Sehr
geehrteAntragsteller/in
mit E-Mail vom 26.06.2020 haben Sie sich an das Kultusministerium Baden-Württemberg gewandt und einen Antrag nach § 1 Abs. 2 LIFG gestellt. Gegenstand dieses Antrags ist die Zusendung von "sämtlichen internen Dokumenten zum Umgang mit Rassismus in ihrem Hause. Das kann z. B. umfassen: Informationsmaterialien, Schulungsunterlagen, Handreichungen, Weisungen, etc. zum Umgang mit rassistischen Vorfällen oder Äußerungen, zu strukturellem Rassismus oder umkehrt zu anti-rassistischer Arbeit, ebenso Beschwerdestatistiken oder sonstige Dokumente zum Thema".
Dazu dürfen wir Ihnen folgendes mitteilen:
Für den Umgang mit rassistischen oder diskriminierenden Vorfällen gelten im Kultusministerium die Regelungen aus dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) und dem Gesetz zur Regelung von Partizipation und Integration (PartIntG). Gesonderte interne Dokumente zum Umgang mit Rassismus sind darüber hinaus nicht vorhanden. Eine Beschwerdestatistik wird für das Kultusministerium nicht geführt.
Für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Kultusministerium werden Fortbildungen zur Stärkung der interkulturellen Kompetenz angeboten. Deren Ziel ist es, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für einen sensiblen und angemessenen Umgang mit dem Gegenüber in interkulturellen Begegnungen zu schulen. Da die Fortbildungen von externen Referentinnen und Referenten abgehalten werden, sind im Kultusministerium dazu keine eigenen Unterlagen vorhanden.
Rassismus ist ein gesamtgesellschaftliches Problem, das sich in vielen Bereichen der Gesellschaft zeigt. Das Kultusministerium nimmt sich bereits seit langem der Prävention von Rassismus und Antisemitismus an den Schulen intensiv und mit großem Nachdruck an. Dazu wurden eine Reihe von Maßnahmen auf verschiedenen Ebenen in die Wege geleitet. Hierzu gehören etwa die Sensibilisierung von Schulleitungen und Lehrkräften auf Schulleitertagungen und in Lehrkräftefortbildungen sowie eine Meldepflicht an den Schulen des Landes. Seit April 2018 müssen alle öffentlichen Schulen antisemitische oder andere religiös oder ethnisch begründete diskriminierende Vorfälle an Schulen an die Schulaufsichtsbehörden melden. Die gewonnenen Erkenntnisse sind Grundlage für die Entwicklung weiterer Hilfen für die Schulen sowie für Entscheidungen, welche Maßnahmen, auch strafrechtlicher Art, erforderlich sind.
Die Kultusverwaltung bietet Schulen hierbei Unterstützung, diese reicht von einer Beratung zu rechtlichen Fragen bis hin zu speziellen Präventionsmaßnahmen, für die wir auch die Expertise von Partnern einbeziehen. Unser Ziel ist, Vorurteile, Missverständnisse, Haltungen, die rassistisch zu verstehen sind, so gut und so oft es geht pädagogisch zu bearbeiten. Und dies nicht erst dann, wenn rassistische Haltungen konkret offenbar werden. Es handelt sich vielmehr um ein Thema, das dauerhaft und in allen schulischen Kontexten im Blick behalten werden muss.
Deshalb ist auch eine Thematisierung im Unterricht erforderlich. Im Unterricht, vor allem in Fächern wie Politik/Gemeinschaftskunde, gilt das sogenannte Aktualitätsprinzip als eines der grundlegenden, didaktischen Prinzipien. Lehrerinnen und Lehrer sollen in ihrer Unterrichtsplanung einen engen Bezug zur politischen Aktualität und zu den jeweiligen aktuellen gesellschaftlichen Fragen und Entwicklungen herstellen. Es finden sich dementsprechend in allen Bildungsplänen der unterschiedlichen Schularten eine Vielzahl von Anknüpfungspunkten, um das aktuelle politische Geschehen zu thematisieren, zum Beispiel bei den Themen 'Grundrechte' oder 'Politischer Entscheidungsprozess'. Darüber hinaus bieten die Bildungspläne mit der Leitperspektive "Bildung für Toleranz und Vielfalt" zahlreiche thematische Anknüpfungspunkte, um sich gemeinsam mit den Schülerinnen und Schülern mit diesem wichtigen Thema auseinandersetzen.
Eine wichtige Rolle bei der Prävention von Antisemitismus und Rassismus spielt zudem die Demokratieerziehung als wesentliche Primärprävention. Das Kultusministerium hat hierzu im vergangenen Jahr den Leitfaden Demokratiebildung herausgegeben (
https://km-bw.de/site/pbs-bw-new/get/...), der Lehrkräfte bei der Vermittlung von demokratischen Wert- und Ordnungsvorstellungen unterstützt. Demokratiebildung wird dabei als Aufgabe für alle Schulfächer verstanden. Das gilt ebenfalls für die Vermittlung von Toleranz und Weltoffenheit - hierzu ist in den Bildungsplänen die Leitperspektive "Bildung für Toleranz und Akzeptanz von Vielfalt" verankert. Diese zielt auf die Fähigkeit der Gesellschaft zum interkulturellen und interreligiösen Dialog und zum dialogorientierten, friedlichen Umgang untereinander und ist im Unterricht fächerübergreifend zu berücksichtigen.
Das Land Baden-Württemberg und die Landeszentrale für politische Bildung fördern außerdem das Projekt "Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage", bei dem sich Schülerinnen und Schüler sowie Lehrkräfte aktiv gegen Diskriminierung einsetzen.
Mit freundlichen Grüßen