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Aktenzeichen
12 B 16.19
ECLI
ECLI:DE:OVGBEBB:2021:0623.12B16.19.00
Datum
23. Juni 2021
Gericht
Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
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Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 24. Oktober 2019 wird zurückgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 v. H. des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, sofern nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 v. H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Der Kläger begehrt Zugang zu Unterlagen des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV), betreffend eine – in konkreten Gestalt umstrittene – Weisung des BMJV an den Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof, den Schriftverkehr hierzu sowie in diesem Zusammenhang gefertigte Gutachten.

Der Kläger ist ein eingetragener Verein, der ausweislich seiner Satzung die Förderung des demokratischen Staatswesens durch die Information, Kommunikation und Partizipation der Öffentlichkeit infolge der Förderung der Informationsfreiheit bezweckt.

Am 12. August 2015 beantragte der Kläger unter Berufung auf §1 Informationsfreiheitsgesetz (IFG) Zugang zu folgenden Unterlagen in Kopie:

„1. Übermittlung der Weisung des BMJV in Sachen Ermittlungsverfahren „Landesverrat“ gegen Herrn B… und andere an den GBA, bzw. des gesamten Schriftverkehrs in dieser Angelegenheit und

  1. Übersendung aller von BfV und GBA zu diesem Komplex gefertigten Gutachten.“

Mit Bescheid vom 21. September 2015 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Zur Begründung führte sie aus, die um Zugang ersuchten Unterlagen unterfielen nicht dem Anspruch nach dem Informationsfreiheitsgesetz. Maßgeblich seien allein die nach §1 Abs.3 IFG vorrangig anzuwendenden Regelungen im ersten Abschnitt des Achten Buches der Strafprozessordnung (§§474 ff. StPO). Zwar handele es sich bei den begehrten Unterlagen der Beklagten nicht um Akten des Strafverfahrens, die Regelungen seien jedoch entsprechend anwendbar, da die Unterlagen ein „Abbild" der Ermittlungsakte seien.

Entgegen der dem Bescheid beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung über die Zulässigkeit des Widerspruchs hat der Kläger am 15. September 2015 Untätigkeitsklage erhoben, ohne zuvor einen Widerspruch zu erheben.

Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 3. Juni 2016 ein als Anlage B 6 bezeichnetes Verzeichnis der Unterlagen vorgelegt, die beim BMJV zu genanntem Ermittlungsverfahren vorliegen, und hinsichtlich der einzelnen Unterlagen jeweils Ausschlussgründe geltend gemacht. Der Kläger hat in der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung vom 27. Juni 2016 klargestellt, dass er die Ausdrucke von der Seite „netzpolitik.org“ (Seiten9-25; 28-40 und 52-63) nicht begehrt. In der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren hat er darüber hinaus klargestellt, dass die Unterlagen, die erst nach dem Zugang des Informationsantrag am 12. August 2015 zum Vorgang des BMJV gelangt sind (Seiten129 bis 137 und 144 bis 179), nicht Gegenstand des Verfahrens sind.

Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 27. Juni 2016 (VG 2 K 534.15) die Klage mangels Durchführung des erforderlichen Vorverfahrens als unzulässig abgewiesen. Auf die vom Verwaltungsgericht zugelassene Sprungrevision hin hat das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 22. März 2018 – BVerwG 7 C 21.16 – das Urteil des Verwaltungsgerichts aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen, da ein Vorverfahren aus Gründen der Prozessökonomie in diesem Fall ausnahmsweise entbehrlich gewesen sei.

Mit Urteil vom 24. Oktober 2019 (VG 2 K 124.18) hat das Verwaltungsgericht die Klage als unbegründet abgewiesen. Das Informationsfreiheitsgesetz sei nicht anwendbar. Zwar sei das Bundesjustizministerium grundsätzlich als Behörde im organisationsrechtlichen Sinne anzusehen, nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei der Behördenbegriff des §1 Abs.1 IFG jedoch funktioneller Natur. Der Anwendungsbereich des Gesetzes beziehe sich allein auf die materielle Verwaltungstätigkeit der Behörden und der sonstigen Stellen des Bundes. In negativer Abgrenzung zu den anderen Staatsfunktionen liege bei einer Weisung des Bundesjustizministers an den Generalbundesanwalt keine materielle Verwaltungstätigkeit vor. Diese sei vielmehr aufgrund des Tätigwerdens im Rahmen des Leitungs- und Aufsichtsrechts gegenüber dem Generalbundesanwalt gemäß §147 Nr.1 GVG in Bezug auf ein konkretes Ermittlungsverfahren materiell der Strafrechtspflege zuzuordnen. Dabei sei es gleichgültig, ob es sich tatsächlich um eine Weisung oder – wie von der Beklagten behauptet – lediglich um eine einvernehmliche Verabredung gehandelt habe, denn die Intervention des Bundesjustizministers, den Gutachtenauftrag des Generalbundesanwalts zurückzunehmen, stelle auch im letzteren Fall eine aufsichtsrechtliche Maßnahme dar, die der materiellen Strafrechtspflege zuzuordnen sei. Die von den Beteiligten erörterte Frage des Vorrangs der strafprozessualen Vorschriften (§§474 ff. StPO) gemäß §1 Abs.3 IFG stelle sich demnach nicht, da ein solches Konkurrenzverhältnis nur bei Anwendbarkeit des Informationsfreiheitsgesetzes greife.

Auch ein Anspruch aus dem Grundrecht auf Informationsfreiheit scheide aus, da die begehrten Informationen mangels Anwendbarkeit des Informationsfreiheitsgesetzes nicht öffentlich zugänglich seien. Entsprechendes gelte auch für einen konventionsrechtlichen Anspruch aus Art.10 Abs.1 EMRK. Jedenfalls genüge das innerstaatliche Recht, namentlich die Einschränkung des Informationsanspruchs des IFG und die Ausgestaltung des Auskunftsrechts nach §475 StPO den Schrankenanforderungen des Art.10 Abs.2 EMRK.

Mit der vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung vertieft der Kläger sein erstinstanzliches Vorbringen: Es bestehe ein Informationsanspruch aus dem Informationsfreiheitsgesetz, da das BMJV auch im hiesigen Fall funktionell als Behörde anzusehen sei. Das Informationsbegehren beziehe sich nur mittelbar auf die Weisung und betreffe vielmehr insgesamt die Übermittlung der Weisung und den diesbezüglichen Schriftverkehr. Zudem sei auch die konkrete Weisung dem Anwendungsbereich des IFG nicht entzogen, da sie nicht materiell der Strafrechtspflege, sondern der Wahrnehmung öffentlich-rechtlicher Verwaltungsaufgaben diene, indem sie die Zurücknahme eines Gutachtenauftrages durch den Generalbundesanwalt betreffe. Diese Intervention des Bundesjustizministers stehe nicht in einem von der Rechtsprechung als erforderlich angesehenen unmittelbar funktionalen Zusammenhang zur Strafrechtspflege und sei nicht als eine spezifisch justizmäßige Aufgabenerfüllung zu werten. Dieses Tätigwerden stelle überdies keine Maßnahme im Rahmen der Aufsicht dar, sondern eine „nicht wertende bloße Entscheidung der Beklagten um auf eine Tätigkeit des GBA zu verzichten". Selbst wenn man es als Aufsichtsmaßnahme qualifizieren wolle, fehle es an einem erforderlichen unmittelbar funktionalen Zusammenhang mit der staatsanwaltlichen Tätigkeit. Auch hinsichtlich der Gutachten des Bundesamts für Verfassungsschutz und des Generalbundesanwalts könne der Kläger sich auf einen Anspruch aus §1 Abs.1 Satz1 IFG berufen. Auch insoweit nehme das BMJV materiell Verwaltungstätigkeit wahr, da die Gutachten eine reine Beratungsgrundlage für die Meinungsbildung der Beklagten bildeten.

Ferner stehe dem Kläger ein Anspruch aus Art.10 EMRK zu, der gleichfalls nicht durch den Auskunftsanspruch aus §475 StPO verdrängt werde.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 24. Oktober 2019 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vom 21. September 2015 zu verpflichten bzw. zu verurteilen, ihm Zugang zu der Weisung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz an den Generalbundesanwalt in Sachen Ermittlungsverfahren „Landesverrat gegen Herrn B… u.a.“ sowie den gesamten Schriftverkehr in dieser Angelegenheit zwischen diesen beiden Behörden nebst aller vom Bundesamt für Verfassungsschutz und vom Generalbundesanwalt zu diesem Komplex gefertigten Gutachten durch Übersendung von Kopien zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Der Anwendungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes sei nicht eröffnet, da der Bundesjustizminister nach materiellen Kriterien wie die Staatsanwaltschaft Aufgaben der materiellen Strafrechtspflege wahrnehme, soweit er durch Einzelweisung zur Art und Weise der Durchführung die Aufsicht über den Generalbundesanwalt in einem konkreten Ermittlungsverfahren ausübe. Auch der übrige Austausch zwischen Generalbundesanwalt und Bundesjustizministerium diene der Information des Ministeriums, um das Leitungs- und Aufsichtsrecht nach §§146, 147 Nr.1 GVG ausüben zu können. Aufgrund des Funktionszusammenhangs mit der Strafrechtspflege sei das Bundesjustizministerium, wenn es in einem Ermittlungsverfahren des Generalbundesanwalts agiere, Teil der Justiz und nicht als Behörde im funktionellen Sinne tätig. Auch die Gutachten gehörten zum konkreten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren und seien dem Informationsanspruch aus dem Informationsfreiheitsgesetz entzogen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Streitakte sowie auf die den Kläger betreffenden Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen, die vorgelegen haben und, soweit wesentlich, Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung des Senats gewesen sind.

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht erkannt, dass der Kläger keinen Anspruch auf den begehrten Informationszugang und die Klage daher keinen Erfolg hat.

I. Die Ablehnung des geltend gemachten Anspruchs aus §1 Abs.1 Satz1 IFG durch den Bescheid vom 21. September 2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten, §113 Abs.5 Satz1 VwGO. Zwar ist die insoweit statthafte Verpflichtungsklage auch ohne Durchführung des Vorverfahrens zulässig, nachdem das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 22. März 2018 (7 C 21.16 – juris Rn. 13 ff.) mit Bindungswirkung gemäß §144 Abs.6 VwGO das Vorverfahren für entbehrlich angesehen und der Kläger in der mündlichen Verhandlung klargestellt hat, dass er die Aktenbestandteile nicht begehrt, die erst nach dem Zugang des Informationsantrag am 12. August 2015 beim Beklagten angefallen sind. Die Klage ist insoweit jedoch unbegründet, denn ein Anspruch aus §1 Abs.1 Satz1 IFG steht dem Kläger gegen die Beklagte nicht zu.

  1. Gemäß §1 Abs.1 Satz1 IFG hat jeder nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. Für sonstige Bundesorgane und Bundeseinrichtungen gilt das Gesetz, soweit sie öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnehmen (§1 Abs.1 Satz2 IFG).

a) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (zuletzt etwa Urteil vom 28. Februar 2019 – 7 C 23.17 – Buchholz 404 IFG Nr.31, juris Rn. 15 ff. m.w.N.), der der Senat folgt (Urteil vom 13. November 2013 – 12 B 3.12 – juris Rn. 32 ff.), ist der Behördenbegriff des §1 Abs.1 Satz1 IFG funktioneller Natur. Eine Behörde ist jede Stelle im Sinne einer eigenständigen Organisationseinheit, die öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnimmt. Der Anwendungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes bezieht sich indes allein auf die materielle Verwaltungstätigkeit der Behörden und der sonstigen Stellen des Bundes (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2015 – 7 C 1.14 – BVerwGE 152, 241, juris Rn. 15). Ob eine solche gegeben ist, bestimmt sich nach materiellen Kriterien in negativer Abgrenzung zu den anderen Staatsfunktionen (BVerwG, Urteil vom 3. November 2011 – 7 C 3.11 – BVerwGE 141, 122, juris Rn. 13; vgl. auch Schoch, IFG, 2. Aufl. 2016, §1 Rn. 115; Brink, in: Brink/Polenz/Blatt, IFG, 2017, §1 Rn. 84; Scheel, in: Berger/Partsch/Roth, IFG, 2. Aufl. 2013, §1 Rn. 23; Rossi, IFG, 2006, §1 Rn. 40). Danach liegt materielle Verwaltungstätigkeit vor, wenn das Handeln staatlicher Organe weder Gesetzgebung noch Rechtsprechung darstellt.

b) Der Kläger hat den Zugang zu den hier inmitten stehenden Informationen auch beim Generalbundesanwalt beantragt und nach dortiger Antragsablehnung erfolglos den Rechtsweg beschritten (Urteil des VGH Baden-Württemberg vom 16. Mai 2017 – 10 S 1478/16 – DVBl. 2017, 972 sowie juris; BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2019, a. a. O.). Das Bundesverwaltungsgericht hat rechtskräftig erkannt, dass die Staatsanwaltschaft, wenn sie als Organ der Rechtspflege tätig wird, keine Verwaltungstätigkeit im materiellen Sinn ausübt (a. a. O. Rn. 16). Dies gilt auch für den Generalbundesanwalt, der im dort wie hier maßgeblichen Zusammenhang im Rahmen eines konkreten strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens tätig geworden ist und damit als Teil der Justiz gehandelt hat, nicht als Verwaltungsbehörde im funktionellen Sinne (a. a. O. Rn. 17). Ein Anspruch aus §1 Abs.1 Satz1 IFG gegen den Generalbundesanwalt scheidet daher aus. Unerheblich ist hierbei, ob tatsächlich eine schriftliche Weisung des BMJV vorliegt oder lediglich ein Vermerk über eine mündliche Weisung zur Ermittlungs- oder einer sonstigen Akte genommen worden ist (a. a. O. Rn. 17). Ebenso ist unerheblich, ob die ministerielle Maßnahme der Aufsicht und Leitung (§147 Nr.1 GVG) zu Recht ergangen ist, solange – wie hier – kein Akt „ultra vires“ vorliegt (a. a. O. Rn. 18). Dies betrifft nicht nur den "gesamten Schriftverkehr", sondern auch die Gutachten, deren Übersendung der Kläger auch im dortigen Verfahren begehrt hat (a. a. O. Rn. 17).

c) Wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat, gilt Entsprechendes im selben Umfang für die im hiesigen Verfahren in Frage stehenden Informationen des BMJV. Auch der Bundesjustizminister hat bei der Erteilung der auf ein konkretes strafrechtliches Ermittlungsverfahren bezogenen Weisung gemäß §§146, 147 Nr.1 GVG wegen des Funktionszusammenhangs mit der Strafrechtspflege ausnahmsweise (zur grundsätzlichen Behördeneigenschaft: BVerwG, Urteil vom 3. November 2011, a. a. O. Rn. 12) nicht als Behörde im funktionellen Sinne gehandelt, sondern als Organ der Strafrechtspflege, weshalb ein Anspruch aus §1 Abs.1 Satz1 IFG auch im Hinblick auf die dem BMJV vorliegenden Informationen nicht gegeben ist.

Nach §§146, 147 Nr.1 GVG steht dem Bundesjustizminister gegenüber dem Generalbundesanwalt ein formal unbeschränktes (externes) Weisungsrecht zu (vgl. Brocke, in: MüKo StPO, 1. Aufl. 2018, §146 GVG Rn. 12 und §147 GVG Rn. 2; Trentmann, ZRP 2015, 198, 199). Dienstliche Anweisungen i.S.d. §146 GVG bedürfen keiner besonderen Form, insbesondere bedarf es nicht der ausdrücklichen Bezeichnung der Maßnahme als „Weisung" (Mayer, in: Kissel/Mayer, GVG, Kommentar, 10. Aufl. 2021, §146 Rn. 8; Brocke, a. a. O., §146 GVG Rn. 24 ff., auch zu nicht realisierten Reformvorschlägen; vgl. ferner BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2019, a. a. O. Rn. 17). Aufgrund des aufsichtsrechtlich angelegten Über- und Unterordnungsverhältnisses ist auch eine „Bitte" des Weisungsbefugten im Zweifel als Anweisung anzusehen (vgl. Mayer, a. a. O. Rn. 8; Brocke, a. a. O. Rn. 24). Danach ist auch eine etwaige „gemeinsame Verabredung" zwischen dem Bundesjustizministerium und dem Generalbundesanwalt, den Gutachtenauftrag zurückzunehmen, auf die – insoweit unstreitige – Initiative des Bundesjustizministeriums hin als Anweisung i. S. d. §§146, 147 Nr.1 GVG anzusehen.

Ergeht eine Weisung gemäß §§146, 147 Nr.1 GVG des Bundesjustizministers gegenüber dem Generalbundesanwalt zu einem konkreten Straf- oder Ermittlungsverfahren, nimmt auch der Weisungsgeber und nicht lediglich der Weisungsempfänger nach der gebotenen funktionellen Betrachtung eine Maßnahme der Strafrechtspflege vor und keine materielle Verwaltungstätigkeit. An der Funktion der Maßnahme ändert nichts, dass dem Bundesjustizminister das Selbsteintrittsrecht nach §145 GVG nicht zusteht (hierzu Mayer, a. a. O., §145 GVG Rn. 2). Das Weisungsrecht bezieht sich gerade und nur auf konkrete strafrechtliche Ermittlungen des Generalbundesanwalts. Eine Weisung des Ministers, die klar missachten würde, dass der Generalbundesanwalt an das Legalitätsprinzip gebunden ist, wäre rechtswidrig und würde den Generalbundesanwalt zur Remonstration zwingen (Mayer, a. a. O. §146 Rn. 3 f.). Ebenso wenig ändert an der Funktion der Maßnahme etwas, dass die mit der Ausübung des Weisungsrechts einhergehenden Unterlagen nicht in Ermittlungsakten geführt werden. Der Ort der Veraktung rechtfertigt (entgegen Rixecker in: Festschrift für Tolksdorf, 2014, S.365 (372 f.) weder, die (etwaigen) „Berichtsakten“ des Generalbundesanwalts (hierzu BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2019, a. a. O. Rn. 17 a. E.) noch diejenigen des BMJV dem Anwendungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes zu unterwerfen (so zutreffend Schoch, a. a. O., §1 Rn. 213).

Auch die Systematik des Informationsfreiheitsgesetzes zwingt nicht zu einem anderen Verständnis. Insbesondere bleibt auch bei dem hier gefundenen Ergebnis Raum für eine Anwendung des Ausnahmetatbestands des §3 Nr.1 g) IFG (Beeinträchtigung strafrechtlicher Ermittlungen). Für den Ausschluss materiellen Verwaltungshandelns genügt es nicht, wenn behördliches Handeln nur irgendeinen Bezug zur materiellen Strafrechtspflege aufweist. Es genügt hierfür auch nicht, dass sich die identischen Informationen in Strafermittlungsakten und in Verwaltungsakten eines Bundesministeriums, etwa des Bundesverkehrsministeriums (hierzu Urteil des Senats vom 29. März 2019 – 12 B 13.18 – juris), befinden.

Entgegen dem Kläger ist nicht nur der zwischen dem Generalbundesanwalt und dem BMJV gewechselte Schriftverkehr vom Anwendungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes ausgenommen, sondern sind es auch die bei den einschlägigen Akten befindlichen sachverständigen Äußerungen des Bundesamts für Verfassungsschutz, des Generalbundesanwalts und des Bundesjustizministers. Es handelt sich hierbei um Ermittlungen und strafrechtliche Bewertungen des zur Strafanzeige gebrachten Handelns, mithin um Informationen, die gerade den Kern der strafrechtlichen Ermittlungen ausmachen.

  1. Wollte man entgegen dem Senat die Anspruchsvoraussetzungen des §1 Abs.1 Satz1 IFG für gegeben und damit den Anwendungsbereich des Gesetzes für eröffnet ansehen, stünde einem Anspruch des Klägers die Bereichsausnahme des §3 Nr.8 IFG entgegen.

a) Danach besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht gegenüber den Nachrichtendiensten sowie den Behörden und sonstigen öffentlichen Stellen des Bundes, soweit sie Aufgaben im Sinne des §10 Nr.3 des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes (SÜG) wahrnehmen. Das BMJV stellt zwar keine namentlich in §3 Nr.8 IFG genannte Stelle dar. Mit Blick auf die maßgebliche funktionenbezogene Auslegung der Norm (BVerwG, Urteil vom 25. Februar 2016 – 7 C 18.14 – Buchholz 404 IFG Nr.17) befindet es sich jedoch im Rahmen der Aufsicht über den Generalbundesanwalt in einer Sondersituation, die der vom Gesetzgeber bei der Normierung des §3 Nr.8 IFG vorausgesetzten Lage vergleichbar ist. Auch insoweit schließt sich der Senat der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 22. März 2018 – 7 C 21.16 – juris Rn. 27) an.

b) Von der Bereichsausnahme sind sämtliche noch im Streit befindliche Dokumente erfasst.

Gemäß §1 Nr.5 Sicherheitsüberprüfungsfeststellungsverordnung (SÜFV) nimmt der Generalbundesanwalt Aufgaben von vergleichbarer Sicherheitsempfindlichkeit wie die der Nachrichtendienste wahr, soweit er bei Ermittlungstätigkeiten auf dem Gebiet der Spionageabwehr und der Terrorismusbekämpfung übermittelte Informationen der Nachrichtendienste des Bundes verwendet. Wie die Beklagte zutreffend ausführt (Schriftsatz vom 3. Juni 2016, Blatt 176 ff. der Gerichtsakte), umfasst der Begriff der Spionageabwehr die gesamte Tätigkeit auf dem Gebiet der äußeren Sicherheit, also Straftaten, die den Bestand des Bundes gefährden wie Hochverrat gemäß §81 StGB, der Verrat von Staatsgeheimnissen (namentlich Landesverrat gemäß §94 StGB) sowie sonstige Tätigkeiten für einen fremden Nachrichtendienst. Bei den hier inmitten stehenden Ermittlungstätigkeiten handelte es sich daher um solche auf dem Gebiet der Spionageabwehr i. S. d. §1 Nr.5 SÜFV.

Der Generalbundesanwalt hat bei sämtlichen noch im Streit stehenden Unterlagen übermittelte Informationen der Nachrichtendienste des Bundes verwendet. Entsprechendes gilt für die Verarbeitung dieser Informationen durch den Bundesjustizminister im Rahmen seiner Aufsicht. Insbesondere trifft dies auch für den insoweit einzig fraglichen ‚Bericht des LKA zur Identifizierung „A…“ und „M…“‘ zu (Seiten77 bis 79 der im Streit stehenden Akten – Anlage B 6). Wie die Beklagte in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, wurde auch dieser Bericht dem Generalbundesanwalt vom Bundesamt für Verfassungsschutz zur Verfügung gestellt und von ihm an das BMJV weitergeleitet.

  1. Die Beklagte beruft sich hinsichtlich der in der Anlage B 6 als „VS-VERTRAULICH“ gekennzeichneten Unterlagen auch auf den Ausschlussgrund des §3 Nr.4 IFG. Danach besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn die Information einer durch Rechtsvorschrift oder durch die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen geregelten Geheimhaltungs- oder Vertraulichkeitspflicht oder einem Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnis unterliegt. Sie hat in der mündlichen Verhandlung hierzu eine aktuelle Stellungnahme des Bundesamtes für Verfassungsschutz vom 14. Juni 2021 vorgelegt, nach der die Notwendigkeit der Einstufung aufgrund materieller Geheimhaltungsbedürfnisse fortbestehe. Der Kläger hat diese Angaben bestritten. Im Hinblick auf die sonstigen dem Klageerfolg entgegenstehenden Gründe lässt der Senat offen, ob und ggf. hinsichtlich welcher Dokumente auch der Ausschlussgrund des §3 Nr.4 IFG einem Informationszugang entgegensteht.

II. Der Kläger hat auch keinen verfassungsunmittelbaren Anspruch aus Art.5 Abs.1 Satz1 Halbsatz 2 GG auf Informationszugang. Ob ein solcher Anspruch gesondert neben demjenigen aus §1 Abs.1 Satz1 IFG verfolgt werden kann, wie das Verwaltungsgericht wohl meint, oder ob dies lediglich für den presserechtlichen Anspruch aus Art.5 Abs.1 Satz2 GG i. V. m. Art.10 EMRK gilt (so offenbar BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2019, a. a. O. Rn. 12 f.), lässt der Senat offen. Dagegen spricht, dass damit die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen des den Anspruch ausformenden Informationsfreiheitsgesetzes, namentlich das behördliche Antrags- und Widerspruchserfordernis, umgangen werden könnten.

Ein etwaiger Anspruch aus Art.5 Abs.1 Satz1 Halbsatz 2 GG ist jedenfalls in der Sache nicht gegeben.

Wie das Bundesverwaltungsgericht im gegenüber dem Kläger ergangenen Urteil vom 28. Februar 2019 erneut festgestellt hat, steht der Informationszugang erst dann auch unter dem Schutz von Art.5 Abs.1 Satz1 Halbsatz 2 GG, wenn §1 Abs.1 IFG den geltend gemachten Anspruch auf Zugangsverschaffung zu den begehrten Informationen deckt (a. a. O. Rn. 20 unter Bezugnahme auf BVerfG, Beschluss vom 20. Juni 2017 – 1 BvR 1978/13 – BVerfGE 145, 365 Rn. 33). Dies ist hier nicht der Fall, da das Informationsfreiheitsgesetz seinen Anwendungsbereich gerade nicht auf amtliche Informationen erstreckt hat, die im Rahmen der Rechtspflege bei der Justiz und den Staatsanwaltschaften als einem Teil der Justiz anfallen und es insoweit gerade an einer "Widmung" als öffentlich zugänglicher Information fehlt. Für die Tätigkeit des Bundesjustizministers in seiner Funktion als Fachaufsicht i. S. d. §§146, 147 Nr.1 GVG gilt nichts anderes.

Ferner hat das Bundesverfassungsgericht bereits klargestellt, dass im Anwendungsbereich des §3 Nr.8 IFG der Aktenbestand der Behörde keine allgemein zugängliche Quelle im Sinne des Art.5 Abs.1 Satz1 Halbsatz 2 GG ist (BVerfG, a. a. O., Rn. 21), also bereits der Schutzbereich dieses Grundrechts nicht eröffnet ist. Da vorliegend hinsichtlich sämtlicher noch streitgegenständlicher Unterlagen diese Bereichsausnahme gegeben ist, scheidet ein Anspruch unmittelbar aus Art.5 Abs.1 Satz1 Halbsatz 2 GG auch deshalb insgesamt aus.

III. Der Kläger hat keinen Anspruch auf begehrten Informationszugang aus Art.10 EMRK.

Offen bleiben kann insoweit, ob das klägerische Zugangsbegehren tatsächlich von der Garantie des Art.10 Abs.1 EMRK erfasst ist, denn selbst in diesem Falle ist nichts dafür ersichtlich, dass die nach innerstaatlichem Recht bestehenden Einschränkungen des Informationszugangsanspruchs im Informationsfreiheitsgesetz und die Ausgestaltung des Auskunftsrechts nach §475 StPO bei Beachtung des den Konventionsstaaten zuzubilligenden Beurteilungsspielraums den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gemäß Art.10 Abs.2 EMRK nicht genügen (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2019, a. a. O., juris Rn. 22 m.w.N.).

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus §154 Abs.2 VwGO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §167 VwGO in Verbindung mit §708, §711 der Zivilprozessordnung.

Die Revision ist nach §132 Abs.2 Nr.1 VwGO zuzulassen, weil die Frage, ob der Bundesjustizminister in Ausübung seines Weisungsrechts gegenüber dem Generalbundesanwalt als Behörde im Sinne des §1 Abs.1 IFG handelt, grundsätzliche Bedeutung hat und im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. März 2018 noch nicht beantwortet worden ist (a. a. O. Rn. 24).

Tatbestand

Der Kläger begehrt Zugang zu Unterlagen des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV), betreffend eine – in konkreten Gestalt umstrittene – Weisung des BMJV an den Generalbundesanwalt beim Bundesgerichtshof, den Schriftverkehr hierzu sowie in diesem Zusammenhang gefertigte Gutachten.

Der Kläger ist ein eingetragener Verein, der ausweislich seiner Satzung die Förderung des demokratischen Staatswesens durch die Information, Kommunikation und Partizipation der Öffentlichkeit infolge der Förderung der Informationsfreiheit bezweckt.

Am 12. August 2015 beantragte der Kläger unter Berufung auf §1 Informationsfreiheitsgesetz (IFG) Zugang zu folgenden Unterlagen in Kopie:

„1. Übermittlung der Weisung des BMJV in Sachen Ermittlungsverfahren „Landesverrat“ gegen Herrn B… und andere an den GBA, bzw. des gesamten Schriftverkehrs in dieser Angelegenheit und

  1. Übersendung aller von BfV und GBA zu diesem Komplex gefertigten Gutachten.“

Mit Bescheid vom 21. September 2015 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Zur Begründung führte sie aus, die um Zugang ersuchten Unterlagen unterfielen nicht dem Anspruch nach dem Informationsfreiheitsgesetz. Maßgeblich seien allein die nach §1 Abs.3 IFG vorrangig anzuwendenden Regelungen im ersten Abschnitt des Achten Buches der Strafprozessordnung (§§474 ff. StPO). Zwar handele es sich bei den begehrten Unterlagen der Beklagten nicht um Akten des Strafverfahrens, die Regelungen seien jedoch entsprechend anwendbar, da die Unterlagen ein „Abbild" der Ermittlungsakte seien.

Entgegen der dem Bescheid beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung über die Zulässigkeit des Widerspruchs hat der Kläger am 15. September 2015 Untätigkeitsklage erhoben, ohne zuvor einen Widerspruch zu erheben.

Die Beklagte hat mit Schriftsatz vom 3. Juni 2016 ein als Anlage B 6 bezeichnetes Verzeichnis der Unterlagen vorgelegt, die beim BMJV zu genanntem Ermittlungsverfahren vorliegen, und hinsichtlich der einzelnen Unterlagen jeweils Ausschlussgründe geltend gemacht. Der Kläger hat in der erstinstanzlichen mündlichen Verhandlung vom 27. Juni 2016 klargestellt, dass er die Ausdrucke von der Seite „netzpolitik.org“ (Seiten9-25; 28-40 und 52-63) nicht begehrt. In der mündlichen Verhandlung im Berufungsverfahren hat er darüber hinaus klargestellt, dass die Unterlagen, die erst nach dem Zugang des Informationsantrag am 12. August 2015 zum Vorgang des BMJV gelangt sind (Seiten129 bis 137 und 144 bis 179), nicht Gegenstand des Verfahrens sind.

Das Verwaltungsgericht hat mit Urteil vom 27. Juni 2016 (VG 2 K 534.15) die Klage mangels Durchführung des erforderlichen Vorverfahrens als unzulässig abgewiesen. Auf die vom Verwaltungsgericht zugelassene Sprungrevision hin hat das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 22. März 2018 – BVerwG 7 C 21.16 – das Urteil des Verwaltungsgerichts aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Verwaltungsgericht zurückverwiesen, da ein Vorverfahren aus Gründen der Prozessökonomie in diesem Fall ausnahmsweise entbehrlich gewesen sei.

Mit Urteil vom 24. Oktober 2019 (VG 2 K 124.18) hat das Verwaltungsgericht die Klage als unbegründet abgewiesen. Das Informationsfreiheitsgesetz sei nicht anwendbar. Zwar sei das Bundesjustizministerium grundsätzlich als Behörde im organisationsrechtlichen Sinne anzusehen, nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei der Behördenbegriff des §1 Abs.1 IFG jedoch funktioneller Natur. Der Anwendungsbereich des Gesetzes beziehe sich allein auf die materielle Verwaltungstätigkeit der Behörden und der sonstigen Stellen des Bundes. In negativer Abgrenzung zu den anderen Staatsfunktionen liege bei einer Weisung des Bundesjustizministers an den Generalbundesanwalt keine materielle Verwaltungstätigkeit vor. Diese sei vielmehr aufgrund des Tätigwerdens im Rahmen des Leitungs- und Aufsichtsrechts gegenüber dem Generalbundesanwalt gemäß §147 Nr.1 GVG in Bezug auf ein konkretes Ermittlungsverfahren materiell der Strafrechtspflege zuzuordnen. Dabei sei es gleichgültig, ob es sich tatsächlich um eine Weisung oder – wie von der Beklagten behauptet – lediglich um eine einvernehmliche Verabredung gehandelt habe, denn die Intervention des Bundesjustizministers, den Gutachtenauftrag des Generalbundesanwalts zurückzunehmen, stelle auch im letzteren Fall eine aufsichtsrechtliche Maßnahme dar, die der materiellen Strafrechtspflege zuzuordnen sei. Die von den Beteiligten erörterte Frage des Vorrangs der strafprozessualen Vorschriften (§§474 ff. StPO) gemäß §1 Abs.3 IFG stelle sich demnach nicht, da ein solches Konkurrenzverhältnis nur bei Anwendbarkeit des Informationsfreiheitsgesetzes greife.

Auch ein Anspruch aus dem Grundrecht auf Informationsfreiheit scheide aus, da die begehrten Informationen mangels Anwendbarkeit des Informationsfreiheitsgesetzes nicht öffentlich zugänglich seien. Entsprechendes gelte auch für einen konventionsrechtlichen Anspruch aus Art.10 Abs.1 EMRK. Jedenfalls genüge das innerstaatliche Recht, namentlich die Einschränkung des Informationsanspruchs des IFG und die Ausgestaltung des Auskunftsrechts nach §475 StPO den Schrankenanforderungen des Art.10 Abs.2 EMRK.

Mit der vom Verwaltungsgericht zugelassenen Berufung vertieft der Kläger sein erstinstanzliches Vorbringen: Es bestehe ein Informationsanspruch aus dem Informationsfreiheitsgesetz, da das BMJV auch im hiesigen Fall funktionell als Behörde anzusehen sei. Das Informationsbegehren beziehe sich nur mittelbar auf die Weisung und betreffe vielmehr insgesamt die Übermittlung der Weisung und den diesbezüglichen Schriftverkehr. Zudem sei auch die konkrete Weisung dem Anwendungsbereich des IFG nicht entzogen, da sie nicht materiell der Strafrechtspflege, sondern der Wahrnehmung öffentlich-rechtlicher Verwaltungsaufgaben diene, indem sie die Zurücknahme eines Gutachtenauftrages durch den Generalbundesanwalt betreffe. Diese Intervention des Bundesjustizministers stehe nicht in einem von der Rechtsprechung als erforderlich angesehenen unmittelbar funktionalen Zusammenhang zur Strafrechtspflege und sei nicht als eine spezifisch justizmäßige Aufgabenerfüllung zu werten. Dieses Tätigwerden stelle überdies keine Maßnahme im Rahmen der Aufsicht dar, sondern eine „nicht wertende bloße Entscheidung der Beklagten um auf eine Tätigkeit des GBA zu verzichten". Selbst wenn man es als Aufsichtsmaßnahme qualifizieren wolle, fehle es an einem erforderlichen unmittelbar funktionalen Zusammenhang mit der staatsanwaltlichen Tätigkeit. Auch hinsichtlich der Gutachten des Bundesamts für Verfassungsschutz und des Generalbundesanwalts könne der Kläger sich auf einen Anspruch aus §1 Abs.1 Satz1 IFG berufen. Auch insoweit nehme das BMJV materiell Verwaltungstätigkeit wahr, da die Gutachten eine reine Beratungsgrundlage für die Meinungsbildung der Beklagten bildeten.

Ferner stehe dem Kläger ein Anspruch aus Art.10 EMRK zu, der gleichfalls nicht durch den Auskunftsanspruch aus §475 StPO verdrängt werde.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 24. Oktober 2019 zu ändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz vom 21. September 2015 zu verpflichten bzw. zu verurteilen, ihm Zugang zu der Weisung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz an den Generalbundesanwalt in Sachen Ermittlungsverfahren „Landesverrat gegen Herrn B… u.a.“ sowie den gesamten Schriftverkehr in dieser Angelegenheit zwischen diesen beiden Behörden nebst aller vom Bundesamt für Verfassungsschutz und vom Generalbundesanwalt zu diesem Komplex gefertigten Gutachten durch Übersendung von Kopien zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das angefochtene Urteil. Der Anwendungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes sei nicht eröffnet, da der Bundesjustizminister nach materiellen Kriterien wie die Staatsanwaltschaft Aufgaben der materiellen Strafrechtspflege wahrnehme, soweit er durch Einzelweisung zur Art und Weise der Durchführung die Aufsicht über den Generalbundesanwalt in einem konkreten Ermittlungsverfahren ausübe. Auch der übrige Austausch zwischen Generalbundesanwalt und Bundesjustizministerium diene der Information des Ministeriums, um das Leitungs- und Aufsichtsrecht nach §§146, 147 Nr.1 GVG ausüben zu können. Aufgrund des Funktionszusammenhangs mit der Strafrechtspflege sei das Bundesjustizministerium, wenn es in einem Ermittlungsverfahren des Generalbundesanwalts agiere, Teil der Justiz und nicht als Behörde im funktionellen Sinne tätig. Auch die Gutachten gehörten zum konkreten strafrechtlichen Ermittlungsverfahren und seien dem Informationsanspruch aus dem Informationsfreiheitsgesetz entzogen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Streitakte sowie auf die den Kläger betreffenden Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen, die vorgelegen haben und, soweit wesentlich, Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung des Senats gewesen sind.

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht erkannt, dass der Kläger keinen Anspruch auf den begehrten Informationszugang und die Klage daher keinen Erfolg hat.

I. Die Ablehnung des geltend gemachten Anspruchs aus §1 Abs.1 Satz1 IFG durch den Bescheid vom 21. September 2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten, §113 Abs.5 Satz1 VwGO. Zwar ist die insoweit statthafte Verpflichtungsklage auch ohne Durchführung des Vorverfahrens zulässig, nachdem das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 22. März 2018 (7 C 21.16 – juris Rn. 13 ff.) mit Bindungswirkung gemäß §144 Abs.6 VwGO das Vorverfahren für entbehrlich angesehen und der Kläger in der mündlichen Verhandlung klargestellt hat, dass er die Aktenbestandteile nicht begehrt, die erst nach dem Zugang des Informationsantrag am 12. August 2015 beim Beklagten angefallen sind. Die Klage ist insoweit jedoch unbegründet, denn ein Anspruch aus §1 Abs.1 Satz1 IFG steht dem Kläger gegen die Beklagte nicht zu.

  1. Gemäß §1 Abs.1 Satz1 IFG hat jeder nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. Für sonstige Bundesorgane und Bundeseinrichtungen gilt das Gesetz, soweit sie öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnehmen (§1 Abs.1 Satz2 IFG).

a) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (zuletzt etwa Urteil vom 28. Februar 2019 – 7 C 23.17 – Buchholz 404 IFG Nr.31, juris Rn. 15 ff. m.w.N.), der der Senat folgt (Urteil vom 13. November 2013 – 12 B 3.12 – juris Rn. 32 ff.), ist der Behördenbegriff des §1 Abs.1 Satz1 IFG funktioneller Natur. Eine Behörde ist jede Stelle im Sinne einer eigenständigen Organisationseinheit, die öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnimmt. Der Anwendungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes bezieht sich indes allein auf die materielle Verwaltungstätigkeit der Behörden und der sonstigen Stellen des Bundes (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2015 – 7 C 1.14 – BVerwGE 152, 241, juris Rn. 15). Ob eine solche gegeben ist, bestimmt sich nach materiellen Kriterien in negativer Abgrenzung zu den anderen Staatsfunktionen (BVerwG, Urteil vom 3. November 2011 – 7 C 3.11 – BVerwGE 141, 122, juris Rn. 13; vgl. auch Schoch, IFG, 2. Aufl. 2016, §1 Rn. 115; Brink, in: Brink/Polenz/Blatt, IFG, 2017, §1 Rn. 84; Scheel, in: Berger/Partsch/Roth, IFG, 2. Aufl. 2013, §1 Rn. 23; Rossi, IFG, 2006, §1 Rn. 40). Danach liegt materielle Verwaltungstätigkeit vor, wenn das Handeln staatlicher Organe weder Gesetzgebung noch Rechtsprechung darstellt.

b) Der Kläger hat den Zugang zu den hier inmitten stehenden Informationen auch beim Generalbundesanwalt beantragt und nach dortiger Antragsablehnung erfolglos den Rechtsweg beschritten (Urteil des VGH Baden-Württemberg vom 16. Mai 2017 – 10 S 1478/16 – DVBl. 2017, 972 sowie juris; BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2019, a. a. O.). Das Bundesverwaltungsgericht hat rechtskräftig erkannt, dass die Staatsanwaltschaft, wenn sie als Organ der Rechtspflege tätig wird, keine Verwaltungstätigkeit im materiellen Sinn ausübt (a. a. O. Rn. 16). Dies gilt auch für den Generalbundesanwalt, der im dort wie hier maßgeblichen Zusammenhang im Rahmen eines konkreten strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens tätig geworden ist und damit als Teil der Justiz gehandelt hat, nicht als Verwaltungsbehörde im funktionellen Sinne (a. a. O. Rn. 17). Ein Anspruch aus §1 Abs.1 Satz1 IFG gegen den Generalbundesanwalt scheidet daher aus. Unerheblich ist hierbei, ob tatsächlich eine schriftliche Weisung des BMJV vorliegt oder lediglich ein Vermerk über eine mündliche Weisung zur Ermittlungs- oder einer sonstigen Akte genommen worden ist (a. a. O. Rn. 17). Ebenso ist unerheblich, ob die ministerielle Maßnahme der Aufsicht und Leitung (§147 Nr.1 GVG) zu Recht ergangen ist, solange – wie hier – kein Akt „ultra vires“ vorliegt (a. a. O. Rn. 18). Dies betrifft nicht nur den "gesamten Schriftverkehr", sondern auch die Gutachten, deren Übersendung der Kläger auch im dortigen Verfahren begehrt hat (a. a. O. Rn. 17).

c) Wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat, gilt Entsprechendes im selben Umfang für die im hiesigen Verfahren in Frage stehenden Informationen des BMJV. Auch der Bundesjustizminister hat bei der Erteilung der auf ein konkretes strafrechtliches Ermittlungsverfahren bezogenen Weisung gemäß §§146, 147 Nr.1 GVG wegen des Funktionszusammenhangs mit der Strafrechtspflege ausnahmsweise (zur grundsätzlichen Behördeneigenschaft: BVerwG, Urteil vom 3. November 2011, a. a. O. Rn. 12) nicht als Behörde im funktionellen Sinne gehandelt, sondern als Organ der Strafrechtspflege, weshalb ein Anspruch aus §1 Abs.1 Satz1 IFG auch im Hinblick auf die dem BMJV vorliegenden Informationen nicht gegeben ist.

Nach §§146, 147 Nr.1 GVG steht dem Bundesjustizminister gegenüber dem Generalbundesanwalt ein formal unbeschränktes (externes) Weisungsrecht zu (vgl. Brocke, in: MüKo StPO, 1. Aufl. 2018, §146 GVG Rn. 12 und §147 GVG Rn. 2; Trentmann, ZRP 2015, 198, 199). Dienstliche Anweisungen i.S.d. §146 GVG bedürfen keiner besonderen Form, insbesondere bedarf es nicht der ausdrücklichen Bezeichnung der Maßnahme als „Weisung" (Mayer, in: Kissel/Mayer, GVG, Kommentar, 10. Aufl. 2021, §146 Rn. 8; Brocke, a. a. O., §146 GVG Rn. 24 ff., auch zu nicht realisierten Reformvorschlägen; vgl. ferner BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2019, a. a. O. Rn. 17). Aufgrund des aufsichtsrechtlich angelegten Über- und Unterordnungsverhältnisses ist auch eine „Bitte" des Weisungsbefugten im Zweifel als Anweisung anzusehen (vgl. Mayer, a. a. O. Rn. 8; Brocke, a. a. O. Rn. 24). Danach ist auch eine etwaige „gemeinsame Verabredung" zwischen dem Bundesjustizministerium und dem Generalbundesanwalt, den Gutachtenauftrag zurückzunehmen, auf die – insoweit unstreitige – Initiative des Bundesjustizministeriums hin als Anweisung i. S. d. §§146, 147 Nr.1 GVG anzusehen.

Ergeht eine Weisung gemäß §§146, 147 Nr.1 GVG des Bundesjustizministers gegenüber dem Generalbundesanwalt zu einem konkreten Straf- oder Ermittlungsverfahren, nimmt auch der Weisungsgeber und nicht lediglich der Weisungsempfänger nach der gebotenen funktionellen Betrachtung eine Maßnahme der Strafrechtspflege vor und keine materielle Verwaltungstätigkeit. An der Funktion der Maßnahme ändert nichts, dass dem Bundesjustizminister das Selbsteintrittsrecht nach §145 GVG nicht zusteht (hierzu Mayer, a. a. O., §145 GVG Rn. 2). Das Weisungsrecht bezieht sich gerade und nur auf konkrete strafrechtliche Ermittlungen des Generalbundesanwalts. Eine Weisung des Ministers, die klar missachten würde, dass der Generalbundesanwalt an das Legalitätsprinzip gebunden ist, wäre rechtswidrig und würde den Generalbundesanwalt zur Remonstration zwingen (Mayer, a. a. O. §146 Rn. 3 f.). Ebenso wenig ändert an der Funktion der Maßnahme etwas, dass die mit der Ausübung des Weisungsrechts einhergehenden Unterlagen nicht in Ermittlungsakten geführt werden. Der Ort der Veraktung rechtfertigt (entgegen Rixecker in: Festschrift für Tolksdorf, 2014, S.365 (372 f.) weder, die (etwaigen) „Berichtsakten“ des Generalbundesanwalts (hierzu BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2019, a. a. O. Rn. 17 a. E.) noch diejenigen des BMJV dem Anwendungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes zu unterwerfen (so zutreffend Schoch, a. a. O., §1 Rn. 213).

Auch die Systematik des Informationsfreiheitsgesetzes zwingt nicht zu einem anderen Verständnis. Insbesondere bleibt auch bei dem hier gefundenen Ergebnis Raum für eine Anwendung des Ausnahmetatbestands des §3 Nr.1 g) IFG (Beeinträchtigung strafrechtlicher Ermittlungen). Für den Ausschluss materiellen Verwaltungshandelns genügt es nicht, wenn behördliches Handeln nur irgendeinen Bezug zur materiellen Strafrechtspflege aufweist. Es genügt hierfür auch nicht, dass sich die identischen Informationen in Strafermittlungsakten und in Verwaltungsakten eines Bundesministeriums, etwa des Bundesverkehrsministeriums (hierzu Urteil des Senats vom 29. März 2019 – 12 B 13.18 – juris), befinden.

Entgegen dem Kläger ist nicht nur der zwischen dem Generalbundesanwalt und dem BMJV gewechselte Schriftverkehr vom Anwendungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes ausgenommen, sondern sind es auch die bei den einschlägigen Akten befindlichen sachverständigen Äußerungen des Bundesamts für Verfassungsschutz, des Generalbundesanwalts und des Bundesjustizministers. Es handelt sich hierbei um Ermittlungen und strafrechtliche Bewertungen des zur Strafanzeige gebrachten Handelns, mithin um Informationen, die gerade den Kern der strafrechtlichen Ermittlungen ausmachen.

  1. Wollte man entgegen dem Senat die Anspruchsvoraussetzungen des §1 Abs.1 Satz1 IFG für gegeben und damit den Anwendungsbereich des Gesetzes für eröffnet ansehen, stünde einem Anspruch des Klägers die Bereichsausnahme des §3 Nr.8 IFG entgegen.

a) Danach besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht gegenüber den Nachrichtendiensten sowie den Behörden und sonstigen öffentlichen Stellen des Bundes, soweit sie Aufgaben im Sinne des §10 Nr.3 des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes (SÜG) wahrnehmen. Das BMJV stellt zwar keine namentlich in §3 Nr.8 IFG genannte Stelle dar. Mit Blick auf die maßgebliche funktionenbezogene Auslegung der Norm (BVerwG, Urteil vom 25. Februar 2016 – 7 C 18.14 – Buchholz 404 IFG Nr.17) befindet es sich jedoch im Rahmen der Aufsicht über den Generalbundesanwalt in einer Sondersituation, die der vom Gesetzgeber bei der Normierung des §3 Nr.8 IFG vorausgesetzten Lage vergleichbar ist. Auch insoweit schließt sich der Senat der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 22. März 2018 – 7 C 21.16 – juris Rn. 27) an.

b) Von der Bereichsausnahme sind sämtliche noch im Streit befindliche Dokumente erfasst.

Gemäß §1 Nr.5 Sicherheitsüberprüfungsfeststellungsverordnung (SÜFV) nimmt der Generalbundesanwalt Aufgaben von vergleichbarer Sicherheitsempfindlichkeit wie die der Nachrichtendienste wahr, soweit er bei Ermittlungstätigkeiten auf dem Gebiet der Spionageabwehr und der Terrorismusbekämpfung übermittelte Informationen der Nachrichtendienste des Bundes verwendet. Wie die Beklagte zutreffend ausführt (Schriftsatz vom 3. Juni 2016, Blatt 176 ff. der Gerichtsakte), umfasst der Begriff der Spionageabwehr die gesamte Tätigkeit auf dem Gebiet der äußeren Sicherheit, also Straftaten, die den Bestand des Bundes gefährden wie Hochverrat gemäß §81 StGB, der Verrat von Staatsgeheimnissen (namentlich Landesverrat gemäß §94 StGB) sowie sonstige Tätigkeiten für einen fremden Nachrichtendienst. Bei den hier inmitten stehenden Ermittlungstätigkeiten handelte es sich daher um solche auf dem Gebiet der Spionageabwehr i. S. d. §1 Nr.5 SÜFV.

Der Generalbundesanwalt hat bei sämtlichen noch im Streit stehenden Unterlagen übermittelte Informationen der Nachrichtendienste des Bundes verwendet. Entsprechendes gilt für die Verarbeitung dieser Informationen durch den Bundesjustizminister im Rahmen seiner Aufsicht. Insbesondere trifft dies auch für den insoweit einzig fraglichen ‚Bericht des LKA zur Identifizierung „A…“ und „M…“‘ zu (Seiten77 bis 79 der im Streit stehenden Akten – Anlage B 6). Wie die Beklagte in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, wurde auch dieser Bericht dem Generalbundesanwalt vom Bundesamt für Verfassungsschutz zur Verfügung gestellt und von ihm an das BMJV weitergeleitet.

  1. Die Beklagte beruft sich hinsichtlich der in der Anlage B 6 als „VS-VERTRAULICH“ gekennzeichneten Unterlagen auch auf den Ausschlussgrund des §3 Nr.4 IFG. Danach besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn die Information einer durch Rechtsvorschrift oder durch die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen geregelten Geheimhaltungs- oder Vertraulichkeitspflicht oder einem Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnis unterliegt. Sie hat in der mündlichen Verhandlung hierzu eine aktuelle Stellungnahme des Bundesamtes für Verfassungsschutz vom 14. Juni 2021 vorgelegt, nach der die Notwendigkeit der Einstufung aufgrund materieller Geheimhaltungsbedürfnisse fortbestehe. Der Kläger hat diese Angaben bestritten. Im Hinblick auf die sonstigen dem Klageerfolg entgegenstehenden Gründe lässt der Senat offen, ob und ggf. hinsichtlich welcher Dokumente auch der Ausschlussgrund des §3 Nr.4 IFG einem Informationszugang entgegensteht.

II. Der Kläger hat auch keinen verfassungsunmittelbaren Anspruch aus Art.5 Abs.1 Satz1 Halbsatz 2 GG auf Informationszugang. Ob ein solcher Anspruch gesondert neben demjenigen aus §1 Abs.1 Satz1 IFG verfolgt werden kann, wie das Verwaltungsgericht wohl meint, oder ob dies lediglich für den presserechtlichen Anspruch aus Art.5 Abs.1 Satz2 GG i. V. m. Art.10 EMRK gilt (so offenbar BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2019, a. a. O. Rn. 12 f.), lässt der Senat offen. Dagegen spricht, dass damit die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen des den Anspruch ausformenden Informationsfreiheitsgesetzes, namentlich das behördliche Antrags- und Widerspruchserfordernis, umgangen werden könnten.

Ein etwaiger Anspruch aus Art.5 Abs.1 Satz1 Halbsatz 2 GG ist jedenfalls in der Sache nicht gegeben.

Wie das Bundesverwaltungsgericht im gegenüber dem Kläger ergangenen Urteil vom 28. Februar 2019 erneut festgestellt hat, steht der Informationszugang erst dann auch unter dem Schutz von Art.5 Abs.1 Satz1 Halbsatz 2 GG, wenn §1 Abs.1 IFG den geltend gemachten Anspruch auf Zugangsverschaffung zu den begehrten Informationen deckt (a. a. O. Rn. 20 unter Bezugnahme auf BVerfG, Beschluss vom 20. Juni 2017 – 1 BvR 1978/13 – BVerfGE 145, 365 Rn. 33). Dies ist hier nicht der Fall, da das Informationsfreiheitsgesetz seinen Anwendungsbereich gerade nicht auf amtliche Informationen erstreckt hat, die im Rahmen der Rechtspflege bei der Justiz und den Staatsanwaltschaften als einem Teil der Justiz anfallen und es insoweit gerade an einer "Widmung" als öffentlich zugänglicher Information fehlt. Für die Tätigkeit des Bundesjustizministers in seiner Funktion als Fachaufsicht i. S. d. §§146, 147 Nr.1 GVG gilt nichts anderes.

Ferner hat das Bundesverfassungsgericht bereits klargestellt, dass im Anwendungsbereich des §3 Nr.8 IFG der Aktenbestand der Behörde keine allgemein zugängliche Quelle im Sinne des Art.5 Abs.1 Satz1 Halbsatz 2 GG ist (BVerfG, a. a. O., Rn. 21), also bereits der Schutzbereich dieses Grundrechts nicht eröffnet ist. Da vorliegend hinsichtlich sämtlicher noch streitgegenständlicher Unterlagen diese Bereichsausnahme gegeben ist, scheidet ein Anspruch unmittelbar aus Art.5 Abs.1 Satz1 Halbsatz 2 GG auch deshalb insgesamt aus.

III. Der Kläger hat keinen Anspruch auf begehrten Informationszugang aus Art.10 EMRK.

Offen bleiben kann insoweit, ob das klägerische Zugangsbegehren tatsächlich von der Garantie des Art.10 Abs.1 EMRK erfasst ist, denn selbst in diesem Falle ist nichts dafür ersichtlich, dass die nach innerstaatlichem Recht bestehenden Einschränkungen des Informationszugangsanspruchs im Informationsfreiheitsgesetz und die Ausgestaltung des Auskunftsrechts nach §475 StPO bei Beachtung des den Konventionsstaaten zuzubilligenden Beurteilungsspielraums den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gemäß Art.10 Abs.2 EMRK nicht genügen (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2019, a. a. O., juris Rn. 22 m.w.N.).

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus §154 Abs.2 VwGO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §167 VwGO in Verbindung mit §708, §711 der Zivilprozessordnung.

Die Revision ist nach §132 Abs.2 Nr.1 VwGO zuzulassen, weil die Frage, ob der Bundesjustizminister in Ausübung seines Weisungsrechts gegenüber dem Generalbundesanwalt als Behörde im Sinne des §1 Abs.1 IFG handelt, grundsätzliche Bedeutung hat und im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. März 2018 noch nicht beantwortet worden ist (a. a. O. Rn. 24).

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht erkannt, dass der Kläger keinen Anspruch auf den begehrten Informationszugang und die Klage daher keinen Erfolg hat.

I. Die Ablehnung des geltend gemachten Anspruchs aus §1 Abs.1 Satz1 IFG durch den Bescheid vom 21. September 2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger daher nicht in seinen Rechten, §113 Abs.5 Satz1 VwGO. Zwar ist die insoweit statthafte Verpflichtungsklage auch ohne Durchführung des Vorverfahrens zulässig, nachdem das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 22. März 2018 (7 C 21.16 – juris Rn. 13 ff.) mit Bindungswirkung gemäß §144 Abs.6 VwGO das Vorverfahren für entbehrlich angesehen und der Kläger in der mündlichen Verhandlung klargestellt hat, dass er die Aktenbestandteile nicht begehrt, die erst nach dem Zugang des Informationsantrag am 12. August 2015 beim Beklagten angefallen sind. Die Klage ist insoweit jedoch unbegründet, denn ein Anspruch aus §1 Abs.1 Satz1 IFG steht dem Kläger gegen die Beklagte nicht zu.

  1. Gemäß §1 Abs.1 Satz1 IFG hat jeder nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. Für sonstige Bundesorgane und Bundeseinrichtungen gilt das Gesetz, soweit sie öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnehmen (§1 Abs.1 Satz2 IFG).

a) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (zuletzt etwa Urteil vom 28. Februar 2019 – 7 C 23.17 – Buchholz 404 IFG Nr.31, juris Rn. 15 ff. m.w.N.), der der Senat folgt (Urteil vom 13. November 2013 – 12 B 3.12 – juris Rn. 32 ff.), ist der Behördenbegriff des §1 Abs.1 Satz1 IFG funktioneller Natur. Eine Behörde ist jede Stelle im Sinne einer eigenständigen Organisationseinheit, die öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnimmt. Der Anwendungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes bezieht sich indes allein auf die materielle Verwaltungstätigkeit der Behörden und der sonstigen Stellen des Bundes (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2015 – 7 C 1.14 – BVerwGE 152, 241, juris Rn. 15). Ob eine solche gegeben ist, bestimmt sich nach materiellen Kriterien in negativer Abgrenzung zu den anderen Staatsfunktionen (BVerwG, Urteil vom 3. November 2011 – 7 C 3.11 – BVerwGE 141, 122, juris Rn. 13; vgl. auch Schoch, IFG, 2. Aufl. 2016, §1 Rn. 115; Brink, in: Brink/Polenz/Blatt, IFG, 2017, §1 Rn. 84; Scheel, in: Berger/Partsch/Roth, IFG, 2. Aufl. 2013, §1 Rn. 23; Rossi, IFG, 2006, §1 Rn. 40). Danach liegt materielle Verwaltungstätigkeit vor, wenn das Handeln staatlicher Organe weder Gesetzgebung noch Rechtsprechung darstellt.

b) Der Kläger hat den Zugang zu den hier inmitten stehenden Informationen auch beim Generalbundesanwalt beantragt und nach dortiger Antragsablehnung erfolglos den Rechtsweg beschritten (Urteil des VGH Baden-Württemberg vom 16. Mai 2017 – 10 S 1478/16 – DVBl. 2017, 972 sowie juris; BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2019, a. a. O.). Das Bundesverwaltungsgericht hat rechtskräftig erkannt, dass die Staatsanwaltschaft, wenn sie als Organ der Rechtspflege tätig wird, keine Verwaltungstätigkeit im materiellen Sinn ausübt (a. a. O. Rn. 16). Dies gilt auch für den Generalbundesanwalt, der im dort wie hier maßgeblichen Zusammenhang im Rahmen eines konkreten strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens tätig geworden ist und damit als Teil der Justiz gehandelt hat, nicht als Verwaltungsbehörde im funktionellen Sinne (a. a. O. Rn. 17). Ein Anspruch aus §1 Abs.1 Satz1 IFG gegen den Generalbundesanwalt scheidet daher aus. Unerheblich ist hierbei, ob tatsächlich eine schriftliche Weisung des BMJV vorliegt oder lediglich ein Vermerk über eine mündliche Weisung zur Ermittlungs- oder einer sonstigen Akte genommen worden ist (a. a. O. Rn. 17). Ebenso ist unerheblich, ob die ministerielle Maßnahme der Aufsicht und Leitung (§147 Nr.1 GVG) zu Recht ergangen ist, solange – wie hier – kein Akt „ultra vires“ vorliegt (a. a. O. Rn. 18). Dies betrifft nicht nur den "gesamten Schriftverkehr", sondern auch die Gutachten, deren Übersendung der Kläger auch im dortigen Verfahren begehrt hat (a. a. O. Rn. 17).

c) Wie das Verwaltungsgericht zutreffend angenommen hat, gilt Entsprechendes im selben Umfang für die im hiesigen Verfahren in Frage stehenden Informationen des BMJV. Auch der Bundesjustizminister hat bei der Erteilung der auf ein konkretes strafrechtliches Ermittlungsverfahren bezogenen Weisung gemäß §§146, 147 Nr.1 GVG wegen des Funktionszusammenhangs mit der Strafrechtspflege ausnahmsweise (zur grundsätzlichen Behördeneigenschaft: BVerwG, Urteil vom 3. November 2011, a. a. O. Rn. 12) nicht als Behörde im funktionellen Sinne gehandelt, sondern als Organ der Strafrechtspflege, weshalb ein Anspruch aus §1 Abs.1 Satz1 IFG auch im Hinblick auf die dem BMJV vorliegenden Informationen nicht gegeben ist.

Nach §§146, 147 Nr.1 GVG steht dem Bundesjustizminister gegenüber dem Generalbundesanwalt ein formal unbeschränktes (externes) Weisungsrecht zu (vgl. Brocke, in: MüKo StPO, 1. Aufl. 2018, §146 GVG Rn. 12 und §147 GVG Rn. 2; Trentmann, ZRP 2015, 198, 199). Dienstliche Anweisungen i.S.d. §146 GVG bedürfen keiner besonderen Form, insbesondere bedarf es nicht der ausdrücklichen Bezeichnung der Maßnahme als „Weisung" (Mayer, in: Kissel/Mayer, GVG, Kommentar, 10. Aufl. 2021, §146 Rn. 8; Brocke, a. a. O., §146 GVG Rn. 24 ff., auch zu nicht realisierten Reformvorschlägen; vgl. ferner BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2019, a. a. O. Rn. 17). Aufgrund des aufsichtsrechtlich angelegten Über- und Unterordnungsverhältnisses ist auch eine „Bitte" des Weisungsbefugten im Zweifel als Anweisung anzusehen (vgl. Mayer, a. a. O. Rn. 8; Brocke, a. a. O. Rn. 24). Danach ist auch eine etwaige „gemeinsame Verabredung" zwischen dem Bundesjustizministerium und dem Generalbundesanwalt, den Gutachtenauftrag zurückzunehmen, auf die – insoweit unstreitige – Initiative des Bundesjustizministeriums hin als Anweisung i. S. d. §§146, 147 Nr.1 GVG anzusehen.

Ergeht eine Weisung gemäß §§146, 147 Nr.1 GVG des Bundesjustizministers gegenüber dem Generalbundesanwalt zu einem konkreten Straf- oder Ermittlungsverfahren, nimmt auch der Weisungsgeber und nicht lediglich der Weisungsempfänger nach der gebotenen funktionellen Betrachtung eine Maßnahme der Strafrechtspflege vor und keine materielle Verwaltungstätigkeit. An der Funktion der Maßnahme ändert nichts, dass dem Bundesjustizminister das Selbsteintrittsrecht nach §145 GVG nicht zusteht (hierzu Mayer, a. a. O., §145 GVG Rn. 2). Das Weisungsrecht bezieht sich gerade und nur auf konkrete strafrechtliche Ermittlungen des Generalbundesanwalts. Eine Weisung des Ministers, die klar missachten würde, dass der Generalbundesanwalt an das Legalitätsprinzip gebunden ist, wäre rechtswidrig und würde den Generalbundesanwalt zur Remonstration zwingen (Mayer, a. a. O. §146 Rn. 3 f.). Ebenso wenig ändert an der Funktion der Maßnahme etwas, dass die mit der Ausübung des Weisungsrechts einhergehenden Unterlagen nicht in Ermittlungsakten geführt werden. Der Ort der Veraktung rechtfertigt (entgegen Rixecker in: Festschrift für Tolksdorf, 2014, S.365 (372 f.) weder, die (etwaigen) „Berichtsakten“ des Generalbundesanwalts (hierzu BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2019, a. a. O. Rn. 17 a. E.) noch diejenigen des BMJV dem Anwendungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes zu unterwerfen (so zutreffend Schoch, a. a. O., §1 Rn. 213).

Auch die Systematik des Informationsfreiheitsgesetzes zwingt nicht zu einem anderen Verständnis. Insbesondere bleibt auch bei dem hier gefundenen Ergebnis Raum für eine Anwendung des Ausnahmetatbestands des §3 Nr.1 g) IFG (Beeinträchtigung strafrechtlicher Ermittlungen). Für den Ausschluss materiellen Verwaltungshandelns genügt es nicht, wenn behördliches Handeln nur irgendeinen Bezug zur materiellen Strafrechtspflege aufweist. Es genügt hierfür auch nicht, dass sich die identischen Informationen in Strafermittlungsakten und in Verwaltungsakten eines Bundesministeriums, etwa des Bundesverkehrsministeriums (hierzu Urteil des Senats vom 29. März 2019 – 12 B 13.18 – juris), befinden.

Entgegen dem Kläger ist nicht nur der zwischen dem Generalbundesanwalt und dem BMJV gewechselte Schriftverkehr vom Anwendungsbereich des Informationsfreiheitsgesetzes ausgenommen, sondern sind es auch die bei den einschlägigen Akten befindlichen sachverständigen Äußerungen des Bundesamts für Verfassungsschutz, des Generalbundesanwalts und des Bundesjustizministers. Es handelt sich hierbei um Ermittlungen und strafrechtliche Bewertungen des zur Strafanzeige gebrachten Handelns, mithin um Informationen, die gerade den Kern der strafrechtlichen Ermittlungen ausmachen.

  1. Wollte man entgegen dem Senat die Anspruchsvoraussetzungen des §1 Abs.1 Satz1 IFG für gegeben und damit den Anwendungsbereich des Gesetzes für eröffnet ansehen, stünde einem Anspruch des Klägers die Bereichsausnahme des §3 Nr.8 IFG entgegen.

a) Danach besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht gegenüber den Nachrichtendiensten sowie den Behörden und sonstigen öffentlichen Stellen des Bundes, soweit sie Aufgaben im Sinne des §10 Nr.3 des Sicherheitsüberprüfungsgesetzes (SÜG) wahrnehmen. Das BMJV stellt zwar keine namentlich in §3 Nr.8 IFG genannte Stelle dar. Mit Blick auf die maßgebliche funktionenbezogene Auslegung der Norm (BVerwG, Urteil vom 25. Februar 2016 – 7 C 18.14 – Buchholz 404 IFG Nr.17) befindet es sich jedoch im Rahmen der Aufsicht über den Generalbundesanwalt in einer Sondersituation, die der vom Gesetzgeber bei der Normierung des §3 Nr.8 IFG vorausgesetzten Lage vergleichbar ist. Auch insoweit schließt sich der Senat der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteil vom 22. März 2018 – 7 C 21.16 – juris Rn. 27) an.

b) Von der Bereichsausnahme sind sämtliche noch im Streit befindliche Dokumente erfasst.

Gemäß §1 Nr.5 Sicherheitsüberprüfungsfeststellungsverordnung (SÜFV) nimmt der Generalbundesanwalt Aufgaben von vergleichbarer Sicherheitsempfindlichkeit wie die der Nachrichtendienste wahr, soweit er bei Ermittlungstätigkeiten auf dem Gebiet der Spionageabwehr und der Terrorismusbekämpfung übermittelte Informationen der Nachrichtendienste des Bundes verwendet. Wie die Beklagte zutreffend ausführt (Schriftsatz vom 3. Juni 2016, Blatt 176 ff. der Gerichtsakte), umfasst der Begriff der Spionageabwehr die gesamte Tätigkeit auf dem Gebiet der äußeren Sicherheit, also Straftaten, die den Bestand des Bundes gefährden wie Hochverrat gemäß §81 StGB, der Verrat von Staatsgeheimnissen (namentlich Landesverrat gemäß §94 StGB) sowie sonstige Tätigkeiten für einen fremden Nachrichtendienst. Bei den hier inmitten stehenden Ermittlungstätigkeiten handelte es sich daher um solche auf dem Gebiet der Spionageabwehr i. S. d. §1 Nr.5 SÜFV.

Der Generalbundesanwalt hat bei sämtlichen noch im Streit stehenden Unterlagen übermittelte Informationen der Nachrichtendienste des Bundes verwendet. Entsprechendes gilt für die Verarbeitung dieser Informationen durch den Bundesjustizminister im Rahmen seiner Aufsicht. Insbesondere trifft dies auch für den insoweit einzig fraglichen ‚Bericht des LKA zur Identifizierung „A…“ und „M…“‘ zu (Seiten77 bis 79 der im Streit stehenden Akten – Anlage B 6). Wie die Beklagte in der mündlichen Verhandlung ausgeführt hat, wurde auch dieser Bericht dem Generalbundesanwalt vom Bundesamt für Verfassungsschutz zur Verfügung gestellt und von ihm an das BMJV weitergeleitet.

  1. Die Beklagte beruft sich hinsichtlich der in der Anlage B 6 als „VS-VERTRAULICH“ gekennzeichneten Unterlagen auch auf den Ausschlussgrund des §3 Nr.4 IFG. Danach besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn die Information einer durch Rechtsvorschrift oder durch die Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum materiellen und organisatorischen Schutz von Verschlusssachen geregelten Geheimhaltungs- oder Vertraulichkeitspflicht oder einem Berufs- oder besonderen Amtsgeheimnis unterliegt. Sie hat in der mündlichen Verhandlung hierzu eine aktuelle Stellungnahme des Bundesamtes für Verfassungsschutz vom 14. Juni 2021 vorgelegt, nach der die Notwendigkeit der Einstufung aufgrund materieller Geheimhaltungsbedürfnisse fortbestehe. Der Kläger hat diese Angaben bestritten. Im Hinblick auf die sonstigen dem Klageerfolg entgegenstehenden Gründe lässt der Senat offen, ob und ggf. hinsichtlich welcher Dokumente auch der Ausschlussgrund des §3 Nr.4 IFG einem Informationszugang entgegensteht.

II. Der Kläger hat auch keinen verfassungsunmittelbaren Anspruch aus Art.5 Abs.1 Satz1 Halbsatz 2 GG auf Informationszugang. Ob ein solcher Anspruch gesondert neben demjenigen aus §1 Abs.1 Satz1 IFG verfolgt werden kann, wie das Verwaltungsgericht wohl meint, oder ob dies lediglich für den presserechtlichen Anspruch aus Art.5 Abs.1 Satz2 GG i. V. m. Art.10 EMRK gilt (so offenbar BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2019, a. a. O. Rn. 12 f.), lässt der Senat offen. Dagegen spricht, dass damit die verfahrensrechtlichen Voraussetzungen des den Anspruch ausformenden Informationsfreiheitsgesetzes, namentlich das behördliche Antrags- und Widerspruchserfordernis, umgangen werden könnten.

Ein etwaiger Anspruch aus Art.5 Abs.1 Satz1 Halbsatz 2 GG ist jedenfalls in der Sache nicht gegeben.

Wie das Bundesverwaltungsgericht im gegenüber dem Kläger ergangenen Urteil vom 28. Februar 2019 erneut festgestellt hat, steht der Informationszugang erst dann auch unter dem Schutz von Art.5 Abs.1 Satz1 Halbsatz 2 GG, wenn §1 Abs.1 IFG den geltend gemachten Anspruch auf Zugangsverschaffung zu den begehrten Informationen deckt (a. a. O. Rn. 20 unter Bezugnahme auf BVerfG, Beschluss vom 20. Juni 2017 – 1 BvR 1978/13 – BVerfGE 145, 365 Rn. 33). Dies ist hier nicht der Fall, da das Informationsfreiheitsgesetz seinen Anwendungsbereich gerade nicht auf amtliche Informationen erstreckt hat, die im Rahmen der Rechtspflege bei der Justiz und den Staatsanwaltschaften als einem Teil der Justiz anfallen und es insoweit gerade an einer "Widmung" als öffentlich zugänglicher Information fehlt. Für die Tätigkeit des Bundesjustizministers in seiner Funktion als Fachaufsicht i. S. d. §§146, 147 Nr.1 GVG gilt nichts anderes.

Ferner hat das Bundesverfassungsgericht bereits klargestellt, dass im Anwendungsbereich des §3 Nr.8 IFG der Aktenbestand der Behörde keine allgemein zugängliche Quelle im Sinne des Art.5 Abs.1 Satz1 Halbsatz 2 GG ist (BVerfG, a. a. O., Rn. 21), also bereits der Schutzbereich dieses Grundrechts nicht eröffnet ist. Da vorliegend hinsichtlich sämtlicher noch streitgegenständlicher Unterlagen diese Bereichsausnahme gegeben ist, scheidet ein Anspruch unmittelbar aus Art.5 Abs.1 Satz1 Halbsatz 2 GG auch deshalb insgesamt aus.

III. Der Kläger hat keinen Anspruch auf begehrten Informationszugang aus Art.10 EMRK.

Offen bleiben kann insoweit, ob das klägerische Zugangsbegehren tatsächlich von der Garantie des Art.10 Abs.1 EMRK erfasst ist, denn selbst in diesem Falle ist nichts dafür ersichtlich, dass die nach innerstaatlichem Recht bestehenden Einschränkungen des Informationszugangsanspruchs im Informationsfreiheitsgesetz und die Ausgestaltung des Auskunftsrechts nach §475 StPO bei Beachtung des den Konventionsstaaten zuzubilligenden Beurteilungsspielraums den Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gemäß Art.10 Abs.2 EMRK nicht genügen (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2019, a. a. O., juris Rn. 22 m.w.N.).

IV. Die Kostenentscheidung folgt aus §154 Abs.2 VwGO. Die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §167 VwGO in Verbindung mit §708, §711 der Zivilprozessordnung.

Die Revision ist nach §132 Abs.2 Nr.1 VwGO zuzulassen, weil die Frage, ob der Bundesjustizminister in Ausübung seines Weisungsrechts gegenüber dem Generalbundesanwalt als Behörde im Sinne des §1 Abs.1 IFG handelt, grundsätzliche Bedeutung hat und im Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 22. März 2018 noch nicht beantwortet worden ist (a. a. O. Rn. 24).