der Beklagten, das verweigerte Einverständnis in die Offenlegung des Dokuments CA/C23/17 sei wegen dieser inhaltlichen Verknüpfung mit dem Dokument Nr.39 auf dieses übertragbar, ist nicht offensichtlich fehlerhaft.

cc) Die Offenlegung der vom BMJ angefertigten Sprechzettel, Protokolle und Zusammenfassungen der Beschlüsse auf der 148. Tagung (Dokumente Nr.2–4), 149.Tagung (Nr.9 und 10), 150.Tagung (Nr.14 und 15), 151.Tagung (Nr.18 und 20), 152.Tagung (Nr.22–24), 153.Tagung (Nr.25 und 28), 154.Tagung (Nr.31, 35 und 40) und 156.Tagung (Nr.43) des Verwaltungsrats kann nach der nachvollziehbaren Prognose der Beklagten nachteilige Auswirkungen auf die Beziehungen zur EPO habe.

Der Leiter des Ratssekretariats, das die Protokolle der Ratstagungen erstellt und für die organisatorischen Belange der Arbeiten des Rats verantwortlich ist (Art.6 Abs.2 der Geschäftsordnung des Verwaltungsrats in der Fassung von Mai 2020 - GOVR), hat mit Schreiben vom 24. August 2020 der Offenlegung der von der EPO erstellten Protokolle und Zusammenfassungen der Tagungen widersprochen. Er verweist darauf, der Verwaltungsrat habe in Ergänzung zu der in Art.13 GOVR festgelegten Vertraulichkeitspflicht beschlossen, die Protokolle der Ratstagungen nicht zu veröffentlichen. Zudem entspreche es der gängigen Praxis des Verwaltungsrats, Zusammenfassungen seiner Beschlüsse nicht zu veröffentlichen. Daher sollten die Dokumente dem Kläger unter Berücksichtigung sowohl des internen Rechts als auch der ständigen Praxis der EPO nicht zur Verfügung gestellt werden.

Diese Einschätzung schlägt nach dem plausiblen Vortrag der Beklagten auf die vom BMJ erstellten Dokumente zu den Tagungen des Verwaltungsrats durch. Denn diese sind hinsichtlich des Inhalts der Tagungen und der dort gefassten Beschlüsse jedenfalls teilidentisch. Der Beklagtenvertreter hat in der mündlichen Verhandlung vorgetragen, die Praxis der EPO werde unterlaufen, wenn die Öffentlichkeit die von den Vertretern der Mitgliedstaaten erstellten Sprechzettel, Protokolle und Zusammenfassungen der Tagungen des Verwaltungsrats im Wege der nationalen Informationsfreiheitsgesetze erlangen könne.

Dem steht der Einwand des Klägers nicht entgegen, die von der EPO erstellten Protokolle und Zusammenfassungen der Tagungen seien nicht gemäß Art.9 Abs.3 GOVR als vertrauliche Dokumente der Kategorie C gekennzeichnet. Es trifft zwar zu, dass die Pflicht zur Wahrung der Vertraulichkeit gemäß Art.13 GOVR nur Dokumente der Kategorie C erfasst und nicht vertrauliche Dokumente Dritten oder der Öffentlichkeit zugemacht werden können, sofern der Rat nicht im Einzelfall etwas anderes beschließt. Der Leiter des Ratssekretariats begründet seine Einwände gegen die Offenlegung aber gerade nicht mit der Vertraulichkeitspflicht aus Art.13 GOVR. Er verweist vielmehr auf die Praxis der EPO und den Beschluss des Verwaltungsrats vom 5.Juni 2012 (CA26/12 rev.1). Dieser sieht vor, dass die Protokolle der Ratstagungen nicht veröffentlicht werden.

Der Umstand, dass dem Kläger die von der EPO erstellten Protokolle und Zusammenfassungen der Tagungen bekannt sind, zieht die Plausibilität der Prognose der Beklagten nicht mit Erfolg in Zweifel. Denn der Leiter des Ratssekretariats hat sich in seinem Schreiben vom 24. August 2020 in Kenntnis dieses Umstands gegen eine Bekanntgabe der Dokumente ausgesprochen. Er führt aus, der Kläger könne in seiner Eigenschaft als Bediensteter des EPA (in der er der Verschwiegenheitspflicht gemäß Art.12 EPÜ unterliegt) sämtliche von der EPO erstellten Dokumente über die interne Datenbank einsehen.

Unbeachtlich ist auch der Einwand des Klägers, er beabsichtige nicht, die begehrten Informationen zu veröffentlichen. Denn die Frage, ob die Bekanntgabe einer Information sich auf die internationalen Beziehungen nachteilig auswirken kann, hängt nicht von der Person des konkreten Antragstellers und seine Ansichten ab. Maßgeblich ist vielmehr, ob das Bekanntwerden der Information objektiv, also beispielsweise erst in der Hand anderer, geeignet ist, sich nachteilig auf die internationalen Beziehungen auszuwirken (BVerwG, Urteil vom 29.Oktober 2009 – BVerwG7 C22/08 – NVwZ2010, 321 Rn.24).

Mit seinem Vorbringen, die Beklagte würde sich auch bei einer Offenlegung vertragstreu verhalten, die Vertraulichkeitspflichten der Geschäftsordnung des Verwaltungsrats seien internes, die Beklagte nicht bindendes Organisationsrecht und die EPO sei verpflichtet, jederzeit mit den zuständigen Behörden der Mitgliedstaaten zusammenzuarbeiten, um die Rechtspflege zu erleichtern, dringt der Kläger – ungeachtet der Richtigkeit seiner Rechtsauffassung – ebenfalls nicht durch. Denn die Beklagte knüpft ihre Prognose nicht an die Reichweite der vertraglichen Verpflichtungen der Bundesrepublik oder der EPO, sondern an die von der EPO geäußerten Einwände gegen eine Veröffentlichung. Für die allein maßgebliche Frage, ob die Bekanntgabe der Informationen sich nachteilig auf die Beziehungen der Bundesrepublik zur EPO auswirken kann, kommt es grundsätzlich nicht auf die Richtigkeit der Rechtsposition der EPO an.

Auch der Einwand des Klägers, das Britische Patentamt habe ihm Zugang zu einer Reihe von als vertraulich eingestuften Dokumenten der EPO gewährt, ohne dass es zu einer Verschlechterung der Beziehungen des Vereinigten Königreichs zur EPO oder anderen Mitgliedstaaten gekommen sei, verfängt nicht. Zum einen ist seine Behauptung, die Beziehungen des Vereinigten Königreichs zur EPO seien nicht beeinträchtigt worden, unsubstantiiert. Zum anderen belegt die einmalige Offenlegung vertraulicher Dokumente durch eine nationale Behörde nicht, dass die EPO und die anderen Mitgliedstaaten an der geübten Praxis der vertraulichen Behandlung nicht weiter festhalten.

dd) Die Dokumente Nr.26 und Nr.36 enthalten, soweit die Beklagte die Akteneinsicht nicht zugesichert hat, Informationen über das Abstimmungsverhalten anderer Beteiligter an Sitzungen des Verwaltungsrats. Auch insoweit ist die Prognose der Beklagten nachvollziehbar, dass eine Offenlegung dieser Informationen über den Verlauf einzelner Verwaltungsratssitzungen nachteilige Auswirkungen auf die Beziehungen zur EPO und ihren Mitgliedstaaten haben kann.

c) Die Ablehnung des Zugangs zu den Dokumenten CA/C 16/17, 17/17 und 19/17 gemäß §9 Abs.3 Alt.1 IFG begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Danach kann der Antrag abgelehnt werden, wenn der Antragsteller bereits über die begehrten Informationen verfügt.

Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind gegeben. Die Dokumente CA/C 16/17, 17/17 und 19/17 liegen dem Kläger vor. Für die Frage, ob der Kläger über die Informationen im Sinne von §9 Abs.3 IFG „verfügt“ ist unerheblich, dass der Beschwerdeausschuss des Verwaltungsrats der EPO dem Kläger die Dokumente mit der Auflage zur Verfügung gestellt hat, diese nur für die Zwecke des Beschwerdeverfahrens zu verwenden.

Das BMJ hat – nachdem es vom Vorliegen der Voraussetzungen des Ausschlussgrunds im Gerichtsverfahren erstmals Kenntnis erlangt hat – das ihm zustehende Ermessen erkannt und ordnungsgemäß ausgeübt (§114 VwGO). Seine Erwägungen, die vom Informationsfreiheitsgesetz bezweckte Transparenz erfordere keine (nochmalige) Offenlegung, §9 Abs.3 IFG diene der Entlastung der Behörde, dem BMJ obliege es nicht, die Informationen dem Kläger nochmals oder mit anderen Voraussetzungen zur Verfügung zu stellen und es stehe dem BMJ – auch zum Schutz internationaler Beziehungen – nicht zu, dem Kläger die Informationen zur Verfügung zu stellen, hat die Beklagte keine sachfremden Erwägungen angestellt.

Ob dem Informationszugang darüber hinaus §3 Nr.4 Var.2 IFG entgegensteht, kann dahinstehen.

II. Mit dem Antrag, dem Kläger Datenkopien der ihn betreffenden personenbezogenen Daten gemäß Art.15 Abs.3 DS-GVO zur Verfügung zu stellen, ist die Klage ebenfalls teilweise unzulässig und im Übrigen unbegründet.

Soweit die Beklagte die Einsicht in die ihn betreffenden Passagen des Dokuments Nr.13 und in die Dokumente Nr.26 und Nr.36 (mit Ausnahme der das Abstimmungsverhalten im Verwaltungsrat betreffenden Passagen) zugesichert hat, fehlt dem Kläger das Rechtsschutzbedürfnis.

Im Übrigen steht ihm der Anspruch gemäß Art.15 Abs.3 DS-GVO nicht zu. Soweit das Dokument Nr.13 Informationen über Vorgänge enthält, die den Kläger nicht betreffen, handelt es sich bereits nicht um personenbezogene Daten im Sinne von Art.4 Nr.1 DS-GVO. Der Übersendung einer Datenkopie der übrigen Dokumente steht §34 Abs.1 Nr.1 i.V.m. §33 Abs.1 Nr.1 Buchst.b des Bundesdatenschutzgesetzes - BDSG - entgegen. Danach besteht das Recht auf Auskunft der betroffenen Person gemäß Art.15 DS-GVO nicht, wenn die Erteilung der Information die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gefährden oder sonst dem Wohle des Bundes oder eines Landes Nachteile bereiten würde und deswegen das Interesse der betroffenen Person an der Informationserteilung zurücktreten muss.

Zu dem hiernach geschützten „Wohle des Bundes“ zählen die Beziehungen der Bundesrepublik zur EPO und ihren Mitgliedstaaten. Aus dem oben Gesagten folgt, dass die Bekanntgabe der begehrten Informationen mit hinreichender Wahrscheinlichkeit einen Nachteil für diese Beziehungen haben kann (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13.November 2020 – BVerwG20 F5/20 – NVwZ2021, 415 Rn.17ff.). Dies gilt auch für die Dokumente Nr.48 und CA/C 16/17, 17/17 und 19/17. Dokument Nr.48 ist ein Vermerk des BMJV mit einer Zusammenfassung der 156. Sitzung des Verwaltungsrats. Insoweit gilt das oben Gesagte. Die Dokumente CA/C 16/17, 17/17 und 19/17 sind der KategorieC zugeordnet, die gemäß Art.13 Abs.1, Art.9 Abs.3 GOVR der Vertraulichkeit unterliegen und gegen deren Bekanntgabe sich der Präsident des Verwaltungsrats mit Schreiben vom 24. August 2020 gewandt hat.

Das Interesse des Klägers an der Informationserteilung muss hinter dem Geheimhaltungsinteresse zurücktreten. Das Interesse der Beklagten, die positiven Beziehungen zur EPO und ihren Mitgliedstaaten zu schützen und die mit der Offenlegung verbundene Gefahr einer Beeinträchtigung der vertraulichen Zusammenarbeit, haben ein hohes Gewicht. Demgegenüber hat der Kläger nicht dargelegt, worin sein Informationsinteresse besteht. Er hat lediglich auf die Betroffenheit personenbezogener Daten hingewiesen.

§33 Abs.1 Nr.1 Buchst.b BDSG ist entgegen der Auffassung des Klägers von der Öffnungsklausel des Art.23 Abs.1 Buchst.e DS-GVO gedeckt (Eßer, in: Eßer/Kramer/v.Lewinski, DSGVO/BDSG, 6.Auflage 2018, §32 Rn.14; Franck, in: Gola/Heckmann, DS-GVO/BDSG, 3.Auflage 2022, §32 Rn.26; Golla, in: Kühling/Buchner, DS-GVO/BDSG, 3.Auflage 2020, §32 Rn.13; Greve, in: Sydow, BDSG, 2020, §32 Rn.23). Der Begriff des „sonstigen wichtigen Ziels“ erfasst jedes wichtige Gemeinwohlziel, das in seinem Gewicht den in Art.23 Abs.1 Buchst. a–d DS-GVO oder den Regelbeispielen in Art.23 Abs.1 Buchst. e DS-GVO gleichkommt (Stender-Vorwachs/Wolff, in: BeckOK Datenschutzrecht, Stand:2021, Art.23 DS-GVO Rn.37). Hierzu zählt das allgemeine öffentliche Interesse am Schutz internationaler Beziehungen.

III. Der Hilfsantrag, dem Kläger Auskunft über die in Art.15 Abs.1 Buchst.a–h DS-GVO genannten Informationen zu erteilen, hat keinen Erfolg. Die Klage ist mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Die Beklagte hat dem Kläger mit Schreiben vom 3. Juni 2020 den Verarbeitungszweck (hausinterne Bearbeitung und Dokumentation zum Disziplinarverfahren), die Kategorien personenbezogener Daten (Vor- und Nachname, Geburtstag, Geburtsort, Staatsbürgerschaft und Kontaktdaten) und die geplante Dauer der Speicherung (solange, bis für o.g. Zwecke nicht mehr notwendig) mitgeteilt. Es ist nicht vorgetragen, dass beim Beklagten weitere Kategorien personenbezogener Daten vorhanden sind (z.B. Daten gemäß Art.9 und Art.10 DS-GVO) oder die Daten anderen Empfängern offengelegt worden sind. Die Klage auf Auskunft über das Recht auf Berichtigung oder Löschung und das Beschwerderecht ist nicht geeignet die Rechtsstellung des Klägers zu verbessern, weil der Kläger spätestens mit Klageerhebung Kenntnis von diesen Rechten erlangt hat.

Der in der mündlichen Verhandlung gestellte Antrag des Klägers, der Beklagten aufzugeben, die streitbefangenen Dokumente zum Beweis der Tatsache vorzulegen, dass das Bekanntwerden der Dokumente keine nachteiligen Auswirkungen auf internationale Beziehungen haben kann, war abzulehnen. Der Antrag war nicht auf eine dem Beweis zugängliche Tatsache, sondern auf eine rechtliche Wertung gerichtet, deren Beurteilung dem Gericht obliegt. Zudem konnte das Gericht auf der Grundlage des Beklagtenvorbringens entscheiden, ob dem Informationszugang die Gefahr nachteiliger Auswirkungen auf internationale Beziehungen entgegenstand (BVerwG, Urteil vom 28.Februar 2019 – BVerwG7 C20/17 – BVerwGE165, 1Rn. 38).

Die Kostenentscheidung beruht auf §155 Abs.1 Satz3, §155 Abs.2, §161 Abs.3 VwGO. Der Kläger trägt die Kosten auch soweit die Beteiligten den Rechtsstreit hinsichtlich des Dokuments Nr.5 übereinstimmend in der Hauptsache für erledigt erklärt haben, weil dies nur einen geringen Teil des Rechtsstreits betrifft. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §167Abs.1 Satz1, Abs.2 VwGO i.V.m. §708 Nr.11,§711 der Zivilprozessordnung.

Über den Antrag, die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären, war nicht zu entscheiden, weil der Kläger keinen Kostenerstattungsanspruch dem Grunde nach hat.

BESCHLUSS

Der Wert des Streitgegenstands wird gemäß §§39 ff., §§52 f. des Gerichtskostengesetzes auf

10.000,00 Euro

festgesetzt. Das Gericht hat für den Informationszugangsanspruch und den datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch jeweils den Auffangwert angesetzt.