Sehr geehrte Damen und Herren,
ich bin freier Journalistin und recherchiere mit einer Förderung von “Netzwerk Recherche” zu Auslandstätigkeiten deutscher Parteistiftungen. Ich bitte um Vermittlung bei einer Anfrage nach dem Informationsfreiheitsgesetz Bund (IFG, UIG, VIG). Die bisherige Korrespondenz finden Sie hier:
https://fragdenstaat.de/a/303451/
Im Rahmen dieser Recherche habe ich einen IFG-Antrag beim Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung gestellt, um Einsicht in die Verwendungsnachweise und Korrespondenz zu Abschlussberichten stiftungsgeförderter Projekte in Lateinamerika zu erhalten.
Hintergrund sind Berichte, wonach die Friedrich-Naumann-Stiftung im Jahr 2022 in Peru ein Treffen finanzierte, während dessen Umsturzpläne gegen den amtierenden Präsidenten diskutiert wurden. Unserer Recherche zufolge war die Förderung demokratisch fragwürdiger Akteure durch die Stiftung kein Einzelfall.
Nun hat das BMZ unsere IFG-Anfrage abgelehnt und begründet dies damit, dass die Verwendungsnachweise als VS-NfD eingestuft wurden. Weitere Gründe, warum die Dokumente so kategorisiert und eine Einsicht für die Interessen der Bundesrepublik nachteilig sei, werden nicht genannt. Unserer Auffassung der gängigen Rechtsprechung zufolge wäre eine solche Begründung jedoch notwendig. Da das BMZ keine Sachgründe darlegt, weshalb es sie den Zugang nach IFG zu den angeforderten Unterlagen verweigern, ist es uns nicht möglich eine Einschätzung zu treffen, ob gemäß § 8 Abs. 1 UIG ein berechtigtes Ausschlussinteresse besteht, oder aber ob ober das öffentliche Interesse überwiegt.
Zudem verwehrt das BMZ auch den Zugang zur angefragten Korrespondenz, die laut Bescheid nicht als VS-NfD eingestuft ist. Dies ist aus unserer Sicht nicht hinnehmbar.
Gemäß §8 Abs.1 UIG darf die informationspflichtige Behörde den Antrag nicht ablehnen, wenn das öffentliche Interesse an der Bekanntgabe überwiegt. Aus meiner Sicht gibt es eine ganze Reihe an Gründen, die dies untermauern:
1. Laut der investigativen Wochenzeitschrift "Hildebrandt en sus trece" organisierte die Friedrich-Naumann-Stiftung 2022 mit Steuermitteln ein Treffen, auf dem Umsturzpläne gegen den amtierenden Präsident diskutiert wurden. (
https://amerika21.de/2022/03/256861/fnf-politische-einmischung-peru ). Dies ist nicht das erste Mal, dass die Stiftung putschistische Bestrebungen in Lateinamerika unterstützt hat, wie beispielsweise
2009 in Honduras (
https://www.german-foreign-policy.com/en/news/detail/5365 ). Des weiteren förderte die FNF die Partei des rechtsradikalen Ex-Präsidenten von Brasilien Bolsonaro (
https://www.fr.de/politik/liberale-hilfe-bolsonaro-10970114.html ), aber unterstütze auch den Werdegang des rechtsextremen argentinischen Präsidenten Milei (
https://www.spiegel.de/ausland/argentinien-javier-milei-ist-vieles-nur-nicht-liberal-a-5495f676-7d8a-4354-ad25-9a38d3b91e9c ) oder seiner Vizepräsidentin Villaruell (
https://www.youtube.com/watch?v=aSMLT-PWyFA ), die für die verläumnung der Verbrechen der argentinischen Militärdiktatur bekannt ist. Die FNF pflegte nach unseren bisherigen Recherchen Kontakte und Partnerschaften zu mindestens 15 Unterzeichnerin der “Charta de Madrid”, eine internationale Vernetzung der faschistischen spanischen Partei VOX.
2. 2009 hat die Konrad Adenauer Stiftung in Bolivien Projektpartner finanziert, deren Vorstände wegen eines Massakers an der Opposition zu 15 Jahren Haft verurteilt wurden. Die FNS finanzierte im gleichen Zeitraum einen separatistischen Großgrundbesitzer, der wahrscheinlich maßgeblich dazu beitrug, Milizen mit Kroatischen Faschisten aufzubauen, die eine Reihe an Massakern an indigenen Menschen begingen. (
https://lateinamerika-nachrichten.de/artikel/gefaehrliche-verwicklungen/) In Peru fördert die KAS ebenfalls Unterzeichner:innen der “Carta de Madrid” (
https://trome.com/actualidad/politica/rosangella-barbaran-maria-del-carmen-alva-y-otros-congresistas-aprovechan-en-viajar-a-europa-para-asistir-a-graduacion-de-colega-video-gobierno-trpm-noticia/ https://www.parlamentoandino.org.pe/integrantes/ https://twitter.com/adrianatudelag/status/1737271982972899381
3. Schon vor über 30 Jahren rügte die „Weizsäcker-Kommission“ die mangelde Transparenz und Kontrolle der Mittelzuwendungen an die politischen Stiftungen. Auch 2023 forderte das Bundesverfassungsgericht erneut mehr Transparenz in der Stiftungsfinanzierung ein. Die Qualität der Transparenzberichte hat seitdem jedoch weiter abgenommen (so veröffentlichen nur noch die Ebert-, Böll- und Luxemburg-Stiftung, von welchem Ministerium sie wie viel Geld bekommen) und im Stiftungsfinanzierungsgesetz wurde es versäumt, Mechanismen für mehr Transparenz zu schaffen, wie die mit Steuergeldern finanzierten Stiftungen ihr Geld ausgeben.
4. Der Bundesrechnungshof kritisiert, dass das BMZ Förderanträge politischer Stiftungen uneingeschränkt bewilligt, obwohl sie die nötige Zustimmung durch das Auswärtige Amt (prüfung der außenpolitischen Unbedenklichkeit) nicht bekommen haben. Unter Anderem, weil das AA Projekte politischer Stiftungen im Gegensatz zur deutschen bzw. Europäischen Außenpolitik sieht oder sie Projektpartner ablehnen. (
https://www.bundesrechnungshof.de/SharedDocs/Downloads/DE/Berichte/2024/politische-stiftungen-volltext.pdf ). Aus einer IfG-Antwort des Auswärtigen Amtes ist mir bekannt, dass sie 2021 die außenpolitische Unbedenklichkeit des für das FNF-Projekt in Nikaragua verweigert haben. Nur mittels den beantragten Beleglisten lässt sich im Sinne des öffentlichen Interesses prüfen, ob die FNF möglicherweise entgegen Auflagen des AA kritische Projektpartner:innen gefördert hat.
5. Die meisten Steuergelder, mit denen die politischen Stiftungen finanziert werden, werden durch das BMZ für deren Aktivitäten im Ausland umgesetzt. Und gerade hier gibt es am wenigsten Transparenz, wie unser Geld eingesetzt wird. Wir haben in unserer Recherche eine Reihe an Anhaltspunkten gefunden, dass mit Steuermillionen, die an die Parteistiftungen gehen, auch antidemokratische Kräfte im Ausland gefördert werden, darunter etwa Reisen und Vorträge rechtsradikaler Politiker.
Da aus meiner Sicht das BMZ die IfG-Anfrage zu Unrecht abgelehnt hat, bitte ich sie um Vermittlung.
Sie finden auch alle Dokumente zu dieser Anfrage als Anhang zu dieser E-Mail.
Sie dürfen meinen Namen gegenüber der Behörde nennen.
Ich bedanke mich voran für Ihre Mühen und verbleibe,
mit freundlichen Grüßen,
<< Antragsteller:in >> << Antragsteller:in >>
Anhänge:
- 303451.pdf
- 2024-04-19_1-bescheid-z14o4010-3005070.pdf
Anfragenr: 303451
Antwort an:
<<E-Mail-Adresse>>
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