Auskunft zu "Gemeinsamen Fallkonferenzen" zur Deradikalisierung von „Gefährder*innen“ im Phänomenbereich islamistisch begründeter Extremismus

Hiermit stelle ich einen Antrag auf Auskunft bei der ihrer Datenschutzbehörde. Ich möchte im eigenen Namen als natürliche Person meinen Anspruch auf Zugang zu den in ihrer Behörde vorhandenen Informationen zu den sogenannten „Gemeinsamen Fallkonferenzen" zur Deradikalisierung von „Gefährder*innen“ im Phänomenbereich islamistisch begründeter Extremismus geltend machen.

An diesen Konferenzen nehmen Vertreter*innen von Sicherheitsbehörden und Beratungsfachkräfte wie etwa Sozialpädagog*innen teil und sind laut BAMF nach den jeweiligen Landeskonzepten ausgestaltet. Wesentliche Akteure sind i.d.R. Polizei, Verfassungsschutz, die Rückkehrkoordination sowie staatliche oder zivilgesellschaftliche Beratungsstellen. Die „gemeinsamen Fallkonferenzen“ wurden in der AG Deradikalisierung des Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrums des Bundes und der Länder (GTAZ) vorbereitet, welches beim BKA angesiedelt ist.

Gegenstand dieser "Gemeinsamen Fallkonferenzen" sind die fortlaufende gemeinsame Sicherheits- und Risikoeinschätzung von Einzelpersonen und extremistischen Gruppen, Einschätzungen hinsichtlich einer Ausstiegsprognose oder die gemeinsame Bewertung, ob eine Person noch konspirative Kontakte zu früheren Bekannten aus der extremistischen Szene unterhält.

Grundlegende Informationen zu den „gemeinsamen Fallkonferenzen“ konnten bisher nur zwei Dokumenten des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) entnommen werden: Einem Begleitbuch „Deradikalisierungs- und Distanzierungsarbeit“ zum Qualifizierungslehrgang (Umfeld-)Beratung im Phänomenbereich islamistisch begründeter Extremismus (nachfolgend: Begleitbuch) und einem Bund/Länder-Leitfaden zu den Übermittlungsbefugnissen und -pflichten der zivilgesellschaftlichen Beratungsfachkräfte und Akteure im Arbeitsfeld Deradikalisierungs-/Distanzierungsarbeit (nachfolgend: Bund/Länder-Leitfaden).

Die „gemeinsamen Fallkonferenzen“ werfen ernstliche Fragen der Fachlichkeit und insbesondere der grundgesetzlichen Validität auf. Sie geschehen in kontinuierlicher, nicht-anlassbezogener Weise, sowie unter Aufhebung des Schutzes von personenbezogenen Daten. Zudem gefährden die Konferenzen das Vertrauensverhältnis zwischen den Berater*innen und ihren Klient*innen gefährden.

Die Konferenzen sind mit Grundrechtseingriffen in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht verbunden. Diesbezüglich stellt sich bereits die Frage, ob nicht eine hinreichend bestimmte Rechtsgrundlage zur Durchführung dieser Konferenzen notwendig wäre, die derzeit jedoch nicht existiert.

Zudem ist zu bezweifeln, dass in jedem Fall ein „berechtigtes Interesse“ gem. Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO für die Datenverarbeitung vorliegt. Das BAMF begründet dies lediglich damit, dass der Verarbeitung zum Ziel einer Deradikalisierungs- und Interventionsberatung keine erkennbaren überwiegenden Interessen der Betroffenen gegenüberstehen würden; es ergebe sich auch kein anderes Ergebnis in Fällen, in denen es sich bei der betroffenen Person um ein Kind handele.

Ferner überzeugt nicht, dass die Datenübermittlungsbefugnis des § 24 BDSG regelmäßig als Rechtfertigungsgrund für eine Geheimnisoffenbarung im Sinne des § 203 StGB herangezogen werden kann.

Sind Sie bereits in Kontakt mit dieser Praxis gekommen und haben Sie weitergehende Informationen über den Inhalt dieser „gemeinsamen Fallkonferenzen“? Existieren beispielsweise Protokolle der Sicherheitsbehörden?

Ich widerspreche ausdrücklich der Weitergabe meiner Daten an Dritte. Ich möchte Sie um eine Antwort in elektronischer Form (E-Mail) und um eine Empfangsbestätigung bitten. Bitte teilen Sie mir außerdem mit, welche Gebühren und Auslagen für die Auskunft zu entrichten sind.

Vielen Dank!

Anfrage abgelehnt

  • Datum
    3. November 2022
  • Frist
    6. Dezember 2022
  • 0 Follower:innen
<< Anfragesteller:in >>
Antrag nach dem IFG/UIG/VIG Sehr geehrte Damen und Herren, bitte senden Sie mir Folgendes zu: Hiermit stelle ic…
An Bundesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Details
Von
<< Anfragesteller:in >>
Betreff
Auskunft zu "Gemeinsamen Fallkonferenzen" zur Deradikalisierung von „Gefährder*innen“ im Phänomenbereich islamistisch begründeter Extremismus [#262422]
Datum
3. November 2022 15:18
An
Bundesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit
Status
Warte auf Antwort — E-Mail wurde erfolgreich versendet.
Antrag nach dem IFG/UIG/VIG Sehr geehrte Damen und Herren, bitte senden Sie mir Folgendes zu:
Hiermit stelle ich einen Antrag auf Auskunft bei der ihrer Datenschutzbehörde. Ich möchte im eigenen Namen als natürliche Person meinen Anspruch auf Zugang zu den in ihrer Behörde vorhandenen Informationen zu den sogenannten „Gemeinsamen Fallkonferenzen" zur Deradikalisierung von „Gefährder*innen“ im Phänomenbereich islamistisch begründeter Extremismus geltend machen. An diesen Konferenzen nehmen Vertreter*innen von Sicherheitsbehörden und Beratungsfachkräfte wie etwa Sozialpädagog*innen teil und sind laut BAMF nach den jeweiligen Landeskonzepten ausgestaltet. Wesentliche Akteure sind i.d.R. Polizei, Verfassungsschutz, die Rückkehrkoordination sowie staatliche oder zivilgesellschaftliche Beratungsstellen. Die „gemeinsamen Fallkonferenzen“ wurden in der AG Deradikalisierung des Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrums des Bundes und der Länder (GTAZ) vorbereitet, welches beim BKA angesiedelt ist. Gegenstand dieser "Gemeinsamen Fallkonferenzen" sind die fortlaufende gemeinsame Sicherheits- und Risikoeinschätzung von Einzelpersonen und extremistischen Gruppen, Einschätzungen hinsichtlich einer Ausstiegsprognose oder die gemeinsame Bewertung, ob eine Person noch konspirative Kontakte zu früheren Bekannten aus der extremistischen Szene unterhält. Grundlegende Informationen zu den „gemeinsamen Fallkonferenzen“ konnten bisher nur zwei Dokumenten des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) entnommen werden: Einem Begleitbuch „Deradikalisierungs- und Distanzierungsarbeit“ zum Qualifizierungslehrgang (Umfeld-)Beratung im Phänomenbereich islamistisch begründeter Extremismus (nachfolgend: Begleitbuch) und einem Bund/Länder-Leitfaden zu den Übermittlungsbefugnissen und -pflichten der zivilgesellschaftlichen Beratungsfachkräfte und Akteure im Arbeitsfeld Deradikalisierungs-/Distanzierungsarbeit (nachfolgend: Bund/Länder-Leitfaden). Die „gemeinsamen Fallkonferenzen“ werfen ernstliche Fragen der Fachlichkeit und insbesondere der grundgesetzlichen Validität auf. Sie geschehen in kontinuierlicher, nicht-anlassbezogener Weise, sowie unter Aufhebung des Schutzes von personenbezogenen Daten. Zudem gefährden die Konferenzen das Vertrauensverhältnis zwischen den Berater*innen und ihren Klient*innen gefährden. Die Konferenzen sind mit Grundrechtseingriffen in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung und in das Allgemeine Persönlichkeitsrecht verbunden. Diesbezüglich stellt sich bereits die Frage, ob nicht eine hinreichend bestimmte Rechtsgrundlage zur Durchführung dieser Konferenzen notwendig wäre, die derzeit jedoch nicht existiert. Zudem ist zu bezweifeln, dass in jedem Fall ein „berechtigtes Interesse“ gem. Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO für die Datenverarbeitung vorliegt. Das BAMF begründet dies lediglich damit, dass der Verarbeitung zum Ziel einer Deradikalisierungs- und Interventionsberatung keine erkennbaren überwiegenden Interessen der Betroffenen gegenüberstehen würden; es ergebe sich auch kein anderes Ergebnis in Fällen, in denen es sich bei der betroffenen Person um ein Kind handele. Ferner überzeugt nicht, dass die Datenübermittlungsbefugnis des § 24 BDSG regelmäßig als Rechtfertigungsgrund für eine Geheimnisoffenbarung im Sinne des § 203 StGB herangezogen werden kann. Sind Sie bereits in Kontakt mit dieser Praxis gekommen und haben Sie weitergehende Informationen über den Inhalt dieser „gemeinsamen Fallkonferenzen“? Existieren beispielsweise Protokolle der Sicherheitsbehörden? Ich widerspreche ausdrücklich der Weitergabe meiner Daten an Dritte. Ich möchte Sie um eine Antwort in elektronischer Form (E-Mail) und um eine Empfangsbestätigung bitten. Bitte teilen Sie mir außerdem mit, welche Gebühren und Auslagen für die Auskunft zu entrichten sind. Vielen Dank!
Dies ist ein Antrag auf Zugang zu amtlichen Informationen nach § 1 des Gesetzes zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes (IFG) sowie § 3 Umweltinformationsgesetz (UIG), soweit Umweltinformationen im Sinne des § 2 Abs. 3 UIG betroffen sind, sowie § 1 des Gesetzes zur Verbesserung der gesundheitsbezogenen Verbraucherinformation (VIG), soweit Informationen im Sinne des § 1 Abs. 1 VIG betroffen sind. Sollte der Informationszugang Ihres Erachtens gebührenpflichtig sein, möchte ich Sie bitten, mir dies vorab mitzuteilen und detailliert die zu erwartenden Kosten aufzuschlüsseln. Meines Erachtens handelt es sich um eine einfache Auskunft. Gebühren fallen somit nach § 10 IFG bzw. den anderen Vorschriften nicht an. Auslagen dürfen nach BVerwG 7 C 6.15 nicht berechnet werden. Sollten Sie Gebühren veranschlagen wollen, bitte ich gemäß § 2 IFGGebV um Befreiung oder hilfsweise Ermäßigung der Gebühren. Ich verweise auf § 7 Abs. 5 IFG/§ 3 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 UIG/§ 4 Abs. 2 VIG und bitte Sie, mir die erbetenen Informationen so schnell wie möglich, spätestens nach Ablauf eines Monats zugänglich zu machen. Kann diese Frist nicht eingehalten werden, müssen Sie mich darüber innerhalb der Frist informieren. Ich bitte Sie um eine Antwort per E-Mail gemäß § 1 Abs. 2 IFG. Ich widerspreche ausdrücklich der Weitergabe meiner Daten an behördenexterne Dritte. Sollten Sie meinen Antrag ablehnen wollen, bitte ich um Mitteilung der Dokumententitel und eine ausführliche Begründung. Ich möchte Sie um eine Empfangsbestätigung bitten und danke Ihnen für Ihre Mühe! Mit freundlichen Grüßen << Antragsteller:in >> << Antragsteller:in >> Anfragenr: 262422 Antwort an: <<E-Mail-Adresse>> Laden Sie große Dateien zu dieser Anfrage hier hoch: https://fragdenstaat.de/a/262422/
Mit freundlichen Grüßen << Anfragesteller:in >>
Bundesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit
WG: Auskunft zu "Gemeinsamen Fallkonferenzen" ... Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Info…
Von
Bundesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit
Betreff
WG: Auskunft zu "Gemeinsamen Fallkonferenzen" ...
Datum
7. November 2022 07:38
Status
Warte auf Antwort
Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Az.: IFG-780/005 II#0998 Sehr << Antragsteller:in >> angefügtes Schreiben übersende ich zu Ihrer Information. Die Übermittlung erfolgt ausschließlich elektronisch. Mit freundlichen Grüßen
Bundesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit
Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Gz. IFG-780/005 II#0998 Sehr << Antr…
Von
Bundesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit
Betreff
Ihr IFG-Antrag - Auskunft zu "Gemeinsamen Fallkonferenzen" zur Deradikalisierung von „Gefährder*innen“ im Phänomenbereich islamistisch begründeter Extremismus [#262422] # IFG-780/005 II#0998
Datum
22. November 2022 18:13
Status
Warte auf Antwort
geschwärzt
682,7 KB
Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Gz. IFG-780/005 II#0998 Sehr << Antragsteller:in >> in oben genannter Angelegenheit erhalten Sie beiliegendes Schreiben. Mit freundlichen Grüßen

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Sehr << Anrede >> hiermit teile ich Ihnen die zustellungsfähige Postanschrift mit: Gesellschaft für …
An Bundesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit Details
Von
<< Anfragesteller:in >>
Betreff
AW: Ihr IFG-Antrag - Auskunft zu "Gemeinsamen Fallkonferenzen" zur Deradikalisierung von „Gefährder*innen“ im Phänomenbereich islamistisch begründeter Extremismus [#262422] # IFG-780/005 II#0998 [#262422]
Datum
23. November 2022 08:55
An
Bundesbeauftragter für den Datenschutz und die Informationsfreiheit
Status
E-Mail wurde erfolgreich versendet.
Sehr << Anrede >> hiermit teile ich Ihnen die zustellungsfähige Postanschrift mit: Gesellschaft für Freiheitsrechte e.V. Boyenstraße 41 10115 Berlin Mit freundlichen Grüßen << Antragsteller:in >> << Antragsteller:in >> Anfragenr: 262422 Antwort an: <<E-Mail-Adresse>> Laden Sie große Dateien zu dieser Anfrage hier hoch: https://fragdenstaat.de/a/262422/