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Aktenzeichen
OVG 12 B 4.12
ECLI
ECLI:DE:OVGBEBB:2014:0508.OVG12B4.12.0A
Datum
8. Mai 2014
Gericht
Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
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Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 8. Dezember 2011 insoweit geändert, als die Beklagte unter teilweiser Klageabweisung verpflichtet wird, den Antrag des Klägers hinsichtlich der Bürgeranfragen (Bl. 16 bis 23 sowie Bl. 24 bis 31 der Akte Nr.2) unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden.

Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens beider Rechtszüge tragen der Kläger zu 1/10 und die Beklagte zu 9/10.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des Vollsteckungsbetrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Der Kläger, der Trägerverein einer Glaubensgemeinschaft, begehrt Zugang zu Informationen, die die Beklagte über die Glaubensgemeinschaft vorhält.

Im Februar 2010 beantragte der Kläger beim Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, ihm im Wege der Akteneinsicht Zugang zu den dort über die Glaubensgemeinschaft vorliegenden Informationen zu gewähren. Mit Bescheid vom 15. März 2010 sowie Widerspruchsbescheid vom 17. Mai 2010 lehnte das Ministerium den Antrag unter Hinweis auf ein im Wesentlichen gleichlautendes Informationsbegehren des Klägers gegenüber dem Bundesverwaltungsamt ab. Die im Ministerium vorhandenen Akten enthielten ausnahmslos Unterlagen, die auch Bestandteil der Akten des Bundesverwaltungsamtes seien; die Gewährung von Informationszugang könne daher nachteilige Auswirkungen auf das bereits beim Verwaltungsgericht Köln anhängige Klageverfahren haben.

Mit der gegen die vorgenannten Bescheide erhobenen Klage hat der Kläger sein Informationsbegehren weiterverfolgt. Im Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens hat die Beklagte mitgeteilt, dass sie über insgesamt acht Aktenbände zur Glaubensgemeinschaft Universelles Leben verfüge. Hinsichtlich der Akten Nr.3 bis Nr.8 hat sie dem Kläger uneingeschränkt Akteneinsicht gewährt; hinsichtlich der Akte Nr.2 („Bürgeranfragen/Auskunftsersuchen zu UL“) ist dem Kläger teilweise Informationszugang gewährt worden. Insoweit haben die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt.

Hinsichtlich der noch streitigen Akte Nr.1 („Protokolle der Sitzungen der Bund-Länder-Gesprächskreise ‚So genannte Sekten und Psychogruppen‘ BLG“) und der noch streitigen Teile der Akte Nr.2 (Stellungnahmen des Bundesverwaltungsamtes, Bürgeranfragen) hat das Verwaltungsgericht der Klage, nachdem der Kläger klargestellt hatte, auf den Zugang zu personenbezogenen Daten Dritter zu verzichten, mit Urteil vom 8. Dezember 2011 stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

Dem Kläger stehe ein Anspruch auf Einsicht in die das Universelle Leben betreffenden Teile der Akte Nr.1 und die noch streitbefangenen Teile der Akte Nr.2 zu. Dem begehrten Informationszugang stünden keine Ausschlussgründe entgegen. Auf den Schutz eines laufenden Gerichtsverfahrens könne sich die Beklagte nicht mit Erfolg berufen. Das anhängige Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht Köln und das hiesige Klageverfahren beträfen unterschiedliche Aktenbestände; eine Informationsgewährung im vorliegenden Verfahren führe daher nicht zur Erledigung des gegen das Bundesverwaltungsamt gerichteten Klageverfahrens. Andere Ausschlussgründe habe die Beklagte nicht plausibel dargelegt. Soweit sie sich hinsichtlich der Akte Nr.1 auf eine Beeinträchtigung der Beratungen von Behörden berufe, fehle es bereits an einer substantiierten Darlegung, ob die den Kläger betreffenden Teile der Protokolle der Bund-Länder-Gesprächskreise überhaupt Informationen zum eigentlichen Vorgang der behördlichen Entscheidungsfindung enthielten. Davon abgesehen habe die Beklagte nicht dargetan, weshalb sich eine Einsicht in die - hinsichtlich Namen, Anschriften und Kommunikationsdaten Dritter - geschwärzten Protokolle behindernd oder hemmend auf die Beratungen von Behörden auswirken könne. Der darüber hinaus geltend gemachte Ausschlussgrund des Schutzes vertraulich erhobener oder übermittelter Information greife nur im Verhältnis zwischen Verwaltung und privaten Dritten ein. Die von der Beklagten allein angeführte vertrauliche Informationsübermittlung zwischen Behörden sei vom Schutzzweck der Vorschrift nicht erfasst. Hinsichtlich der noch streitigen Teile der Akte Nr.2 fehle es gleichfalls an nachvollziehbaren Angaben, dass diese vertrauliche Informationen im Sinne des gesetzlichen Ausschlussgrundes enthielten. Dies gelte sowohl für die auf Anfragen von Bürgern erstellten Stellungnahmen des Bundesverwaltungsamtes als auch die Anfragen selber. Dass auch bei einem eingeschränkten Informationszugang unter Schwärzung personenbezogener Daten Rückschlüsse auf die Identität der Anfragenden möglich seien, sei von der Beklagten lediglich behauptet, nicht aber durch näheren Vortrag zum Akteninhalt plausibel gemacht worden.

Hiergegen richtet sich die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung der Beklagten.

Unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens macht sie geltend, dass eine dem Informationsbegehren des Klägers stattgebende Entscheidung im hiesigen Verfahren zur Folge hätte, dass sich das Klageverfahren gegen das Bundesverwaltungsamt, das derzeit beim zuständigen Oberverwaltungsgericht anhängig sei, erledigen würde. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts könne insoweit nicht auf das Vorliegen unterschiedlicher Aktenbestände abgestellt werden. Da die hier in Rede stehenden Informationen auch Gegenstand des gegen das Bundesverwaltungsamt gerichteten Klageverfahrens seien, könnte die im dortigen Verfahren abgegebene Sperrerklärung nach gewährter Akteneinsicht nicht mehr aufrechterhalten werden; der Kläger hätte auch sein dortiges Klageziel erreicht. Sowohl hinsichtlich der Akte Nr.1 als auch der streitigen Bestandteile der Akte Nr.2 hätte das Bekanntwerden der Informationen daher nachteilige Auswirkungen auf die Durchführung eines laufenden Gerichtsverfahrens.

Hinsichtlich der Akte Nr.1 greife zudem der Schutz der Beratungen von Behörden ein. Das Verwaltungsgericht habe zu hohe Anforderungen an die Substantiierung des Ausschlussgrundes gestellt. Bereits erstinstanzlich sei deutlich gemacht worden, dass die Protokolle des Bund-Länder-Gesprächskreises „So genannte Sekten und Psychogruppen“ nicht nur Beratungsergebnisse enthielten, sondern auch den Verlauf der Beratungen einschließlich der Diskussionsbeiträge eingehend dokumentierten. Bei einer Offenlegung der Protokolle sei ein unbefangener Meinungsaustausch, wie er bisher im Gesprächskreis gepflegt werde und seiner Funktion als Instrument der Gefahrenabwehr entspreche, nicht mehr möglich. Die Beratungsteilnehmer würden sich genötigt sehen, ihre subjektiven Einschätzungen und Auffassungen nicht mehr offen und unbefangen zu äußern, wenn sie mit einer Veröffentlichung rechnen und persönliche Repressalien befürchten müssten. Angesichts des begrenzten Teilnehmerkreises von Fachleuten auf Bundes- und Länderebene lasse sich diese Gefahr weder durch eine Schwärzung von Namen, Anschriften und Kommunikationsdaten ausschließen, noch stehe die Tatsache, dass die streitgegenständlichen Protokolle den Zeitraum von Mai 2001 bis November 2009 umfassten, der Schutzbedürftigkeit der Teilnehmer entgegen. Die Zuordnung der protokollierten Äußerungen zu einzelnen Teilnehmern sei häufig schon durch deren Inhalt möglich.

Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Einsicht in die ihm noch nicht zugänglich gemachten Teile der Akte Nr.2. Die in der Akte enthaltenen Stellungnahmen des Bundesverwaltungsamtes enthielten durchweg vertraulich erhobene oder übermittelte Informationen von Mitgliedern der Glaubensgemeinschaft, von „Aussteigern“ oder anderen Beobachtern. Der Schutz der Vertraulichkeit sei von der Verwaltung stets als Voraussetzung ihrer Tätigkeit betrachtet worden. Eine zuverlässige Feststellung, inwieweit die in den Stellungnahmen dargestellten Erkenntnisse auf vertraulichen Informationen oder öffentlichen Quellen beruhten, sei nicht möglich. Ebenso wenig lasse sich den Stellungnahmen des Bundesverwaltungsamtes mit der gebotenen Zuverlässigkeit entnehmen, welche vertraulich erhobenen Informationen bei einer Offenlegung eine Identifizierung der Informanten ermögliche. Soweit dies im Einzelnen von Kenntnissen der internen Strukturen der Glaubensgemeinschaft abhänge, sei dem schutzwürdigen Interesse der Informanten an der Wahrung der Vertraulichkeit der Vorrang einzuräumen. Hinsichtlich der beiden noch streitbefangenen Bürgeranfragen (Bl. 16 bis 23 und Bl. 24 bis 31 der Akte Nr.2) würde auch eine Schwärzung von Name und Anschrift nicht zu einem ausreichenden Schutz führen. Angesichts des engen örtlichen Bezugs, in dem die Glaubensgemeinschaft agiere und viele ihrer Anhänger lebten, könne aus den in den Anfragen enthaltenen Sachinformationen auf die Identität der betroffenen Personen geschlossen werden. Mit Blick auf den konkreten Inhalt der Anfragen seien soziale Nachteile für die Betroffenen zu befürchten, obwohl sie auf die vertrauliche Behandlung der von ihnen weitergegebenen Informationen vertraut hätten.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 8. Dezember 2011 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt im Wesentlichen das erstinstanzliche Urteil und macht ergänzend geltend, dass der die Durchführung eines laufenden Gerichtsverfahrens betreffende Ausschlussgrund nicht die Erfolgsaussichten der Beklagten vor Gericht, sondern die Integrität des gerichtlichen Verfahrens schütze. Diese sei vorliegend durch eine stattgebende Entscheidung nicht gefährdet. Zudem sei zwischen den beiden Informationssammlungen juristisch zu unterscheiden, auch wenn sie faktisch teilweise identisch seien. Soweit die Beratungen des Bund-Länder-Gesprächskreises nach den Angaben der Beklagten nur ausnahmsweise der echten Willensbildung im Sinne der Vorbereitung einer Entscheidung dienten, könne eine geschwärzte Weitergabe der Protokolle die Arbeit des Gesprächskreises auch nicht grundlegend in Frage stellen. Worin eine sonstige mögliche Beeinträchtigung der Beratungen durch eine Weitergabe der Informationen liegen könne, habe die Beklagte nicht vorgetragen. Die Beklagte gehe schließlich davon aus, dass pauschal alles, was ihr von Dritten über die Glaubensgemeinschaft zugetragen werde, geschützt sei. Dies treffe nicht zu; vielmehr müsse sie auch insoweit das Vorliegen eines Ausschlussgrundes im Einzelfall konkret plausibilisieren. Der allgemeine Hinweis, dass die Identität von Personen durch die Weitergabe von Informationen ermittelt werden könne, reiche dafür nicht aus.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Streitakte und die von der Beklagten eingereichten Verwaltungsvorgänge verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung des Senats gewesen sind.

Die Berufung der Beklagten hat überwiegend keinen Erfolg. Hinsichtlich der im Berufungsverfahren noch streitigen Akte Nr.1 (dazu I.) und der in Akte Nr.2 enthaltenen Stellungnahmen des Bundesverwaltungsamtes (dazu II.) hat das Verwaltungsgericht der Klage zu Recht stattgegeben. Dem Kläger steht insoweit ein Anspruch auf den begehrten Informationszugang zu (§113 Abs.5 Satz1 VwGO). Hinsichtlich der beiden noch streitbefangenen Bürgeranfragen in der Akte Nr.2 hat die Berufung dagegen teilweise Erfolg (dazu III.); insoweit ist die Beklagte mangels Durchführung des Drittbeteiligungsverfahrens zur Neubescheidung verpflichtet (§113 Abs.5 Satz2 VwGO).

I. Anspruchsgrundlage für das Informationsbegehren des Klägers ist §1 Abs.1 Satz1 des Gesetzes zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes (IFG). Danach hat jeder nach Maßgabe des Gesetzes gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. Die tatbe-standlichen Voraussetzungen der Vorschrift sind unstreitig erfüllt. Die von der Beklagten in Bezug auf die Akte Nr.1 angeführten Ausschlussgründe stehen dem Anspruch des Klägers auf Akteneinsicht nicht entgegen.

  1. Auf den Schutz der Durchführung eines laufenden Gerichtsverfahrens kann sich die Beklagte nicht mit Erfolg berufen.

Nach §3 Nr.1 Buchst. g IFG besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn das Bekanntwerden der Information u.a. nachteilige Auswirkungen auf die Durchführung eines laufenden Gerichtsverfahrens haben kann. Der Ausschlussgrund dient dem Schutz der Rechtspflege gegen Beeinträchtigungen durch das Bekanntwerden verfahrensrelevanter Informationen. Neben der Unabhängigkeit der Gerichte soll der ordnungsgemäße Ablauf des gerichtlichen Verfahrens vor Nachteilen durch die Veröffentlichung einer amtlichen Information geschützt werden (BVerwG, Beschluss vom 9. November 2000 - 7 B 43.10 - juris Rn. 12; Urteil vom 28. Oktober 1999 - 7 C 32.98 - BVerwGE 110, 17, zitiert nach juris Rn. 21 zu §7 Abs.1 Nr.2 UIG a.F.). Die Vorschrift schützt dagegen nicht die Erfolgsaussichten der öffentlichen Hand vor Gericht; der Schutz verfahrens- oder materiellrechtlicher Positionen einer Behörde wird vom Anwendungsbereich des Ausnahmetatbestandes nicht erfasst (BVerwG, Beschluss vom 9. November 2000, a.a.O.; OVG Hamburg, Beschluss vom 16. April 2012 - 5 Bf 241/10.Z - juris Rn. 17; Scherzberg/Solka, in: Fluck/Theuer, Informationsfreiheitsrecht, Stand: Oktober 2012, §3 Rn. 113).

Gemessen hieran greift der Ausschlussgrund vorliegend nicht ein. Der von der Beklagten vorgetragene Nachteil bezieht sich allein auf eine mögliche Erledigung des gegenwärtig beim zuständigen Oberverwaltungsgericht anhängigen Klageverfahrens gegen das Bundesverwaltungsamt. Angesichts der teilweise identischen Aktenbestände sieht sie ihre Erfolgsaussichten in dem dortigen Verfahren gefährdet, wenn dem Kläger im hiesigen Verfahren der begehrte Informationszugang gewährt wird. Ein solcher auf den individuellen Prozesserfolg abstellender Nachteil liegt außerhalb des Schutzwecks der Vorschrift. Er stellt die Integrität der Rechtspflege und den ordnungsgemäßen Verfahrensablauf beider Verwaltungsprozesse nicht in Frage, sondern ist letztlich Ausdruck eines dezentralisierten Rechtsschutzsystems, in dem die Möglichkeit divergierender Entscheidungen von Gerichten besteht. Die gegenteilige Argumentation der Beklagten hätte zur Folge, dass der Ausschlussgrund in einer Fallkonstellation wie vorliegend, in der zwei getrennte gerichtliche Verfahren zu einem faktisch teilweise identischen Informationsbestand gegenüber unterschiedlichen Behörden anhängig sind, jeweils in beiden Prozessen geltend gemacht werden könnte. Da sich regelmäßig nicht absehen lässt, ob das zunächst eingeleitete Verfahren auch als erstes rechtskräftig abgeschlossen wird, würde der Ausschlussgrund damit potentiell beide Gerichte binden. Eine derartige „wechselseitige Blockade“ dient erkennbar nicht dem Schutz der Rechtspflege, sondern allein der Vermeidung faktischer Nachteile für die in Anspruch genommenen Behörden, die es im Übrigen in der Hand haben, etwaigen von ihnen befürchteten Nachteilen durch die Art der Aktenführung zu begegnen.

  1. Der Ausschlussgrund des §3 Nr.3 Buchst. b IFG liegt gleichfalls nicht vor. Nach der genannten Vorschrift besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn und solange die Beratungen von Behörden beeinträchtigt werden. Zu Recht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die Beklagte eine Beeinträchtigung der behördlichen Beratungen hinsichtlich der streitbefangenen Akte Nr.1 nicht plausibel dargelegt hat.

Dabei kann dahinstehen, ob der Ausnahmetatbestand nur solche behördlichen Beratungen schützt, die der Vorbereitung einer Entscheidung dienen (vgl. in diese Richtung: Schoch, IFG, §3 Rn. 122, 124), oder ob - wie im vorliegenden Fall - auch eine institutionalisierte Dauerkonsultation ohne absehbares Ende, die in der Regel nicht der Vorbereitung einer konkreten staatlichen Entscheidung dient, von der Norm erfasst wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. November 2011 - 7 C 4.11 - juris Rn. 31 f.; Beschluss vom 18. Juli 2011 - 7 B 14.11 - juris Rn. 5). Denn auch bei Zugrundelegung einer weiteren Auslegung des Ausschlusstatbestandes, die maßgeblich auf den Schutzzweck der Gewährleistung eines unbefangenen und freien Meinungsaustausches abstellt, wird die Fähigkeit der Beklagten, ihre Beratungen in der bisher durchgeführten Form fortzusetzen, durch das Informationsbegehren des Klägers nicht in Frage gestellt.

Zwar ist nach dem Vortrag der Beklagten nicht auszuschließen, dass eine vollständige Veröffentlichung der Protokolle des Bund-Länder-Gesprächskreises „So genannte Sekten und Psychogruppen“ dazu führen könnte, dass die Diskussion zwischen den Teilnehmern nicht mehr in gleicher Offenheit wie bisher stattfindet. Damit wäre die Aufgabe des Gesprächskreises, Erkenntnisse auszutauschen und unbefangen eigene Bewertungen und mit ihnen verknüpfte Handlungsoptionen zu diskutieren, in der Tat beeinträchtigt. Das Begehren des Klägers bezieht sich jedoch ausweislich seines Klageantrags allein auf die Teile der Protokolle, die die von ihm getragene Glaubensgemeinschaft betreffen. Zudem hat er sich ausdrücklich mit der Schwärzung personenbezogener Daten - Namen, Anschriften und Kommunikationsdaten Dritter - einverstanden erklärt. Gegenstand des Informationsbegehrens ist damit nur ein kleiner Ausschnitt der Protokolle; auch nach den Einlassungen der Beklagten in der mündlichen Verhandlung handelt es sich nur um wenige kurze Auszüge. Dass eine Bekanntgabe allein dieser Informationen die Aufgabenerfüllung des Gesprächskreises gefährden und die notwendige Vertraulichkeit der behördlichen Beratungen nachteilig beeinflussen würde, ist weder nachvollziehbar dargetan noch erkennbar. Ebenso wenig lässt sich dem Vortrag der Beklagten entnehmen, dass selbst ein derart eingeschränkter Informationsanspruch ein besonderes Schutzbedürfnis der weder namentlich genannten noch durch Anschrift oder sonstige Kommunikationsdaten identifizierbaren Beratungsteilnehmer begründen würde. Die allgemeinen Ausführungen der Beklagten zu den Folgen einer Offenlegung der Protokolle und der Schutzbedürftigkeit der Teilnehmer werden den konkreten Umständen des Einzelfalles ersichtlich nicht gerecht. Dies gilt umso mehr, als sie selbst auf die veränderten Bewertungen und politischen Bedingungen des Gesprächskreises in den letzten zehn Jahren verwiesen hat, die hier in Rede stehenden Protokolle aus den Jahren 2001 bis 2009 stammen und nach ihren eigenen Angaben ein besonderes „Gefährdungspotential“ bei der vom Kläger getragenen Glaubensgemeinschaft weder in dem genannten Zeitraum noch aktuell festgestellt worden ist.

Das Eingreifen des Ausschlussgrundes lässt sich nach allem auch nicht damit rechtfertigen, dass im Gefolge einer durch Klage erzwungenen Veröffentlichung einzelner Ausschnitte der Protokolle weitere Informationsbegehren anderer betroffener Gruppen zu erwarten wären, die weitergehende nachteilige Auswirkungen auf die Beratungen des Gesprächskreises hätten. Für die Entscheidung des vorliegenden Falles kann allein auf das konkrete Begehren des Klägers abgestellt werden. Ein Präjudiz für Informationsbegehren anderer Antragsteller ist damit nicht verbunden. Sollten für andere Informationsanträge abweichende Konsequenzen für die behördliche Beratungspraxis abzusehen sein, könnten diese einzelfallbezogen auch rechtlich anders zu würdigen sein.

II. Dem Kläger steht nach §1 Abs.1 Satz1 IFG auch ein Anspruch auf Informationszugang zu den in der Akte Nr.2 enthaltenen Stellungnahmen des Bundesverwaltungsamtes zu.

  1. Der auch insoweit geltend gemachten Ausschlussgrund des §3 Nr.1 g IFG greift nicht ein. Die vorstehend dargelegten Gründe, aus denen sich die Beklagte nicht auf den Schutz der Durchführung eines laufenden Gerichtsverfahrens berufen kann, gelten in gleicher Weise auch für die noch streitigen Unterlagen aus der Akte Nr.2.

  2. Dem Begehren des Klägers steht auch nicht der Schutz zugesicherter Vertraulichkeit entgegen. Der bloße Hinweis der Beklagten, dass die vom Bundesverwaltungsamt erstellten Stellungnahmen durchweg vertraulich erhobene und übermittelte Informationen enthielten und der Schutz der Vertraulichkeit von der Verwaltung stets als Voraussetzung ihrer Tätigkeit betrachtet worden sei, vermag das Vorliegen des Versagungsgrundes des §3 Nr.7 IFG nicht zu belegen.

Mit Blick auf die Systematik der gesetzlichen Ausschlussgründe und den Schutzzweck der Vorschrift ist der Anwendungsbereich des Ausschlusstatbestandes erst dann eröffnet, wenn neben der ausdrücklichen oder konkludenten Abrede von Vertraulichkeit auch materiell ein objektiv schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse besteht. Die im Einzelnen zum Schutz öffentlicher Interessen geregelten Ausschlussgründe, die grundsätzlich eng auszulegen sind, würden unterlaufen werden, wenn bereits der Umstand einer vertraulichen Informationsübermittlung für sich genommen ohne Hinzutreten eines objektiv anzuerkennenden Schutzbedürfnisses zum Ausschluss des Informationszugangs führen würde (Urteil des Senats vom 28. Juni 2013 - OVG 12 B 9.12 - juris Rn. 35 m.w.N.). Gemessen hieran hat die Beklagte ein schutzwürdiges Interesse an der Geheimhaltung der vom Bundesverwaltungsamt erarbeiteten Stellungnahmen nicht dargelegt.

Nach den eigenen Angaben der Beklagten beruhen die Stellungnahmen auf Erkenntnissen des Bundesverwaltungsamtes, die teilweise aus vertraulich übermittelten oder erhobenen Informationen und teilweise aus öffentlich zugänglichen Quellen stammen. Die Art der Aktenführung lasse eine zuverlässige Feststellung, welche Erkenntnismittel einer Stellungnahme zu Grunde gelegt worden seien, nicht zu; die Wahrung der Vertraulichkeit sei im Einzelnen nicht aktenkundig gemacht worden. Die vom Bundesverwaltungsamt erarbeiteten Stellungnahmen enthielten zudem keine namentlichen Angaben zu einzelnen Informanten, sondern nur zusammengefasste Beurteilungen der der Verwaltung vorliegenden vertraulichen Berichte. Hinsichtlich des von der Beklagten geltend gemachten Schutzes der Informationsgeber fehlt es danach an konkreten und nachvollziehbaren Anhaltspunkten, dass dem Informationsbegehren des Klägers, das sich ohnehin nicht auf personenbezogene Daten erstreckt, ein objektiv schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse entgegensteht. Dass eine Bekanntgabe der in der Akte Nr.2 enthaltenen Stellungnahmen zu einer Individualisierung der Informanten führen könnte, stellt angesichts ihres dargelegten Inhalts eine reine Spekulation dar. Dem pauschalen Vortrag der Beklagten lässt sich weder entnehmen, inwieweit die zusammengefasste Beurteilung von vertraulichen Berichten Rückschlüsse auf bestimmte Personen zulässt, noch ist konkret dargetan, welche Nachteile Dritte bei einer Offenlegung der Stellungnahmen zu gegenwärtigen hätten.

Ebenso wenig ist nach dem Vorbringen der Beklagten erkennbar, dass die Gewährung von Informationszugang geeignet ist, die Aufgabenwahrnehmung des Bundesverwaltungsamtes oder des in Anspruch genommenen Ministeriums zu gefährden (Urteil des Senats vom 28. Juni 2013, a.a.O., Rn 37; Schoch, a.a.O., §3 Rn. 192). Der Hinweis auf den bisher stets als erforderlich angesehenen Schutz der Vertraulichkeit gibt dafür nichts her. Er lässt bereits einen konkreten Bezug zum Kläger nicht erkennen. Dass eine ordnungsgemäße staatliche Aufgabenerledigung auch im Falle der vom Kläger getragenen Glaubens-gemeinschaft von vertraulich zugetragenen Informationen Dritter abhängt, ist von der Beklagten nicht substantiiert dargetan. Eine allgemeine Bereichsausnahme für die Tätigkeit des Bundesverwaltungsamtes im Rahmen des hier in Rede stehenden Themenkreises sieht das Gesetz nicht vor. Im Übrigen kann dem als notwendig erachteten Schutz der Vertraulichkeit auch im vorliegenden Zusammenhang durch eine entsprechende Aktenführung Rechnung getragen werden, indem als besonders schutzwürdig erachtete Informationen gesondert geführt werden.

III. Hinsichtlich der darüber hinaus noch streitbefangenen Bürgeranfragen (Bl. 16 bis 23 und Bl. 24 bis 31 der Akte Nr.2) hat die Berufung der Beklagten dagegen teilweise Erfolg. Ein Anspruch auf Einsicht in diese Unterlagen steht dem Kläger nach dem derzeitigen Sachstand nicht zu; die Beklagte ist jedoch verpflichtet, über den Antrag des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden (§113 Abs.5 Satz2 VwGO).

  1. Ob hinsichtlich der vorgenannten Unterlagen der Ausschlussgrund des §3 Nr.7 IFG eingreift, der vorrangig dem Schutz besonderer öffentlicher Interessen dient, kann im Ergebnis dahinstehen. Denn nach den nachvollziehbaren Angaben der Beklagten enthalten die beiden dem Kläger noch nicht zugänglich gemachten Bürgeranfragen jedenfalls personenbezogene Daten, die dem Schutz des §5 Abs.1 Satz1 IFG unterliegen.

Personenbezogene Daten sind Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren Person (§3 Abs.1 Bundes-datenschutzgesetz). Ein derartiger Personenbezug ist hier gegeben. Die Beklagte hat im Berufungsverfahren plausibel dargelegt, dass sich die beiden in Rede stehenden Bürgeranfragen von ihrem Inhalt und ihrem engen örtlichen Bezug her von den anderen dem Kläger bereits offengelegten Anfragen unterscheiden. In beiden Fällen habe der betroffene Bürger viel über sich und seine eigene Bewertung der Glaubensgemeinschaft geschrieben; auch bei einer Schwärzung der Namen der Betroffenen könnten diese aufgrund der in den Anfragen enthaltenen Sachinformationen identifiziert werden. Dies begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Soweit auch Angaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmbaren Person als personenbezogene Daten geschützt sind, kann nicht allein auf eine formale Anonymisierung - hier in Form der Schwärzung von Namen - abgestellt werden. Vielmehr ist auch zu prüfen, ob die begehrten Informationen in dem konkreten Kontext, in dem sie stehen, hinreichende Anhaltspunkte für eine mögliche Identifizierung und eine damit verbundene Verletzung der Persönlichkeitsrechte der Betroffenen bieten (vgl. Urteil des Senats vom 7. Juni 2012 - OVG 12 B 34.10 - juris Rn. 26). Gemessen hieran kann das Vorliegen schutzwürdiger personenbezogener Daten angesichts des engen und überschaubaren Lebenszusammenhangs, der die Anfragen nach den schlüssigen Angaben der Beklagten kennzeichnet, nicht mit der erforderlichen Gewissheit verneint werden.

Eine Verpflichtung der Beklagten zur erneuten Entscheidung ergibt sich danach bereits daraus, dass sie es vor Ablehnung des Informationszugangs unterlassen hat, eine etwaige Einwilligung der Betroffenen mit einer Offenlegung der noch streitigen Unterlagen einzuholen. Nach §5 Abs.1 Satz1 IFG darf Zugang zu personenbezogenen Daten nur gewährt werden, soweit das Informationsinteresse des Antragstellers das schutzwürdige Interesse des Dritten am Ausschluss des Informationszugangs überwiegt oder der Dritte eingewilligt hat. Bei einer wirksam erteilten Einwilligung ist für eine Abwägung der widerstreitenden Interessen kein Raum; in diesem Fall steht dem Kläger ohne weitere Prüfung ein Anspruch auf den begehrten Informationszugang zu. Die Beklagte durfte sich daher nicht ohne Durchführung des gesetzlich vorgesehenen Drittbeteiligungsverfahrens (§8 Abs.1 IFG) auf den Ausschlussgrund des Schutzes personenbezogener Daten berufen (vgl. Urteil des Senats vom 17. Januar 2011 - OVG 12 B 69.07 - juris Rn. 29 m.w.N.). Vielmehr ist sie verpflichtet, vor einer abschließenden Entscheidung über den Antrag des Klägers die bislang unterbliebene Beteiligung der betroffenen Dritten nachzuholen.

  1. Für den Fall, dass eine Einwilligung mit einer Offenlegung der beiden streitbefangenen Bürgeranfragen nicht erteilt wird, steht dem Kläger allerdings kein Anspruch auf Informationszugang zu. Die in diesem Fall gebotene Abwägung fällt zu seinen Lasten aus; auf ein das entgegenstehende Geheimhaltungs-interesse der Betroffenen überwiegendes Informationsinteresse kann sich der Kläger nicht stützen.

Bei der Frage, welches Gewicht der Offenbarung personenbezogener Daten zukommt, ist auf die konkreten Umstände des Einzelfalles und die Art der in Rede stehenden personenbezogenen Angaben abzustellen (Urteil des Senats vom 28. Juni 2013, a.a.O., Rn. 41 m.w.N.). Hiernach kommt den schutzwürdigen Interessen der betroffenen Dritten an einem Ausschluss des Informationszugangs ein erhebliches Gewicht zu. Bei den vorliegend in Rede stehenden personenbezogenen Daten handelt es sich nach dem schlüssigen Vorbringen der Beklagten um Angaben, die der privaten Lebensgestaltung zuzuordnen sind. Dies gilt sowohl für die Angaben, die sich auf die Betroffenen selbst beziehen, als auch für die Angaben, die ihre subjektiven Einschätzungen zu der vom Kläger getragenen Glaubensgemeinschaft betreffen und die nach dem Vortrag der Beklagten gleichfalls Gegenstand der beiden Bürgeranfragen sind. Die Beklagte hat insoweit nicht nur nachvollziehbar dargelegt, dass eine Weitergabe der in den Anfragen enthaltenen Informationen angesichts des engen örtlichen Bezugs und des in Rede stehenden Lebenssachverhalts die Möglichkeit einer Identifizierung der betroffenen Bürger eröffnet. Sie hat auch nachvollziehbar dargetan, dass ein Rückschluss auf die Identität der Anfragenden gerade wegen der geringen Anonymität der örtlichen Gemeinschaften nachteilige Folgen für die Lebensführung der betroffenen Personen haben kann. Soweit die Glaubensgemeinschaft in einem leicht überschaubaren sozialen Zusammenhang eine wichtige Rolle spielt, kann eine solche Möglichkeit nicht von der Hand gewiesen werden. Dem damit angesprochenen schutzwürdigen Interesse der Betroffenen an einer Geheimhaltung ihrer personenbezogener Daten steht kein überwiegendes Informationsinteresse des Klägers gegenüber. Besondere Umstände, aus denen der Kläger gerade auf einen Zugang zu den beiden noch streitigen Bürgeranfragen angewiesen ist, sind weder dargetan noch angesichts der ihm bereits zugänglich gemachten bzw. nach der Entscheidung des Senats noch offenzulegenden Informationen ersichtlich.

Die Kostenentscheidung folgt aus §155 Abs.1 Satz1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §167 Satz1 VwGO in Verbindung mit §§708 Nr.10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in §132 Abs.2 VwGO genannten Gründe vorliegt.

Tatbestand

Der Kläger, der Trägerverein einer Glaubensgemeinschaft, begehrt Zugang zu Informationen, die die Beklagte über die Glaubensgemeinschaft vorhält.

Im Februar 2010 beantragte der Kläger beim Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, ihm im Wege der Akteneinsicht Zugang zu den dort über die Glaubensgemeinschaft vorliegenden Informationen zu gewähren. Mit Bescheid vom 15. März 2010 sowie Widerspruchsbescheid vom 17. Mai 2010 lehnte das Ministerium den Antrag unter Hinweis auf ein im Wesentlichen gleichlautendes Informationsbegehren des Klägers gegenüber dem Bundesverwaltungsamt ab. Die im Ministerium vorhandenen Akten enthielten ausnahmslos Unterlagen, die auch Bestandteil der Akten des Bundesverwaltungsamtes seien; die Gewährung von Informationszugang könne daher nachteilige Auswirkungen auf das bereits beim Verwaltungsgericht Köln anhängige Klageverfahren haben.

Mit der gegen die vorgenannten Bescheide erhobenen Klage hat der Kläger sein Informationsbegehren weiterverfolgt. Im Verlauf des erstinstanzlichen Verfahrens hat die Beklagte mitgeteilt, dass sie über insgesamt acht Aktenbände zur Glaubensgemeinschaft Universelles Leben verfüge. Hinsichtlich der Akten Nr.3 bis Nr.8 hat sie dem Kläger uneingeschränkt Akteneinsicht gewährt; hinsichtlich der Akte Nr.2 („Bürgeranfragen/Auskunftsersuchen zu UL“) ist dem Kläger teilweise Informationszugang gewährt worden. Insoweit haben die Beteiligten den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt.

Hinsichtlich der noch streitigen Akte Nr.1 („Protokolle der Sitzungen der Bund-Länder-Gesprächskreise ‚So genannte Sekten und Psychogruppen‘ BLG“) und der noch streitigen Teile der Akte Nr.2 (Stellungnahmen des Bundesverwaltungsamtes, Bürgeranfragen) hat das Verwaltungsgericht der Klage, nachdem der Kläger klargestellt hatte, auf den Zugang zu personenbezogenen Daten Dritter zu verzichten, mit Urteil vom 8. Dezember 2011 stattgegeben. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt:

Dem Kläger stehe ein Anspruch auf Einsicht in die das Universelle Leben betreffenden Teile der Akte Nr.1 und die noch streitbefangenen Teile der Akte Nr.2 zu. Dem begehrten Informationszugang stünden keine Ausschlussgründe entgegen. Auf den Schutz eines laufenden Gerichtsverfahrens könne sich die Beklagte nicht mit Erfolg berufen. Das anhängige Klageverfahren vor dem Verwaltungsgericht Köln und das hiesige Klageverfahren beträfen unterschiedliche Aktenbestände; eine Informationsgewährung im vorliegenden Verfahren führe daher nicht zur Erledigung des gegen das Bundesverwaltungsamt gerichteten Klageverfahrens. Andere Ausschlussgründe habe die Beklagte nicht plausibel dargelegt. Soweit sie sich hinsichtlich der Akte Nr.1 auf eine Beeinträchtigung der Beratungen von Behörden berufe, fehle es bereits an einer substantiierten Darlegung, ob die den Kläger betreffenden Teile der Protokolle der Bund-Länder-Gesprächskreise überhaupt Informationen zum eigentlichen Vorgang der behördlichen Entscheidungsfindung enthielten. Davon abgesehen habe die Beklagte nicht dargetan, weshalb sich eine Einsicht in die - hinsichtlich Namen, Anschriften und Kommunikationsdaten Dritter - geschwärzten Protokolle behindernd oder hemmend auf die Beratungen von Behörden auswirken könne. Der darüber hinaus geltend gemachte Ausschlussgrund des Schutzes vertraulich erhobener oder übermittelter Information greife nur im Verhältnis zwischen Verwaltung und privaten Dritten ein. Die von der Beklagten allein angeführte vertrauliche Informationsübermittlung zwischen Behörden sei vom Schutzzweck der Vorschrift nicht erfasst. Hinsichtlich der noch streitigen Teile der Akte Nr.2 fehle es gleichfalls an nachvollziehbaren Angaben, dass diese vertrauliche Informationen im Sinne des gesetzlichen Ausschlussgrundes enthielten. Dies gelte sowohl für die auf Anfragen von Bürgern erstellten Stellungnahmen des Bundesverwaltungsamtes als auch die Anfragen selber. Dass auch bei einem eingeschränkten Informationszugang unter Schwärzung personenbezogener Daten Rückschlüsse auf die Identität der Anfragenden möglich seien, sei von der Beklagten lediglich behauptet, nicht aber durch näheren Vortrag zum Akteninhalt plausibel gemacht worden.

Hiergegen richtet sich die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung der Beklagten.

Unter Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens macht sie geltend, dass eine dem Informationsbegehren des Klägers stattgebende Entscheidung im hiesigen Verfahren zur Folge hätte, dass sich das Klageverfahren gegen das Bundesverwaltungsamt, das derzeit beim zuständigen Oberverwaltungsgericht anhängig sei, erledigen würde. Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts könne insoweit nicht auf das Vorliegen unterschiedlicher Aktenbestände abgestellt werden. Da die hier in Rede stehenden Informationen auch Gegenstand des gegen das Bundesverwaltungsamt gerichteten Klageverfahrens seien, könnte die im dortigen Verfahren abgegebene Sperrerklärung nach gewährter Akteneinsicht nicht mehr aufrechterhalten werden; der Kläger hätte auch sein dortiges Klageziel erreicht. Sowohl hinsichtlich der Akte Nr.1 als auch der streitigen Bestandteile der Akte Nr.2 hätte das Bekanntwerden der Informationen daher nachteilige Auswirkungen auf die Durchführung eines laufenden Gerichtsverfahrens.

Hinsichtlich der Akte Nr.1 greife zudem der Schutz der Beratungen von Behörden ein. Das Verwaltungsgericht habe zu hohe Anforderungen an die Substantiierung des Ausschlussgrundes gestellt. Bereits erstinstanzlich sei deutlich gemacht worden, dass die Protokolle des Bund-Länder-Gesprächskreises „So genannte Sekten und Psychogruppen“ nicht nur Beratungsergebnisse enthielten, sondern auch den Verlauf der Beratungen einschließlich der Diskussionsbeiträge eingehend dokumentierten. Bei einer Offenlegung der Protokolle sei ein unbefangener Meinungsaustausch, wie er bisher im Gesprächskreis gepflegt werde und seiner Funktion als Instrument der Gefahrenabwehr entspreche, nicht mehr möglich. Die Beratungsteilnehmer würden sich genötigt sehen, ihre subjektiven Einschätzungen und Auffassungen nicht mehr offen und unbefangen zu äußern, wenn sie mit einer Veröffentlichung rechnen und persönliche Repressalien befürchten müssten. Angesichts des begrenzten Teilnehmerkreises von Fachleuten auf Bundes- und Länderebene lasse sich diese Gefahr weder durch eine Schwärzung von Namen, Anschriften und Kommunikationsdaten ausschließen, noch stehe die Tatsache, dass die streitgegenständlichen Protokolle den Zeitraum von Mai 2001 bis November 2009 umfassten, der Schutzbedürftigkeit der Teilnehmer entgegen. Die Zuordnung der protokollierten Äußerungen zu einzelnen Teilnehmern sei häufig schon durch deren Inhalt möglich.

Der Kläger habe auch keinen Anspruch auf Einsicht in die ihm noch nicht zugänglich gemachten Teile der Akte Nr.2. Die in der Akte enthaltenen Stellungnahmen des Bundesverwaltungsamtes enthielten durchweg vertraulich erhobene oder übermittelte Informationen von Mitgliedern der Glaubensgemeinschaft, von „Aussteigern“ oder anderen Beobachtern. Der Schutz der Vertraulichkeit sei von der Verwaltung stets als Voraussetzung ihrer Tätigkeit betrachtet worden. Eine zuverlässige Feststellung, inwieweit die in den Stellungnahmen dargestellten Erkenntnisse auf vertraulichen Informationen oder öffentlichen Quellen beruhten, sei nicht möglich. Ebenso wenig lasse sich den Stellungnahmen des Bundesverwaltungsamtes mit der gebotenen Zuverlässigkeit entnehmen, welche vertraulich erhobenen Informationen bei einer Offenlegung eine Identifizierung der Informanten ermögliche. Soweit dies im Einzelnen von Kenntnissen der internen Strukturen der Glaubensgemeinschaft abhänge, sei dem schutzwürdigen Interesse der Informanten an der Wahrung der Vertraulichkeit der Vorrang einzuräumen. Hinsichtlich der beiden noch streitbefangenen Bürgeranfragen (Bl. 16 bis 23 und Bl. 24 bis 31 der Akte Nr.2) würde auch eine Schwärzung von Name und Anschrift nicht zu einem ausreichenden Schutz führen. Angesichts des engen örtlichen Bezugs, in dem die Glaubensgemeinschaft agiere und viele ihrer Anhänger lebten, könne aus den in den Anfragen enthaltenen Sachinformationen auf die Identität der betroffenen Personen geschlossen werden. Mit Blick auf den konkreten Inhalt der Anfragen seien soziale Nachteile für die Betroffenen zu befürchten, obwohl sie auf die vertrauliche Behandlung der von ihnen weitergegebenen Informationen vertraut hätten.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 8. Dezember 2011 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er verteidigt im Wesentlichen das erstinstanzliche Urteil und macht ergänzend geltend, dass der die Durchführung eines laufenden Gerichtsverfahrens betreffende Ausschlussgrund nicht die Erfolgsaussichten der Beklagten vor Gericht, sondern die Integrität des gerichtlichen Verfahrens schütze. Diese sei vorliegend durch eine stattgebende Entscheidung nicht gefährdet. Zudem sei zwischen den beiden Informationssammlungen juristisch zu unterscheiden, auch wenn sie faktisch teilweise identisch seien. Soweit die Beratungen des Bund-Länder-Gesprächskreises nach den Angaben der Beklagten nur ausnahmsweise der echten Willensbildung im Sinne der Vorbereitung einer Entscheidung dienten, könne eine geschwärzte Weitergabe der Protokolle die Arbeit des Gesprächskreises auch nicht grundlegend in Frage stellen. Worin eine sonstige mögliche Beeinträchtigung der Beratungen durch eine Weitergabe der Informationen liegen könne, habe die Beklagte nicht vorgetragen. Die Beklagte gehe schließlich davon aus, dass pauschal alles, was ihr von Dritten über die Glaubensgemeinschaft zugetragen werde, geschützt sei. Dies treffe nicht zu; vielmehr müsse sie auch insoweit das Vorliegen eines Ausschlussgrundes im Einzelfall konkret plausibilisieren. Der allgemeine Hinweis, dass die Identität von Personen durch die Weitergabe von Informationen ermittelt werden könne, reiche dafür nicht aus.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Streitakte und die von der Beklagten eingereichten Verwaltungsvorgänge verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung des Senats gewesen sind.

Die Berufung der Beklagten hat überwiegend keinen Erfolg. Hinsichtlich der im Berufungsverfahren noch streitigen Akte Nr.1 (dazu I.) und der in Akte Nr.2 enthaltenen Stellungnahmen des Bundesverwaltungsamtes (dazu II.) hat das Verwaltungsgericht der Klage zu Recht stattgegeben. Dem Kläger steht insoweit ein Anspruch auf den begehrten Informationszugang zu (§113 Abs.5 Satz1 VwGO). Hinsichtlich der beiden noch streitbefangenen Bürgeranfragen in der Akte Nr.2 hat die Berufung dagegen teilweise Erfolg (dazu III.); insoweit ist die Beklagte mangels Durchführung des Drittbeteiligungsverfahrens zur Neubescheidung verpflichtet (§113 Abs.5 Satz2 VwGO).

I. Anspruchsgrundlage für das Informationsbegehren des Klägers ist §1 Abs.1 Satz1 des Gesetzes zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes (IFG). Danach hat jeder nach Maßgabe des Gesetzes gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. Die tatbe-standlichen Voraussetzungen der Vorschrift sind unstreitig erfüllt. Die von der Beklagten in Bezug auf die Akte Nr.1 angeführten Ausschlussgründe stehen dem Anspruch des Klägers auf Akteneinsicht nicht entgegen.

  1. Auf den Schutz der Durchführung eines laufenden Gerichtsverfahrens kann sich die Beklagte nicht mit Erfolg berufen.

Nach §3 Nr.1 Buchst. g IFG besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn das Bekanntwerden der Information u.a. nachteilige Auswirkungen auf die Durchführung eines laufenden Gerichtsverfahrens haben kann. Der Ausschlussgrund dient dem Schutz der Rechtspflege gegen Beeinträchtigungen durch das Bekanntwerden verfahrensrelevanter Informationen. Neben der Unabhängigkeit der Gerichte soll der ordnungsgemäße Ablauf des gerichtlichen Verfahrens vor Nachteilen durch die Veröffentlichung einer amtlichen Information geschützt werden (BVerwG, Beschluss vom 9. November 2000 - 7 B 43.10 - juris Rn. 12; Urteil vom 28. Oktober 1999 - 7 C 32.98 - BVerwGE 110, 17, zitiert nach juris Rn. 21 zu §7 Abs.1 Nr.2 UIG a.F.). Die Vorschrift schützt dagegen nicht die Erfolgsaussichten der öffentlichen Hand vor Gericht; der Schutz verfahrens- oder materiellrechtlicher Positionen einer Behörde wird vom Anwendungsbereich des Ausnahmetatbestandes nicht erfasst (BVerwG, Beschluss vom 9. November 2000, a.a.O.; OVG Hamburg, Beschluss vom 16. April 2012 - 5 Bf 241/10.Z - juris Rn. 17; Scherzberg/Solka, in: Fluck/Theuer, Informationsfreiheitsrecht, Stand: Oktober 2012, §3 Rn. 113).

Gemessen hieran greift der Ausschlussgrund vorliegend nicht ein. Der von der Beklagten vorgetragene Nachteil bezieht sich allein auf eine mögliche Erledigung des gegenwärtig beim zuständigen Oberverwaltungsgericht anhängigen Klageverfahrens gegen das Bundesverwaltungsamt. Angesichts der teilweise identischen Aktenbestände sieht sie ihre Erfolgsaussichten in dem dortigen Verfahren gefährdet, wenn dem Kläger im hiesigen Verfahren der begehrte Informationszugang gewährt wird. Ein solcher auf den individuellen Prozesserfolg abstellender Nachteil liegt außerhalb des Schutzwecks der Vorschrift. Er stellt die Integrität der Rechtspflege und den ordnungsgemäßen Verfahrensablauf beider Verwaltungsprozesse nicht in Frage, sondern ist letztlich Ausdruck eines dezentralisierten Rechtsschutzsystems, in dem die Möglichkeit divergierender Entscheidungen von Gerichten besteht. Die gegenteilige Argumentation der Beklagten hätte zur Folge, dass der Ausschlussgrund in einer Fallkonstellation wie vorliegend, in der zwei getrennte gerichtliche Verfahren zu einem faktisch teilweise identischen Informationsbestand gegenüber unterschiedlichen Behörden anhängig sind, jeweils in beiden Prozessen geltend gemacht werden könnte. Da sich regelmäßig nicht absehen lässt, ob das zunächst eingeleitete Verfahren auch als erstes rechtskräftig abgeschlossen wird, würde der Ausschlussgrund damit potentiell beide Gerichte binden. Eine derartige „wechselseitige Blockade“ dient erkennbar nicht dem Schutz der Rechtspflege, sondern allein der Vermeidung faktischer Nachteile für die in Anspruch genommenen Behörden, die es im Übrigen in der Hand haben, etwaigen von ihnen befürchteten Nachteilen durch die Art der Aktenführung zu begegnen.

  1. Der Ausschlussgrund des §3 Nr.3 Buchst. b IFG liegt gleichfalls nicht vor. Nach der genannten Vorschrift besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn und solange die Beratungen von Behörden beeinträchtigt werden. Zu Recht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die Beklagte eine Beeinträchtigung der behördlichen Beratungen hinsichtlich der streitbefangenen Akte Nr.1 nicht plausibel dargelegt hat.

Dabei kann dahinstehen, ob der Ausnahmetatbestand nur solche behördlichen Beratungen schützt, die der Vorbereitung einer Entscheidung dienen (vgl. in diese Richtung: Schoch, IFG, §3 Rn. 122, 124), oder ob - wie im vorliegenden Fall - auch eine institutionalisierte Dauerkonsultation ohne absehbares Ende, die in der Regel nicht der Vorbereitung einer konkreten staatlichen Entscheidung dient, von der Norm erfasst wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. November 2011 - 7 C 4.11 - juris Rn. 31 f.; Beschluss vom 18. Juli 2011 - 7 B 14.11 - juris Rn. 5). Denn auch bei Zugrundelegung einer weiteren Auslegung des Ausschlusstatbestandes, die maßgeblich auf den Schutzzweck der Gewährleistung eines unbefangenen und freien Meinungsaustausches abstellt, wird die Fähigkeit der Beklagten, ihre Beratungen in der bisher durchgeführten Form fortzusetzen, durch das Informationsbegehren des Klägers nicht in Frage gestellt.

Zwar ist nach dem Vortrag der Beklagten nicht auszuschließen, dass eine vollständige Veröffentlichung der Protokolle des Bund-Länder-Gesprächskreises „So genannte Sekten und Psychogruppen“ dazu führen könnte, dass die Diskussion zwischen den Teilnehmern nicht mehr in gleicher Offenheit wie bisher stattfindet. Damit wäre die Aufgabe des Gesprächskreises, Erkenntnisse auszutauschen und unbefangen eigene Bewertungen und mit ihnen verknüpfte Handlungsoptionen zu diskutieren, in der Tat beeinträchtigt. Das Begehren des Klägers bezieht sich jedoch ausweislich seines Klageantrags allein auf die Teile der Protokolle, die die von ihm getragene Glaubensgemeinschaft betreffen. Zudem hat er sich ausdrücklich mit der Schwärzung personenbezogener Daten - Namen, Anschriften und Kommunikationsdaten Dritter - einverstanden erklärt. Gegenstand des Informationsbegehrens ist damit nur ein kleiner Ausschnitt der Protokolle; auch nach den Einlassungen der Beklagten in der mündlichen Verhandlung handelt es sich nur um wenige kurze Auszüge. Dass eine Bekanntgabe allein dieser Informationen die Aufgabenerfüllung des Gesprächskreises gefährden und die notwendige Vertraulichkeit der behördlichen Beratungen nachteilig beeinflussen würde, ist weder nachvollziehbar dargetan noch erkennbar. Ebenso wenig lässt sich dem Vortrag der Beklagten entnehmen, dass selbst ein derart eingeschränkter Informationsanspruch ein besonderes Schutzbedürfnis der weder namentlich genannten noch durch Anschrift oder sonstige Kommunikationsdaten identifizierbaren Beratungsteilnehmer begründen würde. Die allgemeinen Ausführungen der Beklagten zu den Folgen einer Offenlegung der Protokolle und der Schutzbedürftigkeit der Teilnehmer werden den konkreten Umständen des Einzelfalles ersichtlich nicht gerecht. Dies gilt umso mehr, als sie selbst auf die veränderten Bewertungen und politischen Bedingungen des Gesprächskreises in den letzten zehn Jahren verwiesen hat, die hier in Rede stehenden Protokolle aus den Jahren 2001 bis 2009 stammen und nach ihren eigenen Angaben ein besonderes „Gefährdungspotential“ bei der vom Kläger getragenen Glaubensgemeinschaft weder in dem genannten Zeitraum noch aktuell festgestellt worden ist.

Das Eingreifen des Ausschlussgrundes lässt sich nach allem auch nicht damit rechtfertigen, dass im Gefolge einer durch Klage erzwungenen Veröffentlichung einzelner Ausschnitte der Protokolle weitere Informationsbegehren anderer betroffener Gruppen zu erwarten wären, die weitergehende nachteilige Auswirkungen auf die Beratungen des Gesprächskreises hätten. Für die Entscheidung des vorliegenden Falles kann allein auf das konkrete Begehren des Klägers abgestellt werden. Ein Präjudiz für Informationsbegehren anderer Antragsteller ist damit nicht verbunden. Sollten für andere Informationsanträge abweichende Konsequenzen für die behördliche Beratungspraxis abzusehen sein, könnten diese einzelfallbezogen auch rechtlich anders zu würdigen sein.

II. Dem Kläger steht nach §1 Abs.1 Satz1 IFG auch ein Anspruch auf Informationszugang zu den in der Akte Nr.2 enthaltenen Stellungnahmen des Bundesverwaltungsamtes zu.

  1. Der auch insoweit geltend gemachten Ausschlussgrund des §3 Nr.1 g IFG greift nicht ein. Die vorstehend dargelegten Gründe, aus denen sich die Beklagte nicht auf den Schutz der Durchführung eines laufenden Gerichtsverfahrens berufen kann, gelten in gleicher Weise auch für die noch streitigen Unterlagen aus der Akte Nr.2.

  2. Dem Begehren des Klägers steht auch nicht der Schutz zugesicherter Vertraulichkeit entgegen. Der bloße Hinweis der Beklagten, dass die vom Bundesverwaltungsamt erstellten Stellungnahmen durchweg vertraulich erhobene und übermittelte Informationen enthielten und der Schutz der Vertraulichkeit von der Verwaltung stets als Voraussetzung ihrer Tätigkeit betrachtet worden sei, vermag das Vorliegen des Versagungsgrundes des §3 Nr.7 IFG nicht zu belegen.

Mit Blick auf die Systematik der gesetzlichen Ausschlussgründe und den Schutzzweck der Vorschrift ist der Anwendungsbereich des Ausschlusstatbestandes erst dann eröffnet, wenn neben der ausdrücklichen oder konkludenten Abrede von Vertraulichkeit auch materiell ein objektiv schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse besteht. Die im Einzelnen zum Schutz öffentlicher Interessen geregelten Ausschlussgründe, die grundsätzlich eng auszulegen sind, würden unterlaufen werden, wenn bereits der Umstand einer vertraulichen Informationsübermittlung für sich genommen ohne Hinzutreten eines objektiv anzuerkennenden Schutzbedürfnisses zum Ausschluss des Informationszugangs führen würde (Urteil des Senats vom 28. Juni 2013 - OVG 12 B 9.12 - juris Rn. 35 m.w.N.). Gemessen hieran hat die Beklagte ein schutzwürdiges Interesse an der Geheimhaltung der vom Bundesverwaltungsamt erarbeiteten Stellungnahmen nicht dargelegt.

Nach den eigenen Angaben der Beklagten beruhen die Stellungnahmen auf Erkenntnissen des Bundesverwaltungsamtes, die teilweise aus vertraulich übermittelten oder erhobenen Informationen und teilweise aus öffentlich zugänglichen Quellen stammen. Die Art der Aktenführung lasse eine zuverlässige Feststellung, welche Erkenntnismittel einer Stellungnahme zu Grunde gelegt worden seien, nicht zu; die Wahrung der Vertraulichkeit sei im Einzelnen nicht aktenkundig gemacht worden. Die vom Bundesverwaltungsamt erarbeiteten Stellungnahmen enthielten zudem keine namentlichen Angaben zu einzelnen Informanten, sondern nur zusammengefasste Beurteilungen der der Verwaltung vorliegenden vertraulichen Berichte. Hinsichtlich des von der Beklagten geltend gemachten Schutzes der Informationsgeber fehlt es danach an konkreten und nachvollziehbaren Anhaltspunkten, dass dem Informationsbegehren des Klägers, das sich ohnehin nicht auf personenbezogene Daten erstreckt, ein objektiv schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse entgegensteht. Dass eine Bekanntgabe der in der Akte Nr.2 enthaltenen Stellungnahmen zu einer Individualisierung der Informanten führen könnte, stellt angesichts ihres dargelegten Inhalts eine reine Spekulation dar. Dem pauschalen Vortrag der Beklagten lässt sich weder entnehmen, inwieweit die zusammengefasste Beurteilung von vertraulichen Berichten Rückschlüsse auf bestimmte Personen zulässt, noch ist konkret dargetan, welche Nachteile Dritte bei einer Offenlegung der Stellungnahmen zu gegenwärtigen hätten.

Ebenso wenig ist nach dem Vorbringen der Beklagten erkennbar, dass die Gewährung von Informationszugang geeignet ist, die Aufgabenwahrnehmung des Bundesverwaltungsamtes oder des in Anspruch genommenen Ministeriums zu gefährden (Urteil des Senats vom 28. Juni 2013, a.a.O., Rn 37; Schoch, a.a.O., §3 Rn. 192). Der Hinweis auf den bisher stets als erforderlich angesehenen Schutz der Vertraulichkeit gibt dafür nichts her. Er lässt bereits einen konkreten Bezug zum Kläger nicht erkennen. Dass eine ordnungsgemäße staatliche Aufgabenerledigung auch im Falle der vom Kläger getragenen Glaubens-gemeinschaft von vertraulich zugetragenen Informationen Dritter abhängt, ist von der Beklagten nicht substantiiert dargetan. Eine allgemeine Bereichsausnahme für die Tätigkeit des Bundesverwaltungsamtes im Rahmen des hier in Rede stehenden Themenkreises sieht das Gesetz nicht vor. Im Übrigen kann dem als notwendig erachteten Schutz der Vertraulichkeit auch im vorliegenden Zusammenhang durch eine entsprechende Aktenführung Rechnung getragen werden, indem als besonders schutzwürdig erachtete Informationen gesondert geführt werden.

III. Hinsichtlich der darüber hinaus noch streitbefangenen Bürgeranfragen (Bl. 16 bis 23 und Bl. 24 bis 31 der Akte Nr.2) hat die Berufung der Beklagten dagegen teilweise Erfolg. Ein Anspruch auf Einsicht in diese Unterlagen steht dem Kläger nach dem derzeitigen Sachstand nicht zu; die Beklagte ist jedoch verpflichtet, über den Antrag des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden (§113 Abs.5 Satz2 VwGO).

  1. Ob hinsichtlich der vorgenannten Unterlagen der Ausschlussgrund des §3 Nr.7 IFG eingreift, der vorrangig dem Schutz besonderer öffentlicher Interessen dient, kann im Ergebnis dahinstehen. Denn nach den nachvollziehbaren Angaben der Beklagten enthalten die beiden dem Kläger noch nicht zugänglich gemachten Bürgeranfragen jedenfalls personenbezogene Daten, die dem Schutz des §5 Abs.1 Satz1 IFG unterliegen.

Personenbezogene Daten sind Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren Person (§3 Abs.1 Bundes-datenschutzgesetz). Ein derartiger Personenbezug ist hier gegeben. Die Beklagte hat im Berufungsverfahren plausibel dargelegt, dass sich die beiden in Rede stehenden Bürgeranfragen von ihrem Inhalt und ihrem engen örtlichen Bezug her von den anderen dem Kläger bereits offengelegten Anfragen unterscheiden. In beiden Fällen habe der betroffene Bürger viel über sich und seine eigene Bewertung der Glaubensgemeinschaft geschrieben; auch bei einer Schwärzung der Namen der Betroffenen könnten diese aufgrund der in den Anfragen enthaltenen Sachinformationen identifiziert werden. Dies begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Soweit auch Angaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmbaren Person als personenbezogene Daten geschützt sind, kann nicht allein auf eine formale Anonymisierung - hier in Form der Schwärzung von Namen - abgestellt werden. Vielmehr ist auch zu prüfen, ob die begehrten Informationen in dem konkreten Kontext, in dem sie stehen, hinreichende Anhaltspunkte für eine mögliche Identifizierung und eine damit verbundene Verletzung der Persönlichkeitsrechte der Betroffenen bieten (vgl. Urteil des Senats vom 7. Juni 2012 - OVG 12 B 34.10 - juris Rn. 26). Gemessen hieran kann das Vorliegen schutzwürdiger personenbezogener Daten angesichts des engen und überschaubaren Lebenszusammenhangs, der die Anfragen nach den schlüssigen Angaben der Beklagten kennzeichnet, nicht mit der erforderlichen Gewissheit verneint werden.

Eine Verpflichtung der Beklagten zur erneuten Entscheidung ergibt sich danach bereits daraus, dass sie es vor Ablehnung des Informationszugangs unterlassen hat, eine etwaige Einwilligung der Betroffenen mit einer Offenlegung der noch streitigen Unterlagen einzuholen. Nach §5 Abs.1 Satz1 IFG darf Zugang zu personenbezogenen Daten nur gewährt werden, soweit das Informationsinteresse des Antragstellers das schutzwürdige Interesse des Dritten am Ausschluss des Informationszugangs überwiegt oder der Dritte eingewilligt hat. Bei einer wirksam erteilten Einwilligung ist für eine Abwägung der widerstreitenden Interessen kein Raum; in diesem Fall steht dem Kläger ohne weitere Prüfung ein Anspruch auf den begehrten Informationszugang zu. Die Beklagte durfte sich daher nicht ohne Durchführung des gesetzlich vorgesehenen Drittbeteiligungsverfahrens (§8 Abs.1 IFG) auf den Ausschlussgrund des Schutzes personenbezogener Daten berufen (vgl. Urteil des Senats vom 17. Januar 2011 - OVG 12 B 69.07 - juris Rn. 29 m.w.N.). Vielmehr ist sie verpflichtet, vor einer abschließenden Entscheidung über den Antrag des Klägers die bislang unterbliebene Beteiligung der betroffenen Dritten nachzuholen.

  1. Für den Fall, dass eine Einwilligung mit einer Offenlegung der beiden streitbefangenen Bürgeranfragen nicht erteilt wird, steht dem Kläger allerdings kein Anspruch auf Informationszugang zu. Die in diesem Fall gebotene Abwägung fällt zu seinen Lasten aus; auf ein das entgegenstehende Geheimhaltungs-interesse der Betroffenen überwiegendes Informationsinteresse kann sich der Kläger nicht stützen.

Bei der Frage, welches Gewicht der Offenbarung personenbezogener Daten zukommt, ist auf die konkreten Umstände des Einzelfalles und die Art der in Rede stehenden personenbezogenen Angaben abzustellen (Urteil des Senats vom 28. Juni 2013, a.a.O., Rn. 41 m.w.N.). Hiernach kommt den schutzwürdigen Interessen der betroffenen Dritten an einem Ausschluss des Informationszugangs ein erhebliches Gewicht zu. Bei den vorliegend in Rede stehenden personenbezogenen Daten handelt es sich nach dem schlüssigen Vorbringen der Beklagten um Angaben, die der privaten Lebensgestaltung zuzuordnen sind. Dies gilt sowohl für die Angaben, die sich auf die Betroffenen selbst beziehen, als auch für die Angaben, die ihre subjektiven Einschätzungen zu der vom Kläger getragenen Glaubensgemeinschaft betreffen und die nach dem Vortrag der Beklagten gleichfalls Gegenstand der beiden Bürgeranfragen sind. Die Beklagte hat insoweit nicht nur nachvollziehbar dargelegt, dass eine Weitergabe der in den Anfragen enthaltenen Informationen angesichts des engen örtlichen Bezugs und des in Rede stehenden Lebenssachverhalts die Möglichkeit einer Identifizierung der betroffenen Bürger eröffnet. Sie hat auch nachvollziehbar dargetan, dass ein Rückschluss auf die Identität der Anfragenden gerade wegen der geringen Anonymität der örtlichen Gemeinschaften nachteilige Folgen für die Lebensführung der betroffenen Personen haben kann. Soweit die Glaubensgemeinschaft in einem leicht überschaubaren sozialen Zusammenhang eine wichtige Rolle spielt, kann eine solche Möglichkeit nicht von der Hand gewiesen werden. Dem damit angesprochenen schutzwürdigen Interesse der Betroffenen an einer Geheimhaltung ihrer personenbezogener Daten steht kein überwiegendes Informationsinteresse des Klägers gegenüber. Besondere Umstände, aus denen der Kläger gerade auf einen Zugang zu den beiden noch streitigen Bürgeranfragen angewiesen ist, sind weder dargetan noch angesichts der ihm bereits zugänglich gemachten bzw. nach der Entscheidung des Senats noch offenzulegenden Informationen ersichtlich.

Die Kostenentscheidung folgt aus §155 Abs.1 Satz1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §167 Satz1 VwGO in Verbindung mit §§708 Nr.10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in §132 Abs.2 VwGO genannten Gründe vorliegt.

Entscheidungsgründe

Die Berufung der Beklagten hat überwiegend keinen Erfolg. Hinsichtlich der im Berufungsverfahren noch streitigen Akte Nr.1 (dazu I.) und der in Akte Nr.2 enthaltenen Stellungnahmen des Bundesverwaltungsamtes (dazu II.) hat das Verwaltungsgericht der Klage zu Recht stattgegeben. Dem Kläger steht insoweit ein Anspruch auf den begehrten Informationszugang zu (§113 Abs.5 Satz1 VwGO). Hinsichtlich der beiden noch streitbefangenen Bürgeranfragen in der Akte Nr.2 hat die Berufung dagegen teilweise Erfolg (dazu III.); insoweit ist die Beklagte mangels Durchführung des Drittbeteiligungsverfahrens zur Neubescheidung verpflichtet (§113 Abs.5 Satz2 VwGO).

I. Anspruchsgrundlage für das Informationsbegehren des Klägers ist §1 Abs.1 Satz1 des Gesetzes zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes (IFG). Danach hat jeder nach Maßgabe des Gesetzes gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen. Die tatbe-standlichen Voraussetzungen der Vorschrift sind unstreitig erfüllt. Die von der Beklagten in Bezug auf die Akte Nr.1 angeführten Ausschlussgründe stehen dem Anspruch des Klägers auf Akteneinsicht nicht entgegen.

  1. Auf den Schutz der Durchführung eines laufenden Gerichtsverfahrens kann sich die Beklagte nicht mit Erfolg berufen.

Nach §3 Nr.1 Buchst. g IFG besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn das Bekanntwerden der Information u.a. nachteilige Auswirkungen auf die Durchführung eines laufenden Gerichtsverfahrens haben kann. Der Ausschlussgrund dient dem Schutz der Rechtspflege gegen Beeinträchtigungen durch das Bekanntwerden verfahrensrelevanter Informationen. Neben der Unabhängigkeit der Gerichte soll der ordnungsgemäße Ablauf des gerichtlichen Verfahrens vor Nachteilen durch die Veröffentlichung einer amtlichen Information geschützt werden (BVerwG, Beschluss vom 9. November 2000 - 7 B 43.10 - juris Rn. 12; Urteil vom 28. Oktober 1999 - 7 C 32.98 - BVerwGE 110, 17, zitiert nach juris Rn. 21 zu §7 Abs.1 Nr.2 UIG a.F.). Die Vorschrift schützt dagegen nicht die Erfolgsaussichten der öffentlichen Hand vor Gericht; der Schutz verfahrens- oder materiellrechtlicher Positionen einer Behörde wird vom Anwendungsbereich des Ausnahmetatbestandes nicht erfasst (BVerwG, Beschluss vom 9. November 2000, a.a.O.; OVG Hamburg, Beschluss vom 16. April 2012 - 5 Bf 241/10.Z - juris Rn. 17; Scherzberg/Solka, in: Fluck/Theuer, Informationsfreiheitsrecht, Stand: Oktober 2012, §3 Rn. 113).

Gemessen hieran greift der Ausschlussgrund vorliegend nicht ein. Der von der Beklagten vorgetragene Nachteil bezieht sich allein auf eine mögliche Erledigung des gegenwärtig beim zuständigen Oberverwaltungsgericht anhängigen Klageverfahrens gegen das Bundesverwaltungsamt. Angesichts der teilweise identischen Aktenbestände sieht sie ihre Erfolgsaussichten in dem dortigen Verfahren gefährdet, wenn dem Kläger im hiesigen Verfahren der begehrte Informationszugang gewährt wird. Ein solcher auf den individuellen Prozesserfolg abstellender Nachteil liegt außerhalb des Schutzwecks der Vorschrift. Er stellt die Integrität der Rechtspflege und den ordnungsgemäßen Verfahrensablauf beider Verwaltungsprozesse nicht in Frage, sondern ist letztlich Ausdruck eines dezentralisierten Rechtsschutzsystems, in dem die Möglichkeit divergierender Entscheidungen von Gerichten besteht. Die gegenteilige Argumentation der Beklagten hätte zur Folge, dass der Ausschlussgrund in einer Fallkonstellation wie vorliegend, in der zwei getrennte gerichtliche Verfahren zu einem faktisch teilweise identischen Informationsbestand gegenüber unterschiedlichen Behörden anhängig sind, jeweils in beiden Prozessen geltend gemacht werden könnte. Da sich regelmäßig nicht absehen lässt, ob das zunächst eingeleitete Verfahren auch als erstes rechtskräftig abgeschlossen wird, würde der Ausschlussgrund damit potentiell beide Gerichte binden. Eine derartige „wechselseitige Blockade“ dient erkennbar nicht dem Schutz der Rechtspflege, sondern allein der Vermeidung faktischer Nachteile für die in Anspruch genommenen Behörden, die es im Übrigen in der Hand haben, etwaigen von ihnen befürchteten Nachteilen durch die Art der Aktenführung zu begegnen.

  1. Der Ausschlussgrund des §3 Nr.3 Buchst. b IFG liegt gleichfalls nicht vor. Nach der genannten Vorschrift besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn und solange die Beratungen von Behörden beeinträchtigt werden. Zu Recht ist das Verwaltungsgericht davon ausgegangen, dass die Beklagte eine Beeinträchtigung der behördlichen Beratungen hinsichtlich der streitbefangenen Akte Nr.1 nicht plausibel dargelegt hat.

Dabei kann dahinstehen, ob der Ausnahmetatbestand nur solche behördlichen Beratungen schützt, die der Vorbereitung einer Entscheidung dienen (vgl. in diese Richtung: Schoch, IFG, §3 Rn. 122, 124), oder ob - wie im vorliegenden Fall - auch eine institutionalisierte Dauerkonsultation ohne absehbares Ende, die in der Regel nicht der Vorbereitung einer konkreten staatlichen Entscheidung dient, von der Norm erfasst wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. November 2011 - 7 C 4.11 - juris Rn. 31 f.; Beschluss vom 18. Juli 2011 - 7 B 14.11 - juris Rn. 5). Denn auch bei Zugrundelegung einer weiteren Auslegung des Ausschlusstatbestandes, die maßgeblich auf den Schutzzweck der Gewährleistung eines unbefangenen und freien Meinungsaustausches abstellt, wird die Fähigkeit der Beklagten, ihre Beratungen in der bisher durchgeführten Form fortzusetzen, durch das Informationsbegehren des Klägers nicht in Frage gestellt.

Zwar ist nach dem Vortrag der Beklagten nicht auszuschließen, dass eine vollständige Veröffentlichung der Protokolle des Bund-Länder-Gesprächskreises „So genannte Sekten und Psychogruppen“ dazu führen könnte, dass die Diskussion zwischen den Teilnehmern nicht mehr in gleicher Offenheit wie bisher stattfindet. Damit wäre die Aufgabe des Gesprächskreises, Erkenntnisse auszutauschen und unbefangen eigene Bewertungen und mit ihnen verknüpfte Handlungsoptionen zu diskutieren, in der Tat beeinträchtigt. Das Begehren des Klägers bezieht sich jedoch ausweislich seines Klageantrags allein auf die Teile der Protokolle, die die von ihm getragene Glaubensgemeinschaft betreffen. Zudem hat er sich ausdrücklich mit der Schwärzung personenbezogener Daten - Namen, Anschriften und Kommunikationsdaten Dritter - einverstanden erklärt. Gegenstand des Informationsbegehrens ist damit nur ein kleiner Ausschnitt der Protokolle; auch nach den Einlassungen der Beklagten in der mündlichen Verhandlung handelt es sich nur um wenige kurze Auszüge. Dass eine Bekanntgabe allein dieser Informationen die Aufgabenerfüllung des Gesprächskreises gefährden und die notwendige Vertraulichkeit der behördlichen Beratungen nachteilig beeinflussen würde, ist weder nachvollziehbar dargetan noch erkennbar. Ebenso wenig lässt sich dem Vortrag der Beklagten entnehmen, dass selbst ein derart eingeschränkter Informationsanspruch ein besonderes Schutzbedürfnis der weder namentlich genannten noch durch Anschrift oder sonstige Kommunikationsdaten identifizierbaren Beratungsteilnehmer begründen würde. Die allgemeinen Ausführungen der Beklagten zu den Folgen einer Offenlegung der Protokolle und der Schutzbedürftigkeit der Teilnehmer werden den konkreten Umständen des Einzelfalles ersichtlich nicht gerecht. Dies gilt umso mehr, als sie selbst auf die veränderten Bewertungen und politischen Bedingungen des Gesprächskreises in den letzten zehn Jahren verwiesen hat, die hier in Rede stehenden Protokolle aus den Jahren 2001 bis 2009 stammen und nach ihren eigenen Angaben ein besonderes „Gefährdungspotential“ bei der vom Kläger getragenen Glaubensgemeinschaft weder in dem genannten Zeitraum noch aktuell festgestellt worden ist.

Das Eingreifen des Ausschlussgrundes lässt sich nach allem auch nicht damit rechtfertigen, dass im Gefolge einer durch Klage erzwungenen Veröffentlichung einzelner Ausschnitte der Protokolle weitere Informationsbegehren anderer betroffener Gruppen zu erwarten wären, die weitergehende nachteilige Auswirkungen auf die Beratungen des Gesprächskreises hätten. Für die Entscheidung des vorliegenden Falles kann allein auf das konkrete Begehren des Klägers abgestellt werden. Ein Präjudiz für Informationsbegehren anderer Antragsteller ist damit nicht verbunden. Sollten für andere Informationsanträge abweichende Konsequenzen für die behördliche Beratungspraxis abzusehen sein, könnten diese einzelfallbezogen auch rechtlich anders zu würdigen sein.

II. Dem Kläger steht nach §1 Abs.1 Satz1 IFG auch ein Anspruch auf Informationszugang zu den in der Akte Nr.2 enthaltenen Stellungnahmen des Bundesverwaltungsamtes zu.

  1. Der auch insoweit geltend gemachten Ausschlussgrund des §3 Nr.1 g IFG greift nicht ein. Die vorstehend dargelegten Gründe, aus denen sich die Beklagte nicht auf den Schutz der Durchführung eines laufenden Gerichtsverfahrens berufen kann, gelten in gleicher Weise auch für die noch streitigen Unterlagen aus der Akte Nr.2.

  2. Dem Begehren des Klägers steht auch nicht der Schutz zugesicherter Vertraulichkeit entgegen. Der bloße Hinweis der Beklagten, dass die vom Bundesverwaltungsamt erstellten Stellungnahmen durchweg vertraulich erhobene und übermittelte Informationen enthielten und der Schutz der Vertraulichkeit von der Verwaltung stets als Voraussetzung ihrer Tätigkeit betrachtet worden sei, vermag das Vorliegen des Versagungsgrundes des §3 Nr.7 IFG nicht zu belegen.

Mit Blick auf die Systematik der gesetzlichen Ausschlussgründe und den Schutzzweck der Vorschrift ist der Anwendungsbereich des Ausschlusstatbestandes erst dann eröffnet, wenn neben der ausdrücklichen oder konkludenten Abrede von Vertraulichkeit auch materiell ein objektiv schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse besteht. Die im Einzelnen zum Schutz öffentlicher Interessen geregelten Ausschlussgründe, die grundsätzlich eng auszulegen sind, würden unterlaufen werden, wenn bereits der Umstand einer vertraulichen Informationsübermittlung für sich genommen ohne Hinzutreten eines objektiv anzuerkennenden Schutzbedürfnisses zum Ausschluss des Informationszugangs führen würde (Urteil des Senats vom 28. Juni 2013 - OVG 12 B 9.12 - juris Rn. 35 m.w.N.). Gemessen hieran hat die Beklagte ein schutzwürdiges Interesse an der Geheimhaltung der vom Bundesverwaltungsamt erarbeiteten Stellungnahmen nicht dargelegt.

Nach den eigenen Angaben der Beklagten beruhen die Stellungnahmen auf Erkenntnissen des Bundesverwaltungsamtes, die teilweise aus vertraulich übermittelten oder erhobenen Informationen und teilweise aus öffentlich zugänglichen Quellen stammen. Die Art der Aktenführung lasse eine zuverlässige Feststellung, welche Erkenntnismittel einer Stellungnahme zu Grunde gelegt worden seien, nicht zu; die Wahrung der Vertraulichkeit sei im Einzelnen nicht aktenkundig gemacht worden. Die vom Bundesverwaltungsamt erarbeiteten Stellungnahmen enthielten zudem keine namentlichen Angaben zu einzelnen Informanten, sondern nur zusammengefasste Beurteilungen der der Verwaltung vorliegenden vertraulichen Berichte. Hinsichtlich des von der Beklagten geltend gemachten Schutzes der Informationsgeber fehlt es danach an konkreten und nachvollziehbaren Anhaltspunkten, dass dem Informationsbegehren des Klägers, das sich ohnehin nicht auf personenbezogene Daten erstreckt, ein objektiv schutzwürdiges Geheimhaltungsinteresse entgegensteht. Dass eine Bekanntgabe der in der Akte Nr.2 enthaltenen Stellungnahmen zu einer Individualisierung der Informanten führen könnte, stellt angesichts ihres dargelegten Inhalts eine reine Spekulation dar. Dem pauschalen Vortrag der Beklagten lässt sich weder entnehmen, inwieweit die zusammengefasste Beurteilung von vertraulichen Berichten Rückschlüsse auf bestimmte Personen zulässt, noch ist konkret dargetan, welche Nachteile Dritte bei einer Offenlegung der Stellungnahmen zu gegenwärtigen hätten.

Ebenso wenig ist nach dem Vorbringen der Beklagten erkennbar, dass die Gewährung von Informationszugang geeignet ist, die Aufgabenwahrnehmung des Bundesverwaltungsamtes oder des in Anspruch genommenen Ministeriums zu gefährden (Urteil des Senats vom 28. Juni 2013, a.a.O., Rn 37; Schoch, a.a.O., §3 Rn. 192). Der Hinweis auf den bisher stets als erforderlich angesehenen Schutz der Vertraulichkeit gibt dafür nichts her. Er lässt bereits einen konkreten Bezug zum Kläger nicht erkennen. Dass eine ordnungsgemäße staatliche Aufgabenerledigung auch im Falle der vom Kläger getragenen Glaubens-gemeinschaft von vertraulich zugetragenen Informationen Dritter abhängt, ist von der Beklagten nicht substantiiert dargetan. Eine allgemeine Bereichsausnahme für die Tätigkeit des Bundesverwaltungsamtes im Rahmen des hier in Rede stehenden Themenkreises sieht das Gesetz nicht vor. Im Übrigen kann dem als notwendig erachteten Schutz der Vertraulichkeit auch im vorliegenden Zusammenhang durch eine entsprechende Aktenführung Rechnung getragen werden, indem als besonders schutzwürdig erachtete Informationen gesondert geführt werden.

III. Hinsichtlich der darüber hinaus noch streitbefangenen Bürgeranfragen (Bl. 16 bis 23 und Bl. 24 bis 31 der Akte Nr.2) hat die Berufung der Beklagten dagegen teilweise Erfolg. Ein Anspruch auf Einsicht in diese Unterlagen steht dem Kläger nach dem derzeitigen Sachstand nicht zu; die Beklagte ist jedoch verpflichtet, über den Antrag des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senats erneut zu entscheiden (§113 Abs.5 Satz2 VwGO).

  1. Ob hinsichtlich der vorgenannten Unterlagen der Ausschlussgrund des §3 Nr.7 IFG eingreift, der vorrangig dem Schutz besonderer öffentlicher Interessen dient, kann im Ergebnis dahinstehen. Denn nach den nachvollziehbaren Angaben der Beklagten enthalten die beiden dem Kläger noch nicht zugänglich gemachten Bürgeranfragen jedenfalls personenbezogene Daten, die dem Schutz des §5 Abs.1 Satz1 IFG unterliegen.

Personenbezogene Daten sind Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren Person (§3 Abs.1 Bundes-datenschutzgesetz). Ein derartiger Personenbezug ist hier gegeben. Die Beklagte hat im Berufungsverfahren plausibel dargelegt, dass sich die beiden in Rede stehenden Bürgeranfragen von ihrem Inhalt und ihrem engen örtlichen Bezug her von den anderen dem Kläger bereits offengelegten Anfragen unterscheiden. In beiden Fällen habe der betroffene Bürger viel über sich und seine eigene Bewertung der Glaubensgemeinschaft geschrieben; auch bei einer Schwärzung der Namen der Betroffenen könnten diese aufgrund der in den Anfragen enthaltenen Sachinformationen identifiziert werden. Dies begegnet keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken. Soweit auch Angaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmbaren Person als personenbezogene Daten geschützt sind, kann nicht allein auf eine formale Anonymisierung - hier in Form der Schwärzung von Namen - abgestellt werden. Vielmehr ist auch zu prüfen, ob die begehrten Informationen in dem konkreten Kontext, in dem sie stehen, hinreichende Anhaltspunkte für eine mögliche Identifizierung und eine damit verbundene Verletzung der Persönlichkeitsrechte der Betroffenen bieten (vgl. Urteil des Senats vom 7. Juni 2012 - OVG 12 B 34.10 - juris Rn. 26). Gemessen hieran kann das Vorliegen schutzwürdiger personenbezogener Daten angesichts des engen und überschaubaren Lebenszusammenhangs, der die Anfragen nach den schlüssigen Angaben der Beklagten kennzeichnet, nicht mit der erforderlichen Gewissheit verneint werden.

Eine Verpflichtung der Beklagten zur erneuten Entscheidung ergibt sich danach bereits daraus, dass sie es vor Ablehnung des Informationszugangs unterlassen hat, eine etwaige Einwilligung der Betroffenen mit einer Offenlegung der noch streitigen Unterlagen einzuholen. Nach §5 Abs.1 Satz1 IFG darf Zugang zu personenbezogenen Daten nur gewährt werden, soweit das Informationsinteresse des Antragstellers das schutzwürdige Interesse des Dritten am Ausschluss des Informationszugangs überwiegt oder der Dritte eingewilligt hat. Bei einer wirksam erteilten Einwilligung ist für eine Abwägung der widerstreitenden Interessen kein Raum; in diesem Fall steht dem Kläger ohne weitere Prüfung ein Anspruch auf den begehrten Informationszugang zu. Die Beklagte durfte sich daher nicht ohne Durchführung des gesetzlich vorgesehenen Drittbeteiligungsverfahrens (§8 Abs.1 IFG) auf den Ausschlussgrund des Schutzes personenbezogener Daten berufen (vgl. Urteil des Senats vom 17. Januar 2011 - OVG 12 B 69.07 - juris Rn. 29 m.w.N.). Vielmehr ist sie verpflichtet, vor einer abschließenden Entscheidung über den Antrag des Klägers die bislang unterbliebene Beteiligung der betroffenen Dritten nachzuholen.

  1. Für den Fall, dass eine Einwilligung mit einer Offenlegung der beiden streitbefangenen Bürgeranfragen nicht erteilt wird, steht dem Kläger allerdings kein Anspruch auf Informationszugang zu. Die in diesem Fall gebotene Abwägung fällt zu seinen Lasten aus; auf ein das entgegenstehende Geheimhaltungs-interesse der Betroffenen überwiegendes Informationsinteresse kann sich der Kläger nicht stützen.

Bei der Frage, welches Gewicht der Offenbarung personenbezogener Daten zukommt, ist auf die konkreten Umstände des Einzelfalles und die Art der in Rede stehenden personenbezogenen Angaben abzustellen (Urteil des Senats vom 28. Juni 2013, a.a.O., Rn. 41 m.w.N.). Hiernach kommt den schutzwürdigen Interessen der betroffenen Dritten an einem Ausschluss des Informationszugangs ein erhebliches Gewicht zu. Bei den vorliegend in Rede stehenden personenbezogenen Daten handelt es sich nach dem schlüssigen Vorbringen der Beklagten um Angaben, die der privaten Lebensgestaltung zuzuordnen sind. Dies gilt sowohl für die Angaben, die sich auf die Betroffenen selbst beziehen, als auch für die Angaben, die ihre subjektiven Einschätzungen zu der vom Kläger getragenen Glaubensgemeinschaft betreffen und die nach dem Vortrag der Beklagten gleichfalls Gegenstand der beiden Bürgeranfragen sind. Die Beklagte hat insoweit nicht nur nachvollziehbar dargelegt, dass eine Weitergabe der in den Anfragen enthaltenen Informationen angesichts des engen örtlichen Bezugs und des in Rede stehenden Lebenssachverhalts die Möglichkeit einer Identifizierung der betroffenen Bürger eröffnet. Sie hat auch nachvollziehbar dargetan, dass ein Rückschluss auf die Identität der Anfragenden gerade wegen der geringen Anonymität der örtlichen Gemeinschaften nachteilige Folgen für die Lebensführung der betroffenen Personen haben kann. Soweit die Glaubensgemeinschaft in einem leicht überschaubaren sozialen Zusammenhang eine wichtige Rolle spielt, kann eine solche Möglichkeit nicht von der Hand gewiesen werden. Dem damit angesprochenen schutzwürdigen Interesse der Betroffenen an einer Geheimhaltung ihrer personenbezogener Daten steht kein überwiegendes Informationsinteresse des Klägers gegenüber. Besondere Umstände, aus denen der Kläger gerade auf einen Zugang zu den beiden noch streitigen Bürgeranfragen angewiesen ist, sind weder dargetan noch angesichts der ihm bereits zugänglich gemachten bzw. nach der Entscheidung des Senats noch offenzulegenden Informationen ersichtlich.

Die Kostenentscheidung folgt aus §155 Abs.1 Satz1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §167 Satz1 VwGO in Verbindung mit §§708 Nr.10, 711 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in §132 Abs.2 VwGO genannten Gründe vorliegt.