Sehr [geschwärzt],
aufgrund Ihres Antrags vom 26.03.2022 erhalten Sie die folgenden uns vorliegenden Informationen.
Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag
[geschwärzt]
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Über wie viele Arbeitsplätze verfügt das Bundesarchiv am Standort Lichterfelde?
Das Bundesarchiv Berlin-Lichterfelde konnte unter Beachtung der geltenden Abstands- und Hygieneregeln am Standort Berlin-Lichterfelde seit Eröffnung des neuen Benutzungszentrums im September 2021 vierzig Arbeitsplätze über das Online-Buchungsportal anbieten. Nach Analyse des Nutzerverhaltens wurden seit Januar 2022 zwei weitere Plätze über das Buchungsportal angeboten, weil sich herausgestellt hatte, dass regelmäßig nicht alle Personen im Lesesaal erscheinen, die einen Platz gebucht hatten. Infolge der Aufhebung des Abstandsgebots im Land Berlin werden seit April 2022 weitere 10 Arbeitsplätze zur Buchung angeboten.
Im alten Lesesaal standen seit dem 15. März 2021, also seit dem Ende des zweiten Lockdowns, dreißig Arbeitsplätze zur Verfügung. Nach dem ersten Lockdown im Frühjahr 2020 waren es unter der noch strengeren Regeln des Landes Berlin zunächst zwölf, später zwanzig Plätze gewesen.
Wird statistisch erfasst, wie viele der Reservierungen auch tatsächlich genutzt werden? Falls ja: bitte stellen Sie mir diese Statistik zur Verfügung. Falls nein: Liegen Ihnen anderweitige Informationen darüber vor, ob (und wenn ja, warum) eine signifikante Anzahl der reservierten Arbeitsplätze nicht genutzt werden?
Der Lesesaaldienst ermittelt täglich, welche Benutzerinnen und Benutzer ihre online reservierten Plätze ohne Stornierung verfallen lassen. Namen und Daten werden statistisch erfasst; die Betroffenen werden per Mail gebeten, in künftigen Verhinderungsfällen online und möglichst frühzeitig zu stornieren.
Wie viele Plätze durch Stornierung freigeblieben sind, lässt sich rückwirkend über das Terminbuchungssystem ermitteln, wenn auch mit erheblichem Aufwand. Da viele Stornierungen sehr kurzfristig erfolgen und nach Öffnung der Lesesäle um 9 Uhr nicht mehr für denselben Tag gebucht werden kann, standen faktisch nicht alle dieser freigebliebenen Plätze für andere Interessenten zur Verfügung. Die weitaus meisten der stornierten Termine wurden aber nach unserer Beobachtung schnell wieder neu vergeben.
Die Gründe, warum reservierte Plätze nicht genutzt (und nicht storniert) werden, sind dem Bundesarchiv nicht in jedem Einzelfall bekannt. Ganz offensichtlich wurden in den ersten Wochen nach Aufhebung der strengen Lockdowns Termine insbesondere von ausländischen Benutzerinnen und Benutzern storniert, weil die geltenden Quarantäneregeln eine effiziente Reiseplanung vielfach unmöglich machten.
Ist dem Bundesarchiv das Problem der stark eingeschränkten Benutzbarkeit seiner Bestände durch den oben beschriebenen Umstand bekannt?
Selbstverständlich ist dem Bundesarchiv der Nachfrageüberhang nach Arbeitsplätzen gerade am Standort Berlin-Lichterfelde ständig präsent. Aufgrund der in den letzten gut zwei Jahren oft sehr kurzen Gültigkeit der Landesverordnungen sind auch die entsprechenden Verständigungen im Bundesarchiv meist in schneller Reaktion auf neue Bestimmungen telefonisch oder per Videokonferenz erfolgt und nicht verschriftlicht worden. Eine zentrale Antwort auf die unabänderlichen Kapazitätsbegrenzungen war eine erhebliche Ausweitung des Angebots zur Digitalisierung benötigter Unterlagen durch das Bundesarchiv, die Benutzerinnen und Benutzern je nach Dimension der Anfrage individuell vorgeschlagen wurde.
Bitte stellen Sie mir die Ergebnisse diesbezüglicher Beratungen der zuständigen Stellen des Bundesarchivs zur Verfügung - insbesondere etwa Beschlüsse oder Empfehlungen zur Verbesserung der Benutzungssituation oder Anweisungen an die Mitarbeiter:innen des BArch zum Umgang mit Benutzer:innen, die ggf. die von ihnen reservierten Termine nicht wahrgenommen haben.
Dass dem Bundesarchiv immer daran gelegen ist, die Interessen der Nutzerinnen und Nutzer möglichst schon in die Verordnungen der Länder bzw. die Vorgaben der Regierungskonferenzen einfließen zu lassen, möge die folgende Korrespondenz mit BKM unterstreichen:
Mail des Bundesarchivs vom 13.04.2021
[geschwärzt],
wir können bisher nicht absehen, ob sich aus der geplanten Neufassung des Infektionsschutzgesetzes Hinweise zum Betrieb von Lesesälen des Bundesarchivs herauslesen lassen - nach den bisherigen Erfahrungen mit den Beschlüssen der Bund-Länder-Konferenz und den Corona-Verordnungen der Länder ist das nicht sehr wahrscheinlich.
Aktuell können wir an allen Standorten mit Lesesälen - unter Einhaltung der bewährten Schutzmaßnahmen und nach Vorlage einer Bescheinigung über ein tagesaktuelles negatives Testergebnis - Benutzerinnen und Benutzer in beschränkter Zahl die persönliche Einsichtnahme in Archivgut ermöglichen. Im Sinne der Benutzerinnen und Benutzer hat das Bundesarchiv ein eminentes Interesse an, dieses Angebot aufrechtzuerhalten, auch wenn die 7-Tage-Inzidenzwerte derzeit in allen betroffenen Kreisen außer Freiburg über 100 liegen.
Wie Sie ja wissen, hat schon die pandemiebedingt reduzierte Zahl an möglichen Benutzungsplätzen in der Vergangenheit erhebliche öffentliche Kritik auf das Bundesarchiv und damit auch auf die BKM gelenkt. Viele, in der Regel aus öffentlichen Mitteln geförderte Forschungsvorhaben sind stark beeinträchtigt worden. Manche Projekte drohen mittlerweile zu scheitern, da die befristeten Arbeitsverträge der Projektmitarbeiterinnen und -mitarbeiter in der Regel nicht beliebig verlängert werden können und die Projektfinanzierung damit in vielen Fällen zusammenzubrechen droht. Immer wieder verwiesen wird in den Beschwerden nicht nur auf die gesetzliche Verpflichtung zur Archivgutvorlage nach dem Bundesarchivgesetz, sondern auch auf die in Artikel 5 des Grundgesetzes kodifizierte Wissenschafts- und Informationsfreiheit.
In Koblenz haben wir die Erlaubnis der Stadtverwaltung erhalten, den Lesesaal auch unter der aktuell geltenden verschärften Allgemeinverfügung geöffnet zu halten. Die Stadt ist unserer Argumentation gefolgt, dass das Angebot des Bundesarchivs nicht mit dem von Museen oder Gedenkstätten zu vergleichen ist, sondern mit dem von Behörden und Ämtern, denen unter Beachtung der allgemeinen Schutzmaßnahmen die Weiterführung ihrer dienstlichen Aufgaben gestattet ist.
Wir sind sehr dankbar, wenn BKM die Auslegung und Positionierung des Bundesarchivs stützt und uns über uns betreffende aktuelle Entwicklungen im Gesetzgebungsverfahren informiert.
Mit freundlichen Grüßen
Im Auftrag
Mail des Bundesarchivs vom 20.04.2021
[geschwärzt]
[geschwärzt],
vielen Dank für Ihre hilfreichen Ausführungen vom 14.4.2021. Das Bundesarchiv hat auch die jüngsten Versionen der Corona-Verordnungen in den Ländern Baden-Württemberg und Berlin im Hinblick auf die Möglichkeit zur persönlichen Nutzung von Archivgut analysiert und mit den Stadtverwaltungen in Koblenz und Bayreuth, wo verschärfte Maßnahmen unabhängig vom geplanten neuen Infektionsschutzgesetz des Bundes bereits greifen, Einvernehmen über die weitere eingeschränkte Öffnung unserer Lesesäle erzielt. Auf dieser Basis sehen wir uns derzeit an allen Standorten weiterhin in der Lage, das reduzierte Angebot zur persönlichen Nutzung in den Lesesälen aufrechtzuerhalten. Wir gehen aktuell davon aus, dass sich auch nach Inkrafttreten des neuen Infektionsschutzgesetzes des Bundes daran nichts ändert.
Von den Benutzungsreferaten an den verschiedenen Standorten höre ich, dass diese Möglichkeit einerseits von den Benutzerinnen und Benutzern sehr dankbar wahrgenommen wird, andererseits vor allem ausländische Benutzer ihre gebuchten Termine teilweise auch kurzfristig absagen, weil sie sich je nach Herkunft aktuell sowohl bei der Einreise nach Deutschland als auch bei der Rückreise in ihr Heimatland in Quarantäne begeben müssten. Wir beobachten aber außerdem, dass auch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von deutschen Forschungseinrichtungen und Universitäten von sich aus Termine stornieren, offenbar weil ihnen dienstliche Reisen untersagt werden. Wenn von dieser Gruppe eingeschränkte Arbeitsmöglichkeiten beklagt werden, kann dies also nicht allein mit fehlenden Terminkapazitäten in Archiven begründet werden.
Das Bundesarchiv baut sein aktuelles Nutzungskonzept, das wir möglichst einheitlich an allen Standorten anwenden möchten, auf folgenden Säulen auf:
- Die Benutzung ist nur nach vorheriger Terminvereinbarung möglich, an den großen Standorten über das Online-Terminbuchungssystem, in den kleineren Lesesälen nach Kontaktaufnahme mit dem jeweiligen Benutzungsreferat. Die Kontaktdaten aller Benutzerinnen und Benutzer sind uns schon über den Benutzungsantrag natürlich bekannt.
- An der jeweiligen Pforte des Bundesarchivs muss das negative Testergebnis eines aktuellen PoC-Antigen-Tests vorgelegt werden, das nicht älter sein darf als 24 Stunden. Auf Teststationen weisen wir in unserem Internet-Auftritt hin.
- Alternativ kann seit dieser Woche der Nachweis über eine seit mindestens 14 Tagen abgeschlossene Impfserie mit einem in der EU zugelassenen Impfstoff vorgelegt werden.
- In den Lesesälen muss durchweg eine selbst mitgebrachte FFP 2-Maske getragen werden, auch am Arbeitsplatz.
- Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Lesesälen sind zusätzlich durch Plexiglasscheiben geschützt. Sie werden mindestens zweimal pro Woche getestet. Die Aktenanlieferung erfolgt nur noch bis vor die Türen der Lesesäle, so dass keine weiteren Personen den Lesesaal während der Öffnungszeiten betreten.
- Es werden Luftfilteranlagen oder andere Techniken der Frischluftzufuhr eingesetzt. Die Desinfektionsmaßnahmen wurden intensiviert.
- Die Anzahl der zur Verfügung stehenden Arbeitsplätze wurde so angepasst, dass überall der Mindestabstand von 1,5 m gewahrt werden kann. In Berlin-Lichterfelde wurde der "Winter-Lockdown" dazu genutzt, die Benutzersäle so umzubauen, dass die Nutzung von Papierakten und Mikrofilmen in demselben Raum stattfinden kann, d.h. einige Mikrofilmlesegeräte wurden in den herkömmlichen "Papierlesesaal" verbracht. Damit entfällt für die Nutzer die Notwendigkeit zum Wechsel zwischen den Räumen, und die Gesamtzahl der Arbeitsplätze konnte erhöht werden.
Das Bundesarchiv ist mit dem Geheimen Staatsarchiv PK und dem Politischen Archiv des AA zu diesen Fragen in engem Austausch, so dass auch auf dieser Ebene in aller Regel einheitliche Angebote und Regeln bestehen.
Die nächsten Wochen möchten wir dazu nutzen, die Möglichkeiten weiterer kleinerer baulicher Eingriffe zu prüfen (etwa die Anbringung von Plexiglasscheiben oder Trennwänden zwischen Arbeitsplätzen), um nach und nach das Platzangebot weiter zu erhöhen, ohne die Gesundheit von Benutzern und Personal zu gefährden. Entlastung dürfte in Berlin-Lichterfelde auch die Inbetriebnahme des neuen Benutzungszentrums mit mehr Raum im Spätsommer 2021 bringen.
Mit besten Grüßen
Im Auftrag