Bescheid vom 5. April 2023, Antrag aus Informationsfreiheit (Anfragennummer. 265289) bezüglich des Verwaltungsvorgangs 7300/67/22
Sehr geehrte Damen und Herren,
gegen den Bescheid vom 5. April 2023, zugegangen am 5. April 2023 lege ich
Widerspruch
ein und beantrage,
1. Blatt 74, 727, 785, 805, 867 des - als Anlage 1 zum Bescheid vom 5. April 2023 übermittelten - Verwaltungsvorganges 7300/67/22 ausgenommen, uneingeschränkte Informationsgewährung, unter entsprechend teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 5. April 2023 (Az. VI R 22 – 7110/77/22).
2. Die Kosten des Widerspruchsverfahrens dem Land Berlin aufzuerlegen.
I.
Sachverhalt
Mit E-Mail vom 12. Dezember 2022, über das Portal „FragDenStaat“ habe ich Auskunft in den mit Bescheid vom 5. April 2023 übermittelten Verwaltungsvorgang beantragt. Mit Schreiben vom 19. Januar 2023 teilten Sie mit, dass sich die Bearbeitung aufgrund nicht abgeschlossener Drittbeteiligungsverfahren verzögere.
Mit Schreiben vom 27. Februar 2023 teilten Sie mit, dass die begehrten Informationen eine Vielzahl personenbezogener Daten Dritter enthielten. Gemäß § 14 Abs. 2 S. 1 IFG müsse demnach ein Drittbeteiligungsverfahren durchgeführt werden. Unter Verweis auf die Beschleunigung des Verfahrens fragten Sie, ob ein Einverständnis zur Schwärzung personenbezogener Daten einholbar ist. Sollte keine entsprechende Rückmeldung zum Einverständnis durch mich erfolgen, würden die erforderlich werdenden Drittanhörungsverfahren am 3. März 2023 begonnen werden.
Am 7. März 2023 reagierte ich wie folgt:
„ich bin mit der Schwärzung der personenbezogenen Daten einverstanden.“
Mit Bescheid vom 5. April 2023 gewährten Sie die begehrten Informationen in beschränktem Umfang (zu den Einzelheiten wird auf den Bescheid vom 5. April 2023 verwiesen). Die Schwärzungen - unter Angabe der entsprechenden Seiten – begründen Sie verschiedentlich. Im Wesentlichen aber damit, dass (1) personenbezogene Daten geschwärzt worden seien, wobei sie dies implizit damit begründen, dass diese „nicht antragsgegenständlich“ seien. (2) Das Entgegenstehen spezialgesetzlicher Vorschriften, namentlich des Gesetzes über das Vermessungswesen Berlin. (3) Einen fehlenden Bezug jeweiliger Aktenteile, zum Antragsgegenstand und schließlich (4) mit Verweis auf abgeschirmte behördliche Willensbildungsprozesse im Sinne des § 10 Abs. 4 IFG. Im letzteren Fall sehen Sie sich in dem ihnen eröffneten Ermessen dahingehend gebunden, die begehrten Informationen versagen zu müssen.
II.
Rechtliche Würdigung
Dem Verpflichtungswiderspruch ist abzuhelfen, da die teilweise Ablehnung zur Gewährung der begehrten Informationen – durch Schwärzungen – in nachfolgend darlegendem Umfang rechtswidrig ist und dadurch meine Rechte aus Informationsfreiheit verletzt, § 68 Abs. 1 VwGO.
Maßstab für die Prüfung von Ausschlussgründen ist nach der Rechtsprechung des Berliner Verwaltungsgericht, ob deren Vorliegen plausibel dargelegt ist; dabei müssen die Angaben nicht so detailliert sein, dass Rückschlüsse auf die geschützte Information möglich sind, sie müssen aber so einleuchtend und nachvollziehbar sein, dass das Vorliegen von Ausschlussgründen geprüft werden kann (Urteil der Kammer vom 1. Juni 2012 – VG 2 K 177.11 – juris Rdn. 31; OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 5. Oktober 2010 – OVG 12 B 6.10 – juris Rdn. 31). Daran gemessen wird der Bescheid in den genannten Ablehnungsgründen (1), (2) und (3) nicht gerecht.
Im Einzelnen:
(1) Schwärzung „personenbezogene Daten“
Die Schwärzung personenbezogener ist rechtswidrig, insoweit sie die Daten von am Verwaltungsvorgang beteiligten bzw. Amtsträgern betrifft, § 6 Abs. 2 Nr. 1, 2 IFG Bln. Es besteht insoweit ein Anspruch auf ungeschwärzte Informationsgewährung, die Versagung verletzt meine Rechte aus Informationsfreiheitsgesetz. Der Gewährung ungeschwärzter Informationen bezüglich personenbezogener Daten, steht weder eine vermeintliche Einschränkung meines Antragsbegehren, noch etwaige schutzwürdige Interessen Dritter, insoweit es Behördenbedienstete und anderen am Verwaltungsvorgang Beteiligte betrifft, entgegen.
Die verfahrensmäßige Möglichkeit der Einverständniserklärung zur Schwärzung personenbezogener Daten dient in Informationsauskunftsverfahren regelmäßig der Beschleunigung der Informationsgewährung. Nicht jedoch wird dieser Vorgang als endgültiger Verzicht auf die begehrten Daten verstanden. Insbesondere nicht, wenn eine ausdrückliche Abänderung des Antrages nicht erfolgte. Eine solche Antragsbeschränkung ist meiner Mail vom 7. März 2023, im Kontext ihrer gestellten Anfragen und Verfahrensstände, nicht zu verstehen.
Auch ungeachtet davon besteht jedoch ein Anspruch auf die Informationsgewährung der personenbezogenen Daten. Ein Einverständnis auf die Schwärzung personenbezogener Daten, konnte allenfalls auf die rechtlich tatsächlich geschützten personenbezogenen Daten zu verstehen sein. Die vorgenommenen Schwärzungen betreffen offensichtlich - und allem Anschein nach ausschließlich - personenbezogene Daten von Personenkreisen, deren schutzwürdige Interessen von vornherein nicht als Versagungsgrund für den voraussetzungslosen Informationsanspruch nach IFG entgegengehalten werden können. Informationsfreiheitsgesetze der Länder und des Bundes (§ 5 Abs. 3, 4 IFG Bund), sehen für den Schutz personenbezogener Daten vergleichbare Regelungsregime vor. Im Unterschied zum Informationsfreiheitsgesetz des Bundes (nach § 5 Abs. 3 und 4), hat der Berliner Gesetzgeber weitergehende Konkretisierungen vorgenommen. Danach überwiegt das Informationsinteresse des Antragsstellers gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 1, lit a) des IFG Bln grundsätzlich gegenüber dem Schutz der personenbezogenen derjenigen
„(…)betroffenen Personen [die] an einem Verwaltungsverfahren oder einem sonstigen Verfahren beteiligt(…)“
sind. Nach § 6 Abs. 2 Nr. 2 überwiegt das Informationsinteresse auch wenn
„die Mitwirkung eines bestimmten Amtsträgers oder einer bestimmten Amtsträgerin an Verwaltungsvorgängen, dessen oder deren Name, Titel, akademischer Grad, Beruf, innerdienstliche Funktionsbezeichnung, dienstliche Anschrift und Rufnummer(…)“.
preisgegeben wird.
Schon nach dem weniger konkretisierten § 5 Abs. 3 IFG des Bundes, überwiegt das Informationsinteresse des Antragstellers gegenüber dem schutzwürdigen Interesse des Dritten am Ausschluss des Informationszugangs. Nach dem jüngsten Urteil des BVerwG vom 01.09.2022 (10 C 5.21) in der Regel dann, wenn sich die Angabe auf Name, Titel, akademischen Grad, Berufs- und Funktionsbezeichnung, Büroanschrift und - Telekommunikationsnummer beschränkt und der Dritte als Gutachter, Sachverständiger oder in vergleichbarer Weise eine Stellungnahme in einem Verfahren abgegeben hat. Nach § 5 Abs. 4 IFG seien diese Angaben von Bearbeitern vom Informationszugang nicht ausgeschlossen, soweit sie Ausdruck und Folge der amtlichen Tätigkeit sind und kein Ausnahmetatbestand erfüllt ist. In ihrem unmittelbaren, auf Zugangsbegehren nach dem Informationsfreiheitsgesetz beschränkten Anwendungsbereich enthielten diese Bestimmungen jeweils eine generelle Vorwegnahme bzw. einen generellen Ausschluss der insoweit in § 5 Abs. 1 Satz 1 IFG im Grundsatz vorgesehenen Einzelfallabwägung zwischen dem Informationsinteresse des Antragstellers und dem gegenläufigen Interesse des Dritten an der Vertraulichkeit seiner personenbezogenen Daten, so das Bundesverwaltungsgericht (mit Verweis auf BVerwG, Urteil vom 13. Dezember 2018 - 7 C 19.17 - BVerwGE 164, 112 Rn. 41 m. w. N.). Erst rechten gelten diese Maßgaben für die weit umfänglicher konkretisierten Bestimmungen des IFG Bln.
Es ist nach alledem kein Versagungsgrund für die Informationsgewährung der personenbezogenen Daten ersichtlich. Entgegen der Annahme im Verwaltungsverfahren war damit auch kein Drittanhörungsverfahren erforderlich und war es auch nie, da ein solches nicht für die Fälle des § 6 Abs. 2 IFG Bln gilt.
(2) Spezialgesetzliche Regelungen
Insoweit das Entgegenstehen spezialgesetzlicher Vorschriften vorgebracht wird (namentlich das Gesetz für Vermessungswesen Berlin), ermangelt die Bescheidung von vornherein an einer ansatzweise substantiierten Begründung und ist mithin rechtswidrig. Es wird pauschal vorgebracht, dass dem Informationsanspruch andere Vorschriften entgegenstünden. Hier fehlt es an der erforderlichen normgeleiteten Darlegung der einzelnen behaupteten Anspruchskonkurrenzen und ihrer Tatbestandsvoraussetzungen, die nach dargelegter Auffassung „strenger“ seien. Außerdem, wodurch und weshalb ein „Unterlaufen“ der entsprechenden Regelungen anzunehmen sei. Dies unter Berücksichtigung, dass das Informationsfreiheitsgesetz anderen Regelungszwecken dient als andere Informationen gewährende Gesetze. So stellen die Ansprüche gegenüber der Informationsgewährung nach Verwaltungsverfahrensgesetzen einen erweiterten Anspruch dar, gehen sie doch über die Voraussetzung der Verfahrensbeteiligung hinaus. Ein „Unterlaufen“ der Verwaltungsverfahrensgesetzen durch Informationsfreiheitsgesetze wird deshalb bislang noch nicht vertreten. Es gilt dabei insbesondere auch zu berücksichtigen, dass das Berliner IFG nach § 3 Abs. 3, den Anwendungsbereich der Ansprüche nur gegenüber weitergehenden Ansprüchen anderer Rechtsvorschriften unberührt lässt. Anders als im Bescheid behauptet wird, steht das IFG also gerade nicht in einem Subsidiaritätsverhältnis gegenüber anderen Normen, wie es etwa beim IFG des Bundes der anzunehmen sein könnte, § 1 Abs. 3. Daraus ergibt sich, dass allenfalls andere denkbare Vorschriften subsidiär gelten und dies auch nur insoweit sie weitergehende Ansprüche gewähren.
(3) Fehlender Bezug
Auch insoweit die versagende Bescheidung die Schwärzung von Informationen mit einem fehlenden Bezug zum Antragsgegenstand begründet, ist sie rechtswidrig.
Es ist bereits nicht ersichtlich auf welchen gesetzlichen Ausnahmetatbestand die Ablehnung hier fußt. Von vornherein ist aber nicht plausibel, inwieweit sich inmitten eines zusammenhängenden und zusammen geführten Verwaltungsvorgangs, Akteninhalte befinden, denen es eines Bezuges zum Antragsgegenstand fehlen soll. Darüber hinaus kann die Versagung - auch in diesem Fall -, nur auf der unzulässigen Unterstellung der Beschränkung des Antragsbegehrens beruhen. Das Antragsbegehren ist nur dahingehend auslegbar, dass es sich auf den gesamten, zusammengeführten Aktenvorgang bezieht. Es obliegt schließlich nicht der informationspflichtigen Stelle, beantragte Informationsgegenstände in einem zusammenhängenden Verwaltungsvorgang, ohne im Ansatz nachvollziehbare Gründe und Vortrag einer entsprechenden Rechtsgrundlage, besserwissend zu beschneiden.
Mit freundlichen Grüßen