Sehr geehrter Herr Schindler,
in Ihrer E-Mail-Nachricht vom 21. März 2021 bitten Sie unter Bezugnahme auf die Berichterstattung des Tagesspiegel und unter Berufung auf § 3 Abs. 1 Berliner Informationsfreiheitsgesetz (IFG) bzw. nach § 2 Abs. 1 des Gesetzes zur Verbesserung der gesundheitsbezogenen Verbraucherinformation (VIG) um Kopien aller Schreiben an das Grundbuchamt des Amtsgerichts Schöneberg, in denen Jens Spahn oder eine von ihm bevollmächtigte Person die Namen von Journalisten verlangt, die über Grundstücksgeschäfte von Jens Spahn recherchieren und die dazugehörigen Unterlagen im Grundbuchamt zu diesem Begehren.
Gemäß § 2 Abs. 1 S. 2 IFG gilt das IFG für die Gerichte nur, soweit sie Verwaltungsaufgaben erledigen. Ein solcher Fall liegt hier jedoch nicht vor. Denn Ihr Einsichts- bzw. Auskunftsersuchen bezieht sich auf den Inhalt der zu einem Grundstück geführten Grundakten. Dabei handelt es sich um einen Vorgang der Rechtspflege, nicht um einen Verwaltungsvorgang. Einen Zusammenhang mit den Regelungen des VIG kann ich ebenfalls nicht erkennen.
Daher erlaube ich mir darauf hinzuweisen, dass § 12 Grundbuchordnung (GBO) das für die Entscheidung maßgebliche Spezialgesetz gegenüber einen Anspruch nach den Berliner Informationsfreiheitsgesetz darstellt. Deshalb beurteilen sich die Einsichts- und Auskunftsrechte in ein Grundbuch bzw. die Grundakten nach § 12 GBO als dem dazu relevanten Spezialgesetz:
§ 12 GBO lautet wie folgt:
"(1) Die Einsicht des Grundbuchs ist jedem gestattet, der ein berechtigtes Interesse darlegt. Das gleiche gilt von Urkunden, auf die im Grundbuch zur Ergänzung einer Eintragung Bezug genommen ist, sowie von den noch nicht erledigten Eintragungsanträgen.
(2) Soweit die Einsicht des Grundbuchs, der im Absatz 1 bezeichneten Urkunden und der noch nicht erledigten Eintragungsanträge gestattet ist, kann eine Abschrift gefordert werden; die Abschrift ist auf Verlangen zu beglaubigen.
(3) Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz kann durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates bestimmen, dass
1.
über die Absätze 1 und 2 hinaus die Einsicht in sonstige sich auf das Grundbuch beziehende Dokumente gestattet ist und Abschriften hiervon gefordert werden können;
2.
bei Behörden von der Darlegung des berechtigten Interesses abgesehen werden kann, ebenso bei solchen Personen, bei denen es auf Grund ihres Amtes oder ihrer Tätigkeit gerechtfertigt ist.
(4) Über Einsichten in Grundbücher und Grundakten sowie über die Erteilung von Abschriften aus Grundbüchern und Grundakten ist ein Protokoll zu führen. Dem Eigentümer des betroffenen Grundstücks oder dem Inhaber eines grundstücksgleichen Rechts ist auf Verlangen Auskunft aus diesem Protokoll zu geben, es sei denn, die Bekanntgabe würde den Erfolg strafrechtlicher Ermittlungen oder die Aufgabenwahrnehmung einer Verfassungsschutzbehörde, des Bundesnachrichtendienstes, des Militärischen Abschirmdienstes oder die Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen gefährden. Das Protokoll kann nach Ablauf von zwei Jahren vernichtet werden. Einer Protokollierung bedarf es nicht, wenn die Einsicht oder Abschrift dem Auskunftsberechtigten nach Satz 2 gewährt wird."
Durch die höchstrichterliche Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfG, Beschluss vom 28.08.2000 – 1 BvR 1307/91 – zitiert nach JURIS) und des Bundesgerichtshofes (Beschluss vom 17. August 2011, – V ZB 47/11 –; zitiert nach JURIS) ist dabei geklärt, dass ein Anspruch der Presse auf Einsicht in ein Grundbuch im Rahmen journalistischer Recherche bzw. ein entsprechender Auskunftsanspruch unter den dort genannten Voraussetzungen besteht. Geklärt ist damit auch, dass die Presse diese Auskunftsansprüche direkt gegenüber dem Grundbuchamt hat bzw. geltend machen muss.
Auch Sie müssten Ihren Antrag ggf. direkt an das Grundbuchamt richten und ihn nach Maßgabe des § 12 Abs. 1 GBO begründen, d. h. ein "berechtigtes Interesse" geltend machen und darlegen. Dort entscheidet die zuständige Urkundsbeamtin nicht als Verwaltungsorgan, sondern in sachlicher Unabhängigkeit in der Rechtspflege ggf. über den von Ihnen zu stehenden Antrag.
Vor dem Hintergrund der Presseberichterstattung zu diesem Thema weise ich darauf hin, in den Grundakten alle Einsichtsersuchen zu dokumentieren sind und über Einsichtnahmen und Erteilung von Abschriften ein Protokoll zu führen ist, in das den Grundstückseigentümer gemäß dem oben zitierten § 12 Abs. 4 GBO auf Verlangen jederzeit Auskunft zu geben ist.
Mit freundlichen Grüßen