Sehr
<< Antragsteller:in >>
Sie haben mit Nachricht vom 05. Mai 2021 (unser Az.: A34/1010001001-IF30469) eine Anfrage nach § 1 Informationsfreiheitsgesetz (IFG) an das Statistische Bundesamt gerichtet.
In dieser bitten Sie um Erläuterungen zur Berechnung der Inflation, ich zitiere Ihr Anliegen wörtlich:
"Ich habe eine Frage zur Berechnung der Inflation. Ich habe mich über den HVPI @
https://www.ecb.europa.eu/ecb/educational/hicp/html/index.de.html informiert. Dabei wird auch über die Hedonische Bewertungsmethode an Hand des Beispiels Auto erklärt.
Nun ist die Inflation in aller Munde. Beim Einkaufen sind mir folgende Phänomene aufgefallen: (1) Der Inhalt einer Verpackung wie Chips sinkt um teilweise 25% und mehr und der Preis bleibt gleich (2) Die Hersteller erstellen neue Rezepturen bei den günstigere Inhaltsstoffe verwendet werden. Mir fällt Nutella ein. Weiterhin finde ich auf den Zutatenliste mehr und mehr Palmfette statt Pflanzenfette. Die Qualität sinkt bei gleichem Preis. (3) Der Kunde muss bei Produkten wie z.B.: Möbel das Produkt selber aufbauen. Diese Tätigkeit wird in der Regel vom Hersteller durchgeführt. Der Hersteller hat weniger Aufwand/Kosten und der Preis bleibt gleich. Die Erfassung eines Mehrwertes von Produkten wie am Beispiel Auto (Elektronische Konsumerprodukt) wird transparent in der Quelle beschrieben. Die Erfassung der beschriebenen Phänomene (1), (2) und (3) kann ich aus der Beschreibung nicht entnehmen. Ich habe folgende Fragen. Werden die aufgezeigten Phänomene berücksichtigt? Wie werden die Phänomene in der Inflation berücksichtigt? Ein reales Beispiel steigert nach meinen Erfahrung das Verständnis. Wieso wird das Thema Inflation nicht ganzheitlich aufgezeigt? Die Menschen erleben tägliche diese Phänomene sowohl in die positive (steigende Qualität usw.) als auch in die negative (sinkende Qualität usw.) Richtung."
Zu Ihrer Anfrage teilen wir Ihnen nach Rücksprache mit der zuständigen Fachabteilung das Folgende mit:
In der amtlichen Preisstatistik soll generell eine von qualitativen oder quantitativen Änderungen unbeeinflusste Preisveränderung der Artikel über die Zeit gemessen werden. Im Zeitverlauf versucht das Statistische Bundesamt durch verschiedene Maßnahmen sicherzustellen, dass nicht „Äpfel mit Birnen“ verglichen werden.
Grundsätzlich werden daher Monat für Monat die Preise der gleichen Artikel erfasst. Nur wenn Artikel nicht mehr verfügbar sind oder sich das Konsumverhalten stark ändert, kommt es zu einer Ersetzung des beobachteten Artikels. Generell soll dann ein möglichst vergleichbarer Artikel mit hoher Verkaufsbedeutung ausgewählt werden, um einen direkten Preisvergleich zu ermöglichen. In manchen Fällen ist dies nicht möglich und die Quantität bzw. die Qualität der Artikel ändert sich wesentlich. Sie nennen drei Beispiele, auf die wir im Folgenden näher eingehen. Grundsätzlich ist dabei aber festzuhalten, dass das Statistische Bundesamt sowohl Qualitätsverschlechterungen als auch Qualitätsverbesserungen berücksichtigt.
Unter (1) beschreiben Sie den Fall, dass sich die Packungsgröße eines Artikels ändert. Ein direkter Preisvergleich ist dann nicht mehr statthaft. Mengenänderungen werden daher aus der Preisentwicklung mittels einer so genannten Mengenbereinigung herausgerechnet.
https://www.destatis.de/DE/Themen/Wirtschaft/Preise/Verbraucherpreisindex/Methoden/Erlaeuterungen/qualitaetsbereinigung.html?nn=214056#doc131214bodyText5
Eine Mengenbereinigung wird dann durchgeführt, wenn sich die Menge einer Verpackungseinheit bei gleichbleibender Qualität geändert hat. Entscheidend für die Verwendung dieser Methode ist, dass die Menge unmittelbar und proportional den Wert des Erzeugnisses bestimmt. Dadurch werden auch "versteckte" Preiserhöhungen (durch verringerte Mengen bei unverändertem Preis) erfasst. Beim Verbraucherpreisindex wird eine Mengenbereinigung typischerweise im Bereich der Nahrungsmittel und anderer Verbrauchsgüter vorgenommen. In dem von Ihnen geschilderten Fall würden wir für den speziellen Artikel eine Preissteigerung ermitteln.
Der von Ihnen unter (2) geschilderte Fall beschreibt die Grenze, was Preisstatistik zu leisten im Stande ist. Wie bereits erwähnt, kann es dazu kommen, dass Artikel nicht mehr am Markt verfügbar sind und folglich ein Ersatzartikel ausgewählt werden muss. In diesen Fällen stellen wir sicher, dass ein Artikel der gleichen Qualitätsschiene ausgewählt wird. Eine Handelsmarke wird z. B. nicht mit einem Markenartikel verglichen und Fleisch oder Gemüse in Bio-Qualität nicht mit Artikeln anderer Qualität. Ein Beispiel für Produkte, bei denen die Inhaltsstoffe besonders wichtig und damit preisbestimmend sind, sind Medikamente. Ein Preisvergleich erfolgt nur dann, wenn Medikamente die gleichen Wirkstoffe beinhalten. In anderen Fällen überschreitet die Berücksichtigung der Rezeptur und deren monetäre Einschätzung allerdings die Möglichkeiten der Erfassung. In einem aktuellen Aufsatz aus der Reihe „Wirtschaft und Statistik“ haben wir u.a. den Umgang mit schwer messbaren Qualitätsveränderungen thematisiert (auf der 5. Seite des Aufsatzes):
https://www.destatis.de/DE/Methoden/WISTA-Wirtschaft-und-Statistik/2021/01/ansaetze-inflationsmessung-corona-pandemie-012021.pdf?__blob=publicationFile
Zu (3): Bei der Auswahl der Artikel wird auch jeweils das Geschäft berücksichtigt, in dem der Artikel verkauft wird. Speziell wird dabei der Servicelevel des Geschäfts berücksichtigt. Dafür werden die einzelnen Geschäfte verschiedenen Geschäftstypen zugeordnet. Im Lebensmitteleinzelhandel gibt es z. B. die Unterscheidung in Supermärkte und Discounter und bei Möbelgeschäften die Unterscheidung in Geschäfte mit einem höheren Servicelevel (bessere Beratung, montierte Möbelstücke) und in Geschäfte, die sich auf eine günstige Preispolitik ausgerichtet haben. Direkte Preisvergleiche von Artikeln zweier unterschiedlicher Geschäftstypen finden nicht statt. Die irische Markenbutter im Supermarkt wird also weder mit einer Handelsmarke im gleichen Supermarkt verglichen, noch mit der gleichen Markenbutter im Discounter. Und ein Möbelstück im serviceorientierten Fachgeschäft wird nicht mit einem ähnlichen Möbelstück aus dem preisgünstigen Möbeldiscounter verglichen.
Wir hoffen, dass diese Ausführungen das Vorgehen in der Preisstatistik ein Stück weit greifbarer gemacht haben.
Für Rückfragen stehen wir gerne zur Verfügung.
Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen diesen Bescheid können Sie innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erheben. Der Widerspruch ist beim Statistischen Bundesamt Wiesbaden einzulegen.
Dafür stehen Ihnen folgende Möglichkeiten zur Verfügung:
1. Schriftlich oder zur Niederschrift:
Der Widerspruch kann schriftlich oder zur Niederschrift eingelegt werden. Die Anschrift lautet: Gustav-
Stresemann-Ring 11, 65189 Wiesbaden
2. Auf elektronischem Weg:
Der Widerspruch kann auch durch De-Mail in der Sendevariante mit bestätigter sicherer Anmeldung nach dem
De-Mail-Gesetz erhoben werden. Die De-Mail-Adresse lautet:
<<E-Mail-Adresse>>
Wir bedanken uns für Ihr Interesse an der amtlichen Statistik und hoffen, Ihnen weitergeholfen zu haben.
Mit freundlichen Grüßen