Sehr << Antragsteller:in >>
vielen Dank für Ihre Nachricht vom 30. Mai 2022.
Der Gesetzgeber hat bereits unmittelbar nach Bekanntwerden der COVID-19-Pandemie auf deren wirtschaftliche Auswirkungen reagiert und das Insolvenzrecht angepasst. Mit dem COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetz vom 27. März 2020 (Bundesgesetzblatt Teil I Nr. 14 vom 27. März 2020, Seite 569) wurde die Insolvenzantragspflicht für haftungsbeschränkte Unternehmen sowie Vereine und Stiftungen unter bestimmten Voraussetzungen rückwirkend ab dem 1. März 2020 bis zunächst zum 30. September 2020 ausgesetzt. Für natürliche Personen wurde klargestellt, dass eine Verzögerung der Antragstellung keine Auswirkungen auf die Erteilung der Restschuldbefreiung haben sollte.
Für überschuldete, aber noch nicht zahlungsunfähige Unternehmen, Vereine und Stiftungen wurde die Aussetzung der Antragspflicht sodann durch das Gesetz zur Änderung des COVID-19-Insolvenzaussetzungsgesetzes vom 25. September 2020 (Bundesgesetzblatt Teil I Nr. 43 vom 30. September 2020, Seite 2016) bis zum 31. Dezember 2020 verlängert, um diesen die Möglichkeit zu geben, sich unter Inanspruchnahme staatlicher Hilfsangebote und im Rahmen außergerichtlicher Verhandlungen zu sanieren und zu finanzieren. Um zu vermeiden, dass Insolvenzanträge allein deshalb gestellt werden müssen, weil für die Bearbeitung der Anträge auf staatliche Hilfen und deren Auszahlung Zeit benötigt wurde, wurde die Insolvenzantragspflicht dann unter bestimmten Voraussetzungen für den Zeitraum vom 1. Januar bis zum 31. Januar 2021 weiter ausgesetzt. Diese Aussetzung galt sowohl für den Insolvenzgrund der Zahlungsunfähigkeit als auch den der Überschuldung.
Mit dem Gesetz zur Verlängerung der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht und des Anfechtungsschutzes für pandemiebedingte Stundungen sowie zur Verlängerung der Steuererklärungsfrist in beratenen Fällen und der zinsfreien Karenzzeit für den Veranlagungszeitraum 2019 vom 15. Februar 2021 (Bundesgesetzblatt Teil I Nr. 7 vom 18. Februar 2012, Seite 237) wurden die Regelungen zur Aussetzung der Insolvenzantragspflicht dann letztmalig für den Zeitraum vom 1. Februar bis zum 30. April 2021 verlängert. Die weitere Aussetzung der Insolvenzantragspflicht sollte wiederum solchen Unternehmen, Vereinen und Stiftungen zugute kommen, die einen Anspruch auf finanzielle Hilfen aus den aufgelegten Corona-Hilfsprogrammen hatten, deren Auszahlung aber noch ausstand. Auch diese Aussetzung der Insolvenzantragspflicht galt nur unter bestimmten Voraussetzungen. Seit dem 1. Mai 2021 sind die Geschäftsleiter haftungsbeschränkter Unternehmensträger sowie Vorstände von Vereinen und Stiftungen nun wieder ohne Ausnahme zur Stellung eines Insolvenzantrags verpflichtet, wenn eine Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung vorliegt.
Die gesunkenen Insolvenzzahlen lassen sich im Wesentlichen auf den Umstand zurückführen, dass nach dem Insolvenzstatistikgesetz nur die beantragten Insolvenzverfahren statistisch erfasst werden. Da die Insolvenzantragspflicht über mehrere Monate ausgesetzt war und zugleich staatliche Finanzhilfen in Anspruch genommen werden konnten, waren viele Unternehmen in der Lage, die pandemiebedingten wirtschaftlichen Herausforderungen auch ohne Stellung eines Insolvenzantrags zu meistern. Somit war auch die Gefahr der Zunahme sog. "Zombieunternehmen" nicht gegeben. Auch diese Unternehmen unterfallen der Insolvenzantragspflicht, die mit dem 1. Mai 2021 wieder vollumfänglich aufgelebt ist.
Ich hoffe, Ihnen mit diesen Auskünften behilflich gewesen zu sein.
Mit freundlichen Grüßen