Sehr geehrte
<< Anrede >>
meine Informationsfreiheitsanfrage „EVS 2016“ vom 17.05.2020 (#186880) wurde von Ihnen nicht in der gesetzlich vorgeschriebenen Zeit beantwortet. Sie haben die Frist mittlerweile um 186 Tage überschritten.
Bitte informieren Sie mich umgehend über den Stand meiner Anfrage.
Zusätzlich wird folgendes vorgetragen:
Der individuelle Rechtsanspruch aus Art. 1 GG, Art. 11, 12 15 ICESCR dürfte monatlich wohl um rund 200-250 € höher liegen. Herr Böker stellt sich gerne als Gutachter zu diesem Vortrag zur Verfügung:
Unbrauchbarkeit des Regelbedarfs-Ermittlungsgesetzes wegen undefinierter EVS-Codes
Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz für Zeiträume ab 2017, siehe BT-Drs 18/9984:
http://dipbt.bundestag.de/doc/btd/18/09…
Systematisches Verzeichnis der Einnahmen und Ausgaben der privaten Haushalte, Ausgabe 2013 (SEA 2013), Statistisches Bundesamt
https://www.destatis.de/DE/Methoden/Kla…
Bei der Bestimmung des Regelbedarfs wird im Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz auf Daten der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe (EVS) verwiesen (§ 5 RBEG 2017), die der Systematik des Systematischen Verzeichnis der Einnahmen und Ausgaben der privaten Haushalte unterliegen (SEA 2013, Seite 7).
Die SEA 2013 setzt sich zusammen aus der Klassifikation der Einnahmen (Abteilung 00) und der Ausgaben (Abteilungen 01 bis 15) privater Haushalte.
Die SEA unterscheidet folgende Hierarchieebenen:
• Abteilungen (Zweisteller), Gruppen (Dreisteller), Klassen (Viersteller), Unterklassen (Fünfsteller), Kategorien (Sechssteller), Unterkategorien (Siebensteller)
Die 2-Steller, 3- und 4-Steller sind identisch mit den entsprechenden Unterteilungen der COICOP.
Für Zwecke der laufenden Wirtschaftsrechnungen hat Eurostat die COICOP-4-Steller weiter untergliedert. Auch diese 5-stellige Gliederungsebene wurde unverändert in die SEA übernommen. Nationale Untergliederungen erfolgten schließlich auf der Ebene der 6- und 7-Steller. (SEA 2013, Seite 15/16)
Die Angabe Regelbedarfs relevanter Ausgaben erfolgt im Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz nur auf der Ebene von Unterkategorien, d.h. Siebenstellern.
Daraus folgt, dass der Gesetzgeber eine sehr genaue Kennzeichnung der Regelbedarfs relevanten Ausgaben haben will, denn sonst hätte er stattdessen Kategorien (Sechssteller), Unterklassen (Fünfsteller), Klassen (Viersteller), Gruppen (Dreisteller) bzw. Abteilungen (Zweisteller) angeben können.
Auf Ebene der Abteilungen (Zweisteller) weist der Gesetzgeber Summen der seiner Meinung nach Regelbedarfs relevanten Unterkategorien (Siebensteller) aus, die o.g. Systematik ist dem Gesetzgeber somit offenkundig bekannt.
Zur Identifikation der vom Gesetzgeber als Regelbedarfs relevant anerkannten Ausgaben muss somit auf das Systematische Verzeichnis der Einnahmen und Ausgaben der privaten Haushalte (EVS) zurückgegriffen werden, um die im Gesetzentwurf genannten EVS-Code-Nummern in „kaufbare Produkte umzuwandeln“.
BT-Drs. 18/9984 bietet auf Seite 36 unter lfd. Nr. 1 Code „0110 000“ (= Siebensteller = Unterkategorie) „Nahrungsmittel“, hingegen fehlt diese Code-Nummer in der SEA 2013 auf Seite 44.
Hingegen sieht die SEA 2013 auf Seite 44 für „Nahrungsmittel“ den Code „011“ (= Dreisteller = Gruppe) vor.
Hätte der Gesetzgeber die Absicht, „Nahrungsmittel“ als Regelbedarfs relevant einzustufen, hätte er somit die eindeutig definierte Möglichkeit gehabt, dieses durch die Verwendung der Gruppe / dem Dreisteller „011“ kundzutun. Dieses hat der Gesetzgeber aber nicht getan.
Die in der SEA 2013 als nächstes genannte Klasse (Viersteller) „0111 Brot und Getreideerzeugnisse“ hat als vierte Stelle eine „1“, unterscheidet sich somit von der „0“ aus „0110 000“ und kann deshalb nicht dort gemeint sein.
Gleiches gilt somit für die weiteren Klassen „0112 Fleisch und Fleischwaren“, „0113 Fisch, Fischwaren und Meeresfrüchte“, „0114 Molkereiprodukte und Eier“, „0115 Speisefette und Speiseöle“, „0116 Obst“, „0117 Gemüse“, „0118 Zucker, Marmelade, Konfitüre, Honig, Sirup, Schokolade und Süßwaren“ und „0119 Nahrungsmittel, a.n.g.“.
Somit ist nicht ersichtlich, welche „Nahrungsmittel“ der Gesetzgeber überhaupt meint, wenn er auf EVS-Daten zurückgreift, den dortigen Code für „Nahrungsmittel“ „011“ (= Dreisteller = Gruppe) aber nicht benutzt, sondern stattdessen einen in der SEA 2013 nicht definierten Code „0110 000“, d.h. einen Siebensteller, somit eine Unterkategorie, nutzt.
Auf der Ebene der Siebensteller / Unterkategorie unterscheidet die SEA 2013 z.B., ob es sich um „0111 442 Knäckebrot“ oder um „0111 444 Toastbrot“ handelt; sofern diese beiden und zusätzlich auch „0111 446 Zwieback, auch Schiffszwieback“ gemeint wäre, könnte anstatt dieser drei Code-Nummern von Siebenstellern (= Unterkategorien) auch die Kategorie (Sechssteller) „0111 44 Knäckebrot, Toastbrot und Zwieback“ verwendet werden (SEA 2013, Seite 45).
Es ist somit nicht ersichtlich, weshalb der Gesetzgeber auf Siebensteller verweist, obwohl eindeutigere Möglichkeiten mit definierten Code-Nummern bereits bestehen.
Sofern der Gesetzgeber „Alkoholfreie Getränke“ für Regelbedarfs relevant halten würde, hätte er dieses durch die Code-Nummer „012“ (Dreisteller) eindeutig zum Ausdruck bringen können (SEA 2013, Seite 56), durch die Angabe des Siebenstellers „0120 000 Getränke“ (BT-Drs. 18/9984, Seite 36) hat er jedoch die Viersteller „0121 Kaffee, Tee und Kakao“ und „0122 Mineralwasser, Limonaden, Frucht- und Gemüsesäfte“ ausgeschlossen.
Grundsätzlich sind nahezu alle verwendeten Siebensteller im Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz nicht definiert, Ausnahmen:
• „0322 000 fremde Änderungen und Reparaturen an Schuhen (einschl. Leihgebühren)“, BT-Drs. 18/9984, Seite 37, definiert in der SEA 2013, Seite 71.
• „0513 000 Reparatur von Möbeln, Einrichtungsgegenständen und Bodenbelägen“, BT-Drs. 18/9984, Seite 40, definiert in der SEA 2013, Seite 84.
• „0540 400 Reparaturen an Glaswaren, Geschirr und anderen Gebrauchsgegenständen für die Haushaltsführung“, BT-Drs. 18/9984, Seite 39, definiert in der SEA 2013, Seite 88.
• „0611 010 pharmazeutische Erzeugnisse – für gesetzlich Krankenversicherte – mit Rezept (nur Eigenanteil/ Zuzahlung)“, BT-Drs. 18/9984, Seite 41, definiert in der SEA 2013, Seite 95.
• „1112 000 Speisen und Getränke in Kantinen und Mensen“, BT-Drs. 18/9984, Seite 48, definiert in der SEA 2013, Seite 135.
• „1211 101Friseurleistungen für Herren“, BT-Drs. 18/9984, Seite 49, definiert in der SEA 2013, Seite 138.
Die Angaben des Gesetzgebers im Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz sind somit nicht nachvollziehbar und nicht transparent und damit verfassungswidrig.
„Zur Ermittlung des Anspruchumfangs hat der Gesetzgeber alle existenznotwendigen Aufwendungen in einem transparenten und sachgerechten Verfahren realitätsgerecht sowie nachvollziehbar auf der Grundlage verlässlicher Zahlen und schlüssiger Berechnungsverfahren zu bemessen.“ BVerfG, Urteil des Ersten Senats vom 09. Februar 2010, - 1 BvL 1/09 -, Leitsatz 3,
Aus dem Umstand, dass Menschen das psychische und finanzielle „Waterboarding“ dennoch irgendwie überleben, ist eine völkervertragsrechtliche Vereinbarkeit gerade nicht bereits abzuleiten.
Mit freundlichen Grüßen
Alexander Schröpfer
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