Sehr geehrter Herr Semsrott,
auf Ihren gegen den Bescheid der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM), Az. K 11-13002/20#17, vom 7. September 2020 gerichteten Widerspruch vom 23. September 2020 ergeht folgender
Widerspruchsbescheid
1. Der Bescheid der BKM vom 7. September 2020 wird insoweit aufgehoben, als nach diesem Ihr Antrag auf Informationszugang vom 7. August 2020 in Gänze abgelehnt wird.
Ihrem Antrag auf Informationszugang durch Übersendung von Dokumenten mit Bezug zu den Verhandlungen der Bundesrepublik Deutschland mit der Familie Hohenzollern wird durch Erteilung einer schriftlichen Auskunft stattgegeben. Im Übrigen wird Ihr Widerspruch zurückgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Widerspruchsführer.
3. Für die Bearbeitung des Widerspruchs wird eine Gebühr in Höhe von 30,00 EUR erhoben.
Gründe:
I. Sachverhaltsdarstellung
Mit Nachricht vom 7. August 2020 stellten Sie bei der BKM einen Antrag auf Informationszugang. Sie beantragten die Übersendung von Dokumenten der Familie Hohenzollern, in denen diese im Zuge der Verhandlungen mit der Bundesrepublik Deutschland sowie den Ländern Berlin und Brandenburg, die Forderung erhebt "im Rahmen einer Gesamtlösung, institutionell verankerte Mitspracherechte über die Darstellung der Geschichte des Hauses Hohenzollern in den an den Vergleichsgesprächen beteiligten Einrichtungen" zu erhalten. Hinsichtlich des Inhalts Ihrer Anfrage verwiesen Sie auf die Antwort der Berliner Senatsverwaltung für Kultur und Europa auf die Schriftliche Anfrage Nr. 18 / 24195 vom 17. Juli 2020 (Abgeordnetenhaus Berlin, Drucksache 18 / 24 195).
Ihr Antrag wurde mit Bescheid vom 7. September 2020, Ihnen zugestellt am 12. September 2020, unter Berufung auf den Ausschlusstatbestand des § 3 Nr. 3 b) IFG abgelehnt. Die Entscheidung erging gebührenfrei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich Ihr Widerspruch vom 23. September 2020, der am 24. September 2020 bei der BKM eingegangen ist. In diesem vertreten Sie die Auffassung, eine Herausgabe der von Ihnen begehrten Unterlagen führe nicht zu einer Beeinträchtigung der Beratungen von Behörden. Das Haus Hohenzollern sei keine Behörde und könne auch nicht erwarten, dass sämtliche Details der Verhandlungen mit dem Staat geheim bleiben. Ferner seien die von Ihnen benannten Inhalte der Verhandlungen bereits durch eine kleine Anfrage an den Berliner Senat veröffentlicht worden. Ergänzend weisen Sie schließlich auf das hohe öffentliche Interesse Ihrer Anfrage hin.
Il. Rechtliche Würdigung
Ihr Widerspruch ist zulässig, aber nur teilweise begründet.
1) Gemäß § 1 Abs. 15. 1 IFG hat jedermann nach Maßgabe der Regelungen des IFG einen Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen gegenüber den Behörden des Bundes. Begehrt der Antragsteller eine bestimmte Art des Informationszugangs, darf dieser gemäß § 1 Abs. 2 S. 2 IFG nur aus wichtigem Grund auf andere Art gewährt werden. Dem von Ihnen beantragten Informationszugang durch Übersendung von Dokumenten stehen wichtige Gründe im Sinne des § 1 Abs. 2 S. 2 IFG entgegen. Wichtige Gründe im Sinne dieser Vorschrift können neben einem deutlich höheren Verwaltungsaufwand (8 1 Abs. 2 5. 3 IFG) auch materielle Gesichtspunkte sein (vgl. BT-Drs. 15/4493 S. 8; Schoch, IFG, & 1 Rn. 282 ff.).
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a) Zu den anerkannten materiellen Schutzinteressen, die einem Anspruch auf Informationszugang entgegenstehen, gehört gemäß 8 3 Nr. 3 b) IFG der Schutz von behördlichen Beratungen. Demnach besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn und solange die Beratungen von Behörden beeinträchtigt werden. Soweit es um die von Ihnen beantragte Art des Informationszugangs durch Übersendung von Dokumenten geht, hält die im Ausgangsbescheid dargelegte Rechtsauffassung einer erneuten rechtlichen Prüfung, auch unter Berücksichtigung der von Ihnen dargelegten Erwägungen, stand.
Der in Ihrem Widerspruch erhobene Einwand, das Haus Hohenzollern sei keine Behörde, trifft zu, bleibt jedoch für die auf § 3 Nr. 3 b) IFG gestützte Ablehnung Ihres Antrags in Form der Übersendung von Dokumenten unbeachtlich. Die Ablehnung Ihres Antrags beruht insoweit, entgegen Ihrer Annahme, nicht auf dem Schutz der Beratungen des Bundes mit dem Haus Hohenzollern, sondern auf dem Schutz der Beratungen des Bundes mit den Ländern Berlin und Brandenburg. Ausschlaggebend ist diesbezüglich allein, inwieweit die Herausgabe der von Ihnen begehrten Dokumente geeignet ist, die Beratungen zwischen den beteiligten Behörden zu beeinträchtigen. Wie Ihnen bereits mit Bescheid der BKM vom 14. August 2019, der in dem Bescheid vom 7. September 2020 ausdrücklich in Bezug genommen
wurde, dargelegt worden war, besteht ein inhaltlicher Zusammenhang zwischen den Verhandlungen des Bundes und der Länder mit dem Haus Hohenzollern sowie den Beratungen des Bundes und der Länder Berlin und Brandenburg in Bezug auf diese Verhandlungen. Eine außergerichtliche Einigung mit dem Haus Hohenzollern ist nur im Einvernehmen mit den betroffenen Ländern, Berlin und Brandenburg, möglich. Hierfür bedarf es eingehender Beratungen zwischen den beteiligten Behörden. Die an den Verhandlungen beteiligten Stellen haben vereinbart, den Inhalt dieser Beratungen vertraulich zu behandeln. § 3 Nr. 3 b) IFG bezweckt den Schutz solcher Beratungen. Sinn und Zweck der Norm ist die Gewährleistung eines unbefangenen und freien Meinungsaustauschs sowie einer offenen Meinungsbildung zwischen den Beteiligten (BVerwG, Beschl. v. 18.7.2011, 7 B 14/11). Die Herausgabe von Details der Verhandlungen mit dem Haus Hohenzollern, die Gegenstand der behördlichen Beratungen sind, insbesondere die Herausgabe der von Ihnen mit Antrag vom 7. August 2020 begehrten Dokumente, ist geeignet, diese Beratungen zu erschweren.
Ihre Auffassung, eine Beeinträchtigung der Beratungen sei mit Blick auf die zu dieser Angelegenheit bereits veröffentlichten Informationen nicht zu befürchten, geht fehl. Zwar haben die Bundesregierung und die Regierungen der Länder zwischenzeitlich Informationen über den Inhalt und Stand der Verhandlungen veröffentlicht. Zu erwähnen sind hier neben der von Ihnen zitierten Antwort des Berliner Senats die Antworten der Bundesregierung auf eine schriftliche Frage (BT-Drs. 19/12437) und eine Kleine Anfrage der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN vom 22. September 2020 (BT-Drs. 19/22736). Ihr Begehren, das auf die Herausgabe bestimmter Dokumente gerichtet ist, geht jedoch ersichtlich über den Umfang der bisher veröffentlichten Informationen zu dem von Ihnen benannten Teilaspekt der Verhandlungen hinaus. Nicht zuletzt macht auch der Berliner Senat in der von Ihnen zitierten Antwort deutlich, dass selbst die Form einer konkreten parlamentarischen Beteiligung an der Angelegenheit, trotz ihrer unbestrittenen öffentlichen Relevanz, von den Ergebnissen der Verhandlungen abhängig ist.
b) Einem Anspruch auf Informationszugang durch Übersendung der von Ihnen begehrten Dokumente steht schließlich auch der Ausschlusstatbestand des 8 3 Nr. 6 IFG entgegen. Demnach besteht ein Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn das Bekanntwerden der Information geeignet wäre, fiskalische Interessen des Bundes im Wirtschaftsverkehr zu beeinträchtigen. Die Norm schützt die fiskalischen Interessen des Bundes. Entscheidend ist die Relevanz der Informationen für den Bundeshaushalt. Die fiskalischen Interessen des Bundes werden also maßgeblich durch das Haushaltsrecht bestimmt (BVerwG, Urteil v. 27.11.2014, 7 C 12/13 = BVerwGE 150, 383 Rn. 22). Ein spezifisch fiskalisches Handeln des Bundes ist indes nicht erforderlich (Schirmer, in: Gersdorf/Pahl (Hrsg.), BeckOK Informations- und Medienrecht, § 3 IFG Rn. 174 ff.). Soweit die Herausgabe der Informationen geeignet ist, sich nachteilig auf die Beratungen des Bundes mit den Ländern auszuwirken, werden hierdurch unmittelbar die Aussichten auf einen erfolgreichen Abschluss der Verhandlungen mit dem Haus Hohenzollern bedroht. Die Verhandlungen haben das Ziel, eine dauerhafte Gesamtlösung für Kunst- und Sammlungsgegenstände herbeizuführen, deren Eigentumsverhältnisse von beiden Gesprächspartnern unterschiedlich bewertet werden. Hintergrund ist ein Gesetz über die Vermögensauseinandersetzung zwischen dem Staat Preußen und dem Haus Hohenzollern aus dem Jahr 1926. In den Gesprächen geht es um rechtliche Unklarheiten in den damaligen Regelungen, aber auch um Rechtspositionen, die sich durch die nachfolgenden historischen Ereignisse, insbesondere durch Maßnahmen der sowjetischen Besatzungsmacht und der Regierung der DDR verändert haben. Sowohl der Bund als auch die Länder sind bestrebt darin, eine außergerichtliche Einigung mit dem Haus Hohenzollern zu erreichen, da andernfalls mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit eine gerichtliche Auseinandersetzung zu erwarten ist, die - wie Sie auch der Antwort des Berliner Senats entnehmen können — mit erheblichen und schwer abzuschätzenden fiskalischen Risiken verbunden wäre.
2) Trotz Ablehnung Ihres Herausgabebegehrens aufgrund wichtiger Gründe kann Ihrem Antrag auf Informationszugang gemäß 8 1 Abs. 25. 2, 8 7 Abs. 2 5. 1 IFG in anderer Form, nämlich durch Erteilung einer schriftlichen Auskunft, entsprochen werden. Demzufolge können folgende Informationen zu Ihrer Frage nach der Forderung des Hauses Hohenzollern, institutionell verankerte Mitspracherechte über die Darstellung der Geschichte des Hauses in den beteiligten Einrichtungen zu erhalten, übermittelt werden:
In Bezug auf den Umgang mit den dem Haus Hohenzollern gehörenden Dauerleihgaben wurde die Erwartung geäußert, eine angemessene institutionalisierte Mitwirkung bei den öffentlichen Einrichtungen, die solche Dauerleihgaben erhalten, sicherzustellen. Das Haus Hohenzollern hat im letzten Gespräch mit den Vertretern der öffentlichen Hand am 24. Juli 2019 erklärt, "dass es zu keinem Zeitpunkt einen. kuratorischen-oder inhaltlichen-Einfluss auf die Präsentation von Sammlungen und Ausstellungen in öffentlichen Museen verfolgt hat."
Il. Entscheidung über die Kosten
Die in diesem Bescheid getroffene Kostenentscheidung beruht auf § 73 Abs. 3 S. 3 VwGO,
8 10 IFG i.V.m. 88 1, 2 IFGGebV sowie der Anlage zu 8 1 Abs. 1 IFGGebV Teil A Nr. 5. Demnach ist bei der vollständigen oder teilweisen Zurückweisung eines Widerspruchs eine Mindestgebühr in Höhe von 30 EUR festzusetzen. Dies gilt auch dann, wenn sich der Widerspruch — wie in Ihrem Fall — gegen einen kostenfreien Ausgangsbescheid richtet (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil v. 6.11.2014, OVG 12 B 14.13).
Ich bitte Sie, den Betrag in Höhe von
30,00 EUR
innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe dieses Bescheids (entspricht dem Zeitpunkt des Informationszugangs) zu überweisen an:
XXX
Bitte geben Sie im Verwendungszweck unbedingt das (fettgedruckte) Kassenzeichen an. Andernfalls kann Ihre Einzahlung nicht zugeordnet werden.
Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach Zustellung Klage bei dem Verwaltungsgericht Köln erhoben werden.
Im Auftrag