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Aktenzeichen
2 K 178.19
ECLI
ECLI:DE:VGBE:2019:1219.2K178.19.00
Datum
19. Dezember 2019
Gericht
Verwaltungsgericht Berlin
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Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Kläger begehrt Zugang zum Organisationsplan und zum Aktenplan des Beklagten, einem privatrechtlich organisierten Verein mit Sitz in Berlin.

Mit Schreiben vom 17. Dezember 2017 bat der Kläger den Beklagten unter Bezugnahme auf das Informationsfreiheitsgesetz, ihm dessen Organisationsplan sowie dessen Aktenplan zugänglich zu machen. Mit E-Mail vom 20. Dezember 2017 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass er nicht dem Informationsfreiheitsgesetz unterfalle. Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 15. Januar 2018 „Widerspruch“ ein und führte zur Begründung aus: Dem Beklagten seien öffentlich-rechtliche Aufgaben übertragen worden, weil dieser als Schiedsstelle zur außergerichtlichen Beilegung von Streitigkeiten zwischen Versicherungsvermittlern oder Versicherungsberatern und Versicherungsnehmern tätig werde. Damit unterfalle der Beklagte dem funktionellen Behördenbegriff.

Mit seiner am 23. April 2018 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter und trägt ergänzend vor: Wegen seiner Aufgaben als Schiedsstelle müsse man den Beklagten als Beliehenen ansehen. Hinzu komme, dass der Beklagte bis zu einem Beschwerdewert von 10.000 Euro Versicherungsunternehmen zur Leistung verpflichten könne. Auch die Außendarstellung des Beklagten erinnere an eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Der Beklagte sei dem materiellen Behördenbegriff zu unterstellen, auch wenn es sich um eine „atypische Behörde“ oder „Behörde sui generis“ handele. Denn er kümmere sich im staatlichen Auftrag um Gemeinwohlbelange und sei als juristische Person des Privatrechts quasi im „staatlichen Bereich“ tätig. Da er bundesweit agiere, sei das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes einschlägig. Sollte aus dem Informationsfreiheitsgesetz kein Anspruch auf Informationszugang folgen, so könnte ein solcher aus dem zivilrechtlichen Rechtsgedanken von „Treu und Glauben“ folgen.

Der Kläger beantragt schriftsätzlich,

den Beklagten zu verpflichten, ihm Informationszugang zu seinem Organisationsplan sowie seinem Aktenplan zu gewähren.

Der Beklagte beantragt schriftsätzlich,

die Klage abzuweisen.

Er trägt ergänzend vor: Bei ihm handele es sich um eine private Verbraucherschlichtungsstelle; daher sei das Informationsfreiheitsgesetz auf ihn nicht anwendbar. Bei seiner Tätigkeit handele es sich auch nicht um die Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben, weil die gesamte Streitschlichtungstätigkeit auf dem Grundsatz der Freiwilligkeit basiere. Er sei auch keine juristische Person des Privatrechts, derer sich eine Behörde zur Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben bediene. In Betracht käme insoweit allenfalls das Bundesamt für Justiz, das seinerseits jedoch keine Aufgaben der Streitschlichtung wahrnehme. Im Übrigen wäre dann auch die Behörde, die sich der Privatperson zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben bediene, in Anspruch zu nehmen. Ein Beleihungsakt existiere für ihn nicht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Streitakte verwiesen, diese hat vorgelegen und ist Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.

Über die Klage kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren gemäß §101 Abs.2 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – einverstanden erklärt haben.

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.

I. Der Verwaltungsrechtsweg ist eröffnet. Dieser ist gemäß §40 Abs.1 VwGO in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben. Darum handelt es sich hier. Die vorliegende Streitigkeit ist nicht privatrechtlicher Natur und unterliegt nicht der Kontrolle der ordentlichen Gerichte gemäß §13 GVG.

Für die Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs ist es ausreichend, dass die Regelungen, auf die der Kläger seinen Anspruch stützt, dem öffentlichen Recht zuzuordnen sind. Dies ist hier der Fall. Der Kläger stützt sein Auskunftsbegehren auf §1 Abs.1 des Informationsfreiheitsgesetzes – IFG –. Diese Norm gehört dem öffentlichen Recht an. Sie begründet alleine eine einseitige Verpflichtung von Trägern staatlicher Gewalt (vgl. dazu OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14. Oktober 2016 – OVG 12 L 65.16 – juris).

II. Der Kläger hat indes keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Zugang zu den von ihm begehrten Unterlagen.

  1. Ein Anspruch folgt nicht aus §1 Abs.1 Satz1 IFG. Hiernach hat jeder nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. Der Beklagte ist keine Behörde des Bundes.

a) Eine Behörde ist jede Stelle im Sinne einer eigenständigen Organisationseinheit, die öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnimmt. Dies wiederum bestimmt sich nach materiellen Kriterien; auf den Anwendungsbereich des Verwaltungsverfahrensgesetzes kommt es ebenso wenig an wie auf eine rechtliche Außenwirkung des Handelns (BVerwG, Urteil vom 15. November 2012 – BVerwG 7 C 1.12 – juris Rn. 22).

Natürliche oder juristische Personen des Privatrechts, die beliehen sind, erfüllen als solche den funktionellen Behördenbegriff und sind daher nach §1 Abs.1 S.1 IFG ebenfalls anspruchsverpflichtet (Schoch, IFG, 2. Aufl. 2016, §1 Rn. 126). Eine Beleihung setzt voraus, dass die natürliche oder juristische Person des Privatrechts durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes mit der hoheitlichen Wahrnehmung bestimmter Verwaltungsaufgaben im eigenen Namen betraut wird; die bloße Übertragung von Aufgaben ohne Übertragung hoheitlicher Befugnisse stellt keine Beleihung dar (Schliesky, in: Knack/Henneke, Verwaltungsverfahrensgesetz, 11. Aufl. 2020, §1 Rn. 99; Schönenbroicher, in: Mann/Sennekamp/Uechtritz, Verwaltungsverfahrensgesetz, 2. Aufl. 2019, §1 Rn. 63). Wesentlich für die Beleihung ist, ob dem Privatrechtssubjekt einzelne öffentlich-rechtliche Befugnisse übertragen werden. Die Auferlegung einer Rechtspflicht an einen Privaten (Indienstnahme) bedeutet nicht zugleich, dass diesem Privaten auch hoheitliche Befugnisse übertragen sind (Schönenbroicher, in: Mann/Sennekamp/Uechtritz, Verwaltungsverfahrensgesetz, 2. Aufl. 2019, §1 Rn. 67; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1970 – VII C 10.70 – BVerwGE 35, 334 = juris Rn. 16)

Gemessen hieran ist der privatrechtlich organisierte Beklagte nicht Beliehener. Eine ausdrückliche Beleihung durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes lässt sich nicht erkennen. §214 des Versicherungsvertragsgesetzes in der Fassung vom 19. Februar 2016 (BGBl. I S.254) – VVG – spricht ausdrücklich keine Beleihung der Schlichtungsstellen mit hoheitlichen Verwaltungskompetenzen aus. Nach §214 Abs.1 Satz1 VVG, der der Umsetzung der Richtlinie 2013/11/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2013 über die alternative Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr.2006/2004 und der Richtlinie 2009/22/EG (Richtlinie über alternative Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten) dient (s. Art.15 des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie über alternative Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten und zur Durchführung der Verordnung über Online-Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten), kann das Bundesamt für Justiz privatrechtlich organisierte Einrichtungen als Schlichtungsstellen zur außergerichtlichen Beilegung von Streitigkeiten (Nr.1) bei Versicherungsverträgen mit Verbrauchern im Sinne des §13 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie (Nr.2) zwischen Versicherungsvermittlern oder Versicherungsberatern und Versicherungsnehmern im Zusammenhang mit der Vermittlung von Versicherungsverträgen anerkennen.

Auch im Wege der Auslegung des §214 VVG lässt sich nicht auf eine gesetzliche Zuweisung von Hoheitsrechten schließen. Zwar findet ein staatliches Anerkennungsverfahren statt, das aber nicht mit einer Beleihung gleichzusetzen ist. Auch aus der Tatsache, dass der Beklagte nach §214 Abs.3 VVG verpflichtet ist, jede Beschwerde über einen Versicherer oder einen Versicherungsvermittler, Vermittler nach §66 VVG und Versicherungsberater zu beantworten, folgt nichts anderes. Weder mit der Anerkennung als Schlichtungsstelle noch mit der Aufgabenwahrnehmung u.a. nach Maßgabe des §214 Abs.3 VVG werden dem Beklagten zugleich hoheitlichen Befugnisse übertragen (vgl. insoweit Danner/Theobald/Ahnis, 101. EL Mai 2019, §111b EnWG Rn. 56 f. zur zentralen Schlichtungsstellen nach dem Energiewirtschaftsgesetz). Das staatliche Interesse an einer bestimmten Betätigung privater Personen oder Unternehmen macht diese Betätigung noch nicht zu einer staatlichen. Auch kann aus dem staatlichen Anerkennungsakt für eine Schlichtungsstelle noch nicht die Beleihung mit hoheitlicher Gewalt gefolgert werden (vgl. zu Pferdezüchtervereinigungen BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 1980 – BVerwG 3 C 130.79 – BVerwGE 61, 222 <224 f.> = BeckRS 1980, 30426312 m.w.N.).

Soweit der Ombudsmann in der Lage ist, die Versicherungsunternehmen bis zu einem Beschwerdewert von 10.000 Euro zur Leistung zu verpflichten, folgt auch dies nicht aus der Übertragung von staatlichen Hoheitsrechten. Vielmehr beruht diese Kompetenz auf einer privatrechtlichen Selbstverpflichtung der Versicherungsunternehmen. Diese verpflichten sich durch den Beitritt zum Beklagten, am Schlichtungsverfahren teilzunehmen, erkennen die Verfahrensordnung des Versicherungsombudsmanns (VomVO) als verbindlich an (§5 Absatz1 der Vereinssatzung) und unterwerfen sich den Entscheidungen des Ombudsmanns bis zu einem Beschwerdewert von 10.000 Euro (§5 Abs.2 der Vereinssatzung in Verbindung mit §10 Abs.3 Satz2 und §11 Abs.1 Satz1 VomVO).

Entsprechendes gilt auch für die Behandlung von Beschwerden über Versicherungsvermittler oder -berater durch den Beklagten. Ungeachtet dessen, dass diese Aufgabenwahrnehmung ursprünglich auf der bis 2018 geltenden EU-Vermittlerrichtlinie (Artikel10 der Richtlinie 2002/92/EG) – aufgehoben durch Art.44 der Richtlinie (EU) 2016/97 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Januar 2016 über Versicherungsvertrieb – sowie deren ursprünglicher nationaler Umsetzung durch das Gesetz zur Neuregelung des Vermittlerrechts vom 19. Dezember 2006 (BGBl. I S.3232) beruht, der Beklagte hier nach eigener Aussage aufgrund gesetzlicher Aufgabenzuweisung tätig wird (Jahresbericht 2016 des Beklagten, S.13, 76 f. und 97 f.) und die Vermittler nach §17 Abs.4 der Verordnung über die Versicherungsvermittlung und -beratung – VersVermV – zur Teilnahme am Schlichtungsverfahren verpflichtet sind, nimmt der Beklagte auch insoweit keine hoheitlichen Aufgaben wahr. Denn nach der Verfahrensordnung für Beschwerden im Zusammenhang mit der Vermittlung von Versicherungsverträgen (VermVO) im Sinne von §214 Absatz1 Nr.2 VVG (insbesondere §7) haben die Entscheidungen des Beklagten keinerlei Bindungswirkung.

Darüber hinaus deutet §29 Abs.3 Satz1 des Verbraucherstreitbelegungsgesetzes – VSBG – darauf hin, dass die bloße Aufgabenwahrnehmung als Schlichtungsstelle durch den Beklagten nicht automatisch mit dessen Beleihung einhergeht. Denn in Bezug auf die einzurichtenden Universalschlichtungsstellen unterscheidet §29 Abs.3 Satz1 Nr.2 und Nr.3 VSBG zwischen einer (ausdrücklichen) Beleihung und einer bloßen Beauftragung einer geeigneten anerkannten Verbraucherschlichtungsstelle mit der Aufgabe der Universalschlichtungsstelle (s. dazu Röthemeyer, in: Borowski/Röthemeyer/ Steike, Verbraucherstreitbeilegungsgesetz, 2016, §29 Rn. 14 f.).

b) Der Beklagte ist informationsrechtlich auch nicht mit einer Behörde gleichzusetzen. Nach §1 Abs.1 Satz3 IFG steht einer Behörde im Sinne dieser Vorschrift eine natürliche Person oder juristische Person des Privatrechts gleich, soweit eine Behörde sich dieser Person zur Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben bedient. Selbst wenn sich eine Behörde des Beklagten zur Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben bediente; wäre auskunftsverpflichtet und damit Anspruchsgegner in dieser Konstellation jedoch nur die Behörde selbst (VG Berlin, Urteil vom 30. August 2016 – 2 K 37.15 – juris Rn. 20; Schoch, IFG, 2. Aufl. 2016, §1 Rn. 234 ff. und §7 Rn 56 f.; vgl. auch OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 1. Oktober 2008 – OVG 12 B 49.07 – juris Rn. 19). Dies folgt aus systematischen Erwägungen mit Blick auf §7 Abs.1 Satz2 IFG. Danach ist der Antrag auf Informationszugang im Fall des §1 Abs.1 Satz3 IFG an die Behörde zu richten, die sich der natürlichen oder juristischen Person des Privatrechts zur Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben bedient. Die Vorschrift des §7 Abs.1 Satz2 IFG macht nur Sinn, wenn die Privatperson nicht selbst im Sinne des Informationsfreiheitsgesetzes auskunftsverpflichtet ist.

  1. Ein Anspruch folgt auch nicht aus §242 BGB. Zwar werden aus §242 BGB auch Auskunftsrechte abgeleitet (BGH, Urteile vom 5. Juni 1985 – I ZR 53/83 – NJW 1986, 1244 <1245> und vom 13. Juni 1985 – I ZR 35/83 – NJW 1986, 1247; vgl. auch MüKoBGB/Schubert, 8. Aufl. 2019, BGB §242 Rn. 55). Gleichwohl folgt aus der systematischen Stellung des §242 BGB, dass der Grundsatz von Treu und Glauben nur innerhalb von rechtlichen Sonderverbindungen gilt (BGH, Urteile vom 5. Juni 1985 – I ZR 53/83 – NJW 1986, 1244 <1245> und vom 13. Juni 1985 – I ZR 35/83 – NJW 1986, 1247). Auch wenn diese Voraussetzung weit auszulegen ist, wird die gesteigerte Pflichtbindung, die das Gebot von Treu und Glauben beinhaltet, nicht schlechthin jedermann gegenüber ausgelöst; erforderlich ist eine besondere Verbindung, sei es eine „speziell herausgehobene Interessenverknüpfung“, sei es ein „qualifizierter“ sozialer Kontakt (BeckOK BGB/Sutschet, 51. Ed. 1. August 2019, §242 BGB Rn. 14 m.w.N.). Eine derartige besondere Verbindung ist zwischen den Beteiligten hier nicht erkennbar. Vielmehr macht der Kläger ein ihm vermeintlich zustehendes Jedermannsrecht geltend.

Die Kostenentscheidung beruht auf §154 Abs.1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §167 VwGO i.V.m. §708 Nr.11, §711, §709 Satz2 ZPO.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird gemäß §§39 ff., 52 f. des Gerichtskostengesetzes auf 5.000,00 Euro festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger begehrt Zugang zum Organisationsplan und zum Aktenplan des Beklagten, einem privatrechtlich organisierten Verein mit Sitz in Berlin.

Mit Schreiben vom 17. Dezember 2017 bat der Kläger den Beklagten unter Bezugnahme auf das Informationsfreiheitsgesetz, ihm dessen Organisationsplan sowie dessen Aktenplan zugänglich zu machen. Mit E-Mail vom 20. Dezember 2017 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass er nicht dem Informationsfreiheitsgesetz unterfalle. Hiergegen legte der Kläger mit Schreiben vom 15. Januar 2018 „Widerspruch“ ein und führte zur Begründung aus: Dem Beklagten seien öffentlich-rechtliche Aufgaben übertragen worden, weil dieser als Schiedsstelle zur außergerichtlichen Beilegung von Streitigkeiten zwischen Versicherungsvermittlern oder Versicherungsberatern und Versicherungsnehmern tätig werde. Damit unterfalle der Beklagte dem funktionellen Behördenbegriff.

Mit seiner am 23. April 2018 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter und trägt ergänzend vor: Wegen seiner Aufgaben als Schiedsstelle müsse man den Beklagten als Beliehenen ansehen. Hinzu komme, dass der Beklagte bis zu einem Beschwerdewert von 10.000 Euro Versicherungsunternehmen zur Leistung verpflichten könne. Auch die Außendarstellung des Beklagten erinnere an eine Körperschaft des öffentlichen Rechts. Der Beklagte sei dem materiellen Behördenbegriff zu unterstellen, auch wenn es sich um eine „atypische Behörde“ oder „Behörde sui generis“ handele. Denn er kümmere sich im staatlichen Auftrag um Gemeinwohlbelange und sei als juristische Person des Privatrechts quasi im „staatlichen Bereich“ tätig. Da er bundesweit agiere, sei das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes einschlägig. Sollte aus dem Informationsfreiheitsgesetz kein Anspruch auf Informationszugang folgen, so könnte ein solcher aus dem zivilrechtlichen Rechtsgedanken von „Treu und Glauben“ folgen.

Der Kläger beantragt schriftsätzlich,

den Beklagten zu verpflichten, ihm Informationszugang zu seinem Organisationsplan sowie seinem Aktenplan zu gewähren.

Der Beklagte beantragt schriftsätzlich,

die Klage abzuweisen.

Er trägt ergänzend vor: Bei ihm handele es sich um eine private Verbraucherschlichtungsstelle; daher sei das Informationsfreiheitsgesetz auf ihn nicht anwendbar. Bei seiner Tätigkeit handele es sich auch nicht um die Wahrnehmung hoheitlicher Aufgaben, weil die gesamte Streitschlichtungstätigkeit auf dem Grundsatz der Freiwilligkeit basiere. Er sei auch keine juristische Person des Privatrechts, derer sich eine Behörde zur Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben bediene. In Betracht käme insoweit allenfalls das Bundesamt für Justiz, das seinerseits jedoch keine Aufgaben der Streitschlichtung wahrnehme. Im Übrigen wäre dann auch die Behörde, die sich der Privatperson zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben bediene, in Anspruch zu nehmen. Ein Beleihungsakt existiere für ihn nicht.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Beteiligtenvorbringens wird auf die Streitakte verwiesen, diese hat vorgelegen und ist Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen.

Über die Klage kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren gemäß §101 Abs.2 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – einverstanden erklärt haben.

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.

I. Der Verwaltungsrechtsweg ist eröffnet. Dieser ist gemäß §40 Abs.1 VwGO in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben. Darum handelt es sich hier. Die vorliegende Streitigkeit ist nicht privatrechtlicher Natur und unterliegt nicht der Kontrolle der ordentlichen Gerichte gemäß §13 GVG.

Für die Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs ist es ausreichend, dass die Regelungen, auf die der Kläger seinen Anspruch stützt, dem öffentlichen Recht zuzuordnen sind. Dies ist hier der Fall. Der Kläger stützt sein Auskunftsbegehren auf §1 Abs.1 des Informationsfreiheitsgesetzes – IFG –. Diese Norm gehört dem öffentlichen Recht an. Sie begründet alleine eine einseitige Verpflichtung von Trägern staatlicher Gewalt (vgl. dazu OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14. Oktober 2016 – OVG 12 L 65.16 – juris).

II. Der Kläger hat indes keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Zugang zu den von ihm begehrten Unterlagen.

  1. Ein Anspruch folgt nicht aus §1 Abs.1 Satz1 IFG. Hiernach hat jeder nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. Der Beklagte ist keine Behörde des Bundes.

a) Eine Behörde ist jede Stelle im Sinne einer eigenständigen Organisationseinheit, die öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnimmt. Dies wiederum bestimmt sich nach materiellen Kriterien; auf den Anwendungsbereich des Verwaltungsverfahrensgesetzes kommt es ebenso wenig an wie auf eine rechtliche Außenwirkung des Handelns (BVerwG, Urteil vom 15. November 2012 – BVerwG 7 C 1.12 – juris Rn. 22).

Natürliche oder juristische Personen des Privatrechts, die beliehen sind, erfüllen als solche den funktionellen Behördenbegriff und sind daher nach §1 Abs.1 S.1 IFG ebenfalls anspruchsverpflichtet (Schoch, IFG, 2. Aufl. 2016, §1 Rn. 126). Eine Beleihung setzt voraus, dass die natürliche oder juristische Person des Privatrechts durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes mit der hoheitlichen Wahrnehmung bestimmter Verwaltungsaufgaben im eigenen Namen betraut wird; die bloße Übertragung von Aufgaben ohne Übertragung hoheitlicher Befugnisse stellt keine Beleihung dar (Schliesky, in: Knack/Henneke, Verwaltungsverfahrensgesetz, 11. Aufl. 2020, §1 Rn. 99; Schönenbroicher, in: Mann/Sennekamp/Uechtritz, Verwaltungsverfahrensgesetz, 2. Aufl. 2019, §1 Rn. 63). Wesentlich für die Beleihung ist, ob dem Privatrechtssubjekt einzelne öffentlich-rechtliche Befugnisse übertragen werden. Die Auferlegung einer Rechtspflicht an einen Privaten (Indienstnahme) bedeutet nicht zugleich, dass diesem Privaten auch hoheitliche Befugnisse übertragen sind (Schönenbroicher, in: Mann/Sennekamp/Uechtritz, Verwaltungsverfahrensgesetz, 2. Aufl. 2019, §1 Rn. 67; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1970 – VII C 10.70 – BVerwGE 35, 334 = juris Rn. 16)

Gemessen hieran ist der privatrechtlich organisierte Beklagte nicht Beliehener. Eine ausdrückliche Beleihung durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes lässt sich nicht erkennen. §214 des Versicherungsvertragsgesetzes in der Fassung vom 19. Februar 2016 (BGBl. I S.254) – VVG – spricht ausdrücklich keine Beleihung der Schlichtungsstellen mit hoheitlichen Verwaltungskompetenzen aus. Nach §214 Abs.1 Satz1 VVG, der der Umsetzung der Richtlinie 2013/11/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2013 über die alternative Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr.2006/2004 und der Richtlinie 2009/22/EG (Richtlinie über alternative Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten) dient (s. Art.15 des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie über alternative Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten und zur Durchführung der Verordnung über Online-Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten), kann das Bundesamt für Justiz privatrechtlich organisierte Einrichtungen als Schlichtungsstellen zur außergerichtlichen Beilegung von Streitigkeiten (Nr.1) bei Versicherungsverträgen mit Verbrauchern im Sinne des §13 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie (Nr.2) zwischen Versicherungsvermittlern oder Versicherungsberatern und Versicherungsnehmern im Zusammenhang mit der Vermittlung von Versicherungsverträgen anerkennen.

Auch im Wege der Auslegung des §214 VVG lässt sich nicht auf eine gesetzliche Zuweisung von Hoheitsrechten schließen. Zwar findet ein staatliches Anerkennungsverfahren statt, das aber nicht mit einer Beleihung gleichzusetzen ist. Auch aus der Tatsache, dass der Beklagte nach §214 Abs.3 VVG verpflichtet ist, jede Beschwerde über einen Versicherer oder einen Versicherungsvermittler, Vermittler nach §66 VVG und Versicherungsberater zu beantworten, folgt nichts anderes. Weder mit der Anerkennung als Schlichtungsstelle noch mit der Aufgabenwahrnehmung u.a. nach Maßgabe des §214 Abs.3 VVG werden dem Beklagten zugleich hoheitlichen Befugnisse übertragen (vgl. insoweit Danner/Theobald/Ahnis, 101. EL Mai 2019, §111b EnWG Rn. 56 f. zur zentralen Schlichtungsstellen nach dem Energiewirtschaftsgesetz). Das staatliche Interesse an einer bestimmten Betätigung privater Personen oder Unternehmen macht diese Betätigung noch nicht zu einer staatlichen. Auch kann aus dem staatlichen Anerkennungsakt für eine Schlichtungsstelle noch nicht die Beleihung mit hoheitlicher Gewalt gefolgert werden (vgl. zu Pferdezüchtervereinigungen BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 1980 – BVerwG 3 C 130.79 – BVerwGE 61, 222 <224 f.> = BeckRS 1980, 30426312 m.w.N.).

Soweit der Ombudsmann in der Lage ist, die Versicherungsunternehmen bis zu einem Beschwerdewert von 10.000 Euro zur Leistung zu verpflichten, folgt auch dies nicht aus der Übertragung von staatlichen Hoheitsrechten. Vielmehr beruht diese Kompetenz auf einer privatrechtlichen Selbstverpflichtung der Versicherungsunternehmen. Diese verpflichten sich durch den Beitritt zum Beklagten, am Schlichtungsverfahren teilzunehmen, erkennen die Verfahrensordnung des Versicherungsombudsmanns (VomVO) als verbindlich an (§5 Absatz1 der Vereinssatzung) und unterwerfen sich den Entscheidungen des Ombudsmanns bis zu einem Beschwerdewert von 10.000 Euro (§5 Abs.2 der Vereinssatzung in Verbindung mit §10 Abs.3 Satz2 und §11 Abs.1 Satz1 VomVO).

Entsprechendes gilt auch für die Behandlung von Beschwerden über Versicherungsvermittler oder -berater durch den Beklagten. Ungeachtet dessen, dass diese Aufgabenwahrnehmung ursprünglich auf der bis 2018 geltenden EU-Vermittlerrichtlinie (Artikel10 der Richtlinie 2002/92/EG) – aufgehoben durch Art.44 der Richtlinie (EU) 2016/97 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Januar 2016 über Versicherungsvertrieb – sowie deren ursprünglicher nationaler Umsetzung durch das Gesetz zur Neuregelung des Vermittlerrechts vom 19. Dezember 2006 (BGBl. I S.3232) beruht, der Beklagte hier nach eigener Aussage aufgrund gesetzlicher Aufgabenzuweisung tätig wird (Jahresbericht 2016 des Beklagten, S.13, 76 f. und 97 f.) und die Vermittler nach §17 Abs.4 der Verordnung über die Versicherungsvermittlung und -beratung – VersVermV – zur Teilnahme am Schlichtungsverfahren verpflichtet sind, nimmt der Beklagte auch insoweit keine hoheitlichen Aufgaben wahr. Denn nach der Verfahrensordnung für Beschwerden im Zusammenhang mit der Vermittlung von Versicherungsverträgen (VermVO) im Sinne von §214 Absatz1 Nr.2 VVG (insbesondere §7) haben die Entscheidungen des Beklagten keinerlei Bindungswirkung.

Darüber hinaus deutet §29 Abs.3 Satz1 des Verbraucherstreitbelegungsgesetzes – VSBG – darauf hin, dass die bloße Aufgabenwahrnehmung als Schlichtungsstelle durch den Beklagten nicht automatisch mit dessen Beleihung einhergeht. Denn in Bezug auf die einzurichtenden Universalschlichtungsstellen unterscheidet §29 Abs.3 Satz1 Nr.2 und Nr.3 VSBG zwischen einer (ausdrücklichen) Beleihung und einer bloßen Beauftragung einer geeigneten anerkannten Verbraucherschlichtungsstelle mit der Aufgabe der Universalschlichtungsstelle (s. dazu Röthemeyer, in: Borowski/Röthemeyer/ Steike, Verbraucherstreitbeilegungsgesetz, 2016, §29 Rn. 14 f.).

b) Der Beklagte ist informationsrechtlich auch nicht mit einer Behörde gleichzusetzen. Nach §1 Abs.1 Satz3 IFG steht einer Behörde im Sinne dieser Vorschrift eine natürliche Person oder juristische Person des Privatrechts gleich, soweit eine Behörde sich dieser Person zur Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben bedient. Selbst wenn sich eine Behörde des Beklagten zur Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben bediente; wäre auskunftsverpflichtet und damit Anspruchsgegner in dieser Konstellation jedoch nur die Behörde selbst (VG Berlin, Urteil vom 30. August 2016 – 2 K 37.15 – juris Rn. 20; Schoch, IFG, 2. Aufl. 2016, §1 Rn. 234 ff. und §7 Rn 56 f.; vgl. auch OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 1. Oktober 2008 – OVG 12 B 49.07 – juris Rn. 19). Dies folgt aus systematischen Erwägungen mit Blick auf §7 Abs.1 Satz2 IFG. Danach ist der Antrag auf Informationszugang im Fall des §1 Abs.1 Satz3 IFG an die Behörde zu richten, die sich der natürlichen oder juristischen Person des Privatrechts zur Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben bedient. Die Vorschrift des §7 Abs.1 Satz2 IFG macht nur Sinn, wenn die Privatperson nicht selbst im Sinne des Informationsfreiheitsgesetzes auskunftsverpflichtet ist.

  1. Ein Anspruch folgt auch nicht aus §242 BGB. Zwar werden aus §242 BGB auch Auskunftsrechte abgeleitet (BGH, Urteile vom 5. Juni 1985 – I ZR 53/83 – NJW 1986, 1244 <1245> und vom 13. Juni 1985 – I ZR 35/83 – NJW 1986, 1247; vgl. auch MüKoBGB/Schubert, 8. Aufl. 2019, BGB §242 Rn. 55). Gleichwohl folgt aus der systematischen Stellung des §242 BGB, dass der Grundsatz von Treu und Glauben nur innerhalb von rechtlichen Sonderverbindungen gilt (BGH, Urteile vom 5. Juni 1985 – I ZR 53/83 – NJW 1986, 1244 <1245> und vom 13. Juni 1985 – I ZR 35/83 – NJW 1986, 1247). Auch wenn diese Voraussetzung weit auszulegen ist, wird die gesteigerte Pflichtbindung, die das Gebot von Treu und Glauben beinhaltet, nicht schlechthin jedermann gegenüber ausgelöst; erforderlich ist eine besondere Verbindung, sei es eine „speziell herausgehobene Interessenverknüpfung“, sei es ein „qualifizierter“ sozialer Kontakt (BeckOK BGB/Sutschet, 51. Ed. 1. August 2019, §242 BGB Rn. 14 m.w.N.). Eine derartige besondere Verbindung ist zwischen den Beteiligten hier nicht erkennbar. Vielmehr macht der Kläger ein ihm vermeintlich zustehendes Jedermannsrecht geltend.

Die Kostenentscheidung beruht auf §154 Abs.1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §167 VwGO i.V.m. §708 Nr.11, §711, §709 Satz2 ZPO.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird gemäß §§39 ff., 52 f. des Gerichtskostengesetzes auf 5.000,00 Euro festgesetzt.

Entscheidungsgründe

Über die Klage kann die Kammer ohne mündliche Verhandlung entscheiden, weil sich die Beteiligten mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren gemäß §101 Abs.2 Verwaltungsgerichtsordnung – VwGO – einverstanden erklärt haben.

Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.

I. Der Verwaltungsrechtsweg ist eröffnet. Dieser ist gemäß §40 Abs.1 VwGO in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art gegeben. Darum handelt es sich hier. Die vorliegende Streitigkeit ist nicht privatrechtlicher Natur und unterliegt nicht der Kontrolle der ordentlichen Gerichte gemäß §13 GVG.

Für die Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs ist es ausreichend, dass die Regelungen, auf die der Kläger seinen Anspruch stützt, dem öffentlichen Recht zuzuordnen sind. Dies ist hier der Fall. Der Kläger stützt sein Auskunftsbegehren auf §1 Abs.1 des Informationsfreiheitsgesetzes – IFG –. Diese Norm gehört dem öffentlichen Recht an. Sie begründet alleine eine einseitige Verpflichtung von Trägern staatlicher Gewalt (vgl. dazu OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 14. Oktober 2016 – OVG 12 L 65.16 – juris).

II. Der Kläger hat indes keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Zugang zu den von ihm begehrten Unterlagen.

  1. Ein Anspruch folgt nicht aus §1 Abs.1 Satz1 IFG. Hiernach hat jeder nach Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. Der Beklagte ist keine Behörde des Bundes.

a) Eine Behörde ist jede Stelle im Sinne einer eigenständigen Organisationseinheit, die öffentlich-rechtliche Verwaltungsaufgaben wahrnimmt. Dies wiederum bestimmt sich nach materiellen Kriterien; auf den Anwendungsbereich des Verwaltungsverfahrensgesetzes kommt es ebenso wenig an wie auf eine rechtliche Außenwirkung des Handelns (BVerwG, Urteil vom 15. November 2012 – BVerwG 7 C 1.12 – juris Rn. 22).

Natürliche oder juristische Personen des Privatrechts, die beliehen sind, erfüllen als solche den funktionellen Behördenbegriff und sind daher nach §1 Abs.1 S.1 IFG ebenfalls anspruchsverpflichtet (Schoch, IFG, 2. Aufl. 2016, §1 Rn. 126). Eine Beleihung setzt voraus, dass die natürliche oder juristische Person des Privatrechts durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes mit der hoheitlichen Wahrnehmung bestimmter Verwaltungsaufgaben im eigenen Namen betraut wird; die bloße Übertragung von Aufgaben ohne Übertragung hoheitlicher Befugnisse stellt keine Beleihung dar (Schliesky, in: Knack/Henneke, Verwaltungsverfahrensgesetz, 11. Aufl. 2020, §1 Rn. 99; Schönenbroicher, in: Mann/Sennekamp/Uechtritz, Verwaltungsverfahrensgesetz, 2. Aufl. 2019, §1 Rn. 63). Wesentlich für die Beleihung ist, ob dem Privatrechtssubjekt einzelne öffentlich-rechtliche Befugnisse übertragen werden. Die Auferlegung einer Rechtspflicht an einen Privaten (Indienstnahme) bedeutet nicht zugleich, dass diesem Privaten auch hoheitliche Befugnisse übertragen sind (Schönenbroicher, in: Mann/Sennekamp/Uechtritz, Verwaltungsverfahrensgesetz, 2. Aufl. 2019, §1 Rn. 67; vgl. auch BVerwG, Urteil vom 26. Juni 1970 – VII C 10.70 – BVerwGE 35, 334 = juris Rn. 16)

Gemessen hieran ist der privatrechtlich organisierte Beklagte nicht Beliehener. Eine ausdrückliche Beleihung durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes lässt sich nicht erkennen. §214 des Versicherungsvertragsgesetzes in der Fassung vom 19. Februar 2016 (BGBl. I S.254) – VVG – spricht ausdrücklich keine Beleihung der Schlichtungsstellen mit hoheitlichen Verwaltungskompetenzen aus. Nach §214 Abs.1 Satz1 VVG, der der Umsetzung der Richtlinie 2013/11/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 21. Mai 2013 über die alternative Beilegung verbraucherrechtlicher Streitigkeiten und zur Änderung der Verordnung (EG) Nr.2006/2004 und der Richtlinie 2009/22/EG (Richtlinie über alternative Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten) dient (s. Art.15 des Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie über alternative Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten und zur Durchführung der Verordnung über Online-Streitbeilegung in Verbraucherangelegenheiten), kann das Bundesamt für Justiz privatrechtlich organisierte Einrichtungen als Schlichtungsstellen zur außergerichtlichen Beilegung von Streitigkeiten (Nr.1) bei Versicherungsverträgen mit Verbrauchern im Sinne des §13 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie (Nr.2) zwischen Versicherungsvermittlern oder Versicherungsberatern und Versicherungsnehmern im Zusammenhang mit der Vermittlung von Versicherungsverträgen anerkennen.

Auch im Wege der Auslegung des §214 VVG lässt sich nicht auf eine gesetzliche Zuweisung von Hoheitsrechten schließen. Zwar findet ein staatliches Anerkennungsverfahren statt, das aber nicht mit einer Beleihung gleichzusetzen ist. Auch aus der Tatsache, dass der Beklagte nach §214 Abs.3 VVG verpflichtet ist, jede Beschwerde über einen Versicherer oder einen Versicherungsvermittler, Vermittler nach §66 VVG und Versicherungsberater zu beantworten, folgt nichts anderes. Weder mit der Anerkennung als Schlichtungsstelle noch mit der Aufgabenwahrnehmung u.a. nach Maßgabe des §214 Abs.3 VVG werden dem Beklagten zugleich hoheitlichen Befugnisse übertragen (vgl. insoweit Danner/Theobald/Ahnis, 101. EL Mai 2019, §111b EnWG Rn. 56 f. zur zentralen Schlichtungsstellen nach dem Energiewirtschaftsgesetz). Das staatliche Interesse an einer bestimmten Betätigung privater Personen oder Unternehmen macht diese Betätigung noch nicht zu einer staatlichen. Auch kann aus dem staatlichen Anerkennungsakt für eine Schlichtungsstelle noch nicht die Beleihung mit hoheitlicher Gewalt gefolgert werden (vgl. zu Pferdezüchtervereinigungen BVerwG, Urteil vom 11. Dezember 1980 – BVerwG 3 C 130.79 – BVerwGE 61, 222 <224 f.> = BeckRS 1980, 30426312 m.w.N.).

Soweit der Ombudsmann in der Lage ist, die Versicherungsunternehmen bis zu einem Beschwerdewert von 10.000 Euro zur Leistung zu verpflichten, folgt auch dies nicht aus der Übertragung von staatlichen Hoheitsrechten. Vielmehr beruht diese Kompetenz auf einer privatrechtlichen Selbstverpflichtung der Versicherungsunternehmen. Diese verpflichten sich durch den Beitritt zum Beklagten, am Schlichtungsverfahren teilzunehmen, erkennen die Verfahrensordnung des Versicherungsombudsmanns (VomVO) als verbindlich an (§5 Absatz1 der Vereinssatzung) und unterwerfen sich den Entscheidungen des Ombudsmanns bis zu einem Beschwerdewert von 10.000 Euro (§5 Abs.2 der Vereinssatzung in Verbindung mit §10 Abs.3 Satz2 und §11 Abs.1 Satz1 VomVO).

Entsprechendes gilt auch für die Behandlung von Beschwerden über Versicherungsvermittler oder -berater durch den Beklagten. Ungeachtet dessen, dass diese Aufgabenwahrnehmung ursprünglich auf der bis 2018 geltenden EU-Vermittlerrichtlinie (Artikel10 der Richtlinie 2002/92/EG) – aufgehoben durch Art.44 der Richtlinie (EU) 2016/97 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Januar 2016 über Versicherungsvertrieb – sowie deren ursprünglicher nationaler Umsetzung durch das Gesetz zur Neuregelung des Vermittlerrechts vom 19. Dezember 2006 (BGBl. I S.3232) beruht, der Beklagte hier nach eigener Aussage aufgrund gesetzlicher Aufgabenzuweisung tätig wird (Jahresbericht 2016 des Beklagten, S.13, 76 f. und 97 f.) und die Vermittler nach §17 Abs.4 der Verordnung über die Versicherungsvermittlung und -beratung – VersVermV – zur Teilnahme am Schlichtungsverfahren verpflichtet sind, nimmt der Beklagte auch insoweit keine hoheitlichen Aufgaben wahr. Denn nach der Verfahrensordnung für Beschwerden im Zusammenhang mit der Vermittlung von Versicherungsverträgen (VermVO) im Sinne von §214 Absatz1 Nr.2 VVG (insbesondere §7) haben die Entscheidungen des Beklagten keinerlei Bindungswirkung.

Darüber hinaus deutet §29 Abs.3 Satz1 des Verbraucherstreitbelegungsgesetzes – VSBG – darauf hin, dass die bloße Aufgabenwahrnehmung als Schlichtungsstelle durch den Beklagten nicht automatisch mit dessen Beleihung einhergeht. Denn in Bezug auf die einzurichtenden Universalschlichtungsstellen unterscheidet §29 Abs.3 Satz1 Nr.2 und Nr.3 VSBG zwischen einer (ausdrücklichen) Beleihung und einer bloßen Beauftragung einer geeigneten anerkannten Verbraucherschlichtungsstelle mit der Aufgabe der Universalschlichtungsstelle (s. dazu Röthemeyer, in: Borowski/Röthemeyer/ Steike, Verbraucherstreitbeilegungsgesetz, 2016, §29 Rn. 14 f.).

b) Der Beklagte ist informationsrechtlich auch nicht mit einer Behörde gleichzusetzen. Nach §1 Abs.1 Satz3 IFG steht einer Behörde im Sinne dieser Vorschrift eine natürliche Person oder juristische Person des Privatrechts gleich, soweit eine Behörde sich dieser Person zur Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben bedient. Selbst wenn sich eine Behörde des Beklagten zur Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben bediente; wäre auskunftsverpflichtet und damit Anspruchsgegner in dieser Konstellation jedoch nur die Behörde selbst (VG Berlin, Urteil vom 30. August 2016 – 2 K 37.15 – juris Rn. 20; Schoch, IFG, 2. Aufl. 2016, §1 Rn. 234 ff. und §7 Rn 56 f.; vgl. auch OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 1. Oktober 2008 – OVG 12 B 49.07 – juris Rn. 19). Dies folgt aus systematischen Erwägungen mit Blick auf §7 Abs.1 Satz2 IFG. Danach ist der Antrag auf Informationszugang im Fall des §1 Abs.1 Satz3 IFG an die Behörde zu richten, die sich der natürlichen oder juristischen Person des Privatrechts zur Erfüllung ihrer öffentlich-rechtlichen Aufgaben bedient. Die Vorschrift des §7 Abs.1 Satz2 IFG macht nur Sinn, wenn die Privatperson nicht selbst im Sinne des Informationsfreiheitsgesetzes auskunftsverpflichtet ist.

  1. Ein Anspruch folgt auch nicht aus §242 BGB. Zwar werden aus §242 BGB auch Auskunftsrechte abgeleitet (BGH, Urteile vom 5. Juni 1985 – I ZR 53/83 – NJW 1986, 1244 <1245> und vom 13. Juni 1985 – I ZR 35/83 – NJW 1986, 1247; vgl. auch MüKoBGB/Schubert, 8. Aufl. 2019, BGB §242 Rn. 55). Gleichwohl folgt aus der systematischen Stellung des §242 BGB, dass der Grundsatz von Treu und Glauben nur innerhalb von rechtlichen Sonderverbindungen gilt (BGH, Urteile vom 5. Juni 1985 – I ZR 53/83 – NJW 1986, 1244 <1245> und vom 13. Juni 1985 – I ZR 35/83 – NJW 1986, 1247). Auch wenn diese Voraussetzung weit auszulegen ist, wird die gesteigerte Pflichtbindung, die das Gebot von Treu und Glauben beinhaltet, nicht schlechthin jedermann gegenüber ausgelöst; erforderlich ist eine besondere Verbindung, sei es eine „speziell herausgehobene Interessenverknüpfung“, sei es ein „qualifizierter“ sozialer Kontakt (BeckOK BGB/Sutschet, 51. Ed. 1. August 2019, §242 BGB Rn. 14 m.w.N.). Eine derartige besondere Verbindung ist zwischen den Beteiligten hier nicht erkennbar. Vielmehr macht der Kläger ein ihm vermeintlich zustehendes Jedermannsrecht geltend.

Die Kostenentscheidung beruht auf §154 Abs.1 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §167 VwGO i.V.m. §708 Nr.11, §711, §709 Satz2 ZPO.

Beschluss

Der Wert des Streitgegenstandes wird gemäß §§39 ff., 52 f. des Gerichtskostengesetzes auf 5.000,00 Euro festgesetzt.