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Aktenzeichen
1 K 233.13
ECLI
ECLI:DE:VGBE:2015:0423.1K233.13.0A
Datum
23. April 2015
Gericht
Verwaltungsgericht Berlin
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Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit i.H.v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Kläger ist freier Journalist. Er begehrt ungeschwärzten Zugang zu den Seiten137-203, 219-231 und 270-281 des Vorgangs der Beklagten mit der Tagebuch-Nr.26385/03 z. Diese Seiten sind Teil eines Verwaltungsvorgangs, den der Leiter der zwischen 2003 und 2005 bei der Beklagten angesiedelten Forschungsgruppe R... angelegt hatte. Er umfasst insgesamt sieben Bände mit ca. 3160 Blatt. Die streitigen Seiten befinden sich in Band I des Vorgangs, der die Seiten1 bis 515 umfasst.

Im Juni 2006 beantragte der Kläger bei der Beklagten Einsicht in sämtliche Aufzeichnungen der Behörde über Gründung, Arbeit und Ergebnisse der Forschungsgruppe R.... Im Januar 2007 erhob der Kläger Klage vor dem Verwaltungsgericht Berlin und begrenzte sein Begehren auf die Informationen im Vorgang mit der Tagebuch-Nr.26385/03 z. Er stellte den Antrag, ihm „... Zugang zu den im Schriftsatz vom 3. Juli 2009 noch begehrten Informationen (dem Protokoll beigefügt) zu gewähren“ (vgl. VG Berlin, Urteil vom 8. September 2009 - VG 2 A 8.07, juris).In dem Schriftsatz vom 3. Juli 2009 begehrte der Kläger unter anderem Zugang zu sämtlichen Seiten des Bandes I des Vorgangs mit der Tagebuch-Nr.26385/03 z. Mit rechtskräftigem Urteil vom 8. September 2009 stellte die 2. Kammer unter anderem fest, dass der Kläger auf der Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes - IFG - Anspruch auf Zugang zu Informationen des Vorgangs mit der Tagebuch-Nr.26385/03 z habe, jedoch ohne Namen und die dazugehörigen Sachverhalte über Personen, die nicht Mitarbeiter der Beklagten waren. Soweit es um Zugang zu personenbezogenen Informationen gehe, habe der Kläger lediglich einen Anspruch auf Neubescheidung seines Antrags (vgl. VG Berlin, a.a.O., Nr.3. a) und b) des Tenors). Dieser Anspruch auf Zugang zu personenbezogenen Informationen richte sich nach den Vorschriften des Stasi-Unterlagen-Gesetzes - StUG -. Da die Beklagte insofern weitere Ermittlungen und Überlegungen insbesondere hinsichtlich der schutzwürdigen Interessen Dritter, um deren personenbezogene Daten es gehe, bislang nicht vorgenommen habe, sei die Sache noch nicht spruchreif. Diese unterbliebene Aufklärung habe die Beklagte nachzuholen. Dabei habe sie bei ihrer Entscheidung, „ob, in welcher Form und mit welchen Maßgaben“ sie dem Kläger Unterlagen zugänglich mache, die Anforderungen des Stasi-Unterlagen-Gesetzes sowie die hierzu ergangene Rechtsprechung zu berücksichtigen (vgl. VG Berlin, a.a.O., Rz. 45 ff.).

Am 29. Juli 2010 erließ die Beklagte unter Bezugnahme auf das Urteil der 2. Kammer vom 8. September 2009 einen Bescheid, in dem dem Antrag des Klägers auf Einsicht in Unterlagen in den Vorgang zur Tagebuch-Nr.26385/03 z zum Teil entsprochen wurde. Abgelehnt wurde die Herausgabe der Seiten137-203, 219-231 und 270-281 mit der Begründung, dass die Seiten Informationen enthielten, die aus Stasi-Unterlagen in Tabellen der Beklagten übernommen worden seien. Da bei den in den Tabellen aufgeführten, durch Namen identifizierbare Personen lediglich Anhaltspunkte bestünden, dass es sich um inoffizielle Mitarbeiter der Staatssicherheit gehandelt habe, sei eine Herausgabe auf der Grundlage des StUG nicht zulässig. Der Bescheid war mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen. Der Kläger hat gegen den Bescheid erfolglos Widerspruch eingelegt und am 11. September 2010 Untätigkeitsklage erhoben.

Im August 2011 ordnete das Gericht das Ruhen des Verfahrens an. Es folgten Verhandlungen zwischen den Beteiligten, im Zuge derer dem Kläger die streitigen Seiten teilweise deanonymisiert von der Beklagten zugänglich gemacht wurden. Mit Schreiben vom 18. März 2013 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sich der Kläger für die Prüfung der verbliebenen Personen auf einen Bearbeitungszeitraum bis deutlich in das Jahr 2014 einzustellen habe. Mit weiterem Schreiben vom 28. Mai 2013 nahm sie diese Erklärung mit der Begründung zurück, dass der Arbeitsaufwand zur Überprüfung jeder einzelnen der über 2000 erfassten Personen in den Listen zu groß sei. Im Juni 2013 beantragte der Kläger die Fortsetzung des Verfahrens.

Er trägt vor, dass die Beklagte zur vollständigen, ungeschwärzten Herausgabe der streitgegenständlichen Seiten verpflichtet sei, da es sich bei den Personen in den Listen zweifelsfrei um inoffizielle Mitarbeiter der Staatssicherheit handele und die Beklagte insoweit ihr Ermessen falsch ausgeübt habe. Darüber hinaus habe sich die Beklagte durch ihre nach ihren eigenen Worten gemachte „Zusage“ im Schreiben vom 18. März 2013 selbst gebunden, die entsprechenden Recherchearbeiten durchzuführen, was sie bis heute nicht getan habe.

Er beantragt,

die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger Zugang zu folgenden Seiten derTagebuch-Nr.26385/03 z zu geben: Seiten137-203, 219-231 und 270-281.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor, dass hinsichtlich jeder einzelnen Person geprüft werden müsse, ob es sich tatsächlich um einen inoffiziellen Mitarbeiter der Staatssicherheit gehandelt habe. Der erforderliche Rechercheaufwand bei ca. 2000 aufgelisteten Personen sei unverhältnismäßig, weshalb der Anspruch jedenfalls analog §7 Abs.2 Satz1 IFG zurückzuweisen sei. Im Übrigen seien die Listen als solche nach dem StUG nicht herausgabefähig.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf Streitakte und die Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. Die Akte VG 2 A 8.07 ist dem vorliegenden Verfahren beigezogen worden.

Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist unzulässig.

1.

Der Klage steht die Rechtskraft des Urteils der 2. Kammer vom 8. September 2009- VG 2 A 8.07, juris, als zwingendes Prozesshindernis entgegen, da über das Begehren des Klägers bereits entschieden worden ist.

Rechtskräftige Urteile binden die Beteiligten soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist, §121 Nr.1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -. Aus dem Rechtsstaatsprinzip folgt, dass über den Wortlaut des §121 VwGO hinaus nicht nur die Beteiligten, sondern auch die Gerichte in einem späteren Prozess der Beteiligten über denselben Gegenstand an das rechtskräftige Urteil gebunden sind. Diese grundlegende Regelung aller Verfahrensordnungen dient dem Rechtsfrieden und soll verhindern, dass über denselben Streitgegenstand mehrfach, ggf. unterschiedlich entschieden wird. Die in einem rechtskräftig gewordenen Urteil aus einem festgestellten Tatbestand hergeleitete Rechtsfolge darf daher bei unveränderter Sach- und Rechtslage nicht erneut zum Gegenstand eines Verfahrens zwischen denselben Parteien gemacht werden. Die materielle Rechtskraft schafft ein unabdingbares, in jeder Verfahrenslage von Amts wegen zu beachtendes Prozesshindernis. Sie bewirkt, dass eine Klage in einem späteren Prozess mit demselben Streitgegenstand wie demjenigen des Vorprozesses ohne Sachprüfung wegen entgegenstehender Rechtskraft abzuweisen ist. Bei einem Bescheidungsurteil bestimmt die verbindlich zum Ausdruck gebrachte für dieses Urteil maßgebliche Rechtsauffassung des Gerichts die Rechtskraftwirkung gemäß §121 VwGO. Der Umfang der materiellen Rechtskraft und damit der Bindungswirkung ergibt sich aus den Entscheidungsgründen, die die nach dem Urteilstenor zu beachtende Rechtsauffassung des Gerichts im Einzelnen darlegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Januar 1995 - 8 C 8/93, juris).

Der Kläger begehrt mit der vorliegenden Klage ungeschwärzten Zugang zu den Seiten137-203, 219-231 und 270-281 des Vorgangs der Beklagten mit der Tagebuch-Nr.26385/03 z. Dieses Begehren war bereits Gegenstand der ursprünglich vor der 2. Kammer erhobenen Klage. Dort beantragte der Kläger „… Zugang zu den im Schriftsatz vom 3. Juli 2009 noch begehrten Informationen…“. In dem Schriftsatz vom 3. Juli 2009 begehrte der Kläger ebenfalls Zugang zu den vorliegend streitigen Seiten aus Band I des Verwaltungsvorgangs, der die Seiten1 bis 515 umfasst. Über dieses Begehren hat die 2. Kammer mit Urteil vom 8. September 2009 entschieden. Diese Entscheidung ist für das Gericht im vorliegenden Rechtsstreit bindend. Sie versagt es ihm, erneut über denselben Anspruch des Klägers zu entscheiden. Erst recht kann der Kläger mit der vorliegenden Klage nicht ein „Mehr“ (Zugang zu den Seiten) zu dem verlangen, was ihm nach dem rechtskräftigen Urteil der 2. Kammer zusteht (Neubescheidung durch die Beklagte).

2.

Entgegen der Auffassung des Klägers hat sich die Sach- und Rechtslage auch nicht nachträglich geändert, so dass dem vorliegenden Rechtsstreit kein neuer Streitgegenstand zugrundeliegt, über den das Gericht erneut entscheiden könnte. Bei einem rechtskräftigen Bescheidungsurteil kann die Bindung an die zugrundeliegende Rechtsauffassung des Gerichts ausnahmsweise dann entfallen, wenn sich die entscheidungserhebliche Sach- und Rechtslage nachträglich geändert hat. Denn die Rechtsauffassung des Gerichts ist grundsätzlich auf den im Zeitpunkt der Entscheidung konkret festgestellten Sachverhalt und die zur Zeit der Entscheidung bestehende Rechtslage bezogen. In einem solchen Fall kann ausnahmsweise die Erhebung einer neuen Klage zulässig sein (vgl. BVerwG, a.a.O.; Kopp/Schenke, VwGO, 19. Auflage 2013, §113 Rz. 213, 214 m.w.N.).

Der Streitgegenstand ist jedoch vorliegend identisch mit dem Streitgegenstand in dem Verfahren zum Az. VG 2 A 8.07, da die Beteiligten dasselbe Rechtsschutzziel unter Bezugnahme auf denselben Lebenssachverhalt wie im Vorprozess begehren. Sofern der Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, dass es vorliegend um eine Klage nach dem StUG ginge und schon deshalb ein anderer Streitgegenstand als in dem Vorprozess vorliege, kann dem, unabhängig von der Frage, ob es sich bei Ansprüchen nach IFG und StUG überhaupt um unterschiedliche Streitgegenstände handeln kann, nicht gefolgt werden. Die 2. Kammer hat über den Anspruch des Klägers umfassend, auch unter Zugrundelegung der Vorschriften des StUG entschieden (vgl. VG Berlin, a.a.O., Rz. 45 ff.). Es ergibt sich daher aus diesem Grund kein unterschiedlicher Lebenssachverhalt zur vorliegenden Klage.

Die Bezugnahme des Klägers auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2013 - 6 A 2/12) zu dem Verhältnis presserechtlicher Auskunftsanspruch/Anspruch nach IFG ist daher, unabhängig von der Frage, ob daraus hinsichtlich der Frage des Streitgegenstandes Rückschlüsse für das vorliegende Verfahren gezogen werden könnten, ohne Belang.

Auch hat sich die Sach- und Rechtslage nach Auffassung der Kammer zwischen dem Urteil der 2. Kammer vom 8. September 2009 und dem Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung im vorliegenden Verfahren nicht geändert. Nach wie vor geht es bei gleicher Gesetzeslage um die Frage, unter welchen Voraussetzungen der Kläger einen Anspruch auf Zugang zu den streitigen Unterlagen hat. Die 2. Kammer hat der Beklagten aufgegeben, über den Anspruch des Klägers unter Beachtung ihrer Rechtsauffassung neu zu entscheiden. Dies hat die Beklagte mit Bescheid vom 29. Juli 2010 getan. Ob sie dabei den von der 2. Kammer aufgestellten Anforderungen an die Neubescheidung nachgekommen ist bzw. aus den vorgetragenen Gründen den Anspruch auf Zugang zu den streitigen Seiten erneut ablehnen durfte, ist eine Frage der Erfüllung ihrer Verpflichtung aus dem Bescheidungsurteil vom 8. September 2009. Diese Frage ist gegebenenfalls im Vollstreckungsverfahren gemäß §172 VwGO zu klären (vgl. zur Anwendbarkeit von §172 VwGO in Fällen, in denen die zuständige Behörde nach dem Bescheidungsurteil zwar erneut entschieden hat, sich hierbei aber nach Auffassung des Klägers nicht an die Rechtsauffassung des Gerichts gehalten hat OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29. Dezember 2009 - 10 L 21.09, juris; OVG Münster, Beschluss vom 23. Juni 2010 - 8 E 555/10, juris; OVG Kassel, Beschluss vom 26. März 1999 - 11 TM 3406/98, 11 TM 4200/98, juris; Kopp/Schenke, VwGO Kommentar, 19. Auflage 2013, §113 Rz. 216 m.w.N.). Eine Änderung der Sach- und Rechtslage bzw. ein neuer, rechtlich relevanter Lebenssachverhalt, der zu einer erneuten Klage mit demselben Rechtsschutzziel berechtigen könnte, ergibt sich daraus nicht.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den zwischenzeitlich geführten Verhandlungen zwischen den Beteiligten im Jahr 2013 und dem Schreiben der Beklagten vom 18. März 2013. Soweit darin überhaupt eine etwaige eigenständige Rechtsverpflichtung der Beklagten zu sehen sein sollte, enthielte diese allenfalls die Erklärung, die begehrte Recherche durchzuführen. Eine darüberhinausgehende Verpflichtung, dem Kläger unmittelbar Zugang zu den Seiten zu gewähren - wie er sie mit der vorliegenden Klage begehrt - enthält das Schreiben nicht. Damit begründet es schon deshalb keinen neuen Lebenssachverhalt bzw. neue Rechtstatsache, die Grundlage für den mit der vorliegenden Klage begehrten unmittelbaren Zugangsanspruch sein könnte.

Die Kostenentscheidung folgt aus §154 Abs.1 VwGO. Anhaltspunkte für eine abweichende Kostenentscheidung nach §155 Abs.4 VwGO sind nicht ersichtlich. Sofern der Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, dass er sich aufgrund der Rechtsmittelbelehrung in dem Bescheid vom 10. Juli 2009 gezwungen sah, gegen diesen Bescheid gesondert vorzugehen, kann dies nach Auffassung der Kammer nicht zu einer abweichenden Kostenentscheidung führen. Für den auch im Vorverfahren anwaltlich vertretenen Kläger hätte ersichtlich sein müssen, dass der vorliegenden Klage die Rechtskraft des Urteils der 2. Kammer vom 8. September 2009 entgegensteht. Einem eventuellen Anspruch auf Abänderung des Bescheides im Verfahren nach §172 VwGO stünde die Bestandskraft des Bescheides naturgemäß nicht entgegen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §167 VwGO i.V.m. §§708 Nr.11, 711 der Zivilprozessordnung - ZPO - .

Anlass, die Berufung zuzulassen bestand nicht, weil keine der in §124 a Abs.1 Satz1 VwGO i.V.m. §124 Abs.2 Nr.3 oder Nr.4 VwGO genannten Gründe vorliegen.

BESCHLUSS

Der Wert des Streitgegenstandes wird gemäß §§39 ff., 52 f. des Gerichtskostengesetzes auf

5.000,00 Euro

festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger ist freier Journalist. Er begehrt ungeschwärzten Zugang zu den Seiten137-203, 219-231 und 270-281 des Vorgangs der Beklagten mit der Tagebuch-Nr.26385/03 z. Diese Seiten sind Teil eines Verwaltungsvorgangs, den der Leiter der zwischen 2003 und 2005 bei der Beklagten angesiedelten Forschungsgruppe R... angelegt hatte. Er umfasst insgesamt sieben Bände mit ca. 3160 Blatt. Die streitigen Seiten befinden sich in Band I des Vorgangs, der die Seiten1 bis 515 umfasst.

Im Juni 2006 beantragte der Kläger bei der Beklagten Einsicht in sämtliche Aufzeichnungen der Behörde über Gründung, Arbeit und Ergebnisse der Forschungsgruppe R.... Im Januar 2007 erhob der Kläger Klage vor dem Verwaltungsgericht Berlin und begrenzte sein Begehren auf die Informationen im Vorgang mit der Tagebuch-Nr.26385/03 z. Er stellte den Antrag, ihm „... Zugang zu den im Schriftsatz vom 3. Juli 2009 noch begehrten Informationen (dem Protokoll beigefügt) zu gewähren“ (vgl. VG Berlin, Urteil vom 8. September 2009 - VG 2 A 8.07, juris).In dem Schriftsatz vom 3. Juli 2009 begehrte der Kläger unter anderem Zugang zu sämtlichen Seiten des Bandes I des Vorgangs mit der Tagebuch-Nr.26385/03 z. Mit rechtskräftigem Urteil vom 8. September 2009 stellte die 2. Kammer unter anderem fest, dass der Kläger auf der Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes - IFG - Anspruch auf Zugang zu Informationen des Vorgangs mit der Tagebuch-Nr.26385/03 z habe, jedoch ohne Namen und die dazugehörigen Sachverhalte über Personen, die nicht Mitarbeiter der Beklagten waren. Soweit es um Zugang zu personenbezogenen Informationen gehe, habe der Kläger lediglich einen Anspruch auf Neubescheidung seines Antrags (vgl. VG Berlin, a.a.O., Nr.3. a) und b) des Tenors). Dieser Anspruch auf Zugang zu personenbezogenen Informationen richte sich nach den Vorschriften des Stasi-Unterlagen-Gesetzes - StUG -. Da die Beklagte insofern weitere Ermittlungen und Überlegungen insbesondere hinsichtlich der schutzwürdigen Interessen Dritter, um deren personenbezogene Daten es gehe, bislang nicht vorgenommen habe, sei die Sache noch nicht spruchreif. Diese unterbliebene Aufklärung habe die Beklagte nachzuholen. Dabei habe sie bei ihrer Entscheidung, „ob, in welcher Form und mit welchen Maßgaben“ sie dem Kläger Unterlagen zugänglich mache, die Anforderungen des Stasi-Unterlagen-Gesetzes sowie die hierzu ergangene Rechtsprechung zu berücksichtigen (vgl. VG Berlin, a.a.O., Rz. 45 ff.).

Am 29. Juli 2010 erließ die Beklagte unter Bezugnahme auf das Urteil der 2. Kammer vom 8. September 2009 einen Bescheid, in dem dem Antrag des Klägers auf Einsicht in Unterlagen in den Vorgang zur Tagebuch-Nr.26385/03 z zum Teil entsprochen wurde. Abgelehnt wurde die Herausgabe der Seiten137-203, 219-231 und 270-281 mit der Begründung, dass die Seiten Informationen enthielten, die aus Stasi-Unterlagen in Tabellen der Beklagten übernommen worden seien. Da bei den in den Tabellen aufgeführten, durch Namen identifizierbare Personen lediglich Anhaltspunkte bestünden, dass es sich um inoffizielle Mitarbeiter der Staatssicherheit gehandelt habe, sei eine Herausgabe auf der Grundlage des StUG nicht zulässig. Der Bescheid war mit einer Rechtsbehelfsbelehrung versehen. Der Kläger hat gegen den Bescheid erfolglos Widerspruch eingelegt und am 11. September 2010 Untätigkeitsklage erhoben.

Im August 2011 ordnete das Gericht das Ruhen des Verfahrens an. Es folgten Verhandlungen zwischen den Beteiligten, im Zuge derer dem Kläger die streitigen Seiten teilweise deanonymisiert von der Beklagten zugänglich gemacht wurden. Mit Schreiben vom 18. März 2013 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass sich der Kläger für die Prüfung der verbliebenen Personen auf einen Bearbeitungszeitraum bis deutlich in das Jahr 2014 einzustellen habe. Mit weiterem Schreiben vom 28. Mai 2013 nahm sie diese Erklärung mit der Begründung zurück, dass der Arbeitsaufwand zur Überprüfung jeder einzelnen der über 2000 erfassten Personen in den Listen zu groß sei. Im Juni 2013 beantragte der Kläger die Fortsetzung des Verfahrens.

Er trägt vor, dass die Beklagte zur vollständigen, ungeschwärzten Herausgabe der streitgegenständlichen Seiten verpflichtet sei, da es sich bei den Personen in den Listen zweifelsfrei um inoffizielle Mitarbeiter der Staatssicherheit handele und die Beklagte insoweit ihr Ermessen falsch ausgeübt habe. Darüber hinaus habe sich die Beklagte durch ihre nach ihren eigenen Worten gemachte „Zusage“ im Schreiben vom 18. März 2013 selbst gebunden, die entsprechenden Recherchearbeiten durchzuführen, was sie bis heute nicht getan habe.

Er beantragt,

die Beklagte zu verpflichten, dem Kläger Zugang zu folgenden Seiten derTagebuch-Nr.26385/03 z zu geben: Seiten137-203, 219-231 und 270-281.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor, dass hinsichtlich jeder einzelnen Person geprüft werden müsse, ob es sich tatsächlich um einen inoffiziellen Mitarbeiter der Staatssicherheit gehandelt habe. Der erforderliche Rechercheaufwand bei ca. 2000 aufgelisteten Personen sei unverhältnismäßig, weshalb der Anspruch jedenfalls analog §7 Abs.2 Satz1 IFG zurückzuweisen sei. Im Übrigen seien die Listen als solche nach dem StUG nicht herausgabefähig.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf Streitakte und die Verwaltungsvorgänge Bezug genommen. Die Akte VG 2 A 8.07 ist dem vorliegenden Verfahren beigezogen worden.

Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist unzulässig.

1.

Der Klage steht die Rechtskraft des Urteils der 2. Kammer vom 8. September 2009- VG 2 A 8.07, juris, als zwingendes Prozesshindernis entgegen, da über das Begehren des Klägers bereits entschieden worden ist.

Rechtskräftige Urteile binden die Beteiligten soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist, §121 Nr.1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -. Aus dem Rechtsstaatsprinzip folgt, dass über den Wortlaut des §121 VwGO hinaus nicht nur die Beteiligten, sondern auch die Gerichte in einem späteren Prozess der Beteiligten über denselben Gegenstand an das rechtskräftige Urteil gebunden sind. Diese grundlegende Regelung aller Verfahrensordnungen dient dem Rechtsfrieden und soll verhindern, dass über denselben Streitgegenstand mehrfach, ggf. unterschiedlich entschieden wird. Die in einem rechtskräftig gewordenen Urteil aus einem festgestellten Tatbestand hergeleitete Rechtsfolge darf daher bei unveränderter Sach- und Rechtslage nicht erneut zum Gegenstand eines Verfahrens zwischen denselben Parteien gemacht werden. Die materielle Rechtskraft schafft ein unabdingbares, in jeder Verfahrenslage von Amts wegen zu beachtendes Prozesshindernis. Sie bewirkt, dass eine Klage in einem späteren Prozess mit demselben Streitgegenstand wie demjenigen des Vorprozesses ohne Sachprüfung wegen entgegenstehender Rechtskraft abzuweisen ist. Bei einem Bescheidungsurteil bestimmt die verbindlich zum Ausdruck gebrachte für dieses Urteil maßgebliche Rechtsauffassung des Gerichts die Rechtskraftwirkung gemäß §121 VwGO. Der Umfang der materiellen Rechtskraft und damit der Bindungswirkung ergibt sich aus den Entscheidungsgründen, die die nach dem Urteilstenor zu beachtende Rechtsauffassung des Gerichts im Einzelnen darlegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Januar 1995 - 8 C 8/93, juris).

Der Kläger begehrt mit der vorliegenden Klage ungeschwärzten Zugang zu den Seiten137-203, 219-231 und 270-281 des Vorgangs der Beklagten mit der Tagebuch-Nr.26385/03 z. Dieses Begehren war bereits Gegenstand der ursprünglich vor der 2. Kammer erhobenen Klage. Dort beantragte der Kläger „… Zugang zu den im Schriftsatz vom 3. Juli 2009 noch begehrten Informationen…“. In dem Schriftsatz vom 3. Juli 2009 begehrte der Kläger ebenfalls Zugang zu den vorliegend streitigen Seiten aus Band I des Verwaltungsvorgangs, der die Seiten1 bis 515 umfasst. Über dieses Begehren hat die 2. Kammer mit Urteil vom 8. September 2009 entschieden. Diese Entscheidung ist für das Gericht im vorliegenden Rechtsstreit bindend. Sie versagt es ihm, erneut über denselben Anspruch des Klägers zu entscheiden. Erst recht kann der Kläger mit der vorliegenden Klage nicht ein „Mehr“ (Zugang zu den Seiten) zu dem verlangen, was ihm nach dem rechtskräftigen Urteil der 2. Kammer zusteht (Neubescheidung durch die Beklagte).

2.

Entgegen der Auffassung des Klägers hat sich die Sach- und Rechtslage auch nicht nachträglich geändert, so dass dem vorliegenden Rechtsstreit kein neuer Streitgegenstand zugrundeliegt, über den das Gericht erneut entscheiden könnte. Bei einem rechtskräftigen Bescheidungsurteil kann die Bindung an die zugrundeliegende Rechtsauffassung des Gerichts ausnahmsweise dann entfallen, wenn sich die entscheidungserhebliche Sach- und Rechtslage nachträglich geändert hat. Denn die Rechtsauffassung des Gerichts ist grundsätzlich auf den im Zeitpunkt der Entscheidung konkret festgestellten Sachverhalt und die zur Zeit der Entscheidung bestehende Rechtslage bezogen. In einem solchen Fall kann ausnahmsweise die Erhebung einer neuen Klage zulässig sein (vgl. BVerwG, a.a.O.; Kopp/Schenke, VwGO, 19. Auflage 2013, §113 Rz. 213, 214 m.w.N.).

Der Streitgegenstand ist jedoch vorliegend identisch mit dem Streitgegenstand in dem Verfahren zum Az. VG 2 A 8.07, da die Beteiligten dasselbe Rechtsschutzziel unter Bezugnahme auf denselben Lebenssachverhalt wie im Vorprozess begehren. Sofern der Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, dass es vorliegend um eine Klage nach dem StUG ginge und schon deshalb ein anderer Streitgegenstand als in dem Vorprozess vorliege, kann dem, unabhängig von der Frage, ob es sich bei Ansprüchen nach IFG und StUG überhaupt um unterschiedliche Streitgegenstände handeln kann, nicht gefolgt werden. Die 2. Kammer hat über den Anspruch des Klägers umfassend, auch unter Zugrundelegung der Vorschriften des StUG entschieden (vgl. VG Berlin, a.a.O., Rz. 45 ff.). Es ergibt sich daher aus diesem Grund kein unterschiedlicher Lebenssachverhalt zur vorliegenden Klage.

Die Bezugnahme des Klägers auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2013 - 6 A 2/12) zu dem Verhältnis presserechtlicher Auskunftsanspruch/Anspruch nach IFG ist daher, unabhängig von der Frage, ob daraus hinsichtlich der Frage des Streitgegenstandes Rückschlüsse für das vorliegende Verfahren gezogen werden könnten, ohne Belang.

Auch hat sich die Sach- und Rechtslage nach Auffassung der Kammer zwischen dem Urteil der 2. Kammer vom 8. September 2009 und dem Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung im vorliegenden Verfahren nicht geändert. Nach wie vor geht es bei gleicher Gesetzeslage um die Frage, unter welchen Voraussetzungen der Kläger einen Anspruch auf Zugang zu den streitigen Unterlagen hat. Die 2. Kammer hat der Beklagten aufgegeben, über den Anspruch des Klägers unter Beachtung ihrer Rechtsauffassung neu zu entscheiden. Dies hat die Beklagte mit Bescheid vom 29. Juli 2010 getan. Ob sie dabei den von der 2. Kammer aufgestellten Anforderungen an die Neubescheidung nachgekommen ist bzw. aus den vorgetragenen Gründen den Anspruch auf Zugang zu den streitigen Seiten erneut ablehnen durfte, ist eine Frage der Erfüllung ihrer Verpflichtung aus dem Bescheidungsurteil vom 8. September 2009. Diese Frage ist gegebenenfalls im Vollstreckungsverfahren gemäß §172 VwGO zu klären (vgl. zur Anwendbarkeit von §172 VwGO in Fällen, in denen die zuständige Behörde nach dem Bescheidungsurteil zwar erneut entschieden hat, sich hierbei aber nach Auffassung des Klägers nicht an die Rechtsauffassung des Gerichts gehalten hat OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29. Dezember 2009 - 10 L 21.09, juris; OVG Münster, Beschluss vom 23. Juni 2010 - 8 E 555/10, juris; OVG Kassel, Beschluss vom 26. März 1999 - 11 TM 3406/98, 11 TM 4200/98, juris; Kopp/Schenke, VwGO Kommentar, 19. Auflage 2013, §113 Rz. 216 m.w.N.). Eine Änderung der Sach- und Rechtslage bzw. ein neuer, rechtlich relevanter Lebenssachverhalt, der zu einer erneuten Klage mit demselben Rechtsschutzziel berechtigen könnte, ergibt sich daraus nicht.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den zwischenzeitlich geführten Verhandlungen zwischen den Beteiligten im Jahr 2013 und dem Schreiben der Beklagten vom 18. März 2013. Soweit darin überhaupt eine etwaige eigenständige Rechtsverpflichtung der Beklagten zu sehen sein sollte, enthielte diese allenfalls die Erklärung, die begehrte Recherche durchzuführen. Eine darüberhinausgehende Verpflichtung, dem Kläger unmittelbar Zugang zu den Seiten zu gewähren - wie er sie mit der vorliegenden Klage begehrt - enthält das Schreiben nicht. Damit begründet es schon deshalb keinen neuen Lebenssachverhalt bzw. neue Rechtstatsache, die Grundlage für den mit der vorliegenden Klage begehrten unmittelbaren Zugangsanspruch sein könnte.

Die Kostenentscheidung folgt aus §154 Abs.1 VwGO. Anhaltspunkte für eine abweichende Kostenentscheidung nach §155 Abs.4 VwGO sind nicht ersichtlich. Sofern der Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, dass er sich aufgrund der Rechtsmittelbelehrung in dem Bescheid vom 10. Juli 2009 gezwungen sah, gegen diesen Bescheid gesondert vorzugehen, kann dies nach Auffassung der Kammer nicht zu einer abweichenden Kostenentscheidung führen. Für den auch im Vorverfahren anwaltlich vertretenen Kläger hätte ersichtlich sein müssen, dass der vorliegenden Klage die Rechtskraft des Urteils der 2. Kammer vom 8. September 2009 entgegensteht. Einem eventuellen Anspruch auf Abänderung des Bescheides im Verfahren nach §172 VwGO stünde die Bestandskraft des Bescheides naturgemäß nicht entgegen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §167 VwGO i.V.m. §§708 Nr.11, 711 der Zivilprozessordnung - ZPO - .

Anlass, die Berufung zuzulassen bestand nicht, weil keine der in §124 a Abs.1 Satz1 VwGO i.V.m. §124 Abs.2 Nr.3 oder Nr.4 VwGO genannten Gründe vorliegen.

BESCHLUSS

Der Wert des Streitgegenstandes wird gemäß §§39 ff., 52 f. des Gerichtskostengesetzes auf

5.000,00 Euro

festgesetzt.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat keinen Erfolg. Sie ist unzulässig.

1.

Der Klage steht die Rechtskraft des Urteils der 2. Kammer vom 8. September 2009- VG 2 A 8.07, juris, als zwingendes Prozesshindernis entgegen, da über das Begehren des Klägers bereits entschieden worden ist.

Rechtskräftige Urteile binden die Beteiligten soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist, §121 Nr.1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -. Aus dem Rechtsstaatsprinzip folgt, dass über den Wortlaut des §121 VwGO hinaus nicht nur die Beteiligten, sondern auch die Gerichte in einem späteren Prozess der Beteiligten über denselben Gegenstand an das rechtskräftige Urteil gebunden sind. Diese grundlegende Regelung aller Verfahrensordnungen dient dem Rechtsfrieden und soll verhindern, dass über denselben Streitgegenstand mehrfach, ggf. unterschiedlich entschieden wird. Die in einem rechtskräftig gewordenen Urteil aus einem festgestellten Tatbestand hergeleitete Rechtsfolge darf daher bei unveränderter Sach- und Rechtslage nicht erneut zum Gegenstand eines Verfahrens zwischen denselben Parteien gemacht werden. Die materielle Rechtskraft schafft ein unabdingbares, in jeder Verfahrenslage von Amts wegen zu beachtendes Prozesshindernis. Sie bewirkt, dass eine Klage in einem späteren Prozess mit demselben Streitgegenstand wie demjenigen des Vorprozesses ohne Sachprüfung wegen entgegenstehender Rechtskraft abzuweisen ist. Bei einem Bescheidungsurteil bestimmt die verbindlich zum Ausdruck gebrachte für dieses Urteil maßgebliche Rechtsauffassung des Gerichts die Rechtskraftwirkung gemäß §121 VwGO. Der Umfang der materiellen Rechtskraft und damit der Bindungswirkung ergibt sich aus den Entscheidungsgründen, die die nach dem Urteilstenor zu beachtende Rechtsauffassung des Gerichts im Einzelnen darlegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Januar 1995 - 8 C 8/93, juris).

Der Kläger begehrt mit der vorliegenden Klage ungeschwärzten Zugang zu den Seiten137-203, 219-231 und 270-281 des Vorgangs der Beklagten mit der Tagebuch-Nr.26385/03 z. Dieses Begehren war bereits Gegenstand der ursprünglich vor der 2. Kammer erhobenen Klage. Dort beantragte der Kläger „… Zugang zu den im Schriftsatz vom 3. Juli 2009 noch begehrten Informationen…“. In dem Schriftsatz vom 3. Juli 2009 begehrte der Kläger ebenfalls Zugang zu den vorliegend streitigen Seiten aus Band I des Verwaltungsvorgangs, der die Seiten1 bis 515 umfasst. Über dieses Begehren hat die 2. Kammer mit Urteil vom 8. September 2009 entschieden. Diese Entscheidung ist für das Gericht im vorliegenden Rechtsstreit bindend. Sie versagt es ihm, erneut über denselben Anspruch des Klägers zu entscheiden. Erst recht kann der Kläger mit der vorliegenden Klage nicht ein „Mehr“ (Zugang zu den Seiten) zu dem verlangen, was ihm nach dem rechtskräftigen Urteil der 2. Kammer zusteht (Neubescheidung durch die Beklagte).

2.

Entgegen der Auffassung des Klägers hat sich die Sach- und Rechtslage auch nicht nachträglich geändert, so dass dem vorliegenden Rechtsstreit kein neuer Streitgegenstand zugrundeliegt, über den das Gericht erneut entscheiden könnte. Bei einem rechtskräftigen Bescheidungsurteil kann die Bindung an die zugrundeliegende Rechtsauffassung des Gerichts ausnahmsweise dann entfallen, wenn sich die entscheidungserhebliche Sach- und Rechtslage nachträglich geändert hat. Denn die Rechtsauffassung des Gerichts ist grundsätzlich auf den im Zeitpunkt der Entscheidung konkret festgestellten Sachverhalt und die zur Zeit der Entscheidung bestehende Rechtslage bezogen. In einem solchen Fall kann ausnahmsweise die Erhebung einer neuen Klage zulässig sein (vgl. BVerwG, a.a.O.; Kopp/Schenke, VwGO, 19. Auflage 2013, §113 Rz. 213, 214 m.w.N.).

Der Streitgegenstand ist jedoch vorliegend identisch mit dem Streitgegenstand in dem Verfahren zum Az. VG 2 A 8.07, da die Beteiligten dasselbe Rechtsschutzziel unter Bezugnahme auf denselben Lebenssachverhalt wie im Vorprozess begehren. Sofern der Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, dass es vorliegend um eine Klage nach dem StUG ginge und schon deshalb ein anderer Streitgegenstand als in dem Vorprozess vorliege, kann dem, unabhängig von der Frage, ob es sich bei Ansprüchen nach IFG und StUG überhaupt um unterschiedliche Streitgegenstände handeln kann, nicht gefolgt werden. Die 2. Kammer hat über den Anspruch des Klägers umfassend, auch unter Zugrundelegung der Vorschriften des StUG entschieden (vgl. VG Berlin, a.a.O., Rz. 45 ff.). Es ergibt sich daher aus diesem Grund kein unterschiedlicher Lebenssachverhalt zur vorliegenden Klage.

Die Bezugnahme des Klägers auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2013 - 6 A 2/12) zu dem Verhältnis presserechtlicher Auskunftsanspruch/Anspruch nach IFG ist daher, unabhängig von der Frage, ob daraus hinsichtlich der Frage des Streitgegenstandes Rückschlüsse für das vorliegende Verfahren gezogen werden könnten, ohne Belang.

Auch hat sich die Sach- und Rechtslage nach Auffassung der Kammer zwischen dem Urteil der 2. Kammer vom 8. September 2009 und dem Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung im vorliegenden Verfahren nicht geändert. Nach wie vor geht es bei gleicher Gesetzeslage um die Frage, unter welchen Voraussetzungen der Kläger einen Anspruch auf Zugang zu den streitigen Unterlagen hat. Die 2. Kammer hat der Beklagten aufgegeben, über den Anspruch des Klägers unter Beachtung ihrer Rechtsauffassung neu zu entscheiden. Dies hat die Beklagte mit Bescheid vom 29. Juli 2010 getan. Ob sie dabei den von der 2. Kammer aufgestellten Anforderungen an die Neubescheidung nachgekommen ist bzw. aus den vorgetragenen Gründen den Anspruch auf Zugang zu den streitigen Seiten erneut ablehnen durfte, ist eine Frage der Erfüllung ihrer Verpflichtung aus dem Bescheidungsurteil vom 8. September 2009. Diese Frage ist gegebenenfalls im Vollstreckungsverfahren gemäß §172 VwGO zu klären (vgl. zur Anwendbarkeit von §172 VwGO in Fällen, in denen die zuständige Behörde nach dem Bescheidungsurteil zwar erneut entschieden hat, sich hierbei aber nach Auffassung des Klägers nicht an die Rechtsauffassung des Gerichts gehalten hat OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 29. Dezember 2009 - 10 L 21.09, juris; OVG Münster, Beschluss vom 23. Juni 2010 - 8 E 555/10, juris; OVG Kassel, Beschluss vom 26. März 1999 - 11 TM 3406/98, 11 TM 4200/98, juris; Kopp/Schenke, VwGO Kommentar, 19. Auflage 2013, §113 Rz. 216 m.w.N.). Eine Änderung der Sach- und Rechtslage bzw. ein neuer, rechtlich relevanter Lebenssachverhalt, der zu einer erneuten Klage mit demselben Rechtsschutzziel berechtigen könnte, ergibt sich daraus nicht.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den zwischenzeitlich geführten Verhandlungen zwischen den Beteiligten im Jahr 2013 und dem Schreiben der Beklagten vom 18. März 2013. Soweit darin überhaupt eine etwaige eigenständige Rechtsverpflichtung der Beklagten zu sehen sein sollte, enthielte diese allenfalls die Erklärung, die begehrte Recherche durchzuführen. Eine darüberhinausgehende Verpflichtung, dem Kläger unmittelbar Zugang zu den Seiten zu gewähren - wie er sie mit der vorliegenden Klage begehrt - enthält das Schreiben nicht. Damit begründet es schon deshalb keinen neuen Lebenssachverhalt bzw. neue Rechtstatsache, die Grundlage für den mit der vorliegenden Klage begehrten unmittelbaren Zugangsanspruch sein könnte.

Die Kostenentscheidung folgt aus §154 Abs.1 VwGO. Anhaltspunkte für eine abweichende Kostenentscheidung nach §155 Abs.4 VwGO sind nicht ersichtlich. Sofern der Kläger in der mündlichen Verhandlung vorgetragen hat, dass er sich aufgrund der Rechtsmittelbelehrung in dem Bescheid vom 10. Juli 2009 gezwungen sah, gegen diesen Bescheid gesondert vorzugehen, kann dies nach Auffassung der Kammer nicht zu einer abweichenden Kostenentscheidung führen. Für den auch im Vorverfahren anwaltlich vertretenen Kläger hätte ersichtlich sein müssen, dass der vorliegenden Klage die Rechtskraft des Urteils der 2. Kammer vom 8. September 2009 entgegensteht. Einem eventuellen Anspruch auf Abänderung des Bescheides im Verfahren nach §172 VwGO stünde die Bestandskraft des Bescheides naturgemäß nicht entgegen.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §167 VwGO i.V.m. §§708 Nr.11, 711 der Zivilprozessordnung - ZPO - .

Anlass, die Berufung zuzulassen bestand nicht, weil keine der in §124 a Abs.1 Satz1 VwGO i.V.m. §124 Abs.2 Nr.3 oder Nr.4 VwGO genannten Gründe vorliegen.

BESCHLUSS

Der Wert des Streitgegenstandes wird gemäß §§39 ff., 52 f. des Gerichtskostengesetzes auf

5.000,00 Euro

festgesetzt.