Aussetzen der StVO
ich wende mich an Sie, da mir damalig durch das SMWA auf meine E-Mail, in denen ich die Absichten des Herrn Scheuer zur Änderung der StVO nach Inkrafttreten kritisierte, antworteten, dass Sie daran keine Absicht tragen, diesen Wünschen zu folgen und sich auch für den Beibehalt der beschlossenen Rechtsfolgen in Form von Bußgeldhöhe und Fahrverboten einsetzen. Ich habe nunmehr der Zeitung entnommen, dass alle Länder den Vollzug der StVO außer Kraft setzen, bis auf Thüringen sogar die alte StVO angewandt werden solle. Bevor ich meine Fragen aufwerfe, möchte ich gerne noch folgende Historie voranstellen:
1. Die Änderungsverordnung zur StVO ist ordnungsgemäß am Tag nach Ihrer Bekanntgabe am 28.04.2020 in Kraft getreten und gilt seitdem.
2. Über den ADAC wird erstmalig bekannt gegeben, dass im Artikel 3 der Änderungsverordnung die Nennung des § 26a Abs. 1 Nr. 3 StVG fehlt, also jener Vorschrift, die auch die Verhängung von Fahrverboten erlaubt.
3. Dies wird als Verstoß gegen das Zitiergebot nach Art. 80 GG ausgemacht.
4. Die Presse füllt sich mit Mutmaßungen über den Umfang, die Medienlandschaft ist sich aber einig, dass auf jeden Fall die StVO-Novelle ungültig sei. Ministerien treten diesen Aussagen über eine Richtigstellung nicht entgegen.
5. Kommentierungen und Rechtsprechung zu Verstößen gegen das Zitiergebot divergieren stark; welches Ausmaß das Fehlen der Nr. 3 in der Änderungsverordnung hat, kann letztlich nur ein Gericht entscheiden.
6. Ungeachtet des Fehlens einer solchen gerichtlichen Entscheidung führen Bundes- und Landesverkehrsministerien eine Telefonkonferenz durch; Fazit für Sachsen: Keine Bußgeldbescheide vollziehen, in welchem Fahrverbote anstehen würden
7. Das scheint vernünftig; es steht zu erwarten, dass aufgrund des Fehlens der Nr. 3 auch die neuen Fahrverbotsregeln keine Anwendung finden würden. Jedoch:
8. Die Straßenverkehrsverordnung ist eine auf Grundlage des StVG erlassenen Verordnung, welche letztlich nur im Zusammenhang mit einem Normenkontrollverfahren angegriffen und für nichtig erklärt werden kann. Formelle Verfassungswidrigkeit stellt zwangsläufig im Zusammenhang mit der Gewaltenteilung ein Gericht fest
9. Mit heutigem Tage wird verkündet, dass der Vollzug der StVO außer Kraft gesetzt wird; bis auf das Land Thüringen kehren alle zum alten Bußgeldkatalog zurück.
10. Nach Art. 20 Abs. 3 GG gilt der Vorrang des Gesetzes; es darf kein Handeln GEGEN das geltende Gesetz erfolgen
11. Zum Zeitpunkt der Entscheidung der Anwendung des alten Bußgeldkatalogs gilt dieser nicht; er wurde rechtmäßig durch Änderungsverordnung der StVO angepasst
12. Für den Bereich der Verkehrsordnungswidrigkeiten gilt Gleichbehandlung und Anwendungszwang des Gesetzes ebenda nach Art. 20 Abs. 3 GG
13. Unter anderem das SMWA Sachsen weist demnach die Kommunen über die Landesdirektionen an, eine gültige Verordnung nur noch eingeschränkt anzuwenden.
Jetzt meine Fragen:
I. Ist sich das SMWA dessen bewusst, dass es mit seiner Anweisung an die Kommunen dazu anhält, eine geltende Verordnung nicht in vollem Umfang zu vollziehen?
II. Kann das SMWA hierzu eine Berechtigung oder gesetzliche Grundlage bzw. einen etablierten Rechtssatz benennen, der diese Verfahrensweise stützt?
III. Ist sich das SMWA bewusst, dass bei Verdacht auf Rechtswidrigkeit einer Verordnung das entsprechende Gericht in Form eines Normenkontrollverfahrens anzurufen gewesen wäre?
IV. Ist sich das SMWA bewusst, dass durch die Anweisung und das hierdurch entstehende Ausmaß ein Verstoß gegen den Vorrang des Gesetzes naheliegt?
V. Beabsichtigt das SMWA auf das BMVI zuzugehen, und von der derzeitigen Praxis des Außerkraftsetzens der StVO in Teilen abzuraten?
VI. Beabsichtigt das SMWA, seine Anweisung zum teilweisen Außerkraftsetzen der StVO aufzuheben?
Anfrage eingeschlafen
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Datum9. Juli 2020
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11. August 2020
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