Sehr geehrter Herr Semsrott,
auf Ihre o.g. Anfrage nach dem Informationsfreiheitsgesetz des Bundes (IFG), mit der Sie um Übersendung der Namen der Organisationen, die das Auswärtige Amt im Rahmen des Haber-Verfahrens seit 2004 zur Überprüfung an das Bundesamt für Verfassungsschutz weitergeleitet hat bitten,
ergeht folgender Bescheid:
Ihrer Anfrage wird nicht stattgegeben.
Begründung:
1.) § 3 Ziff. 8 IFG, Schutz gegenüber den Nachrichtendiensten
Ihrem Antrag steht der Ausschlusstatbestand des § 3 Ziff. 8 IFG entgegen.
Ihre Anfrage bezieht sich auf das so genannte Haber Verfahren. Es handelt sich dabei um ein Rundschreiben des BMI, indem allen Ressorts das Angebot unterbreitet wurde, im Vorfeld insbesondere zu Förderentscheidungen auch evtl. vorhandene Informationen des Bundesamtes für den Verfassungsschutz einzuholen. Auf eine entsprechende parlamentarische Anfrage vorn 05.04.2019 hat die
Bundesregierung dem Deutschen Bundestag insgesamt zur Kooperation zwischen Bundesministerien und dem Bundesamt fiir Verfassungsschutz zwecks Überprüfung zivilgesellschaftlicher Projekte berichtet (BT-Drs. 19/9152).
Die Bundesregierung hat zu Frage 3 in ihrer Antwort mitgeteilt, dass Statistiken, die eine Quantifizierung oder Qualifizierung der in Rede stehenden Kooperation zuließen, nicht geführt werden.
Das Auswärtige Amt als Teil der Bundesregierung schließt sich damit dieser Aussage an.
Gem. § 3 Ziff. 8 IFG besteht der Informationszugang nicht gegenüber
Nachrichtendiensten. Alleinige Voraussetzung einer Ausnahme von § 3 Ziff. 8 IFG ist, dass die begehrte Information die Tätigkeit der Nachrichtendienste betrifft. Hierzu ist es weder erforderlich, eine Geheimhaltungsbedürftigkeit konkret zu begründen (BVerwG, Urteil vorn 22.03.2018, 7 C 21/16) noch darzulegen, ob und inwieweit das Bekanntwerden der angestrebten Information nachteilige Auswirkungen auf die Wahrnehmung der Aufgaben der Behörde hätte (s.a. OVG Münster, Urteil vorn 05.05.2017, 15 A 1578/15).
Auf die Bereichsaufnahme können sich nicht nur die Nachrichtendienste selbst berufen, sondern auch andere staatliche Stellen, wenn vor Ort entsprechende Informationen vorliegen (Urteil vorn 26.02.2016, 7 C 18114).
Auch wenn entsprechende Informationen vorlägen, wäre daher der Antrag gem. § 3 Ziff. 8 IFG abzulehnen.
2.) § 3 Nr. 2 IFG, Schutz der öffentlichen Sicherheit
Ein Anspruch auf Informationszugang zur Übersendung der Namen der Organisationen, die das Auswärtige Amt im Rahmen des Haber-Verfahrens seit 2004 zur Überprüfung an das Bundesamt für Verfassungsschutz weitergeleitet hat, besteht nicht, da hier der Ausschlussgrund des § 3 Nr. 2 IFG eingreift.
Danach besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht, wenn das Bekanntwerden der Information die öffentliche Sicherheit gefährden kann. Zum Schutzgut der öffentlichen Sicherheit gehören u.a. Individualrechtsgüter wie Gesundheit und Eigentum sowie die Funktionsfähigkeit und die effektive Aufgabenerledigung staatlicher Einrichtungen. Deren Gefährdung liegt vor, wenn aufgrundeiner aufkonkreten Tatsachen beruhenden prognostischen Bewertung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu erwarten ist, dass das Bekanntwerden der Information das Schutzgut beeinträchtigt (vgl. BVerwG 7 C 27.15- Urteil vom 20. Oktober 2016). § 3 Nr. 2 IFG hat einen sehr weiten Schutzumfang, insbesondere durch die Einbeziehung der gesamten Rechtsordnung. Auch kann die Einschätzung der Behörde, ob eine Schutzgutgefährdung vorliegt, auf allgemeinen Erfahrungswerten beruhen.
Der Begriff der öffentlichen Sicherheit umfasst auch die Normen der objektiven
Rechtsordnung. Die Vorschrift soll das berechtigte Interesse des Bundes wahren, dass sensible verwaltungsinterne Abläufe und Strukturen, die unmittelbar die
Funktionsfähigkeit der Bundesbehörde betreffen, vor dem Bekanntwerden geschützt werden. Das Offenlegen der Namen der überprüften Projektträger würde hier die Funktionsfähigkeit des Auswärtigen Amts beeinträchtigen.
Es besteht die Gefahr, dass die betroffenen und auch andere Projektträger in Zukunft keine Fördermittel mehr beantragen, weil sie befiirchten, dass sie in der Öffentlichkeit mit extremistischen Tätigkeiten in Verbindung gebracht werden.
Für das Schutzgut besteht die notwendige Möglichkeit einer konkreten Gefahrenlage, wenn die Gewährung des begehrten Informationszugangs bei verständiger Würdigung der Sachlage mit hinreichender Wahrscheinlichkeit zu einer Verletzung der jeweiligen Rechtsvorschriften führt.
Es würden hier Interessen Dritter verletzt und das Förderprogramm könnte bei
Bekanntgabe der Namen von Projektträgem seinem Sinn und Zweck nach damit
letztendlich leer laufen.
Ein Informationszugang ist auch gem. § 3 Nr. 2 IFG ausgeschlossen.
Dieser Bescheid ergeht kostenfrei.
Mit freundlichen Grüßen