Sehr
<< Antragsteller:in >>
Sie haben mit Nachricht vom 31. März 2024 (unser Az.: A31/1010001001-IF30685) eine Anfrage nach § 1 Informationsfreiheitsgesetz (IFG) an das Statistische Bundesamt gerichtet.
In dieser bitten Sie um die Zusendung der folgenden Informationen, Zitat:
"Der Rundfunkbeitrag ist im nationalen Verbraucherpreisindex für Deutschland (VPI) als Dienstleistung eingeordnet.
Dagegen im Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) für Deutschland wird der Rundfunkbeitrag nicht berücksichtigt. Der HVPI wurde in der Europäischen Union (EU) entwickelt, um Preisänderungen international vergleichen und zu einer Gesamtinflationsrate für Europa und der europäischen Währungsunion zusammenfassen zu können.
https://www.destatis.de/DE/Themen/Wirtschaft/Preise/Verbraucherpreisindex/Methoden/Erlaeuterungen/harmonisierter-verbraucherpreisindex.html
Bitte schicken Sie mir Information, aus welchem Grund der Rundfunkbeitrag für Ziele von HVPI ungeeignet ist, sodass er bei diesem Index keine Berücksichtigung findet."
Hierzu teilen wir Ihnen nach Rücksprache mit der fachlich zuständigen Organisationseinheit folgendes mit:
Das Statistische Bundesamt berechnet für europäische Zwecke neben dem nationalen Verbraucherpreisindex für Deutschland (VPI) auch einen Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) für Deutschland.
Der VPI für Deutschland misst die durchschnittliche Preisentwicklung aller Waren und Dienstleistungen, die private Haushalte für Konsumzwecke kaufen. Er dient einerseits der Inflationsmessung, außerdem der Deflationierung gesamtwirtschaftlicher Größen, das heißt der Umrechnung nominaler in reale Veränderungen sowie den Empfängern regelmäßig wiederkehrender Zahlungen als Kompensationsmaßstab.
Der HVPI wurde in der Europäischen Union (EU) entwickelt, um Preisänderungen international vergleichen und zu einer Gesamtinflationsrate für Europa und der Europäischen Währungsunion zusammenfassen zu können.
Diese unterschiedlichen Zielsetzungen bedingen eine zum Teil unterschiedliche Methodik und auch kleine Differenzen beim Erfassungsbereich. Hier zählen unter anderem die Rundfunkgebühren, die in die Berechnung des VPI eingehen, in die Berechnung des HVPI hingegen nicht.
HVPI:
Europäischen Richtlinien folgend werden in den Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen die Rundfunkgebühren als Steuer eingeordnet. Die Daten der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen sind beim HVPI die maßgebliche Ausgangsquelle für die Wägung der Verbraucherpreise. Eine gute Übersicht über die europäische Sichtweise und die entsprechende nationale Umsetzung gibt der Artikel Hauf/Schäfer, Revision der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen 1991 bis 2018, Link:
https://www.destatis.de/DE/Methoden/WISTA-Wirtschaft-und-Statistik/2019/05/revision-volkswirtschaftliche-gesamtrechnungen-1991-bis-2018-052019.pdf
Seite 71f - Abschnitt 3.6 Öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten.
Direkte Steuern (wie die Einkommen- oder Erbschaftssteuer) und in dieser Sichtweise auch die Rundfunkgebühren gelten in der Regel nicht als Konsum und sollen daher nicht in der Verbraucherpreisstatistik berücksichtigt werden. Insofern ist die Nichtberücksichtigung der Rundfunkgebühren im HVPI – der europäischen Perspektive folgend – folgerichtig.
VPI:
In der deutschen Rechtsprechung werden gemäß Urteil des Bundesverfassungsgerichts die Rundfunkgebühren allerdings nicht als Steuer eingeordnet.
https://www.bundesverfassungsgericht.de/SharedDocs/Entscheidungen/DE/2018/07/rs20180718_1bvr167516.html
Nach dem Urteil steht das Grundgesetz "der Erhebung von […] Beiträgen nicht entgegen, die diejenigen an den Kosten einer öffentlichen Einrichtung beteiligen, die von ihr – potentiell – einen Nutzen haben", heißt es im ersten Leitsatz. Beim Rundfunkbeitrag liegt dieser Vorteil in der Möglichkeit, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk nutzen zu können. Auf das Vorhandensein von Empfangsgeräten oder einen Nutzungswillen kommt es laut den Karlsruher Verfassungsrichtern nicht an. Dieser Sichtweise folgend werden Rundfunkgebühren im nationalen VPI dem privaten Konsum zugerechnet.
Entsprechend der unterschiedlichen – europäischen und nationalen – Sichtweise unterscheiden sich HVPI und VPI beim Einbezug der Rundfunkgebühren.
Für Rückfragen stehen wir gerne zur Verfügung.
Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen diesen Bescheid können Sie innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe Widerspruch erheben. Der Widerspruch ist beim Statistischen Bundesamt Wiesbaden einzulegen.
Dafür stehen Ihnen folgende Möglichkeiten zur Verfügung:
Schriftlich oder zur Niederschrift:
Der Widerspruch kann schriftlich oder zur Niederschrift eingelegt werden.
Die Anschrift lautet: Gustav-Stresemann-Ring 11, 65189 Wiesbaden.
Wir bedanken uns für Ihr Interesse und hoffen, Ihnen weitergeholfen zu haben.
Mit freundlichen Grüßen