Sehr << Antragsteller:in >>
in Ihrer IFG-Anfrage vom 23. Februar 2023 haben Sie folgende Frage gestellt:
Begründung für die Standortwahl am neuen Kanzlerplatz und Rechtfertigung dieses Standortes unter Einbeziehung des öffentlichen Interesses am sorgfältigen Umgang mit Steuergeldern. Aus welchem Grund sind die Räumlichkeiten des Wirtschaftsministeriums in Duisdorf ungeeignet?
Antwort:
Die Anmietung weiterer Räumlichkeiten ist deswegen erforderlich, weil dem Bundeskartellamt aufgrund der zahlreichen durch Gesetz neu übertragenen Aufgaben zusätzliche Personalbedarfe und damit verbundene Flächenbedarfe entstehen.
Bei der Auswahl der Räumlichkeiten wurde berücksichtigt, dass die neu übertragenen Aufgaben eine enge thematische Vernetzung zu bereits bestehenden Aufgaben aufweisen, d.h. dass die Bearbeitung einer Fachaufgabe durch eine Organisationseinheit typischerweise die Mitwirkung und Unterstützung von mehreren anderen Organisationseinheiten erfordert; diese thematische Vernetzung ist im Bundeskartellamt deutlich stärker ausgeprägt als dies üblicherweise in anderen Bundesinstitutionen der Fall ist.
Die bisher bestehende Verteilung der Organisationseinheiten des Amtes auf die beiden Standorte Kaiser-Friedrich-Straße/ Bonn (Hauptstandort) und Villemombler Straße/ Bonn-Duisdorf (BMWK), die ca. 6,5 km voneinander entfernt sind, führt zu erheblichen Reibungsverlusten in den Arbeitsabläufen. Eine etwaige Ausweitung der Aufteilung, indem weitere Organisationseinheiten und Beschäftigte am zweiten Standort des Amtes disloziert werden, würde diese Reibungsverluste verstärken.
Zunächst lassen sich die aus einer Standortaufteilung resultierenden Schwierigkeiten nicht mit der Änderung von Arbeitsabläufen oder von Zuständigkeiten einzelner Organisationseinheiten beheben. Das Bundeskartellamt – als Bundesoberbehörde mit einer nach wie vor moderaten Zahl an Beschäftigten, aber einer relativ hohen Zahl an Organisationseinheiten – hat zahlreiche fachliche Aufgaben in den Bereichen der Wettbewerbsaufsicht und der Vergabenachprüfung sowie neuartige Aufgaben, die dem Amt mit der jüngsten GWB-Novelle und mit der Einrichtung des Wettbewerbsregisters zugewachsen sind. Die besonderen Erfordernisse der organisationseinheitsübergreifenden Vernetzung und Zusammenarbeit möchten wir an folgenden Gesichtspunkten illustrieren:
* Die Kooperation der Beschlussabteilungen untereinander sowie von Beschlussabteilungen mit der Grundsatzabteilung, der Abteilung Prozessführung und Recht sowie der Zentralabteilung ist von hoher praktischer Relevanz für die geführten, hochkomplexen Verfahren und funktioniert nur über den persönlichen Austausch der Beteiligten im Rahmen von internen, justizähnlichen Beratungen, für die das Beratungsgeheimnis gilt und die grundsätzlich nur in persönlicher Präsenz vor Ort stattfinden können. So beraten die Mitarbeitenden der Grundsatz- und der Prozessabteilung beispielsweise die Beschlussabteilungen, etwa um die frühzeitige Berücksichtigung prozessrechtlicher Aspekte und ökonomischer sowie kartellrechtlicher Grundsatzfragen bei der Entscheidungsfindung zu gewährleisten. Dies ist für die Beschlussabteilungen insbesondere in jedem Zweite-Phase-Verfahren und in aufwendigeren Erste-Phase-Verfahren der Fusionskontrolle sowie in Kartell- und Missbrauchsverfahren, die teilweise als Ordnungswidrigkeitenverfahren geführt werden, unabdingbar.
* Zudem arbeiten auch die Querschnittsabteilungen enger miteinander zusammen, als dies in anderen Bundesbehörden der Fall ist. So arbeitet etwa die Grundsatzabteilung im Rahmen ihrer ökonomischen Analysen sehr eng mit dem Bereich Informationstechnik zusammen, unter anderem bei der Durchführung von Online-Datenerhebungen und deren Auswertung.
* Die besonderen Anforderungen an die organisationseinheitsübergreifende Vernetzung und Zusammenarbeit im Bundeskartellamt haben sich durch die jüngste GWB-Novelle, mit der dem Bundeskartellamt neue Aufgaben zugewachsen sind, intensiviert. Beispielhaft ist in diesem Zusammenhang der neu geschaffene und in der Kartellrechtsordnung weltweit neuartige § 19a GWB (Missbräuchliches Verhalten von Unternehmen mit überragender marktübergreifender Bedeutung für den Wettbewerb) zu nennen. Die Anwendung dieser Vorschrift verlangt die enge Abstimmung und Zusammenarbeit aller beteiligten Beschlussabteilungen und weiterer Organisationseinheiten in methodischer, kartellverfahrens- und prozessrechtlicher, ökonomischer und informationstechnischer Hinsicht.
Mit freundlichen Grüßen