Az.: 3-4643.17
Ihre E-Mail vom 02. Juni 2017
Sehr geehrter Herr Roll,
vielen Dank für Ihre E-Mail vom 02. Juni 2017, in der Sie Fragen zur Lagerung von schwach radioaktivem Bauschutt stellen.
Bei der Beantwortung der Fragen wird davon ausgegangen, dass mit "schwach radioaktivem Bauschutt" solcher Bauschutt gemeint ist, der zur Beseitigung auf einer Deponie freigegeben werden könnte. Wenn man diesen Bauschutt als schwach radioaktiv bezeichnet, müsste man auch den aus konventioneller Nutzung stammenden Bauschutt als schwach radioaktiv bezeichnen.
Dies voraus geschickt nimmt das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg (UM) zu den von Ihnen gestellten Fragen wie folgt Stellung:
Gibt es konkrete Verhandlungen oder Vorgespräche mit dem Betreiber (EnBW) über eine mögliche Lagerung von schwach radioaktivem Bauschutt auf dem Gelände des Atomkraftwerks, wenn dort Gebäude abgerissen werden? Falls ja, senden Sie mir bitte ein Muster dieser Vereinbarung. Falls nein: (wann) sind solche Gespräche bzw. Vereinbarungen geplant?
Es gibt keine solchen Verhandlungen oder Vorgespräche mit dem Betreiber. Es sind auch keine solchen Gespräche bzw. Vereinbarungen geplant. Das UM ist hier als atomrechtliche Aufsichtsbehörde tätig, deren Aufgabe es ist, die Einhaltung der geltenden rechtlichen Vorgaben sicherzustellen. Diese Vorgaben sehen eine Entsorgungspflicht des Standortlandkreises auf einer geeigneten Deponie vor.
Wie beurteilt das Umweltministerium (UM) aus finanzieller, rechtlicher und aus gesundheitlicher Sicht die alternative Möglichkeit, dass radioaktiver Bauschutt von AKW-Standorten auf Kosten des Betreibers (EnBW) am Ort des Kraftwerks gelagert werden könnte?
Rechtlicher Aspekt:
Der Betreiber ist rechtlich verpflichtet, einen möglichst großen Anteil des Bauschutts so zu behandeln, dass er nicht mehr als radioaktiver Stoff einzustufen ist. Nur den verbleibenden radioaktiven Abfall darf er in eine Zwischenlagerung überführen und nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuordnung der Verantwortung in der kerntechnischen Entsorgung an den Bund übergeben. Den nicht radioaktiven Abfall muss er an eine konventionelle Entsorgungseinrichtung abgeben. Andernfalls betreibt er eine illegale Abfalllagerung, die behördlich zu unterbinden wäre.
Gesundheitlicher Aspekt:
Unter gesundheitlichen Aspekten wäre eine Lagerung des Bauschutts am Ort des Kraftwerks - ebenso wie die Deponierung des Bauschutts auf einer vorhandenen Deponie - gleich zu beurteilen und wird in beiden Fällen als unproblematisch angesehen.
Finanzieller Aspekt:
Für die Ablagerung am Standort wäre dort eine geeignete Deponie zu errichten. Dies kann nur unter Beachtung der abfallrechtlichen Vorgaben geschehen. Dazu gehört auch ein mehrjähriges Planfeststellungsverfahren. Bis zu dessen Abschluss kann eine illegale Lagerung am Standort nicht geduldet werden. Die Kosten hierfür können derzeit nicht abgeschätzt werden.
Soweit der Bauschutt nur zwischengelagert und später doch zur Beseitigung auf einer vorhandenen Deponie freigegeben werden soll, würde die anstehende Entsorgung lediglich verschoben und es entstünden zusätzliche Zwischenlagerkosten.
Soweit die Frage darauf abzielt, dass der Bauschutt nicht freigegeben werden soll, wäre er endlagergerecht zu konditionieren und in einem Endlager zu entsorgen. Dies wäre mit erheblichen Kosten verbunden, wobei die Kosten für die Endlagerung nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Neuordnung der Verantwortung in der kerntechnischen Entsorgung vom Bund, mithin vom Steuerzahler, zu tragen wären.
Wie bewertet das UM allgemein die Verpflichtung des Betreibers, die Kosten der Lagerung zu tragen oder sich daran zu beteiligen?
Wenn eine Freigabe zur Beseitigung auf einer Deponie möglich ist, ist der Betreiber auch dazu verpflichtet, diesen Weg zu beschreiten. Der Betreiber kann dann natürlich nicht verpflichtet werden, den Bauschutt am Kraftwerksstandort zu lagern.
Wie bewertet das UM die finanzielle Belastung der Bürger bei der Variante einer Lagerung des Bauschutts auf den Kreisdeponien?
Für die Ablagerung erhebt der Deponiebetreiber kostendeckende Gebühren, die die Kosten des laufenden Betriebs und die Nachsorge berücksichtigen. Die finanzielle Belastung bei einer Ablagerung von zur Beseitigung auf einer Deponie freigegebenen Bauschutts auf einer Kreisdeponie unterscheidet sich jedenfalls nicht von der finanziellen Belastung, die durch sonstigen deponierten Bauschutt auf einer Kreisdeponie entsteht. Die zusätzlichen Kosten aufgrund der atomrechtlichen Überwachung und der Handlungsanleitung zur Entsorgung freigemessener Abfälle auf Deponien hat der Betreiber zu tragen.
Welche genauen Kosten ergeben sich bei einer Lagerung auf Kreisdeponien für die Bürger (inkl. Transport) und alternativ bei einer Lagerung am AKW-Standort?
Die spezifischen Kosten für die Planung und Errichtung einer Deponie am Standort sind bezogen auf die relativ geringe Menge an zur Beseitigung freigegebenem Abfall unverhältnismäßig hoch einzuschätzen. Dem steht eine im Verhältnis eher geringe Einsparung bei den Transportkosten gegenüber.
Bei einer Ablagerung auf einer vorhandenen Deponie fällt die im Verhältnis zum Gesamtvolumen der Deponie geringe Menge an zur Beseitigung freizugebenden Abfällen kaum ins Gewicht.
Mit freundlichen Grüßen