Sehr geehrte Frau Körner,
mit Ihrer E-Mail vom 06. November 2021 beantragen Sie auf Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) beim Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ), Informationen zu den nachfolgenden Fragen.
1. Gibt es eine Begründung, weshalb die Kinderrechte bisher nicht im Grundgesetz verankert sind?
2. Wenn ja, welche Gründe gibt es dafür, dass die Kinderrechte bisher nicht im Grundgesetz verankert sind?
Nach Kriterien des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) stellt Ihr Anliegen keinen IFG-Antrag dar, sondern es wird vielmehr eine Sachanfrage an die fachlich zuständige Stelle des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gestellt. Mit dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) erhält jede/r grundsätzlich einen voraussetzungslosen - wenn auch nicht ausnahmslosen - Anspruch auf Zugang zu amtlichen Informationen gegenüber Behörden des Bundes. Gem. § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG besteht ein Anspruch auf Zugang zu vorhandenen amtlichen Aufzeichnungen. Demgegenüber gewährt das IFG insbesondere kein Recht auf Beantwortung von allgemeinen Fragen und Zusammenstellungen von Auskünften, die über die Einsichtnahme in amtliche Informationen hinausgehen.
Bei Ihrem Anliegen handelt es sich um Letzteres, daher ergeht in diesem Fall kein Bescheid nach dem IFG.
Ihr als Bürgeranfrage gewertetes Anliegen wurde innerhalb des BMFSFJ durch das Fachreferat geprüft und - wie nachfolgend dargestellt - zusammenhängend beantwortet:
Am 20. November 1989 wurde das internationale Übereinkommen über die Rechte des Kindes (KRK) verabschiedet. Deutschland ist einer von inzwischen 196 Vertragsstaaten. Durch Rücknahme der Vorbehaltserklärung der Bundesregierung in 2010 ist die KRK für Deutschland vollumfänglich verbindlich geworden und gilt als einfaches Bundesgesetz. Seit fast 30 Jahren gibt es immer wieder Bestrebungen von Politik, aber auch Forderungen von Verbänden und Organisationen, die Kinderrechte im Grundgesetz zu verankern.
Gemäß der Verpflichtung aus dem Koalitionsvertrag tagte von Juni 2018 bis September 2019 eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe, die die möglichen Regelungselemente einer Grundgesetzänderung ergebnisoffen diskutierte.
Der Abschlussbericht der AG wurde am 25. Oktober 2019 vom Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz (BMJV) veröffentlicht. Er enthält drei Varianten für einen Formulierungsvorschlag für die Verankerung von Kinderrechten im Grundgesetz, die aus unterschiedlichen Kombinationen der in den Sitzungen diskutierten Regelungselemente zusammengestellt sind. Auf Grundlage des Abschlussberichts hat das BMJV am 26. November 2019 die Ressortabstimmung für einen Referentenentwurf zur Änderung des Grundgesetzes eingeleitet.
Am 25. August 2020 beschloss der Koalitionsausschuss die Einrichtung der Arbeitsgruppe „Kinderrechte ins GG“ mit Koalitionsparteien und -fraktionen sowie Regierungsvertreterinnen und -vertretern zur Erarbeitung eines Formulierungsvorschlags. Die Arbeitsgruppe einigte sich am 12. Januar 2021 auf eine Formulierung, die das BMJV schließlich der Bundesregierung vorlegte. Am 20. Januar 2021 beschloss die Bundesregierung den darauf basierenden Entwurf eines Gesetzes zur ausdrücklichen Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz. Darin sind die Kernelemente Grundrechtssubjektivität von Kindern einschließlich eines Entwicklungsgrundrechts, die Verankerung des Kindeswohlprinzips, das Gehörsrecht des Kindes sowie die unveränderte Rechtsstellung der Eltern enthalten.
Am 26.03.2021 hat sich der Bundesrat erstmals mit dem Gesetzesvorhaben befasst, am 15.04.2021 fand die 1. Lesung im Bundestag, am 17.05.2021 die öffentliche Anhörung statt. Nach der abschließenden Verhandlungsrunde am 07.06.2021 wurde die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz in dieser Legislaturperiode für gescheitert erklärt. Die Fraktionen im Bundestag konnten sich trotz langer Verhandlungen nicht auf eine gemeinsame Formulierung verständigen.
Mit freundlichen Grüßen