Information

Aktenzeichen
2 K 45.19
ECLI
ECLI:DE:VGBE:2021:1202.2K45.19.00
Datum
2. Dezember 2021
Gericht
Verwaltungsgericht Berlin
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Tenor

Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat vom 15. November 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Februar 2019 verpflichtet, dem Kläger Zugang zu den für die Fraktionen der CDU/CSU und SPD gefertigten und am 30. August 2018 an die Fraktionsvorsitzenden übersandten Formulierungshilfen für ein Zustimmungsgesetz zu dem Beschluss (EU, Euratom) 2018/994 des Rates der Europäischen Union vom 13. Juli 2018 und für ein Gesetz zur Änderung des Europawahlgesetzes durch Übersendung einer Kopie zu gewähren.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Kläger begehrt Informationszugang zu zwei ministerialen Formulierungshilfen zum Europawahlrecht.

Der Rat der Europäischen Union nahm am 13. Juli 2018 den Beschluss 2018/994 an. Er dient der Änderung des Akts zur Einführung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der Mitglieder des Europäischen Parlaments (Direktwahlakt). Der Beschluss 2018/994 enthält u.a. Vorgaben für Sperrklauseln bei der Europawahl. Er tritt in Kraft, nachdem alle EU-Mitgliedstaaten im Einklang mit ihren jeweiligen verfassungsrechtlichen Vorschriften zugestimmt und dem Generalsekretariat des Rates den Abschluss der hierfür erforderlichen Verfahren mitgeteilt haben. Diese Zustimmung steht noch von der Beklagten sowie Zypern und Spanien aus.

Auf Bitten der damaligen Regierungsfraktionen von CDU/CSU und SPD fertigte das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) zwei Formulierungshilfen; eine für ein Zustimmungsgesetz zu dem Beschluss 2018/994 und eine weitere für ein Gesetz zur Änderung des Europawahlgesetzes. Das BMI übersandte die Formulierungshilfen am 30. August 2018 an die Vorsitzenden der Fraktionen.

Der Kläger beantragte mit E-Mail vom 26. September 2018 die Übersendung der „Formulierungshilfe“, die das BMI für den Gesetzentwurf bei der EU-Wahl für den Deutschen Bundestag verfasst habe. Mit Bescheid vom 15. November 2018 lehnte das BMI den Antrag, der sich auf die beiden Formulierungshilfen beziehe, ab mit der Begründung, das Bekanntwerden beeinträchtige die Beratungen von Behörden.

Den hiergegen gerichteten Widerspruch des Klägers wies das BMI mit Widerspruchsbescheid vom 21. Februar 2019, zugestellt am 25. Februar 2019, zurück. Das BMI habe keine Verfügungsgewalt über die gewissermaßen in Amtshilfe für die Fraktionen erstellten Formulierungshilfen. Eine Herausgabe sei zudem ausgeschlossen, weil dies die Beratungen von Behörden beeinträchtige. Eine Entscheidung über Änderungen und den endgültigen Inhalt der Gesetzesentwürfe der Fraktionen, die Entscheidung über den Kreis der einbringenden Fraktionen und über das „ob“ der Einbringung im Deutschen Bundestag durch die Fraktionen sei noch nicht erfolgt und Gegenstand fortdauernder Gespräche. Es bestehe die Gefahr, dass der vertrauliche Entscheidungsbildungsprozess durch eine Beeinflussung von außen beeinträchtigt werde. Zudem sei die Herausgabe abzulehnen, weil das Bekanntwerden der Information die notwendige Vertraulichkeit internationaler Verhandlungen beeinträchtige. Die Beklagte müsse bei dem andauernden Prozess der Reform des Direktwahlakts in der Lage sein, Verhandlungen ohne unbefugten Einfluss von außen mit allen beteiligten EU-Mitgliedstaaten durchzuführen.

Hiergegen hat der Kläger am 25. März 2019 Klage erhoben. Zur Begründung führt er aus, das BMI sei als Urheber der Information verfügungsberechtigt. Der Ausschlussgrund für Beratungen von Behörden erfasse Beratungen zwischen Exekutive und Legislative nicht. Jedenfalls habe die Beklagte nicht dargelegt, ob und warum der Informationszugang nachteilige Auswirkungen auf die Vertraulichkeit haben könne. Zudem beträfen die Formulierungshilfen keine Beratungen, da sie das Ergebnis von Beratschlagungen im BMI seien, die zur Grundlage von Beratungen des Bundestagsausschusses gemacht würden. Der Ausschlussgrund wegen internationaler Verhandlungen sei nicht einschlägig; der Beschluss sei veröffentlicht und im Übrigen liege keine Verhandlungssituation vor. Zudem seien die deutschen Interessen bekannt.

Der Kläger beantragt schriftlich,

die Beklagte zu verpflichten, ihm unter Aufhebung des Bescheides des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat vom 15. November 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Februar 2019 die für die Koalitionsfraktionen gefertigten Formulierungshilfen für die Gesetzesentwürfe zur Zustimmung zum Beschluss des Rates vom 13. Juli 2018 und zur Umsetzung des europäischen Wahlaktes im deutschen Europawahlrecht herauszugeben.

Die Beklagte beantragt schriftlich,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt ergänzend vor, nach langjähriger Staatspraxis werde das Wahlrecht des Bundes einschließlich des Europawahlrechts als Sache des Deutschen Bundestages angesehen. Die Bundesregierung beschränke sich auf die Leistung von Formulierungshilfen auf Bitte der initiativberechtigten Fraktionen. Deren Verfügungsberechtigung würde umgangen, wenn die Formulierungshilfen über das BMI zu erlangen wären, während ein IFG-Anspruch gegen den Deutschen Bundestag bzw. die Fraktionen nicht geltend gemacht werden könne. Die Herausgabe beeinträchtige die Beratungen von Behörden, weil der Meinungsbildungsprozess in den Fraktionen über den Inhalt des Gesetzesentwurfs sowie etwaige Ergänzungs- oder Änderungswünsche zu den Formulierungshilfen noch nicht abgeschlossen sei. Zudem stünden politische Abstimmungen mit weiteren Fraktionen bevor, weil das Zustimmungsgesetz eine Zweidrittelmehrheit im Deutschen Bundestag und Bundesrat erfordere. Weitere Abstimmungsprozesse gebe es zwischen den Ressorts der Bundesregierung und mit den im Bundesrat beteiligten Bundesländern. Die Möglichkeit vertraulicher Beratung im Vorstadium einer Initiative aus der Mitte des Deutschen Bundestages gehöre zum Kernbereich der Parlamentsautonomie. Schließlich beeinträchtige das Bekanntwerden der Information die notwendige Vertraulichkeit internationaler Verhandlungen, weil noch nicht alle Mitgliedstaaten dem Beschluss 2018/994 zugestimmt hätten. Auf EU-Ebene erfolgten Abfragen zum Stand der Zustimmungen. Im Europäischen Parlament werde erneut über eine Reform des Wahlrechts beraten. Zudem hätten Verhandlungen bezüglich der Zustimmung der Beklagten zum Beschluss 2018/994 während der 19. Wahlperiode mehrfach zwischen den Fraktionen des Deutschen Bundestages und Mitgliedern des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland sowie mit den Regierungen anderer Mitgliedstaaten stattgefunden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang verwiesen.

Die Kammer kann über die Klage ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da sich die Beteiligten hiermit gemäß §101 Abs.2 VwGO einverstanden erklärt haben.

Die zulässige Verpflichtungsklage ist begründet. Der Bescheid des BMI vom 15. November 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Februar 2019 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten; er hat Anspruch auf Zugang zu den Formulierungshilfen (§113 Abs.5 Satz1 VwGO).

  1. Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers ist §1 Abs.1 Satz1 des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG). Nach dieser Vorschrift hat jeder nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind erfüllt. Der Kläger ist als natürliche Person „jeder“ und damit anspruchsberechtigt. Er begehrt Zugang zu amtlichen Informationen i.S.d. §2 Nr.1 Satz1 IFG. Das BMI ist als Behörde des Bundes grundsätzlich anspruchsverpflichtet.

Behörde i.S.d. §1 Abs.1 Satz1 IFG ist jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt. Dabei meint der Begriff der Verwaltung i.S.d. Informationsfreiheitsgesetzes jegliche vollziehende Gewalt, die weder der Gesetzgebung noch der Rechtsprechung zuzurechnen ist. Die gesetzesvorbereitende Tätigkeit als Teil des Regierungshandelns eines Bundesministeriums ist hiervon nicht ausgenommen (vgl. BVerwG, Urteile vom 3. November 2011 – BVerwG 7 C 3/11 – und – BVerwG 7 C 4/11 –, jeweils juris Rn. 10 ff. im Anschluss an die amtliche Begründung BT-Drs. 15/4493, S.7). Damit bleibt die Vorbereitung von Normen durch Stellen i.S.d. §1 Abs.1 Satz1 IFG Verwaltungstätigkeit im materiellen Sinne (vgl. Urteil der Kammer vom 17. März 2016 – VG 2 K 1/15 –, juris Rn. 14 m.w.N.). Solche Verwaltungsaufgaben in Gestalt einer gesetzesvorbereitenden Tätigkeit hat das BMI hier wahrgenommen. Es hat Unterstützungsleistungen zur Vorbereitung einer Gesetzgebungsinitiative der damaligen Regierungsfraktionen erbracht.

Der Einwand der Beklagten, die Abstimmung des Wortlauts einer Gesetzesinitiative sei keine bloß administrative Tätigkeit der Verwaltung und keine vorgelagerte Unterstützungsleistung, steht im Widerspruch zu ihrem Vorbringen, bei den Formulierungshilfen handele es sich um vorbereitende Arbeiten auf Bitten der damaligen Regierungsfraktionen. Zudem verkennt die Beklagte bei ihrer Argumentation den genannten Behördenbegriff. Auf die Wertigkeit des Handelns des BMI und dessen Einfluss auf eine mögliche Gesetzesvorlage kommt es nicht an.

  1. Das BMI ist zur Verfügung über die Formulierungshilfen berechtigt. Nach der als Zuständigkeitsbestimmung ausgestalteten Vorschrift des §7 Abs.1 Satz1 IFG entscheidet über den Antrag auf Informationszugang die Behörde, die zur Verfügung über die begehrten Informationen berechtigt ist. Verfügungsberechtigt über eine Information ist grundsätzlich deren Urheber (BVerwG, Urteil vom 3. November 2011 – BVerwG 7 C 4/11 –, juris Rn. 28; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 21. August 2014 – OVG 12 N 73/13 –, juris Rn. 7). Das BMI ist Urheber der Formulierungshilfen.

Der hiergegen erhobene Einwand der Beklagten, das BMI habe die Formulierungshilfen auf Bitten der damaligen Regierungsfraktionen erstellt und an diese zur weiteren Verwendung überlassen, verfängt nicht. Der Urheber der Information verliert seine Verfügungsberechtigung nicht ohne Weiteres, wenn er die Information an einen Empfänger weitergibt und dieser ein eigenes Verfügungsrecht erhält (vgl. BVerwG, a.a.O.). Die Beklagte hält diese Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Stellungnahme des Bundesjustizministeriums gegenüber dem Petitionsausschuss für nicht einschlägig; die gegenüber dem Petitionsausschuss abgegebene Stellungnahme sei eine auf eigener Entscheidungsbildung und im eigenen Namen abgegebene Äußerung der Bundesregierung gegenüber Dritten, während die hier zu beurteilenden Formulierungshilfen eine Hilfeleistung zu einer Äußerung Dritter, nämlich der Fraktionen, seien. Das überzeugt nicht. Die inhaltliche Unterscheidung ändert nichts daran, dass das BMI Urheber der Information ist, selbst wenn diese als Hilfeleistung und nicht als eigene Äußerung qualifiziert wird. Die andauernde Verfügungsberechtigung des BMI wird nicht dadurch beschränkt, dass die Fraktionen die Formulierungshilfen erbeten haben, sie inhaltliche Vorgaben gemacht haben und sie über die übersandten Formulierungshilfen frei verfügen dürfen.

Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, das BMI habe gewissermaßen Amtshilfe für die allein gesetzesinitiativberechtigten und verfügungsberechtigten Fraktionen geleistet. Hierfür bedarf es keiner Entscheidung, ob die Verfügungsberechtigung ausnahmsweise fehlt, wenn der Urheber der Information der die Information anfordernden Stelle lediglich eine eher formelle Unterstützung leistet, indem er etwa seine personellen und sächlichen Mittel zur Materialsammlung zur Verfügung stellt (vgl. BVerwG, a.a.O). Um eine solche Hilfeleistung ohne eigene Zuständigkeit des Urhebers geht es hier nicht. Das BMI hat durch die Erarbeitung der Formulierungshilfen eine eigene, ihm obliegende Aufgabe wahrgenommen. Die gesetzesvorbereitende Unterstützung des Parlaments durch die Bundesministerien ist übliche Praxis. Denn der Deutsche Bundestag verfügt – abgesehen von den Arbeitsgruppen der Fraktionen und seinen Wissenschaftlichen Diensten – über keinen parlamentarischen Gesetzgebungsdienst. Die hieraus den Bundesministerien erwachsende Aufgabe ist staatsrechtlich anerkannt. Dies gilt nicht nur für die Vorbereitung einer Gesetzesvorlage der Bundesregierung und die Vorbereitung zur Einbringung einer „verkappten Regierungsinitiative“ aus der Mitte des Bundestages. Die Ministerialverwaltung erfüllt eine ihr obliegende Aufgabe auch dann, wenn Fraktionen – wie hier die damaligen Regierungsfraktionen – von sich aus Formulierungshilfen von Seiten des Bundesministeriums für eine mögliche Gesetzesinitiative aus der Mitte des Bundestages erbitten (vgl. Ossenbühl, HStR V, 2007, §102 Rn. 12 ff., 25 f.; Brüning, Bonner Kommentar, 180. Akt. 2016, Art.76 Rn. 127 f., 147 ff.; Masing/Risse, in: von Mangoldt/Klein/Stark, GG, 7. Aufl. 2018, Art.76 Rn. 48). Die Einordnung als Regierungsaufgabe verdeutlicht zudem §56 Abs.3 Satz1 der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien. Diese Bestimmung verlangt für die Mitwirkung der Angehörigen der Bundesministerien bei der sachlichen oder rechtsförmlichen Vorbereitung einer Gesetzesvorlage des Deutschen Bundestages eine Genehmigung des zuständigen Bundesministers. Das Genehmigungserfordernis setzt eine grundsätzliche Zuständigkeit der Bundesministerien voraus, auf Bitten von Fraktionen unterstützende Dienste zu erbringen, um eine Gesetzesinitiative aus der Mitte des Bundestages vorzubereiten.

Die Parlamentsautonomie sowie das Gesetzesinitiativrecht des Deutschen Bundestages und der Fraktionen (Art.76 Abs.1 GG, §76 Abs.1 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages) stehen der Verfügungsberechtigung des BMI nicht entgegen. Die Rechte des Deutschen Bundestages, der in dem spezifischen Bereich der Wahrnehmung parlamentarischer Angelegenheiten vom Informationszugang ausgenommen ist (BT-Drs. 15/4493, S.8), bleiben unberührt. Der Informationszugang gegenüber dem BMI ist entgegen der Ansicht der Beklagten keine Umgehung, sondern Folge der gesetzlichen Regelung. Einer Behörde als Urheberin einer Information, die sich weiterhin in ihrem Aktenbestand befindet, ist eine Berufung auf die abweichende informationsfreiheitsrechtliche Rechtsposition anderer Personen und Institutionen verwehrt (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. März 2017 – BVerwG 7 C 19/15 –, juris Rn. 22). Das BMI kann den eingeschränkten Anwendungsbereich gemäß §1 Abs.1 Satz2 IFG nicht zu seinen Gunsten anführen, da es Behörde des Bundes i.S.d. §1 Abs.1 Satz1 IFG ist.

  1. Die geltend gemachten Ausschlussgründe stehen dem Informationszugang nicht entgegen. Der Anspruch ist nicht gemäß §3 Nr.3 Buchst. a IFG ausgeschlossen. Danach besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn und solange die notwendige Vertraulichkeit internationaler Verhandlungen beeinträchtigt wird. Geschützt werden soll die Position der Bundesrepublik mit dem Ziel, dass diese ihre Interessen und Ziele möglichst effektiv vertreten kann. Der bezweckte Schutz der gesamten Verhandlungsposition rechtfertigt es, ein Zurückhalten von Informationen auf Dauer als geschützt anzusehen. Der Schutz bezieht sich über den eigentlichen Vorgang der Entscheidungsfindung hinaus gerade darauf, wie die Bundesrepublik in internationale Verhandlungen hineingeht, also auch auf das Vorbereiten der Verhandlungsstrategie (vgl. Urteile der Kammer vom 7. Mai 2015 – VG 2 K 247/12 –, juris Rn. 24 f. und vom 20. Mai 2020 – VG 2 K 164/17 –, juris Rn. 33 f.; Schoch, IFG, 2. Aufl. 2016, §3 Rn. 168). Die Beklagte hat nicht nachvollziehbar dargelegt, dass §3 Nr.3 Buchst. a IFG der Offenlegung der Formulierungshilfen entgegensteht.

Ohne Erfolg macht die Beklagte geltend, das europäische Gesetzgebungsverfahren bezüglich des Beschlusses 2018/994 sei noch nicht abgeschlossen. Auf der Grundlage ihres Vorbringens ist bereits die Voraussetzung „internationaler Verhandlungen“ i.S.d. §3 Nr.3 Buchst. a IFG nicht erfüllt. Das Gesetzgebungsverfahren im Europäischen Parlament und im Rat der EU über den Erlass des Beschlusses 2018/994 ist beendet. Die geltend gemachten Abfragen auf EU-Ebene zum Stand der Zustimmungen belegen keine internationale Verhandlungssituation. Hier geht es um die Mitteilung der innerstaatlichen Ratifikation gegenüber dem Generalsekretariat des Rates gemäß Art.2 Abs.1 Satz2 des Beschlusses 2018/994, die für dessen Inkrafttreten gemäß Art.223 Abs.1 UA 2 Satz2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union und Art.2 Abs.2 des Beschlusses 2018/994 erforderlich ist. Für sich genommen sind solche Abfragen und Mitteilungen keine Verhandlungen. Sie erschöpfen sich in der Kommunikation des Ratifikationsstands, ohne dass hierbei Interessen vertreten und kontroverse Standpunkte ausgetauscht werden könnten. Es ist auch nicht dargelegt, dass die Abfragen und Mitteilungen von internationalen Verhandlungen begleitet sind.

Soweit die Beklagte Verhandlungen im Kontext der Ratifizierung des Beschlusses 2018/994 nennt, fehlt ein Bezug zum Inhalt der Formulierungshilfen. Die Beklagte nennt nur die Verhandlungspartner und den Gegenstand der Verhandlungen, indem sie auf Verhandlungen bezüglich der Zustimmung der gesetzgebenden Körperschaften zwischen den Fraktionen des Deutschen Bundestages und Mitgliedern des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland sowie mit den Regierungen anderer Mitgliedstaaten verweist. Es ist bezüglich keiner der genannten Verhandlungen dargelegt, dass die Formulierungshilfen eine Verhandlungsposition oder -strategie der Beklagten enthalten oder hierauf Rückschlüsse zuließen. Dies geht auch aus dem weiteren Vorbringen der Beklagten nicht hervor. Hiernach betreffen die Formulierungshilfen das gemäß Art.23 Abs.1 GG erforderliche Zustimmungsgesetz zu dem Beschluss 2018/994 und eine Änderung des Europawahlgesetzes. Hieraus wird kein Bezug zwischen der Ratifikation des Beschlusses bzw. der Änderung des innerstaatlichen Rechts zur Position der Beklagten im Verhältnis zu Verhandlungspartnern nachvollziehbar.

Erst recht fehlt bei dem Vortrag der Beklagten zu Verhandlungen im Europäischen Parlament über eine weitere Reform des Europawahlrechts eine Darlegung eines Zusammenhangs mit dem Inhalt der Formulierungshilfen. Schon wegen des Zeitablaufs bedürfte es einer Erklärung, warum die Formulierungshilfen, die in Bezug auf den Beschluss 2018/994 im Jahr 2018 erstellt wurden, für die Verhandlungsposition bei den aktuellen Reformbemühungen von Belang sind. Dies ist im Übrigen fernliegend, weil die derzeitigen Reformen einen neuen Rechtsakt betreffen. Aus dem von der Beklagten angeführten Entwurf eines Berichts über die Reform des Wahlrechts der Europäischen Union (2020/2220 [INL]) ergibt sich, dass eine Reform angestrebt wird, die vom Inkrafttreten des Beschlusses 2018/994 unabhängig ist. In der Erwägung J heißt es, der Abschluss des Ratifizierungsverfahrens für den Beschluss 2018/994 stehe noch aus, was aber die notwendigen Änderungen der Wahlsysteme der Union nicht aufhalten könne.

Zudem fehlt es an der Darlegung der notwendigen Vertraulichkeit i.S.d. §3 Nr.3 Buchst. a IFG. Nach dem unwidersprochenen Vortrag des Klägers ist bekannt, dass die Einführung der Sperrklausel auf Initiative der Bundesregierung beschlossen worden ist. Dies ergibt sich auch aus dem als Anlage K 1 vorgelegten Zeitungsbericht. Danach hat ein Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion bestätigt, dass eine Sperrklausel von zwei Prozent angestrebt werde. Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass die Formulierungshilfen andere Informationen enthalten, die mit Rücksicht auf deutsche Interessen in Verhandlungen nicht bekannt werden dürften. Die Maßgaben für Änderungen des Europawahlrechts, denen die Bundesregierung aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts unterliegt (vgl. BVerfG, Urteil vom 26. Februar 2014 – 2 BvE 2/13 –, juris), sind ebenfalls offenkundig.

Schließlich ist auch eine Beeinträchtigung der Schutzbelange des §3 Nr.3 Buchst. a IFG nicht hinreichend dargelegt. Aus dem Vorbringen der Beklagten geht nicht hervor, dass das Bekanntwerden der Formulierungshilfen nachteilige Auswirkungen auf eine deutsche Verhandlungsposition entfalten kann. Mit ihrem Vortrag, eine Herausgabe könne die Position und Handlungsfähigkeit der Bundesregierung schwächen und dem erfolgreichen Abschluss des Dossiers schaden, beschreibt sie nur eine abstrakte Gefahr. Es fehlt eine konkrete Darlegung, welche Inhalte der Formulierungshilfen ursächlich für welche Beeinträchtigungen sein sollen.

  1. Die Beklagte kann die Versagung des begehrten Informationszugangs nicht auf §3 Nr.3 Buchst. b IFG stützen. Nach dieser Vorschrift besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn und solange die Beratungen von Behörden beeinträchtigt werden. Dem Schutz der Beratung unterfällt nur der eigentliche Vorgang der behördlichen Entscheidungsfindung als solcher. Ausgenommen sind das Beratungsergebnis und der Beratungsgegenstand. Der Begriff der Beratung erfasst die Vorgänge interner behördlicher Meinungsäußerung und Willensbildung, die sich inhaltlich auf die Entscheidungsfindung beziehen. Der Schutz gilt danach vor allem dem Beratungsprozess als solchem, also der Besprechung, Beratschlagung und Abwägung, mithin dem eigentlichen Vorgang des Überlegens. Zum demgegenüber nicht geschützten Beratungsgegenstand können insbesondere Sachinformationen oder gutachterliche Stellungnahmen im Vorfeld gehören, also die Tatsachengrundlagen und die Grundlagen der Willensbildung (BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2020 – BVerwG 10 C 25/19 –, juris Rn. 32 f.). Die bloße Übermittlung von Unterlagen zur Unterstützung der parlamentarischen Arbeit der Abgeordneten stellt keine Willensbildung und damit „Beratung“ i.S.d. Ausschlussgrunds dar (BVerwG, Urteil vom 30. März 2017 – BVerwG 7 C 19/15 –, juris Rn. 22).

Ausgehend hiervon sind die Formulierungshilfen auf der Grundlage des Beklagtenvortrags nicht dem Schutz des §3 Nr.3 Buchst. b IFG zuzuordnen. Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass die Formulierungshilfen einen Beratungsprozess abbilden oder hierauf Rückschlüsse zulassen. Sofern bis zur Erstellung der Formulierungshilfen Beratungen u.a. im BMI und mit den Fraktionen stattfanden, sind die Formulierungshilfen nur das Ergebnis von Beratungen. Es ist nicht vorgetragen, dass die Formulierungshilfen Informationen über den Verlauf vorausgehender Beratungen enthalten oder ihn erkennen lassen. Für alle weiteren Beratungen, die nach Angaben der Beklagten nach Erstellung der Formulierungshilfen im Verhältnis mit Fraktionen oder anderen Stellen auf EU-, Bundes- oder Landesebene stattfanden und andauern, sind die Formulierungshilfen allenfalls Grundlage von Beratungen. Zur Wiedergabe eines Beratungsverlaufs hat die Beklagte nichts vorgetragen. Es liegt auch im Hinblick auf die zeitliche Abfolge fern, dass die Formulierungshilfen Informationen über den Verlauf der Willensbildung enthalten. Denn die von der Beklagten angeführten Beratungen konnten erst nach Übersendung der Formulierungshilfen an die Regierungsfraktionen beginnen. Für die Einordnung kommt es auch nicht auf die zwischen den Beteiligten diskutierte Frage an, ob das Handbuch der Rechtsförmlichkeit Anwendung findet. Selbst wenn dies nicht der Fall ist, bilden die Formulierungshilfen allenfalls die Grundlage der Willensbildung in oder zwischen den Fraktionen und weiteren Stellen. Der Verweis auf den Kernbereich der Parlamentsautonomie kann die mangelnde Darlegung zum Beratungsverlauf nicht ersetzen.

Hiernach kann offenbleiben, ob der Ausschlussgrund ohnehin nur die Beratung innerhalb von und zwischen Behörden erfasst oder – über den Wortlaut hinaus – auch auf die Beratungen zwischen der Exekutive und Legislative zu erstrecken ist (vgl. OVG Münster, Urteil vom 15. Januar 2014 – 8 A 467/11 –, juris Rn. 86 m.w.N.).

Die Kostenentscheidung beruht auf §154 Abs.1 VwGO; der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §167 VwGO i.V.m. §§708 Nr.11, 711, 709 Satz2 der Zivilprozessordnung.

Tatbestand

Der Kläger begehrt Informationszugang zu zwei ministerialen Formulierungshilfen zum Europawahlrecht.

Der Rat der Europäischen Union nahm am 13. Juli 2018 den Beschluss 2018/994 an. Er dient der Änderung des Akts zur Einführung allgemeiner unmittelbarer Wahlen der Mitglieder des Europäischen Parlaments (Direktwahlakt). Der Beschluss 2018/994 enthält u.a. Vorgaben für Sperrklauseln bei der Europawahl. Er tritt in Kraft, nachdem alle EU-Mitgliedstaaten im Einklang mit ihren jeweiligen verfassungsrechtlichen Vorschriften zugestimmt und dem Generalsekretariat des Rates den Abschluss der hierfür erforderlichen Verfahren mitgeteilt haben. Diese Zustimmung steht noch von der Beklagten sowie Zypern und Spanien aus.

Auf Bitten der damaligen Regierungsfraktionen von CDU/CSU und SPD fertigte das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) zwei Formulierungshilfen; eine für ein Zustimmungsgesetz zu dem Beschluss 2018/994 und eine weitere für ein Gesetz zur Änderung des Europawahlgesetzes. Das BMI übersandte die Formulierungshilfen am 30. August 2018 an die Vorsitzenden der Fraktionen.

Der Kläger beantragte mit E-Mail vom 26. September 2018 die Übersendung der „Formulierungshilfe“, die das BMI für den Gesetzentwurf bei der EU-Wahl für den Deutschen Bundestag verfasst habe. Mit Bescheid vom 15. November 2018 lehnte das BMI den Antrag, der sich auf die beiden Formulierungshilfen beziehe, ab mit der Begründung, das Bekanntwerden beeinträchtige die Beratungen von Behörden.

Den hiergegen gerichteten Widerspruch des Klägers wies das BMI mit Widerspruchsbescheid vom 21. Februar 2019, zugestellt am 25. Februar 2019, zurück. Das BMI habe keine Verfügungsgewalt über die gewissermaßen in Amtshilfe für die Fraktionen erstellten Formulierungshilfen. Eine Herausgabe sei zudem ausgeschlossen, weil dies die Beratungen von Behörden beeinträchtige. Eine Entscheidung über Änderungen und den endgültigen Inhalt der Gesetzesentwürfe der Fraktionen, die Entscheidung über den Kreis der einbringenden Fraktionen und über das „ob“ der Einbringung im Deutschen Bundestag durch die Fraktionen sei noch nicht erfolgt und Gegenstand fortdauernder Gespräche. Es bestehe die Gefahr, dass der vertrauliche Entscheidungsbildungsprozess durch eine Beeinflussung von außen beeinträchtigt werde. Zudem sei die Herausgabe abzulehnen, weil das Bekanntwerden der Information die notwendige Vertraulichkeit internationaler Verhandlungen beeinträchtige. Die Beklagte müsse bei dem andauernden Prozess der Reform des Direktwahlakts in der Lage sein, Verhandlungen ohne unbefugten Einfluss von außen mit allen beteiligten EU-Mitgliedstaaten durchzuführen.

Hiergegen hat der Kläger am 25. März 2019 Klage erhoben. Zur Begründung führt er aus, das BMI sei als Urheber der Information verfügungsberechtigt. Der Ausschlussgrund für Beratungen von Behörden erfasse Beratungen zwischen Exekutive und Legislative nicht. Jedenfalls habe die Beklagte nicht dargelegt, ob und warum der Informationszugang nachteilige Auswirkungen auf die Vertraulichkeit haben könne. Zudem beträfen die Formulierungshilfen keine Beratungen, da sie das Ergebnis von Beratschlagungen im BMI seien, die zur Grundlage von Beratungen des Bundestagsausschusses gemacht würden. Der Ausschlussgrund wegen internationaler Verhandlungen sei nicht einschlägig; der Beschluss sei veröffentlicht und im Übrigen liege keine Verhandlungssituation vor. Zudem seien die deutschen Interessen bekannt.

Der Kläger beantragt schriftlich,

die Beklagte zu verpflichten, ihm unter Aufhebung des Bescheides des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat vom 15. November 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Februar 2019 die für die Koalitionsfraktionen gefertigten Formulierungshilfen für die Gesetzesentwürfe zur Zustimmung zum Beschluss des Rates vom 13. Juli 2018 und zur Umsetzung des europäischen Wahlaktes im deutschen Europawahlrecht herauszugeben.

Die Beklagte beantragt schriftlich,

die Klage abzuweisen.

Sie trägt ergänzend vor, nach langjähriger Staatspraxis werde das Wahlrecht des Bundes einschließlich des Europawahlrechts als Sache des Deutschen Bundestages angesehen. Die Bundesregierung beschränke sich auf die Leistung von Formulierungshilfen auf Bitte der initiativberechtigten Fraktionen. Deren Verfügungsberechtigung würde umgangen, wenn die Formulierungshilfen über das BMI zu erlangen wären, während ein IFG-Anspruch gegen den Deutschen Bundestag bzw. die Fraktionen nicht geltend gemacht werden könne. Die Herausgabe beeinträchtige die Beratungen von Behörden, weil der Meinungsbildungsprozess in den Fraktionen über den Inhalt des Gesetzesentwurfs sowie etwaige Ergänzungs- oder Änderungswünsche zu den Formulierungshilfen noch nicht abgeschlossen sei. Zudem stünden politische Abstimmungen mit weiteren Fraktionen bevor, weil das Zustimmungsgesetz eine Zweidrittelmehrheit im Deutschen Bundestag und Bundesrat erfordere. Weitere Abstimmungsprozesse gebe es zwischen den Ressorts der Bundesregierung und mit den im Bundesrat beteiligten Bundesländern. Die Möglichkeit vertraulicher Beratung im Vorstadium einer Initiative aus der Mitte des Deutschen Bundestages gehöre zum Kernbereich der Parlamentsautonomie. Schließlich beeinträchtige das Bekanntwerden der Information die notwendige Vertraulichkeit internationaler Verhandlungen, weil noch nicht alle Mitgliedstaaten dem Beschluss 2018/994 zugestimmt hätten. Auf EU-Ebene erfolgten Abfragen zum Stand der Zustimmungen. Im Europäischen Parlament werde erneut über eine Reform des Wahlrechts beraten. Zudem hätten Verhandlungen bezüglich der Zustimmung der Beklagten zum Beschluss 2018/994 während der 19. Wahlperiode mehrfach zwischen den Fraktionen des Deutschen Bundestages und Mitgliedern des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland sowie mit den Regierungen anderer Mitgliedstaaten stattgefunden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang verwiesen.

Die Kammer kann über die Klage ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da sich die Beteiligten hiermit gemäß §101 Abs.2 VwGO einverstanden erklärt haben.

Die zulässige Verpflichtungsklage ist begründet. Der Bescheid des BMI vom 15. November 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Februar 2019 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten; er hat Anspruch auf Zugang zu den Formulierungshilfen (§113 Abs.5 Satz1 VwGO).

  1. Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers ist §1 Abs.1 Satz1 des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG). Nach dieser Vorschrift hat jeder nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind erfüllt. Der Kläger ist als natürliche Person „jeder“ und damit anspruchsberechtigt. Er begehrt Zugang zu amtlichen Informationen i.S.d. §2 Nr.1 Satz1 IFG. Das BMI ist als Behörde des Bundes grundsätzlich anspruchsverpflichtet.

Behörde i.S.d. §1 Abs.1 Satz1 IFG ist jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt. Dabei meint der Begriff der Verwaltung i.S.d. Informationsfreiheitsgesetzes jegliche vollziehende Gewalt, die weder der Gesetzgebung noch der Rechtsprechung zuzurechnen ist. Die gesetzesvorbereitende Tätigkeit als Teil des Regierungshandelns eines Bundesministeriums ist hiervon nicht ausgenommen (vgl. BVerwG, Urteile vom 3. November 2011 – BVerwG 7 C 3/11 – und – BVerwG 7 C 4/11 –, jeweils juris Rn. 10 ff. im Anschluss an die amtliche Begründung BT-Drs. 15/4493, S.7). Damit bleibt die Vorbereitung von Normen durch Stellen i.S.d. §1 Abs.1 Satz1 IFG Verwaltungstätigkeit im materiellen Sinne (vgl. Urteil der Kammer vom 17. März 2016 – VG 2 K 1/15 –, juris Rn. 14 m.w.N.). Solche Verwaltungsaufgaben in Gestalt einer gesetzesvorbereitenden Tätigkeit hat das BMI hier wahrgenommen. Es hat Unterstützungsleistungen zur Vorbereitung einer Gesetzgebungsinitiative der damaligen Regierungsfraktionen erbracht.

Der Einwand der Beklagten, die Abstimmung des Wortlauts einer Gesetzesinitiative sei keine bloß administrative Tätigkeit der Verwaltung und keine vorgelagerte Unterstützungsleistung, steht im Widerspruch zu ihrem Vorbringen, bei den Formulierungshilfen handele es sich um vorbereitende Arbeiten auf Bitten der damaligen Regierungsfraktionen. Zudem verkennt die Beklagte bei ihrer Argumentation den genannten Behördenbegriff. Auf die Wertigkeit des Handelns des BMI und dessen Einfluss auf eine mögliche Gesetzesvorlage kommt es nicht an.

  1. Das BMI ist zur Verfügung über die Formulierungshilfen berechtigt. Nach der als Zuständigkeitsbestimmung ausgestalteten Vorschrift des §7 Abs.1 Satz1 IFG entscheidet über den Antrag auf Informationszugang die Behörde, die zur Verfügung über die begehrten Informationen berechtigt ist. Verfügungsberechtigt über eine Information ist grundsätzlich deren Urheber (BVerwG, Urteil vom 3. November 2011 – BVerwG 7 C 4/11 –, juris Rn. 28; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 21. August 2014 – OVG 12 N 73/13 –, juris Rn. 7). Das BMI ist Urheber der Formulierungshilfen.

Der hiergegen erhobene Einwand der Beklagten, das BMI habe die Formulierungshilfen auf Bitten der damaligen Regierungsfraktionen erstellt und an diese zur weiteren Verwendung überlassen, verfängt nicht. Der Urheber der Information verliert seine Verfügungsberechtigung nicht ohne Weiteres, wenn er die Information an einen Empfänger weitergibt und dieser ein eigenes Verfügungsrecht erhält (vgl. BVerwG, a.a.O.). Die Beklagte hält diese Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Stellungnahme des Bundesjustizministeriums gegenüber dem Petitionsausschuss für nicht einschlägig; die gegenüber dem Petitionsausschuss abgegebene Stellungnahme sei eine auf eigener Entscheidungsbildung und im eigenen Namen abgegebene Äußerung der Bundesregierung gegenüber Dritten, während die hier zu beurteilenden Formulierungshilfen eine Hilfeleistung zu einer Äußerung Dritter, nämlich der Fraktionen, seien. Das überzeugt nicht. Die inhaltliche Unterscheidung ändert nichts daran, dass das BMI Urheber der Information ist, selbst wenn diese als Hilfeleistung und nicht als eigene Äußerung qualifiziert wird. Die andauernde Verfügungsberechtigung des BMI wird nicht dadurch beschränkt, dass die Fraktionen die Formulierungshilfen erbeten haben, sie inhaltliche Vorgaben gemacht haben und sie über die übersandten Formulierungshilfen frei verfügen dürfen.

Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, das BMI habe gewissermaßen Amtshilfe für die allein gesetzesinitiativberechtigten und verfügungsberechtigten Fraktionen geleistet. Hierfür bedarf es keiner Entscheidung, ob die Verfügungsberechtigung ausnahmsweise fehlt, wenn der Urheber der Information der die Information anfordernden Stelle lediglich eine eher formelle Unterstützung leistet, indem er etwa seine personellen und sächlichen Mittel zur Materialsammlung zur Verfügung stellt (vgl. BVerwG, a.a.O). Um eine solche Hilfeleistung ohne eigene Zuständigkeit des Urhebers geht es hier nicht. Das BMI hat durch die Erarbeitung der Formulierungshilfen eine eigene, ihm obliegende Aufgabe wahrgenommen. Die gesetzesvorbereitende Unterstützung des Parlaments durch die Bundesministerien ist übliche Praxis. Denn der Deutsche Bundestag verfügt – abgesehen von den Arbeitsgruppen der Fraktionen und seinen Wissenschaftlichen Diensten – über keinen parlamentarischen Gesetzgebungsdienst. Die hieraus den Bundesministerien erwachsende Aufgabe ist staatsrechtlich anerkannt. Dies gilt nicht nur für die Vorbereitung einer Gesetzesvorlage der Bundesregierung und die Vorbereitung zur Einbringung einer „verkappten Regierungsinitiative“ aus der Mitte des Bundestages. Die Ministerialverwaltung erfüllt eine ihr obliegende Aufgabe auch dann, wenn Fraktionen – wie hier die damaligen Regierungsfraktionen – von sich aus Formulierungshilfen von Seiten des Bundesministeriums für eine mögliche Gesetzesinitiative aus der Mitte des Bundestages erbitten (vgl. Ossenbühl, HStR V, 2007, §102 Rn. 12 ff., 25 f.; Brüning, Bonner Kommentar, 180. Akt. 2016, Art.76 Rn. 127 f., 147 ff.; Masing/Risse, in: von Mangoldt/Klein/Stark, GG, 7. Aufl. 2018, Art.76 Rn. 48). Die Einordnung als Regierungsaufgabe verdeutlicht zudem §56 Abs.3 Satz1 der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien. Diese Bestimmung verlangt für die Mitwirkung der Angehörigen der Bundesministerien bei der sachlichen oder rechtsförmlichen Vorbereitung einer Gesetzesvorlage des Deutschen Bundestages eine Genehmigung des zuständigen Bundesministers. Das Genehmigungserfordernis setzt eine grundsätzliche Zuständigkeit der Bundesministerien voraus, auf Bitten von Fraktionen unterstützende Dienste zu erbringen, um eine Gesetzesinitiative aus der Mitte des Bundestages vorzubereiten.

Die Parlamentsautonomie sowie das Gesetzesinitiativrecht des Deutschen Bundestages und der Fraktionen (Art.76 Abs.1 GG, §76 Abs.1 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages) stehen der Verfügungsberechtigung des BMI nicht entgegen. Die Rechte des Deutschen Bundestages, der in dem spezifischen Bereich der Wahrnehmung parlamentarischer Angelegenheiten vom Informationszugang ausgenommen ist (BT-Drs. 15/4493, S.8), bleiben unberührt. Der Informationszugang gegenüber dem BMI ist entgegen der Ansicht der Beklagten keine Umgehung, sondern Folge der gesetzlichen Regelung. Einer Behörde als Urheberin einer Information, die sich weiterhin in ihrem Aktenbestand befindet, ist eine Berufung auf die abweichende informationsfreiheitsrechtliche Rechtsposition anderer Personen und Institutionen verwehrt (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. März 2017 – BVerwG 7 C 19/15 –, juris Rn. 22). Das BMI kann den eingeschränkten Anwendungsbereich gemäß §1 Abs.1 Satz2 IFG nicht zu seinen Gunsten anführen, da es Behörde des Bundes i.S.d. §1 Abs.1 Satz1 IFG ist.

  1. Die geltend gemachten Ausschlussgründe stehen dem Informationszugang nicht entgegen. Der Anspruch ist nicht gemäß §3 Nr.3 Buchst. a IFG ausgeschlossen. Danach besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn und solange die notwendige Vertraulichkeit internationaler Verhandlungen beeinträchtigt wird. Geschützt werden soll die Position der Bundesrepublik mit dem Ziel, dass diese ihre Interessen und Ziele möglichst effektiv vertreten kann. Der bezweckte Schutz der gesamten Verhandlungsposition rechtfertigt es, ein Zurückhalten von Informationen auf Dauer als geschützt anzusehen. Der Schutz bezieht sich über den eigentlichen Vorgang der Entscheidungsfindung hinaus gerade darauf, wie die Bundesrepublik in internationale Verhandlungen hineingeht, also auch auf das Vorbereiten der Verhandlungsstrategie (vgl. Urteile der Kammer vom 7. Mai 2015 – VG 2 K 247/12 –, juris Rn. 24 f. und vom 20. Mai 2020 – VG 2 K 164/17 –, juris Rn. 33 f.; Schoch, IFG, 2. Aufl. 2016, §3 Rn. 168). Die Beklagte hat nicht nachvollziehbar dargelegt, dass §3 Nr.3 Buchst. a IFG der Offenlegung der Formulierungshilfen entgegensteht.

Ohne Erfolg macht die Beklagte geltend, das europäische Gesetzgebungsverfahren bezüglich des Beschlusses 2018/994 sei noch nicht abgeschlossen. Auf der Grundlage ihres Vorbringens ist bereits die Voraussetzung „internationaler Verhandlungen“ i.S.d. §3 Nr.3 Buchst. a IFG nicht erfüllt. Das Gesetzgebungsverfahren im Europäischen Parlament und im Rat der EU über den Erlass des Beschlusses 2018/994 ist beendet. Die geltend gemachten Abfragen auf EU-Ebene zum Stand der Zustimmungen belegen keine internationale Verhandlungssituation. Hier geht es um die Mitteilung der innerstaatlichen Ratifikation gegenüber dem Generalsekretariat des Rates gemäß Art.2 Abs.1 Satz2 des Beschlusses 2018/994, die für dessen Inkrafttreten gemäß Art.223 Abs.1 UA 2 Satz2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union und Art.2 Abs.2 des Beschlusses 2018/994 erforderlich ist. Für sich genommen sind solche Abfragen und Mitteilungen keine Verhandlungen. Sie erschöpfen sich in der Kommunikation des Ratifikationsstands, ohne dass hierbei Interessen vertreten und kontroverse Standpunkte ausgetauscht werden könnten. Es ist auch nicht dargelegt, dass die Abfragen und Mitteilungen von internationalen Verhandlungen begleitet sind.

Soweit die Beklagte Verhandlungen im Kontext der Ratifizierung des Beschlusses 2018/994 nennt, fehlt ein Bezug zum Inhalt der Formulierungshilfen. Die Beklagte nennt nur die Verhandlungspartner und den Gegenstand der Verhandlungen, indem sie auf Verhandlungen bezüglich der Zustimmung der gesetzgebenden Körperschaften zwischen den Fraktionen des Deutschen Bundestages und Mitgliedern des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland sowie mit den Regierungen anderer Mitgliedstaaten verweist. Es ist bezüglich keiner der genannten Verhandlungen dargelegt, dass die Formulierungshilfen eine Verhandlungsposition oder -strategie der Beklagten enthalten oder hierauf Rückschlüsse zuließen. Dies geht auch aus dem weiteren Vorbringen der Beklagten nicht hervor. Hiernach betreffen die Formulierungshilfen das gemäß Art.23 Abs.1 GG erforderliche Zustimmungsgesetz zu dem Beschluss 2018/994 und eine Änderung des Europawahlgesetzes. Hieraus wird kein Bezug zwischen der Ratifikation des Beschlusses bzw. der Änderung des innerstaatlichen Rechts zur Position der Beklagten im Verhältnis zu Verhandlungspartnern nachvollziehbar.

Erst recht fehlt bei dem Vortrag der Beklagten zu Verhandlungen im Europäischen Parlament über eine weitere Reform des Europawahlrechts eine Darlegung eines Zusammenhangs mit dem Inhalt der Formulierungshilfen. Schon wegen des Zeitablaufs bedürfte es einer Erklärung, warum die Formulierungshilfen, die in Bezug auf den Beschluss 2018/994 im Jahr 2018 erstellt wurden, für die Verhandlungsposition bei den aktuellen Reformbemühungen von Belang sind. Dies ist im Übrigen fernliegend, weil die derzeitigen Reformen einen neuen Rechtsakt betreffen. Aus dem von der Beklagten angeführten Entwurf eines Berichts über die Reform des Wahlrechts der Europäischen Union (2020/2220 [INL]) ergibt sich, dass eine Reform angestrebt wird, die vom Inkrafttreten des Beschlusses 2018/994 unabhängig ist. In der Erwägung J heißt es, der Abschluss des Ratifizierungsverfahrens für den Beschluss 2018/994 stehe noch aus, was aber die notwendigen Änderungen der Wahlsysteme der Union nicht aufhalten könne.

Zudem fehlt es an der Darlegung der notwendigen Vertraulichkeit i.S.d. §3 Nr.3 Buchst. a IFG. Nach dem unwidersprochenen Vortrag des Klägers ist bekannt, dass die Einführung der Sperrklausel auf Initiative der Bundesregierung beschlossen worden ist. Dies ergibt sich auch aus dem als Anlage K 1 vorgelegten Zeitungsbericht. Danach hat ein Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion bestätigt, dass eine Sperrklausel von zwei Prozent angestrebt werde. Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass die Formulierungshilfen andere Informationen enthalten, die mit Rücksicht auf deutsche Interessen in Verhandlungen nicht bekannt werden dürften. Die Maßgaben für Änderungen des Europawahlrechts, denen die Bundesregierung aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts unterliegt (vgl. BVerfG, Urteil vom 26. Februar 2014 – 2 BvE 2/13 –, juris), sind ebenfalls offenkundig.

Schließlich ist auch eine Beeinträchtigung der Schutzbelange des §3 Nr.3 Buchst. a IFG nicht hinreichend dargelegt. Aus dem Vorbringen der Beklagten geht nicht hervor, dass das Bekanntwerden der Formulierungshilfen nachteilige Auswirkungen auf eine deutsche Verhandlungsposition entfalten kann. Mit ihrem Vortrag, eine Herausgabe könne die Position und Handlungsfähigkeit der Bundesregierung schwächen und dem erfolgreichen Abschluss des Dossiers schaden, beschreibt sie nur eine abstrakte Gefahr. Es fehlt eine konkrete Darlegung, welche Inhalte der Formulierungshilfen ursächlich für welche Beeinträchtigungen sein sollen.

  1. Die Beklagte kann die Versagung des begehrten Informationszugangs nicht auf §3 Nr.3 Buchst. b IFG stützen. Nach dieser Vorschrift besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn und solange die Beratungen von Behörden beeinträchtigt werden. Dem Schutz der Beratung unterfällt nur der eigentliche Vorgang der behördlichen Entscheidungsfindung als solcher. Ausgenommen sind das Beratungsergebnis und der Beratungsgegenstand. Der Begriff der Beratung erfasst die Vorgänge interner behördlicher Meinungsäußerung und Willensbildung, die sich inhaltlich auf die Entscheidungsfindung beziehen. Der Schutz gilt danach vor allem dem Beratungsprozess als solchem, also der Besprechung, Beratschlagung und Abwägung, mithin dem eigentlichen Vorgang des Überlegens. Zum demgegenüber nicht geschützten Beratungsgegenstand können insbesondere Sachinformationen oder gutachterliche Stellungnahmen im Vorfeld gehören, also die Tatsachengrundlagen und die Grundlagen der Willensbildung (BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2020 – BVerwG 10 C 25/19 –, juris Rn. 32 f.). Die bloße Übermittlung von Unterlagen zur Unterstützung der parlamentarischen Arbeit der Abgeordneten stellt keine Willensbildung und damit „Beratung“ i.S.d. Ausschlussgrunds dar (BVerwG, Urteil vom 30. März 2017 – BVerwG 7 C 19/15 –, juris Rn. 22).

Ausgehend hiervon sind die Formulierungshilfen auf der Grundlage des Beklagtenvortrags nicht dem Schutz des §3 Nr.3 Buchst. b IFG zuzuordnen. Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass die Formulierungshilfen einen Beratungsprozess abbilden oder hierauf Rückschlüsse zulassen. Sofern bis zur Erstellung der Formulierungshilfen Beratungen u.a. im BMI und mit den Fraktionen stattfanden, sind die Formulierungshilfen nur das Ergebnis von Beratungen. Es ist nicht vorgetragen, dass die Formulierungshilfen Informationen über den Verlauf vorausgehender Beratungen enthalten oder ihn erkennen lassen. Für alle weiteren Beratungen, die nach Angaben der Beklagten nach Erstellung der Formulierungshilfen im Verhältnis mit Fraktionen oder anderen Stellen auf EU-, Bundes- oder Landesebene stattfanden und andauern, sind die Formulierungshilfen allenfalls Grundlage von Beratungen. Zur Wiedergabe eines Beratungsverlaufs hat die Beklagte nichts vorgetragen. Es liegt auch im Hinblick auf die zeitliche Abfolge fern, dass die Formulierungshilfen Informationen über den Verlauf der Willensbildung enthalten. Denn die von der Beklagten angeführten Beratungen konnten erst nach Übersendung der Formulierungshilfen an die Regierungsfraktionen beginnen. Für die Einordnung kommt es auch nicht auf die zwischen den Beteiligten diskutierte Frage an, ob das Handbuch der Rechtsförmlichkeit Anwendung findet. Selbst wenn dies nicht der Fall ist, bilden die Formulierungshilfen allenfalls die Grundlage der Willensbildung in oder zwischen den Fraktionen und weiteren Stellen. Der Verweis auf den Kernbereich der Parlamentsautonomie kann die mangelnde Darlegung zum Beratungsverlauf nicht ersetzen.

Hiernach kann offenbleiben, ob der Ausschlussgrund ohnehin nur die Beratung innerhalb von und zwischen Behörden erfasst oder – über den Wortlaut hinaus – auch auf die Beratungen zwischen der Exekutive und Legislative zu erstrecken ist (vgl. OVG Münster, Urteil vom 15. Januar 2014 – 8 A 467/11 –, juris Rn. 86 m.w.N.).

Die Kostenentscheidung beruht auf §154 Abs.1 VwGO; der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §167 VwGO i.V.m. §§708 Nr.11, 711, 709 Satz2 der Zivilprozessordnung.

Entscheidungsgründe

Die Kammer kann über die Klage ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da sich die Beteiligten hiermit gemäß §101 Abs.2 VwGO einverstanden erklärt haben.

Die zulässige Verpflichtungsklage ist begründet. Der Bescheid des BMI vom 15. November 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 21. Februar 2019 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten; er hat Anspruch auf Zugang zu den Formulierungshilfen (§113 Abs.5 Satz1 VwGO).

  1. Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers ist §1 Abs.1 Satz1 des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG). Nach dieser Vorschrift hat jeder nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift sind erfüllt. Der Kläger ist als natürliche Person „jeder“ und damit anspruchsberechtigt. Er begehrt Zugang zu amtlichen Informationen i.S.d. §2 Nr.1 Satz1 IFG. Das BMI ist als Behörde des Bundes grundsätzlich anspruchsverpflichtet.

Behörde i.S.d. §1 Abs.1 Satz1 IFG ist jede Stelle, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt. Dabei meint der Begriff der Verwaltung i.S.d. Informationsfreiheitsgesetzes jegliche vollziehende Gewalt, die weder der Gesetzgebung noch der Rechtsprechung zuzurechnen ist. Die gesetzesvorbereitende Tätigkeit als Teil des Regierungshandelns eines Bundesministeriums ist hiervon nicht ausgenommen (vgl. BVerwG, Urteile vom 3. November 2011 – BVerwG 7 C 3/11 – und – BVerwG 7 C 4/11 –, jeweils juris Rn. 10 ff. im Anschluss an die amtliche Begründung BT-Drs. 15/4493, S.7). Damit bleibt die Vorbereitung von Normen durch Stellen i.S.d. §1 Abs.1 Satz1 IFG Verwaltungstätigkeit im materiellen Sinne (vgl. Urteil der Kammer vom 17. März 2016 – VG 2 K 1/15 –, juris Rn. 14 m.w.N.). Solche Verwaltungsaufgaben in Gestalt einer gesetzesvorbereitenden Tätigkeit hat das BMI hier wahrgenommen. Es hat Unterstützungsleistungen zur Vorbereitung einer Gesetzgebungsinitiative der damaligen Regierungsfraktionen erbracht.

Der Einwand der Beklagten, die Abstimmung des Wortlauts einer Gesetzesinitiative sei keine bloß administrative Tätigkeit der Verwaltung und keine vorgelagerte Unterstützungsleistung, steht im Widerspruch zu ihrem Vorbringen, bei den Formulierungshilfen handele es sich um vorbereitende Arbeiten auf Bitten der damaligen Regierungsfraktionen. Zudem verkennt die Beklagte bei ihrer Argumentation den genannten Behördenbegriff. Auf die Wertigkeit des Handelns des BMI und dessen Einfluss auf eine mögliche Gesetzesvorlage kommt es nicht an.

  1. Das BMI ist zur Verfügung über die Formulierungshilfen berechtigt. Nach der als Zuständigkeitsbestimmung ausgestalteten Vorschrift des §7 Abs.1 Satz1 IFG entscheidet über den Antrag auf Informationszugang die Behörde, die zur Verfügung über die begehrten Informationen berechtigt ist. Verfügungsberechtigt über eine Information ist grundsätzlich deren Urheber (BVerwG, Urteil vom 3. November 2011 – BVerwG 7 C 4/11 –, juris Rn. 28; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 21. August 2014 – OVG 12 N 73/13 –, juris Rn. 7). Das BMI ist Urheber der Formulierungshilfen.

Der hiergegen erhobene Einwand der Beklagten, das BMI habe die Formulierungshilfen auf Bitten der damaligen Regierungsfraktionen erstellt und an diese zur weiteren Verwendung überlassen, verfängt nicht. Der Urheber der Information verliert seine Verfügungsberechtigung nicht ohne Weiteres, wenn er die Information an einen Empfänger weitergibt und dieser ein eigenes Verfügungsrecht erhält (vgl. BVerwG, a.a.O.). Die Beklagte hält diese Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zur Stellungnahme des Bundesjustizministeriums gegenüber dem Petitionsausschuss für nicht einschlägig; die gegenüber dem Petitionsausschuss abgegebene Stellungnahme sei eine auf eigener Entscheidungsbildung und im eigenen Namen abgegebene Äußerung der Bundesregierung gegenüber Dritten, während die hier zu beurteilenden Formulierungshilfen eine Hilfeleistung zu einer Äußerung Dritter, nämlich der Fraktionen, seien. Das überzeugt nicht. Die inhaltliche Unterscheidung ändert nichts daran, dass das BMI Urheber der Information ist, selbst wenn diese als Hilfeleistung und nicht als eigene Äußerung qualifiziert wird. Die andauernde Verfügungsberechtigung des BMI wird nicht dadurch beschränkt, dass die Fraktionen die Formulierungshilfen erbeten haben, sie inhaltliche Vorgaben gemacht haben und sie über die übersandten Formulierungshilfen frei verfügen dürfen.

Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, das BMI habe gewissermaßen Amtshilfe für die allein gesetzesinitiativberechtigten und verfügungsberechtigten Fraktionen geleistet. Hierfür bedarf es keiner Entscheidung, ob die Verfügungsberechtigung ausnahmsweise fehlt, wenn der Urheber der Information der die Information anfordernden Stelle lediglich eine eher formelle Unterstützung leistet, indem er etwa seine personellen und sächlichen Mittel zur Materialsammlung zur Verfügung stellt (vgl. BVerwG, a.a.O). Um eine solche Hilfeleistung ohne eigene Zuständigkeit des Urhebers geht es hier nicht. Das BMI hat durch die Erarbeitung der Formulierungshilfen eine eigene, ihm obliegende Aufgabe wahrgenommen. Die gesetzesvorbereitende Unterstützung des Parlaments durch die Bundesministerien ist übliche Praxis. Denn der Deutsche Bundestag verfügt – abgesehen von den Arbeitsgruppen der Fraktionen und seinen Wissenschaftlichen Diensten – über keinen parlamentarischen Gesetzgebungsdienst. Die hieraus den Bundesministerien erwachsende Aufgabe ist staatsrechtlich anerkannt. Dies gilt nicht nur für die Vorbereitung einer Gesetzesvorlage der Bundesregierung und die Vorbereitung zur Einbringung einer „verkappten Regierungsinitiative“ aus der Mitte des Bundestages. Die Ministerialverwaltung erfüllt eine ihr obliegende Aufgabe auch dann, wenn Fraktionen – wie hier die damaligen Regierungsfraktionen – von sich aus Formulierungshilfen von Seiten des Bundesministeriums für eine mögliche Gesetzesinitiative aus der Mitte des Bundestages erbitten (vgl. Ossenbühl, HStR V, 2007, §102 Rn. 12 ff., 25 f.; Brüning, Bonner Kommentar, 180. Akt. 2016, Art.76 Rn. 127 f., 147 ff.; Masing/Risse, in: von Mangoldt/Klein/Stark, GG, 7. Aufl. 2018, Art.76 Rn. 48). Die Einordnung als Regierungsaufgabe verdeutlicht zudem §56 Abs.3 Satz1 der Gemeinsamen Geschäftsordnung der Bundesministerien. Diese Bestimmung verlangt für die Mitwirkung der Angehörigen der Bundesministerien bei der sachlichen oder rechtsförmlichen Vorbereitung einer Gesetzesvorlage des Deutschen Bundestages eine Genehmigung des zuständigen Bundesministers. Das Genehmigungserfordernis setzt eine grundsätzliche Zuständigkeit der Bundesministerien voraus, auf Bitten von Fraktionen unterstützende Dienste zu erbringen, um eine Gesetzesinitiative aus der Mitte des Bundestages vorzubereiten.

Die Parlamentsautonomie sowie das Gesetzesinitiativrecht des Deutschen Bundestages und der Fraktionen (Art.76 Abs.1 GG, §76 Abs.1 der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages) stehen der Verfügungsberechtigung des BMI nicht entgegen. Die Rechte des Deutschen Bundestages, der in dem spezifischen Bereich der Wahrnehmung parlamentarischer Angelegenheiten vom Informationszugang ausgenommen ist (BT-Drs. 15/4493, S.8), bleiben unberührt. Der Informationszugang gegenüber dem BMI ist entgegen der Ansicht der Beklagten keine Umgehung, sondern Folge der gesetzlichen Regelung. Einer Behörde als Urheberin einer Information, die sich weiterhin in ihrem Aktenbestand befindet, ist eine Berufung auf die abweichende informationsfreiheitsrechtliche Rechtsposition anderer Personen und Institutionen verwehrt (vgl. BVerwG, Urteil vom 30. März 2017 – BVerwG 7 C 19/15 –, juris Rn. 22). Das BMI kann den eingeschränkten Anwendungsbereich gemäß §1 Abs.1 Satz2 IFG nicht zu seinen Gunsten anführen, da es Behörde des Bundes i.S.d. §1 Abs.1 Satz1 IFG ist.

  1. Die geltend gemachten Ausschlussgründe stehen dem Informationszugang nicht entgegen. Der Anspruch ist nicht gemäß §3 Nr.3 Buchst. a IFG ausgeschlossen. Danach besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn und solange die notwendige Vertraulichkeit internationaler Verhandlungen beeinträchtigt wird. Geschützt werden soll die Position der Bundesrepublik mit dem Ziel, dass diese ihre Interessen und Ziele möglichst effektiv vertreten kann. Der bezweckte Schutz der gesamten Verhandlungsposition rechtfertigt es, ein Zurückhalten von Informationen auf Dauer als geschützt anzusehen. Der Schutz bezieht sich über den eigentlichen Vorgang der Entscheidungsfindung hinaus gerade darauf, wie die Bundesrepublik in internationale Verhandlungen hineingeht, also auch auf das Vorbereiten der Verhandlungsstrategie (vgl. Urteile der Kammer vom 7. Mai 2015 – VG 2 K 247/12 –, juris Rn. 24 f. und vom 20. Mai 2020 – VG 2 K 164/17 –, juris Rn. 33 f.; Schoch, IFG, 2. Aufl. 2016, §3 Rn. 168). Die Beklagte hat nicht nachvollziehbar dargelegt, dass §3 Nr.3 Buchst. a IFG der Offenlegung der Formulierungshilfen entgegensteht.

Ohne Erfolg macht die Beklagte geltend, das europäische Gesetzgebungsverfahren bezüglich des Beschlusses 2018/994 sei noch nicht abgeschlossen. Auf der Grundlage ihres Vorbringens ist bereits die Voraussetzung „internationaler Verhandlungen“ i.S.d. §3 Nr.3 Buchst. a IFG nicht erfüllt. Das Gesetzgebungsverfahren im Europäischen Parlament und im Rat der EU über den Erlass des Beschlusses 2018/994 ist beendet. Die geltend gemachten Abfragen auf EU-Ebene zum Stand der Zustimmungen belegen keine internationale Verhandlungssituation. Hier geht es um die Mitteilung der innerstaatlichen Ratifikation gegenüber dem Generalsekretariat des Rates gemäß Art.2 Abs.1 Satz2 des Beschlusses 2018/994, die für dessen Inkrafttreten gemäß Art.223 Abs.1 UA 2 Satz2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union und Art.2 Abs.2 des Beschlusses 2018/994 erforderlich ist. Für sich genommen sind solche Abfragen und Mitteilungen keine Verhandlungen. Sie erschöpfen sich in der Kommunikation des Ratifikationsstands, ohne dass hierbei Interessen vertreten und kontroverse Standpunkte ausgetauscht werden könnten. Es ist auch nicht dargelegt, dass die Abfragen und Mitteilungen von internationalen Verhandlungen begleitet sind.

Soweit die Beklagte Verhandlungen im Kontext der Ratifizierung des Beschlusses 2018/994 nennt, fehlt ein Bezug zum Inhalt der Formulierungshilfen. Die Beklagte nennt nur die Verhandlungspartner und den Gegenstand der Verhandlungen, indem sie auf Verhandlungen bezüglich der Zustimmung der gesetzgebenden Körperschaften zwischen den Fraktionen des Deutschen Bundestages und Mitgliedern des Europäischen Parlaments aus der Bundesrepublik Deutschland sowie mit den Regierungen anderer Mitgliedstaaten verweist. Es ist bezüglich keiner der genannten Verhandlungen dargelegt, dass die Formulierungshilfen eine Verhandlungsposition oder -strategie der Beklagten enthalten oder hierauf Rückschlüsse zuließen. Dies geht auch aus dem weiteren Vorbringen der Beklagten nicht hervor. Hiernach betreffen die Formulierungshilfen das gemäß Art.23 Abs.1 GG erforderliche Zustimmungsgesetz zu dem Beschluss 2018/994 und eine Änderung des Europawahlgesetzes. Hieraus wird kein Bezug zwischen der Ratifikation des Beschlusses bzw. der Änderung des innerstaatlichen Rechts zur Position der Beklagten im Verhältnis zu Verhandlungspartnern nachvollziehbar.

Erst recht fehlt bei dem Vortrag der Beklagten zu Verhandlungen im Europäischen Parlament über eine weitere Reform des Europawahlrechts eine Darlegung eines Zusammenhangs mit dem Inhalt der Formulierungshilfen. Schon wegen des Zeitablaufs bedürfte es einer Erklärung, warum die Formulierungshilfen, die in Bezug auf den Beschluss 2018/994 im Jahr 2018 erstellt wurden, für die Verhandlungsposition bei den aktuellen Reformbemühungen von Belang sind. Dies ist im Übrigen fernliegend, weil die derzeitigen Reformen einen neuen Rechtsakt betreffen. Aus dem von der Beklagten angeführten Entwurf eines Berichts über die Reform des Wahlrechts der Europäischen Union (2020/2220 [INL]) ergibt sich, dass eine Reform angestrebt wird, die vom Inkrafttreten des Beschlusses 2018/994 unabhängig ist. In der Erwägung J heißt es, der Abschluss des Ratifizierungsverfahrens für den Beschluss 2018/994 stehe noch aus, was aber die notwendigen Änderungen der Wahlsysteme der Union nicht aufhalten könne.

Zudem fehlt es an der Darlegung der notwendigen Vertraulichkeit i.S.d. §3 Nr.3 Buchst. a IFG. Nach dem unwidersprochenen Vortrag des Klägers ist bekannt, dass die Einführung der Sperrklausel auf Initiative der Bundesregierung beschlossen worden ist. Dies ergibt sich auch aus dem als Anlage K 1 vorgelegten Zeitungsbericht. Danach hat ein Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion bestätigt, dass eine Sperrklausel von zwei Prozent angestrebt werde. Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass die Formulierungshilfen andere Informationen enthalten, die mit Rücksicht auf deutsche Interessen in Verhandlungen nicht bekannt werden dürften. Die Maßgaben für Änderungen des Europawahlrechts, denen die Bundesregierung aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts unterliegt (vgl. BVerfG, Urteil vom 26. Februar 2014 – 2 BvE 2/13 –, juris), sind ebenfalls offenkundig.

Schließlich ist auch eine Beeinträchtigung der Schutzbelange des §3 Nr.3 Buchst. a IFG nicht hinreichend dargelegt. Aus dem Vorbringen der Beklagten geht nicht hervor, dass das Bekanntwerden der Formulierungshilfen nachteilige Auswirkungen auf eine deutsche Verhandlungsposition entfalten kann. Mit ihrem Vortrag, eine Herausgabe könne die Position und Handlungsfähigkeit der Bundesregierung schwächen und dem erfolgreichen Abschluss des Dossiers schaden, beschreibt sie nur eine abstrakte Gefahr. Es fehlt eine konkrete Darlegung, welche Inhalte der Formulierungshilfen ursächlich für welche Beeinträchtigungen sein sollen.

  1. Die Beklagte kann die Versagung des begehrten Informationszugangs nicht auf §3 Nr.3 Buchst. b IFG stützen. Nach dieser Vorschrift besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn und solange die Beratungen von Behörden beeinträchtigt werden. Dem Schutz der Beratung unterfällt nur der eigentliche Vorgang der behördlichen Entscheidungsfindung als solcher. Ausgenommen sind das Beratungsergebnis und der Beratungsgegenstand. Der Begriff der Beratung erfasst die Vorgänge interner behördlicher Meinungsäußerung und Willensbildung, die sich inhaltlich auf die Entscheidungsfindung beziehen. Der Schutz gilt danach vor allem dem Beratungsprozess als solchem, also der Besprechung, Beratschlagung und Abwägung, mithin dem eigentlichen Vorgang des Überlegens. Zum demgegenüber nicht geschützten Beratungsgegenstand können insbesondere Sachinformationen oder gutachterliche Stellungnahmen im Vorfeld gehören, also die Tatsachengrundlagen und die Grundlagen der Willensbildung (BVerwG, Urteil vom 15. Dezember 2020 – BVerwG 10 C 25/19 –, juris Rn. 32 f.). Die bloße Übermittlung von Unterlagen zur Unterstützung der parlamentarischen Arbeit der Abgeordneten stellt keine Willensbildung und damit „Beratung“ i.S.d. Ausschlussgrunds dar (BVerwG, Urteil vom 30. März 2017 – BVerwG 7 C 19/15 –, juris Rn. 22).

Ausgehend hiervon sind die Formulierungshilfen auf der Grundlage des Beklagtenvortrags nicht dem Schutz des §3 Nr.3 Buchst. b IFG zuzuordnen. Die Beklagte hat nicht dargelegt, dass die Formulierungshilfen einen Beratungsprozess abbilden oder hierauf Rückschlüsse zulassen. Sofern bis zur Erstellung der Formulierungshilfen Beratungen u.a. im BMI und mit den Fraktionen stattfanden, sind die Formulierungshilfen nur das Ergebnis von Beratungen. Es ist nicht vorgetragen, dass die Formulierungshilfen Informationen über den Verlauf vorausgehender Beratungen enthalten oder ihn erkennen lassen. Für alle weiteren Beratungen, die nach Angaben der Beklagten nach Erstellung der Formulierungshilfen im Verhältnis mit Fraktionen oder anderen Stellen auf EU-, Bundes- oder Landesebene stattfanden und andauern, sind die Formulierungshilfen allenfalls Grundlage von Beratungen. Zur Wiedergabe eines Beratungsverlaufs hat die Beklagte nichts vorgetragen. Es liegt auch im Hinblick auf die zeitliche Abfolge fern, dass die Formulierungshilfen Informationen über den Verlauf der Willensbildung enthalten. Denn die von der Beklagten angeführten Beratungen konnten erst nach Übersendung der Formulierungshilfen an die Regierungsfraktionen beginnen. Für die Einordnung kommt es auch nicht auf die zwischen den Beteiligten diskutierte Frage an, ob das Handbuch der Rechtsförmlichkeit Anwendung findet. Selbst wenn dies nicht der Fall ist, bilden die Formulierungshilfen allenfalls die Grundlage der Willensbildung in oder zwischen den Fraktionen und weiteren Stellen. Der Verweis auf den Kernbereich der Parlamentsautonomie kann die mangelnde Darlegung zum Beratungsverlauf nicht ersetzen.

Hiernach kann offenbleiben, ob der Ausschlussgrund ohnehin nur die Beratung innerhalb von und zwischen Behörden erfasst oder – über den Wortlaut hinaus – auch auf die Beratungen zwischen der Exekutive und Legislative zu erstrecken ist (vgl. OVG Münster, Urteil vom 15. Januar 2014 – 8 A 467/11 –, juris Rn. 86 m.w.N.).

Die Kostenentscheidung beruht auf §154 Abs.1 VwGO; der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §167 VwGO i.V.m. §§708 Nr.11, 711, 709 Satz2 der Zivilprozessordnung.