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Aktenzeichen
2 L 523.15
ECLI
ECLI:DE:VGBE:2015:1027.2L523.15.0A
Datum
27. Oktober 2015
Gericht
Verwaltungsgericht Berlin
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Tenor

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, wird das Verfahren eingestellt. Im Übrigen wird der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt.

Die Kosten des Verfahrens tragen der Antragsteller und der Antragsgegner je zur Hälfte.

Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird auf 10.000,00 Euro festgesetzt.

Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, ist das Verfahren einzustellen (§92 Abs.3 Satz1 VwGO analog).

Der Antrag des Antragstellers,

den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung gemäß §123 Abs.1 Satz2 VwGO zu verpflichten, ihm Einsicht in den Mietvertrag des Abgeordneten Mi... für sein Wahlkreisbüro in der Ma...Straße zu geben,

hat keinen Erfolg.

Der Erlass einer einstweiligen Anordnung setzt u.a. voraus, dass der Rechtsschutzsuchende einen Anordnungsgrund (die Eilbedürftigkeit der Sache) glaubhaft macht (vgl. §123 Abs.1 Abs.3 VwGO i.V.m. den §§920 Abs.2, 294 ZPO). Soll im Wege einstweiliger Anordnung - wie hier - das Ergebnis des Hauptsacheverfahrens vorweggenommen werden, so ist ein Anordnungsgrund nur zu bejahen, wenn andernfalls schwere und unzumutbare Nachteile drohen, die durch die Entscheidung in der Hauptsache nicht mehr beseitigt werden können. Ob ein Anordnungsgrund für die Durchsetzung des Informationsbegehrens im vorläufigen Rechtschutzverfahren besteht, bedarf der Prüfung im konkreten Einzelfall, wobei dem jeweils betroffenen Grundrecht Rechnung zu tragen und der mit dem Informationsbegehren verfolgte Zweck zu berücksichtigen ist (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. Februar 2011 – BVerwG 7 VR 6.11 – Juris Rn. 6; OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 13. Oktober 2015 – OVG 12 S 43.15 –).

Solche schweren und unzumutbaren Nachteile hat der Antragsteller nicht dargelegt. Die Berufung des Antragsstellers auf das journalistische Interesse am Informationszugang und die öffentliche Aufgabe der Presse erlaubt für sich genommen die Annahme eines Anordnungsgrundes nicht. Denn der Antragsteller nutzt vorliegend ein jedermann zustehendes Recht im beruflichen Interesse, welches unabhängig von einem konkret mit seiner Inanspruchnahme verfolgten Interesse eingeräumt ist. Das Bundesverwaltungsgericht hat klargestellt, dass der Bundesgesetzgeber mit dem Erlass des Informationsfreiheitsgesetzes nicht zur Erfüllung des Gestaltungsauftrages gehandelt hat, der ihm verfassungsrechtlich aus dem objektiv-rechtlichen Gewährleistungsgehalt des Art.5 Abs.1 Satz2 GG erwächst. Das Gesetz forme nicht spezifisch die informationsrechtliche Stellung der Presse aus, sondern begründe Pflichten gegenüber jedermann (vgl. BVerwG, Urteil vom 20. Februar 2013 – BVerwG 6 A 2.12 – Juris Rn. 28; vgl. zu alledem auch OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 13. Oktober 2015 – OVG 12 S 43.15 –). Dies gilt auch für das Berliner Informationsfreiheitsgesetz, auch danach ist anspruchsberechtigt jedermann (vgl. §3 Abs.1 Satz1 IFG Bln – „jeder Mensch“).

Vor diesem Hintergrund vermag das journalistische Interesse des Antragstellers, die Öffentlichkeit zeitnah über die mit seinem Antrag begehrten Informationen zu unterrichten, die Verpflichtung des Antragsgegners unter Inkaufnahme der Vorwegnahme der Hauptsache nicht zu rechtfertigen.

Unabhängig hiervon – und unter Berücksichtigung seines journalistischen Interesses – hat der Antragsteller auch nicht ausreichend dargelegt, warum er die begehrten Informationen nach dem Informationsfreiheitsgesetz sofort benötigt. Sein Vortrag, er wolle einen „möglichen Missbrauch der Kostenpauschale recherchieren“ und „den Wählern die verschiedenen Alternativen darstellen“, wozu auch gehöre, „ob der Abgeordnete Mü... die Pauschale zu Recht oder Unrecht beansprucht hat“, ist nicht ausreichend für die Annahme eines schweren Nachteils. Denn der Antragsteller hat bereits nicht dargelegt, worin der Missbrauch bzw. das Unrecht hier konkret bestehen soll und inwiefern dieser bzw. dieses durch den Mietvertrag belegt werde. Die pauschale Behauptung, die Regelung des §7 Abs.2 Satz2 (gemeint wohl: Satz3) des Landesabgeordnetengesetzes (LAbgG) sei „offenbar vielfältig missbraucht worden“, hilft insofern nicht weiter. Der Antragsteller hat diese Behauptung überdies nicht belegt, auch aus der hierzu zitierten Richtlinie des Präsidiums des Abgeordnetenhauses von Berlin für die Unterhaltung von externen Büros nach §7 Abs.2 des Landesabgeordnetengesetzes durch Mitglieder des Abgeordnetenhauses von Berlin vom 16. Dezember 2013 (im Folgenden: Richtlinie) ergibt sich dies nicht. Auch unterstellt, der vom Abgeordneten Mü... zu zahlende Mietzins sei, wie der Antragsteller vermutet, „gering“, ist nicht dargelegt, inwiefern dies zu einem Rechtsverstoß führt. Ausweislich der Richtlinie handelt es sich bei der Kostenpauschale nach §7 Abs.2 Satz1 LAbgG um einen pauschalierten Kostenersatz, der eine Einzelabrechnung der diesbezüglichen Kosten ausschließt. Im Einzelfall entstehende geringere Kosten haben ausdrücklich keinen Einfluss auf die Höhe der Pauschale (vgl. Ziff. 1 Abs.1 der Richtlinie). Welchen Missbrauch der Antragsteller nachweisen will, trägt er nicht vor und es ist auch sonst nicht ersichtlich.

Ein Anordnungsgrund ergibt sich insoweit auch nicht unter dem Aspekt, dass eine besonders hohe Wahrscheinlichkeit für ein Obsiegen des Antragstellers in der Hauptsache anzunehmen wäre, der es rechtfertigen würde, dessen Ergebnis bereits jetzt vorwegzunehmen. Denn ein Anspruch nach dem Informationsfreiheitsgesetz Berlin ist nicht offensichtlich gegeben. Es bedarf zunächst der Aufklärung, ob die geltend gemachten Ausschlussgründe einer Akteneinsicht entgegenstehen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§154 Abs.1, 161 Abs.2 VwGO. Soweit die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt haben, entspricht es billigem Ermessen, die Verfahrenskosten dem Antragsgegner aufzuerlegen. Denn dieser hat den Antragsteller insoweit nach Antragstellung bei Gericht ohne Änderung der Sach- und Rechtslage klaglos gestellt. Die Höhe der tatsächlich gezahlten Summe, die der Abgeordnete Mü... für die Anmietung vom Land Berlin erhält, wurde dem Antragsteller erst mit dem Widerspruchsbescheid vom 31. August 2015, mithin nach Eingang seines Antrags bei Gericht am 25. August 2015 mitgeteilt. Dem Bescheid des Abgeordnetenhauses von Berlin vom 23. Juli 2015 ist diese Auskunft nicht hinreichend deutlich zu entnehmen. Aus diesem ergibt sich vielmehr nur, dass „jeder Abgeordnete einen Anspruch auf eine monatliche Kostenpauschale in Höhe von 2.500 €, bzw. inzwischen 2518,- €, besitzt und sie grundsätzlich auch erhält“, wobei die Kostenpauschale „allerdings dann um 1.000 € gekürzt (wird), wenn ein Abgeordneter kein externes Büro unterhält.“ Dies ist eine Auskunft zur allgemeinen Rechtslage, nicht jedoch über die Höhe der tatsächlichen Zahlung an den Abgeordneten Mü..., die der Rechtslage nicht zwingend entsprechend muss. Auch sonst ist nicht erkennbar, dass der Antragsgegner die Höhe der tatsächlich gezahlten Summe bereits vor Antragseingang bei Gericht offenbart hat. Zwar nimmt der Bescheid vom 23. Juli 2015 auf eine vorhergehende Auskunft der Pressesprecherin des Abgeordnetenhauses von Berlin Bezug. Dabei heißt es jedoch, „(z)ur Klarstellung teile ich (...) noch einmal mit“; dann folgen die Ausführungen zur allgemeinen Rechtslage. Dies lässt vermuten, dass auch die Pressesprecherin nur hierauf verwiesen hat. Anhaltspunkte dafür, dass sie dem Antragsteller die Höhe der tatsächlich gezahlten Summe mitgeteilt hat, lassen sich dem Verwaltungsvorgang hingegen nicht entnehmen.

Die Festsetzung des Wertes des Verfahrensgegenstandes folgt aus §§52 Abs.2, 53 Abs.2 Nr.1 GKG, wobei die Kammer im Hinblick auf die vom Antragsteller erstrebte Vorwegnahme der Hauptsache den vollen Auffangstreitwert sowohl für das Einsichts- als auch für das in der Hauptsache für erledigt erklärte Auskunftsbegehren angesetzt hat.

Tatbestand

Entscheidungsgründe