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Aktenzeichen
OVG 11 N 40.12
ECLI
ECLI:DE:OVGBEBB:2016:0610.OVG11N40.12.0A
Datum
10. Juni 2016
Gericht
Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
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Tenor

Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 2. Februar 2012 wird abgelehnt.

Die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens trägt der Kläger.

Der Streitwert wird für die zweite Rechtsstufe auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

I.

Als Besitzer zahlreicher „DM-Briefmarken“ begehrt der Kläger von der Beklagten Auskunft darüber,

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            ob und wann der Bundesfinanzminister oder eine von ihm beauftragte Person im Rahmen der Euro-Einführung bis dahin gültige Postwertzeichen für ungültig erklärt hat und wann und wo dieser Verwaltungsakt veröffentlich wurde,







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            ob nur die DPAG Adressat dieser Erklärung war oder auch jeder Postkunde,







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            ob sich diese Erklärung gesetzeskonform nur auf Briefmarken mit der Aufschrift „Deutschland“ bezog oder darüber hinausgehend auf alle „DM-Briefmarken“,







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            ob sich diese Erklärung nur auf die „Frankaturungültigkeit“ oder generell auf die Ungültigkeit der fraglichen Postwertzeichen bezog,







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            welche Entschädigungsregelungen der Verwaltungsakt zum Ausgleich der Enteignung vorsieht.

Die Beklagte hat daraufhin erstinstanzlich auf verschiedene dem Kläger bereits vorprozessual gegebenen Auskünfte verwiesen und erneut erklärt, dass die Entscheidung des Bundesministeriums der Finanzen über die Ungültigkeitserklärung von allen auf Deutsche Pfennig lautenden Postwertzeichen in Form der Allgemeinverfügung mit den Pressemitteilungen vom 27. Januar 2000, 30. Mai 2002 und 24. Juni 2002 öffentlich bekannt gegeben worden sei, dass ausweislich der öffentlichen Bekanntgabe nicht nur die Deutsche Post AG Adressatin der Erklärung gewesen sei, dass die Postwertzeichen generell für ungültig erklärt worden seien und dass in Ansehung der von der Deutschen Post AG angebotenen befristeten Umtauschmöglichkeit im Zusammenhang mit der Ungültigerklärung keine Entschädigungsregelung vorgesehen gewesen sei. Weiter hat sie anlässlich der Vorlage des verfahrensgegenständlichen Verwaltungsvorgangs ausdrücklich bekräftigt, dass sich weitere Unterlagen, die sich mit der Ungültigerklärung der auf DM lautenden Postwertzeichen zwischen 1998 und 2002 befassen, nicht angefunden hätten.

Da der Kläger sein Anliegen auch nach Auswertung der Akte nicht als erledigt ansah, hat das Verwaltungsgericht die Klage mit Urteil vom 2. Februar 2012 abgewiesen.

Die Klage sei bereits unzulässig. Die Kammer unterstelle zugunsten des Klägers, dass §25 VwVfG bzw. der vom Kläger später herangezogene §1 Abs.2 Satz1 IFG als Anspruchsgrundlagen einschlägig seien. Das für eine Sachentscheidung erforderliche Rechtsschutzbedürfnis bestehe jedenfalls nicht mehr. Denn das Auskunftsbegehren des Klägers sei spätestens mit den Einlassungen der Beklagten im Verlauf dieses Verfahrens und insbesondere in Verbindung mit der Vorlage des Verwaltungsvorgangs, in den der Kläger Einsicht genommen habe, erfüllt. Darauf, ob die gegebenen Antworten rechtlich überzeugend seien, komme es im Rahmen eines Auskunftsbegehrens ebenso wenig an wie darauf, ob die geschilderte Vorgehensweise der Beklagten bei der Ungültigerklärung der Postwertzeichen rechtlich in jeder Hinsicht einwandfrei sei und was die Konsequenzen wären, wenn das nicht der Fall sein sollte. Da die Beklagte einräume, dass es nur die – aus Sicht des Klägers rechtlich defizitären – Vorgänge gebe, bestehe kein Anlass zu der Annahme und sei vom Kläger auch nicht aufgezeigt worden, dass es im Bereich der Beklagten noch verheimlichte Unterlagen geben könnte und die Auskunft der Beklagten falsch sei.

Dagegen richtet sich der fristgemäß eingelegt und begründete Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung.

II.

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat auf der gemäß §124a Abs.4 Satz4, Abs.5 Satz2 VwGO allein maßgeblichen Grundlage der Darlegungen im Begründungsschriftsatz keinen Erfolg.

  1. Das Urteil des Verwaltungsgerichts begegnet nicht den mit der Begründung des Zulassungsantrags geltend gemachten ernstlichen Zweifeln an seiner Richtigkeit, §124 Abs.2 Nr.1 VwGO.

Dieser Zulassungsgrund liegt vor, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt werden und sich ohne Durchführung eines Berufungsverfahrens nicht beantworten lässt, ob das Urteil aus anderen Gründen im Ergebnis richtig ist (vgl. BVerfG, Beschluss vom 23. Juni 2000 - 1 BvR 830/00 -, juris; BVerwG, Beschluss vom 10. März 2004 - 7 AV 4.03 -, juris). Das ist hier nicht begründet dargelegt.

a) Derartige Zweifel ergeben sich nicht daraus, dass das Urteil – wie der Kläger meint – „inhaltlich“ falsch sei, weil es „vom Gegenstand der Klage abweicht“.

Das Verwaltungsgericht hat das mit der Klage verfolgte und im Klageschriftsatz vom 22. Dezember 2010 (dort S.2) im oben wiedergegebenen Antrag konkretisierte Begehren des Klägers nicht nur wörtlich in den Tatbestand des Urteils übernommen, sondern es hat in den Urteilsgründen auch gerade mit Blick auf die mit diesem Antrag formulierten Fragen entschieden, dass diese jedenfalls im Verlauf des Verfahrens vom Beklagten beantwortet worden seien.

Soweit der Kläger mit seinem diesbezüglichen Vorbringen (S.1-5 des Begründungsschriftsatzes) beanstandet, dass die im Eingangssatz des Tatbestandes aufgenommene knappe Zusammenfassung seines Begehrens („begehrt von der Beklagten verschiedene Auskünfte im Zusammenhang mit der bei Euroeinführung erfolgten Außerverkehrsetzung der alten Postwertzeichen.“) unzutreffend sei, ist dies nicht nachvollziehbar. Soweit er weiter rügt, dass die ihm vom Verwaltungsgericht zugeschriebene Absicht, Briefmarken umzutauschen, deren Umtausch die DPAG verweigere, seine für das Auskunftsbegehren maßgeblichen Ziele und Beweggründe verkenne, kann die Richtigkeit dieser Behauptung – die angesichts der einleitenden Sachverhaltsdarstellung in der Klageschrift sowie der dortigen Ausführungen unter II.1. nicht zwingend erscheint - dahinstehen, denn mit dem Zulassungsvorbringen wird jedenfalls nicht nachvollziehbar dargelegt, inwiefern es ungeachtet der – mit der Zulassungsbegründung nicht bestrittenen – wörtlichen Wiedergabe des schriftlich formulierten Klageantrags und der nachfolgend (nur) an die mit dem Antrag formulierten Fragen anknüpfenden Prüfung und Entscheidung auf die dahinter liegende, aus Sicht des Klägers für die Erhebung der Klage und die Formulierung der gestellten Fragen maßgebliche Motivation ankommen sollte. Für das Fortbestehen seines Rechtsschutzbedürfnisses kam und kommt es allein darauf an, ob die vom Kläger formulierten Fragen tatsächlich ausreichend beantwortet wurden oder nicht. Dies hängt indes weder davon ab, ob die erteilten Auskünfte dem Kläger „neue Erkenntnisse“ gebracht haben noch davon, ob er mit den erteilten Auskünften seinem weitergehenden Ziel – sei es die Realisierung materieller Gewinne oder die Klärung einer komplizierten und seiner Auffassung nach „sehr interessanten“ Rechtsfrage – im erhofften Maß näher gekommen ist.

b. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils ergeben sich auch nicht aus einer vom Kläger gerügten „sachlichen“ Fehlerhaftigkeit des Urteils, die er darin sieht, dass „es auf einer objektiv falschen Interpretation des Inhalts der vorgelegten Akte und des Klägervortrags beruht“ (unter I., I. 2 und I.3, S.1, 5-7 und 7-8 der Zulassungsbegründung).

Das Verwaltungsgericht hat im Tatbestand zwar verschiedene, im vorgelegten Verwaltungsvorgang enthaltene Aktenbestandteile aufgeführt und deren Inhalt kursorisch wiedergegeben. Seine ausweislich der Entscheidungsgründe allein tragende Annahme, dass das Auskunftsbegehren des Klägers erfüllt sei, hat es indes nicht etwa auf das Ergebnis einer eigenen Auswertung des Akteninhalts und dessen Interpretation gestützt, sondern darauf, dass die Beklagte die Fragen des Klägers spätestens „im Verlauf dieses Verfahrens insbesondere in Verbindung mit der Vorlage des Verwaltungsvorgangs, in den der Kläger Einsicht genommen hat“ beantwortet habe. Zur Begründung hat es darauf verwiesen, dass die Beklagte gerade einräume, dass es nur die aus Sicht des Klägers defizitären Vorgänge gebe. Es bestehe kein Anlass zu der Annahme und sei auch vom Kläger nicht aufgezeigt worden, dass es im Bereich der Beklagten noch verheimlichte Unterlagen geben und die anderslautende Auskunft falsch sein könnte. Darauf, ob die gegebenen Antworten rechtlich überzeugend seien bzw. was die Konsequenzen wären, wenn die geschilderte Vorgehensweise bei der Ungültigerklärung der Postwertzeichen rechtlich nicht in jeder Hinsicht einwandfrei gewesen sein sollte, komme es im Rahmen eines Auskunftsbegehrens nicht an. Dies berücksichtige der Kläger wohl nicht hinreichend.

Soweit der Kläger demgegenüber mit der Zulassungsbegründung – wesentlich ausführlicher - die Ergebnisse seiner eigenen Sichtung des Verwaltungsvorgangs der Beklagten darstellt (unter I.2) und daraus (unter I.3) den Schluss zieht, dass der nach Auffassung aller Beteiligten vollständigen Akte „überhaupt keine Hinweise auf den tatsächlich erlassenen Verwaltungsakt der Ungültigkeit von `DM-Briefmarken´ zu entnehmen“ seien, dass es keinesfalls eine Veröffentlichung in einer Form gegeben habe, die den eigenen Ansprüchen des Ministeriums bzw. den allgemeingültigen Ansprüchen für die Veröffentlichung von Verwaltungsakten dieser Bedeutung genügt haben würde und dass der Akteninhalt die Aussage der Beklagten widerlege, dass die Aussage der drei Pressemitteilungen auf einem Verwaltungsakt beruhe, bestätigt er letztlich die bereits im erstinstanzlichen Urteil enthaltene Vermutung, dass er nicht hinreichend zwischen der der Beklagten allein möglichen und zur Erfüllung des Klagebegehrens ausreichenden Beantwortung seines Auskunftsbegehren auf Grundlage der ihr zur Verfügung stehenden Unterlagen und der Richtigkeit der rechtlichen Bewertung ihres Handelns unterscheidet. Da der Kläger Informationen über einen für die Ungültigkeitserklärung der DM-Briefmarken maßgeblichen, ihm unbekannten Verwaltungsakt begehrt, kommt es für die Prüfung der ausreichenden Beantwortung des Auskunftsbegehrens darauf an, worin die Beklagte selbst bzw. die für diese handelnde zuständige Behörde diesen Verwaltungsakt sieht. Diese sieht den maßgeblichen Verwaltungsakt hier in einer als solche weder schriftlich dokumentierten noch zeitlich oder hinsichtlich der konkret tätig gewordenen Person näher konkretisierbaren Entscheidung des Bundesministeriums der Finanzen, die als Allgemeinverfügung mittels dreier Pressemitteilungen vom 27. Januar 2000, 30. Mai 2002 und 24. Juni 2002 veröffentlicht wurde und nach der auf Deutsche Pfennig lautende Postwertzeichen ab dem 1. Juli 2002 ungültig wurden. Ob diese Würdigung zutreffend ist, ist ebenso wie die daran ggf. anknüpfenden Fragen nach einer Anfechtbarkeit oder Nichtigkeit des so konkretisierten Verwaltungsakts nicht Gegenstand des hiesigen Verfahrens, das nur auf Auskünfte über den dem Kläger bis dahin unbekannten Verwaltungsakt und nicht auf eine Prüfung seiner Existenz, Wirksamkeit und Rechtmäßigkeit gerichtet ist.

  1. Der Kläger hat auch nicht begründet dargelegt, dass die Rechtssache besondere rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten aufweist (§124 Abs.2 Nr.2 VwGO).

Sein diesbezügliches Vorbringen knüpft mit der erneuten Darlegung seines Interesses an einer „konkreten“ Auskunft und der Beanstandung der von der Beklagten in Ansehung einer fehlenden Dokumentation des „angeblich erlassenen Verwaltungsakts“ in Beantwortung seiner Fragen mitgeteilten Interpretation des eigenen Verwaltungshandelns als unzulässig an seine Ausführungen zum Zulassungsgrund der ernstlichen Richtigkeitszweifel an. Dies vermag aber auch keine Zulassung der Berufung gem. §124 Abs.2 Nr.2 VwGO zu rechtfertigen. Denn eine Rechtssache weist jedenfalls dann keine besonderen Schwierigkeiten (mehr) auf, wenn die Angriffe des Rechtsmittelführers gegen die rechtliche Würdigung, die die erstinstanzliche Entscheidung im Ergebnis trägt, keinen begründeten Anlass zu Zweifeln an ihrer Richtigkeit geben bzw. diese sich ohne weiteres im Zulassungsverfahren klären lassen, so dass es der Durchführung eines Rechtsmittelverfahrens nicht bedarf. So liegt es hier. Da die Beklagte mit Übersendung des zur Gerichtsakte gereichten Verwaltungsvorgangs ausdrücklich erklärt hat, dass sich weitere Unterlagen zu der Ungültigkeitserklärung der auf DM lautenden Postwertzeichen zwischen 1998 und 2002 nicht angefunden hätten, kann auch für den Kläger, der die vorgelegten Akten einsehen konnte, nicht zweifelhaft sein, dass es sich bei den Antworten der Beklagten auf seine Fragen um deren eigene, nicht notwendig zweifelsfreie rechtliche Würdigung des vorliegenden Aktenmaterials handelt. Deren rechtliche Überprüfung ist indes – wie vorstehend bereits ausgeführt - nicht Gegenstand des hier nur verfahrensgegenständlichen Auskunftsanspruchs, und dem Vorbringen des Klägers ist nicht zu entnehmen, dass und ggf. inwiefern eine weitergehende Klärung der tatsächlichen Umstände der Ungültigkeitserklärung wegen besonderer Schwierigkeit nötig und in einem etwaigen Berufungsverfahren überhaupt möglich sein könnte.

  1. Die vom Kläger geltend gemachte grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, §124 Abs.2 Nr.3 VwGO, ist nicht hinreichend dargelegt.

Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine tatsächliche oder rechtliche Frage aufwirft, die für die Berufungsinstanz entscheidungserheblich ist und über den Einzelfall hinaus im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung der Klärung bedarf. Demgemäß fordert die Darlegung dieses Zulassungsgrundes prinzipiell die Formulierung einer konkreten, entscheidungserheblichen, klärungsbedürftigen und im obergerichtlichen Verfahren klärungsfähigen Rechts- oder Tatfrage von fallübergreifender Bedeutung. Der pauschale Verweis darauf, dass „die dem Verfahren zugrunde liegenden zivilrechtlichen, als auch die im Zusammenhang mit der gesuchten Ungültigkeitserklärung relevanten verwaltungsrechtlichen Fragen … zum Teil noch nie höchstrichterlich beurteilt worden“ seien, genügt dem offensichtlich nicht. Eine grundsätzliche Klärung zivilrechtlicher Fragen ist in einem Berufungsverfahren vor dem Oberverwaltungsgericht von vornherein unmöglich und eine dem Verwaltungsrecht zuzuordnende, im hiesigen Verfahren entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und grundsätzlich klärungsfähige Rechts- oder Tatsachenfrage wird weder formuliert noch ist sie dem Zulassungsvorbringen sinngemäß zu entnehmen. Etwaige „im Zusammenhang mit der gesuchten Ungültigkeitserklärung relevante(…) verwaltungsrechtliche(…) Fragen“ wären im hiesigen Verfahren, in dem es nach allem bereits am Fortbestehen des Rechtschutzbedürfnisses für das Auskunftsbegehren des Klägers fehlt, weder klärungsbedürftig noch klärungsfähig.

Die Kostenentscheidung folgt aus §154 Abs.2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §47 Abs.1 und 3, §52 Abs.2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§152 Abs.1 VwGO, §68 Abs.1 Satz5 i.V.m. §66 Abs.3 Satz3 GKG).

Tatbestand

Entscheidungsgründe