Sehr
Antragsteller/in
vielen Dank für Ihre Anfrage vom 12. Januar 2022 über
fragdenstaat.de, die am selben
Tag bei uns eingegangen ist.
Sie verlangen
- die mit Akamai geschlossenen Datenschutzverträge (Auftragsverarbeitung 0.Ä.),
insbesondere die eventuell abgeschlossenen Standardvertragsklauseln
- Datenschutzfolgeabschätzungen oder sonstige Risikobeurteilungen für den Einsatz
von Akamai als Dienstleister.
Ihre Anfrage werte ich in der Sache als Anfrage nach $ 5 Absatz 1 IFG NRW. Es
ergeht folgender
Auskunftsbescheid:
Die Anfrage wird abgelehnt.
Begründung:
Zunächst sind durch Ihre Anfrage journalistisch-redaktionelle Informationen im Sinne
des $ 55a WDR-Gesetz betroffen.
Die von Ihnen gewünschten Informationen stehen in Zusammenhang mit der Pro-
grammverbreitung und damit der journalistisch-redaktionellen Arbeit des WDR. In einer
verfassungskonformen Auslegung von Artikel 55a WDR-Gesetz ist auch die Pro-
grammverbreitung dem Schutz der Rundfunkfreiheit nach Artikel 5 Absatz 1 GG unter-
fallenden Bereich zuzuordnen, der vom Auskunftsanspruch nach $ 5 Absatz 11FG
NRW ausgenommen ist.
So hat das Oberverwaltungsgericht NRW (Entscheidung vom 09.02.2012, Az5 A
166/10) entschieden, dass die Programmfreiheit zum einen jene Art von Informationen
umfasst, die Einblicke in die dem Redaktionsgeheimnis unterfallende Informations-
gewinnung, -verarbeitung oder -verbreitung ermöglichen. Eine Informationspflicht be-
steht demnach nur für solche Informationen, die nicht dem Redaktionsgeheimnis unter-
liegen, die also in keinem inhaltlichen Zusammenhang mit der Erfüllung der Programm-
gestaltung und -produktion stehen. Hierzu gehört etwa die Vergabe von Aufträgen, die
keine Rückschlüsse auf spezifisch redaktionelle Tätigkeiten zulassen.
In den Schutzbereich der Rundfunkfreiheit fällt hingegen auch die Organisation des
Rundfunkbetriebs, soweit sie Rückwirkungen auf die Programmtätigkeit haben können
(BVerfG, Beschluss vom 13. Januar 1982 a.a.O. S. 259 f.; Urteil vom 5. Februar 1991 -
1 BvF 1/85, 1/88 - BVerfGE 83, 238,310 f.; Beschluss vom 5. Oktober 1993 - 1 BvL
35/81 - BVerfGE 89, 144,153; Urteil vom 22. Februar 1994 - 1 BvL 30/88 - BVerfGE 90,
60, 88).
Mit Blick auf die verfassungsrechtlich gebotene weite Auslegung des $ 55 a WDR-Ge-
setz, ist hier nicht von einer reinen, nicht mit der Programmtätigkeit in Zusammenhang
stehenden Information auszugehen.
Die Gestaltung der vertraglichen Beziehungen hinsichtlich des Datenschutzes sowie
die Folgeabwägungen und Risikoabwägungen stehen auch in Zusammenhang mit der
Programmverbreitung und sind daher bereits deshalb vom Auskunftsanspruch nach
8 5 Absatz 1 IFG NRW ausgenommen.
Weiterhin stehen $6 lit. a) und c) IFG NRW dem Auskunftsausspruch entgegen. Durch
das Bekanntwerden der angefragten Informationen würde zum einen die öffentliche
Sicherheit gefährdet, da durch das Bekanntwerden Aspekte der öffentlichen Sicherheit
berührt wären. Unter Schutz der öffentlichen Sicherheit versteht man den Schutz der
geschriebenen Rechtsordnung, des Staates und seiner Institutionen und der individu-
ellen Rechtsgüter der Bürger. Durch das Bekanntwerden der Datenschutzverträge und
Datenschutzfolgeabschätzungen würden auch Informationen über die konkrete Siche-
rung der Datenverarbeitung bekannt, womit Angriffe erleichtert werden könnten. Hier-
mit würden nicht nur die individuellen Rechte der Betroffenen gefährdet, sondern auch
die datenschutzrechtlichen Verpflichtungen des WDR berührt.
Zum anderen kommt $ 6 lit. b) IFG NRW zum Tragen. Danach ist der Antrag auf In-
formationszugang abzulehnen, soweit und solange durch das Bekanntwerden der In-
formation Angaben und Mitteilungen öffentlicher Stellen des Bundes oder anderer Län-
der ohne deren Zustimmung offenbart würden. Öffentliche Stellen anderer Länder sind
auch die anderen Landesrundfunkanstalten, die - ebenfalls wie das ZDF - an den Ver-
trägen mit Akamai beteiligt sind.
Eine Auskunft können wir zudem deshalb nicht erteilen, da hier auch der Schutz der
Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse nach $ 8 IFG NRW entgegensteht. Danach ist der Antrag auf Informationszugang abzulehnen, soweit durch die Übermittlung der In-
formation ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis offenbart wird und dadurch ein wirt-
schaftlicher Schaden entsteht.
Der Begriff des Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisses ist im IFG NRW nicht legaldefi-
niert, sondern wird von diesem so vorausgesetzt, wie er in der Rechtsprechung ent-
wickelt ist (LT-Drucks. 13/1311, S. 13). Daher ist auf Rechtsprechung und Schrifttum
zu anderen Vorschriften, die diesen Rechtsbegriff verwenden - insbesondere auf $ 2
des Gesetzes zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen — zurückzugreifen. Danach
sind Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse (sinngemäß) alle auf ein Unternehmen bezo-
gene Tatsachen, Umstände und Vorgänge, die nicht offenkundig, sondern nur einem
begrenzten Personenkreis zugänglich sind und an deren Nichtverbreitung der Rechts-
träger ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse hat (OVG Schleswig-Holstein, Be-
schluss vom 22. Juni 2005 - Az. 4 LB3004 4 LB 30/04 juris, Rdn. 50; Fischer, in:
Fluck/Fischer/Martini, Informationsfreiheitsrecht, $ 6 IFG Bund, Ran. 37; Seidel, in:
Franßen/Seidel, Das Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen, $ 8 Rdn. 873,
m.w.N.).
Ein berechtigtes wirtschaftliches Interesse besteht, wenn die Offenlegung der Informa-
tion geeignet ist, exklusives technisches oder kaufmännisches Wissen den Markt-
konkurrenten zugänglich zu machen und so die Wettbewerbsposition des Unterneh-
mens nachteilig zu beeinflussen.
Das schutzwürdige Interesse bemisst sich danach, ob ein verständiger Unternehmer
Informationen der betreffenden Art geheim halten würde. Davon ist insbesondere bei
solchen Informationen auszugehen, die den Kernbereich der betrieblichen Informa-
tionssphäre betreffen (Seidel, in: Franßen/Seidel, Das Informationsfreiheitsgesetz
Nordrhein-Westfalen, $ 8 Rdn. 878 ff.). Schutzwürdig sind insbesondere Umsätze, Er-
tragslagen, Geschäftsbücher, Kundenlisten, Bezugsquellen, Konditionen, Markt-
strategien, Kalkulationsunterlagen etc. Auch konkrete Vertragsgestaltungen können
geschützt sein.
Sie fragen nach Datenschutzverträgen und insbesondere Standardvertragsklauseln.
Auch bei diesen Vertragsbedingungen handelt es sich um Konditionen, die Einfluss auf
das Preisgefüge haben können und daher Teil der konkreten, geschützten Vertrags-
gestaltung sind und die durch entsprechende Geheimhaltungsklauseln geschützt sind.
Ebenso gehören Datenschutzfolgeabschätzungen oder sonstige Risikobeurteilungen
zu den Faktoren, die für die konkrete Vertragsgestaltung von Bedeutung sind, und da-
her ebenfalls unter den geschützten Bereich nach 8 8 IFG NRW fallen. Die Informa-
tionen betreffen den Kernbereich der betrieblichen Sphäre, da die Frage von Daten-
schutzvorkehrungen und vertraglichen Vereinbarungen hierzu essentieller Bestandteil
bei der Bereitstellung der Dienstleistungen sind. Durch die Offenlegung besteht somit
die Gefahr eines Wettbewerbsnachteils bei zukünftigen Vertragsverhandlungen.
Gebühren:
Nach 8 11 Absatz 1 Satz 2 IFG NRW fallen keine Gebühren an.
Rechtsbeheifsbelehrung:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch
erhoben werden. Der Widerspruch ist schriftlich oder zur Niederschrift einzulegen bei:
WDR Köln
- Publikumsstelle -
50600 Köln
Hinweis gem. $& 5 Absatz 2 Satz 4 Informationsfreiheitsgesetz:
Jeder hat das Recht, die Landesbeauftragte oder den Landesbeauftragten für den
Datenschutz als Beauftragte oder Beauftragten für das Recht auf Information
anzurufen.