Sehr geehrter Herr Mühlenmeier,
zunächst bedanken wir uns für Ihre Anfrage.
Leider müssen wir Ihnen mitteilen, dass Ihnen der geltend gemachte Anspruch auf die begehrte Auskunft betreffend den Komplex Compliance-Untersuchung - konkret Übersendung von Vertragsunterlagen, Offenlegung von Kommunikation mit Untersuchungs- bzw. Ermittlungsbehörden und Compliance-Gutachten in "allen vorliegenden Versionen"- nach den von Ihnen zitierten Normen nicht zusteht und mithin abzulehnen war.
Die begehrten Informationen unterfallen bereits nicht dem Anwendungsbereich des IFG Berlin, da sie einem nach Art. 5 I S. 2 GG verfassungsrechtlich geschützten Bereich unterfallen. Vorsorglich wird zudem darauf verwiesen, dass selbst bei Eröffnung des Anwendungsbereichs des IFG Bln die angeforderte Auskunft aufgrund des Vorliegens von Ausschlussgründen zu versagen wäre.
Der Auskunftsanspruch des § 3 Abs. 1 IFG Berlin muss seine Schranken neben den unmittelbar genannten Ausschlussvorschriften jedenfalls in den unmittelbar von der Verfassung geschützten Rechtsgütern finden - eine Auskunftserteilung darf in grundrechtlich garantierte Positionen nicht ohne Rechtfertigung eingreifen. Der rbb als Rundfunkanstalt nimmt aufgrund seiner Dualität im Gefüge der öffentlich-rechtlichen Organisationen eine Sonderstellung ein. Er ist zwar öffentlich-rechtlich organisiert, jedoch gem. Art. 5 Abs. 1 GG auch gegenüber dem Staat grundrechtsberechtigt und unterfällt dem Schutzbereich der Rundfunkfreiheit. Bezüglich der Frage, inwieweit das IFG Berlin auf den rbb anzuwenden ist, ist daher eine verfassungskonforme Auslegung geboten.
Der Informationsanspruch ist wie in diesem Fall jedenfalls dann ausgeschlossen, wenn der verfassungsrechtlich durch Art. 5 Abs. 1 S. 2 GG garantierte Rundfunkfreiheit nicht mehr Rechnung getragen wird wobei neben der freien Programmauswahl und Programmgestaltung auch mittelbare Einflüsse an der Rundfunkfreiheit gemessen werden müssen. (vgl. OVG NRW, Urt. v. 09.02.2012 - 5 A 166/10 -, juris Rn. 64 ff.; BVerfG, Beschluss vom 20.07.2021 - 1 BvR 2756/20).
Übermittlung des Gutachtens und Zwischenberichts
Der rbb muss nach dem IFG Bln auch keine Informationen gewähren, die in irgendeiner Weise Rückschlüsse auf das Redaktionsgeheimnis, seinen Programmauftrag zulassen. Hierzu gehören allerdings auch Vorgänge, die Rückschlüsse auf die Organisationsstruktur der Redaktionen und der sie unterstützenden Bereiche zulassen. Insbesondere der von Ihnen angeforderte Zwischenbericht zur Untersuchung der Kanzlei Lutz/Abel thematisiert personelle und strukturelle Angelegenheiten, die diesem Bereich zuzuordnen sind.
Hilfsweise wird darauf hingewiesen, dass die Untersuchung der Vorgänge und die interne Prüfung der Berichte noch nicht abgeschlossen sind. Zudem stellt dies eine aufsichtsrechtliche Maßnahme eines Aufsichtsgremiums des rbb - konkret des Verwaltungsrates des rbb, vgl. § 12 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. § 18 rbb-Staatsvertrag - dar, welche noch nicht abgeschlossen ist. Das vorzeitige Bekanntwerden des Akteninhalts wäre demnach zudem geeignet, den Erfolg eine Überwachungs- und Aufsichtsmaßnahmen im Sinne des § 9 Abs. 1 IFG Bln zu vereiteln, weshalb auch hiernach eine Auskunft zu verweigern wäre.
Übersendung von Verträgen
Durch die Übersendung geschlossener Verträge mit der betroffenen Kanzlei würden Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis im Sinne des § 7 IFG Bln offenbart und im vorliegenden Fall überwiegen die schutzwürdigen Interessen der Betroffenen an der Geheimhaltung gegenüber Ihrem Informationsinteresse. Auch hiernach wäre mithin ein Auskunftsanspruch zu verneinen.
Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sind alle auf ein Unternehmen bezogenen Tatsachen, Umstände und Vorgänge, die nicht offenkundig, sondern nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und an deren Nichtverbreitung der Rechtsträger ein berechtigtes Interesse hat (vgl. BVerfGE 115, 205, 230).
Dies umfasst auch Aussagen über das Vorliegen und den Inhalt von vertraglichen Beziehungen mit etwaigen Dienstleistern, einschließlich der Höhe von vertraglich zugesicherten Zahlungen im Rahmen dieser Verträge. Die Kanzlei Lutz/Abel hat als Wettbewerbsteilnehmer am freien Markt ein berechtigtes Interesse daran, dass ihre Mandats- und Vergütungsvereinbarungen streng vertraulich behandelt werden. Der Kanzlei entstünden wirtschaftliche Schäden, würden diese Vereinbarungen veröffentlicht. Ihre Verhandlungsposition betreffend künftige Vergütungen würde irreversibel verletzt, weshalb uns eine Veröffentlichung ausdrücklich von unserem Vertragspartner untersagt wurde. Zudem bestehen Urheberrechte der betreffenden Kanzlei an diesen Ausarbeitungen, die wir durch Veröffentlichung verletzten.
Ein Recht auf Akteneinsicht oder Aktenauskunft besteht zudem nur dann, wenn ausnahmsweise das Informationsinteresse das schutzwürdige Interesse der Betroffenen an der Geheimhaltung überwiegt. Sie tragen jedoch keine berechtigten Gründe vor, die Ihr Informationsinteresse an einer Zugänglichmachung begründen und das schutzwürdige Geheimhaltungsinteresse überwiegen.
Zugängliche Informationen
Da wir Ihr Interesse an der Untersuchung jedoch nachvollziehen können und - soweit es uns ohne Verletzung von Rechtsgütern und berechtigten Interessen möglich ist - transparent sein möchten, übermitteln wir im Anhang die Ergebnisauflistung des Zwischenberichts der Kanzlei Lutz/Abel.
Wir werden als Unternehmen zudem nach Abschluss der vorgenannten Prüfungen evaluieren, ob und in welcher Form eine Veröffentlichung der Erkenntnisse ohne Verletzung der Rechte Dritter möglich sein wird.
Beste Grüße