Kindesmissbrauch in der Kirche

Die Kirche ermittelt seit Jahren in Eigenregie bzgl. der bekannten Kindesmissbrauchsfälle - ohne Ergebnis.

Meine Fragen:
Wie kann es sein, dass deutsche Behörden die Ermittlung der Kirche überlassen? Nach welchen rechtlichen Grundlagen ist dies zulässig?

Gibt es seitens der Bundesregierung Überlegungen, die Ermittlungen nunmehr durch die Justizbehörden aufzunehmen?

Anfrage teilweise erfolgreich

  • Datum
    6. Juni 2021
  • Frist
    9. Juli 2021
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Antrag nach dem IFG/UIG/VIG Sehr Antragsteller/in bitte senden Sie mir Folgendes zu: Die Kirche ermittelt seit …
An Bundesministerium der Justiz Details
Von
<< Anfragesteller:in >>
Betreff
Kindesmissbrauch in der Kirche [#221944]
Datum
6. Juni 2021 17:26
An
Bundesministerium der Justiz
Status
Warte auf Antwort — E-Mail wurde erfolgreich versendet.
Antrag nach dem IFG/UIG/VIG Sehr Antragsteller/in bitte senden Sie mir Folgendes zu:
Die Kirche ermittelt seit Jahren in Eigenregie bzgl. der bekannten Kindesmissbrauchsfälle - ohne Ergebnis. Meine Fragen: Wie kann es sein, dass deutsche Behörden die Ermittlung der Kirche überlassen? Nach welchen rechtlichen Grundlagen ist dies zulässig? Gibt es seitens der Bundesregierung Überlegungen, die Ermittlungen nunmehr durch die Justizbehörden aufzunehmen?
Dies ist ein Antrag auf Zugang zu amtlichen Informationen nach § 1 des Gesetzes zur Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes (IFG) sowie § 3 Umweltinformationsgesetz (UIG), soweit Umweltinformationen im Sinne des § 2 Abs. 3 UIG betroffen sind, sowie § 1 des Gesetzes zur Verbesserung der gesundheitsbezogenen Verbraucherinformation (VIG), soweit Informationen im Sinne des § 1 Abs. 1 VIG betroffen sind. Sollte der Informationszugang Ihres Erachtens gebührenpflichtig sein, möchte ich Sie bitten, mir dies vorab mitzuteilen und detailliert die zu erwartenden Kosten aufzuschlüsseln. Meines Erachtens handelt es sich um eine einfache Auskunft. Gebühren fallen somit nach § 10 IFG bzw. den anderen Vorschriften nicht an. Auslagen dürfen nach BVerwG 7 C 6.15 nicht berechnet werden. Sollten Sie Gebühren veranschlagen wollen, bitte ich gemäß § 2 IFGGebV um Befreiung oder hilfweise Ermäßigung der Gebühren. Ich verweise auf § 7 Abs. 5 IFG/§ 3 Abs. 3 Satz 2 Nr. 1 UIG/§ 4 Abs. 2 VIG und bitte Sie, mir die erbetenen Informationen so schnell wie möglich, spätestens nach Ablauf eines Monats zugänglich zu machen. Kann diese Frist nicht eingehalten werden, müssen Sie mich darüber innerhalb der Frist informieren. Ich bitte Sie um eine Antwort per E-Mail gemäß § 1 Abs. 2 IFG. Ich widerspreche ausdrücklich der Weitergabe meiner Daten an behördenexterne Dritte. Sollten Sie meinen Antrag ablehnen wollen, bitte ich um Mitteilung der Dokumententitel und eine ausführliche Begründung. Ich möchte Sie um eine Empfangsbestätigung bitten und danke Ihnen für Ihre Mühe! Mit freundlichen Grüßen Antragsteller/in Antragsteller/in Anfragenr: 221944 Antwort an: <<E-Mail-Adresse>> Laden Sie große Dateien zu dieser Anfrage hier hoch: https://fragdenstaat.de/a/221944/ Postanschrift Antragsteller/in Antragsteller/in << Adresse entfernt >>
Mit freundlichen Grüßen << Anfragesteller:in >>
Bundesministerium der Justiz
Sehr Antragsteller/in vielen Dank für Ihre Nachricht vom 11. Juni 2021, die ich als Bürgeranfrage auffasse, denn …
Von
Bundesministerium der Justiz
Betreff
Re: Kindesmissbrauch in der Kirche [#221944] - BMJV-ID: [22843002]
Datum
11. Juni 2021 14:42
Status
Anfrage abgeschlossen
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4,6 KB


Sehr Antragsteller/in vielen Dank für Ihre Nachricht vom 11. Juni 2021, die ich als Bürgeranfrage auffasse, denn Sie bitten darin um eine Stellungnahme. Das Informationsfreiheitsgesetz hingegen gewährt einen Anspruch auf Zugang zu in den Akten vorhandenen amtlichen Informationen. Zu Ihren Fragen Folgendes mitteilen: Der sexuelle Missbrauch von Kindern wird gemäß § 176 Absatz 1 des Strafgesetzbuches(StGB) mit einer Strafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe geahndet. Bei Fällen, in denen der Täter innerhalb der letzten fünf Jahre wegen einer vergleichbaren Straftat rechtskräftig verurteilt worden ist, wird die Tat gemäß § 176a Absatz 1 StGB als schwerer sexueller Missbrauch von Kindern mit Freiheitsstrafe nicht unter einem Jahr bestraft. Hat der Täter, sofern er mindestens 18 Jahre alt ist, mit einem Kind den Beischlaf vollzogen oder ähnliche sexuelle Handlungen an ihm vorgenommen oder an sich von ihm hat vornehmen lassen, die mit einem Eindringen in den Körper verbunden sind, so ist die Strafe gemäß § 176a Absatz 2 Nummer 1 StGB Freiheitsstrafe nicht unter zwei Jahren. Die Strafobergrenze des § 176 a StGB liegt in den vorgenannten Fällen bei 15 Jahren (§ 38 Absatz 2 StGB). Welche konkrete Strafe das unabhängige staatliche Gericht im jeweiligen Einzelfall verhängt, bemisst sich dabei gemäß § 46 Absatz 1 Satz 1 StGB maßgeblich nach der Schuld des Täters. Für die Ermittlungsbehörden gilt gemäß § 152 Absatz 2 der Strafprozessordnung der Verfolgungszwang, das sogenannte Legalitätsprinzip. Das bedeutet, dass die Staatsanwaltschaft im Falle des Vorliegens eines Tatverdachts wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern, der sich zum Beispiel daraus ergeben kann, dass das Opfer eine Strafanzeige erstattet, einzuschreiten verpflichtet ist und gegebenenfalls Anklage erheben muss. Dies gilt allerdings nicht, wenn dem Verfahren Hindernisse entgegenstehen, z.B. wenn die Tat verjährt ist. Diese Grundsätze gelten auch für Straftaten, die von kirchlichen Vertretern begangen werden. Diese genießen keinen Schutz vor Strafverfolgung. Es gibt allerdings auch keine allgemeine Verpflichtung für Kirchen oder Unternehmen, kriminelle Mitarbeiterinnen oder Mitarbeiter anzuzeigen. In Betracht kann im Einzelfall aber eine Strafbarkeit wegen Strafvereitelung (§ 258 StGB) kommen. Im Fall des Verdachts des sexuellen Missbrauchs von Kindern durch einen Geistlichen gibt es unter Umständen aber neben dem staatlichen Strafverfahren noch ein innerkirchliches Verfahren, das über die Verhängung von Disziplinarmaßnahmen entscheidet. Der Ausgang des kirchlichen Verfahrens hat jedoch grundsätzlich keinen Einfluss auf das staatliche Strafverfahren. Die Nähe des Täters zur Kirche bzw. seine Dienststellung bei der Kirche ist auch kein von der Rechtsprechung anerkannter Strafzumessungsgrundsatz, der zu einer Strafmilderung führen könnte. Vielmehr kann das Ausnutzen eines besonderen Vertrauensverhältnisses zwischen Täter und Opfer im Einzelfall sogar strafschärfend berücksichtigt werden. Ich hoffe, Ihnen mit diesen Auskünften behilflich gewesen zu sein und verbleibe mit freundlichen Grüßen
<< Anfragesteller:in >>
Sehr << Anrede >> vielen Dank für die umfangreiche Antwort. Einige abschließende Frage hätte ich no…
An Bundesministerium der Justiz Details
Von
<< Anfragesteller:in >>
Betreff
AW: Re: Kindesmissbrauch in der Kirche [#221944] - BMJV-ID: [22843002] [#221944]
Datum
12. Juni 2021 13:41
An
Bundesministerium der Justiz
Status
E-Mail wurde erfolgreich versendet.
Sehr << Anrede >> vielen Dank für die umfangreiche Antwort. Einige abschließende Frage hätte ich noch: Wenn - so wie Sie angeben - die staatlichen Behörden verpflichtet sind, Ermittlungen einzuleiten, wieso ist es in vielen Fällen nicht geschehen? Gibt es Verjährungsfristen für Kindesmissbrauch? Wie kommt es, dass die Kirche die Vorfälle mangelhaft aufarbeitet und der Staat "zusieht" und nichts weiter unternimmt? Mit freundlichen Grüßen Anfragenr: 221944 Antwort an: <<E-Mail-Adresse>> Laden Sie große Dateien zu dieser Anfrage hier hoch: https://fragdenstaat.de/a/221944/
Bundesministerium der Justiz
Sehr Antragsteller/in vielen Dank für Ihre erneute Nachricht vom 12. Juni 2021. Zur Frage der Verjährung kann i…
Von
Bundesministerium der Justiz
Betreff
Re: Kindesmissbrauch in der Kirche [#221944] [#221944] - BMJV-ID: [22902002]
Datum
16. Juni 2021 15:16
Status
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4,6 KB


Sehr Antragsteller/in vielen Dank für Ihre erneute Nachricht vom 12. Juni 2021. Zur Frage der Verjährung kann ich Ihnen Folgendes mitteilen: Der Gesetzgeber hat mit dem am 27. Januar 2015 in Kraft getretenen Gesetz „zur Änderung des Strafgesetzbuches – Umsetzung europäischer Vorgaben zum Sexualstrafrecht“ weitreichende Änderungen bei den Verjährungsvorschriften beschlossen, die z.B. den Eintritt der Verjährung bereits in erheblichem Umfang aufgreifen. In § 78b Absatz 1 Nummer 1 des Strafgesetzbuches (StGB) ist nunmehr vorgesehen, dass die Verjährung für Sexualstraftaten nach §§ 174 bis 174c, 176 bis 178, 180 Absatz 3 und 182 StGB bis zur Vollendung des 30. Lebensjahrs des Opfers ruht. Dies bedeutet, dass mit Vollendung des 30. Lebensjahres die Verjährungsfristen überhaupt erst zu laufen beginnen. Diese Neuerung führt dazu, dass bei allen schweren, einer Verjährungsfrist von 20 Jahren unterliegenden Sexualdelikten (wie zum Beispiel bei allen Varianten des schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern nach § 176a StGB), Verjährung nie vor Vollendung des 50. Lebensjahrs des Opfers eintreten kann. Diese Frist kann sich bei entsprechenden Unterbrechungshandlungen nach § 78c StGB, wie etwa der Anordnung der ersten Vernehmung des Beschuldigten, bis zur Vollendung des 70. Lebensjahrs des Opfers verlängern, wobei der mutmaßliche Täter dann häufig schon sehr alt sein wird, wenn er überhaupt noch lebt. Dieser deutlichen Ausweitung der strafrechtlichen Ruhensfrist ging eine über mehrere Jahre sehr intensiv geführte rechtspolitische Diskussion, sowohl innerhalb als auch außerhalb des Deutschen Bundestages, voraus. Während in der 17. Wahlperiode die Frist für das Ruhen der Verjährung von der Vollendung des 18. Lebensjahres des Opfers auf die Vollendung des 21. Lebensjahres verlängert wurde, wurde mit dem vorstehend genannten Gesetz diese Frist nochmals bis zur Vollendung des 30. Lebensjahrs des Opfers hinausgeschoben. Begründet hat der Gesetzgeber diese nochmalige Verlängerung wie folgt (vgl. Bundestagsdrucksache 18/2601, Seite 14 oben): „Zudem soll die Altersgrenze des § 78b Absatz 1 Nummer 1 StGB auf die Vollendung des 30. Lebensjahrs des Opfers angehoben werden. Sie wurde durch das insoweit am 30. Juni 2013 in Kraft getretene Gesetz zur Stärkung der Rechte von Opfern sexuellen Missbrauchs (StORMG, BGBl. 2013 I S. 1805) vom 18. auf das 21. Lebensjahr des Opfers erhöht. Diese Ausdehnung um lediglich drei Jahre erscheint aber nicht weitgehend genug, um den Opfern von sexuellem Missbrauch eine hinreichend lange Zeit für die Verarbeitung des Erlebten und für die Entscheidung zu geben, ob sie eine Strafanzeige erstatten wollen. Nicht wenige Opfer sind nämlich erst nach vielen Jahren oder gar Jahrzehnten – ggf. erst nach einer Therapie oder zumindest einem vollständigen Lösen aus einem Abhängigkeitsverhältnis zum Täter – in der Lage, über das Geschehene zu sprechen und gegen den Täter vorzugehen (vgl. im Einzelnen die Nachweise bei Hörnle/Klingbeil/Rothbart, a. a. O., S. 69 ff.). Diese Verlängerung empfiehlt auch der Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs (a. a. O.) und entspricht dem Ergebnis von Hörnle/Klingbeil/Rothbart (a. a. O.).“ Mit dieser Änderung wollte der Gesetzgeber also gerade auch der Problematik einer womöglich langjährigen Traumatisierung der Opfer Rechnung tragen. Diese Fristverlängerung ist grundsätzlich auch auf vor dem Inkrafttreten der Neuregelung begangene Taten anwendbar, wenn deren Verfolgung zu diesem Zeitpunkt noch nicht verjährt ist (vgl. Bundestagsdrucksache 18/2601, S. 23). Eine über diese deutliche Ausweitung der strafrechtlichen Ruhensfrist hinausgehende völlige Abschaffung der strafrechtlichen Verjährungsfristen war nach Auffassung des Gesetzgebers hingegen nicht angezeigt. Denn die geltenden Regelungen werden nicht nur der unterschiedlichen Schwere der jeweiligen Tat gerecht, sondern vermeiden vor allem auch Wertungswidersprüche zu anderen schweren Delikten, wie etwa Totschlag (§ 212 StGB), der – wie der schwere sexuelle Missbrauch an Kindern – einer Verjährungsfrist von 20 Jahren unterliegt. Nur bei den allerschwersten Straftaten des Mordes (§ 211 StGB) und den in § 5 des Völkerstrafgesetzbuches genannten Verbrechen, die nicht verjähren, ist der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass ein Strafbedürfnis auch nach sehr langer Zeit nicht entfällt. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass gerade bei mutmaßlichen Sexualdelikten, die 35, 40 oder noch mehr Jahre zurückliegen, eine erfolgreiche Strafverfolgung aufgrund nicht mehr vorhandener oder mittlerweile untauglicher Beweismittel (z.B. Zeugen können sich nicht mehr eindeutig erinnern) kaum noch erfolgversprechend wäre. Ich hoffe, dass ich Ihnen das geltende Recht und die Gründe hierfür darlegen konnte. Abschließend möchte ich Ihnen noch den Hinweis geben, dass der Deutsche Bundestag am 25. März 2021 das Gesetz zur Bekämpfung sexualisierter Gewalt gegen Kinder beschlossen hat. Das Gesetz tritt am 1. Juli 2021 in Kraft https://www.bmjv.de/SharedDocs/Artike... Mit freundlichen Grüßen

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Sehr << Anrede >> vielen Dank für die Antwort. Sie gehen in Ihrer Antwort vermehrt auf das Recht bz…
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Betreff
AW: Re: Kindesmissbrauch in der Kirche [#221944] [#221944] - BMJV-ID: [22902002] [#221944]
Datum
16. Juni 2021 15:42
An
Bundesministerium der Justiz
Status
E-Mail wurde erfolgreich versendet.
Sehr << Anrede >> vielen Dank für die Antwort. Sie gehen in Ihrer Antwort vermehrt auf das Recht bzw. die Entwicklung ebendieser an; lassen jedoch meine Fragen in Bezug auf die Kirche weitesgehend unbeantwortet. Vor diesem Hintergrund erbitte ich erneut um Beantwortung meiner Anfrage konkret bezogen auf die Kirche. Mit freundlichen Grüßen Antragsteller/in Antragsteller/in Anfragenr: 221944 Antwort an: <<E-Mail-Adresse>> Laden Sie große Dateien zu dieser Anfrage hier hoch: https://fragdenstaat.de/a/221944/