Sehr geehrter Herr Semsrott,
auf Ihr Informationsbegehren vom 23. Februar 2019, per E-Mail gerichtet an:
<<E-Mail-Adresse>> sachsen.de, bei uns eingegangen um 15.35 Uhr, ergeht folgende Entscheidung
1. Dem Informationsbegehren nach § 4 Absatz 1 SächsUIG bzw. § 2
Abs. 1 VIG wird nicht stattgegeben.
2. Eine Übermittlung der von Ihnen angefragten Informationen im
Rahmen einer Bürgeranfrage wird verwehrt.
3. Diese Entscheidung ergeht kostenfrei.
Gründe
I.
Mit E-Mail vom 23. Februar 2019 baten Sie um Übersendung sämtlicher in
unserem Haus vorliegender Dokumente zur Aktion "Topf-Secret", insbesondere
interne Vermerke, Erlässe und Weisungen, beispielsweise zum Umgang
mit VIG-Anfragen.
Sie wiesen Ihr Begehren als Antrag nach§ 4 Absatz 1 des Sächsischen Umweltinformationsgesetzes
(SächsUIG) aus, soweit Umweltinformationen im
Sinne des § 2 Absatz 3 Umweltinformationsgesetz betroffen seien, sowie
nach § 2 Absatz 1 des Gesetzes zur Verbesserung der gesundheitsbezogenen
Verbraucherinformation (VIG), soweit Verbraucherinformationen betroffen
seien.
Bei fehlender Einschlägigkeit der weiter oben aufgeführten Rechtsgrundlagen
baten Sie darum, Ihre Anfrage als Bürgeranfrage zu behandeln.
II.
Ein Anspruch nach § 4 Absatz 1 SächsUIG auf Zugang zu den begehrten
Informationen besteht nicht. Gemäß § 4 Absatz 1 SächsUIG hat jede Person
auf Antrag Anspruch auf freien Zugang zu Umweltinformationen, über die eine
informationspflichtige Stelle verfügt. Diese Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt, denn die von ihnen begehrten Informationen stellen keine Umweltinformationen dar.
Umweltinformationen sind nach§ 3 Absatz 2 SächsUIG alle Daten über den Zustand von Umweltbestandteilen, insbesondere der Luft, Atmosphäre, Wasser, Boden, Landschaft, die natürlichen Lebensräume der Tiere und Pflanzen, die Artenvielfalt einschließlich genetisch veränderter Organismen sowie die Wechselwirkungen zwischen diesen Bestandteilen und Maßnahmen oder Tätigkeiten, die sich auf die zuvor benannten Umweltbestandteile auswirken oder wahrscheinlich auswirken. Die von Ihnen erfassten Dokumente weisen keine Bezüge zu den vom Gesetzgeber definierten Umweltbestandteilen aus. Die auf der Internetplattform "Topf-Secret" eingestellten Anfragen natürlicher Personen haben Lebensmittelkontrollen in Gaststätten und deren Ergebnisse zum Gegenstand.
Die im Sächsischen Staatsministerium für Soziales und Verbraucherschutz (SMS)
aufbewahrten Unterlagen bilden ohne Ausnahme die verwaltungsrechtlichen Fragestellungen ab, die mit den Anfragen als solchen in Verbindung stehen. Eine naturwissenschaftliche Bewertung möglicher Kontrollergebnisse fand nicht statt. Ein umweltspezifischer Bezug im Sinne des Umweltinformationsrechts kann folglich hieraus nicht abgeleitet werden.
Das SMS ist gemäߧ 11a Nummer 1 SächsAGLFGB-VIG auskunftspflichtige Stelle nach dem VIG.
Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG hat jeder nach Maßgabe dieses Gesetzes Anspruch auf freien Zugang zu allen Daten über von den nach Bundes- oder Landesrecht zuständigen Stellen festgestellte nicht zulässige Abweichungen von Anforderungen des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches, der auf Grund dieser Gesetze erlassenen Rechtsverordnungen, unmittelbar geltender Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union im Anwendungsbereich der genannten Gesetze, sowie Maßnahmen und Entscheidungen, die im Zusammenhang mit den genannten Abweichungen getroffen worden sind.
§ 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VIG gewährt einen prinzipiell voraussetzungslosen Anspruch auf Gewährung der bei einer auskunftspflichtigen Stelle vorhandenen Informationen über von den nach Bundes- oder Landesrecht zuständigen Stellen festgestellte nicht zulässige Abweichungen von Anforderungen des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches.
Die von Ihnen insbesondere erbetenen Dokumente haben keine nicht zulässigen Abweichungen von Anforderungen des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuches zum Inhalt. Sie setzen sich ausschließlich mit verfahrensrechtlichen Fragen auseinander, die die über das Portal "Topf-Secret" geschalteten Anfragen zum Gegenstand haben.
Die rechtliche Bewertung und Auseinandersetzung mit Anfragen zu Lebensmittelkontrollen und -befunden in sächsischen Gaststätten hat nicht das einzelne Kontrollverfahren und dessen Ergebnis der unteren Lebensmittelüberwachungsbehörden zum Gegenstand.
Es findet eine ausschließliche rechtliche Auseinandersetzung mit der Anfrage
selbst statt. Maßgeblich ist die differenzierte Ausgestaltung des einschlägigen Verwaltungsverfahrens.
Relevant sind Fragen wie z. B. Anhörungsrechte, Ausgestaltung des
einstweiligen gerichtlichen Rechtsschutzes, Gestaltung der Mitteilungsschreiben etc. Darüber hinaus liegen keine einschlägigen Informationen zur Aktion "Topf-Secret" im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nr. 1 VIG vor.
Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 VIG umfasst der Informationsanspruch auch Informationen zu Überwachungsmaßnahmen oder anderen behördlichen Tätigkeiten oder Maßnahmen zum Schutz von Verbraucherinnen und Verbrauchern.
Das zuvor Gesagte gilt in gleicher Weise auch für die mit den diversen Anfragen über die Plattform "Topf-Secret" in Verbindung stehenden Lebensmittelkontrollen. Die erbetenen angefertigten internen Vermerke, Erlässe und Weisungen etc. haben nicht die einzelnen Überwachungsmaßnahmen zum Gegenstand. Zentraler Ansatzpunkt ist auch hier die Anfrage, deren Inhalt auf eine konkrete Überwachungsmaßnahme abzielt, nicht die Überwachungsmaßnahme selbst.
Die von ihnen erbetenen Dokumente bzw. deren Erstellung sind/ist letztlich auch nicht als sogenannte andere behördliche Tätigkeit oder Maßnahme zum Schutz von Verbraucherinnen und Verbrauchern einzuordnen. Da über das besagte Internetportal eine Vielzahl von Anfragen initiiert worden sind (allein in Sachsen in den ersten Wochen über 400) ist es Aufgabe der Fachaufsichtsbehörden, für eine vergleichbare und damit landesweit einheitliche rechtmäßige Verfahrensausgestaltung Sorge zu tragen, um die Anfechtbarkeit derartiger Verwaltungsentscheidungen so gering wie möglich zu halten. Ausprägung dieser Tätigkeit ist das allgemeine Rechtsstaatsprinzip, wie es beispielsweise in Artikel 20 Absatz 3 GG zum Tragen kommt. Spezielle Verbraucherschutzaspekte spielen
hier keine Rolle.
Andere Anspruchsgrundlagen im Sinne des § 2 Absatz 1 VIG kommen nicht in Betracht.
III.
Eine Übermittlung der von Ihnen angefragten Informationen im Rahmen einer Bürgeranfrage kommt ebenfalls nicht in Betracht. Jede Person hat das Recht, sich schriftlich mit Bitten oder Beschwerden an die zuständigen Stellen zu wenden. Es besteht ein Anspruch auf begründeten Bescheid in angemessener Frist (Artikel 35 der Verfassung des Freistaates Sachsen). Es besteht kein lnformationsanspruch. Die Verwaltung ist lediglich gehalten, eine verhältnismäßige und rechtmäßige Sachentscheidung zu treffen.
Grundsätzlich ist das Interesse einer einzelnen Person am uneingeschränkten Zugang zu Informationen, die bei öffentlichen Stellen vorliegen, abzuwägen mit entgegenstehenden öffentlichen Belangen und privaten Belangen betroffener Dritter. ln diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass kein allgemeiner und unbegrenzter Zugang zu allen bei einer Behörde verfügbaren Informationen gewährt werden kann.
Dies trifft zunächst auf Daten zu, die nur einen sehr geringen Bezug zu einem der genannten Bezugsgüter aufweisen. Ebenso einzuordnen sind Dokumente im Rahmen eines vorbereitenden Verwaltungshandelns. Hierbei handelt es sich um ausschließlich interne Verwaltungsunterlagen, die nicht unmittelbar Gegenstand eines Verwaltungshandelns mit Außenwirkung sind. Die Bekanntgabe derartiger Dokumente würde die Sachentscheidung im Einzelfall auf der unteren Vollzugsebene nachhaltig beeinflussen und gegebenenfalls in ihrer derzeitigen Ausgestaltung verändern. Eine rechtliche Auseinandersetzung würde nicht mehr ausschließlich dort stattfinden, wo der Gesetzgeber die Rechtsschutzmöglichkeiten angesiedelt hat.
Erlasse bzw. Weisungen im Sinne des Kommunalrechts sind seitens des SMS nicht ergangen.
IV.
Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens beruht auf§ 10 Absatz 1 SächsVerwKG in Verbindung mit § 7 Absatz 1 VIG. Danach bemessen sich die Kosten für diese ablehnende Entscheidung an den voraussichtlichen Kosten einer Zugangsgewährung.
Der Zugang zu den von ihnen erbetenen Informationen wäre nach § 7 Absatz 1 VIG mit hoher Wahrscheinlichkeit kostenfrei.
Rechtsbehelfsbelehrung
Gegen diesen Bescheid können Sie innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Klage vor dem Verwaltungsgericht Dresden, Hans-Oster-Straße 4, 01099 Dresden, erheben.
Mit freundlichen Grüßen