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Aktenzeichen
OVG 12 N 88.14
ECLI
ECLI:DE:OVGBEBB:2016:0318.OVG12N88.14.0A
Datum
18. März 2016
Gericht
Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
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Tenor

Der Antrag der Beklagten auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 19. Juni 2014 wird abgelehnt.

Die Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Der Streitwert wird für die zweite Rechtsstufe auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Der Zulassungsantrag ist unbegründet. Die geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, der besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten und der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache sowie eines Verfahrensmangels, auf dem das Urteil beruhen kann (§124 Abs.2 Nr.1, 2, 3 und 4 VwGO), liegen nicht vor bzw. sind nicht dargelegt (§124a Abs.4 Satz4, Abs.5 Satz2 VwGO).

I.

Mit dem angefochtenen Urteil hat das Verwaltungsgericht der auf Informationszugang im Zusammenhang mit sog. Hermes-Deckungen für Exportgeschäfte gerichteten Klage teilweise stattgegeben. Hinsichtlich des Exports von Überwachungstechnologie nach Malaysia hat es die Beklagte verpflichtet, den Namen des Unternehmens sowie Höhe und Konditionen der Exportkreditgarantie zu nennen; bezüglich des Exportgeschäfts mit Russland sind nach dem Urteil nur die Informationen zur Höhe und zu den Konditionen zu gewähren. Die weitergehende Klage hat es abgewiesen. Hinsichtlich der Art der konkreten Technologie seien nachteilige Auswirkungen auf internationale Beziehungen zu befürchten (Ablehnungsgrund nach §3 Nr.1 Buchstabe a IFG). Der Name des Exporteurs nach Russland könne deshalb nicht genannt werden, weil sich das Unternehmen auf eine bestimmte Überwachungstechnologie spezialisiert habe, so dass mit seiner Nennung zugleich offenbar würde, welche Technologie geliefert worden sei. Diese Gefahr bestünde bei dem Malaysiageschäft nicht in vergleichbarer Weise, da das betreffende Unternehmen unterschiedliche Technologien anbiete und auch aus dem Deckungsumfang für das Gesamtvolumen des Geschäfts keine Rückschlüsse auf die konkret gelieferte Überwachungstechnologie möglich seien; aus den Konditionen für die Absicherung der ohnehin bekannten Lieferungen von Telekommunikationstechnologie in die genannten Staaten ließen sich weitere Informationen nicht erschließen. Die Höhe der Kreditabsicherungen und die Konditionen könnten zwar ein Geschäftsgeheimnis Im Sinne des §6 Satz2 IFG darstellen; im konkreten Fall sei das aber nicht anzunehmen. Die Konditionen der Exportkreditgarantien setzten sich aus Entgelt, Laufzeit und Produktkategorie zusammen; die Entgelte berechneten sich nach den Faktoren Vertragslaufzeit, Käufer- und Länderkategorie. Ohne die Information über die konkrete Technologie erlaube die Vertragslaufzeit keine Rückschlüsse etwa auf die Kalkulation; Käufer- und Länderkategorie beträfen den Besteller der Leistung, nach dessen Name nicht gefragt worden sei. Einzig die Produktkategorie könne nähere Rückschlüsse zulassen, wenn es sich um Fabrikationsrisikodeckung handele, weil die Information dann preisgebe, dass die Herstellungskosten vollständig abgesichert seien und dies zu den Geschäftsgeheimnissen Preiskalkulation und Ertragslage hinführe. Auch soweit es vorliegend um Fabrikationsrisikodeckung gehe, bestehe jedoch wegen Zeitablaufs kein schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse mehr, da die Informationstechnologie einem besonders schnellen Wandel unterworfen sei, die in Rede stehenden Geschäfte im Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung neun Jahre zurücklägen und die Beklagte Näheres zur Schutzwürdigkeit trotz des Zeitablaufs nicht vorgebracht habe.

II.

  1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils sind nicht damit dargetan, dass die Beklagte vorträgt, das Verwaltungsgericht habe „vollständig“ ihren Vortrag „außer Acht gelassen“, dass die Gewährung der Auskunft der Russischen Föderation und Malaysia „erstmals die Erkenntnis bringen würde“, dass für die von den betroffenen Unternehmen gelieferte Überwachungstechnologie Exportkreditgarantien seitens der Bundesrepublik Deutschland gewährt worden sind. Aus dem Vorbringen ergibt sich nicht schlüssig, dass mit der Offenlegung des Unternehmens (Malaysia) oder der Exportkreditbedingungen die für die Importstaaten neue Erkenntnis verbunden wäre, dass die betreffenden Geschäfte durch Exportkreditgarantien seitens der Beklagten abgesichert wurden. Die Beklagte trägt in diesem Zusammenhang vor, dass die Abnehmer der Technologie staatliche Stellen gewesen seien. Insofern ist nicht schlüssig dargetan, inwiefern sie „erstmals“ die Erkenntnis einer solchen Absicherung des Exportgeschäfts erlangen würden, nachdem das Verwaltungsgericht im Tatbestand des Urteils die Anfrage des Klägers wiedergibt, in der dieser auf Verlautbarungen des Bundeswirtschaftsministeriums vom 31. Juli 2012 Bezug nimmt, in denen die Übernahme von Exportkreditgarantien für die Lieferung von Telekommunikationstechnik an Russland und Malaysia bestätigt wird, die auch Überwachungstechnologie beinhaltet habe.

Wenn die Abnehmer jeweils staatliche Stellen beider Länder waren, so dürfte schon diese Information beide Staaten in die Lage versetzt haben zu erkennen, dass die ihnen gelieferte Überwachungstechnologie von den eingeräumten Exportabsicherungen umfasst war. Im Ergebnis kann daher nicht angenommen werden, dass die weitere Offenlegung der Unternehmen und der Bedingungen der Exportabsicherung zu neuen Erkenntnissen und einer darauf beruhenden Beeinträchtigung der internationalen Beziehungen führt.

Wenn eine solche Beeinträchtigung seitens der Beklagten zu befürchten war, hätte bereits die erste Information nicht erteilt werden dürfen, weil sie den nunmehr vorgetragenen Erkenntnisgewinn der Abnehmerstaaten auslösen musste. Wurde die erste Information gleichwohl herausgegeben, spricht dies überwiegend dafür, dass auch die nunmehr aus dem außenpolitischen Erfahrungsschatz gehegten Befürchtungen aus der Luft gegriffen sind bzw. erwartete Auswirkungen nicht auf die ausgesprochene Verpflichtung zu weiterer Informationsgewährung, sondern auf die bereits publizierte Information zurückzuführen sind (vgl. auch Antwort zu Frage 4, abschließender Teilbescheid vom 14. November 2012).

Die Befürchtung nachteiliger Auswirkungen wegen der Nennung des Unternehmens, das nach Malaysia geliefert hat, bleibt unsubstantiiert. Wenn der Kläger für weitere Rückschlüsse auf die Art der gelieferten Technologie über Zusatzwissen verfügen muss, reicht es nicht aus, wenn unter Berufung auf eine Internetseite lediglich behauptet wird, er könne sich solches Zusatzwissen verschaffen. Es erschiene auch bedenklich, wenn die Beklagte durch die Einführung von Zusatzwissen den Kläger in die Lage versetzte, die von ihm begehrten Informationen umfänglicher auszuwerten, um sodann unter Berufung auf die Auswirkungen einer solchen Auswertung mit dem vermittelten Zusatzwissen den Informationszugang abzulehnen. Dass der Kläger bereits über das erforderliche Zusatzwissen verfügt, ist nicht vorgetragen. Nur dann aber könnte die Beurteilung des Ablehnungsgrundes nach §3 Nr.1 Buchstabe a IFG möglicherweise unrichtig sein.

Ähnliches gilt für das Vorbringen zur Offenlegung der Deckungshöhe (Ziffer 1 c der Antragsbegründung) und zur Gefährdung des Instruments der sog. Hermes-Deckungen (Ziffer 1 d der Antragsbegründung).

Die Beklagte hat selbst offenbart, dass die abgesicherten Kommunikationstechnik-Ausfuhrgeschäfte auch Überwachungstechnologie umfassten; insofern kann sie nicht damit gehört werden, dass die Information, ausländische staatliche Behörden hätten in Deutschland Überwachungstechnologie eingekauft, die internationalen Beziehungen gefährde. Hinsichtlich des Umfangs darf regelmäßig angenommen werden, dass dieser ein solches Ausmaß besitzt, das für eine funktionstüchtige Überwachung ausreichend ist. Der Schaden, den die Beklagte insofern offenbar fürchtet, liegt danach nicht im außenpolitischen Bereich, sondern in der innenpolitischen Rechtfertigung dafür, die Lieferung von Überwachungstechnologie an bestimmte Staaten in einem rechtfertigungsbedürftigen Ausmaß mit Hermes-Deckungen unterstützt zu haben. Die Kontrolle in dieser Hinsicht will der Ablehnungsgrund nach §3 Nr.1 Buchstabe a IFG nicht ausschließen; sie liegt vielmehr inmitten des Gesetzeszwecks.

Die These, dass ausländische Besteller in der Regel nicht wüssten, dass sich der deutsche Exporteur gegen einen Zahlungsausfall staatlich absichern kann, wird von der Beklagten ohne jeden Beleg aufgestellt. Gerade für Einfuhren in Länder mit einem hohen Ausfallrisiko liegt es nicht auf der Hand, dass die Besteller um die Möglichkeit der Hermes-Deckungen nicht wissen, zumal diese Absicherung von Export-Geschäften auf die Preisgestaltung von Einfluss ist, da für die Absicherung vom Exporteur Entgelte erhoben werden. Im Übrigen kann sich jedermann nahezu umfassend über das Institut und die Anforderungen an sicherungsfähige Geschäfte informieren, so dass die Annahme, dass Besteller um diese Absicherungsmöglichkeit wissen, bei weitem näher liegt als das von der Beklagten in den Raum gestellte gegenteilige Vorbringen. Auch der Vortrag, ausländische Besteller würden vom Bezug deutscher Waren absehen, wenn sie eine Veröffentlichung ihrer Geschäftsdaten befürchten müssten, ist unschlüssig. Eine Veröffentlichung von Geschäftsdaten des Bestellers ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens, sondern dieses betrifft die Exportunternehmen und das von ihnen in Anspruch genommene Sicherungsvolumen bzw. die Bedingungen der Ausfuhrkreditgarantie. Im Übrigen profitieren die Besteller gerade bei einem hohen Ausfuhrrisiko mittelbar von den Hermes-Deckungen, so dass schon die Befürchtung, die Offenlegung der hier in Rede stehenden Informationen würde die Außenwirtschaft gefährden, einer realistischen Grundlage entbehrt. Im Übrigen läuft der Vortrag der Beklagten auf eine vom Gesetz mit dem Ablehnungsgrund nicht intendierte Bereichsausnahme hinaus.

Das Eingreifen des Ablehnungsgrundes nach §3 Nr.2 IFG ist ebenfalls nicht schlüssig dargetan. Die Beklagte geht zwar zutreffend davon aus, insofern müsse eine konkrete Gefahr im Einzelfall für Schutzgüter der öffentlichen Sicherheit vorliegen. Ihre Folgerung, dass bei Nennung des Namens des nach Malaysia exportierenden Unternehmens dieses zum Spionageobjekt werde und sich die Gefahr konkretisiere, dass auf seine Mitarbeiter Einfluss genommen werde, um Erkenntnisse zu gewinnen, wie man dessen Überwachungstechnologie anzapfen oder überwinden könne, erscheint dagegen äußerst unwahrscheinlich. Denn die Unternehmen, die in Deutschland derartige Technologie vertreiben, sind ohnehin bekannt (s. Schriftsatz des Klägers vom 8. April 2014, S.7). Ihre Produkte können– wenngleich teilweise nur durch staatliche Stellen – auf dem Markt erworben werden, so dass sich ihre Technik für diesen Kreis auch ohne den Rückgriff auf Mitarbeiter der Unternehmen untersuchen und erfassen lässt. Wenn das Urteil davon ausgeht, dass die Art der nach Malaysia exportierten Überwachungstechnologie allein mit dem Namen des Unternehmens noch nicht ermittelbar ist, bedürfte es zur Darlegung einer konkreten Gefahr ins Einzelne gehender Ausführungen dazu, weshalb es „nahe“ liegt, dass „überwachte Kreise“ oder „Geheimdienste anderer Staaten“ in der befürchteten Weise auf Mitarbeiter des Unternehmens Einfluss nehmen werden. Solche – auch vom Verwaltungsgericht zur Sicherheitslage in Malaysia vermissten - Ausführungen enthält das Zulassungsvorbringen nicht und es erläutert auch sonst in keiner Weise, weshalb sie nicht mitteilungsfähig sein sollten. Spekulationen rechtfertigen die Überprüfung des Urteils in einem Berufungsverfahren nicht.

Was den Ablehnungsgrund der Offenbarung eines Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisses nach §6 Satz2 IFG angeht, zeigt die Beklagte mit ihrem Hinweis darauf, dass allein aus der Tatsache, dass Unternehmen der Sicherheitsbranche Überwachungstechnologie produzierten, nicht der Schluss abgeleitet werden könne, welches Unternehmen nach Malaysia solche Technologie geliefert und dafür die Exportkreditgarantien des Bundes in Anspruch genommen habe, eine Unrichtigkeit des Urteils nicht auf. Der in Bezug genommene Absatz des Urteils unter 3 a) der Entscheidungsgründe (S.12 des Urteilsabdrucks) enthält zunächst die Aussage, dass keiner Entscheidung bedürfe, ob es ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis darstelle, dass eine bestimmte Firma eine bestimmte Technologie exportiere, weil hinsichtlich der Art der Technologie ein Informationszugang nicht gewährt werde. Sodann erweitert das Verwaltungsgericht den Prüfungsrahmen des Ablehnungsgrundes dahin, dass eine bestimmte Firma überhaupt Überwachungstechnologie produziere, und gelangt zu dem Ergebnis, dass hier bereits bekannt sei, dass der konkrete Exporteur nach Malaysia verschiedene Überwachungstechnologieprodukte herstelle, so dass die Nennung des Namens im Hinblick auf die Produktpalette nicht schutzwürdig sei. Diese Ausführungen lassen keinen logischen Bruch erkennen. Sie treffen keine Aussage dazu, ob das Exportgeschäft des Unternehmens mit Malaysia für sich ein Geschäftsgeheimnis darstellt.

Soweit die Beklagte eine solche Aussage vermisst und darin einen Mangel der Entscheidung erkennen will, hat sie dies mit ihren Ausführungen nicht hinreichend erläutert: Der Zugang zu geschäftlichen Vertragsdetails wird im Verfahren nicht begehrt; die Nennung bestimmter Produkte hat das Verwaltungsgericht nach §3 Nr.1 Buchstabe a IFG ausgeschlossen und die Entscheidung auch im Übrigen darauf abgestimmt, dass dieser Ablehnungsgrund nicht umgangen wird. Unterlagen zu Kundenbeziehungen, Bezugsquellen und Marktstrategien sind nicht Gegenstand der streitigen Informationsgewährung. Infolgedessen entbehren die von der Beklagten gezogenen Schlussfolgerungen aus der Offenlegung des exportierenden Unternehmens der Schlüssigkeit. Auch der ausländische Besteller der Überwachungstechnologie wird erkennen, dass keine gesetzliche Verpflichtung zur Offenbarung der konkret angekauften Technologie besteht, so dass es zusätzlicher Erkenntnisse bedürfte, um die durch die Offenlegung befürchteten Wettbewerbsnachteile als eine wahrscheinliche Folge annehmen zu können. Dass das Wissen des Importstaates oder des Bestellers um die Absicherung des Geschäfts durch Hermes-Deckungen zu einer Gefährdung entsprechender Außenhandelsbeziehungen führt, ist – wie bereits ausgeführt – eine unsubstantiierte und durch keinerlei Beispiele belegte Behauptung; die Beklagte trägt selbst vor, dass es sich um einen engen Markt handelt, und es darf auch angenommen werden, dass es sich bei der Überwachungstechnologie um exklusive Technologie handelt, so dass ausländische Interessenten auf den vorhandenen Anbieterkreis zugreifen müssen, um diese Technologie zu erwerben. Insofern reichen allgemeine Befürchtungen nicht aus, um einen Wettbewerbsnachteil durch die Nennung des Unternehmens darzustellen; für manchen Interessenten könnte sich die Offenlegung auch als Referenz für das Unternehmen erweisen.

Ernstliche Richtigkeitszweifel sind auch nicht dargetan, soweit die Beklagte die Deckungshöhe der Ausfallabsicherung als Geschäftsgeheimnis ansehen möchte. Das Verwaltungsgericht hat mitnichten verkannt, dass die Deckungssumme ein Geschäftsgeheimnis sein kann, sondern ausgeführt, dass diese Information durchaus als Geschäftsgeheimnis in Betracht komme, weil sie mit dem Umsatz, der als solcher bei nicht publizitätspflichtigen Unternehmen ein Geschäftsgeheimnis sein könne, und mit der Preiskalkulation in Zusammenhang stehe. Es hat sodann auf konkrete Umstände des Falles abgestellt und daraus entwickelt, dass die Information einen vergangenen Sachverhalt betreffe und für sich genommen keine Rückschlüsse auf die Kundenstruktur zulasse und den Umfang des Exportgeschäfts sowie die Finanzierungsstruktur nicht erkennbar mache. Es verkennt den Begründungsgang des Urteils, wenn die Beklagte daraus ableiten möchte, das Verwaltungsgericht habe damit zum Ausdruck gebracht, ein in der Vergangenheit getätigtes Geschäft könne nie ein Geschäftsgeheimnis sein. Soweit die Beklagte als Beleg für ihre Gegenargumentation anführt, dass aus der Höhe der Deckungssumme auf den Umfang des Geschäfts rückgeschlossen werden könne, da die Hermes-Deckung bis zu 95 v.H. des Geschäftsvolumen abdecke, so ist nicht erkennbar, dass dies erstinstanzlich verkannt oder abweichend gesehen worden wäre. Die Ausführungen in der Urteilsbegründung beziehen sich auf den Umfang des Exportgeschäfts des Unternehmens und sind fraglos zutreffend, soweit sie aussagen, dass aus der Deckungshöhe der Absicherung eines Exportgeschäfts nicht auf das gesamte Exportgeschäft und die Marktaktivitäten des betroffenen Exporteurs zurückgeschlossen werden könne.

Was die Möglichkeit des Bestellers angeht, aus den nach dem Urteil zu offenbarenden Informationen auf das konkrete Geschäft zurückzuschließen, so ist diese Möglichkeit nicht von der Hand zu weisen. Das Zulassungsvorbringen bleibt allerdings eine Erläuterung schuldig, inwiefern eine dadurch befürchtete Störung des Vertrauensverhältnisses die Informationen zum Geschäftsgeheimnis erheben. Was die Subsumtion dieser Argumentation unter die Ablehnungsgründe des IFG betrifft, kann auf die obigen Ausführungen zu §3 Nr.1 Buchstabe a IFG verwiesen werden.

Die Ausführungen der Beklagten beinhalten auch keine das Urteil erschütternde Gegenargumentation hinsichtlich der Qualität der Produktkategorie als Geschäftsgeheimnis. Das Urteil beruht nicht auf einer durch Tatsachen nicht untermauerten Spekulation: Dass nämlich die Information – soweit sie die bloße Möglichkeit aufweist, im Falle einer Fabrikationsrisikodeckung auf Herstellungskosten des exportierenden Unternehmens zurückzuschließen und damit die Preiskalkulation jedenfalls gegenüber dem Besteller offenbart werden könnte – ein im Zeitpunkt der Urteilsverkündung neun Jahre zurückliegendes Geschäft betrifft und die Informationstechnologie einem besonders schnellen Wandel unterliegt, sind Tatsachen, die auch die Beklagte nicht in Abrede stellt. Der Schluss, dass Überwachungstechnologie mit der überwachten Informationstechnologie Schritt halten muss, bestenfalls ihr sogar voraus sein muss, ergibt sich aus der Natur der Sache und kann nicht als allgemein spekulativ abgetan werden.

Anderweitige konkrete Anhaltspunkte, dass das Verwaltungsgericht zu Unrecht eine noch bestehende Wettbewerbsrelevanz etwaiger aus der Produktkategorie zu ziehender preisrelevanter Informationen verneint hat, zeigt die Antragsbegründung nicht auf. Soweit nach dem eigenen Vorbringen der Beklagten „größere Geschäftsvolumina“ in Rede stehen, „wie sie beim Export von Überwachungstechnologie regelmäßig vorliegen“ (S.11 der Begründungsschrift), kommen Rückschlüsse auf die heutige Preiskalkulation des Exporteurs ohnehin nur dann in Betracht, wenn es um die Kenntnis der Herstellungskosten eines einzelnen Produkts geht; derartige Informationen über die konkret exportierten Technologien sind vom stattgebenden Urteilsausspruch nicht erfasst. Dass sich das Verwaltungsgericht hinsichtlich des Zeitablaufs auf eine nicht einschlägige Rechtsprechung des Senats (Urteil vom 16. Januar 2014 - OVG 12 B 50.09 - juris) bezogen habe, trifft nicht zu. Der Senat hat in der vorgenannten Entscheidung nicht an eine bestimmte Dauer des Zeitablaufs angeknüpft, sondern darauf verwiesen, dass der Zeitablauf insbesondere bei abgeschlossenen Geschäften ein Kriterium sein kann, das die Annahme eines fortbestehenden Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisses in Frage stellt. Inwieweit die daraus abgeleiteten Anforderungen an die Darlegungslast der informationspflichtigen Behörde mit Blick auf Art.12 und 14 GG durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken begegnen sollen, ist nicht nachvollziehbar: Die informationspflichtige Behörde kann sich mit dem Träger eines Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisses über dessen Geheimhaltungsinteresse austauschen und in diesem Zusammenhang auch darauf hinweisen, dass ein solches Interesse bei abgeschlossenen Geschäften oder Vorgängen in der Vergangenheit unter Umständen einer besonderen Darlegung oder Veranschaulichung bedarf. Es ist daher nicht erkennbar, dass der Grundrechtsschutz dadurch unterlaufen werden könnte, dass die informationspflichtige Stelle zur Verweigerung des Informationszugangs im Interesse Dritter das Vorliegen des Ablehnungsgrundes nach §6 Satz2 IFG plausibel darzulegen hat.

  1. Die Berufung kann auch nicht wegen besonderer tatsächlicher oder rechtlicher Schwierigkeiten der Rechtssache (§124 Abs.2 Nr.2 VwGO) zugelassen werden. Überdurchschnittliche, das normale Maß nicht unerheblich übersteigende Schwierigkeiten weist eine Rechtssache auf, wenn im Zulassungsverfahren tatsächliche oder rechtliche Fragen aufgeworfen werden, die mit offenem Ausgang im Berufungsverfahren zu klären sind. Solche Fragen wirft das Zulassungsvorbringen nicht auf: Soweit die Beklagte unter IV 1 der Begründungsschrift nähere Ausführungen zur Komplexität der Exportausfuhrgarantien des Bundes macht, auf die Sensibilität des Exports von Überwachungstechnologie und den Umstand verweist, dass Unternehmen und Besteller „aus nachvollziehbaren Gründen“ Wert auf eine besondere Vertraulichkeit legten, wird damit kein Bezug zu einem vom Informationsfreiheitsgesetz anerkannten Ablehnungsgrund hergestellt und nicht im einzelnen bezeichnet, welche tatsächlichen und rechtlichen Fragen sich im Zusammenhang mit dessen Anwendung ergeben sollen, die mit offenem Ausgang in einem Berufungsverfahren zu klären wären. Die Ausführungen der Beklagten können allenfalls dahin verstanden werden, dass die Übernahme staatlicher Ausfalldeckungen für Exportgeschäfte, die Überwachungstechnologie zum Gegenstand haben, rechtlich und tatsächlich besonders schwierig zu handhaben sind; das indes ist nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Die unter IV 2 der Begründungsschrift in Bezug genommen Ausführungen zu den ernstlichen Richtigkeitszweifeln unter III der Begründungsschrift erläutern – wie ausgeführt – tatsächliche oder rechtliche Fragen nicht in einer Weise, die einen Klärungsbedarf mit offenem Ausgang in einem Berufungsverfahren nach sich zieht.

  2. Eine die Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§124 Abs.2 Nr.3 VwGO) rechtfertigende Frage bezeichnet die Beklagte damit, ob der Schutz einer Information als Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis generell vom Zeitablauf abhängt mit der Folge einer besonderen Darlegungslast der informationspflichtigen Stelle oder ob besondere Umstände hinzutreten müssen, nicht. Die Frage ist in der bereits angeführten Rechtsprechung des Senats dahin beantwortet, dass allein aus dem Zeitablauf eines Vorgangs nicht automatisch oder generell auf das Fehlen schutzwürdiger Interessen geschlossen werden kann, allerdings Informationen, die längst abgeschlossene Geschäftsvorgänge betreffen und weit in die Vergangenheit zurückreichen, eine spezifische Darlegungslast der informationspflichtigen Behörde begründen (vgl. Urteil vom 16. Januar 2014, a.a.O., Rn. 50). Insofern lässt sich – ohne dass es hierzu der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedarf – verallgemeinerungsfähig nur die „Faustregel“ aufstellen, dass sich diese Darlegungslast verdichtet, je länger ein Vorgang abgeschlossen ist und zurückliegt. Alle übrigen Fragen hängen von der im Einzelfall begehrten Information ab und sind nicht ohne weiteres auf andere Fälle übertragbar.

Eine Frage grundsätzlicher Bedeutung wird auch nicht dadurch aufgeworfen, dass die Beklagte das Verhältnis von Darlegungslast und Beweisaufnahme im sog. in-camera-Verfahren problematisiert. Selbstverständlich bedeutet eine „verdichtete“ Darlegungslast angesichts eines nach den Umständen des Einzelfalles relevanten Zeitablaufs keineswegs, dass die Anforderungen an die Plausibilisierung des Ablehnungsgrundes nach §6 Satz2 IFG überspannt werden dürfen; wenn es nach Lage des Falles nur möglich ist, in Kenntnis der konkreten Information über die Schutzwürdigkeit eines Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisses zu entscheiden, kann eine weitergehende Plausibilisierung nicht gefordert werden. In der Regel wird dem erkennenden Gericht jedoch zunächst die Überzeugung vermittelt werden müssen und können, dass der Ablehnungsgrund greifen kann, ehe eine Beweiserhebung in Betracht kommt. Diese Fragen sind in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts weitestgehend geklärt und die Beklagte zeigt nicht auf, dass im vorliegenden Verfahren ein weitergehender Klärungsbedarf besteht.

  1. Einen Verfahrensmangel im Sinne des §124 Abs.2 Nr.5 VwGO legt die Beklagte nicht dar. Eine Verletzung ihres Anspruchs auf rechtliches Gehör ist mit dem Hinweis auf ihre im Wortlaut wiedergegebenen Ausführungen in der Klageerwiderung vom 31. Januar 2014 (S.10) nicht erläutert. Aus ihren Ausführungen wird nicht deutlich, dass das Verwaltungsgericht diesen – im Tatbestand des angegriffenen Urteils bereits angesprochenen – Vortrag nicht berücksichtigt und im Rahmen des Ablehnungsgrundes nach §3 Nr.1 Buchstabe a IFG erwogen hätte. Denn das Verwaltungsgericht hat im Sinne der Beklagten entschieden, dass der Ablehnungsgrund hinsichtlich des Typs der exportierten Überwachungstechnologie eingreift, und dies auch bei der Frage berücksichtigt, ob das Unternehmen, das nach Russland exportiert hat, genannt werden muss. Mögliche Auswirkungen auf die künftige Kooperationsbereitschaft hat es deshalb nicht gesehen, weil der Umstand, dass Überwachungstechnologie an staatliche Stellen in Russland und Malaysia geliefert wurde, bereits bekannt ist. Das Verwaltungsgericht hat sich größte Mühe gegeben, in dieser Situation zu einem angemessenen Ausgleich zwischen der Erfüllung des Gesetzeszwecks einerseits und der Vermeidung einer Beeinträchtigung internationaler Beziehungen durch Zugänglichmachung weiterer, Rückschlüsse erlaubender Informationen andererseits zu finden. Für den Tatsachenvortrag der Beklagten in der mündlichen Verhandlung gilt im Ergebnis nichts anderes. Dass das Verwaltungsgericht hierauf nicht näher eingegangen ist, überrascht nicht. Denn das Vorbringen läuft auf eine Bereichsausnahme für Exportgeschäfte hinaus, die vom Gesetz nicht vorgesehen ist und auf den der stets im Einzelfall zu prüfende Ablehnungsgrund gemäß §3 Nr.1 Buchstabe a IFG nicht gestützt werden kann.

Einen Verstoß gegen Sachaufklärungspflicht (§86 Abs.1 VwGO) kann die Beklagte schon deshalb nicht rügen, weil sie nicht vorgetragen hat, selbst auf eine Beweiserhebung durch Antragstellung in der mündlichen Verhandlung hingewirkt zu haben. Dem Verwaltungsgericht aufdrängen musste sich die von der Beklagten vermisste Sachaufklärung allein aufgrund von deren Vorbringen nicht.

Die Kostenentscheidung folgt aus §154 Abs.2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §47 Abs.1 und 3, §52 Abs.2 GKG.

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§152 Abs.1 VwGO, §68 Abs.1 Satz5 i.V.m. §66 Abs.3 Satz3 GKG).

Tatbestand

Entscheidungsgründe