Sehr Antragsteller/in
vielen Dank für Ihre E-Mail vom 3. März 2021.
Sie möchten wissen, wie groß der Anteil an den Kassenarztsitzen einer Fachgruppe in einem Planungsbereich der Kassenärztlichen Vereinigung sein darf, der Eigentum eines privaten Klinik-Eigentümers ist.
Dies lässt sich aus Sicht des Bundeskartellamts nicht pauschal beantworten. Das Bundeskartellamt prüft unternehmerisches Verhalten ausschließlich nach kartellrechtlichen Aspekten unter Anwendung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen („GWB“). Es führt keine Regulierung im Gesundheitswesen durch. Ggfs. können Sie sich hierzu an das Bundesministerium für Gesundheit wenden.
Es sind allerdings bestimmte Situationen denkbar, in denen der Anteil an Kassenarztsitzen eines privaten Klinik-Eigentümers in einem bestimmten Gebiet kartellrechtlich relevant werden kann. Erwirbt ein privater Krankenhausbetreiber Kassenarztsitze, indem er z.B. ein Medizinisches Versorgungszentrum („MVZ“) aufkauft, so unterliegt dies grundsätzlich der Fusionskontrolle durch das Bundeskartellamt, wenn gewisse Umsatzschwellen überschritten werden. Dies ist der Fall, wenn die am Zusammenschluss beteiligten Unternehmen insgesamt im letzten vor dem Zusammenschluss endenden Geschäftsjahr weltweit Umsatzerlöse von mehr als 500 Mio. € und mindestens ein beteiligtes Unternehmen im Inland Umsatzerlöse von mehr als 50 Mio. € und ein anderes beteiligtes Unternehmen Umsatzerlöse von mehr als 17,5 Mio. € erzielt haben (§ 35 Abs. 1 GWB, angepasst im Januar 2021).
Das Bundeskartellamt prüft und bewertet im Rahmen der Fusionskontrolle die Auswirkungen, die eine Fusion für den Wettbewerb haben wird. Unter gewissen, in § 36 Abs. 1 GWB normierten Voraussetzungen ist ein Vorhaben zu untersagen oder nur unter Bedingungen oder Auflagen freizugeben. Dies ist der Fall, wenn wirksamer Wettbewerb durch die Fusion erheblich behindert würde, insbesondere, wenn zu er-warten ist, dass der Zusammenschluss eine marktbeherrschende Stellung begründet oder verstärkt. Im Rahmen der Prüfung würde dann auch berücksichtigt, welchen Anteil an Kassenarztsitzen eines bestimmten Fachbereichs im räumlich relevanten Markt die fusionierten Unternehmen innehaben werden. Dabei wird vermutet, dass ein Unternehmen marktbeherrschend ist, wenn es einen Marktanteil von mindestens 40% erreicht (§ 18 Abs. 4 GWB).
Hat ein Unternehmen durch internes Wachstum oder durch fusionskontrollfreie Zukäufe eine marktbeherrschende Stellung erreicht, so liegt ein Verstoß gegen das Kartellrecht dann vor, wenn es diese Stellung missbräuchlich ausnutzt (§ 19 Abs. 1 GWB). Derartiges wettbewerbsbeschränkendes Verhalten fiele in die Zuständigkeit des Bundeskartellamtes und könnte entsprechend sanktioniert werden, wenn es über das Gebiet eines Bundeslandes hinausreicht. Ist dies nicht der Fall, so ist die Landeskartellbehörde des jeweiligen Bundeslandes zuständig.
Wir hoffen, Ihnen mit diesen Auskünften geholfen zu haben und verbleiben mit freundlichen Grüßen