Az: PKII4-12017/1#1 - Verley, PierreSehr geehrter Herr Verley,
vielen Dank für Ihre Zuschrift vom 17.02.2022, mit der Sie fragen, ob es ein Strategiepapier zur Bekämpfung von Staatsfeinden gebe.
Es existiert kein spezielles Strategiepapier zur Bekämpfung von Staatsfeinden. Die Bekämpfung von Staatsfeinden fällt in die allgemeine Bekämpfung von Kriminalität bzw. politisch motivierte Kriminalität.
In diesem Zusammenhang möchte ich darauf hinweisen, dass nach dem Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland die Polizeihoheit und die Ausübung der staatlichen Befugnisse den Bundesländern übertragen sind (Art. 30 und 83 GG: "Die Ausübung der staatlichen Befugnisse und die Erfüllung der staatlichen Aufgaben ist Sache der Länder, soweit dieses Grundgesetz keine andere Regelung triff oder zulässt" bzw. "Die Länder führen die Bundesgesetze als eigene Angelegenheit aus, soweit dieses Grundgesetz nichts anderes bestimmt oder zulässt.").
Mithin sind die Länder für die einschlägige Gesetzgebung, z. B. Polizeigesetze, die Organisation des Polizeiwesens und für die Durchführung aller aus dem Aufgabenbereich resultierenden Entscheidungen und Maßnahmen - insbesondere hinsichtlich der Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung - eigenverantwortlich zuständig. Aus diesen grundgesetzlichen Vorgaben resultiert, dass der Bund - dazu gehören auch oberste Bundesbehörden, wie das Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI), das zudem weder Ermittlungs- noch Strafverfolgungsbehörde ist - keine rechtliche Möglichkeit hat, auf Einzelfallentscheidungen und Maßnahmen der Bundesländer Einfluss zu nehmen oder deren Aufgaben zu übernehmen.
Ich empfehle Ihnen, sich an die zuständigen Innenministerien, bzw. die Innensenatsverwaltung, der betroffenen Bundesländer zu wenden.
Zum allgemeinen Verständnis möchte ich dazu noch Grundsätzliches anmerken:
Eine der wesentlichen Aufgaben des demokratischen Staates ist es, Sicherheit und Freiheit für seine Bürger zu garantieren. Demokratie kann sich erst im politischen und gesellschaftlichen Diskurs auf Basis der grundsätzlichen Werte einer freiheitlichen demokratischen Grundordnung entfalten. Für eine Demokratie ist es deswegen unverzichtbar, dass sie bereit und in der Lage ist, diese Werte zu verteidigen.
Die grundlegenden Normen dieser Werteordnung werden in einer Reihe von Vorschriften des Grundgesetzes (GG) konkretisiert:
• der Schutz der Menschenwürde, Art. 1 Abs. 1 GG • die Prinzipien der staatlichen Ordnung (Demokratie, Föderalismus, Rechts- und Sozialstaatlichkeit), Art. 20 GG • die Unabänderlichkeit dieser zentralen Grundsätze nach Art. 79 Abs. 3 GG
Auch werden im GG Schutzinstrumente für den demokratischen Rechtsstaat benannt: • Vereinigungen, deren Zweck oder Tätigkeiten den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder die sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder gegen den Gedanken der Völkerverständigung richten, sind gemäß Art. 9 Abs. 2 GG verboten. • Parteien können nach Art. 21 Abs. 2 GG vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt werden. Hierbei handelt es sich um die „schärfste und überdies zweischneidige Waffe des demokratischen Rechtsstaats gegen seine organisierten Feinde“, wie das Bundesverfassungsgericht in den Leitsätzen zum Urteil im Rahmen des NPD-Verbotsverfahrens feststellte.
Eine Voraussetzung für die Abwehr von Gefahren, die von Feinden der freiheitlichen demokratischen Grundordnung ausgehen, ist eine umfassende Information der staatlichen Organe und der Öffentlichkeit über verfassungsfeindliche Bestrebungen und Entwicklungen.
Zur Sammlung von Informationen und Erkenntnissen über derartige Bestrebungen und sicherheitsgefährdende Tätigkeiten sind die Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder (Art. 73 Abs. 1 Nr. 10 Buchstabe b und Art. 87 Abs. 1 Satz 2 GG) eingerichtet worden; sie bilden einen festen, unverzichtbaren Bestandteil der wehrhaften Demokratie.
Unter Beobachtung der Verfassungsschutzämter stehen sowohl rechts- als auch linksextreme Parteien, Vereine oder sonstige Gruppierungen und Personen. Da werden keine Unterschiede gemacht.
Ich hoffe, dass ich Ihnen in Ihrer Angelegenheit weiterhelfen konnte.
Mit freundlichen Grüßen