Polizeipräsidium Köln Köln, 07.11.2022
ZA 24 - Beschwerdemanagement Az.: ZA 24 - 13.05.01 - E 51/22, 52/22, 53/22
Herrn
<< Antragsteller:in >> << Antragsteller:in >>
- per E-Mail -
Auskunftsersuchen nach dem Informationsfreiheitsgesetz Nordrhein-Westfalen (IFG NRW)
Ihr Antrag vom 14.09.2022, 20:31 Uhr
Ihr Antrag vom 18.09.2022, 09:30 Uhr
Ihr Antrag vom 18.09.2022, 09:32 Uhr
Sehr << Antragsteller:in >>
ich beziehe mich auf Ihre Auskunftsersuchen vom 14.09.2022 und vom 18.09.2022 zur Beauftragung der Anwaltssozietät Dolde Mayen & Partner Rechtsanwälte Partnerschaftsgesellschaft mbB durch das Polizeipräsidium Köln.
Ihre Auskunftsersuchen beantworte ich wie folgt:
Über die Mandatierung externer Anwaltskanzleien entscheidet das Sachgebiet ZA 15 des Polizeipräsidiums Köln.
Im Übrigen lehne ich Ihren Antrag auf Gewährung von Informationszugang ab.
Soweit Sie die Herausgabe der Mandatsvereinbarung und Informationen zu dem vereinbarten bzw. dem gezahlten Honorar verlangen, stehen Ihrem Informationszugangsbegehren die anwaltliche Schweigepflicht und damit auch Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse der beauftragten Anwaltskanzlei entgegen. Die beauftragte Sozeität hat der Gewährung des Informationszugangs nicht zugestimmt.
Ein das Schutzbedürfnis überwiegendes Interesse der Allgemeinheit an der Gewährung des Informationszugangs ist nicht ersichtlich (§ 8 Satz 1 und Satz 3 IFG NRW).
Gemäß § 43a Abs. 2 der Bundesrechtsanwaltsordnung (BRAO) und § 2 Abs. 1 und 2 der Berufsordnung der Rechtsanwälte (BORA) sind Rechtsanwälte zur Verschwiegenheit verpflichtet und berechtigt (zum Umfang VGH Mannheim, Urt. V. 22.06.2021 - 10 S 320/20 - juris Rn. 22; VG Köln, Beschluss v. 05.08.2021 - 6 L 575/19 - juris Rn. 59 ff.). Zu den geschützten Geheimnissen zählt auch die Höhe der vereinbarten Vergütung (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss v. 20.12.2019 - OVG 6 S 58/19 - juris Rn. 16 m.w.N.). Sie ist zugleich Geschäftsgeheimnis des beauftragten Anwalts. Das Bekanntwerden des vereinbarten Honorars kann die Wettbewerbsposition des Rechtsanwalts schwächen. Das gilt insbesondere dann, wenn hinreichend öffentlich zugängliche Informationen vorliegen, anhand derer Dritte den Aufwand für die Mandatsbearbeitung abschätzen können. Das ist bei Honoraren für die Betreuung von Gerichtsverfahren regelmäßig der Fall (OVG Berlin-Brandeburg, Beschluss v. 20.12.2019 - OVG 6 S 58/19 - juris Rn. 16). Nichts anderes gilt für die Honorarvereinbarung. Auch die dort geregelten Mandatsbedingungen lassen Rückschlüsse auf wirtschaftlich relevante Parameter zu, die es Dritten ermöglichen, sich bei Angeboten in ähnlichen Mandaten einen Vorteil zu verschaffen.
Unabhängig davon liegt die Verschwiegenheitspflicht nicht nur im Interesse des Mandanten und des Anwalts, sondern auch im Interesse der Allgemeinheit einer wirksamen und rechtsstaatlich geordneten Rechtspflege. Sie reicht damit weit über das individuelle Interesse des Mandanten (und des Anwalts) hinaus. Der Schutz der anwaltlichen Verschwiegenheitspflicht hat daher allgemein Vorrang vor dem Informationsinteresse. Dieser Vorgang ist abwägungsfest.
Die Wahrung der anwaltlichen Schweigepflicht und des anwaltlichen Berufsgeheimnisses ist daher im Sinne einer bundesrechtskonformen und geltungserhaltenden Auslegung vor dem Hintergrund des Art. 31 GG in § 8 IFG NRW hineinzulesen. Auf die Frage, ob ein wirtschaftlicher Schaden entstehen würde und/ oder ob ein überwiegendes Interesse der Allgemeinheit an der Gewährung des Informationszugangs besteht, kommt es nicht an. Selbst wenn diese Frage maßgebend wäre, wäre Ihr Informationszugangsanspruch immer noch nach § 8 Abs. 1 IFG NRW ausgeschlossen. Für einen wirtschaftlichen Schaden im Sinne des § 8 Abs. 1 IFG NRW reicht es nämlich aus, wenn die Offenbarung der unter das Geschäftsgeheimnis fallende Daten die Wettbewerbsposition des Berechtigten schwächen und zu wirtschaftlichen Nachteilen führen können. Das wäre hier der Fall.
Der Geheimnisschutzberechtigte kann zwar auf die Geheimhaltung der dem Geschäftsgeheimnis unterliegenden Angaben verzichten: Die von uns beauftragte Rechtsanwaltskanzlei hat eine solche Erklärung aber nicht abgegeben. Die von Ihnen abgefragten Informationen sind auch nicht öffentlich zugänglich.
Sie können sich auch nicht darauf berufen, dass das Geschäftsgeheimnis der von uns beauftragten Anwaltskanzlei hinter dem Interesse der Allgemeinheit am Informationszugang zurücktreten muss. Die bundesrechtskonforme und geltungserhaltende Auslegung des § 8 IFG NRW steht im Falle des Anwaltsgeheimnisses einer solchen Abwägung entgegen. Aber auch wenn eine solche Abwägung zwischen dem Interesse am Informationszugang und dem Geheimhaltungsinteresse geboten wäre, würde dies nicht zur Gewährung des Informationszugangs führen. Das Geheimhaltungsinteresse mit dem Interesse der Allgemeinheit an der Gewährung des Informationszugangs abzuwägen, würde nichts anderes ergeben. Ein überwiegendes Interesse der Allgemeinheit an dem begehrten Informationszugang besteht nämlich nicht. Dies folgt schon aus dem objektiven Gewicht der anwaltlichen Schweigepflicht, die auch im Interesse der Allgemeinheit an einer wirksamen und rechtsstaatlich geordneten Rechtspflege besteht und die - wie erwähnt - über die individuellen Interessen des Mandanten und des beauftragten Rechtsanwalts hinausreicht. Gründe, warum im Einzelfall trotzdem ein diese Belange überwiegendes Allgemeininteresse vorliegen sollte, sind nicht ersichtlich und wurden von Ihnen auch nicht vorgetragen.
Diese grundgesetzlich anzuerkennenden Aspekte und Wertungen mit Blick auf die anwaltliche Verschwiegenheitspflicht sind auch berührt, soweit es um den Informationszugang zu bestimmten einzelnen Verfahren (mit Aktenzeichen) geht, in denen sich das Polizeipräsidium Köln von einer oder mehreren Rechtsanwaltskanzleien vor Gericht vertreten lässt. Auch die Frage, in wie vielen Mandaten ein Mandant einen Anwalt beauftragt, fällt unter die anwaltliche Schweigepflicht und unter das Geschäftsgeheimnis der beauftragten Anwaltskanzlei. Daraus lassen sich Erkenntnisse über den Umfang und die wirtschaftliche Bedeutung des Mandats bzw. des Mandanten für die beauftragte Sozietät gewinnen. Dies sind Angaben, die auch für Wettbewerber - etwa für die Unterbreitung entsprechender Angebote an den Auftraggeber - von Interesse sind. Ich verweise im Übrigen auf die vorstehende Begründung.
Abschließend wird darauf hingewiesen, dass Sie gemäß § 13 Absatz 2 IFG NRW das Recht haben, die Landesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit Nordrhein-Westfalen als Beauftragte für das Recht auf Information anzurufen, sofern Sie die gegebene Auskunft nicht zufrieden stellen sollte.
Mit freundlichen Grüßen