Sehr geehrte Frau Mahl
mit Ihrer E-Mail vom 09. Mai 2023 beantragen Sie über die Plattform
fragdenstaat.de auf Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) beim Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) die Herausgabe folgender amtlicher Informationen:
"die Zahl der Lebensgeburten in Deutschland liegt sei Januar 2022 durchgängig deutlich unter den Vorjahren. Das wäre früher ein Grund zur Besorgnis offizieller Stellen gewesen und in der Politik unter dem Stichwort "Überalterung der Gesellschaft" diskutiert worden.
Wieso interessiert dieser Geburtenrückgang nicht wenigstens jemanden aus Ihrem Ministerium, oder sind die Hintergründe für den Rückgang von irgend einer Stelle in ihrem Ministerium untersucht worden und Lösungsvorschläge für das Problem erarbeitet worden?
Wenn ja, gibt es dazu schon eine offizielle Stellungnahme? In diesem Fall hätte ich gerne diese Stellungnahme oder diese Stellungnahmen. Wenn nein, warum gibt es diese nicht?"
Ihrem Antrag wird hiermit stattgegeben.
Aufgrund des Sachzusammenhangs werden Ihre Fragen zusammen beantwortet:
Eine offizielle Stellungnahme des BMFSFJ zu den vorläufigen Zahlen der Lebendgeborenen 2022 oder auch zur Geburtenrate gibt es nicht.
Das BMFSFJ verfolgt jedoch regelmäßig die Veröffentlichungen der einschlägigen wissenschaftlichen und amtlichen Einrichtungen (z.B. Statistisches Bundesamt, Bundesamt für Bevölkerungsforschung, Max-Planck-Institut für demografische Forschung).
Auch die letzten drei Sachverständigenkommissionen zum Familienbericht haben sich mit unterschiedlichen Schwerpunkten mit Fertilität und Geburtenverhalten in Deutschland und Europa beschäftigt. Hier sind insbesondere der 7. und der 9. Familienbericht zu erwähnen, da es hier eine allgemeine Betrachtung von Geburten und Geburtenverhalten in Deutschland auch im Zeit- und Ländervergleich gibt.
Im Familienreport veröffentlicht das BMFSFJ zudem selbst in regelmäßigen Abständen jeweils aktuelle Befragungsergebnisse und Statistiken zum Geburtenverhalten. Zuletzt im Familienreport 2020 (
https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/service/publikationen/familie-heute-daten-fakten-trends--163110).
Bisher liegen keine wissenschaftlichen Erkenntnisse dazu vor, ob die vorläufigen Geburtenzahlen im Jahr 2022 dauerhaft oder temporär (zB als Folge der Covid-19-Pandemie oder des russischen Angriffskrieg auf die Ukraine mit Folgen für die Gesamtwirtschaft und die individuelle Einkommenssicherheit) zu einem sich wandelnden Geburtenverhalten führen und wie sich diese insgesamt auf das Geburtenverhalten auswirken.
Auf die persönliche Entscheidung zu Kindern wirken mehrere Faktoren und diese wirken im Zusammenspiel miteinander. Familienpolitik ist ein Faktor von mehreren. Eine (wahrgenommene und tatsächliche) gute Vereinbarkeit von Familie und Beruf und eine gute Kinderbetreuung spielt dabei eine große Rolle. Für das BMFSFJ ist eine gelungene Vereinbarkeit von Beruf und Familie daher der Dreh- und Angelpunkt einer wirksamen Familienpolitik. Dazu gehören Maßnahmen und Leistungen in den Bereichen Zeit, Geld und Infrastruktur. Zu den Leistungen mit den besten Wirkungen gehören die subventionierte Kinderbetreuung und der qualitative wie quantitative Ausbau der Betreuung vom Kita- bis ins Grundschulalter sowie das 2007 eingeführte Elterngeld und eine familienfreundliche Arbeitswelt.
Links zu den Familienberichten:
- 7. Familienbericht:
https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/service/publikationen/7-familienbericht-74010
- 8. Familienbericht:
https://www.bmfsfj.de/resource/blob/93196/b8a3571f0b33e9d4152d410c1a7db6ee/8--familienbericht-data.pdf
- 9. Familienbericht:
https://www.bmfsfj.de/resource/blob/179392/195baf88f8c3ac7134347d2e19f1cdc0/neunter-familienbericht-bundestagsdrucksache-data.pdf
Zum Zusammenhang von Fertilität und Alterung sei exemplarisch auf folgende Publikationen verwiesen:
- Bujard, M. 2015. Folgen der dauerhaft niedrigen Fertilität in Deutschland. Demografische Projektionen und Konsequenzen für unterschiedliche Politikfelder. Comparative Population Studies. 40, (Jun. 2015). DOI:
https://doi.org/10.12765/CPoS-2015-06d.
- Bujard, M.; Dreschmitt, K. (2016): Szenarien der Bevölkerungsentwicklung bis 2060. Wie beeinflussen Migration und Geburten Deutschlands Zukunft? Gesellschaft • Wirtschaft • Politik (GWP) Heft 3/2016, S. 333-345
- Bundeszentrale für politische Bildung (2021): Altersaufbau, Geburtenentwicklung und Lebenserwartung.
https://www.bpb.de/kurz-knapp/zahlen-und-fakten/datenreport-2021/bevoelkerung-und-demografie/329474/altersaufbau-geburtenentwicklung-und-lebenserwartung/
Dieser Bescheid ergeht gebührenfrei.
Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erhoben werden. Der Widerspruch ist beim Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Glinkastraße 24, 10117 Berlin schriftlich, in elektronischer Form nach § 3a Abs. 2 VwVfG oder zur Niederschrift zu erheben.
Mit freundlichen Grüßen